SCHRIFTSTUDIEN
BAND
2 - DIE
ZEIT IST HERBEIGEKOMMEN
Studie 3
Die
am ersten Advent Christi erfüllte Zeitprophezeiung
Daniel
9:23-27
Die
siebzig Wochen der Weissagung Daniels. —
Während
dieser Zeit, der Vorhersagung gemäß, sich abspielende Ereignisse. —
Die Zeit
des Advents des Messias angezeigt, und dadurch, wie es angezeigt ist, eine
Richtschnur gegeben. — Ein Schlüssel
zu anderer Zeitprophezeiung. —
Die Zeit
der Kreuzigung des Messias. —
Die Verkürzung
der ausschließlichen Begünstigung des Volkes Israel als solches in
Gerechtigkeit, einzelnen gegenüber aber fortgesetzt. —
Salbung
des Allerheiligsten. — Drangsal
auf das wüste gelassene Volk ergossen.
„So
merke auf das Wort und gib acht auf das Gesicht: Siebzig Wochen sind
bestimmt über dein Volk und über deine heilige Stadt, um die Übertretung
zu beenden und zu Ende zu bringen die Sünden und um für die Missetat
eine Versöhnung zu schaffen, und herbeizuführen eine ewige Gerechtigkeit
und um das Gesicht und den Propheten zu versiegeln und ein Allerheiligstes
zu salben. Wisse also und verstehe: Vom Ausgang des Wortes, Jerusalem
wiederherzustellen und zu erbauen, bis auf Messias, (den Gesalbten), den Fürsten
sind sieben Wochen und zweiundsechzig Wochen (7+62 = 69 Wochen): Die Straße
und die Mauer wird wieder aufgebaut werden, und (zwar) in Zeiten der
Drangsal.“
„Und
nach den zweiundsechzig Wochen wird der Messias abgeschnitten, aber nicht
für sich selbst. Und die Stadt und das Heiligtum wird durch das Volk
eines kommenden Fürsten (die Armee des römischen Fürsten Titus) zerstört
werden, und das Ende von diesem wird eine überströmende Flut sein; und
bis zum Ende des Krieges sind Verwüstungen fest bestimmt. Und er (der
Messias) wird mit vielen den Bund in Kraft lassen eine Woche lang (die
siebzigste oder letzte Woche des Bundes der Gnade); und in der Mitte der
Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen, und wegen der
weiten Verbreitung der Greuel wird er (der Messias) es verwüstet machen -
und zwar bis zur Vollendung und bis das (in Gottes Plan) Bestimmte über
das verlassene (Volk - durch Jerusalem repräsentiert) ausgegossen worden
ist.“ - Dan. 9:23-27
Während
diese Prophezeiung den Anfang der „Ernte“ des jüdischen Zeitalters
und der damaligen Gegenwart unseres Herrn als des Hauptschnitters
bezeichnet, so gibt es verschiedene andere Prophezeiungen, die den Anfang
der „Ernte“ des Evangeliumzeitalters, in welcher unser Herr bei seinem
zweiten Advent ebenfalls der Hauptschnitter sein wird, noch viel
deutlicher markieren. Die Erfüllung dieser Prophezeiung veranschaulicht
nicht nur prophetische Erfüllungen überhaupt, sondern gibt auch einen in
einer anderen Prophezeiung anzumerkenden Punkt an, worauf wir später zu
sprechen kommen.
Während
viele Prophezeiungen sich vereinigen, das Datum des zweiten Kommens
Christi festzustellen und gewiss zu machen, markiert nur diese allein das
Datum des ersten Advents. Wenn ihre Erfüllung klar festgestellt ist, so
hilft uns das bei der Berechnung und Beurteilung derjenigen, die auf den
zweiten Advent Bezug haben. Aus diesem Grund geben wir dieser erfüllten
Prophezeiung hier ihre Stelle und auch, weil es nötig ist, dass einige
der hierin festgestellten Daten im Zusammenhang mit den Prophezeiungen
verstanden werden, welche den zweiten Advent betreffen, wovon weiterhin
gehandelt wird.
