SCHRIFTSTUDIEN
BAND
2 - DIE
ZEIT IST HERBEIGEKOMMEN
Studie 9
Der
Mensch der Sünde - der Antichrist.
Der
Antichrist muss vor dem Tag des Herrn entstehen, offenbart und gestürzt
werden. — Eine
gegenteilige Ansicht über diesen Gegenstand betrachtet. —
Prophetische
Schilderung desselben. — Die
Geburt des Antichristen. — Seine
rasche Entwicklung. — Übereinstimmung
des geschichtlichen Bildes und der biblischen Beschreibung desselben. —
Sein
Reich eine fälschende Nachahmung. —
Sein
auffälliges Haupt und merkwürdiger Mund. —
Seine
hochklingenden und schwülstigen Worte der Gotteslästerung. —
Seine
gotteslästerliche Lehre. —
Das
Aufreiben der Heiligen des Allerhöchsten durch ihn. —
Seine
tausendjährige Herrschaft. —
Der
Antichrist durch das Schwert des Geistes geschlagen. —
Sein
letzter Kampf und Untergang.
„Lasst
euch von niemandem auf irgendeine Weise verführen, denn dieser Tag kommt
nicht, es sei denn, dass zuerst der Abfall komme und geoffenbart worden
sei der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens.“ - 2. Thess. 2:3
Im
Hinblick auf die angeführten Worte des Apostels Paulus, dass ein
Charakter, den er als „Mensch der Sünde“ bezeichnet, dem zukünftigen
Tag des Herrn (welcher, wie wir bewiesen haben, bereits anzubrechen
begonnen hat) vorhergehen muss, ist es von Wichtigkeit, dass wir uns
umsehen, ob ein solcher je erschienen ist. Denn ist ein derartiger
Charakter (eine Persönlichkeit), wie Paulus und die anderen Apostel ihn
so sorgfältig beschreiben, noch nicht gekommen, so müssen diese Worte
des Apostel Paulus als bestimmtes Nein auf die Frage betrachtet werden, ob
der Herr jetzt gegenwärtig sei und sein Reich aufrichte; und bis der „Mensch
der Sünde“ in jedem Punkt mit der Vorhersagung desselben übereinstimmend
erschienen ist, müsste dieses Nein als unwiderlegbares Argument bestehen
bleiben.
Deutlich
wird uns berichtet, dass dieser Mensch der Sünde nicht nur zuerst
entstehen muss, sondern auch, dass er sich entwickeln und gedeihen muss,
bevor der Tag des Herrn kommt. Noch vor dem Tag des Herrn würde sein
Gedeihen und sein Einfluss den Höhepunkt erreicht haben und beides wieder
im Abnehmen begriffen sein; und durch den hellen Schein der Gegenwart des
Herrn bei seiner Wiederkunft soll es geschehen, dass dieser Mensch der Sünde
gänzlich vernichtet wird. Diese vorherverkündeten Umstände müssen wir
beachten, um erkennen zu können, ob die Ermahnung des Apostel Paulus an
die damalige Kirche auch noch in unserer Zeit anwendbar ist. Jetzt nach
achtzehn Jahrhunderten wird abermals der Anspruch erhoben, dass der Tag
Christi gekommen sei, und es entsteht die wichtige Frage: Besteht
irgendetwas, das Paulus damals sagte, um den Irrtum der Thessalonicher zu
berichtigen, auch jetzt noch als Einwand gegen diese Behauptung zurecht?
Der
Apostel ermahnte die Kirche, die Wiederkunft des Herrn sehnsüchtig zu
erwarten und auf das „feste prophetische Wort“ zu merken. Aus dieser
Ermahnung und aus seiner Sorgfalt, die Zeichen der Gegenwart Christi und
die Eigenart seines Werkes zu jener Zeit hervorzuheben usw., geht
augenscheinlich hervor, dass er ebenso besorgt war, die Kirche möchte die
Gegenwart des Herrn, wenn er gekommen sei, nicht erkennen als auch, dass
sie vor der Zeit seiner Gegenwart in den Irrtum verführt werden möchte,
er wäre schon gekommen. Wer am Anfang dieses Zeitalters dem letzteren
Irrtum anheimfiel, wurde damit dem Betrug des schon damals in Wirksamkeit
begriffenen antichristlichen Grundsatzes (die Kirche sei die sichtbare
Einrichtung des Heils für die Welt in diesem Zeitalter und habe darum ein
Anrecht auf die Herrschaft der Welt) ausgesetzt. Wer dagegen jetzt den Tag
des Herrn und seine Gegenwart zur rechten Zeit zu erkennen verfehlt, ist
damit der sich fortsetzenden Täuschung und falschen Lehre des
Antichristen preisgegeben (dass das Reich Gottes in der irdischen
Organisation der Sekten schon vorhanden sei) und wird hierdurch gegen die
großen Wahrheiten und besonderen Vorrechte dieses Tages verblendet. Daher
des Apostels Besorgnis um die Kirche an beiden Enden des Zeitalters und
seine Warnung: „Lasst euch von niemandem auf irgendeine Weise verführen!“
Daher auch die genaue Beschreibung des Menschen der Sünde, damit er zu
seiner Zeit erkannt werden könne.
Während
die Kirche an diesem Ende des Zeitalters geneigt ist, selbst die Verheißungen
des Herrn von des Herrn Wiederkunft zu vergessen, und, wenn sie sich daran
erinnert, derselben mit Schrecken zu gedenken, hat die frühere Kirche
begierig und mit freudiger Erwartung danach ausgeschaut. Sie sah in ihr
die Frucht all ihrer Hoffnungen, den Lohn all ihrer Treue und das Ende all
ihres Kummers. Mithin war die frühere Kirche bereit, willig auf
irgendwelche Lehre zu hören, die den Tag des Herrn entweder sehr nahe
oder als schon gegenwärtig darstellte, und demgemäss war sie in diesem
Punkt in Gefahr, verführt zu werden, es sei denn, dass sie die
apostolische Lehre über diesen Gegenstand sorgfältig beherzigte.
