SCHRIFTSTUDIEN
BAND
1 - DER
GÖTTLICHE PLAN DER ZEITALTER
Studie
7
Die
Zulassung des Bösen und seine Beziehung zum
Plane Gottes.
Warum
Böses zugelassen wurde.
—
Recht und Unrecht als Grundsätze.
— Das
moralische Bewusstsein.
— Gott
ließ Böses zu und wird es zum Besten lenken.
— Gott
nicht der Urheber der Sünde.
— Adams
Prüfung kein Trugspiel.
— Seine
Versuchung ernstlich.
— Er
sündigte vorsätzlich, wissentlich, willentlich.
— Die
Strafe der Sünde weder ungerecht noch zu hart.
— Die
Weisheit, Liebe und Gerechtigkeit, die sich bei Verurteilung aller in Adam
kundgibt.
— Gottes
Gesetz allumfassend.
Böses
ist, was Unglück erzeugt; irgend etwas, was direkt oder indirekt Leiden
irgendwelcher Art hervorruft. Bei der Behandlung dieses Gegenstandes
erhebt sich daher nicht nur die Frage, was ist es um all das Weh, den
Kummer, die Schmerzen, die Schwäche und um den Tod der Menschen, sondern
es ist nötig, dass man hinter all dies zurückgeht und dessen erste
Ursache - die Sünde - und ihr Heilmittel aufsucht. Da die Sünde die
Ursache alles Bösen ist, so ist ihre Beseitigung das einzige Mittel, die
Krankheit für immer zu heilen. Dem forschenden Geist drängt sich wohl
keine Schwierigkeit häufiger auf, als die Frage: Warum hat Gott die
gegenwärtige Herrschaft des Bösen zugelassen? Warum gestattete er dem
Satan, die Versuchung an unsere ersten Eltern heranzubringen, nachdem er
sie vollkommen und aufrichtig erschaffen hatte? Oder warum ließ er den
verbotenen Baum unter den guten eine Stelle finden? Trotz allen Versuchen,
ihr auszuweichen, drängt sich unwiderstehlich die Frage auf: Konnte Gott
nicht jeder Möglichkeit des Fall der Menschen vorbeugen?
Die
Schwierigkeit entspringt zweifellos daraus, dass man verfehlt, den Plan
Gottes zu erfassen. Gott konnte den Eintritt des Bösen verhindert haben,
aber die Tatsache, dass er es nicht tat, sollte genügender Beweis dafür
sein, dass die jetzige Zulassung desselben geschehen ist, um schließlich
größeres Heil zu wirken. Wenn Gottes Plan in seiner Vollständigkeit
gesehen würde, so würde sich
zeigen, wie weise der
eingeschlagene Weg war. Man fragt: Konnte Gott, bei dem alle Dinge möglich
sind, nicht rechtzeitig dazwischen treten, um die volle Ausführung der
Absicht Satans zu verhindern? Ohne Zweifel konnte er es; aber solches
Dazwischentreten würde die Ausführung seiner eigenen Ratschlüsse
verhindert haben. Sein Zweck war die Vollkommenheit, Majestät und
gerechte Autorität seines Gesetzes kund und offenbar zu machen und sowohl
den Menschen wie den Engeln die bösen Folgen zu zeigen, die aus der
Verletzung desselben hervorgehen. Zudem sind einige Dinge ihrem
eigentlichen Wesen nach bei Gott unmöglich, wie die Schrift selbst sagt:
,,Es ist unmöglich, dass Gott lüge.“ (Hebr. 6:18) ,,Er kann sich
selbst nicht verleugnen.“ (2. Tim. 2:13) Er kann nicht unrecht tun und
konnte daher keinen anderen, als den weisesten und besten Plan wählen,
seine Geschöpfe ins Leben einzuführen, wenn auch unser kurzsichtiger
Blick die verborgenen Quellen der unendlichen Weisheit eine Zeitlang zu
erkennen verfehlt.
Die
Schrift erklärt, dass alle Dinge nach Gottes Willen oder Wohlgefallen
geschaffen sind (Offb. 4:11); ohne Zweifel, denn am Austeilen seiner
Segnungen und am Ausüben der Eigenschaften seines herrlichen Wesens hat
er sein Wohlgefallen. Und wenn er bei der Hinausführung seiner
wohlgemeinten Absichten eine Zeitlang Bösen und Übeltätern einen tätigen
Anteil zu nehmen gestattet, so geschieht es doch nicht um des Bösen
willen, noch weil er im Bunde mit der Sünde steht; denn er erklärt, dass
er nicht ein Gott ist, ,,der an Gesetzlosigkeit Gefallen hat.“ (Ps. 5:5)
Obgleich dem Bösen in jeder Hinsicht zuwider, lässt es Gott doch eine
Zeitlang zu (d.h. verhindert es nicht), weil seine Weisheit einen Weg
gefunden, auf dem es für seine Geschöpfe zu einer dauernden und
wertvollen Lektion gemacht werden kann.
Es
ist eine selbstverständliche Wahrheit, dass es für jedes gute oder
rechte Prinzip ein entsprechendes schlechtes oder unrechtes Prinzip gibt;
wie z.B. Wahrheit und Irrtum, Liebe und Hass, Gerechtigkeit und
Ungerechtigkeit. Wir unterscheiden diese entgegengesetzten Prinzipien als
recht und unrecht oder als gut und schlecht (oder böse), nach der Wirkung,
die sie haben, wenn sie in Tätigkeit gesetzt sind. Das Prinzip, das, wenn
es in Tätigkeit ist, wohl tut und schließlich Ordnung, Harmonie und Glück
hervorruft, nennen wir ein gutes Prinzip; und das entgegengesetzte, das
Unrein, Unglück und Zerstörung anrichtet, nennen wir ein böses Prinzip.
Das Ergebnis dieser in Tätigkeit befindlichen Prinzipien nennen wir gut
und böse; und das intelligente Wesen, das fähig ist, das gute vom bösen
Prinzip zu unterscheiden und das sich freiwillig von dem einen oder
anderen leiten lässt, nennen wir tugendhaft oder sündig.
Dies
Vermögen, zwischen guten und bösen Prinzipien unterscheiden zu können,
nennt man das moralische Bewusstsein oder das Gewissen. Durch dieses
moralische Bewusstsein, das Gott uns gegeben hat, sind wir imstande, über
Gott uns ein Urteil zu bilden und zu erkennen, dass er gut ist. An dieses
moralische Bewusstsein wendet sich Gott immer, um seine Gerechtigkeit oder
Rechtschaffenheit zu zeigen; und vermöge desselben moralischen
Bewusstseins konnte Adam Sünde oder Ungerechtigkeit als Böses erkennen,
noch ehe er alle ihre Folgen kannte. Die niedrigeren Arten der Geschöpfe
Gottes sind mit diesem moralischen Bewusstsein nicht ausgestattet. Ein
Hund hat etwas Intelligenz, Verstand, aber nicht in diesem Grade; wenn er
auch lernen kann, dass gewisse Handlungen Anerkennung und Belohnung von
seinem Herrn eintragen und gewisse andere seinen Unwillen. Er kann stehlen
oder das Leben nehmen, aber einen Sünder würde man ihn nicht nennen;
oder er beschützt das Leben und Eigentum, würde aber darum nicht
tugendhaft genannt werden, weil er nichts über die moralische
Beschaffenheit seines Tuns weiß.