Wie
in Kapital 2, 4, 7 und 8 der Prophezeiung Daniels berichtet ist, wurden
ihm manche Visionen zu teil. All diese zeigten großes Gedeihen und
Erhebung heidnischer Reiche. Aber Daniels besonderes Interesse lag in
Israel, und über Israels Zukunft hatte er noch keine Unterweisung
erhalten. Er wusste jedoch von Jeremias Weissagung (Jer. 29:10; 2 Chron.
36:20-23), dass die Verödung Judäas siebzig Jahre dauern sollte; und da
er wusste, dieser Zeitraum sei nahezu abgelaufen (Dan. 9:2), so betete er
ernstlich für die Wiederkehr der Gnade Gottes zu Israel (Vers 17-19), und
das Obenanstehende war die ihm durch einen Engel übermittelte Antwort
Gottes.
Die
hier gezeigte „bestimmte“ oder abgegrenzte Periode der Geschichte
Israels ist „siebzig Wochen“ von einem angegebenen Ausgangspunkt aus -
nämlich „vom Ausgang des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu
erbauen.“ (Merke! nicht dem Tempel!) Während dieser Periode sollten große
Dinge vollbracht werden: - Die Stadt sollte unter ungünstigen Verhältnissen
(Neh. 4), in Drangsalhaften Zeiten, wieder erbaut werden. Die Sünde
sollte durch Sühnung der Verschuldung zu Ende gebracht werden; und
Gerechtigkeit (Rechtfertigung) sollte herbeigeführt werden - nicht wie
die Jahr für Jahr durch das Blut der Stiere und Böcke vollbrachte,
sondern die wahre, „dauernde Gerechtigkeit“, die durch das Opfer
Christi zustande gebrachte. Daniel wurde auch gesagt, dass der Darbringer
des besseren Opfers durch dasselbe die vorbildlichen Opfer und
Darbringungen des Gesetzes aufhören lassen wird.
In
diesem Zeitabschnitt wird der Messias, der lang ersehnte Erretter Israels,
kommen und sieben Wochen und zweiundsechzig Wochen sind als das Zeitmaß
bis zur Zeit der Gegenwart des Messias angegeben. Und nach demselben würde
er ausgerottet werden, jedoch nicht für sich selbst. Somit würde nach
des Messias Kommen noch eine Woche, die letzte, die siebzigste dieser
verheißenen Gnadenzeit übrig bleiben; und inmitten oder in der Hälfte
dieser Woche war vorausgesagt, sollte er die vorbildlichen Opfer aufhören
lassen, indem er „seine Seele zum Schuldopfer“ gab. - Jes. 53:10-12
Diese
siebzig Wochen oder vierhundert und neunzig Tage stehen für vierhundert
und neunzig Jahre; jeder symbolische Tag für ein Jahr. Und da es hier in
der einzigen Zeitprophezeiung, die sich direkt auf den ersten Advent
bezieht, so erfüllt wurde, so liefert uns das einen Schlüssel für
andere Prophezeiungen, die, wie nachher gezeigt werden wird, auf solche
Weise in symbolischen Zahlen - ein Tag für ein Jahr - verborgen waren,
bis die rechte Zeit zur Auflösung herbei gekommen ist. Diese Prophezeiung
war in solche Worte gefasst, dass Daniel und andere Juden, wenn sie so
wollten, dieselbe für unglaublich hielten und nach und nach vergessen würden;
oder dass sie sich ihrer erinnern würden, die „auf den Trost Israels
warteten,„ und dann auf den Gedanken kommen möchten, dass die Zeit
symbolisch sei, wie in dem Falle des Hesekiel. (Kap. 4:4-7) Gewiss ist,
dass die im Glauben Treuen wussten, wann der Messias zu erwarten war; und
es steht sogar geschrieben, dass alle ihn erwarteten (Luk. 3:15), wenn sie
auch nicht alle bereit und fähig waren, ihn in der Weise anzunehmen, wie
er kam.
