SCHRIFTSTUDIEN
BAND
2 - DIE
ZEIT IST HERBEIGEKOMMEN
Studie 4
Die
Zeiten der Heiden oder Nationen.
Was
sind die Zeiten der Heiden? —
Ihr
Anfang; deren Dauer; deren Ende im Jahre 1914. —
Begleitende
Ereignisse. — Darauffolgende
Ereignisse. — Eigentliche
und symbolische Zeit. — Ein
bemerkenswertes Vorbild. — Gegenwärtige
Anzeichen. — Gottes
Königreich soll die Reiche der Nationen stürzen. —
Jenes
daher vor diesem Ende, vor 1914 n.Chr., organisiert. —
Warum
die Reiche der Nationen sich ihm widersetzen? —
Wie
und warum schließlich alle es freudig begrüßen werden? —
Das
Ersehnte aller Nationen wird kommen.
(Da
der in dieser Studie betrachtete Gegenstand dem der 13. Studie des ersten
Bandes sehr nahe verwandt ist, so würde es für den Leser eine große
Hilfe sein, wenn er jene Studie noch einmal durchginge, ehe er diese anfängt.)
„Jerusalem
wird zertreten werden von den Nationen, bis dass die Zeiten der Nationen
erfüllt sein werden.“ - Lukas. 21:24
Der
Ausdruck „Zeiten der Nationen“ wurde von unserem Herrn zur Bezeichnung
jenes Zwischenraumes der Weltgeschichte gebraucht, der zwischen der
Hinwegnahme des vorbildlichen Königreiches Gottes, des Reiches Israels (Hes.
21:30-32), und der Einführung und Herstellung seines Gegenbildes, des
wahren Königreiches Gottes, liegt, alsdann Christus kommen sollte, um „verherrlicht
zu werden in seinen Heiligen, und bewundert zu werden in allen Gläubiggewordenen
an jenem Tag.“
Während
dieses Zwischenraumes sollte die Herrschaft über die Welt durch
nationales Regiment ausgeübt werden; und sowohl das fleischliche wie das
geistliche Israel sollte diesen Gewalten untertan sein und bleiben, bis
deren Zeit abgelaufen wäre. Während Gott diese Regierungen weder gut heißt
noch empfiehlt, so erkennt er ihre Herrschaft doch an. In anderen Worten,
er hat aus weisen Gründen ihre Herrschaft für eine bestimmte Zeit
zugelassen.
Die
Herrschaft über die Erde, sie zu unterwerfen, zu besitzen und in
Gerechtigkeit zu regieren, war ursprünglich Adam übergeben worden. (1.
Mose 1:28) Als Adam fiel, wurde die durch seine Sünde eingebüßte
Herrschaft von ihm genommen. Hierauf wurde den Engeln erlaubt, die
Oberaufsicht zu führen. Statt aber das gefallene Geschlecht emporzuheben,
begab es sich, dass einige von ihnen „ihren ersten Zustand nicht
bewahrten“ und in Sünde fielen. Nach der Sintflut erklärte Gott
Abraham seinen Vorsatz, durch seine Nachkommenschaft die für das sündige,
dahinsterbende Geschlecht notwendige Hilfe zu bringen, indem er aus seinem
Samen einen großen Befreier, Herrscher und Lehrer erwecken wolle, und
sagte: „In deinem Samen sollen alle Geschlechter der Erde gesegnet
werden.“
Dies
ist das erste mal, dass von einer nationalen Universalherrschaft die Rede
ist; und da diese Aussage von Gott kommt, so bekundet das, dass dieser
Herrscher vor allen andern besonders geeignet und hoch über sie erhaben
ist, und dass das Wohlergehen der ganzen Menschheit davon abhängt, einem
solchen Herrscher unterstellt zu werden. Dass diese dem Abraham gewordene
Verheißung die Herzen und Sinne seiner Nachkommenschaft, Israels, erfüllte,
und ihren Verwandten, den Moabitern und Edomitern, wohl bekannt war, darüber
kann kein Zweifel bestehen; und dass diese Nationalhoffnung Israels den
andern Nationen kund werden würde, ist sehr wahrscheinlich; und wenn das
der Fall ist, so können wir nicht zweifeln, dass ihr Stolz in ihnen das
Verlangen erzeugte, selbst die erste Nation zu werden, und die
Universalherrschaft zu erringen, weil sie sich ja in jeder Hinsicht für
gerade so fähig und zum Herrschen und Belehren und so die Völker zu
segnen geeignet hielten, als irgend ein Nachkomme Abrahams sein könne.
Die
Hoffnung Israels, die Universalherrschaft, nicht durch eine Wahl der Völker,
sondern nach Gottes Wahl und seiner zu ihren Gunsten kundgetanen Macht zu
erlangen, scheint sich ebenso auf andere Nationen ausgebreitet zu haben.
Wie dem auch sei, wir finden, dass diese heidnischen Könige und Völker
auch ihre Herrschaft als Gunstbezeugung von Seiten der Götter, denen sie
dienten, ansahen, und derselbe Gedanke hängt noch jetzt jedem Herrscher
und Fürsten an, gerade wie den mächtigeren Königen und Kaisern. Kein
Unterschied, wie elend und schwach, geistig wie körperlich, kein
Unterschied, wie lasterhaft und unfähig, sich selbst oder andere zu
regieren, fast bis zum Grad der Irrsinnigkeit hegen sie den Wahn, dass
Gott sie und ihre Familien ganz besonders ausersah, um über die ganze
Erde zu herrschen und sie zu „segnen“(?). Diese von der Mehrheit der Völker
als richtig angenommene Theorie wird auf Medaillen, Münzen und
Staatspapieren in den Worten ausposaunt: „König von Gottes Gnaden.“
Während
also Israel auf die verheißene Herrschaft der Erde wartete und hoffte und
oft meinte, es stünde schon im Bereich der Verwirklichung, besonders
unter den Königen David und Salomon, erwachte auch unter anderen Nationen
das Gelüste nach Universalherrschaft mehr und mehr; und als Gott daran
war, Israel die Krone zu entreißen, bis der wahre Same der Verheißung käme
und die Herrschaft übernehme, beschloss er zuzulassen, dass die
heidnischen Reiche die Herrschaft an sich rissen und den Versuch, die Welt
zu beherrschen, machten; damit so auch die Welt die Vergeblichkeit ihrer
eigenen Bemühungen, in ihrem gegenwärtigen sündigen Zustand sich selbst
zu regieren, einsehen möchte. Wie er einst die von Adam eingebüßte
Herrschaft den Engeln gab, um ihre Unfähigkeit, die Welt zu regieren und
zu segnen, darzutun, so überlieferte er nun diese Herrschaft den Heiden
und ließ sie ohne seinen Beistand ihre verschiedenen Methoden versuchen.
Diese verschiedenen Versuche lässt Gott als wertvolle und notwendige
Lektionen zu und füllt damit die Zeit aus bis der Gesalbte des Herrn, dem
die Herrschaft gebührt, kommt, dieselbe an sich nimmt und alle seine
gnadenreichen Absichten hinaus führt.
Da
Israel nach dem Fleisch das Vorbild des geistlichen Israels, der
christlichen Kirche, war, die auch im höheren Sinn ein „königliches
Priestertum“ und ein „heiliges Volk“ (1. Petr. 2:9) genannt wird und
die zu seiner Zeit alle Völker beherrschen und segnen soll, so war auch
ihr Königreich in mancher Hinsicht ein Vorbild vom Königreich Christi.
Als daher Gottes Zeit vorhanden war, die Herrschaft der Welt heidnischer
Gewalt zuzuwenden, da war es auch am Platz, die vorbildliche Krone Israel
zu entwenden und das vorbildliche Königreich nicht länger mehr
anzuerkennen. Dies tat Gott und erklärte, dass sie sich unfähig erwiesen
hätten, zur Universalherrschaft erhöht zu werden. Je mehr sie an
nationaler Bedeutung zunahmen, desto verderbter, eitler und götzendienerischer
waren sie geworden. So war es in den Tagen des Königs Zedekia; und darum
erfolgte das göttliche Dekret (Beschluss) „So spricht der Herr Jehova:
Hinweg mit dem Kopfbund und fort mit der Krone! Dies wird nicht mehr sein.
Das Niedrige werde erhöht und das Hohe erniedrigt! Umgestürzt, umgestürzt,
umgestürzt will ich sie machen; auch dies wird nicht mehr sein - bis der
kommt, welchem das Recht gehört: dem werde ich’s geben.“ - Hesk.
21:31,32.
Diese
Zertrümmerung der Krone oder Herrschaft Israels fand statt. Zunächst
wurde sie Babylon zugewandt, dann Medo-Persien, dann Griechenland und dann
Rom. Die Eigenart dieser Reiche, wie sie auf den Blättern der Geschichte
verzeichnet steht, fanden wir in vollem Einklang mit der prophetischen
Beschreibung, wie sie in Nebukadnezars Traumvision von dem großen
Standbild und in Daniels Geschichte von den vier Tieren gegeben ist.
