SCHRIFTSTUDIEN
BAND
1 - DER
GÖTTLICHE PLAN DER ZEITALTER
Studie
13
Die
Reiche dieser Welt
Eine
Nacht des Weinens und ein Morgen der Freude.
— Die
ursprüngliche Herrschaft. - Ihre Verwirkung. - Ihr Rückkauf und ihre
Wiederherstellung. - Das vorbildliche Königreich Gottes. - Der Usurpator
(Machträuber). - Zwei Seiten gegenwärtiger Herrschaft. - Die bestehenden
Obrigkeiten von Gott verordnet. - Wie Nebukadnezar sie sah. - Wie Daniel
sie sah und auslegte. - Die Reiche dieser Welt noch von einem anderen
Gesichtspunkte aus betrachtet. - Das rechte Verhältnis der Kirche den
jetzigen Obrigkeiten gegenüber. - Das Recht der Könige, ob göttlich,
kurz untersucht. - Fälschlich erhobene Ansprüche des Christentums. - Das
fünfte Universalreich eine bessere Hoffnung gewährend.
Im
ersten Kapitel der göttlichen Offenbarung erklärt Gott seinen Vorsatz
betreffs seiner irdischen Schöpfung und ihrer Herrscher also: ,,Und Gott
sprach: Lasset uns Menschen machen in unserem Bild nach unserem Gleichnis,
auf dass sie herrschen über die Fische des Meeres und über das Gevögel
des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles
Gewürm, das sich regt auf der Erde. Und Gott schuf den Menschen in seinem
Bild, im Bild Gottes schuf er ihn; Mann und Weib schuf er sie. Und Gott
segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und
füllet die Erde und machet sie euch untertan; und herrschet über die
Fische des Meeres und über das Gevögel des Himmels und über alles
Getier, das sich regt auf der Erde.“
Hiermit
war die Herrschaft der Erde in die Hand des menschlichen Geschlechtes
gelegt, das im ersten Menschen, Adam, vertreten war. Da derselbe
vollkommen war, so war er auch dazu geeignet, der Herr oder Herrscher der
Erde zu sein. Der Auftrag, sich zu vermehren, die Erde zu füllen,
dieselbe sich untertan zu machen und über sie zu herrschen, galt nicht
Adam allein, sondern der ganzen Menschheit: ,,dass sie herrschen“ usw. Wäre
das Menschengeschlecht vollkommen und sündlos geblieben, die Herrschaft wäre
nie aus seiner Hand entschlüpft.
Man
wird bemerken, dass in jenem Auftrag keinem Menschen irgendwelche
Herrschaft oder Macht über seine Mitmenschen verliehen wurde, sondern
dass die Herrschaft über die Erde, sie zu bebauen und ihre Erzeugnisse
zum allgemeinen Wohle nutzbar zu machen, dem ganzen Geschlecht gegeben
wurde. Nicht allein ihr Reichtum an Pflanzen und Mineralien stand damit
dem Menschen zu Gebote, sondern auch die ganze Mannigfaltigkeit der
Tierwelt war zu seiner Verfügung gestellt und zu seinem Dienst bereit. Wäre
das Geschlecht vollkommen geblieben, und hätte es diese ursprüngliche
Absicht des Schöpfers ausgeführt, so würde seine wachsende Zahl
erfordert haben, dass die Menschen untereinander berieten, wie sie ihre Kräfte
systematisch verwerten könnten und Mittel und Wege für die gerechte und
weise Verteilung gemeinsamer Segnungen fänden. Und da es im Laufe der
Zeit um ihrer ungeheuren Anzahl willen unmöglich geworden wäre, dass
alle zusammenkamen und miteinander berieten, so würden die verschiedenen
Klassen der Menschheit einzelne unter sich erwählt haben, um die
Gesamtheit zu vertreten, die dann ihre Ansichten darlegen und für sie
handeln könnten. Und wenn alle Menschen geistig, körperlich und
moralisch vollkommen wären, wenn jeder Mensch Gott und seine Anordnungen
über alles und seinen Nächsten wie sich selbst liebte, so hätten bei
solch einer Einrichtung keine Reibereien vorkommen können.
So
betrachtet, war also die ursprüngliche Absicht des Schöpfers betreffs
der Herrschaft der Erde der Form nach eine Republik, eine Regierung, an
der sich alle beteiligen sollten, in der jeder Mensch ein unumschränkter
Herr gewesen wäre, zur Ausübung der Pflichten seiner Stellung, sowohl für
das eigene als für das allgemeine Wohl völlig geeignet.
Die
Fortdauer dieser dem Menschen übertragenen Herrschaft der Erde war nur
von einer Bedingung abhängig, und die bestand darin, dass die
gottgegebene Herrschaft immer in Harmonie mit dem allerhöchsten Herrn,
dem Lenker des Universums, verblieb, dessen einziges Gesetz, kurz
zusammengefasst, „Liebe“ ist. „So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.“
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen. Du
sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ - Röm. 13:10; Matth.
22:37-40
Über
diese große, dem Menschen widerfahrene Gnade sagt David, Gott preisend:
,,Denn ein wenig hast du ihn geringer gemacht als die Engel; und mit
Herrlichkeit und Pracht hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrscher
gemacht über die Werke deiner Hände.“ (Psalm 8:5, 6) Mit dieser der
Menschheit in der Person Adams übergebenen Herrschaft fand die erste Gründung
des Reiches Gottes auf Erden statt; als Gottes Vertreter übte der Mensch
die Herrschaft aus. Aber der Ungehorsam des Menschen gegen den allerhöchsten
Herrscher verwirkte nicht nur sein Leben, sondern auch alle Rechte und
Ansprüche, Gottes stellvertretender Beherrscher der Erde zu sein. Von da
an war er ein Empörer, verurteilt und entthront. So hörte das Reich
Gottes auf der Erde auf, und seitdem ist es nicht wiederhergestellt worden,
außer nur in vorbildlicher Weise in Israel. Obwohl der Mensch in Eden
sein Recht zum Leben wie zur Herrschaft verlor, so wurde doch keines von
beiden plötzlich von ihm genommen; und so lange das verwirkte Leben
dauert, wird dem Menschen gestattet, die Herrschaft über die Erde nach
seinen eigenen Gedanken und nach seinen eigenem Vermögen auszuüben, bis
Gottes bestimmte Zeit und der kommen wird, „welchem das Recht gehört“,
die Herrschaft, die er erkauft hat, an sich zu nehmen.
Der
Tod unseres Herrn erlöste oder erkaufte nicht nur den Menschen, sondern
sein ganzes ursprüngliches Erbteil, seine Herrschaft über die Erde mit
eingeschlossen. Nachdem er es erkauft hat, gehört der Besitztitel ihm; er
ist der rechtmäßige Erbe, und zur rechten Zeit, und das in Kürze, wird
er sein erkauftes Besitztum an sich nehmen (Eph. 1:14). Doch wie er den
Menschen nicht zu dem Zweck erkauft hat, ihn nun als Sklaven zu
halten, sondern um ihn zu seinem „früheren Stand“ wiederherzustellen
so auch mit der Herrschaft über die Erde; er erkaufte sie und alle ursprünglich
vorhandenen Güter zu dem Zweck, sie
dem Menschen zurückzuerstatten. Folglich wird die Herrschaft des Messias
über die Erde nicht von ewiger Dauer sein. Sie wird nur so lange währen
bis er durch seine eiserne Herrschaft alle Empörung und Auflehnung
unterdrückt und das gefallene Geschlecht zur ursprünglichen
Vollkommenheit wiederhergestellt hat. Dann wird dasselbe vollständig fähig
sein, die Herrschaft über die
Erde, wie ursprünglich beabsichtigt, auszuüben. Wenn das geschehen ist,
wird das Reich Gottes wieder auf Erden unter den Menschen als
Gottes verordneten Vertretern sein.
Während
des jüdischen Zeitalters organisierte Gott das Volk Israel als sein Königreich
unter Mose und den Richtern eine
Art Republik, aber es war nur vorbildlich. Und die darauffolgende mehr
eigenmächtige Regierung, besonders
unter David und Salomon war in mancher Hinsicht vorbildlich von dem verheißenen
Königreich, wenn der Messias herrschen wird. Zum Unterschied von den
umgebenden Völkern hatte Israel Jehova zum König,
und seine Regenten dienten unter ihm, wie wir aus Psalm 78:70, 71
erfahren. Das wird ganz ausdrücklich in 2. Chron.
13:8 und 1. Chron. 29:23
ausgesagt wo es ,,das Königreich Jehovas“ genannt und wo gesagt wird,
dass „Salomon sich setzte auf den Thron Jehovas als König an seines
Vaters Davids Statt“, der die vierzig vorhergehenden Jahre als
Nachfolger Sauls, seines ersten Königs, auf demselben Thron saß oder die
Herrschaft ausübte.