Gott
hätte die Menschheit ohne das Vermögen, zwischen Recht und Unrecht zu
unterscheiden, erschaffen können, oder auch nur fähig, das Rechte zu
erkennen und zu tun. Das wäre aber nichts anderes gewesen, als eine
lebendige Maschine zu machen, ganz gewiss aber kein urteilsfähiges
Ebenbild des Schöpfers. Oder er konnte, wie er ja getan hat, den Menschen
vollkommen und mit freiem Willen erschaffen und ihn dann vor der
Versuchung Satans bewahren. Da aber in diesem Falle die Erfahrung des
Menschen auf die des Guten beschränkt geblieben wäre, so würde er den
Einflüsterungen des Bösen von außen oder des Ehrgeizes von innen beständig
ausgesetzt geblieben sein, was seine Zukunft in alle Ewigkeit hinaus
ungewiss gemacht hätte, denn die Möglichkeit eines Ausbruches des
Ungehorsams wäre stets geblieben. Außerdem würde das Gute nie so geschätzt
worden sein, als durch seinen Unterschied und Gegensatz zum Bösen.
Gott
machte seine Geschöpfe zuerst mit dem Guten vertraut, als er sie in Eden
damit umgab; und dann ließ er sie, als Strafe des Ungehorsams, die erste
Erfahrung des Bösen machen. Von Eden und aus der Gemeinschaft mit Gott
vertrieben, ließ er sie Krankheit, Schmerzen und den Tod kosten, damit
sie für immer Böses kennen gelernt hätten und wüssten, wie schädlich
und überaus sündig die Sünde ist.
Durch
Vergleichung der Folgen kamen sie zum Verständnis und zur richtigen
Wertschätzung von beiden. ,,Und Jehova, Gott, sprach: ,Siehe, der Mensch
ist geworden wie unsereiner, zu erkennen Gutes und Böses (1. Mose 3:22).
Daran nimmt Adams Nachkommenschaft teil, nur dass sie zuerst ihre
Erkenntnis des Bösen erlangt und noch nicht vollkommen erfassen kann, was
gut ist, bis sie es im Millennium als Ergebnis ihrer Erlösung erfährt,
die der vollbracht hat, der dann ihr Richter und König sein wird.
Das
moralische Bewusstsein oder das Urteil über Recht und Unrecht und die
Freiheit es zu gebrauchen, die Adam besaß, waren wichtige Züge seiner
Ebenbildlichkeit mit Jehova. Das Gesetz, was Recht oder Unrecht sei, war
ursprünglich in seine Natur eingeschrieben, wie es auch zur göttlichen
Natur gehört. Vergessen wir nicht, dass dieses Ebenbild oder Gleichnis
Gottes, diese Natur, in die das Gesetz ursprünglich hineingeschrieben
war, des Menschen Urzustand, durch den schwächenden und erniedrigenden
Einfluss der Sünde viel von seinem klaren Umriss verloren hat; es ist
daher jetzt nicht das, was es im ersten Menschen war. Die Fähigkeit zu
lieben schließt die Fähigkeit zu hassen ein; daher müssen wir schließen,
dass der Schöpfer den Menschen nicht nach seinem Bilde (mit dem Vermögen,
zu lieben und recht zu tun) machen konnte, ohne ihm die Fähigkeit zu
hassen und Unrecht zu tun, zu belassen. Diese Freiheit der Wahl, der freie
Wille genannt, ist ein Teil der ursprünglichen Ausstattung des Menschen.
Dies, zusammen mit dem vollen Maße seiner geistigen und moralischen Fähigkeit,
machte ihn zum Bilde seines Schöpfers. Heute, nach sechstausend Jahren
des Heruntersinkens, ist durch die Sünde so viel von dem Ebenbild ausgelöscht
worden, dass wir nicht frei, sondern in größerem oder geringerem Maße
durch die Sünde und ihre Folgen geknechtet sind, und so kommt es, dass
dem gefallenen Geschlecht die Sünde leichter und angenehmer als die
Gerechtigkeit.
Dass
Gott dem Adam einen solchen lebendigen Eindruck der vielen schlimmen
Folgen der Sünde hätte geben können, der ihn davon abgehalten hätte,
brauchen wir nicht in Frage zu stellen, aber wir glauben, dass Gott wusste,
dass eine tatsächliche Erfahrung des Bösen die sicherste und bleibendste
Lektion sei und folglich die geeignetste, um den Menschen in alle Ewigkeit
zu nützen; und aus diesem Grunde trat Gott nicht dazwischen, sondern ließ
zu, dass der Mensch seine Wahl traf und die Folgen des Bösen kostete. Wäre
die Gelegenheit zu sündigen nie zugelassen worden, so hätte der Mensch
nicht widerstehen können, und dann hätte sein Rechttun weder Tugend noch
Verdienst sein können. Gott will solche haben, die ihn im Geist und in
der Wahrheit anbeten. Er zieht bewussten und willigen Gehorsam einem
unbewussten, mechanischen Dienste vor. Er hatte schon leblose, mechanische
Vollbringer seines Willens in Wirksamkeit; nun aber war es seine Absicht,
ein anderes Wesen zu machen, einen Herrn über die Erde, dessen
Ergebenheit und Gerechtigkeit sich auf die rechte Wertschätzung von Recht
und Unrecht, von Gut und Böse gründen sollte. Recht und Unrecht als
Prinzipien haben immer bestanden und müssen immer bestehen; alle
vollkommen, intelligenten, Gott ebenbildlichen Geschöpfe müssen frei
sein, das eine oder das andere zu wählen, wenn auch nur das rechte
Prinzip für immer wirksam bleiben wird. Die Schrift belehrt uns, dass,
wenn die Wirksamkeit des bösen Prinzips lange genug zugelassen worden ist,
um Gottes Zweck zu erfüllen, es dann für immer zu wirken aufhören wird,
und dass ebenfalls alle, die fortfahren, sich unter seine Botmäßigkeit
zu beugen für immer zu sein aufhören sollen (1. Kor. 15:25, 26; Hebr.
2:14). Nur die da recht tun, werden für immer bleiben.