Dieser zertrümmerte Zustand der Herrschaft Israels sollte fortdauern, bis
Christus, der rechtmäßige Erbe des Thrones Israels und der ganzen Welt,
der ihn mit seinem eigenen teuren Blut erkaufte, kommen und die Zügel der
Regierung ergreifen würde. Sein Reich wird, wie wir gesehen haben, das fünfte
Universalreich der Welt, das Königreich Gottes unter dem ganzen Himmel,
sein. Aber ungleich den vier vorangegangenen Herrschaften, die nur für
eine bestimmte Zeit zugelassen und insofern (jedoch nicht im Sinne der
Gutheißung) anerkannt waren, wird dieses von Gott durch seinen
Stellvertreter auf Erden bestätigt und eingesetzt werden. Es wird Gottes
Reich, das Königreich des Gesalbten, sein. Es wird allmählich
aufgerichtet werden, und zwar während einer großen Drangsalszeit, mit
der das christliche Zeitalter schließt, und in welcher die gegenwärtigen
Herrschaften verzehrt und unter großer Konfusion oder Verwirrung dahin
fallen werden.
In
diesem Kapitel liefern wir den biblischen Nachweis, dass das völlige Ende
der Zeiten der Heiden (Nationen), das bedeutet das volle Ende ihrer
Herrschaft, mit dem Jahre 1914 erreicht sein wird; und dass dieses Datum
die äußerste Grenze der Herrschaft unvollkommener Menschen sein wird.
Und wem dies als eine in der Schrift fest begründete Tatsache
nachgewiesen ist, der wird auch erkennen, dass dadurch Folgendes bewiesen
ist: -
Erstens,
dass dann das Königreich Gottes, für welches unser Herr uns beten lehrte:
„Dein Reich komme“, volle und universelle, weltweite Herrschaft
erreicht haben und „aufgerichtet“ oder auf Erden fest gegründet sein
wird.
Zweitens
beweist es, dass er, dem das Recht, diese Herrschaft an sich zu nehmen,
gebührt, dann als der neue Herrscher der Erde gegenwärtig sein wird; und
nicht nur dies, sondern auch, dass er einen beträchtlichen Zeitraum vor
jenem Datum gegenwärtig sein wird, weil der Umsturz dieser nationalen
Obrigkeiten direkt darauf zurückzuführen ist, dass er „wie Töpfergefäße
sie zerschmettern“ (Ps. 2:9; Offb. 2:27) und an ihrer Statt sein eigenes,
gerechtes Regiment aufrichten wird.
Drittens
beweist es, dass einige Zeit vor dem Ablauf von 1914 n.Chr. das letzte
Glied der göttlich anerkannten Kirche (Herauswahl) Christi, das „königliche
Priestertum“, „der Leib Christi“, mit dem Haupt verherrlicht sein
wird: denn jedes Glied soll mit Christus herrschen als Miterbe des Königreiches
mit ihm; und dieses kann nicht ohne die völlig aufgerichtete Vollzahl
seiner Glieder stattfinden.
Viertens
beweist es, dass von jener Zeit an Jerusalem nicht länger von den
Nationen zertreten sein, sondern sich aus dem Staub der göttlichen
Ungnade zur Ehre erheben wird; denn „die Zeiten der Nationen“ sind
dann erfüllt oder vollendet.
Fünftens
beweist es, dass mit jenem Datum oder auch früher Israels Blindheit
anfangen wird, sich wegzuwenden; denn ihre „Blindheit zum Teil“ sollte
so lange dauern, „bis dass die Vollzahl der Nationen eingegangen sein würde“
(Röm. 11:25), oder in anderen Worten bis die volle Zahl derer aus den
Nationen heraus gewählt wäre, die Glieder des Leibes oder der Braut
Christi sein sollen.
Sechstens
beweist es, dass die große „Zeit der Drangsal“, „dergleichen nicht
gewesen, seitdem ein Volk ist“, ihren schließlichen Höhepunkt
erreichen und an jenem Zeitpunkt enden wird; und dann werden die Menschen
gelernt haben, stille zu sein und zu erkennen, dass Jehova Gott ist und
dass er auf Erden hoch erhöht werden wird. (Ps. 46:11) Der Zustand der
Dinge, von dem in symbolischer Sprache als von brausenden Wogen des Meeres,
schmelzender Erde, fallenden Bergen und brennenden Himmeln geredet wird,
wird dann vergangen sein, und „die neuen Himmel und eine neue Erde“
mit ihrem Friedenssegen werden dann von der durch Trübsal zerschlagenen
Menschheit erkannt werden; und der Gesalbte des Herrn und seine rechtmäßige
und gerechte Oberhoheit wird dann allmählich anerkannt werden; zuerst von
einer Schar von Kindern Gottes, die aus großer Trübsal gekommen sind -
die Klasse, die auf der Karte der Zeitalter in Band 1 von den
Schriftstudien mit m und t bezeichnet sind; darauf von
Israel nach dem Fleisch und dann von der ganzen Menschheit.
Siebentens
beweist es, dass das in Macht ein - und aufgerichtete Reich Gottes vor
jenem Datum in der Welt sein und das heidnische Standbild (Dan. 2:34)
geschlagen und zermalmt, die Macht dieser Könige verzehrt haben wird. In
demselben Maße wird seine Macht und Herrschaft aufgerichtet als durch
seine verschiedentlichen Einflüsse und Werkzeuge die gegenwärtigen
Gewalten - die bürgerlichen und kirchlichen, das Eisen und der Ton -
zermalmt und zerstreut werden.
Der
Anfang der Zeiten der Nationen 606 v.Chr.
Die
Worte unseres Herrn: „Bis dass die Zeiten der Nationen erfüllt sein
werden“ lassen schließen, dass die Zeiten der Heiden (Nationen) einen
bestimmt abgemessenen Endpunkt haben, weil man von einer unbegrenzten,
unbestimmten Periode nicht sagen könnte, sie sei erfüllt. Demnach hat
die Herrschaft der Heiden einen Anfang, wird eine bestimmte Zeit dauern
und zur festgesetzten Zeit zu Ende gehen.
Der
Anfang dieser Zeiten der Nationen ist in der Schrift deutlich angedeutet.
Wenn sie uns daher auch noch bestimmt die Länge dieser Periode
heidnischer Herrschaft darbietet, so können wir für gewiss und genau
wissen, wann sie zum Schluss kommen muss. Und die Bibel gibt diese fest
bestimmte Periode, die erfüllt werden muss; aber sie tut es solcherweise,
dass es, als es geschrieben wurde, nicht verstanden werden konnte, noch
auch vor dem Ablauf der Zeit und ehe die Ereignisse der Geschichte ihr
Licht darauf geworfen hatten; und selbst dann nur von denen, die da wachen
und nicht von den Sorgen der Welt überbürdet sind.
Der
biblische Nachweis ist klar und stark, dass die „Zeiten der Nationen“
eine Periode von 2520 Jahren sind, vom Jahr 606 v.Chr. bis (einschließlich
das Jahr) 1914 n.Chr. Dieses Lehn der Universalherrschaft an weltliche
Obrigkeiten begann, wie wir schon sahen, mit Nebukadnezar; nicht als seine
Regierung anfing, sondern als das vorbildliche Königreich des Herrn aufhörte
und die Herrschaft der ganzen Welt den Nationen überlassen wurde. Das
Datum für den Anfang der Heidenzeit ist daher bestimmt auf die Zeit der
Entwendung der Krone des typischen Königreiches Gottes von Zedekia, dem
letzten König desselben, angemerkt.
Nach
den Worten des Propheten (Hes. 21:31-32) wurde die Krone von Zedekia
genommen und Jerusalem von Nebukadnezars Heer belagert und in Trümmer
gelegt und verblieb so siebzig Jahre lang - bis zur Wiederherstellung im
ersten Jahr des Cyrus. (2. Chron. 36:21-23) Obwohl Jerusalem damals wieder
gebaut wurde, und die Gefangenen zurückkehrten, so hat doch von damals
bis heute Israel nie wieder einen König gehabt. Obwohl von Cyrus wieder
in ihr Land und zu persönlicher Freiheit eingesetzt, waren sie doch als
Volk der Reihe nach den Persern, Griechen und Römern unterworfen. Unter
dem Joch der letzteren lebten sie, als unseres Herrn erster Advent
stattfand, da Pilatus und Herodes des Kaisers Abgeordnete waren.
Mit
diesen Tatsachen vor uns können wir leicht das Datum des Anfangs der
Heidenzeit finden; denn das erste Jahr des Cyrus ist ein sehr deutlich
festgesetztes Datum. Sowohl Welt- wie Kirchengeschichte stimmt mit merkwürdiger
Einmütigkeit mit dem Ptolomäischen Kanon, der dasselbe auf das Jahr 536
v.Chr. verlegt. Und wenn 536 v.Chr. das Jahr war, in dem die siebzig Jahre
der Verödung Jerusalems endeten und die Wiederherstellung der Juden
begann, dann folgt, dass ihr Königreich gerade siebzig Jahre vor 536, das
ist 536+70 oder 606 v.Chr., gestürzt wurde. Dies ergibt als Datum des
Anfangs der Heidenzeiten - 606 v.Chr.