Als
Israel sich an dem Herrn versündigte, züchtigte er es wiederholt, und
endlich nahm er das Königreich gänzlich hinweg. In den Tagen Zedekias,
des letzten, der aus Davids Linie regierte, geschah es, dass das Zepter
der königlichen Macht weggenommen wurde. Da wurde das vorbildliche Königreich
Gottes gestürzt.
Gottes
Richterspruch in dieser Sache ist in folgenden Worten niedergelegt: „Und
du, Unheiliger, Gesetzloser, Fürst
Israels, dessen Tag gekommen ist zur Zeit der Ungerechtigkeit des Endes,
so spricht der Herr, Jehova: Hinweg mit dem Kopfbund (der königlichen
Hauptzierde) und fort mit der Krone! Dies wird nicht mehr sein. ... Umgestürzt,
umgestürzt, umgestürzt will ich sie machen; auch dies wird nicht mehr
sein bis der kommt, welchem das Recht gehört: dem werde ich es geben.“
(Hes. 21:30-32) In Erfüllung dieser Weissagung zog der König von Babylon
gegen die Israeliten heran, setzte ihren König ab und führte das Volk in
die Gefangenschaft. Obwohl sie vom medo-persischen Könige Cyrus zu
nationaler Existenz wiederhergestellt wurden, blieben sie doch den
aufeinanderfolgenden Weltreichen Medo-Persien, Griechenland und Rom bis
zum schließlichen Untergang ihres Reiches im Jahre 70 n.Chr. unterjocht
und mussten ihnen Tribut zahlen; und seitdem haben sie keine nationale
Existenz gehabt, sondern waren unter alle Völker zerstreut.
Das
Reich Israel ist das einzige, welches je seit dem Falle Gott als seine
Obrigkeit, Gesetze usw. vertretend, anerkannte. Es gab viele Völker vor
ihm, aber keines konnte mit Recht Gott als seinen Gründer beanspruchen,
noch auch, dass seine Herrscher Gottes Vertreter gewesen wären. Als das
Diadem von Zedekia genommen und das Königreich Israel gestürzt worden
war, wurde aufs bestimmteste erklärt, dass es gestürzt bleiben sollte,
bis Christus, der rechtmäßige Erbe der Welt, käme und es fordere.
Daraus geht hervor, dass alle anderen zeitweilig zur Macht gelangten
Reiche bis zur Wiederaufrichtung des Reiches Gottes als ,,Reiche dieser
Welt“ unter dem ,,Fürsten dieser Welt“ stehend, gekennzeichnet werden;
und dass daher alle von irgendeinem derselben gemachten Ansprüche, das
Reich Christi zu sein, unecht und unwahr sind. Noch auch wurde das Königreich
Gottes beim ersten Advent „aufgerichtet“ (Luk. 19:12). Damals und
seitdem hat Gott einige ausgewählt, welche
würdig erachtet werden sollen, als Miterben seines Thrones mit Christo zu
herrschen. Nicht vor dem zweiten Advent wird Christus das Königreich und
die Macht und die Herrlichkeit an sich nehmen und als Herr aller Herren
herrschen.
Alle
anderen Reiche, außer Israel, nennt die Schrift Reiche der „Heiden“
oder „Nationen“ - die ,,Reiche dieser Welt“, unter Satan, dem ,,Fürsten
dieser Welt“. Seit der Hinwegnahme des Reiches Gottes in den Tagen
Zedekias verblieb die Welt ohne irgendwelche Obrigkeit, die Gott gutheißen
konnte oder deren Gesetze und Anordnungen er besonders überwachte.
Indirekt erkannte Gott diese heidnischen Regierungen an, indem er öffentlich
die Bestimmung traf (Luk. 21:24), dass in der Zwischenzeit von der
Hinwegnahme der Krone von Zedekia an bis zur Übergabe derselben an den
Messias, die Herrschaft über Jerusalem und die Welt von heidnischen
Regierungen ausgeübt werden sollte.
Diese
Zwischenzeit oder diese Zwischenregierungen zwischen der Hinwegnahme des
Zepters und Regimentes Gottes und der Wiederaufrichtung desselben in größerer
Macht und Herrlichkeit in Christo wird in der Schrift ,,die Zeiten der
Heiden“ genannt. Und diese ,,Zeiten“ oder Jahre, während welcher den
,,Reichen dieser Welt“ die Herrschaft zugelassen wird, sind genau
bestimmt und begrenzt, wie auch die Wiederaufrichtung des Reiches Gottes
unter dem Messias fest bestimmt und deutlich in der Schrift bezeichnet ist.
Wohl
waren die heidnischen Regierungen böse, doch um eines weisen Zweckes
willen zugelassen oder ,,von Gott verordnet“ (Röm. 13:1). Ihre
Unvollkommenheit und Missherrschaft bildet einen Teil der allgemeinen
Lektion über die überaus große Sündigkeit der Sünde und beweist die
Unfähigkeit gefallener Menschen, auch nur zur eigenen Zufriedenheit sich
selbst regieren zu können. Gott erlaubt ihnen im großen und ganzen ihre
eigenen Ziele nach ihrem besten Vermögen zu verfolgen, nur dass er sie für
den Fall, dass sie mit seinem
Plane in Widerspruch gerieten, überwaltet. Sein Ziel ist, dass schließlich
alles zum besten dienen oder zusammenwirken muss und endlich gar „der
Grimm des Menschen“ ihn preisen soll. Was darüber hinausgeht, was
nichts Gutes bezwecken kann, nicht zur Lehre taugt, das beschränkt er, hält
er zurück. ,,Sicherlich, der Grimm des Menschen wird dich preisen; den übrigen
Grimm wirst du zurückhalten.“ (Ps. 76:10 - engl. Übers.)
Das
Unvermögen des Menschen, eine vollkommene Herrschaft herzustellen, ist
der eigenen Schwachheit in seinem gefallenen oder verderbten Zustande
zuzuschreiben. Diese seine Schwachheit, die schon an und für sich alle
Bemühungen des Menschen, eine vollkommene Herrschaft zustande zu bringen,
vereiteln würde, benutzt Satan, der am Anfange den Menschen zur
Treulosigkeit gegen den allerhöchsten Herrscher verführte. Beständig
hat Satan die Schwachheit des Menschen benutzt, um Gutes böse erscheinen
zu lassen und Böses gut; er hat Gottes Charakter und Plan falsch
dargestellt und die Menschen der Wahrheit gegenüber verblendet. Indem er
so in den Herzen der „Kinder des Ungehorsams“ (Eph. 2:2) wirkte, führte
er sie nach seinem Willen gefangen und machte sich zu dem, was Jesus und
die Apostel ihn nennen - der ,,Fürst“ und Gott dieser Welt (Joh. 14:30;
12:31; 2. Kor. 4:4). Er ist nicht mit Recht der Fürst dieser Welt,
sondern durch Usurpation, durch List und Betrug - seine Mittel zur
Beherrschung der gefallenen Menschen. Weil er ein Usurpator ist, wird ihn
Jesus kurz absetzen (Röm. 16:20). Hätte er als ,,Fürst dieser Welt“
ein wirkliches Besitzrecht, so würde nicht so mit ihm verfahren werden.
Hieraus
ersieht man, dass die Herrschaft über die Erde, wie sie gegenwärtig
ausgeübt wird, eine unsichtbare und eine sichtbare Phase hat. Die Erstere
ist die geistige, die letztere
die menschliche - die sichtbaren, irdischen Reiche sind in gewissem Maße
unter der Herrschaft eines geistigen Fürsten, Satans. Weil Satan solche
Herrschaft besaß, konnte er
unserem Herrn das Anerbieten machen, der höchste sichtbare Herrscher
unter seiner Leitung zu werden (Matth. 4:9; Luk. 4:5-7). Wenn die Zeiten
der Heiden abgelaufen sind, dann werden auch die beiden Phasen der gegenwärtigen
Herrschaft ihr Ende erreicht haben; Satan wird gebunden, und die Reiche
dieser Welt werden umgestürzt werden.
Die
gefallene, verblendete, seufzende, bei jedem Schritte unterliegende
Kreatur zog Jahrhunderte hindurch mühselig ihres Weges dahin, und selbst
ihr bestes Streben blieb fruchtlos. Dennoch hofft sie fort und fort, dass
das von ihren Philosophen erträumte goldene Zeitalter nahe sei. Sie weiß
nicht, dass eine viel größere Befreiung, als die, nach welcher sie
seufzt und sich sehnt, durch den verachteten Nazarener und seine
Nachfolger kommen soll, welche als die Söhne Gottes in kurzem zu ihrer
Befreiung in königlicher Macht geoffenbart werden sollen ( Röm. 8:22,
19).