Aber
die Frage kehrt in einer anderen Gestalt wieder: Konnte der Mensch in
keiner anderen Weise mit dem Bösen bekannt gemacht werden als durch
Erfahrung? Man kann auf viererlei verschiedene Art und Weise eine Sache
wissen, nämlich durch unmittelbares Erkennen, durch Beobachtung, durch
Erfahrung oder durch Belehrung, die natürlich aus einer als bestimmt
wahrhaftig anerkannten Quelle stammen muss. Ein unmittelbares Erkennen ist
ein direktes Begreifen, ohne den Vorgang des Nachdenkens oder die
Notwendigkeit eines Beweises. Solches Erkennen gehört nur Jehova,
der ewigen Quelle aller Weisheit und Wahrheit, der notwendigerweise,
und der Natur der Sache nach, über alle seine Geschöpfe erhaben ist. Des
Menschen Erkennen von Gut und Böse konnte daher kein unmittelbares sein.
Es konnte diese Erkenntnis ferner durch Beobachtung gekommen sein; in
diesem Falle aber wäre irgendwelche Darstellung des Bösen notwendig
gewesen, damit der Mensch dessen Folgen beobachten konnte. Das würde die
Zulassung des Bösen irgendwo anders voraussetzen, unter irgendwelchen
anderen Wesen, und warum dann nicht ebenso gut unter den Menschen und auf
dieser Erde, wie irgendwo sonst?
Warum
sollte der Mensch nicht den Darsteller abgeben und seine Erkenntnis aus
praktischer Erfahrung gewinnen? Und so ist es; der Mensch macht die
praktische Erfahrung und dient zugleich anderen Wesen zur Beobachtung, er
ist „ein Schauspiel den Engeln“. - 1. Kor. 4:9
Adam
besaß schon Erkenntnis des Bösen durch Belehrung, aber das genügte
nicht. Adam und Eva kannten Gott als ihren Schöpfer und somit als den,
der das Recht hat, ihnen zu gebieten und sie zu leiten; und vom dem
verbotenen Baum hatte er gesagt: „Welches Tages du davon isst, wirst du
sterbend sterben.“ Von daher kannten sie das Böse, aber nicht seine
praktische Wirkung. Unerfahren, wie sie waren, verstanden sie ihres Schöpfers
liebreiche Autorität und wohlwollendes Gesetz nicht, noch die Gefahren,
vor welchen es sie beschützen sollte; und gaben der Versuchung
nach, die er zuließ und deren schließlichen Nutzen seine Weisheit wohl
voraus erkannte.
Nur
wenige begreifen den Ernst der Versuch, welcher unsere ersten Eltern
erlagen, noch die Gerechtigkeit Gottes, eine so strenge Strafe
aufzuerlegen für etwas, das vielen als eine so geringe Übertretung
erscheint. Aber ein wenig Nachdenken wird alles deutlich machen. Die
Schrift erzählt uns die einfache Geschichte, wie das Weib als das schwächere
Werkzeug verführt ward und so ein Übertreter wurde. Ihre Erfahrung und
ihr Bekanntsein mit Gott waren wohl noch beschränkter als die Adams, denn
er war zuerst erschaffen, und Gott hat ihm unmittelbar vor Evas
Erschaffung die Erkenntnis über die Strafe der Sünde mitgeteilt, während
Eva ihre Belehrung von Adam empfangen haben muss. Als sie von der Frucht
genommen hatte, begriff sie augenscheinlich nicht, dass sie ihr Recht zum
Leben eingebüßt hatte, obwohl eine gewisse Furcht vorhanden gewesen sein
wird, dass nicht alles recht war. Aber obgleich sie verführt war, so sagt
Paulus doch, dass sie ein Übertreter war. Sie war für ihre Handlung
verantwortlich, wenn auch nicht so schuldig, als wenn sie gegen größeres
Licht gesündigt hätte.
Adam
dagegen, so wird uns berichtet, wurde nicht verführt (1. Tim. 2:14),
folglich muss er in vollem Bewusstsein der Sünde und der in Aussicht
gestellten Strafe die Übertretung begangen haben. Er wusste, dass er
sterben müsse. Wir können leicht erkennen, worin die Versuchung, die ihn
antrieb, die angekündigte Strafe so rücksichtslos auf sich zu laden,
bestand. Wenn wir im Auge behalten, dass sie vollkommene Wesen waren, im
geistlichen und sittlichen Ebenbild ihres Schöpfers, so können wir
begreifen, dass der Gott ähnliche Bestandteil der Liebe in dem
vollkommenen Manne gegen seine geliebte Gefährtin, das vollkommene Weib,
sich besonders entwickelt hatte. Da er ohne Zweifel die Gewissheit des
Todes der Eva und damit seinen Verlust erkannte, ohne Hoffnung der
Wiederherstellung, denn solche Hoffnung war noch nicht gegeben, so
beschloss Adam in seiner Verzweiflung, nicht ohne sie zu leben. Sein
eigenes Leben ohne ihre Gesellschaft wertlos und unglücklich achtend,
nahm er willentlich an ihrer Handlung des Ungehorsams teil, damit er auch
ihre Todesstrafe teile. Beide waren verantwortlich und in ,,der Gleichheit
der Übertretung“, wie der Apostel zeigt (Röm. 5:14; 1. Tim. 2:14), und
folglich waren beide gerechterweise durch das Gesetz zum Tode verurteilt,
das da sagt: „Die Seele, die sündigt, die soll sterben.“
Gott
sah nicht nur voraus, dass der Mensch, dem er Freiheit der Wahl gegeben,
aus Mangel eines vollen Verständnisses der bösen Folgen das Böse erwählen
würde, sondern er sah auch, dass der Mensch, nachdem er mit dem Bösen
bekannt geworden, es immer noch erwählen würde, weil dieses Bekannt
werden seine Natur so verderben würde, dass ihm Böses angenehmer, ja wünschenswerter
als Gutes sein würde. Dennoch beschloss Gott, Böses zuzulassen, weil er,
der selbst das Heilmittel zu seiner Erlösung aus den Folgen desselben
bereit hatte, voraussah, dass das Endergebnis, das sein würde, den
Menschen durch Erfahrung zu einem vollen Verständnis der ,,überaus großen
Sündigkeit der Sünde“ und des über alle Vergleiche erhabenen Glanzes
der Tugend im Gegensatz zu derselben führen würde, und weil er auf diese
Weise ihn lehren wollte, mehr und mehr seinen Schöpfer, der die Quelle
alles Guten ist, zu lieben und für immer das zu meiden, was so viel Weh
und Elend über die Menschheit gebracht hat. So wird das endliche Ergebnis
der Zulassung des Bösen größere Liebe zu Gott und größerer Hass gegen
alles, was seinem Willen entgegen ist und folglich eine sichere
Herstellung in den Stand ewiger Gerechtigkeit für alle die sein, welche
durch die Lektionen die Gott jetzt durch die Zulassung der Sünde und
ihrer begleitenden Übel erteilt, profitieren.