Die
Kirche zu Thessalonich, beeinflusst durch die irrtümliche Lehre etlicher,
der Herr sei wiedergekommen, und sie hätten seinen Tag erlebt, glaubte
offenbar, diese Idee harmoniere mit der Lehre des Apostel Paulus in seinem
ersten Briefe an sie (1. Thess. 5:1-5), dass des Herrn Tag still und
unbemerkt heranschleichen würde, wie ein Dieb in der Nacht, dass aber in
betreff desselben die Heiligen nicht im Finstern sein würden, obwohl
andere sich unversehens darin befänden. Von diesem schädlichen Irrtum hörend,
schrieb Paulus seinen zweiten Brief, dessen Hauptgedanke der war, den
Irrtum, in den sie gefallen waren, zu berichtigen. Er sagt: „Wir bitten
euch, Brüder, um der Ankunft unseres Herrn Jesu willen (in betreff
derselben) und unseres Versammeltwerdens zu ihm, dass ihr nicht schnell
erschüttert werdet in der Gesinnung, noch erschreckt, weder durch Geist,
noch durch Wort, noch durch Brief als durch uns, als ob der Tag des Herrn
(enestemi) da wäre. Lasst euch von niemand auf irgendeine Weise verführen,
denn dieser Tag kommt nicht, es sei denn, dass zuerst der Abfall komme und
geoffenbart worden sei der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens,
welcher widersteht und sich selbst erhöht über alles, was Gott (mächtiger
Herrscher) heißt, oder ein Gegenstand der Verehrung ist, so dass er sich
in den Tempel Gottes setzt und sich selbst darstellt, dass er Gott sei.
Erinnert ihr euch nicht, dass ich dieses zu euch sagte, als ich noch bei
euch war? Und jetzt wisst ihr, was zurückhält, (auf) dass er (Christus)
zu seiner (bestimmten) Zeit geoffenbart werde. Denn schon ist das
Geheimnis der Gesetzlosigkeit (gegen Christus) wirksam; nur ist jetzt der,
welcher zurückhält, bis er aus dem Wege ist, und dann wird der
Gesetzlose geoffenbart werden, den der Herr Jesus verzehren wird durch den
Hauch seines Mundes und vernichten durch die Erscheinung seiner Ankunft (parusia
- Gegenwart).“ Paulus konnte mit solcher Gewissheit von dem
Offenbarwerden des Menschen der Sünde vor dem Tag des Herrn schreiben,
weil er Daniels Weissagung studiert hatte, auf die auch unser Herr Bezug
nimmt (Matth. 24:15), und wahrscheinlich auch, weil ihm selber in seinen
Gesichten und Offenbarungen der große Schaden gezeigt wurde, den dieser
Mensch der Sünde in der Kirche anrichten würde.
Man
beachte: Paulus gebraucht keine Argumente, wie man heute anzuwenden
geneigt sein würde, gegen die Behauptung, dass der Tag des Herrn begonnen
habe. Er sagt nicht: O, ihr törichten Thessalonicher, wisset ihr nicht,
dass, wenn Christus kommt, eure Augen ihn sehen und eure Ohren den
erschreckenden Schall der Posaune Gottes hören werden, und dass sie
ferner an den sich wankenden Grabsteinen und an den hervorgehenden
Heiligen handgreiflichen Beweis haben würden. Ist es nicht
augenscheinlich, dass, wenn das ein richtiger Schluss gewesen wäre,
Paulus ein so einfaches und leicht fassliches Argument gar schnell benutzt
haben würde? Noch mehr, ist nicht die Tatsache, dass er dieses Argument
nicht gebrauchte, ein Beweis, dass es nicht auf Wahrheit beruht, noch
beruhen kann?
Aus
der Tatsache, dass Paulus in seiner energischen Weise, den Irrtum zu
berichtigen, nur den einen Einwand gegen ihre Behauptung erhob, geht
offenbar hervor, dass er ihre Gedanken über den Tag des Herrn im
allgemeinen guthieß - dass derselbe nämlich angefangen haben könne, während
viele nicht darum wussten; dass er kommen könne, ohne dass man es an äußerlichen
Zeichen merke. Der alleinige Grund seines Einwandes war der, dass zuerst
der Abfall kommen müsse, und infolge des Abfalls die Entstehung des
Menschen der Sünde, welcher, was derselbe auch sein möge (ob eine
einzelne Person oder ein großes antichristliches System, das er so
personifizierte), vor dem Tag des Herrn erst aufkommen, gedeihen und zu
verfallen anfangen müsse. Wenn also dieser einzige Einwand, den Paulus
erhob, nicht mehr im Wege steht; wenn wir einen Charakter finden, der in
allen Stücken der prophetischen Beschreibung vom Menschen der Sünde
entspricht und vom Anfang seines Daseins an bis auf unsere Zeit wirklich
bestanden hat, dann des Paulus einziger Einwand - obwohl in seinen Tagen
am Platz - nicht länger ein triftiger Grund gegen die jetzt aufgestellte
Behauptung, dass wir am Tag des Herrn leben, im Tag seiner Gegenwart.
Weiter, wenn der Mensch der Sünde leicht erkannt werden kann; wenn seine
Entstehung, Entwicklung und Verfall deutlich zu sehen ist, dann wird diese
Tatsache ein neuer bestätigender Beweis für die Lehre des vorstehenden
Kapitels, welches zeigt, dass wir jetzt im Tage des Herrn sind.
Prophetische
Schilderung desselben
Wer
die Prophetie studiert, wird finden, dass der Mensch der Sünde die ganze
Heilige Schrift hindurch deutlich bemerkbar gemacht wird, nicht nur durch
eine klare Beschreibung seines Wesens, sondern auch dadurch, dass Zeit und
Ort seines Entstehens, Gedeihens und Verfalls gezeigt werden.