Damit
aber seine Kinder über die Zulassung der gegenwärtigen bösen
Regierungen und die Endabsicht Gottes, eine bessere einzuführen, wenn
diese unter seiner überwaltenden Vorsehung dem Zweck gedient haben, zu
dem sie zugelassen waren, nicht in Finsternis oder Ungewissheit bleiben,
hat Gott uns durch die Propheten verschiedene großartige Panoramen von
den ,,Reichen dieser Welt gegeben und dabei jedes Mal zu unserer Stärkung
gezeigt, dass sie durch die Aufrichtung seines eigenen gerechten und
ewigen Reiches durch den Messias gestürzt werden sollen.
Dass
der gegenwärtige Versuch des Menschen, zu herrschen, nicht im siegreichen,
ertrotzten Gegensatz gegen Jehovas Willen, sondern mit seiner Zulassung
geschieht, das wird durch Gottes Botschaft an Nebukadnezar gezeigt, worin
Gott den vier großen Weltreichen Babylon, Medo-Persien, Griechenland und
Rom bis zur Zeit der Aufrichtung des Reiches Christi die Erlaubnis zu
herrschen erteilt (Dan. 2:37-43). Das zeigt, wo die Frist ihrer Herrschaft
ablaufen wird.
Wenn
wir nun diese prophetischen Gesichte ins Auge fassen, so lasst uns dabei
stets im Sinne behalten, dass sie mit Babylon zur Zeit des Umsturzes des
Reiches Israel, des vorbildlichen Königreiches des Herrn, ihren Anfang
nahmen.
Nebukadnezars
Gesicht irdischer Regierungen
Zu
dem, ,,was zu unserer Lehre zuvor geschrieben“, damit wir, denen geboten
ist, untertan zu sein „der Obrigkeit, die Gewalt über uns hat“, „durch
Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben“ möchten (Röm. 15:4;
13:1), gehört auch der Traum Nebukadnezars und seine göttliche Deutung
durch den Propheten (Dan. 2:31-45).
Daniel
erklärte den Traum und sagte: ,,Du, O König, sahst, und siehe, ein großes
Bild (Standbild); dieses Bild war gewaltig und sein Glanz außergewöhnlich;
es stand vor dir, und sein Aussehen war schrecklich. Dieses Bild, sein
Haupt war von feinem Gold, seine Brust und seine Arme von Silber; sein
Bauch und seine Lenden von Erz; seine Schenkel von Eisen; seine Füße
teils von Eisen und teils von Ton. Du schautest, bis ein Stein sich
losriss (ausgehauen wurde), ohne Hände (Menschenhände), und das Bild
an seine Füße von Eisen und Ton schlug und sie zermalmte. Da wurden
zugleich das Eisen, der Ton, das Silber und das Gold zermalmt; und sie
wurden wie Spreu der Sommertennen: und der Wind führte sie hinweg, und es
wurde keine Stätte für sie gefunden. Und der Stein, der das Bild
geschlagen hatte, wurde zu einem großen Berg (Königreiche) und füllte
die ganze Erde.“
„Das
ist der Traum, und seine Deutung wollen wir vor dem König ansagen: Du, O
König, du König der Könige, dem der Gott des Himmels das Königtum, die
Macht und die Gewalt und die Ehre gegeben hat (hierdurch wurden die
heidnischen Reiche oder die bestehenden Obrigkeiten von Gott verordnet);
und überall wo Menschenkinder, Tiere des Feldes und Vögel des Himmels
wohnen, hat er sie in deine
Hand gegeben und dich zum Herrscher über sie alle gesetzt, - du bist das
Haupt von Gold.“
„Und
nach dir wird ein anderes Königreich aufstehen, niedriger als du; und ein
anderes, drittes Königreich von Erz, welches über die ganze Erde
herrschen wird. Und ein viertes Königreich wird stark sein wie Eisen;
ebenso wie das Eisen alles zermalmt und zerschlägt, so wird es, dem Eisen
gleich, welches zertrümmert, all diese zermalmen und zertrümmern. Und
dass du die Füße und die Zehen teils von Töpferton und teils von Eisen
gesehen hast, - es wird ein geteiltes Königreich sein; aber von der
Festigkeit des Eisens wird in ihm sein, weil du das Eisen mit lehmigem Ton
vermischt gesehen hast. Und die Zehen der Füße, teils von Eisen und
teils von Ton: zum Teil wird das Königreich stark sein, und ein Teil wird
zerbrechlich sein.“
Der
Geschichtsforscher vermag mit Leichtigkeit unter den vielen kleinen
Reichen der Erde, die aufgekommen sind, die vier oben von Daniel
beschriebenen zu erkennen. Sie werden Universal- oder Welt-Reiche genannt
- das erste, Babylon, das Haupt von Gold (Vers 38); als zweites
Medo-Persien, der Besieger Babylons, die Brust von Silber; das dritte,
Griechenland, der Besieger von Medo-Persien, der Bauch von Erz; und das
vierte, Rom - das starke Reich, die eisernen Beine und mit Ton vermischten
Füße. Drei dieser Weltreiche waren untergegangen, und das vierte, das römische,
hatte die Weltherrschaft zur Zeit der Geburt Jesu inne, wie wir lesen: „Ein
Gebot ging aus vom Kaiser Augustus, dass alle Welt geschätzt würde.“ -
Luk. 2:1
Das
eiserne Weltreich, Rom, war bei weitem das stärkste und dauerte länger
als seine Vorgänger. In der Tat, das römische Weltreich besteht noch in
den Nationen Europas. Seine jetzige Zerteilung wird in den zehn Zehen des
Bildes veranschaulicht. Das in den Füßen mit dem Erz vermengte
Tonelement stellt die Vermischung von Kirche und Staat dar. Diese
Vermischung wird in der Schrift Babylon - Verwirrung - genannt. Wie wir
bald sehen werden, ist der Stein das Sinnbild des wahren Königreiches
Gottes, und an dessen Stelle setzte Babylon eine Nachahmung von Stein -
getrockneten Ton - welchen es mit den bruchstückartigen Überbleibseln
des (eisernen) römischen Weltreiches vereinigt hat. Und dieses gemischte
System - Kirche und Staat - die Namenkirche vermählt mit den Reichen
dieser Welt, welche der Herr ,,Babylon“, Verwirrung, nennt, maßt sich
an, sich ,,Christentum“, d.i. Christi Königreich, zu nennen. Daniel
erklärt: ,,Dass du das Eisen mit lehmigem Ton vermischt gesehen hast -
sie werden sich mit dem Samen der Menschen vermischen (Kirche und Welt
vermischt - Babylon), aber sie werden nicht aneinander haften: gleichwie
sich Eisen mit Ton nicht vermischt.“ Sie können nicht vollständig
ineinander aufgehen. ,,Und in den Tagen dieser Könige (der durch die
Zehen dargestellten Reiche, der sogenannten christlichen Reiche, oder des
„Christentums“) wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten,
welches ewiglich nicht zerstört, und dessen Herrschaft keinem anderen
Volke überlassen werden wird; es wird alle jene Königreiche zermalmen
und vernichten, selbst aber ewiglich bestehen.“ (Dan. 2:43, 44)
Daniel
gibt hier nicht an, wann das Ende dieser heidnischen Regierungen eintreten
wird; das finden wir an anderer Stelle; aber alle vorher verkündigten
Umstände lassen erkennen, dass heute das Ende nahe, ja vor der Tür ist.
Der Anspruch des Papsttums ist seit langem gewesen, dass sein System das Königreich
sei, das der Gott vom Himmel hier aufzurichten verheißen hat, und dass es
in Erfüllung dieser Prophezeiung alle diese Reiche zermalmte und
verzehrte. Die Wahrheit aber ist, dass die Namenkirche sich nur mit den
irdischen Reichen wie der Ton mit dem Eisen vereinigte und dass das
Papsttum niemals das wahre Königreich Gottes war, sondern nur eine Fälschung.
Einer der schlagendsten Beweise, dass das Papsttum diese irdischen Reiche
nicht zermalmt und verzehrt hat, ist der, dass sie noch vorhanden sind.
Und nun, da der schlammige Ton trocken und ,,zerbrechlich“ geworden ist,
verliert er seine Anziehungskraft, und Ton und Eisen lassen Anzeichen der
Auflösung bemerken und werden schnell zerbröckeln, wenn der ,,Stein“,
das wahre Königreich, daran schlägt.
Seine
Deutung fortsetzend, gibt Daniel an: „Weil du gesehen hast, dass von dem
Berge ein Stein sich losriss ohne Hände, und das Eisen, das Erz, den Ton,
das Silber und das Gold zermalmte. Der große Gott hat dem Könige
kundgetan, was nach diesem geschehen wird; und der Traum ist gewiss und
seine Deutung zuverlässig.“ - Vers 45
Der
aus dem Berge ohne Hände herausgerissene Stein, der die heidnischen Mächte
zerschlägt und zerstreut, stellt die wahre Kirche, das Reich Gottes dar.