Jedoch
sollte man einen großen Unterschied bemerken zwischen der unbestreitbaren
Tatsache, dass Gott die Sünde zugelassen hat und dem schweren Irrtum
einiger, nach welchem Gott selbst der Urheber und Eingeber der Sünde
gewesen sein soll. Diese Ansicht ist sowohl gotteslästerlich als auch im
Widerspruch mit den in der Schrift dargestellten Tatsachen. Diejenigen,
welche in diesen Irrtum fallen, tun es gewöhnlich beim Versuch, einen
anderen Heilsplan auszufinden als den, welchen Gott durch das Opfer
Christi als unseren Loskaufpreis, als unser Lösegeld, vorgesehen hat.
Wenn es ihnen gelingt, sich und andere zu überzeugen, dass Gott für alle
Sünde und Gottlosigkeit und alle Verbrechen (*) verantwortlich sei, und
dass der Mensch als unschuldiges Werkzeug in seiner Hand zur Sünde
gezwungen wurde, dann haben sie sich für die Anschauung den Weg gebahnt,
dass für unsere Sünden kein Opfer, noch auch Gnade in irgendwelcher
Form, sondern einfach Gerechtigkeit erforderlich war. (*) Zwei
Schriftstellen (Jes. 45:7 und Amos 3:6) werden verwendet, um diese
Anschauung zu stützen, aber in beiden Texten nur durch eine falsche
Auslegung des Wortes Übel. Sünde ist stets ein Übel, aber ein Übel ist
nicht immer Sünde. Ein Erdbeben, ein Brand, eine Flut oder Pestilenz würden
ein Unglück, ein Übel sein; doch keines derselben eine Sünde. Das Wort
Übel in den angeführten Texten bedeutet Unglück. Dasselbe hebräische
Wort wird in Ps. 34:20 durch leiden; in Jer. 48:16; 51:2; 1. Sam. 10:19;
Neh. 2:17; Klagel. 1:21 durch Unglück übersetzt. Ps. 107:39; 27:5; 41:1
hat Parallel-Bibel Unglück. Ps. 88:4 steht Jammer; Ps. 107:26 Angst; Ps.
10:6 Not; Pred. 7:14 böser Tag; Ps. 34:13 übel gehen. Und auf mancherlei
andere Weise ist dies Wort in anderen Stellen übersetzt worden, welche
sich alle auf Unglück und in keiner Weise auf Sünde beziehen.
In
Jesaja 45:7 und Amos 3:6 wollte der Herr Israel an seinen Bund mit ihnen
als Volk erinnern, dass, wenn sie seinen Geboten gehorchen würden, er sie
segnen und vor dem Unglück, welches über die Welt im allgemeinen
hereinbricht, beschützen würde; aber wenn sie ihn verließen, würde er
zu ihrer Züchtigung Unglück (Übel) über sie bringen. - siehe 5. Mose
28:1-14, 15-32, 3. Mose 26:16; Josua 23:6-16.
Wenn
jedoch Züchtigungen über sie kamen, waren sie geneigt, dieselben als Zufälle
und nicht als Züchtigung anzusehen. Daher ließ ihnen Gott durch die
Propheten sagen, dass diese Übel oder Unglücksfälle von ihm seien und
nach seinem Willen zu ihrer Besserung über sie kamen, weil er ja mit
ihnen einen Bund geschlossen habe. Es ist ungereimt, diese Texte zum
Beweis dafür anzuführen, dass Gott der Urheber der Sünde sei, denn sie
beziehen sich in keiner Weise auf Sünde.
Damit
legen sie auch den Grund für einen anderen Teil ihrer falschen Anschauung,
nämlich für den Universalismus und behaupten, da Gott alle Sünde, alle
Gottlosigkeit und Verbrechen bewirkte, so werde er auch die Befreiung der
ganzen Menschheit aus Sünde und Tod bewirken. Und da sie annehmen, dass
Gott die Sünde wollte und verursachte, und dass ihm niemand widerstehen
konnte, so behaupten sie auch, dass alle auf gleiche Weise machtlos sein
werden, ihm zu widerstehen, wenn er Gerechtigkeit will. Aber in all
solcher Vernünftelei wird die edelste Eigenschaft des Menschen, Freiheit
des Willens oder der Wahl, der schlagendste Zug seiner Ähnlichkeit mit
dem Schöpfer, gänzlich beiseite gesetzt, und der Mensch wird, jener
Anschauung nach, nur zu einer Maschine herunter gewürdigt, die nur geht,
wie sie getrieben wird. Wenn das der Fall wäre, so würde der Mensch,
statt der Herr der Erde zu sein, selbst den Insekten nachstehen; denn
selbst diese haben ohne allen Zweifel einen Willen oder ein Vermögen der
Wahl. Selbst der kleinen Ameise ist ein Willensvermögen verliehen worden,
welches der Mensch nicht vernichten kann, wenn er ihm auch hinderlich sein
kann und es beeinträchtigen kann.
Es
ist wahr, Gott hat die Macht, den Menschen zur Sünde oder zur
Gerechtigkeit zu zwingen, aber sein Wort erklärt, dass er keinen solchen
Vorsatz hat. Folgerichtig konnte er den Menschen nicht zur Sünde zwingen,
und zwar aus demselben Grunde, aus dem er ,,sich selbst nicht verleugnen
kann.“ Solch ein Verfahren wäre im Widerspruch mit seinem gerechten
Charakter und daher eine Unmöglichkeit. Und er sucht die Verehrung und
Liebe derjenigen allein, die ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.
Darum hat er dem Menschen eine Freiheit des Willens, ähnlich der Seinen,
gegeben und wünscht, dass er Gerechtigkeit wählen möchte. Die Zulassung
freier Wahl führte zu des Menschen Fall aus der göttlichen Gemeinschaft
und Gnade in den Tod. Durch seine Erfahrung mit Sünde und Tod lernte der
Mensch praktisch, was ihm Gott theoretisch, ohne seine Erfahrung mit der Sünde
und ihren Folgen, zu lehren anbot. Gottes Vorherwissen dessen, was der
Mensch tun würde, wird nicht gegen ihn gebraucht als eine Entschuldigung
dafür, ihn zu einem bloßen Maschinenwesen herabzuwürdigen. Im Gegenteil,
es wird zugunsten des Menschen gebraucht. Denn Gott, voraussehend, welchen
Lauf der Mensch nehmen würde, wenn ihm die Wahl gelassen würde, hinderte
ihn nicht, die Sünde und ihre bitteren Folgen praktisch zu kosten,
aber er begann sofort, ein Mittel für seine Errettung aus seiner
ersten Übertretung zu bereiten. Dieses Mittel besteht in einem Erlöser,
einem großen Erretter, der da fähig ist, völlig (bis zum Ende) alle die
zu erretten, welche durch ihn zu Gott zurückkehren wollen. Deshalb, damit
der Mensch einen freien Willen haben und doch durch seinen ersten
Fehlgriff, bei dem Gebrauch desselben im Ungehorsam gegen den Willen
Gottes, profitieren könne, hat Gott nicht nur ein Lösegeld für alle
vorgesehen, sondern auch, dass eine Erkenntnis der so gebotenen
Gelegenheit einer Wiederaussöhnung mit ihm zu seiner allen dargeboten und
bezeugt werden soll (1. Tim. 2:3-6).