Wenn
wir aber sehen, dass Gott es ist, der dies Lehn der Macht diesen
weltlichen oder nationalen Obrigkeiten übertrug, so wissen wir auch, dass
dieselben nicht nur fallen und gestürzt werden, und, wenn ihre „Zeiten“
abgelaufen sind, dem Königreich Christi Platz machen werden, sondern wir
wissen auch, dass Gott die Herrschaft nicht eher von ihnen nehmen und sie
seinem Gesalbten geben wird bis ihr Lehn verfallen - „bis die Zeiten der
Heiden (Nationen) erfüllt sind.“ Infolge hiervon und gerade hierdurch
werden wir vor der falschen Meinung bewahrt, in welche das Papsttum die
Welt verführt hat, dass nämlich das Reich Gottes am Pfingstfest
aufgerichtet wurde, und dass es, wie man behauptet, noch völliger
hergestellt wurde, als das römische Reich zum Christentum (zum Papsttum)
bekehrt wurde und letzteres sowohl die weltliche als auch die geistliche
Herrschaft in der Welt erlangte. Wir erkennen aus dieser Prophezeiung über
die Zeiten der Nationen, dass diese von der Kirche Roms gemachte und von
Protestanten mehr oder weniger unterstützte Behauptung falsch ist. Wir
sehen, dass diese Völker, die sowohl das Papsttum als auch den
Protestantismus als christliche Nationen bezeichnen und deren
Herrschaftsgebiet sie Christentum (das bedeutet Christi Königtum) nennen,
solches nicht sind. Sie sind „Reiche dieser Welt“, und bis ihre „Zeiten“
erfüllt sind, kann Christi Königreich das Regiment nicht ergreifen,
obwohl es sich in den letzten Jahren am Schluss der Heidenzeiten, während
diese Reiche wanken, sich auflösen und in Anarchie zerfallen, dazu auf -
und einrichtet und vorbereitet. Während des christlichen Zeitalters
bestand das Reich Christi in seinem Anfangsstadium, in seiner Erniedrigung,
ohne Macht oder Recht zum Herrschen zu haben - ohne die Krone, nur allein
das Zepter der Verheißung besitzend: unerkannt von der Welt, den gegenwärtigen
Gewalten unterworfen. Und die Erben des himmlischen Königreiches müssen
darin verharren bis die für sie bestimmte Zeit, mit Christus zu herrschen,
herbeikommt. Während der Zeit der Trübsal am Schluss dieses Zeitalters
werden sie zur Macht erhoben werden, doch ihre Herrschaft der
Gerechtigkeit über die Welt kann erst vom Jahre 1914 an gerechnet werden,
wenn die Heidenzeiten abgelaufen sind.
Noch
kann das fleischliche Israel vor jener Zeit das langverheißene Erbteil
erlangen, wenn auch vorher vorbereitende Schritte getan werden; denn Gott
wird weder die geistige noch die irdische Phase (Abteilung) seines Königreiches
völlig einsetzen, bis sein Lehn an die Nationen abgelaufen ist.
Es
ist daher die Pflicht der Kirche (Herauswahl), geduldig die für ihren
Triumph und ihre glorreiche Herrschaft bestimmte Zeit abzuwarten, sich als
Fremdlinge und Pilgrimme von den Reichen dieser Welt getrennt zu halten
und als Erben des zukünftigen Königreiches ihre Hoffnung und Ziele auf
dasselbe zu richten. Christen sollten das eigentliche Wesen dieser Reiche
erkennen, und während sie sich von ihnen getrennt halten, ihnen doch gebührende
Achtung und schuldigen Gehorsam leisten, weil Gott ihnen zu herrschen
erlaubt hat; wie Paulus lehrt: „Jede Seele unterwerfe sich den
obrigkeitlichen Gewalten; denn es ist keine Obrigkeit, außer von Gott,
und diese, welche sind, sind von Gott verordnet.“ - Röm. 13:1
Die
Krone (Herrschaft) wurde dem Volke Gottes (dem geistlichen wie dem
fleischlichen Samen) genommen bis die Heidenzeiten mit der glorreichen
Gegenwart des Messias enden würden, der „an jenem Tag“ nicht nur „König
der Juden“, sondern auch „König über die ganze Erde“ sein wird.
Man möchte meinen, diese Entfernung der Krone von Israel sei ein Bruch
der Verheißung: „Nicht weichen wird das Zepter von Juda, noch der
Herrscherstab zwischen seinen Füßen hinweg, bis dass Siloh (der
Friedebringer) kommt.“ (1. Mose 49:10) Man achte jedoch auf den
Unterschied zwischen der Krone und dem Zepter; denn wenn auch die Krone in
den Tagen Zedekias dahin fiel, so wich doch das Zepter, wie wir sehen
werden, erst sechshundertneununddreißig Jahre danach - damals nämlich,
als unser Herr Jesus aus dem Stamme Juda und dem Samen Davids nach dem
Fleisch von Gott für würdig erfunden wurde, der rechtmäßige und
einzige Erbe des lang verheißenen Zepters der Erde zu werden.
Die
dem Abraham gegebene, dem Isaak und Jakob erneuerte Verheißung war, dass
aus ihrer Nachkommenschaft der große Befreier kommen sollte, der nicht
nur ihre Familie in der Welt segnen und erhöhen, sondern auch „alle Geschlechter
der Erde segnen“ sollte. Es sah eine Zeitlang so aus, als ob Moses, der
große Gesetzgeber und Befreier, der Verheißene sei; doch prophetisch
verkündete er seinem Volk: „Einen Propheten wird euch der Herr, euer
Gott, aus euren Brüdern erwecken gleich mir“, damit andeutend, dass er
nur ein Vorbild dessen war, der da kommen sollte; und Mose starb. Weiter,
die Verheißung: „Nicht weichen wird das Zepter von Juda“ schränkte
die Erwartung auf jenen Stamm ein; und all die übrigen Stämme schlossen
sich in dem Maße Jude an, als sie der Verheißung Gottes Glauben
schenkten und zu seiner Zeit im Verein mit Juda einen Segen erwarteten.
Als
der König David aus dem verheißenen Stamm aufstand, erweckten seine
Siege große Erwartungen auf ein sich weit ausdehnendes Königreich,
dessen Einfluss die Welt erfüllen und umfassen und alle Nationen dem
Gesetz unterwerfen würde. Und als Salomon weltberühmte Weisheit und Größe
auf ihren Höhepunkt gestiegen war, da sah es wirklich so aus, als ob die
Krone der Universal - (Welt-) Herrschaft beinahe in ihrem Bereich wäre.
Die dem David gewordene Verheißung des Herrn: „Von der Frucht seiner
Lenden Einen zu setzen auf seinen Thron“, hatte die dem Stamm Juda
geltende Verheißung auf eine Familie beschränkt; und schon war diese
Familie auf dem Thron Israels. Und als der großartige Tempel Salomon
errichtet war, und seine Hunderte von Sängern und Priestern solch
gewaltiges Schauspiel darboten, als Salomon Ruhm um seiner Weisheit und
seines Reichtums willen in weite Ferne reichte, als Könige ihm Geschenke
sandten und seine Gunst begehrten, als die Königin von Seba mit
Geschenken kam, um diesen hoch berühmten und wunderbarsten König, den je
die Welt gehabt, zu sehen - kein Wunder, dass da die jüdische Brust von
Hoffnung und Stolz anschwoll, als ob der lang erwartete Augenblick für
die Erhöhung des Samens Abrahams und die Segnung aller Nationen durch ihn
vorhanden sei.
Groß
war ihre Enttäuschung, als nach Salomon Tod das Königreich zerrissen und
schließlich gänzlich zerstreut wurde, und das Volk, das als Gottes
heilige Nation zu herrschen und alle Nationen zu segnen erwartet hatte,
gefangen nach Babylon geführt wurde. „An den Wassern zu Babel saßen
wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten.“ - Psalm 137
Doch
wenn auch die Krone entfernt war, das bedeutet die Macht, sogar sich
selbst zu regieren, von ihnen genommen war, das Recht zu regieren (das
Zepter), das ursprünglich in Gottes Verheißung übertragen war, war
nicht genommen worden. Obwohl dem Nebukadnezar und seinen Nachfolgern
Universalherrschaft verliehen war, wie es in dem großen Standbild und
durch die vier großen Tiere dargestellt ist, so sollte dieselbe doch nur
eine begrenzte Dauer haben. Die ursprünglich Israel gegebene Verheißung
musste erfüllt werden - die Krone war genommen, aber das Zepter blieb,
bis Siloh kam. Dies war auch in dem Dekret gegen Zedekia ausgesprochen:
Hinweg die Krone - ich will sie zertrümmern, bis der kommt, dem
das Recht gebührt und dem ich es gebe.
Während
der mit Abraham gemachte Bund das Beherrschen und Segnen der Welt durch
seinen Samen verhieß, begrenzte und beschränkte der mit Israel, den
Kindern Abrahams, geschlossene Gesetzesbund jenen abrahamitischen Bund so,
dass nur diejenigen irgendwelchen Anspruch machen konnten oder ein Recht hätten
zu hoffen, an dem im abrahamitischen Bund verheißenen Herrschen und
Segnen teilzunehmen, die da dem Gesetz ganz und vollkommen gehorchten. Die
Erkenntnis dieser Tatsache führte zu der Bildung der Sekte der Pharisäer,
die da behaupteten, das Gesetz bis ins einzelnste und aufs genaueste zu
erfüllen und „auf sich selbst vertrauten, dass sie gerecht wären,
und die übrigen für nichts achteten“; diese nannten sie Zöllner und Sünder,
sich selbst aber „Kinder Abrahams“, Erben der verheißenen und die
Welt zu segnenden Herrschaft.