Während des Evangeliums-Zeitalters wird dieses ,,Stein“ - Königreich
gebildet, ausgehauen, behauen und für seine zukünftige Stellung und Größe
in Form gebracht - nicht durch Menschenhände, sondern durch die
unsichtbare Kraft Jehovas. Wenn es vollendet, wenn es vollständig
ausgehauen ist, dann wird es auf die irdischen Reiche stoßen und sie
vernichten. Nicht Personen, sondern die Regierungen (soziale Machtformen)
sind durch das Bild versinnbildlicht, und sie sind es, die zerstört
werden sollen. Jesus ist nicht gekommen, der Menschen Seelen zu verderben,
sondern sie zu retten. - Joh. 3:17
Während
der Zubereitung des Steines, während er ausgehauen wird, möchte man ihn,
im Hinblick auf seine zukünftige Bestimmung, den Embryo - (im Wachstum
begriffenen) Berg nennen; und so könnte die Kirche auch das Königreich
Gottes genannt werden; und sie wird in der Schrift oft so genannt. Tatsächlich
ist der Stein noch nicht der Berg (Königreich); erst wenn er das Bild
zerschmettert hat, ist er es; und so wird auch die Kirche im vollen Sinne
des Wortes das Königreich, das die ganze Erde erfüllt, erst,
wenn der “Tag des Herrn“, ,,der Tag des Zornes“, über die
Heiden (Völker), oder ,,die Zeit der Drangsal“ vorüber ist und alle übrigen
Herrschaftsgebiete ihm, dem das Königreich und die Herrlichkeit gebührt,
unterworfen sind.
Rufe
dir nun die Verheißung in den Sinn, die Jesus den Überwindern der
christlichen Kirche gibt: ,,Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir
auf meinem Thron zu sitzen“ - und ,,wer überwindet und meine Werke
bewahrt bis ans Ende, dem werde ich Gewalt über die Nationen geben; und
er wird sie weiden mit eiserner Rute, wie Töpfergefäße zerschmettert
werden, wie auch ich von meinem Vater empfangen habe.“ (Offb. 3:21;
2:26, 27; Psalm 2:8-12) Wenn die eiserne Rute ihr Werk der Zerstörung
vollbracht hat, dann soll die Hand, die geschlagen, sich zum Heilen wenden,
und das Volk wird zum Herrn zurückkehren, und er wird es heilen (Jes.
19:22; Jer. 3:22, 23; Hos. 6:1; 14:4; Jes. 2:3). Er gibt ihnen Schmuck für
Asche, Freudenöl für Traurigkeit und schöne Kleider (des Ruhmes) für
einen betrübten Geist.
Daniels
Gesicht irdischer Regierungen
Im
Gesicht von Nebukadnezar sehen wir die Reiche der Erde vom Standpunkt der
Welt aus, als eine Entfaltung menschlicher Herrlichkeit, Größe und Macht,
obwohl wir darin zugleich eine Andeutung ihres Verfalles und endlichen
Unterganges erblicken, wie es denn in dem geringer Werden der Metalle, vom
Gold bis zum Eisen und Ton herab, sich ausdrückt.
Die
Stein-Klasse, die wahre Kirche, ist während ihrer Auswahl oder
Herausnahme aus den Bergen (irdischen Königreichen) ohne Hände von der
Welt als wertlos geachtet worden. Die Menschen verachten und verwarfen sie;
sie sahen keine Gestalt, die ihnen gefallen hätte. Die Welt liebt,
bewundert, preist und verteidigt die Herrscher und Regierungen, die dieses
Bild darstellt, obwohl sie durch dieselben beständig enttäuscht,
betrogen, verletzt und unterdrückt worden ist. In Poesie und Prosa erhebt
die Welt die großen und mit Erfolg gekrönten Helden dieses Bildes wie
Alexander, Cäsar, Bonaparte und andere, deren Größe in dem
Hinschlachten ihrer Mitmenschen bestand, und die in ihrer Herrschsucht
Millionen zu Witwen und Waisen machten. Und das ist noch der Geist, der in
den ,,zehn Zehen“ des Bildes vorhanden ist, wie wir ihn sich in ihren
Heeresmassen von mehr als zwölf Millionen Mann kundgeben sehen, die mit
satanischem Erfindungsgeist und modernem Scharfsinn bis an die Zähne
bewaffnet sind, um auf Befehl der ,,bestehenden Obrigkeiten“ einander
hinzuschlachten.
Die
Verächter (Übermütigen) werden jetzt gepriesen; denn die Gottlosen
nehmen zu (Mal. 3:15), kommen hoch zu Macht und Ansehen. Können wir da
nicht sehen, dass die Zerstörung dieses großen Bildes durch das
Anschlagen des Steines und die Aufrichtung des Königreiches Gottes die
Befreiung der Unterdrückten und die Segnung aller bedeutet? Wenn der
Wechsel auch eine Zeitlang Unheil und Drangsal hervorrufen wird, schließlich
wird die friedsame Frucht der Gerechtigkeit daraus entspringen.
Doch
nun lasst uns, indem wir uns der Verschiedenheit des Standpunktes erinnern,
dieselben vier Universalreiche der Erde von Gottes und dem Standpunkt
derer aus betrachten, die mit ihm in Harmonie sind, wie solche von dem
geliebten Propheten Daniel geschaut wurden. Ihm wie uns erscheinen die
vier Universalreiche unwürdig und tierisch. Ihm erscheinen diese vier
Universalreiche als vier große und reißende wilde Tiere. Und das zukünftige
Königreich Gottes (der Stein) ist in seinem Gesicht entsprechend großartiger,
als es von Nebukadnezar gesehen wurde. Daniel sagt: ,,Ich schaute in
meinem Gesicht bei der Nacht, und siehe, die vier Winde des Himmels
brachen los auf das große Meer. Und vier große Tiere stiegen herauf aus
dem Meere, eines verschieden von dem anderen. - Das erste war gleich einem
Löwen und hatte Adlersflügel ... Und siehe, ein anderes, zweites Tier,
gleich einem Bären. ... Und siehe, ein anderes, gleich einem Pardel ...
Nach diesem schaute ich in Gesichten der Nacht: und siehe, ein viertes
Tier, schrecklich und furchtbar und sehr stark und es hatte große eiserne
Zähne; es fraß und zermalmte, und was übrig blieb zertrat es mit seinen
Füßen; und es war verschieden von allen Tieren, die vor ihm gewesen.“
(Dan. 7:2-7)
Die
Einzelheiten in Bezug auf die ersten drei Tiere (Babylon den Löwen,
Medo-Persien den Bären und Griechenland den Leoparden) mit ihren Köpfen,
Füßen usw., die alle sinnbildliche Bedeutung haben, wollen wir übergehen,
da sie in unserer gegenwärtigen Untersuchung von geringerer Bedeutung
sind als die Einzelheiten des vierten Tieres, Roms.
Über
dieses vierte Tier sagt Daniel: ,,Nach diesem schaute ich in Gesichten der
Nacht: und siehe, ein viertes Tier, schrecklich und furchtbar und sehr
stark...und es hatte zehn Hörner. Während ich auf die Hörner acht gab,
siehe, da stieg ein anderes, kleines Horn zwischen ihnen empor, und drei
von den ersten Hörnern wurden vor ihm ausgerissen; und siehe, an diesem
Horn waren Augen wie Menschenaugen und ein Mund, der große Dinge redete.“
- Dan. 7:7, 8
Hier
wird das römische Weltreich gezeigt, und die Teilung seiner Macht wird in
den zehn Hörnern veranschaulicht. Ein Horn ist ein Sinnbild der Macht.
Das kleine Horn, das zwischen ihnen aufkam, die Macht dreier unter ihnen
sich aneignete und unter den anderen herrschte, stellt den kleinen Anfang
und die allmähliche Zunahme der Macht der Kirche Roms, der päpstlichen
Macht, vor. Sobald das Papsttum an Einfluss wuchs, wurden drei Abteilungen,
Hörner oder Mächte, des römischen Reiches, (die Heruler, das östliche
Exarchat und die Ostgoten) aus dem Wege getan,
um für seine Aufrichtung als weltliche Macht oder Horn Platz zu
machen. Dieses letzte besonders auffallende Horn, das Papsttum, zeichnet
sich besonders durch seine Augen (Intelligenz bedeutend) und durch seinen
Mund (seine Aussprüche, seine Ansprüche
usw.)
aus.
Diesem
vierten Tiere, Rom darstellend, gibt Daniel keinen besonderen Namen. Während
die anderen als Löwen, Bären und Leoparden ähnlich beschrieben werden,
war das vierte so wild und schrecklich, dass keines der Tiere auf Erden
damit verglichen werden konnte. Der Apostel Johannes, der dasselbe
sinnbildliche Tier (Regierung) im Gesicht schaute, wusste auch nicht, mit
welchem Namen er es beschreiben sollte und gab ihm schließlich mehrere.