Die
Härte der Strafe war kein Ausbruch des Hasses und bösen Willens auf
Seiten Gottes, sondern notwendige und unausbleibliche Frucht des Bösen,
das Gott auf diese Art den Menschen erkennen und fühlen ließ. Gott kann
das Leben erhalten so lange er es für gut befindet, sogar trotz der zerstörenden
Gewalt des Bösen, aber es wäre Gott ebenso unmöglich, ein solches Leben
ewig zu erhalten, wie es unmöglich ist, dass Gott lüge. Das heißt, es
ist moralisch unmöglich. Solch ein Leben würde nur mehr und mehr für
sich selbst und für andere eine Quelle des Elends sein. Gott ist daher zu
gut, ein Wesen am Leben zu erhalten, das für sich selbst und für andere
nutzlos und schädlich ist, und wenn er seine erhaltene Kraft zurückzieht,
so muss die natürliche Folge des Bösen, die Zerstörung, eintreten.
Leben ist eine Gnade, eine Gabe Gottes, und nur für den Gehorsamen wird
es ewig währen.
Der
Nachkommenschaft Adams geschah keine Ungerechtigkeit damit, dass nicht
jedem eine besondere Probe gestattet wurde. Jehova war in keiner Weise
verpflichtet, uns ins Dasein zu bringen; und nachdem er uns ins Leben
gerufen, war er durch kein Gesetz der Billigkeit oder Gerechtigkeit
gebunden, uns ewiges Leben zu geben, ja nicht einmal eine Probe fürs
Leben, mit dem Versprechen des ewigen Lebens, wenn gehorsam. Merke diesen
Punkt wohl. Das gegenwärtige Leben, das von der Wiege bis zum Grabe nur
ein Vorgang des Sterbens ist, ist trotz allen Übels und aller getäuschten
Erwartungen doch eine Gnade und Gunsterweisung, selbst wenn es kein
Jenseits gäbe. Die große Mehrheit sieht es so an Ausnahmen (Selbstmörder)
gibt es verhältnismäßig wenige, und diese, so haben die Gerichtshöfe
wiederholt entschieden, sind geistig unzurechnungsfähig, sonst würden
sie sich nicht selbst so von den Gütern dieses Lebens abschneiden. Außerdem
würden aller Wahrscheinlichkeit nach alle Kinder Adams in einer ähnlichen
Prüfung geradeso gefehlt haben.
Viele
haben die irrtümliche Meinung aufgenommen, dass Gott unser Geschlecht für
ewige Qual die Probe gestellt habe, während darüber auch nicht das
geringste in der Strafandrohung angedeutet ist. Die Gnade oder der Segen
Gottes für seine gehorsamen Kinder ist Leben - fortdauerndes Leben - frei
von Schmerz, Krankheit usw., den mitwirkenden Bestandteilen des Verfalles
und des Todes. Dem Adam war dieser Segen im vollsten Maße zuteil geworden,
aber er wurde gewarnt, dass er dieser „Gabe“ verlustig gehen würde,
wenn er Gehorsam zu leisten ermangelte: ,,Welches Tages du davon isst,
wirst du des Todes sterben.“ Er wusste nichts von einem Leben in Qual,
als Strafe für die Sünde. Ewiges Leben ist nirgends jemand anderem
verheißen, als nur den Gehorsamen. ,,Leben“ ist Gottes Gabe und ,,Tod“,
der Gegensatz zum Leben, ist die Strafe, die er angeordnet hat.
Ewige
Qual ist auch mit keiner Silbe im Alten Testament angedeutet, und nur
einige wenige Aussagen des Neuen Testaments haben eben nur den Schein, als
lehrten sie dergleichen; und diese finden sich alle entweder unter den
bildlichen Darstellungen der Offenbarung oder unter den Gleichnissen und
dunklen Reden unseres Herrn, die vom Volke, das sie hörte, nicht
verstanden wurden (Luk. 8:10) und sogar heute noch wenig besser verstanden
zu werden scheinen. Der Tod ist der Sünde Sold (Röm. 6:23). „Die Seele,
die sündigt, die soll sterben.“ (Hes. 18:4)
Viele
haben angenommen, es sei ungerecht von Gott, alle für Adams Sünde zu
verurteilen, statt jedem einzelnen dieselbe Gelegenheit, ewiges Leben zu
erlangen, zu geben, wie Adam sie genoss. Aber was werden diese sagen, wenn
gezeigt werden wird, dass die kommende Gelegenheit und Probe der Welt fürs
Leben viel günstiger sein wird, als die Adams war; und da gerade darum,
weil Gott nach seinem Plane alle in Adam Vertretenen erprobte und alle des
Ungehorsam wegen verurteilte? Wir glauben zuversichtlich, dass dem so ist
und wollen versuchen, es klar zu machen.
Gott
versichert uns, dass, weil die Verurteilung auf alle in Adam gekommen sei,
darum habe er die Anordnung getroffen, dem Geschlecht ein neues Haupt,
einen Vater oder Lebensgeber, zu geben, in welchen alle durch den Glauben
versetzt werden mögen; und dass, wie in Adam alle die Todesstrafe teilten,
ebenso alle in Christo den Segen des Lebens teilen mögen, indem sie durch
den Glauben an sein Blut gerechtfertigt werden können (Röm. 5:12, 18,
19). So betrachtet, war der Tod Jesu, des einen Unschuldigen, Sündlosen,
eine vollständige Genugtuung, das Lösegeld für die Sünde Adams. Da ein
Mensch gesündigt hatte und alle in ihm seinen Fluch, seine Strafe teilten,
so bezahlte Jesus die Strafe des einen Sünders und kaufte dadurch nicht
nur Adam, sondern alle seine Nachkommen, alle Menschen, die durch
Erbschaft seine Schwächen und Sünden und die Strafe für diese - den Tod
- teilten. Unser Herr, der Mensch Christus Jesus, selbst unbefleckt,
erprobt und mit einem vollkommenen Samen oder Geschlecht in ihm, ungeboren
und gleichfalls frei von Sünde, gab sein alles (sein menschliches Leben
und Recht) als das volle entsprechende Lösegeld für Adam und das
Geschlecht (oder den Samen), das in ihm war, als er sündigte und
verurteilt wurde. Nachdem er so voll und ganz das Leben Adams und seines
Geschlechtes erkauft hat, erbietet sich Christus,
das ganze adamitische Geschlecht als seine Kinder anzunehmen, alle,
welche die Bedingungen des Neuen Bundes annehmen werden und also durch den
Glauben eintreten in seine Familie, die Familie Gottes, und ewiges Leben
bekommen. So wird also (Jes. 53:10) der Erlöser ,,Samen sehen (so viele
des Samens Adams, als unter
seinen Bedingungen sich an Kindesstatt annehmen lassen); er wird seine
Tage verlängern (in seiner Auferstehung zu einer höheren als
menschlichen Stufe, nach der Gabe des Vaters als Lohn für seinen Gehorsam)“,
und alles in der ungeahntesten Weise - dadurch, dass er Leben und
Nachkommenschaft aufopferte. Und so steht geschrieben: ,,Wie alle in Adam
sterben, also werden alle in Christo lebendig gemacht werden.“ (1. Kor.