Die
klare und kräftige Lehrweise unseres Herrn Jesus war zum Teil gegen die
Irrtümer der Pharisäer gerichtet, gegen die Meinung, dass ihre genaue
Verrichtung einiger äußerlicher Gesetzeszeremonien dem Buchstaben wie
Geist desselben völlig gerecht werde. Unser Herr lehrte, was jeder Christ
jetzt lernt, dass nämlich das Gesetz, wenn man es in seiner Fülle
erkennt, so voller Majestät ist und dass der Mensch so gefallen und
unvollkommen und von Versuchungen von außen wie auch von Schwächen von
innen bedrängt ist, dass es nicht möglich ist, dass einer von ihnen
dieses Gesetz vollkommen zu halten fähig wäre und den abrahamitischen
Segen beanspruchen könne. Wenn unser Herr daher den Pharisäismus tadelt,
so darf das nicht so verstanden werden, als ob er gegen ihr Bestreben, das
Gesetz tadellos zu halten, Einspruch erhebe; noch auch, dass er sie darüber
tadelte, dass sie das Gesetz nicht vollkommen hielten, was kein
unvollkommener Mensch vermag. Aber er tadelte sie über die Heuchelei,
dass sie sich und andern einredeten und so sich selbst betrogen, als ob
sie vollkommen und heilig wären. Sie sowohl wie andere konnten sehen,
dass das eine bloß äußerliche Reinigung war, während ihre Herzen
unrein blieben und nicht dem Herrn geweiht waren. Er tadelte sie darüber,
dass sie eine bloße Form der Gottseligkeit hatten und Gott mit den Lippen
dienten, während ihre Herzen fern von ihm waren. Es hat also keiner, wie
unser Herr und Paulus erklären, das Gesetz vollständig gehalten, noch
konnte es irgend jemand (Joh. 7:19; Röm. 3:20), wenn sie auch zu einem
viel vollkommeneren Halten des Gesetzes hätten kommen können, als sie es
taten.
Nicht
nur in Worten erklärte unser Herr, dass die volle Bedeutung des Gesetzes
die sei: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen,
und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und
mit deinem ganzen Verstand, und deinen Nächsten wie dich selbst“
(Luk. 10:27), sondern er bestätigte dies auch in seiner vollen
Selbstübergabe in den Willen und Plan Gottes, in seiner Vermeidung
irgendwelchen eigenen Planes oder Zieles und aller Eigensucht - in einem
aus vollem Herzen quellenden Tun des Willens Gottes mit ganzem Herzen,
ganzer Seele, ganzem Verstand und ganzer Kraft und seinen Nächsten
liebend wie sich selbst; und all dies bis zum Tod.
Durch
solche Erfüllung der Bedingungen des Gesetzes - durch vollkommenen
Gehorsam gegen dasselbe, wie es keiner aus der unvollkommenen
Menschenfamilie tun konnte - wurde unser Herr der Erbe aller jener
Segnungen, die in dem am Berg Sinai mit Israel geschlossenen Gesetzesbund
verheißen waren; und damit erwies er sich gleichfalls als „der Same
Abrahams“, dem nun die ganze abrahamitische Verheißung gehörte. So
erwarb sich unser Herr das Zepter (das verheißene Recht oder den
Anspruch auf die Herrschaft der Erde), welches jahrhundertlanger Verheißung
nach von einem aus dem Stamm Juda und dem Geschlecht Davids erworben und
erlangt werden sollte. Der große Lohn, auf den Israel jahrhundertlang
gehofft und wonach es sich gesehnt und gestrebt hatte, war endlich von dem
Löwen (dem Starken) aus dem Stamme Juda gewonnen. Siloh, der große
Friedensstifter, war gekommen: Er, der nicht allein durch das Blut seines
Kreuzes zwischen Gott und dem Menschen Frieden machte, als er die
Menschheit von der auf allen gerechterweise lastenden Verdammnis erlöste,
sondern der auch, wenn er als König der Könige und Herr der Herren seine
große Gewalt an sich nimmt und herrscht, alles Unrecht und Böse, alle Sünde
entfernen und auf der sicheren Grundlage der Heiligkeit Frieden stiften
wird. Er ist der Friedefürst.
Als
das Zepter (das Recht) dem Bund gemäß auf unseren Herrn Jesus überging,
da hörte der Gesetzesbund auf. Denn wie konnte Gott auch weiterhin
noch, unter irgendwelchen Bedingungen, einem andern den Lohn anbieten, der
schon von Siloh errungen war? Daher erklärte der Apostel, Christus habe
dem Gesetz (Gesetzesbund) ein Ende gemacht, es „an das Kreuz“ genagelt.
- Röm. 10:4; Kol. 2:14
So
erwarb der „Fürst des Friedens“ für seine Untertanen sowohl
Vergebung der Sünden als auch Wiederherstellung und gründete ein ewig
dauerndes Königreich, das auf der Grundlage der Gerechtigkeit, wie es auf
keine andere Weise hätte zu Stande gebracht werden können, errichtet
werden wird. So wurde die Vorhersagung erfüllt: „Nicht weichen wird das
Zepter von Juda, noch der Herrscherstab zwischen seinen Füßen (Lenden)
hinweg, bis das Siloh kommt.“ Da wich es von Juda und wurde „dem
Löwen (dem Starken, dem hoch erhöhten, geistigen Wesen, dem Herrn der
Herrlichkeit) aus dem Stamm Juda“ gegeben, der nun das Zepter (oder das
Anrecht, den Besitztitel) als König der Könige und Herr der Herren inne
hat.
Auch
nach den siebzig Jahren der Gefangenschaft in Babylon, als etliche zurückkehrten
und den Tempel und die Mauer der Stadt wieder aufbauten, waren es solche,
welche die Verheißung Gottes in Ehren hielten, und die „auf den Trost
Israels warteten.“ Sie sammelten sich um den Stamm Juda und gedachten an
Gottes Verheißung, dass der Herrscher, der Befreier, der große Siloh
oder Friedensstifter, aus jenem Stamm kommen solle. Doch ach! als der
Friedevolle, der Frieden machte und die Versöhnung für die Sünden durch
das Blut seines Kreuzes bewerkstelligte, kam, da verachteten und verwarfen
sie ihn. Sie erwarteten keinen großen Hohenpriester, sondern einen großen
General, einen Feldherrn.
Siloh,
der um seines Gehorsams bis zum Tode willen bei seiner Auferstehung das
Zepter und „alle Gewalt“ erhielt, wird in der Tat zuerst Israel segnen;
jedoch nicht das fleischliche Israel, denn das sind nicht alle wahre
Israeliten, die dem Fleische nach so genannt werden. (Röm. 9:6) Siloh,
der Erbe, sucht und findet Kinder Abrahams nach dem Geist, die da Abrahams
Art, Glauben und Gehorsam an sich tragen - sowohl aus seiner natürlichen
Nachkommenschaft als auch aus den Heiden (Nationen) - als „ein Volk zu
seinem Namen.“ (Apg. 15:14) Und nach diesem (nachdem das Sammeln seiner
auserwählten Kirche vollendet ist - in der Ernte oder am Ende des
christlichen Zeitalters, am Schluss der Heidenzeiten) wird seine Gnade zurückkehren,
und die Ruinen (Trümmer) Israels und schließlich die aller Geschlechter
der Erde wieder bauen auf einer besseren Grundlage als es je ein
Menschenherz erdacht hat. Er, der jetzt das Zepter hält - „dem das
Recht gebührt“ zur Herrschaft - wird beim Ablauf der Heidenzeiten auch
die Krone empfangen; „und ihm werden die Völker gehorchen.“ (1. Mose
49:10) Das Zepter oder Anrecht auf „alle Gewalt im Himmel und auf Erden“
wurde ihm bei seiner Auferstehung gegeben, doch er erwartet des Vaters
bestimmte Zeit - bis zum Ende der Heidenzeit - ehe er seine große Gewalt
an sich nimmt und seine glorreiche Herrschaft beginnt. - Offb. 11:17, 18
Nun
behalte das für den Anfang dieser Zeiten der Nationen gefundene Datum - nämlich
606 v.Chr. - im Sinn, während wir darangehen, den Beweis dafür zu
erbringen und zu untersuchen, dass ihre Länge 2520 Jahre beträgt und mit
dem Jahre 1914 zu Ende geht.
Wir
dürfen nicht erwarten, dies in so und so vielen Worten zu finden. Wäre
es so ausgesagt, so würde es früher, als es sollte, bekannt geworden
sein. Es ist solcherweise gegeben worden, dass es bis zu „der Zeit des
Endes“ verborgen blieb. - Dan. 12:4, 9
Aus
den Worten unseres Herrn: „Jerusalem wird zertreten werden von den
Nationen, bis dass die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden“, geht
nicht nur hervor, dass die Herrschaft der Nationen eine begrenzte und
bestimmte ist, sondern sie geben auch zu verstehen, dass diese „Zeiten“
mit der irdischen Stadt Jerusalem und mit dem fleischlichen Haus Israel
zusammenhängen und danach bemessen werden. Und der Gedanke kommt: Mag es
sein, dass Gott betreffs der Geschichte Israels etwas vorhergesagt hat,
das uns das genaue Maß jener „Zeiten,“ von denen unser Herr redet,
angibt? Und so ist es.