Dieser
Charakter wird in eben den Namen, die ihm von den inspirierten Schreibern
beigelegt werden, sehr nachdrücklich geschildert. Paulus nennt ihn den
Ruchlosen, den Menschen der Gesetzlosigkeit, das Geheimnis der Bosheit,
Antichrist, Sohn des Verderbens. Daniel heißt ihn - verwüstenden Greuel
(Dan. 11:31; 12:11), und unser Heiland bezieht sich auf denselben
Charakter als - Greuel der Verwüstung, von dem durch den Propheten Daniel
gesprochen ist (Matth. 24:15), und abermals als ein Tier. (Offb. 13:1-8)
Derselbe Charakter ist durch ein kleines Horn, das bedeutet Macht,
versinnbildlicht, aus einem greulichen Tier hervorkommend, welches Daniel
in einer prophetischen Vision sah, das Augen hatte und ein Maul, das große
Dinge redete, und welches zunahm und mit den Heiligen Krieg führte und
sie überwältigte. (Dan. 7:8, 21) Auch Johannes sah diesen Charakter und
warnte die Kirche davor, indem er sagte: „Ihr habt gehört, dass der
Antichrist kommt.“ (1. Joh. 2:18-27) Auch das Buch der Offenbarung ist
zum größeren Teil eine eingehende diesen Antichristen betreffende
symbolische Prophezeiung, auf die wir hier nur einen Blick werfen, da wir
die ausführliche Untersuchung derselben für einen späteren Band
aufheben. Alle diese verschiedenen Bemerkungen und kurzen Beschreibungen
zeigen einen niederen, listigen, heuchlerischen, trügerischen,
tyrannischen Charakter an, der sich inmitten der christlichen Kirche
entwickelte; ganz allmählich sich einschleichend, dann aber rasch zu
Macht und Einfluss sich emporschwingend, bis er den Gipfel irdischer Macht,
Reichtums und Ehre erreicht hat - mittlerweile seinen Einfluss gegen die
Heiligen und für seine eigene Vergrößerung geltend machend, und bis
zuletzt besondere von Gott verliehene Heiligkeit, Autorität und Macht
beanspruchend.
In
diesem Kapitel beabsichtigen wir zu zeigen, dass dieser Mensch der Sünde
ein System und nicht eine Einzelperson ist, wie viele zu folgern scheinen;
dass, wie der Christus aus dem wahren Herrn und der wahren Kirche besteht,
so der Antichrist als Trugsystem aus dem falschen Herrn und der abtrünnigen
Kirche besteht, welchem System eine Zeitlang zugelassen wird, die Wahrheit
zu verdrehen und Betrug zu üben, die Autorität und Herrschaft des wahren
Herrn und seiner Kirche nachzuäffen und die Nationen mit seinen falschen
Ansprüchen und Anmaßungen trunken zu machen.
Wir
hoffen zur Zufriedenheit jedes gewissenhaften Lesers beweisen zu können,
dass dieser große Abfall, den Paulus erwähnt, gekommen ist, und dass
dieser Mensch der Sünde enthüllt worden ist, dass er im Tempel Gottes (dem
wirklichen, nicht vorbildlichen) gesessen hat, dass die sein Wesen und
Wirken betreffenden Weissagungen der Apostel und Propheten erfüllt worden
sind, dass er geoffenbart worden ist und nun seit dem Jahr 1799 durch den
Geist des Mundes des Herrn (durch die Wahrheit) verzehrt wird und während
des Tages des Zornes und der Offenbarung des Herrn mit Feuerflammen der
Vergeltung, die bereits im Anfang begriffen sind, gänzlich vernichtet
werden wird.
Ohne
den Wunsch zu hegen, die Meinung anderer leichthin zu behandeln, halten
wir es dessen ungeachtet für nötig, dem Leser einige Ungereimtheiten
aufzuzeigen, die gewöhnlich mit der Ansicht vom Tag des Herrn verbunden
sind, damit dadurch die Würde und das Vernunftvolle der Wahrheit über
diesen Gegenstand recht hervortrete, im Gegensatz zu der beschränkten
Ansicht, dass alles, was die Schrift über diesen Antichristen
vorhergesagt habe, durch einen buchstäblichen Menschen vollbracht würde.
Dieser Mensch - so wird behauptet - werde die Welt so bezaubern, dass er
sich in wenigen kurzen Jahren die Ehrfurcht und die Anbetung aller
Menschen sichern werde. So leicht würden dann alle zu täuschen sein,
dass sie diesen Menschen für Gott halten und ihn in einem neu erbauten jüdischen
Tempel als den allmächtigen Jehova anbeten würden. Und dies alles soll
mit Blitzeseile geschehen - in drei und ein halb Jahren, so sagen sie -
indem sie symbolische Zeit, wie auch den symbolischen Menschen missdeuten.
Sagenhafte
Dichtungen und weitgehendste Einbildung können keine Parallelen liefern
zu diesen übertriebenen Ansichten einiger lieber Gotteskinder, die da über
eine buchstäbliche Auslegung der Sprache des Paulus straucheln und damit
sich selbst und andere gegen viele kostbare Wahrheiten verblenden, welche
sie, um des über diesen Gegenstand verbreiteten Irrtums willen, unfähig
sind, in vorurteilsfreiem Licht zu betrachten. Wie groß auch unser Mitgefühl
für sie ist, ihr „blinder“ Glaube nötigt uns ein Lächeln auf, wenn
sie uns die verschiedenen, von ihnen unverstandenen Symbole der
Offenbarung ganz ernsthaft erzählen und so verkehrt auf ihren wunderbaren
Menschen anwenden. In dem ungläubigsten aller Zeitalter, das die Welt je
gekannt, behaupten sie, werde dieser Mensch in dem kurzen Zeitraum von
drei und ein halb Jahren die ganze Welt zu seinen Füßen sehen, ihn
anzubeten als einen Gott; während Cäsar, Alexander, Napoleon, Mohammed
und andere durch Meere von Blut segelten und vielemale drei und ein halb
Jahre brauchten, ohne den tausendsten Teil davon auszurichten, was sie für
ihren „Menschen“ beanspruchen.
Und
doch hatten jene Welteroberer alle Vorteile einer dichten Unwissenheit und
Aberglaubens auf ihrer Seite, während wir heute zur Entwicklung solcher Täuschung
und Betrügerei unter höchst ungünstigen Bedingungen leben. In einer
Zeit soll alles dies geschehen, da das Verborgene offenbar wird, wie nie
zuvor, in einer Zeit, da Betrug, wie der aufgetischte, für irgendwelche
Beachtung zu abgeschmackt und lächerlich gehalten wird. Wahrlich, die
Neigung unseres Tages geht viel zu sehr auf Mangel an gebührender Achtung
vor Menschen, einerlei wie gut, begabt und fähig sie seien, oder welches
Vertrauensamt oder welche Vollmacht sie inne haben. In solchem Grade, und
wie nie zuvor, ist dies wahr, dass die Welt tausendmal eher leugnen wird,
dass es überhaupt einen Gott gibt, als einen Mitmenschen als den allmächtigen
Gott anzubeten.