15:22)
Der
Schaden, den wir durch Adams Fall erlitten (eine Ungerechtigkeit erlitten
wir nicht), soll durch Gottes Gnade vermittels Gnadenerweisungen durch
Christum voll ausgebessert werden; und alle werden früher oder später
(in Gottes ,,fest bestimmter Zeit“) eine volle Gelegenheit haben, wieder
zu derselben Stellung hergestellt zu werden, deren sich Adam vor seiner Sünde
zu erfreuen hatte. Diejenigen, die in der gegenwärtigen Zeit weder vollständige
Erkenntnis noch vollen Genuss dieser Gnade durch den Glauben empfangen
(und das ist die große Mehrzahl, einschließlich Kinder und Heiden),
werden sicherlich in der nächsten Heilszeitordnung oder künftigen
Welt“, die dieser folgt, die Gelegenheit dazu haben. Zu dem Ende werden
,,alle, die in den Gräbern sind, ... hervorgehen“. Und sobald ein jeder
mit dem von unserem Herrn gegebenen Lösegeld und seinen darauffolgenden
Gelegenheiten bekannt wird, wird er, wie Adam, als auf die Probe
gestellt betrachtet werden; und wiederum wird Ungehorsam dauernden Tod -
den „zweiten Tod“ - eintragen. Vollkommener Gehorsam wird jedoch von
keinem gefordert werden, der nicht vollkommene Fähigkeiten hat. Unter dem
Gnadenbunde wird der Kirche während dieses Zeitalters die Gerechtigkeit
Christi durch den Glauben zugerechnet, um ihre durch die Schwachheiten des
Fleisches unvermeidlichen Mängel zu ersetzen; und dieselbe Gnade wird während
des Millenniums-Zeitalters für die ganze Menschheit - „Wer da will“,
Offb. 22:17 - wirksam sein. Nicht bevor körperliche Vollkommenheit
erreicht ist (was das Vorrecht aller vor dem Schluss des Millenniums sein
wird), wird ihre vollständige moralische Vollkommenheit gefordert werden.
Der Unterschied zwischen dieser Prüfung, welche das Ergebnis des Lösegeldes
und des Neuen Bundes ist, und der Prüfung in Eden wird der sein, dass in
dieser Prüfung die Handlungen jedes einzelnen nur seine eigene Zukunft
betreffen werden.
Doch
hieße dies nicht, etlichen des Geschlechtes eine zweite Gelegenheit zu
geben, ewiges Leben zu erlangen? Wir antworten: Die erste Gelegenheit für
ewiges Leben war durch Vater Adams Ungehorsam für ihn selbst und sein
ganzes Geschlecht, ,,noch in seinen Lenden“, verloren. In dieser ursprünglichen
Prüfung kam Fluch auf alle Menschen, und es war Gottes Plan, dass durch
Christi Sühnopfer Adam und alle, die in seinem Falle das Leben verloren,
nachdem sie die überaus große Sündhaftigkeit der Sünde geschmeckt und
die Schwere der Strafe der Sünde gefühlt hatten, die Gelegenheit
erhalten sollen, durch Glauben an den Erlöser zu Gott zurückzukehren.
Wenn jemand das eine ,,zweite Gelegenheit“ nennen will, mag er es tun;
es muss sicherlich Adams zweite Gelegenheit sein und wenigstens in
gewissem Sinn ist es das für das ganze erlöste Geschlecht, aber es wird
die erste persönliche Gelegenheit seiner Nachkommen sein, welche von
Geburt an unter dem Urteil des Todes standen. Wie wir es auch nennen
wollen, die Tatsachen sind dieselben, nämlich, alle waren zum Tode
verurteilt wegen Adams Ungehorsam, und alle werden (in diesem oder im künftigen
Leben) eine volle Gelegenheit erhalten, unter den günstigen Bedingungen
des Neuen Bundes ewiges Leben zu erlangen. Das ist, wie die Engel verkündigten,
,,gute Botschaft großer Freude, welche allem Volke widerfahren soll“.
Und, wie der Apostel erklärt, diese Gnade Gottes, dass unser Herr Jesus
,,sich selbst zu einem Lösegeld für alle gab“, muss allen bezeugt
werden ,,in bestimmter Zeit“ (Röm. 5:17-19; 1. Tim. 2:4-6). Menschen,
nicht Gott, haben diese Gelegenheit Leben zu erlangen, auf das
Evangeliums-Zeitalter beschränkt. Gott sagt uns im Gegenteil, dass das
Evangeliums-Zeitalter nur für die Herauswahl der Kirche, der königlichen
Priesterschaft ist, durch welche, in einem folgenden Zeitalter, alle
anderen zu einer genauen Erkenntnis der Wahrheit gebracht und ihnen vollen
Gelegenheit geboten werden soll, unter dem Neuen Bunde ewiges Leben zu
erlangen.
Aber
was für ein Vorteil liegt in dieser Verfahrungsweise? Warum nicht gleich
jedem eine persönliche Prüfung geben, und zwar jetzt, ohne den langen
Vorgang der Prüfung und Verurteilung Adams, der Teilnahme seines Samens
an dieser Verurteilung, des Loskaufes aller durch Christi Opfer und des
neuen Angebotes an alle, unter den Bedingungen des Neuen Bundes ewiges
Leben zu erlangen? Wenn Böses wegen des freien Willens des Menschen
zugelassen werden musste, warum wird es auf einem so sonderbaren kreisförmigen
Wege ausgerottet? Warum durfte soviel Elend in und auf viele kommen, die
schließlich den Lohn des Lebens als gehorsame Kinder Gottes empfangen
werden?