Es
muss ins Auge gefasst werden, dass die neunundsechzig symbolischen Wochen
oder vierhundert und dreiundachtzig Jahre bis zum Messias - Fürsten nicht
bis zur Geburt Jesu in Bethlehem reichen. Das hebräische Wort Messias,
das dem griechischen Wort Christus entspricht, bedeutet der
Gesalbte und ist eigentlich ein Titel und kein Name. Jesus war erst seit
seiner Taufe der Gesalbte, der Messias, der Christus. Vergleiche Apg.
10:37, 38 und Matth. 3:16. Er wurde mit dem heiligen Geist gesalbt, sobald
er aus dem Wasser kam. Dies geschah, als er das volle Mannesalter erreicht
hatte. Dies war dreißig Jahre nach dem Gesetz, unter dem er geboren war
und dem er und jeder Jude unterstellt war, bis er durch die Erfüllung der
Bedingungen desselben seine Herrschaft beendete - „es ans Kreuz nagelte“.
Die neunundsechzig Wochen dieser Weissagung reichen daher bis zu seiner
Taufe und Salbung. Von da an und nicht früher war er der Messias, der
Christus, der Gesalbte. Folglich endeten die neunundsechzig Wochen oder
vierhundert dreiundachtzig Jahre im Herbst des Jahres 29 n.Chr. Und da
wurde der Teil der Prophezeiung erfüllt, der da lautet: „Vom Ausgang
des Wortes (oder Befehles), Jerusalem wiederherzustellen und zu erbauen,
bis auf den Messias - Fürsten sind sieben Wochen und zweiundsechzig (neunundsechzig)
Wochen“ Von da an finden wir die siebzigste Woche geradeso erfüllt wie
die übrigen - nämlich ein Jahr für einen Tag.
Die
meisten Schreiber haben diese Periode vom siebten Jahr des Artaxerxes zu zählen
angefangen. Da wurde dem Esra (Esra 7:7-14) ein Auftrag gegeben, den man für
die Ausführung des Dekretes des Cyrus hielt. (Esra 1:3; 5:13; 6:1-12.)
Man sollte jedoch beachten, dass der Befehl des Cyrus der war, das Haus
des Herrn zu bauen - den Tempel und die Mauern seines Vorhofes. Doch noch
ein anderer Auftrag findet sich vor. Es ist der dem Nehemias im
zwanzigsten Jahre des Artaxerxes gegebene, die Mauern Jerusalems wieder zu
bauen, die damals noch unausgebessert waren. (Neh. 2:3-8; 6:15; 7:1) Und
von diesem Befehl an, „Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen“,
muss diese Prophezeiung Daniels datiert werden. Der gesamte Bericht stimmt
damit. Nur einen scheinbaren Einwurf dagegen bietet Jesajas Weissagung darüber.
In derselben heißt es von Cyrus, er solle nicht nur „meine Gefangenen
los lassen“, sondern auch „meine Stadt erbauen.“ (Jes. 45:13) Diesem
scheinbaren Einwurf begegnen wir so: Das hier durch Stadt übersetzte Wort
ist „ir“, und bedeutet einen verschanzten oder ummauerten Ort. Wir
halten dafür, dass damit die Mauern des Tempels gemeint sind; und damit
stimmen die oben angeführten Tatsachen. Dasselbe Wort, „ir“, bezieht
sich in 2. Kön. 20:4 auf den Hof des Palastes.
Das
Datum der Beauftragung Nehemias ist gewöhnlich auf 445 v.Chr. angegeben.
Doch Dr. Hales chronologisches Werk (Seite 449 und 531) und Dr. Priestlies
Abhandlung über „die Harmonie der Evangelisten“ (Seite 24-38) weisen
nach, dass diese gewöhnliche Annahme neun Jahre zu kurz ist. Dies würde
454 v.Chr. als das richtige Datum der Beauftragung des Nehemias ergeben;
und mit diesem Datum stimmt die Vorhersagung Daniels betreffs des Gebotes,
Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen. - Dan. 9:25.