Ein
großes Hindernis für viele in dieser Sache ist die beschränkte Idee,
die man gewöhnlich von dem Wort „Gott“ hegt. Viele beachten nicht,
dass das Wort Theos (Gott) sich nicht immer auf Jehova bezieht. Es
bezeichnet einen Mächtigen, einen Herrscher, und besonders einen religiösen
oder priesterlichen Herrscher. Im Neuen Testament wird Theos selten
gebraucht, außer wenn es auf Jehova angewandt wird, weil die Reden der
Apostel sich wenig oder selten auf falsche Religionssysteme und daher auch
selten auf ihre priesterlichen Herrscher und Götter bezogen. Doch in den
folgenden Texten wird das Wort „Theos“ (Gott) auch auf andere als das
eine höchste Wesen bezogen, nämlich: Joh. 10:34, 35; Apg. 7:40, 43;
17:23; 1. Kor. 8:5
Die
Mannigfaltigkeit des griechischen Wortes Theos erkennend, wird man sofort
sehen, dass die Aussage des Apostels den Antichristen betreffend - dass er
sich in den Tempel Gottes setzen und vorgeben werde, er sei ein Gott -
nicht notwendigerweise bedeutet, dass der Antichrist versuchen werde, sich
über Jehova zu erheben, noch auch, sich an Jehovas Stelle zu setzen. Es
bedeutet einfach, dass dieser eine sich als einen religiösen Herrscher
darstellen wird, der Autorität beansprucht und in dem Maße über alle
anderen religiösen Herrscher ausübt, dass er sich in der Kirche, welche
der wahre Tempel Gottes ist, hoch erhebt und daselbst, als ihr Haupt und
berechtigter Herrscher, göttliche Autorität beansprucht und ausübt. Wo
immer im Griechischen das Wort Theos in einem Satz so gebraucht wird, dass
seine Bedeutung zweifelhaft sein würde, dann steht der griechische
Artikel davor, wenn es sich auf Jehova bezieht, wie wenn man im Deutschen
der Gott sagen würde. Dagegen, in den eben angeführten Stellen, welche
sich auf andere Götter beziehen, und hier in dieser Stelle (2. Thess.
2:4), die sich auf den Antichristen bezieht, liegt kein solcher Nachdruck
darauf.
Wird
dies klar gesehen, so wird ein großer Stein des Anstoßes aus dem Wege
geräumt, und unser Verstand ist in der Lage, nach den rechten Dingen als
Erfüllung dieser Weissagung zu suchen. Nicht nach einem Antichristen, der
da Jehova zu sein beansprucht, und der als solcher Anbetung verlangt,
sondern nach einem solchen, der da der oberste, der höchste Lehrer der
Kirche zu sein behauptet und so das Ansehen Christi, des göttlich
ernannten Hauptes, Herrn und Lehrers sich anzumaßen versucht.
Und
sonderbar genug, dass diejenigen, welche diese buchstäbliche Ansicht vom
Menschen der Sünde haben, gewöhnlich an ein Kommen des Herrn vor dem
Millennium glauben und erwarten, dass der Herr jetzt jeden Augenblick
kommen könne. Warum können nicht alle des Apostels Meinung erkennen,
wenn er so bestimmt erklärt, dass der Tag des Herrn (der Tag seiner
Gegenwart) nicht kommen könne und nicht erwartet werden sollte, bis der
Mensch der Sünde offenbar geworden sei. Es waren über vierzig Jahre nötig,
um den früheren jüdischen Tempel zu erbauen, und es würde gewiss
wenigstens zehn bis zwanzig Jahre erfordern, den neuen Tempel, in dem sie
den buchstäblichen Menschen der Sünde eingesetzt und als Gott verehrt zu
sehen erwarten, mit größerer als vormaliger Pracht in Jerusalem zu bauen.
Wie können denn diejenigen, die dies glauben, erwarten, dass der Herr
jetzt jeden Augenblick kommen könne? Solche Ansicht ist außer Harmonie
mit der Vernunft wie mit der Prophezeiung des Apostels. Konsequenz
erfordert, dass sie entweder aufhören, den Herrn jeden Augenblick zu
erwarten, oder aber einen noch zukünftigen Menschen der Sünde zu
erwarten; denn der Tag der Gegenwart des Herrn kann nicht kommen, bis der
Abfall stattgefunden und der Mensch der Sünde sich in jenem Abfall
entwickelt hat und geoffenbart worden ist.
Wenn
wir aber eine richtige Ansicht über die Worte des Apostels erlangen und
zugleich richtige Gedanken über die Art des Kommens des Herrn hegen,
begegnen wir keinen solchen Ungereimtheiten und Widersprüchen, sondern
finden überzeugende Harmonie und Einklang. Und solch eine Ansicht wollen
wir nun vorlegen. Die Schriftgemäßheit derselben soll der Leser prüfen.
Die
verschiedenen Bezeichnungen, die diesem System beigelegt worden sind, sind
offenbar symbolisch, bildlich; sie sind nicht Namen, die sich auf einzelne
Personen beziehen, sondern Charakterbezeichnungen einer verderbten, religiös-bürgerlichen
Verschmelzung, die sich in der nominell-christlichen Kirche entwickelte
und durch ihren listigen Widerstand gegen Christum und seine wahre Kirche
(seinen Leib) mit Recht den Namen Antichrist verdient hat. Solch ein
System konnte alle den Antichristen oder Menschen der Sünde betreffenden
Weissagungen erfüllen, was ein einzelner Mensch nicht konnte. Es ist
ferner auch augenscheinlich, dass dieses antichristliche System keines der
heidnischen Lehrgebäude ist, wie der Mohammedanismus oder Brahmanismus;
denn die christliche Kirche ist nie unter der Gewalt irgendeines solchen
Systemes gewesen, noch ist auch irgendeines der sogenannten Systeme in der
christlichen Kirche entstanden. Sie sind jetzt unabhängig von der
christlichen Kirche, und sind es immer gewesen.