Schlagen
wir das dritte Buch Moses auf, so finden wir irdische und geistliche
Segnungen wie Drohungen verzeichnet. Wenn Israel Gott treu bleiben würde,
so würden sie vor anderen Völkern gesegnet werden; wenn nicht, so würde
sie sicheres Unglück ereilen. Schließlich lesen wir: „Und ich werde
wandeln in eurer Mitte und werde euch zum Gott sein und ihr werdet mir zum
Volk sein....Wenn ihr mir aber nicht gehorcht und nicht tut alle diese
Gebote ... so richte ich mein Angesicht wider euch, dass ihr geschlagen
werdet von euren Feinden, und eure Hasser werden über euch herrschen.“
„Und ihr werdet vergeblich euren Samen säen, denn eure Feinde werden
ihn essen.“ „Und wenn ihr auf dies hin (trotz alledem) mir nicht
gehorcht, so werde ich euch siebenmal (sieben Zeiten) mehr züchtigen
wegen eurer Sünden.“ - 3. Mose 26:17, 18, 24, 28
Diese
Drohung von „siebenmal“ (sieben Zeiten) mehr wird viermal genannt. Die
verschiedenen vor diesen „sieben Zeiten“ erwähnten Strafen
beziehen sich auf die verschiedenen Gefangenschaften unter den Assyrern,
Moabitern, Midianitern, Philistern, usw., usw., während welchen Gottes
Sorge stets über ihnen waltete. Seine Verfahrungsweise mit ihnen war „Gebot
an Gebot, Regel an Regel, hier ein wenig, dort ein wenig“; doch hielt er
sie fest, und wenn sie umkehrten und zu ihm schrieen, so erhörte er sie
und rettete sie vor ihren Feinden. (Richter 3:9,15) Doch als diese Züchtigungen
fruchtlos blieben, wandte er die angedrohte siebenmalige an. Die Krone (Herrschaft)
wurde für immer hinweggenommen und Israel wie auch die ganze Welt wurde für
sieben Zeiten den tierischen Mächten unterworfen. Es widerfuhr
ihnen gemäß der göttlichen Warnung: „Und wenn ihr auf dieses (die
vorigen Züchtigungen) hin mir nicht gehorcht, so werde ich euch siebenmal
(„sieben Zeiten“) mehr züchtigen.“
Der
Zusammenhang, in dem diese Drohung, „sieben Zeiten“ hinzuzufügen,
sich vorfindet, zeigt an, dass dieselbe ein letztes und schließliches
Strafmittel sein sollte, nachdem die anderen Züchtigungen
wiederholentlich ihren Zweck, sie dauernd zu bessern, verfehlt hatten. Die
Strafen dieser „sieben Zeiten“ wird das beabsichtigte Ziel, sie gründlich
vor dem Herrn zu demütigen, erreichen und sie so zubereiten, seine
Segnungen zu empfangen. Diese sieben Zeiten beziehen sich also auf
die Länge der Zeit, während welcher die Heiden über sie herrschen
sollten. Und auf diese Periode von „sieben Zeiten“ nimmt unser Herr
ohne Zweifel Bezug, wenn er von „den Zeiten der Heiden“ redet,
während welcher Jerusalem zertreten sein soll.
Den
Zeitpunkt, an dem diese geringeren Gefangenschaften und Züchtigungen
dieser letzten, großen Nationalzüchtigung von „sieben Zeiten“ Platz
machen sollten, haben wir schon gezeigt. Es war damals, als ihr letzter König,
Zedekia, hinweg geführt wurde; von diesem Zeitpunkte an datiert eine
lange Periode der Züchtigung, die vorhergesagten „sieben Zeiten“ oder
2520 Jahre.
Eine
„Zeit“ wird in der Bibel im Sinn von einem Jahr gebraucht, sei es nun
ein buchstäbliches oder symbolisches (bildliches); aber zur Zeit des
Ausspruches der Prophezeiung konnte man nicht wissen, ob die angegebene
Zeit buchstäblich oder symbolisch zu verstehen sei. Die Propheten
forschten fleißig, doch vergeblich, um zu erfahren, welche oder
welcherlei Zeit (ob buchstäbliche oder symbolische) vom Geist
angedeutet sei. (1. Petr. 1:11) Ein symbolisches Jahr wird biblischem
Gebrauch gemäß nach dem Mondjahr berechnet: zwölf Monate von je dreißig
Tagen oder dreihundertsechzig Tage, jeder Tag ein Jahr vertretend.
Folglich vertritt eine „Zeit“ oder ein Jahr, wenn es symbolisch ist,
dreihundert und sechzig (360) symbolische Tage, und „sieben Zeiten“ würden
zweitausend fünfhundert zwanzig (360 mal 7 = 2520) symbolische Tage
ausmachen, welche die gleiche Zahl buchstäblicher Jahre vertreten.
Die
Frage, die sich erhebt, ist: Waren diese „sieben Zeiten“ buchstäblich
oder symbolisch? Nehmen sie Bezug auf sieben Jahre oder auf zweitausend fünfhundert
zwanzig Jahre? Wir antworten, es waren symbolische Zeiten, 2520 Jahre. Sie
können nicht als sieben buchstäbliche Jahre verstanden werden; denn
Israel hatte manche Gefangenschaften von längerer Dauer durchgemacht. Sie
haben z.B. dem König von Mesopotamien acht Jahre gedient, dem König von
Moab achtzehn Jahre, dem König Jabin zwanzig Jahre, den Philistern eine
Periode von achtzehn Jahren und eine andere von vierzig Jahren. (Richter
3:8,14; 4:1,2; 10:7; 13:1), außer ihrer siebzigjährigen in Babylon. Alle
diese Perioden waren viel länger als „sieben Zeiten“ buchstäblicher
Jahre. Da diese aber als letzte, größte und schließliche Strafe genannt
werden, so beweist dies, dass symbolische und nicht buchstäbliche Zeit
gemeint ist, obschon das hebräische Wort für siebenmal (sieben
Zeiten) in 3. Mose 26:18, 21, 24, 28 dasselbe ist, wie in Dan. 4:13, 20,
22, 29 (Elberf.-Übers. - Vers 16, 23, 25, 32). Und eigentümlich, es wird
noch dazu in beiden Fällen viermal wiederholt. In Nebukadnezars Fall
waren es buchstäbliche Jahre, doch wie wir noch sehen werden, sowohl
Nebukadnezar als auch seine „sieben Zeiten“ waren vorbildlich.
Die
„sieben Zeiten“ der Erniedrigung Nebukadnezars (Dan. 4:16, 23-26)
erwiesen sich als sieben eigentliche Jahre, indem sie tatsächlich
so erfüllt wurden. Aber ebenso hat sich die Unterwerfung Israels und der
Welt unter die „obrigkeitlichen Gewalten„ (Röm. 13:1) als eine von
sieben symbolischen Zeiten - als zweitausend fünfhundert zwanzig buchstäbliche
Jahre - bestätigt. An dieser Periode fehlen jetzt nur noch
sechsundzwanzig Jahre, um erfüllt zu sein, und auf allen Seiten sind
Bewegungen im Gange, die auf das Ende der Heiden - oder Nationenherrschaft
und auf das Herbeikommen dauernder Gerechtigkeit und all der Segnungen des
Neuen Bundes für Israel und die ganze seufzende Kreatur hindeuten.
Das
Ende von Israels sieben Zeiten
Diese
lange Periode („sieben Zeiten“ oder 2520 Jahre) der Züchtigung
Israels ist die Periode der Nationenherrschaft - der „Zeiten der
Nationen.“ Da, wie wir schon gezeigt haben, die „Zeiten der Nationen“
mit dem Jahr 606 v.Chr. begannen und zweitausend fünfhundert zwanzig
Jahre dauern sollten, so enden sie mit dem Jahr 1914. (2520 - 606 = 1914.)
Dann werden die im letzten Teil desselben Kapitels (3. Mose 26:44, 45)
verzeichneten Segnungen in Erfüllung gehen. Gott wird des Bundes, den er
mit Israels Vätern gemacht hat, gedenken und ihn in Erfüllung gehen
lassen. - siehe Röm. 11:25-27
Manchem
möchte dies folgenderweise noch klarer werden:
Israels
„sieben Zeiten“ der Züchtigung
= |
2520
Jahre. |
Sie
begannen, als der Besitz der Gewalt den Nationen überliefert
wurde, was, wie wir gezeigt haben, 606 v.Chr. stattfand. Folglich
verflossen bis zum Jahre 1, |
606 Jahre. |
von
dieser Periode, und der Rest zeigt das Datum nach Christo an, nämlich, |
1914 |
Zum
Beweis, dass nach biblischem Sprachgebrauch in symbolischer
Prophezeiung ein Tag für ein Jahr steht, führen wir die folgenden Fälle
an, die so erfüllt worden sind: - 1. Die Kundschafter mussten bei ihrer
Erforschung Kanaans vierzig Tage auf der Wanderschaft sein. Dies war
typisch von den vierzig Jahren der Wanderung Israels in der Wüste. (4.
Mose 14:33, 34) 2. Als Gott Israel durch den Hesekiel eine Zeit der
Drangsal ankündigen wollte, ließ er dieselbe von dem Propheten
symbolisieren und erklärte: „Je einen Tag für ein Jahr habe ich dir
auferlegt.“ (Hes. 4:1-8) 3. In jener bedeutsamen und schon erfüllten
Prophezeiung Daniels (9:24-27), die wir im vorigen Kapitel untersuchten,
ist symbolische Zeit gebraucht. In derselben wird die Zeit bis zur Salbung
unseres Herrn angegeben und ebenfalls die sieben Jahre der darauffolgenden
Begünstigung Israels, in deren Mitte der Messias weggerafft oder
ausgerottet werden sollte. Jeder Tag der siebzig symbolischen Wochen repräsentierte
(vertrat) ein Jahr und ist so erfüllt worden. 4. Wiederum in Dan. 7:25
und 12:7 wird die Periode des Triumphes des Papsttums als drei und eine
halbe Zeit angegeben, und dies wurde, wie wir wissen und es nachweisen
werden, in eintausend zweihundert sechzig Jahren (360 mal 3 ½ = 1260) erfüllt.