Unter anderem nannte er es den ,,Teufel“ (Offb. 12:9). Er hat einen
passenden Namen gewählt, denn im Licht seiner blutigen Verfolgungen
betrachtet, ist Rom eine der teuflischsten, irdischen Obrigkeiten gewesen;
selbst bei seiner Umwandlung aus dem heidnischen zum päpstlichen Rom
tritt Satans Charaktereigentümlichkeit hervor. Denn auch er verstellt
sich, um als ein Engel des Lichtes zu erscheinen (2. Kor. 11:14), so wie
Rom sich verstellte, oder vom Heiden zum Christen sich umwandelte, unter
Darangabe des innersten Wesens der christlichen Religion, dabei aber den
Schein wahrend, christlich, das Reich Christi, zu sein. (Der Umstand,
dass Rom der „Teufe“ genannt wird, beweist durchaus nicht, dass es
keinen persönlichen Teufel gäbe; sondern das gerade Gegenteil. Eben weil
es solche Tiere wie Löwen, Bären und Leoparden mit bekannten
Charaktereigentümlichkeiten gibt, darum werden jene Obrigkeiten damit
verglichen; und so auch, weil es einen Teufel mit bekannter
Charaktereigenschaft gibt, darum wird das vierte Weltreich mit ihm
verglichen.)
Nachdem
der Prophet mehrere Einzelheiten über dieses letzte oder römische Tier
und besonders über sein seltsames oder päpstliches Horn gegeben hat,
sagt er, dass über dieses Horn Gericht gehalten und der Verlust seiner
Herrschaft beginnen wird, welche Herrschaft durch einen allmählichen
Prozess, bis auch die Zeit der Vernichtung des Tieres vorhanden ist,
verzehrt werden würde.
Das
Tier oder das römische Weltreich ist in seinen Hörnern oder Teilen noch
vorhanden und wird durch das Erheben der Volksmassen und den Sturz der
Obrigkeiten am „Tage des Herrn“ getötet, als notwendige Vorbereitung
auf die Anerkennung der himmlischen Herrschaft. Das wird in andern noch zu
untersuchenden Schriftstellen klar gezeigt. Das Verzehren des päpstlichen
Hornes tritt jedoch zuerst ein. Der Verzehrungsprozess seiner Macht und
seines Einflusses begann, als Napoleon den Papst als Gefangenen nach
Frankreich führte. Denn dadurch wurde den Völkern offenbar, dass die vom
Papsttum für sich beanspruchte göttliche Autorität und Macht grundlos
war, da weder die Bannsprüche noch die Gebete der Päpste sie aus
Bonapartes Gewalt befreiten. Seitdem schwand die weltliche Macht des
Papsttums schnell dahin, bis es im September 1870 den letzten Schein
weltlicher Macht durch Viktor Emanuel, König von Italien, einbüßte.
Nichtsdestoweniger
fuhr es in all der Zeit, in der es verzehrt wurde, fort, seine großen,
schwülstigen Worte der Lästerung zu reden. Seine letzte große
Auslassung dieser Art fand im Jahre 1870 statt. Nur wenige Monate vor
seinem vollständigen Sturz gab es die Erklärung der Unfehlbarkeit der Päpste
ab. Alles dies steht in der Weissagung verzeichnet, die da sagt: ,,Ich
schaute sodann (d. i. nach dem Urteilsspruch über das ,,Horn“, nachdem
seine Verzehrung begonnen hatte): - wegen der vermessenen Reden, welche
das Horn redete.“ (Dan. 7:11)
So
sind wir in der Weltgeschichte herab bis auf unsere Tage gekommen, und wir
erkennen, dass wir betreffs der Reiche der Erde nur ihren gänzlichen
Untergang erwarten können. Nicht die Bevölkerung soll untergehen,
sondern die Einrichtungen oder Reiche, obgleich natürlich der Umsturz von
Weltreichen stets mit Elend und Verlust an Leben verknüpft ist. Was dann
zunächst folgen soll, wird mit den Worten beschrieben: ,,Ich schaute, bis
das Tier getötet und sein Leib zerstört und dem Brand des Feuers übergeben
wurde“. Das Töten und Verbrennen sind eben sowohl Sinnbilder wie das
Tier selbst und bedeuten den gänzlichen und hoffnungslosen Untergang der
gegenwärtig bestehenden Regierungen. In Vers 12 bemerkt der Prophet einen
Unterschied zwischen dem Ende dieses vierten Tieres und dem seiner Vorgänger.
Diesen drei (Babylon, Persien und Griechenland) wurde die Herrschaft der
Reihe nach entrissen; sie hörten auf, eine herrschende Macht auf Erden zu
sein; aber ihr Leben als Völker hörte nicht sofort auf. Griechenland und
Persien besitzen noch etwas Leben, trotzdem die Universalherrschaft längst,
vor vielen Jahrhunderten, ihrer Hand entrissen wurde. Nicht so aber ergeht
es dem vierten und letzten derselben, dem römischen Weltreiche. Auf
einmal wird es Herrschaft und Leben verlieren und seinen gänzlichen
Untergang finden; und zugleich mit ihm werden auch die anderen
verschwinden. - Dan. 2:35
Welches
auch die angewandten Mittel oder Werkzeuge sein mögen, die Ursache dieses
Unterganges ist die Aufrichtung des fünften Universalreiches der Erde,
des Königreiches Gottes, dessen Zeit herbei gekommen ist unter Christo,
dem das Recht gebührt, die Herrschaft einzunehmen. Der Übergang des
Reiches vom vierten Tier, das für seine bestimmte Zeit ,,von Gott
verordnet“ war, auf das fünfte Reich unter dem Messias, wenn seine
bestimmte Zeit gekommen ist, wird vom Propheten also beschrieben: ,,Und
siehe, mit den Wolken des Himmels kam Einer, wie eines Menschen Sohn und
gelangte zu dem Betagten, und man brachte ihn vor denselben. Und ihm (dem
Christus - Haupt und Leib) ward Herrschaft und Herrlichkeit und Königtum
gegeben, dass alle Völker und Nationen und Zungen ihm dienen; seine
Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nie vergeht, und sein Königtum
wird nicht zerstört.“ Dieses bedeute, so legt der Engel aus: ,,Das Königtum
und Herrschaft und Gewalt über alle Reiche unter dem Himmel wird dem
Volke der Heiligen des Allerhöchsten gegeben; sein Reich ist ein ewiges
Reich und alle Herrschaften werden ihm dienen und gehorchen. (Dan. 7:13,
14, 27 - engl. Übers.)
So
sehen wir, dass die Herrschaft der Erde von Jehova, dem Betagten, der dazu
,,alle Dinge unter seine Füße getan hat“, in die Hand Christi gelegt
werden soll (1. Kor. 15:27). So auf den Thron des Reiches Gottes gesetzt,
muss er herrschen, bis er alle Herrschaft und Gewalt, die im Widerspruch
mit dem Willen und Gesetz Jehovas ist, niedergeworfen hat. Zur Vollführung
dieser großen Aufgabe ist zuerst der Umsturz dieser heidnischen
Regierungen notwendig, denn ,,die Reiche dieser Welt“, wie auch ,,der Fürst
dieser Welt“, werden sich nicht gutwillig unterwerfen und müssen daher
gebunden und mit Gewalt unterdrückt werden. Und so steht geschrieben: ,,Ihre
Könige zu binden mit Ketten und ihre Edlen mit eisernen Fesseln; an ihnen
auszuüben das geschriebene Gericht! Das ist die Ehre aller seine Frommen.“
(Psalm 149:8, 9)
Wenn
wir die gegenwärtigen Regierungen vom Standpunkt unseres Herrn und des
Propheten Daniel betrachten und den wilden zerstörungslustigen,
tierischen und selbstsüchtigen Charakter der Reiche erkennen, müssen da
nicht die Herzen aller Heiligen das Ende aller heidnischen Obrigkeiten
herbeiwünschen und frohlockend der glückseligen Zeit entgegensehen, da
die Überwinder des gegenwärtigen Zeitalters mit ihrem Haupt auf den
Thron gesetzt werden sollen, um die seufzende Kreatur zu regieren, zu
segnen und wiederherzustellen? Wahrlich, von ganzen Herzen können sie
unserem Herrn nachbeten: „Dein Königreich komme; dein Wille geschehe,
wie im Himmel, also auch auf Erden.“
Jede
dieser in dem Bilde und durch die Tiere dargestellten Obrigkeiten bestand
schon, ehe sie als Universalreich zur Macht kam. So ist es auch mit dem
wahren Königreich Gottes, es besteht schon lange, getrennt von der Welt,
ohne dass es zu herrschen versucht hätte, sondern seine Zeit erwartend -
die vom ,,Alten der Tage“ bestimmte Zeit. Und wie die anderen, muss es
auch seine Bestimmung erreichen und zur Macht kommen oder aufgerichtet
werden, ehe es jene Macht in dem Zerschmettern und Erschlagen des ihm
vorangehenden Tieres oder Reiches gebrauchen kann. Wie angemessen daher
die Aussage: ,,Und in den Tagen dieser Könige (während sie noch Macht
haben) wird der Gott des Himmels ein Königreich (in tatsächlicher Macht
und Autorität) aufrichten.“ - und nachdem es aufgerichtet ist, ,,wird
es alle jene Königreiche zermalmen und vernichten, selbst aber ewiglich
bestehen“. (Dan. 2:44). Folglich, wie wir es auch erwarten mögen, müssen
wir erwarten, dass das Königreich Gottes vor dem Falle der Reiche dieser
Welt hergestellt werde und dass ihr Sturz diesem Reiche und seiner Macht
und Wirkung zuzuschreiben ist.