Das
System, auf welches die durch Inspiration gegebene Beschreibung völlig
passt, muss ein anerkannt christliches sein und muss eine große Mehrzahl
solcher enthalten, die behaupten, Christen zu sein. Und es muss ein System
sein, das seine Entstehung einer Apostasie oder einem Abfall vom wahren
christlichen Glauben verdankt - und dazu einem Abfall, der heimlich und
verstohlen war, bis Umstände das Ergreifen der Macht begünstigten. Und
dieser verstohlene Anfang trat schon in den Tagen der Apostel ein - in dem
Streben einiger, der Größte zu sein.
Wir
brauchen nicht lange zu suchen, um einen solchen Charakter zu finden, auf
den alle Anforderungen vollkommen passen, einen Charakter, dessen
Geschichte, von weltlichen Geschichtsschreibern, wie von seinen eigenen
betrogenen Dienern verzeichnet, wie wir sehen werden, ganz genau mit den
prophetischen Schilderungen stimmt. Aber wenn wir nun aussprechen, dass
dieses eine und einzige System, dessen Geschichte auf die Prophezeiungen
passt, das Papsttum ist, so verstehe uns niemand so, als meinten wir,
jeder römische Katholik sei ein Mensch der Sünde, oder dass die Priester
oder gar die Päpste der römischen Kirche der Antichrist seien oder
gewesen sind. Nein, kein Mensch ist „der Antichrist“, wie ihn die
Prophetie beschreibt. Päpste, Bischöfe und andere sind höchstens nur
Glieder des antichristlichen Systems, ebenso wie die einzelnen des königlichen
Priestertums nur Glieder des wahren Christus, unter Jesus, ihrem Haupt,
sind und auf dieselbe Weise, wie diese in ihrem jetzigen Zustand der
gegenbildliche Elias sind, aber keiner derselben einzeln angenommen der
verheißene Elias oder der Christus ist. Beachte ferner, dass die römische
Kirche nur als kirchliches System nicht der „Mensch der Sünde“ ist
und niemals unter dem Bild eines Mannes dargestellt wird. Im Gegenteil, für
eine von ihrem Herrn und Haupt getrennte Kirche wird stets nur ein Weib
als Symbol gebraucht. Die wahre Kirche wird immer durch eine „keusche
Jungfrau“ symbolisiert, während eine abtrünnige Kirche, die von ihrer
ursprünglichen Reinheit und Treue gegen ihren Herrn gefallen ist,
sinnbildlich „eine Hure“ genannt wird. Wie die wahre Kirche bis ans
Ende der Zeitalter „jungfräulich“ bleibt, wann sie mit ihrem Herrn
vereinigt werden und seinen Namen - Christus - tragen soll; so war auch
die abtrünnige Kirche nicht der Antichrist oder der Mensch der Sünde,
bis sie sich mit ihrem Haupt und Herrn, dem Papst, vereinigte und ein
religiöses Reich wurde - fälschlich das Christentum (Reich) genannt, was
Reich Christi bedeutet.
Papsttum
ist der Name dieses falschen Reiches und ist auf eine fälschlich
angewandte Wahrheit aufgebaut - auf die Wahrheit nämlich, dass die Kirche
Gottes berufen ist, Könige und Priester Gottes zu sein, und auf der Erde
zu herrschen. Aber die Zeit zum Herrschen war noch nicht gekommen. Das
christliche Zeitalter war nicht für diesen Zweck, sondern für die
Auswahl, Erziehung, Demütigung und Aufopferung der Kirche bestimmt. In
den Fußstapfen ihres Herrn nachfolgend, sollte sie bis zur fest
bestimmten Zeit auf die verheißene Erhöhung und herrliche Herrschaft -
auf das Zeitalter des tausendjährigen Reiches - geduldig warten und
ausharren.
Der
Herr sah voraus, dass die nominelle Christenheit sich weit über die Erde
ausbreiten, und, nachdem sie volkstümlich geworden, von vielen der Form
nach angenommen werden würde, ohne in den Geist derselben einzudringen.
Er sah voraus, dass, sobald sich die Massen dieser Art zur Kirche gehörig
erachten würden, ein weltlicher Geist - das Gegenteil von dem Geist der
Selbstverleugnung und Selbstaufopferung - mit Eingang finden würde. Der
Herr sah, dass einreißende Selbstsucht und das Trachten nach Größe und
Herrschaft nicht lange auf Gelegenheit zu ihrer Entfaltung zu warten
braucht, und dass somit die Kirche vor der Zeit die Welt zu beherrschen
suchen würde; oder besser gesagt: Das weltliche in die Kirche einziehende
Element werde seinen Einfluss fühlbar machen und im Namen der wahren
Kirche die obrigkeitliche Gewalt der Erde an sich reißen, die doch den
Nationen übergeben war, und die nicht vor dem Ende der Heidenzeiten, 1914
n.Chr., völlig in die Hände der wahren Kirche übergehen kann.
Und
so ist es tatsächlich geschehen: Als die Namenkirche an Zahl zunahm, fing
sie an, unter den Lehren und dem Beispiele ehrgeiziger Männer abzufallen.