Dieselbe Periode wird in der Offenbarung erwähnt. In Kapitel 12:14 wird
sie drei und eine halbe Zeit genannt (360 mal 3 ½ = 1260); in Kapitel
13:5 wird sie als zweiundvierzig Monate (30 x 42 = 1260) bezeichnet; und
in Kapitel 12:6 heißt es, sie sei eintausend zweihundert sechzig Tage
lang. Die Erfüllung dieser Prophezeiungen wird später ganz besonders
untersucht werden. Für jetzt genüge es zu sagen, dass das Wort „Zeit“,
wie es sonst wo vom Geist gebraucht wird, heutzutage noch genauso
gebraucht wird; - ferner, dass in symbolischer Weissagung eine Zeit ein
symbolisches Jahr von dreihundert und sechzig Jahren ist; und die Tatsache,
dass drei und eine halbe Zeit, womit der Sieg der abtrünnigen Kirche
gemessen ist, in zwölfhundert sechzig Jahren erfüllt wurde, stellt die
Regel fest, nach welcher die sieben Zeiten der Nationenherrschaft
berechnet sind (360 x 7 = 2520) und beweist, dass deren Ende auf das Jahr
1914 n.Chr. fällt; denn wenn drei und eine halbe Zeit 1260 Tage (Jahre)
ist, so müssen sieben Zeiten gerade zweimal so lang sein, nämlich 2520
Jahre.
Wären
Israels „sieben Zeiten“ in buchstäblicher Zeit (in sieben Jahren) erfüllt
worden, so würden die Segnungen, die durch Gottes bedingungslosen Bund
mit ihren Vätern verbürgt waren, eingetroffen sein. (siehe 3. Mose 26:45
und Röm. 11:28) Aber dies war nicht der Fall. Noch nie haben sie diese
Segnungen genossen; und Paulus sagt (Röm. 11:25, 26), dieser Bund werde
nicht erfüllt, bis die christliche Kirche, Herauswahl, der Leib Christi,
wie ihr Erlöser, vollkommen gemacht ist. Durch Christus und seine Braut
soll der Bund in Wirksamkeit treten. „Dies ist der Bund, den ich mit dem
Haus Israel machen werde nach jenen Tagen (das bedeutet nach den sieben
Zeiten der Züchtigung), spricht Jehova: Ich werde mein Gesetz in ihr
Inneres legen und werde es in ihr Herz schreiben; und ich werde ihnen zum
Gott, und sie werden mir zum Volk sein. Und sie werden nicht mehr ein
jeder seinen Nächsten und ein jeder seinen Bruder lehren und sprechen:
Erkennt Jehova! Dann sie alle werden mich erkennen von ihren Kleinsten bis
zu ihren Größten, spricht Jehova. Denn ich werde ihre Missetat vergeben
und ihrer Sünde nicht mehr gedenken.“ (Jer. 31:33, 34; Hebr. 10:16, 17)
„In jenem Tagen (den Tagen der Gnade, die auf die sieben Zeiten der Züchtigung
folgen) wird man nicht mehr sagen: Die Väter haben Herlinge gegessen, und
die Zähne der Söhne sind stumpf geworden; sondern ein jeder, (der da
stirbt) wird für seine Missetat sterben; jeder Mensch, der Herlinge isst,
dessen Zähne sollen stumpf werden.“ - Jer. 31:29, 30
Die
Wiederherstellung aus Babylon am Ende der siebzig Jahre war keine
Freilassung von der Nationenherrschaft; denn seitdem sind sie stets ein
tributpflichtiges Volk gewesen. Jene Wiederherstellung diente nur dazu,
ein Volk zu erhalten, dem der Messias dargeboten werden sollte. Während
und weil Israel schon unter der Botmäßigkeit der Nationenherrschaft
stand, erklärte unser Herr, dass sie in dieser unterdrückten Lage
verbleiben würden, bis die Zeiten der Nationen abgelaufen oder erfüllt
seien. Die Welt ist Zeuge davon, dass Israels Strafe unter der
Nationenherrschaft ununterbrochen seit 606 v.Chr. angedauert hat und noch
fortdauert; und kein Grund ist vorhanden, ihre nationale Reorganisation früher
als 1914 - am Endpunkt ihrer „sieben Zeiten“, der 2520 Jahre - zu
erwarten. Doch da diese lange Periode ihrer nationalen Züchtigung sich
ihrem Ende nähert, so können wir deutliche Anzeichen sehen, dass der
unfruchtbare Feigenbaum im Begriffe ist, auszuschlagen - ein Zeichen, dass
die Winterszeit des Bösen zu Ende läuft und der Millenniumssommer
herbeikommt, der sie völlig zu ihrem verheißenen Erbe und zu nationaler
Unabhängigkeit wiederherstellen wird. Der Umstand, dass jetzt große
Vorbereitungen im Gange sind und große Erwartungen in Bezug auf Israels Rückkehr
ins eigene Land gehegt werden, ist schon an und für sich ein starker
Tatsachenbeweis, der diese Lehre der Schrift bestätigt. Über die
Bedeutung solch eines Ereignisses siehe Band 1.
Noch
ein anderweitiges Zeugnis
Eine andere Ansicht der Heidenzeiten ist durch Daniel, Kapitel
4, dargeboten. Hier wird die ursprüngliche Herrschaft des Menschen über
die ganze Erde, ihre Hinwegnahme und die Gewissheit, dass ihre
Wiederherstellung am Ende der Nationenzeit beginnt, aufs kräftigste in
einem Nebukadnezar gewordenen, von Daniel ausgelegten und an Nebukadnezar
erfüllten Traum veranschaulicht.
In
seinem Traum schaute Nebukadnezar, „und siehe, ein Baum stand mitten auf
der Erde, und seine Höhe war gewaltig. Der Baum wurde groß und stark,
und seine Höhe reichte bis an den Himmel, und er wurde gesehen bis an das
Ende der ganzen Erde; sein Laub war schön und seine Frucht zahlreich, und
es war Nahrung an ihm für alle; die Tiere des Feldes fanden Schatten
unter ihm, und die Vögel des Himmels wohnten in seinen Zweigen; und alles
Fleisch nährte sich von ihm....Und siehe, ein Wächter und Heiliger stieg
vom Himmel nieder. Er rief mit Macht und sprach also: Haut den Baum um und
schneidet seine Zweige weg; streift sein Laub ab und streut seine Frucht
umher! Die Tiere unter ihm sollen wegfliehen und die Vögel aus seinen
Zweigen! Doch seinen Wurzelstock lasset in der Erde, und zwar in Fesseln
von Eisen und Erz, im Gras des Feldes; und von dem Tau des Himmels werde
er benetzt, und mit den Tieren habe er Teil an dem Kraut der Erde. Sein
menschliches Herz werde verwandelt, und das eines Tieres ihm gegeben; und
sieben Zeiten sollen über ihm vergehen. Durch Beschluss der Wächter ist
dieser Ausspruch, und ein Befehl der Heiligen ist diese Sache: auf dass
die Lebenden erkennen, dass der Höchste über das Königtum der Menschen
herrscht, und es verleiht, wem er will, und den Niedrigsten der Menschen
darüber bestellt.“
Dieser
merkwürdige Baum stellte in seiner Herrlichkeit und Schönheit die ursprüngliche
Herrschaft über die Erde dar, wie sie dem menschlichen Geschlecht in
ihrem Vertreter und Haupt, Adam, gegeben war. Zu ihm hatte Gott gesagt:
„Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und macht sie euch
untertan, und herrscht über die Fische des Meeres und über die Vögel
des Himmels und über alles Getier, das sich regt auf der Erde!“ (1.
Mose 1:28) Die ursprüngliche Herrlichkeit des Menschen und die in ihn
gelegte Macht war in der Tat groß und schön. Sie erstreckte sich über
die ganze Erde, um alle lebendigen Wesen zu beglücken, zu nähren, zu schützen
und zu beschirmen. Doch als die Sünde kam, da kam der Befehl, den Baum
umzuhauen, und die Herrlichkeit, Schönheit und Macht der Menschheit
schwand dahin; und die niedere Kreatur fand unter ihr keinen Schirm,
Schutz und Segen mehr. Der Tod fällte den großen Baum, zerstreute seine
Früchte und Blätter und ließ die niedere Kreatur ohne ihren Herrn und
Beschützer.
So
weit es den Menschen betraf, war alle Möglichkeit, die verlorene
Herrschaft wieder zu gewinnen, hoffnungslos dahin. Aber nicht so war es
von Gottes Standpunkt aus. Die Herrschaft rührte ursprünglich von seinem
Plan her und war eine Gabe seiner Gnade; und obwohl er befohlen hat, sie
niederzureißen, so blieb doch die Wurzel - Gottes Vorsatz und Plan einer
Wiederherstellung - wenn auch mit starken Ketten gebunden, so dass sie
nicht eher wieder ausschlage, bis die von Gott bestimmte Zeit gekommen sei.