Da
neunundsechzig (7 und 62) Wochen, oder vierhundert dreiundachtzig Jahre
bis zum Messias - (den Gesalbten -) Fürsten reichen, so ziehen wir von
dieser Periode von neunundsechzig symbolischen Wochen oder vierhundert
dreiundachtzig (483) Jahren die vierhundert vierundfünfzig (454) vor
Christus ab als das richtige Datum des Gebotes, Jerusalem wieder
herzustellen; und der Rest - 29 n.Chr. - muss das Jahr sein, in dem der
Gesalbte (Messias) geoffenbart wurde. Das ist in genauer Übereinstimmung
mit dem, was wir schon gezeigt haben, dass nämlich Jesus im Jahre 29
n.Chr. ungefähr am 2. Oktober von Johannes getauft wurde und die Salbung
des Geistes empfing. Zu jener Zeit war er, dem rechten Datum seiner Geburt
gemäß, wie solches im vorhergehenden Kapitel nachgewiesen wurde, dreißig
Jahre alt.
Die
Amtsverwaltung unseres Herrn erstreckte sich über drei und ein halbes
Jahr und endete mit seiner Kreuzigung zur Zeit des Passah im Frühjahr 33
n.Chr. Hierin erfüllte er genau die Prophezeiung, welche die verheißene
Gunst der übrig bleibenden oder letzte Wochen (sieben Jahre) betrifft,
die da sagt: „Nach den (7 und 62) neunundsechzig Wochen wird Messias
ausgerottet werden, doch nicht für sich selbst“ - „inmitten der Woche
(der übrigbleibenden siebzigsten) wird er Schlachtopfer und Speisopfer
aufhören lassen.“ (Anmerkung: Der Ausdruck, „Doch nicht für sich
selbst“, wird in anderen Übersetzungen unterschiedlich wiedergegeben.
In unserer Meinung ist dies jedoch die deutlichste und beste.)
Die
dem Gesetz nach dargebrachten Opfer hörten da auf; nicht, dass dann keine
Tiere, Weihrauch usw. mehr von den Priestern geopfert wurden; denn diese
wurden Jahr für Jahr weiter geopfert, aber sie wurden von Jehova nicht
mehr angenommen und waren in keinem Sinn mehr Opfer für Sünden. Nachdem
das wahre Opfer gekommen war, nachdem unser Herr „erschienen war, um
durch sein eigenes Opfer die Sünde aufzuheben“ (Hebr. 9:26), konnte
Jehova nicht länger irgendetwas anderes als Opfer anerkennen, noch irgend
welche Notwendigkeit zu solchem.
Da,
am Kreuz, vollendete der Messias, der sich selbst drei und ein halb Jahre
lang aufgeopfert hatte, das Werk (Joh. 19:30) und machte der Sünde ein
Ende, bewerkstelligte volle Versöhnung für die Sünden der Menschen Gott
gegenüber und brachte so eine dauernde Rechtfertigung von der Sünde für
die ganze Menschheit zustande, statt der vorbildlichen, alljährlichen
Rechtfertigung, die durch Vorbilder für das vorbildliche Volk, für
Israel, geschah. Der Tod des Messias war also das „Besiegeln“ - die
Sicherstellung der Erfüllung - aller Visionen und Prophezeiungen von zukünftigen
Segnungen und von „den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von
welchen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet
hat.“ (Apg. 3:21.) Diese Verheißungen, sowohl der abrahamitische als
auch der Neue Bund, wurden gesichert oder fest gemacht durch „sein
eigenes, teures Blut“ (Luk. 22:20; 1 Kor. 11:25), das da besser für uns
redet, als das Blut von Stieren und Böcken - das da von dauernder
Gerechtigkeit redet und vom Aufheben der Sünde für alle, die ihn
annehmen. Und in der übrigen oder zweiten Hälfte dieser siebzigsten
Woche der Begünstigung der Juden - in den drei und ein halb Jahren, die
mit Pfingsten begannen, wurden die Nachfolger des Messias, das
Allerheiligste jenes Volkes, von Gott mit dem heiligen Geist gesalbt,
gerade wie es mit Jesus am Ende der neunundsechzig Wochen geschah.