Ihre Ideen begünstigten mehr und mehr die Macht und den weltlichen
Einfluss, den Zahl und Reichtum mit sich brachten. Nach und nach wurde der
Geist der Kirche ein weltlicher, und man trachtete nach den Dingen dieser
Welt. Die Einflüsterung des Ehrgeizes war: Wenn nun die Kirche das große
römische Kaisertum mit seiner Macht und seinem Einfluss hinter sich hätte,
wie ehrenhaft, wie erhaben wäre es dann, ein Christ zu sein! Wie
geschwind würden die heidnischen Verfolgungen aufhören. Dann würde es
in unserer Macht stehen, sie nicht nur in Furcht zu jagen, sondern sie
sogar zu zwingen, sich zur Kirche, zum Kreuz und zum Namen Christi zu
bekennen. Sie dachte wahrscheinlich weiter: Es ist offenbar nicht Gottes
Wille, dass die Kirche der Welt immer untertan sein und von ihr verfolgt
werden soll. Die Worte des Apostels: „Wisset ihr nicht, dass die
Heiligen die Welt richten werden?“, wie auch die Verheißung des Herrn,
dass wir mit ihm regieren werden, und die vielen Prophezeiungen, die sich
auf das Herrschen beziehen, zeigen deutlich, dass das wirklich der Plan
Gottes ist. Wohl war, der Apostel schrieb, der Herr werde erst zurückkehren
und dann seine Kirche (seine verachtete, verfolgte Herauswahl) erhöhen,
und ermahnte uns, auf den Herrn zu „warten“; aber (so urteilten sie)
etliche Jahrhunderte sind bereits vergangen und noch sehen wir kein
Anzeichen von dem Kommen des Herrn! Die Apostel werden sich wohl ein wenig
geirrt haben. Uns scheint es klar, dass wir jedes Mittel ergreifen können
und sollen, um das weltliche Regiment in die Hand zu bekommen und die Welt
für den Herrn zu erobern. Die Kirche (urteilten sie dann weiter) muss
auch ein Haupt haben, das den abwesenden Herrn und die Kirche der Welt
gegenüber vertritt. Dieses Haupt sollte die Huldigungen der Welt
empfangen und Christi Autorität ausüben und die Welt mit eiserner Rute
weiden, wie der Prophet David zuvor gesagt hat. So ist nach und nach,
durch einen langsamen, über Jahrhunderte sich erstreckenden Denkprozess
die Hoffnung der Kirche, erhöht zu werden, um zu regieren - und zwar bei
der Wiederkunft des Herrn - verloren gegangen. Eine neue Hoffnung trat an
ihre Stelle - die Hoffnung, auch ohne den Herrn unter dem Vortritt und der
Leitung einer Reihe von Päpsten Erfolg zu haben. Durch allerlei List, Ränke
und Schmeicheleien der Welt wurde die Hoffnung der Kirche verfälscht, und
so zu einem trügerischen Fallstrick, an welchem sie der Satan in Lehre
wie Praxis von einem Übel und Irrtum zum anderen führte.
Der
Punkt, bei welchem der „Abfall“ sich als „Mensch der Sünde“
offenbarte, war da, als die päpstliche Hierarchie unter dem Vortritt
einer verordneten Reihe von Päpsten sich selbst erhöhte und unter dem
Namen und Vorgeben, das tausendjährige Königreich Christi zu sein, die
Herrschaft über die Erde beanspruchte und an sich riss. Es war dies eine
falsche, betrügerische Behauptung, gleichviel, wie ernst ihre Unterstützer
es glaubten. Es war dies ein täuschendes, nachgefälschtes Reich,
einerlei, wie aufrichtig etliche seiner Gründer und Vertreter gewesen
sein mögen. Ob einer auch davon behauptete, es sei „das Reich und die
Kraft und die Herrlichkeit“ Christi auf Erden, so war es tatsächlich
das Reich Satans und des Antichristen. Es ist ein Irrtum zu meinen,
gewissenhaft zu sein heiße stets im Rechten zu sein. Jedes auf Irrtum
aufgebaute System hat zweifellos ebenso viele gewissenhafte, wenn auch
betrogene Befürworter, als es Verächter hat oder gar mehr.
Gewissenhaftigkeit ist sittliche Rechtschaffenheit und hängt nicht vom
Wissen ab. Die falsch belehrten Heiden verehrten gewissenhaft ihre Götzen
und opferten ihnen; Saulus, falsch belehrt, verfolgte gewissenhaft die
Heiligen, und so taten auch viele falsch unterrichtete Papisten den
Prophezeiungen Gewalt an, verfolgten die Heiligen und errichteten das große
System des Antichristen, welches Jahrhunderte lang die Könige der Erde
hinsichtlich seiner Macht und angeblich göttlichen Autorität betrog und
über sie herrschte. Aber nicht nur dies. In die Kirche, den Tempel Gottes,
wo Christus allein als Haupt und Lehrer anerkannt werden sollte, hat sich
das Papsttum gesetzt, mit dem Vorgeben, der alleinige Lehrer und
Gesetzgeber zu sein, und hat hierdurch, mit Ausnahme der wenigen, alle
durch seinen großartigen Erfolg und seine prahlerischen Behauptungen verführt.
„Die ganze Welt verwunderte sich“; alle, deren Namen nicht in dem
Lebensbuch des Lammes geschrieben standen, waren erstaunt, betrogen und
irregeleitet, und auch viele als Heilige Gottes Eingeschriebenen waren
bedauerlich im Unklaren. Und dieser Betrug war um so kräftiger, weil
diese ehrgeizigen Ziele sich nur allmählich bildeten und noch allmählicher
verwirklichten. Er erstreckte sich über Jahrhunderte und war in Form von
Ehrgeiz schon heimlich in Paulus Tagen wirksam. Er war ein Vorgang, in dem
nach und nach ein Irrtum zum anderen gefügt wurde - des einen Mannes ehrsüchtige
Aussagen wurden durch die eines anderen ergänzt, und so ging es weiter
dem Strome der Zeit entlang. So pflanzte und begoss Satan heimtückisch
den Samen des Irrtums und brachte hierdurch das größte und
einflussreichste System, das die Welt je gesehen - den Antichrist -
zustande.
Der
Name Antichrist hat eine zweifache Bedeutung. Die erste ist: gegen (das
bedeutet im Widerspruch mit) Christus; die zweite: anstatt (das heißt ein
Scheinbild) Christi. Im ersten Gebrauch ist der Ausdruck allgemein und
passt auf jeden Feind und Gegner Christi. In diesem Sinne war Saulus (später
Paulus genannt), jeder Jude, jeder Mohammedaner, alle heidnischen Kaiser
und Völker Roms Antichristen - Gegner Christi. (Apg. 9:4) Aber nicht in
diesem Sinne gebraucht die Heilige Schrift den Namen Antichrist. Sie übergeht
alle solche Feinde Christi und wendet das Wort Antichrist in der oben
angeführten zweiten Bedeutung an, nämlich: als gegen - im Sinne von
missrepräsentierend, falsch darstellen, nachfälschen, des wahren
Christus Stelle nehmen. So bemerkt Johannes: „Ihr habt gehört, dass der
Antichrist kommt, so sind auch jetzt viele Antichristen geworden.“ (1.