Die
gegenwärtigen Regierungen
von einem anderen Standpunkte aus betrachtet
Das
höchste Recht und die erste Autorität, die Welt zu regieren, steht
allein dem Schöpfer Jehova, zu, wen auch immer er zulassen, oder wen auch
immer er berechtigen mag, eine ihm untergeordnete Herrschaft auszuüben.
Infolge der Untreue Adams gegen den König aller Könige und der daraus
entstandenen Unvollkommenheiten und Gebrechen wurde er bald schwach und
hilflos; seine Herrschermacht, die darin bestand, dass er anfänglich mit
der Kraft seines Willens der unter ihm stehenden Tierwelt gebot und sie in
Untertänigkeit erhielt, fing er an, einzubüßen. Auch die Herrschaft über
sich selbst verlor er, so dass, wenn er das Gute tun wollte, seine
Schwachheit dazwischentrat und das Böse ihm anhing, so dass er selbst das
Gute, das er wollte, nicht tat, sondern das Böse, das er nicht
wollte.
Wenn
wir daher auch keinen Versuch machen, unser rebellisches Geschlecht zu
entschuldigen, so können wir doch mit seinen vergeblichen Bemühungen,
sich selbst zu regieren und Anordnungen für die Verbesserung
seiner Lage zu treffen, rechtes Mitgefühl empfinden. Und etwas kann doch
auch zugunsten des Erfolges, den die Welt in dieser Richtung gehabt hat,
gesagt werden. Denn wenn wir auch das wahre Wesen dieser tierischen
Obrigkeiten erkennen, so waren sie doch, obwohl verderbt, bei weitem
besser als keine - viel besser als Gesetzlosigkeit und Anarchie. Dem ,,Fürsten
dieser Welt wäre freilich Anarchie ganz willkommen gewesen, aber bei
seinen Untertanen war es nicht der Fall; und unbeschränkt ist seine Macht
nicht. Sie beschränkt sich auf seine Fähigkeit, durch die Menschheit zu
wirken und muss sich in großem Maße den Anschauungen, Leidenschaften und
Vorurteilen der Menschen anpassen. Der Mensch wollte eine Selbstregierung,
unabhängig von Gott; und da Gott dem Menschen gestattete, diesen Versuch
zu machen, ergriff Satan die Gelegenheit, seinen Einfluss und seine
Herrschaft auszudehnen. So kam es, da sie es nicht achteten, Gott zu
erkennen, sondern ihn zu vergessen wünschten (Röm. 1:28), dass sie sich
dem Einfluss dieses verschlagenen und mächtigen, obwohl unsichtbaren
Gegners aussetzten; und seitdem arbeiten sie gegen seine Ränke wie gegen
ihre persönlichen Schwachheiten.
Da
die Sache so liegt, lasst uns die Reiche dieser Welt noch einmal ins Auge
fassen und sie darauf ansehen, dass sie Versuche von Seiten der gefallenen
Menschheit sind, sich selbst unabhängig von Gott zu regieren. Obwohl persönliche
Verderbtheit und Selbstsucht den Lauf der Gerechtigkeit gehemmt haben, so
dass in den Reichen dieser Welt selten jemandem volle Gerechtigkeit
widerfahren ist, so ist doch der angebliche Zweck jeder von Menschen
hergestellten Regierung der gewesen, Gerechtigkeit und das Wohlsein aller
zu fördern.
Inwieweit
dieses Ziel erreicht worden ist, ist eine andere Frage, aber dies ist das
Streben jeder Regierung gewesen, und der Zweck, zu dem sich die regierten
Völker denselben unterstellt und sie unterstützt haben. Und wo der
Endzweck der Gerechtigkeit grob verletzt wurde, waren die Massen in Bezug
darauf entweder verblendet und betrogen oder Kriege, Aufruhr und
Revolution waren die Folge.
Die
schwarzen Taten nichtswürdiger Tyrannen, die in der Herrschaft über die
Welt zu Machtstellungen gelangten, waren kein Auswuchs der Gesetze und
Einrichtungen dieser Regierungen, sondern jene Tyrannen waren es, die
diesen Regierungen ihr tierisches Wesen aufprägten, indem sie die angemaßte
Gewalt zu ihren niedrigen und selbstsüchtigen Zwecken missbrauchten. Jede
Regierung hat überwiegend weise, gerechte und gute Gesetze gehabt -
Gesetze zum Schutz von Leben und Eigentum, zum Schutze von Handel und
Wandel, zur Bestrafung der Verbrecher usw. Sie haben auch höhere
Gerichtshöfe für streitige Angelegenheiten gehabt, wo, bis zu einem
gewissen Grade wenigstens Gerechtigkeit gehandhabt worden ist. Und wie
unvollkommen auch die dabei Angestellten sein mögen, der Nutzen und die
Notwendigkeit solcher Einrichtungen ist augenscheinlich. So armselig wie
diese Regierungen auch gewesen sind, ohne sie würden die niedrigeren
Elemente der Gesellschaft durch die Gewalt der Massen die besseren
Elemente längst überwunden haben.
Während
wir daher einerseits den tierischen Charakter dieser Regierungen erkennen,
der durch die Machtvollkommenheit einer Mehrzahl ungerechter Herrscher
durch Satans Ränke und Betrügereien, indem er die Schwächen und
verdorbenen Neigungen und Meinungen der Menschen sich zunutze macht,
bedingt ist, so erkennen wir in ihnen doch andererseits die bestmöglichen
Versuche der armen gefallenen Menschheit, sich selbst zu regieren.
Jahrhundert auf Jahrhundert hat Gott ihnen gestattet, es zu probieren und
den Erfolg zu sehen. Aber nach jahrhundertlangem Versuchen ist das
Ergebnis heute noch eben so weit davon entfernt, zufriedenstellend zu sein,
als es zu irgendeiner Zeit der Weltgeschichte gewesen ist. In der
Tat, die Unzufriedenheit ist
allgemeiner und verbreiteter als je zuvor; nicht deshalb, weil es jetzt
mehr Unterdrückung und Ungerechtigkeit gäbe als früher, sondern weil
unter Gottes Vorsehung durch die Zunahme der Erkenntnis der Menschen Augen
aufgetan werden.
Die
verschiedenen Obrigkeiten, die von Zeit zu Zeit eingesetzt wurden, haben
das Durchschnittsvermögen des von ihnen vertretenen Volkes, sich selbst
zu regieren, dargestellt. Selbst wo willkürliche Regierungen bestanden,
bewies die Tatsache, dass sie von den Massen geduldet wurden, dass das
Volk keine bessere Obrigkeit einzusetzen und zu erhalten fähig war, wenn
auch viele einzelne Persönlichkeiten zweifellos dem allgemeinen
Standpunkte weit voraus waren.
Wenn
wir den heutigen Zustand der Welt mit dem zu irgendeiner früheren Zeit
vergleichen, so finden wir in den Anschauungen der Massen einen
bedeutenden Unterschied. Der Geist der Unabhängigkeit ist jetzt im
Schwung, und die Menschen lassen sich nicht mehr so leicht die Augen
verbinden und betrügen und von Machthabern und Politikern in die Irre führen
und werden sich daher dem Joche früherer Tage nicht mehr unterwerfen.
Dieser Umschwung der öffentlichen Meinung ist nicht etwa von da an, wo
die Menschen den ersten Versuch einer Selbstregierung machten, ein allmählich
vor sich gehender gewesen, sondern ist höchstens vom sechzehnten
Jahrhundert an deutlicher erkennbar; und am stürmischsten ist derselbe
innerhalb der letzten fünfzig Jahre gewesen. Dieser Umschwung ist daher
nicht aus den Erfahrungen vergangener Zeitalter hervorgegangen, sondern
ist das naturgemäße Resultat der neuesten Zunahme und allgemeinen
Verbreitung von Erkenntnis unter den Massen der Menschheit.