Wie
das Bild im Traum von dem Stumpf eines Baumes sich in einen Menschen
umwandelte, der in die Gesellschaft und Ähnlichkeit mit den Tieren
erniedrigt wurde und dessen Vernunft entwich und dessen ganze Herrlichkeit
entschwand; so sehen wir es am Menschen, dem gefallenen, herabgesetzten
Herrn der Erde: Seine Herrlichkeit und Herrschaft ist dahin. Von dem
Augenblick an, da der Urteilsspruch erging, hat das Geschlecht sein Teil
mit den Tieren gehabt, und das menschliche Herz ist tierisch und verderbt
geworden. Wie getreu ist das Bild, wenn wir den gegenwärtigen und
vergangenen, halb zivilisierten und wilden Zustand der großen Masse des
Menschengeschlechtes betrachten, und dass selbst die kleine Minderheit,
welche die abwärts führende Richtung aufzuhalten trachtet, nur in einem
beschränkten Grade Erfolg hat, und das unter großer Mühe und beständiger
Anstrengung. Das Geschlecht muss in seiner Erniedrigung unter der
Herrschaft des Bösen verbleiben, bis die Lektion gelernt ist, „dass der
Höchste über das Königtum der Menschen herrscht und es verleiht, wem er
will.“ Und während die Menschen in diesem gefallenen Zustand sind,
erlaubt es Gott vielen der niedrigsten Charaktere unter ihnen, über sie
zu herrschen, auf dass ihre bittere Erfahrung sich in der Zukunft als von
dauerndem Nutzen erweise.
Allerdings
gemäß der Auslegung Daniels „widerfuhr all dies Nebukadnezar, dem König“,
und in seinem vernunftlosen, gefallenen, tierischen Zustand wandelte er
unter den Tieren, bis sieben Zeiten (sieben eigentliche Jahre in seinem
Fall) über ihn hingingen. Daniels Auslegung des Traumes nimmt nur Bezug
auf seine Erfüllung an Nebukadnezar. Aber der Umstand, dass der Traum und
die Auslegung hier so sorgfältig erzählt werden, ist Beweis, dass dies
zu einem Zweck geschah; und der Umstand, dass er als Darstellung des göttlichen
Planes so genau zutrifft und passt, wonach dies ganze Geschlecht zu seiner
Züchtigung und Besserung der Herrschaft des Bösen unterworfen wurde,
damit Gott dasselbe zu seiner Zeit wiederherstelle und in Gerechtigkeit
und dauerndes Leben wiedereinsetze, berechtigt uns, ihn als beabsichtigtes
Vorbild anzunehmen.
In
seiner Erfüllung an Nebukadnezar ist der Traum besonders beachtenswert,
wenn wir bedenken, dass er zum vertretenden Herrscher-Haupt der
menschlichen Herrschaft gemacht worden war (Dan. 2:38), und dass er durch
den Propheten in fast eben denselben Worten als Herr der Erde angeredet
wurde, in denen Gott im Anfang zu Adam redete - „Du, o König, du König
der Könige, dem der Gott des Himmels das Königtum, die Macht und die
Gewalt und die Ehre gegeben hat; und überall, wo Menschenkinder, Tiere
des Feldes und Vögel des Himmels wohnen, hat er sie in deine Hand gegeben
und dich zum Herrscher über sie alle gesetzt.“ (Dan. 2:37, 38;
vergleiche 1. Mose 1:28) Später empfing Nebukadnezar um seiner Sünde
willen die „sieben Zeiten“ Züchtigung, nach welcher seine Vernunft
zurückzukehren begann und seine Wiedereinsetzung in die Herrschaft
vollzogen wurde. Er wurde in sein Königreich wiedereingesetzt und erhielt
noch größere Macht, nachdem er die nötige Lektion gelernt hatte.
Hierauf beziehen sich die folgenden Worte:
„Am
Ende der Tage erhob ich, Nebukadnezar, meine Augen zum Himmel, und mein
Verstand kam mir wieder; und ich pries den Höchsten, und rühmte und
verherrlichte den ewig Lebenden, dessen Herrschaft eine ewige Herrschaft
ist, und dessen Reich von Geschlecht zu Geschlecht währt. Und alle
Bewohner der Erde werden wie nichts geachtet, und nach seinem Willen tut
er mit den Bewohnern der Erde; und da ist niemand, der seiner Hand wehren
und zu ihm sagen könnte: Was tust du? Zur selben Zeit kam mir mein
Verstand wieder, und zur Ehre meines Königtums kamen meine Herrlichkeit
und mein Glanz mir wieder, ...und ich wurde wieder in mein Königtum
eingesetzt und ausnehmende Größe wurde mir zugefügt. Nun rühme ich,
Nebukadnezar, und erhebe und verherrliche den König des Himmels, dessen
Werke allesamt Wahrheit und dessen Wege Recht sind, und der zu erniedrigen
vermag, die in Hoffart wandeln.“
Die
Erniedrigung des Nebukadnezar war vorbildlich von der Erniedrigung der
Menschheit unter tierische Obrigkeiten während sieben symbolischer Zeiten
- das ist ein Jahr für einen Tag gerechnet 2520 Jahre - von seiner Zeit
an gezählt. Und beachte, dies entspricht genau den über Israel
vorhergesagten sieben Zeiten, die, wie wir soeben gesehen haben, mit 1914
zu Ende gehen. Denn unter diesem Nebukadnezar war es, dass Israel gefangen
nach Babylon geschleppt wurde, als die Krone des Königreiches Gottes von
ihnen genommen worden war und ihre sieben Zeiten ihren Anfang nahmen.
In
vollkommener Übereinstimmung hiermit steht es, dass Gott bei der
Darstellung dieser Heidenobrigkeiten dieselben dem Daniel als eben so
viele wilde Tiere abbildete, während das Königreich Gottes, das nach
ihrem Ende aufgerichtet werden soll, als einem wie eines Menschen Sohn
gegeben, dargestellt wird.
Wenn
es nicht dafür wäre, die Gesunkenheit und die Dauer der Heidenzeiten
voraus abzuschatten, so wüssten wir keinen Grund, warum dieses Stück der
Geschichte eines heidnischen Königs aufgezeichnet worden ist. Dass seine
sieben Jahre der Gesunkenheit die menschliche Erniedrigung treffend
veranschaulichen, ist eine Tatsache; dass Gott eine Wiederherstellung der
Herrschaft über die Erde verheißen hat, nachdem die Menschheit gewisse,
wichtige Lehren gelernt hat, ist ebenfalls eine Tatsache; und dass die
sieben symbolischen Punkte zu Ende gehen, da die Menschheit ihre
eigene Gesunkenheit und gegenwärtige Unfähigkeit, die Welt zu ihrem
Besten zu regieren, erkennt und daher bereit ist für Gottes Königreich
und Herrschaft, ist eine dritte Tatsache. Und das Passende der Darstellung
nötigt die Überzeugung auf, dass Nebukadnezars sieben Jahre, während
sie an ihm buchstäblich erfüllt wurden, die noch größere und breitere
Bedeutung besaßen, als Bild die sieben symbolischen Zeiten der
Heidenherrschaft darzustellen.
Das
genaue Datum der Erniedrigung Nebukadnezars wird nicht angegeben und ist
auch nicht nötig, weil die Periode seiner Gesunkenheit den ganzen
Zeitraum der Nationen vorbildete. Diese begann als die Krone des
vorbildlichen Königreiches Gottes von Zedekia entfernt wurde. Es war
tierisch vom ersten Anfang an, und ihre Zeiten sind gezählt; ihre Grenzen
sind von Jehova gesetzt und können nicht überschritten werden.
Wie
ermunternd ist die Aussicht, die uns am Schluss dieser sieben Zeiten
vorgeführt ist! Weder Israel, noch die von jenem Volk bildlich vertretene
Welt wird länger durch tierische Heiden- (Nationen-) Mächte
niedergetreten, unterdrückt und missregiert werden. Das Königreich
Gottes und seines Christus wird auf Erden hergestellt sein, und Israel und
die ganze Welt wird unter seiner rechten und gerechten Oberhoheit gesegnet
werden. Hier wird die Wurzel der Verheißung und der Hoffnung, die zuerst
in Eden gepflanzt (1. Mose 3:15) und über die Flut getragen und in
Israel, dem vorbildlichen Volk, eingesenkt worden war (1. Mose 12:1-3),
wieder zu sprossen anfangen. Sie fing beim ersten Advent unseres Herrn an
zu sprossen, aber die fest bestimmte Zeit für ihr Erblühen und in der
Wiederherstellung aller Dinge ihre köstliche Frucht zu tragen, war noch
nicht gekommen. Aber am Ende der Zeiten der Nationen werden die sicheren
Anzeichen des Frühlings nicht ausbleiben, und reich wird die Sommerfrucht
und herrlich die Herbsternte sein, die eingeheimst und in dem ewigen
Zeitalter, das dann folgt, genossen werden wird. Dann wird der ursprüngliche
Herr der Erde mit wiederhergestellter Vernunft, mit noch höherem Glanz
und größerer Herrlichkeit als in dem Vorbild völlig wieder eingesetzt
werden, und den König vom Himmel wird er preisen, erheben und ehren.