Joh. 2:18, 19) (Das Griechische unterscheidet zwischen dem Antichristen,
das bedeutet dem besonderen und den vielen kleineren Antichristen.) Die
nachfolgenden Bemerkungen des Johannes zeigen, dass er sich nicht auf alle
Gegner Christi und der Kirche bezieht, sondern auf eine besondere Klasse,
welche, während sie bekennt, Christi Leib - die Kirche - zu sein, die
Grundsätze der Wahrheit verlässt und demgemäss die Wahrheit nicht nur
falsch darstellt, sondern auch in den Augen der Welt den Platz und den
Namen der wahren Kirche annimmt und somit in der Tat als die wahre Kirche
der Heiligen zu erscheinen strebt. Johannes sagt von ihnen: „Sie sind
von uns ausgegangen, denn sie waren nicht von uns“; sie sind unsere
Vertreter nicht, wenn sie auch sich selbst und die Welt darüber täuschen
mögen. In demselben Brief erklärt Johannes, dass diejenigen, die er als
die vielen Antichristen erwähnt, den Geist des Antichristen hätten.
Das
also ist es, was man erwarten sollte, und was wir im Papsttum wirklich
finden: Kein Sichauflehnen gegen den Namen Christi, sondern einen Feind
und Gegner Christi, insofern, als er fälschlich seinen Namen trägt, sein
Reich und seine Autorität nachmacht und der Welt das Wesen, den Plan und
die Lehre Christi falsch darstellt - ein äußerst gefährlicher Feind und
Gegner in der Tat, schlimmer als ein offener Widersacher. Und es sei hier
erwähnt, dass dies wahr ist, wenn auch die, welche zu diesem System gehören,
in guter Meinung irren: sie „verführen und werden verführt“, wie die
Schrift sagt.
Nach
diesen Andeutungen über das Was und Wie des Menschen der Sünde, und wann
und wo und unter welchen Umständen wir nach ihm auszuschauen haben,
werden wir nun zur Untersuchung einiger Zeugnisse der Schrift schreiten,
die, wie wir glauben, über jede Frage hinaus beweisen, dass jede den
Antichrist betreffende Prophezeiung in dem päpstlichen System erfüllt
wurde, und zwar in solcher Weise und Ausdehnung, dass es sich angesichts
der Aufklärung unserer Zeit unmöglich wiederholen könnte. Der Raum nötigt
uns, nur kurze Andeutungen aus der großen Masse Welt - und
kirchengeschichtlicher Zeugnisse zu geben. Wir haben uns auch nur auf
Geschichtsschreiber von anerkannter Genauigkeit beschränkt, und sind in
vielen Fällen zu römisch-katholischen Historikern gegangen, um ihr
Zeugnis oder ihre bestätigenden Äußerungen zu haben.
Die
Umstände, die den Menschen der Sünde hervorriefen
Der große Abfall. - Wir fragen zuerst, berichtet die Geschichte eine Erfüllung
der Weissagungen des Apostel Paulus über einen großen Abfall von der
ursprünglichen Einfachheit und Reinheit der christlichen Kirche und über
das geheimnisvolle Wirken eines frevelhaften, ehrgeizigen Strebens in der
Kirche vor der Entstehung des Papsttums, des Menschen der Sünde, das
bedeutet bevor man den Papst als Oberhaupt der Kirche anerkannte?
Jawohl,
sehr deutlich. Die päpstliche Hierarchie trat erst einige Jahrhunderte,
nachdem der Herr und seine Apostel die Kirche gegründet hatten, ins Leben.
Und von der Zwischenzeit lesen wir in Fischers Universalgeschichte,
Seite193:
„Als
die Kirche an Zahl und Wohlstand wuchs, wurden kostbare Gebäude zur
Gottesverehrung errichtet; die Gottesdienste wurden großartiger:
Bildschnitzerei und Malerei wurden zur Förderung der Andacht in den
Dienst gezogen, Reliquien (Überbleibsel) der Heiligen und Märtyrer
wurden als heiligstes Besitztum gehegt und gepflegt; religiöse
Vorschriften wurden vervielfältigt, und unter den christlichen Kaisern (im
vierten Jahrhundert) eignete sich die Kirche mit ihrer Entfaltung der
Geistlichkeit und ihren imposanten Zeremonien viel von dem Prunk und äußeren
Glanze der heidnischen Systeme an, die sie verdrängt hatte.“
Ein
anderer sagt: (Whites Universalgeschichte, Seite 156) „Gleichzeitig mit
der festeren Einrichtung (des Christentums als Staatsreligion im vierten
Jahrhundert) riss eine schon zwei Jahrhunderte zuvor entstandene, große
und allgemeine Verderbnis ein. Aberglaube und Unwissenheit schrieb den
Geistlichen eine Macht zu, die sie zur eigenen Erhöhung verwendeten.“
Rapin
bemerkt, dass „die christliche Religion im fünften Jahrhundert durch
eine Unmasse menschlicher Einfälle herabgewürdigt worden war. Die
Einfachheit der Leitung und der Zucht der Kirche wurde zu einem System
geistlicher Gewalt erniedrigt; und ihr Gottesdienst durch von den Heiden
entlehnte Zeremonien verunstaltet.“
Mosheim,
in seiner „Geschichte des Christentums“, verfolgt den Abfall der
Kirche von ihrer ursprünglichen Einfachheit und Reinheit Schritt für
Schritt, bis zu ihrer tiefen Erniedrigung, welche in der Ausgeburt des „Menschen
der Sünde“ gipfelte. Ob er darin den Antichrist erkannte oder nicht,
ist nicht ersichtlich, aber meisterhaft hat er das Wirken des „Geheimnisses
der Bosheit“ in der Kirche bis zum Beginn des vierten Jahrhunderts
verfolgt, wo seine Arbeit plötzlich durch den Tod unterbrochen wurde. Der
Raum gestattet uns nicht, aus seinem ausgezeichneten und umfangreichen
Werke Anführungen zu machen, aber wir empfehlen das ganze Werk als über
diesen Gegenstand höchst belehrend.