Ah!
das ist der Punkt, auf den das Interesse der Abhandlung sich zusammendrängt.
Überlege nun genau: Hätte Gott die Fortpflanzung unseres Geschlechtes
anders geordnet, so dass die Kinder nicht an den Folgen der Sünde der
Eltern, geistigen, sittlichen und leiblichen Schwachheiten, teilnehmen,
und hätte der Schöpfer es so eingerichtet, dass alle bei ihrer Prüfung
einen paradiesischen Zustand haben würden und dass allein die Übertreter
verurteilt oder ,,abgeschnitten' würden, wie viele, dürften wir annehmen,
würden unter allen den günstigen Umständen würdig und wie viele des
Lebens unwürdig erfunden werden?
Wenn
der eine Fall, der des Adam, als Maßstab genommen wird (und sicherlich
war er in jeder Hinsicht ein Muster menschlicher Vollkommenheit), so
musste die Schlussfolgerung die sein, dass keiner vollkommen gehorsam und
würdig erfunden werden würde, weil keiner eine so klare Erkenntnis und
Erfahrung von Gott haben würde, die in ihm, über sein persönliches
Urteil hinaus, volles Vertrauen in seine Gesetze entwickeln würde. Wir
werden versichert, dass die Erkenntnis, das Erkennen Gottes, seines Vaters,
unseren Herrn Jesus befähigte, ihm unbedingt zu vertrauen und zu
gehorchen (Jes. 53:11). Aber, angenommen, dass ein Viertel das Leben
erlangen würde oder selbst mehr; angenommen, dass die Hälfte wert
erfunden würde, und nur die Hälfte hätte den Lohn der Sünde, den Tod,
erleiden müssen. Was dann? Die eine Hälfte, die gehorsam gewesen wäre
und die Sünde weder erfahren noch beobachtet hätte, würde sie nicht
beständig eine gewisse Neugierde nach verbotenen Dingen verspüren und
nur durch die Furcht vor Gott und vor der Strafe zurückgehalten werden?
Ihr Dienst würde nicht so von Herzen kommen, als wenn sie Gutes und Böses
kennen und daher die wohlgemeinten Absichten des Schöpfers verstehen und
wertschätzen, dass er Gesetze gegeben hat, die sowohl sein eigenes Tun
als das seiner Geschöpfe regieren sollen.
Dann
denke auch in Bezug auf die Hälfte, die so als Folge ihrer eigenen
willentlichen Sünde in den Tod gehen würde! Sie würden dauernd vom
Leben abgeschnitten sein, und die einzige Hoffnung wäre, dass Gott auch
dieser Geschöpfe, der Werke seiner Hände, in Liebe gedenken und für sie
ein Lösegeld bereiten würde. Aber warum das? Der einzige Grund könnte
nur die Hoffnung sein, dass,
wenn sie zum Leben zurückgebracht und aufs neue geprüft würden, dann
einige von ihnen vermöge ihrer größeren Erfahrung den Gehorsam und das
Leben erwählen möchten.
Aber
selbst wenn dieser Plan so gut wäre, als der von Gott verfolgte, so gibt
es doch ernstliche Einwände dagegen.
Wie
vielmehr ist es der Weisheit Gottes ähnlich, die Sünde gleich in
gewissen Schranken zu halten, wie sein Plan es tut. Selbst unser
begrenzter Verstand kann es als viel besser erkennen, nur ein vollkommenes
unparteiisches Gesetz zu haben, welches sagt: der Lohn willentlicher Sünde
ist der Tod - Vernichtung - ein Abschneiden vom Leben. So hält Gott das Böse,
das er zugelassen, in Schranken, indem er Vorkehrungen getroffen hat, dass
die tausendjährige Herrschaft Christi die volle Austilgung des Bösen und
aller boshaften Übeltäter vollbringen und ewige Gerechtigkeit herbeiführen
wird, die sich auf volle Erkenntnis und auf vollkommenen und freiwilligen
Gehorsam von Seiten vollkommener Wesen gründet.
Aber
es gibt noch zwei weitere Einwände gegen diesen Plan, gleich von
vornherein jeden einzelnen für sich selbst zu prüfen. Ein Erlöser war
in dem Plane, den Gott erwählte, vollkommen ausreichend, weil nur einer
gesündigt hatte und nur einer verurteilt worden war (andere teilten seine
Verurteilung). Aber wenn die erste Probe eine für jeden allein geltende,
individuelle, gewesen wäre, und die Hälfte des Geschlechtes hätte gesündigt,
und es wäre jeder für sich verurteilt worden, so hätte es für jede
verurteilte Einzelperson das Opfer eines Erlösers erfordert. Ein
unverwirktes Leben konnte ein verwirktes erlösen, aber nicht mehr. Der
eine Vollkommene, ,,der Mensch Christus Jesus“, der den gefallenen Adam
(und unseren Verlust durch ihn) zurückgekauft hat, konnte auf keine
andere Weise, als die im Plane Gottes gewählte, ,,ein Lösegeld (entsprechender
Kaufpreis) für alle“ werden.
Wenn
wir die Gesamtzahl der seit Adam geborenen menschlichen Wesen auf
einhundert Milliarden veranschlagen und annehmen, dass nur die Hälfte von
ihnen gesündigt hätte, so würde der Tod von fünfzig Milliarden
gehorsamer, vollkommener Menschen nötig gewesen sein,
um ein Lösegeld (einen entsprechenden Kaufpreis) für die übrigen
fünfzig Milliarden Übertreter zu geben; und so würde auch nach diesem
Plane der Tod zu allen Menschen hindurchdringen. Und solch ein Plan würde
nicht weniger Leiden im Gefolge haben, wie der in der Ausführung
begriffene.