So
wurden die Aussagen von Vers 24 dieser Prophezeiung erfüllt: „Siebzig
Wochen sind bestimmt (abgesondert) über dein Volk und über die Stadt
deines Heiligtums - (a) zu beenden die Übertretung und zu Ende
bringen die Sünden, und zu sühnen die Verschuldung und zu herbeizuführen
dauernde Gerechtigkeit - (b) und zu besiegeln Gesicht und Prophet -
(c) und zu salben ein Allerheiligstes.“ Die Prophezeiung zeigte
nicht, dass dies ganze Werk bis auf die letzte „Woche“, da der Messias
gegenwärtig sein sollte, verschoben werden würde; und zweifelsohne
verstand man, dass es große moralische Reform auf ihrer Seite bedeute,
wodurch sie für den Messias zubereitet würden, und dass unter ihm die
Salbung ihrer Nation als das „Allerheiligste“ der Völker stattfinden
werde, um die Welt im großen und ganzen zu segnen. Durch jahrhundertlange
Erfahrung hatten sie noch nicht gelernt, dass sie ohnmächtig seien, die Sünde
abzutun und Versöhnung für ihre Schuld zu bewirken, und dass es eines
vollkommenen Lösegeld - Opfers bedürfe, um dieses große Werk der Auslöschung
der Sünde und der Rechtfertigung der Verurteilten zu vollbringen.
Zum
andern, während Daniels Prophezeiung zeigte, dass der Messias inmitten
der letzten Woche ausgerottet werden (sterben) würde, zeigte sie jedoch
nicht, dass die große Masse seines Volkes unheilig sein und daher,
wie es der Fall war, in der Mitte dieser Woche verworfen werden würde. (Matth.
23:38.) Ein anderer Prophet sagt: Er wird das Wort erfüllen und (es) in
Gerechtigkeit (gerechterweise) kurz machen; und so wurde auch in der
halben Woche (der drei und einhalb Jahre) der Wirksamkeit Jesu alles getan
und vollendet, mit Ausnahme der Salbung des Allerheiligsten.
Doch
was ist es mit dem Rest der siebzigsten Woche, den drei und ein halb
Jahren derselben, die über das Kreuz hinaus reichten? Hat Jehova verheißen,
siebzig Wochen der Gnadenbezeigung festzusetzen und gab ihnen in der Tat
nur neunundsechzig und eine halbe? Beim ersten Blick hat es diesen Schein,
besonders wenn wir uns ins Gedächtnis rufen, dass es gerade fünf Tage
vor seinem Tod, „in der Mitte der Woche“ war, dass Jesus über ihre
Stadt weinte und sie aufgab und sagte: „Euer Haus wird euch wüste
gelassen.“ Doch Nein! Jehova kannte das Ende vom Anfang an; und da er
siebzig Wochen verhieß, so meinte er es auch. Folglich müssen wir noch
nach der Kreuzigung drei und ein halb Jahr jenem Volk erwiesene Gunst
erwarten, trotzdem dass sie als Volk damals verlassen wurden.
Dass
Israel als Volk nicht geeignet war, der Empfänger der Haupt- oder
geistlichen Gnadenerweisung (noch auch der irdischen Segnungen) zu sein,
wurde klar durch ihre Verwerfung des Messias erwiesen, wie es Gott
vorhergesehen und vorhergesagt hatte. Folglich war es für sie nutzlos,
ihre nationale Prüfung über die Mitte ihrer siebzigsten Woche hinaus zu
verlängern, und so wurde sie kurz geschnitten, als sie „wüste gelassen“,
von der Gnade verworfen wurden. Während des übrigen Teiles ihrer
Zeitperiode (drei und ein halb Jahre) wurde die Gnade vermehrt, aber nur
auf den „Rest“, auf „das Allerheiligste“, auf die Reinsten und
Brauchbarsten beschränkt, denen es auch allein nur von nutzen sein konnte.