Diese
allgemeine Verbreitung von Wissen bereitete sich mit der Erfindung der
Buchdruckerkunst im Jahre 1440 und der daraus folgenden Vervielfältigung
von Büchern und Zeitschriften vor. Der Einfluss, den diese Erfindung in
der öffentlichen Aufklärung haben sollte, fing um das sechzehnte
Jahrhundert an, sich fühlbar zu machen, und die seitdem gemachten
Fortschritte sind jedermann bekannt. Die allgemeine Schulbildung der
Massen wurde populär, und seitdem sind Erfindungen und Entdeckungen alltägliche
Ereignisse geworden. Dieses Wachstum an Erkenntnis, das nach Gottes
Anordnung unter der Menschheit vor sich geht und zu seiner eigenen fest
bestimmten Zeit eintrat, ist einer jener mächtigen Einflüsse, die jetzt
am Werke sind, Satan zu binden, an diesem ,,Tage seiner (Gottes) Rüstung“,
,,Vorbereitung“, Satans Einfluss zu untergraben und seine Macht zu
beschränken, um das Königreich Gottes auf Erden aufzurichten.
Das
nach allen Seiten hin zunehmende Wissen erweckt unter den Menschen ein Gefühl
der Selbstachtung, und diese treibt zum Erfassen ihrer naturgemäßen und
unveräußerlichen Rechte, die zu übersehen oder mit Füßen zu treten
sie sich nicht länger gefallen lassen werden, vielmehr werden sie zu der
entgegengesetzten Übertreibung schreiten. Blicke zurück auf die
Jahrhunderte und sieh, wie die Völker die Geschichte ihrer
Unzufriedenheit mit Blut geschrieben haben; und der Prophet erklärt, dass
vermöge der Zunahme an Erkenntnis sich schließlich eine noch
allgemeinere und weit verbreitete Unzufriedenheit in einer weltumfassenden
Revolution, im Umstürzen jeglichen Gesetzes und aller Ordnung Luft machen
wird, und dass Anarchie und Schrecken über alle Klassen daraus entstehen
werden, dass aber der Gott vom Himmel inmitten dieser Verwirrung sein Königreich
aufrichten wird, welches das Verlangen aller Völker stillen wird. Ermüdet
und verzagt über das Fehlschlagen ihrer Versuche und erkennend, dass auch
ihr letzter Versuch in Anarchie ausging, werden die Menschen die
himmlische Autorität freudig willkommen heißen, vor ihr sich beugen und
ihre starke und gerechte Regierung anerkennen. So wird des Menschen
Verlegenheit Gottes Gelegenheit, und „das Ersehnte aller Nationen wird
kommen“ - das Königreich Gottes in großer Macht und Herrlichkeit. -
Hag. 2:8
Da
Jesus und die Apostel wussten, dass dies der Vorsatz Gottes ist, so haben
sie sich den irdischen Machthabern in keiner Weise entgegengestellt.
Vielmehr lehrten sie die Kirche, sich
diesen Gewalten zu unterwerfen, obgleich sie unter dem Missbrauch der
Gewalt oft zu leiden hatten. Sie lehrten, die Kirche solle den Gesetzen
gehorchen und die um ihres Amtes willen ehren, die dasselbe innehatten,
selbst wenn sie persönlich keiner Achtung wert wären; sie sollten ihre
bestimmten Abgaben zahlen und, außer wo sie mit Gottes Gesetzen im
Widerspruch stünden (Apg. 4:19; 5:29), den bestehenden Gesetzen keinen
Widerstand leisten (Röm. 13:1-7; Matth. 22:21). Jesus, die Apostel und
die erste Kirche waren dem Gesetze untertan, obwohl sie von den
Regierungen dieser Welt sich fernhielten und keinen Teil daran nahmen.
Obgleich
die bestehenden Gewalten, die Obrigkeiten dieser Welt ,,von Gott verordnet“
oder vorgesehen waren, damit die Menschheit unter ihnen die nötige
Erfahrung mache, so soll die Kirche, die Herauswahl, die im kommenden Königreich
Gottes eine Stelle erstrebt, weder Ehrenstellen noch Vorteile in den
Reichen dieser Welt begehren, noch den Regierungen widerstehen. Sie sind
Mitbürger und Erben des himmlischen Reiches (Eph. 2:19), und als solche
beanspruchen sie unter den Reichen dieser Welt nur solche Rechte und
Freiheiten, wie sie Fremdlingen zugestanden werden. Ihre Aufgabe ist nicht,
der Welt beizustehen, ihre jetzige Lage zu verbessern, noch auch mit ihren
jetzigen Angelegenheiten irgend etwas zu tun zu haben. Das zu versuchen
hieße nur Kraft verschwenden, denn der Welt Lauf und Ziel ist klar und
deutlich in der Schrift vorgezeichnet und steht ganz und gar unter der
Leitung dessen, der uns zu
seiner Zeit das Reich bringen wird. Der Einfluss der wahren Kirche ist
gering und ist es immer gewesen; so gering,
dass er auf politischem Gebiete wie nichts zu achten ist: aber wie
wichtig er uns auch immer erscheinen möchte, so sollten wir doch dem
Beispiele und der Lehre unseres Herrn und der Apostel folgen. Da die
Kirche weiß, dass Gottes Plan der ist, die Welt ihre eigene Kraft, sich
zu regieren, erproben zu lassen, darum sollte sie, wenn auch in der Welt,
doch nicht von der Welt sein. Nur durch ihr Getrenntsein von der Welt, und
indem sie so ihr Licht leuchten lassen, mögen die Heiligen einen Einfluss
auf die Welt ausüben; und so, durch ihren Lebenswandel, straft der Geist
der Wahrheit die Welt. Als solche, die Frieden und Ordnung lieben und
darum jedes rechtmäßige Gesetz beobachten und willkommen heißen und
Gesetzlosigkeit und Sünde rügen und tadeln, als solche ferner, die auf
das verheißene Königreich Gottes und die unter ihm zu erwartenden
Segnungen hinweisen, nicht nach der gebräuchlichen Methode sich in die
Politik mischen und nicht mit der Welt nach Macht streben, wodurch sie in
Kriege, Sünden und allgemeines Verderben hineingezogen werden, sollte die
voraussichtliche Braut des Fürsten des Friedens sich in herrlicher
Keuschheit als eine Macht zum Guten erweisen und so ihres Herrn
Vertreterin in der Welt sein.
Die
Kirche Gottes sollte ihre ganze Aufmerksamkeit und ganze Kraft der Predigt
vom Königreich Gottes und nach dem in der Schrift niedergelegten Plan der
Förderung der Interessen dieses Königreiches widmen. Wenn das treulich
getan wird, so wird weder Zeit noch Neigung vorhanden sein, sich in die
Staatsangelegenheiten der gegenwärtigen Regierungen zu mischen. Jesus
hatte keine Zeit dazu; die Apostel hatten keine Zeit dazu, noch hat
irgendeiner der Heiligen, die ihrem Beispiele folgen, Zeit dazu.
Gerade
dieser Versuchung erlag die erste Kirche kurz nach dem Tode der Apostel.
Die Predigt vom kommenden Königreiche Gottes, welches an die Stelle aller
irdischen Reiche treten soll, und vom gekreuzigten Christus als dem Erben
dieses Königreiches, war unpopulär und trug Verfolgung, Geringschätzung
und Verachtung ein. Da kam etlichen der Gedanke, den Plan Gottes
verbessern zu können und der Kirche statt des Leidens eine Stellung der
Begünstigung vor der Welt zu erobern. Durch Verschmelzung mit der
weltlichen Macht gelang es, und daraus entwickelte sich das Papsttum, das,
als seine Zeit gekommen war, die Herrin und Königin der Nationen wurde. -
Offb. 17:3-5; 18:7
Durch
diese Staatskunst wurde alles anders; statt Leiden kam Ehre, statt Demut
kam Hochmut, statt Wahrheit kam Irrtum; und statt verfolgt zu werden,
wurde sie die Verfolgerin aller derer, die ihre neuen und unrechtmäßig
erworbenen Ehren verurteilten. Bald begann sie durch neue Theorien und
Verfälschungen der Schrift ein eigenes Lehrgebäude zu erfinden, um ihre
Handlungsweise zu rechtfertigen, zuerst sich selbst, dann die Völker betrügend,
dass sie zu glauben anfingen, das verheißene tausendjährige Reich
Christi sei gekommen, und Christus, der König, werde durch ihre Päpste,
die als seine Statthalter über die Könige der Erde herrschten, vertreten.