Der
andere Einwand gegen jenen Plan ist, dass er Gottes Plan, eine ,,kleine
Herde“, den Leib Christi, eine Schar, von der Jesus das Haupt und der
Herr sein sollte, zu erwählen und zur göttlichen Natur zu erhöhen auf
das empfindlichste stören würde. Gott könnte gerechterweise den fünfzig
Milliarden nicht befehlen, ihre Rechte, ihr Eigentum, ihr Leben als Lösegeld
für die Sünder zu geben, denn nach seinem eigenen Gesetz hätte ihr
Gehorsam ihnen das Recht zu dauerndem Leben erworben; wenn diese
vollkommen Menschen daher aufgefordert worden wären, Loskäufer der
Gefallenen zu werden, so musste Gottes Plan der gewesen sein, wie bei Jesu,
ihnen irgendeine besondere Belohnung oder Freude vorzustellen, so dass sie
für die vor ihnen liegende Freude (Hebr. 12:2, Grundtext, siehe
Elberfelder Übers.) für ihre Brüder die Strafe erdulden möchten. Und
wenn ihnen derselbe Lohn gegeben werden sollte, den unser Herr Jesus
empfing, nämlich teilhaftig zu werden der neuen, göttlichen Natur und
hoch über Engel, Fürstentümer und Gewalten und jeden Namen, der genannt
wird, nächst Jehova erhöht zu werden (Eph. 1:20, 21), dann würde eine
„kleine Herde“ auf die göttliche Stufe gelangen. Ferner, es würden
diese fünfzig Milliarden unter solchen Umständen alle auf gleicher Stufe
zu stehen kommen, und keiner unter ihnen wäre der Erste und das Haupt, während
der Plan, den Gott angenommen hat, nur einen Erlöser erfordert, nur einen
hoch zur göttlichen Natur Erhöhten, und dann eine „kleine Herde“,
aus denen bestehend, die er erlöst und die mit Freuden ,,in seinen Fußstapfen
wandeln“, im Leiden und in der Selbstverleugnung usw., und die dann, mit
ihm erhöht (und unter ihm als ihrem Haupte), seinen Namen, seine
Herrlichkeit und seine Natur teilen dürften, gerade wie das Weib
dasjenige, was des Mannes ist, teilt.
Diejenigen,
die diesen Teil des Planes Gottes würdigen können, nach welchem alle in
einem Repräsentanten oder Vertreter verurteilt wurden und so der Weg zur
Erlösung und Wiederherstellung aber durch einen Erlöser geöffnet wurde,
finden darin die Lösung mancher Schwierigkeiten. Sie werden sehen, dass
das Verurteilen aller in einem das gerade Gegenteil einer Schädigung war;
es war für alle eine große Gnade, wenn man es im Zusammenhang mit dem
Plane Gottes nimmt, alle durch das Opfer eines anderen zu rechtfertigen. Böses
wird für immer ausgetilgt werden, wenn Gottes Zweck, zu dem er es zuließ,
erfüllt ist, wenn nämlich die Wohltat des Lösegeldes sich soweit
erstreckt hat als die Strafe der ersten Sünde. Es ist jedoch unmöglich,
das zu erkennen, ohne die rechte Erkenntnis zu haben von der Furchtbarkeit
der Sünde und ihrer Strafe - des Todes, von der Bedeutung und dem Wert
des Lösegeldes, das Jesus gab, und von der positiven und vollständigen
Wiederherstellung des Individuums in eine günstige Lage und zu
vorteilhaften Bedingungen - Bedingungen, unter welchen der einzelne volle
und reichliche Gelegenheit haben soll, sich würdig zu erweisen, ehe ihm
der Lohn (dauerndes Leben) oder die Strafe (dauernder Tod) zuerkannt wird.
Den
großen Plan der Erlösung und die darauffolgende ,,Wiederherstellung
aller Dinge“ durch Christum vor Augen, können wir sehen, dass aus der
Zulassung des Bösen ein Segen entspringt, der auf keine andere Weise hätte
erreicht werden können.
Nicht
nur haben die Menschen durch die gewonnene Erfahrung einen ewigen Nutzen
(und ebenso die Engel durch ihre Beobachtung der Erfahrungen der Menschen),
sondern alle haben auch noch den weiteren Vorteil, mit Gottes Wesen und
Eigenschaften, wie sich beides in seinem Plane kundgibt,
genau bekannt zu werden. Wenn sein Plan vollständig ausgeführt
ist, dann werden alle klar und deutlich seine Weisheit, Gerechtigkeit,
Liebe und Macht daraus erkennen. Sie werden die Gerechtigkeit erkennen,
welche die göttlichen Verordnungen nicht umgehen, noch das rechtmäßig
verurteilte Geschlecht erretten konnte ohne eine völlige Hinwegnahme
ihrer Strafe durch das Auflegen derselben auf einen willigen Erlöser. Sie
werden die Liebe erkennen, die dieses edle Opfer bereitete und den Erlöser
zu Gottes eigener Rechter Hand erhöhte und ihm die Macht gab, die zum
Leben wiederherzustellen, die er mit seinem eigenen teuren Blut erkauft
hatte. Sie werden auch die Macht und Weisheit erkennen, die fähig war, für
alle seine Geschöpfe eine so herrliche Bestimmung auszuwirken und allen
widerstrebenden Einfluss so zu überwalten, dass aus ihm ein, sei es
williges, sei es unwilliges Werkzeug zur Förderung und schließlichen
Hinausführung seiner großartigen Ziele wurde. Wäre Böses nicht
zugelassen und durch die göttliche Vorsehung also überwaltet worden, so
wäre es rein undenkbar, wie solche Erfolge hätten erzielt werden können.
Die Zulassung des Bösen entfaltet eine fernsehende Weisheit, die alle
begleitenden Umstände erfasste, ein Heilmittel ersann und den schließlichen
durch seine Macht und Gnade zu bewirkenden Erfolg aufzeichnete.
Während
der christlichen Heilszeitordnung ist Böses ferner noch als Mittel zur
Erziehung und Zubereitung der Kirche benutzt worden. Wäre Böses nicht
zugelassen worden, so wären die Opfer Jesu und der Kirche, deren Lohn die
göttliche Natur ist, nicht möglich gewesen.
Es
ist klar, dass wesentlich dasselbe Gesetz Gottes das für die Menschheit
jetzt gilt, dessen Halten das
Leben, dessen Übertretung den
Tod zum Lohn hat schließlich alle intelligenten Geschöpfe Gottes
regieren muss; und dieses Gesetz ist, wie unser Herr es beschrieben hat,
kurz in dem einen Worte Liebe zusammengefasst. ,Du sollst den Herrn,
deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele
und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Verstande und deinen Nächsten
wie dich selbst“ (Luk. 10:27). Schließlich, wenn die Ratschläge Gottes
in Erfüllung gegangen sind, wird
die Herrlichkeit des göttlichen Wesens allen seinen Geschöpfen offenbar
geworden sein und die zeitweilige Zulassung des Bösen von allen als weise,
Bestandteil der göttlichen Weltherrschaft erkannt werden. Jetzt kann dies
nur vom Auge des Glaubens gesehen werden, das durch sein Wort die Dinge
schaut, von denen der Mund aller heiligen Propheten von Anbeginn der Welt
her geredet hat, der Wiederherstellung aller Dinge.
Wenn
alle deine Gnad,
o Gott, ich überblick im Geist,
So sink' ich voll Anbetung hin
In Staunen, Lieb und Preis.
Könnten
meine Worte wohl
Den würd’gen Dank dir weih'n,
Der stets mein Innerstes bewegt?
Du liest im Herzen mein.
Ein
Dankeslied erhebt mein Herz
Durch alle Ewigkeit,
Und auszubreiten deinen Ruhm
Ist meine ew'ge Freud'. |