(Jes. 10:22,23. Vergleiche Röm. 9:28) Die Vermehrung der Gnade bestand in
dem Umstand, dass dem Rest drei und ein halb Jahre ausschließlicher
Aufmerksamkeit und Diensterweisung zugewendet wurde, und zwar unter den größeren
Vorteilen der Heilszeitordnung des Geistes. Am Pfingstfest begann dieselbe
und wahrscheinlich wurde damals aller reife Weizen durch Gottes Gnade
erreicht. - siehe Apg. 2:41 und 4:4 in Betreff des Erfolges der ersten
Tage.
Aus
diesem Grund unterwies Jesus seine Jünger, sie sollten „anheben zu
Jerusalem“, obwohl er für alle den Tod geschmeckt und das Evangelium
allen verkündigt werden sollte. Noch sollten sie dieses besondere Werk
verlassen und den Heiden die Gnade der neuen Heilszeitordnung anbieten,
bis die drei und ein halb Jahre der Israel verheißenen Gnade erfüllt
waren - bis Gott es ausdrücklich zu den Heiden sende, wie zu den Juden. -
Apg. 10
Über
das genaue Datum der Bekehrung des Kornelius können Chronologien nur
Mutmaßungen anstellen; und daher hat man es verschiedentlich berechnet;
zwischen den Jahren 37 bis 40 schwankend; jedoch im Hinblick auf diese
deutliche Prophezeiung, die wir jetzt betrachten, haben wir keinen Zweifel,
dass sie im Herbst des Jahres 36 stattfand; denn da endeten die siebzig
Wochen oder vierhundert und neunzig Jahre der Gnadenerweisung für Israel.
Da ihre ausschließliche Gnadenzeit dort endete, so war es wohl am Platz,
dass dieses durch die Sendung des Evangeliums zu den Heiden markiert wurde.
Die Israeliten wurden seitdem des Evangeliums nicht beraubt, sondern
wurden geradeso wie die Heiden behandelt, obwohl sie sich durch ihr
Vorurteil in eine weniger günstige Lage versetzten. Da das „Allerheiligste“
schon heraus gewählt war, so war das Evangelium nicht mehr auf sie allein
beschränkt, sondern stand aller Kreatur, die ein Ohr hatte zu hören,
offen.
Nach
den siebzig Wochen kamen die in Vers 26 und 27 erwähnten Trübsal herbei.
Der römische Fürst kam und zerstörte die Stadt und den Tempel, und wie
eine Flut ließ er hinter sich schreckliche Wüstenei und Zerstörung zurück.
Und der von ihnen verworfene Messias hat seitdem verschiedentliches Unglück
über dieses Volk kommen lassen und wird damit fortfahren „bis zur
Vollendung“, bis sie genug davon haben, bis er sagen wird: „Redet zum
Herzen Jerusalems, und rufet ihr zu, dass ihre Mühsal vollendet, dass
ihre Schuld abgetragen ist.“ (Jes. 40:2) Mittlerweile wird das, was
beschlossen ist, auf das Verlassene (oder verworfene Volk) sich ergießen,
bis ihr Becher des Kummers voll ist, bis zu dem Tag, da sie sagen werden,
„gesegnet sei, der da kommt in dem Namen des Herrn.“ Dieser Tag der
Erlösung Israels ist jetzt im Anbrechen - Gott sei Dank! Und obwohl ihr
Ungemach und Verlassensein noch nicht zu Ende ist, so eilt doch stündlich
die Zeit herbei, da ihr von Vorurteil verblendeter Sinn aus der Dunkelheit
heraus ihn sehen wird, den sie durchbohrt haben, und sie werden wehklagen
um ihn gleich der Wehklage um den einzigen Sohn. - Sach. 12:10
Da
Manche beim Lesen der hier untersuchten Schriftstelle, weil sie den
Zusammenhang der Worte des Propheten richtig zu erfassen verfehlten und
den Messias - Fürsten mit dem römischen Fürsten verwechselten usw., in
große Verwirrung und Irrtum gerieten, so raten wir zum sorgfältigen
Studium der Stelle, wie dieselbe am Anfang dieses Kapitels
zusammengestellt ist, und dass man die in Klammern stehenden Erklärungen
recht beachte.