Schon
bemerken wir, wie Vernunft zur Menschheit zurückkehrt. Die Menschen
wachen auf, bis zu gewissem Grade ihre Gesunkenheit zu empfinden, und sind
darauf aus, ihre Lage zu verbessern. Sie sinnen nach, planen, entwerfen
einen besseren Zustand als den, dem sie sich unter den tierischen Mächten
unterstellt hatten. Jedoch ehe sie dazu kommen, Gott und seine Herrschaft
über alle anzuerkennen, werden sie noch einen weiteren schrecklichen
Anfall von Wahnsinn durchmachen, aus welchem Ringen sie schwach, hilflos,
erschöpft, aber mit ihrer Vernunft so weit wiederhergestellt erwachen
werden, dass sie die Herrschaft dessen anerkennen und vor dem sich beugen
werden, der da kommt, die lang verlorene erste Herrschaft auf einer
dauerhaften Grundlage der Erfahrung und Erkenntnis von Gutem und Bösem
wiederherzustellen.
Es
ist wahr, es heißt große Dinge erwarten, wenn man behauptet, wie wir tun,
dass in dem kommenden sechs und zwanzig Jahren alle gegenwärtigen
Regierungen gestürzt und aufgelöst sein werden; aber wir leben in einer
besonderen und sonderbaren Zeit, in dem „Tag Jehovas“ in dem sich die
Dinge schnell entwickeln; und es steht geschrieben: „Der Herr wird eine
abgekürzte Sache tun (kurzen Prozess machen) auf Erden.“ (Röm. 9:28;
siehe Band 1, Studie 15) Seit den letzten elf Jahren wurde dies gepredigt
und gedruckt wie oben ausgeführt; und in dieser kurzen Zeit ist das
Entstehen von Einflüssen und Veranstaltungen, um auch die stärksten
Reiche der Erde zu untergraben und mit dem Einsturz zu bedrohen, wunderbar
gewesen. In dieser Zeit sind Kommunismus, Sozialismus und Nihilismus mit
Macht ins Dasein gesprungen und verursachen schon jetzt sehr unangenehme
Gefühle unter den Herrschern und den Hochgestellten der Erde, indem sie
„verschmachten vor Furcht und Erwartung der Dinge, die über den
Erdkreis kommen“ (Luk. 21:26); denn die gegenwärtigen Mächte werden
gewaltig erschüttert werden und schließlich mit einem großen Tumult
verschwinden.
Im
Hinblick auf diesen starken biblischen Beweis in betreff der Zeiten der
Nationen betrachten wir es als feststehende Wahrheit, dass das schließliche
Ende der Reiche dieser Welt und die volle Herstellung des Königreiches
Gottes um 1914 vollzogen sein wird. Dann wird das seit dem Fortgang ihres
Herrn bis jetzt fortwährende Gebet der Kirche (Herauswahl), „Dein Reich
komme“ erhört sein; und unter seiner weisen und gerechten Verwaltung
wird die Erde mit der Herrlichkeit des Herrn, mit Erkenntnis,
Gerechtigkeit und Friede erfüllt sein (Ps. 72:19; Jes. 6:3; Hab. 2:14);
und der Wille Gottes wird dann geschehen „auf Erden wie im Himmel.“
Daniels
Aussage, dass Gottes Königreich nicht erst aufgerichtet werden wird, wenn
diese Reiche der Welt aufgelöst sind, sondern schon in ihrem Tagen, während
sie noch bestehen und Gewalt haben, und dass Gottes Königreich es ist,
das all diese Reiche zerschlagen und verzehren wird (Dan. 2:44), verdient
unsere besondere Beachtung. Ähnlich war es mit jedem dieser tierischen
Obrigkeiten. Sie bestanden schon, ehe sie Universal-, Welt-Herrschaft
erlangten. Babylon bestand lange, ehe es Jerusalem eroberte und die
Herrschaft erlangte (Dan. 2:37, 38); Medo-Persien bestand, ehe es Babylon
besiegte; und so mit allen Reichen. Sie mussten zuerst vorhanden sein und
größere Macht empfangen, ehe sie andere besiegen konnten. So auch mit
Gottes Königreich. Es hat in einer Embryo- (Keim-) Gestalt achtzehn
Jahrhunderte lang bestanden, war aber mit der übrigen Menschheit den
„von Gott verordneten Gewalten“ unterstellt. Bis deren „sieben
Zeiten“ ablaufen, kann das Königreich Gottes nicht zur
Universalherrschaft gelangen. Ehe es jedoch jene Reiche in Stücke
zerschlagen kann, muss es gleich ihnen die für den Umsturz derselben nötige
Macht erhalten.
So
nimmt unser Herr an diesem „Tag Jehovas“, dem „Tag der Drangsal“,
seine (bis dahin schlummernde) große Gewalt an sich und herrscht, und
dies ist es, was die Trübsal verursacht, wenn die Welt es auch eine
Zeitlang noch nicht merken wird. Dass die Heiligen an diesem Werk, die
gegenwärtigen Reiche in Stücke zu schlagen, beteiligt sein werden, darüber
kann kein Zweifel bestehen. Es steht geschrieben: „Ihre Könige zu
binden mit Ketten und ihre Edlen mit eisernen Fesseln; an ihnen auszuüben
das geschriebene Gericht! Das ist die Ehre aller seiner Heiligen.“ (Ps.
149:8, 9) „Und wer überwindet und meine Werke bewahrt bis ans Ende, dem
werde ich Gewalt über die Nationen geben; und er wird sie weiden mit
eiserner Rute, wie Töpfergefäße (werden die Reiche) zerschmettert
werden.“ - Offb. 2:26, 27; Ps. 2:8, 9
Der
große Unterschied aber, der, wie wir schon ausgeführt haben, zwischen
dem Königreich Gottes und den tierischen Reichen dieser Welt besteht, lässt
auch auf einen großen Unterschied in der Kampfesweise schließen. Die Art
des Kampfes und des Zerschlagens auf Seiten der Heiligen wird von der
Weise verschieden sein, wie je zuvor Nationen gestürzt worden sind. Er,
der jetzt seine große Macht an sich nimmt, um zu herrschen, wird bildlich
(Offb. 19:15) als einer dargestellt, dessen Schwert aus seinem Mund ging,
„dass er damit die Nationen schlage; und er wird sie weiden mit eiserner
Rute.“ Dieses Schwert ist die Wahrheit (Eph. 6:17); und die jetzt
lebenden Heiligen wie auch manche aus der Welt werden jetzt als Streiter
des Herrn verwandt, um Irrtümer und Böses zu stürzen. Doch niemand
schließe daraus voreilig, dass eine friedliche Bekehrung der Nationen
hier abgebildet sei, denn viele Schriftstellen, wie Offb. 11:17, 18; Dan.
12:1; 2. Thess. 2:8; Psalm 149 und 47, lehren das gerade Gegenteil.
Man
verwundere sich daher nicht, wenn wir in den nachfolgenden Kapiteln
Beweise beibringen, dass das Aufrichten des Königreiches Gottes schon
angefangen habe, dass in der Prophezeiung aufgezeichnet steht, dass das
Jahr 1878 die Zeit sei, da die Ausübung seiner Macht beginnen sollte, und
dass die „Schlacht des großen Tages Gottes des Allmächtigen“ (Offb.
16:14), die im Jahre 1914 zu Ende gehen soll, bereits angefangen hat.
Das
schon geschärfte Schwert der Wahrheit soll jedes schlechte System und
alle üble Einrichtung - bürgerliche, gesellschaftliche wie kirchliche -
schlagen. Nein mehr, wir sehen sogar, dass das Schlagen schon begonnen
hat. Freiheit des Denkens, bürgerliche und religiöse Freiheit und
Menschenrechte, lange Zeit unter Königen und Kaisern, Päpsten, Synoden,
Konzilien, Traditionen und Glaubenssatzungen aus dem Auge verloren, werden
gewürdigt und hervorgezogen, wie nie zuvor. Der innere Kampf ist schon in
der Gärung begriffen. Es wird nicht lange dauern, da bricht es wie ein
verzehrendes Feuer hervor, und menschliche Systeme und Irrtümer, die
jahrhundertlang die Wahrheit in Fesseln schlugen und die seufzende Kreatur
unterdrückten, müssen vor ihm schmelzen. Ja, Wahrheit - und
weitverbreitete und wachsende Erkenntnis derselben - ist das Schwert, das
die Häupter über viele Lande beunruhigt und verwundet. (Ps. 110:6) Und
doch, was für ein Segen ist in diesem Trubel verborgen: Er wird die
Menschheit zu einer volleren Würdigung von Gerechtigkeit und Wahrheit
unter der Herrschaft des Königs der Gerechtigkeit zubereiten.
Wenn
die Menschen schließlich dahin kommen zu sehen, dass „Recht zur
Richtschnur und Gerechtigkeit zum Senkblei“ gemacht wird (Jes. 28:17),
dann werden sie auch lernen, dass nur allein die genauesten und strengsten
Regeln der Gerechtigkeit die von allen herbeigewünschten Segnungen
sichern können. Durch und durch von ihren eigenen Wegen und der elenden
Frucht der Selbstsucht unbefriedigt, werden sie die gerechte Herrschaft,
die dann die Zügel ergreift, mit Freuden willkommen heißen und sich ihr
willig unterwerfen. Und so steht geschrieben: - „Das Ersehnte aller
Nationen wird kommen“ (Hag. 2:8), nämlich das Königreich Gottes unter
der absoluten, unbeschränkten Herrschaft des Gesalbten Jehovas.