Ihre Vermessenheit hatte den Erfolg, die ganze Welt irrezuführen. Sie
machte mit ihren Irrlehren „alle Völker trunken“ (Offb. 17:2), indem
sie durch ihre Lehre, dass eine ewige Qual alle diejenigen erwarte, die
sich ihren Behauptungen widersetzten, die Leute in Furcht jagte. Bald
wurden Europas Könige durch ihre Edikte und mit ihrer vermeintlichen
Vollmacht gekrönt oder entthront.
So
kommt es, dass die Reiche Europas bis heute „christliche Reiche“ zu
sein beanspruchen und verkünden, dass ihre Herrscher „von Gottes Gnaden“,
d.i. auf Grund der Bestimmung und Amtsübertragung, sei es vom Papsttum
oder einer der protestantischen Sekten, regieren. Denn wenn die
Reformatoren auch viele der päpstlichen Ansprüche auf kirchliche
Hoheitsrechte usw. abstreiften, so hielten sie doch an der Ehre fest,
welche die Könige der Erde mit dem Christentum verknüpft hatten. Und so
verfielen die Reformatoren in denselben Irrtum und übten die Macht von
Monarchen aus, indem sie Regierungen und Könige einsetzten und
sanktionierten und dieselben so als ,,christliche Reiche“ oder Reiche
Christi erklärten. Und so hören wir heutzutage so oft das rätselhafte
Wort ,,die christliche Welt“. Ein Rätselwort in der Tat, wenn man es im
Lichte der wahren Grundlehren des Evangeliums ansieht, Jesus sagte von
seinen Jüngern: ,,Sie sind nicht von der Welt, gleichwie ich nicht von
der Welt bin.“ Und Paulus ermahnt sie und spricht: ,,Seid nicht gleichförmig
dieser Welt.“ - Joh. 17:16; Röm. 12:2
Gott
hat es nie gutgeheißen, dass man diese Reiche nach dem Namen ,,Christi“
nannte. Irregeleitet durch die Namenkirche, segeln diese Nationen unter
falscher Flagge und geben vor, das zu sein, was sie nicht sind. Ihr
einziges Besitzrecht, abgesehen vom Volkswillen, besteht in Gottes
begrenzter Bewilligung, wie er es Nebukadnezar kundgetan, bis der kommt,
dem die Herrschaft gebührt.
Die
Behauptung, dass diese unvollkommenen Reiche mit ihren unvollkommenen
Gesetzen und nur zu oft selbstsüchtigen und lasterhaften Herrschern die
,,Reiche unseres Herrn und seines Christus“ seien, ist eine arge Schmähung
des wahren Reiches Christi, vor dem sie nun bald fallen müssen, sowie
seines ,,Friede-Fürsten“ und seiner ,,Fürsten, die das Recht handhaben“.
(Jes. 32:1)
Ein
anderer schwerer Schaden, der aus diesem Irrtum erwuchs, ist der, dass die
Aufmerksamkeit der Kinder Gottes von dem verheißenen himmlischen Reich
abgelenkt wird und dass sie zu einer unziemlichen Anerkennung irdischer
Reiche, zu ungebührlicher Vertrautheit mit denselben und zu dem fast ganz
fruchtlosen Versuche, in diese wilden weltlichen Stämme die Sitten und
Tugenden des Christentums einzupfropfen, verleitet wurden, zum Schaden des
Evangeliums, der frohen Botschaft vom wahren Königreiche und der darin
gipfelnden Hoffnungen. Unter dieser Täuschung sind in jetziger Zeit
manche gar besorgt darum, dass der Name Gottes in die Verfassung der
Vereinigten Staaten einverleibt werden sollte, dass diese damit eine
christliche Nation werden könnten. Die ,,reformierten“ Presbyterianer
haben sich jahrelang geweigert, unter dieser Regierung zu wählen oder ein
Amt zu bekleiden, weil sie nicht Christi Reich sei. Hiermit erkennen sie
an, dass einem Christen nicht zukommt, sich an irgendeiner anderen
Regierung zu beteiligen. Wir sind mit dieser Anschauung in voller Übereinstimmung,
aber nicht mit der Schlussfolgerung, dass diese Regierung, sobald nur der
Name Gottes in der Verfassung erwähnt wäre, aus einem Reiche dieser Welt
ein Reich Christi würde, und sie dadurch die Freiheit erlangten, unter
ihr wählen und Ämter verwalten zu können. Oh, wie töricht! Wie groß
ist die Täuschung, damit ,,trunken (gemacht) worden sind“ alle Heiden (Nationen)
durch die ,,Mutter der Huren“ (Offb. 17:2, 5), denn auf ähnliche Weise
wurde behauptet, dass die Reiche Europas vom Satan auf Christum übergingen
und ,,christliche Nationen“ geworden wären.
Lasst
uns erkennen, dass die besten wie die schlimmsten Völker der Erde ,,Reiche
dieser Welt“ sind, deren von Gott gegebene Machtfrist nun bald
abgelaufen ist, so dass sie ihrem verordneten Nachfolger, dem Reiche des
Messias, dem fünften Universal-Königreich auf Erden (Dan. 2:44; 7:14,
17, 27) Platz machen müssen; das würde viel dazu beitragen, der Wahrheit
Eingang zu verschaffen und den Irrtum zu stürzen.
Aber
so wie es jetzt ist, besteht das, was das Papsttum in dieser Beziehung
eingeführt hat und auch von den protestantischen Reformatoren gutgeheißen
wurde, unter christlichen Leuten noch widerspruchslos fort. Und da sie das
Königreich Christi unterstützen sollten, fühlen sie sich gebunden,
für die gegenwärtigen im Fall begriffenen Reiche, Christentum
genannt, deren Zeit jetzt abläuft, in die Schranken zu treten und so
werden sie durch ihre Stellung zur Sache gar oft auf die Seite der Gewalt und
Unterdrückung, anstatt auf die Seite des Rechtes und der Freiheit, auf
die Seite der Reiche dieser Welt, anstatt auf die Seite des wahren Reiches
Christi gezogen, vor dem diese alle fallen müssen (Offb. 17:14;
19:11-19).
Die
Welt erkennt mehr und mehr, dass die ,,Reiche dieser Welt“ Christo nicht
ähnlich sind und dass ihr Anspruch, von Christo bevollmächtigt zu sein,
mehr wie fraglich sei. In Bezug auf diese und ähnliche Fragen fangen die
Leute an, ihren Verstand zu gebrauchen; und um so energischer werden sie
nach ihrer Überzeugung handeln, wenn sie zu der Einsicht kommen, dass an
ihnen im Namen des Friedefürsten und des gerechten Gottes eine Täuschung
verübt worden ist. In der Tat, bei gar vielen findet sich eine Hinneigung
zu dem Schluss, dass das Christentum selbst eine Überlieferung ohne
Fundament sei und dass im Bunde mit weltlichen Herrschern sein Zweck nur
der sei, die Freiheiten der Massen in Schranken zu halten.
Oh,
dass die Menschen weise wären und willig, das Werk und den Plan des Herrn
zu verstehen! Dann würden die gegenwärtigen Reiche nach und nach
zerschmelzen, Reform würde rasch auf Reform und Freiheit auf Freiheit
folgen, und Wahrheit und Recht würden herrschen, bis Gerechtigkeit auf
Erden hergestellt wäre. Aber das werden sie nicht tun, noch können sie
es in ihrem gegenwärtigen gefallenen Zustand; und so wird, von
Selbstsucht getrieben, jeder nach der Oberhand streben, und die Reiche
dieser Welt werden vergehen in einer so großen Drangsalszeit, als nicht
gewesen ist, seit es Menschen gegeben hat. Von denen, die vergeblich
versuchen werden, an einer Herrschaft festzuhalten, welche vergangen ist,
wenn die Herrschaft dem gegeben ist, dem sie gebührt, spricht der Herr,
dass sie gegen ihn kämpfen, ein Kampf, in dem sie sicher unterliegen müssen,
wenn er sagt:
„Warum
toben die Nationen und sinnen Eitles die Völkerschaften? Es treten auf
die Könige der Erde, und die Fürsten ratschlagen miteinander wider
Jehova und wider seinen Gesalbten: Lasset uns zerreißen ihre Bande und
von uns werfen ihre Seile. Der im Himmel thront, lacht, der Herr spottet
ihrer. Dann wird er zu ihnen reden in seinem Zorn, und in seiner Zornglut
wird er sie schrecken (sagend): Habe doch ich meinen König gesalbt auf
Zion, meinem heiligen Berge! ... Und nun, ihr Könige, seid verständig,
lasset euch zurechtweisen, ihr Richter der Erde! Dienet Jehova mit Furcht,
und freuet euch mit Zittern! Küsset (befreundet euch) den Sohn (Gottes
Gesalbten), dass er nicht zürne, und ihr umkommet auf dem Wege, wenn nur
ein wenig entbrennt sein Zorn. Glückselig alle, die auf ihn trauen!“ -
Psalm 2: 1-6, 10-12