Aus
Lords „Die alte römische Welt“ führen wir hier eine kurze und
treffende Skizze der Kirchengeschichte während der ersten vier
Jahrhunderte an, welche klar und bündig ihren Stufenweisen Niedergang,
sowie ihren raschen Verfall, zeigt, nachdem das vom Apostel erwähnte
Hindernis beseitigt war. Er sagt:
„Im
ersten Jahrhundert waren nicht viele Weise und Edle berufen. Keine Namen
von Philosophen, Staatsmännern, Edelleuten, Generälen, Herrschern,
Richtern oder Magistratspersonen werden uns überliefert. Im ersten
Jahrhundert waren die Christen nicht wichtig genug, um allgemeiner durch
die Obrigkeit verfolgt zu werden. Sie hatten noch nicht einmal die öffentliche
Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Niemand, selbst die griechischen
Philosophen nicht, schrieb gegen sie. Wir lesen auch nichts davon, dass
Christen protestiert oder sich verteidigt hätten. Sie hatten in ihren
Reihen keine großen Gelehrten, keine Männer von Talent, Reichtum oder
gesellschaftlicher Stellung. Kein Zeitabschnitt in der Geschichte ist so dürftig,
als die Jahrbücher der Kirche im ersten Jahrhundert, was hohe Namen
anbetrifft. Dennoch vermehrten sich in diesem Jahrhundert die Bekehrten in
jeder Stadt sehr, und die Überlieferung zeugt von dem Märtyrertum der
Hervorragenderen unter ihnen, mit Einschluss fast aller Apostel.“
„Im
zweiten Jahrhundert gibt es keine größeren Namen als Polykarp, Ignatius,
Justin der Märtyrer, Klemens, Melito und Apollonius, stille, bescheidene
Bischöfe (Älteste), oder unerschrockene Märtyrer, die zu ihren Herden
in oberen Gemächern redeten, keinen weltlichen Rang hatten, und die nur
der Heiligkeit und der Einfachheit ihres Charakters wegen gerühmt und um
ihrer Leiden und ihrer Treue willen genannt wurden. Wir hören von Märtyrern,
welche wertvolle Abhandlungen und Verteidigungsschriften geschrieben haben,
aber Leute von Rang finden wir keine unter ihnen. Ein Christ sein, war in
den Augen der Vornehmen und Mächtigen eine Unehre. Die Literatur der
ersten Kirche ist vornehmlich verteidigender Art, und der belehrende
Charakter derselben ist einfach und praktisch. Innerhalb der Kirche gab es
eifrige Verhandlungen, ein reges, religiöses Leben, Entfaltung großer Tätigkeit,
große Tugenden, aber keine äußeren Kämpfe, keine Weltgeschichte. Bis
dahin hatten sie noch nicht die Obrigkeit oder die großen sozialen Körperschaften
des Reiches angegriffen. Es war eine kleine Schar reiner, tadelloser Leute,
welche nicht beanspruchten, die menschliche Gesellschaft zu beherrschen.
Aber sie hatten die Aufmerksamkeit der Obrigkeit auf sich gelenkt und
waren von hinlänglicher Bedeutung, um verfolgt zu werden. Man sah sie als
Fanatiker an, welche die Ehrfurcht vor den bestehenden Einrichtungen zu
zerstören suchten.“
Organisation,
um mächtig zu werden
„In
diesem Jahrhundert wurde die Verfassung der Kirche in aller Stille
organisiert. Eine organische Verbindung kam unter den Gliedern zustande;
die Bischöfe wurden (nicht in der Gesellschaft, sondern unter den
Christen) einflussreich; Kirchsprengel und Gemeinden wurden eingerichtet;
Unterschiede zwischen Stadt und Landbischöfen gemacht;
Gemeinde-Abgeordnete versammelten sich, um Glaubenspunkte zu erörtern
oder aufkeimende Irrlehren zu unterdrücken; das Diözesen-System wurde
entwickelt und kirchliche Zentralisation (Vereinigung der kirchlichen
Gewalt) begonnen; man fing an, die Diakonen unter die höhere
Geistlichkeit zu rechnen; die Waffen der Exkommunikation (des Kirchbannes)
wurden geschmiedet; Missionsbestrebungen unternommen; die Festzeiten der
Kirche ins Leben gerufen; leitende Geister fielen dem Gnostizismus zu (einer
übertriebenen Weise, bildliche Sprache der Schrift auszulegen und
besondere Offenbarungen beanspruchend); in katechetischen Schulen lehrte
man den Glauben systematisch; die Formeln von der Taufe und den
Sakramenten wurden von großer Wichtigkeit, und das Mönchstum wurde populär.
So legte die Kirche den Grund zu ihrer späteren Verfassung und Macht.“
„Das
dritte Jahrhundert sah die Kirche als Institution schon mächtiger. Regelmäßige
Synoden hatten sich in den großen Städten des Reiches versammelt; das
Metropolitansystem reifte aus; die Kirchengesetze wurden genau aufgezählt;
große theologische Schulen zogen forschende Geister an; die Lehren wurden
in ein System gebracht (das bedeutet in Glaubensbekenntnissen erklärt,
abgegrenzt und zusammengestellt). Das Christentum hatte sich so sehr
ausgebreitet, dass es notwendigerweise entweder verfolgt oder anerkannt
werden musste; berühmte Bischöfe herrschten in der wachsenden Kirche;
große Doktoren (der Gottgelehrtheit) erörterten Fragen über fälschlich
sogenannte Philosophie und Wissenschaft, welche die griechischen Schulen
beschäftigten; Kirchengebäude wurden vergrößert und Gastmähler zu
Ehren der Märtyrer angeordnet. Die Kirche näherte sich rasch einer
Stellung, in der sie Beachtung von Seiten der Menschen erzwang.“
„Nicht
vor dem vierten Jahrhundert - erst als die Verfolgungen von Seiten der
Kaiser aufhörten, (der römische Kaiser) Konstantin bekehrt wurde, die
Kirche sich mit dem Staat verband, der ursprüngliche Glaube selbst
verderbt wurde, Aberglaube und eitle Philosophie in die Reihen der Gläubigen
Eingang fanden, die Bischöfe Höflinge wurden, Mönche ein falsches
Prinzip der Tugend aufstellten, Politik und Dogmatik Hand in Hand gingen
und die Kaiser den Dekreten der Kirchen-Konzilien Kraft verliehen -
geschah es, dass Leute vom Stand der Kirche beitraten. Als das Christentum
die Religion des Hofes und der aristokratischen Klasse geworden war, wurde
es zur Unterstützung gerade derselben Übel gebraucht, gegen die es ursprünglich
protestiert hatte. Die Kirche wurde nicht nur von Irrtümern heidnischer
Philosophie erfüllt, sondern nahm auch vieler der umständlichen und
imposanten Zeremonien morgenländischen Gottesdienstes an. Im vierten
Jahrhundert wurden die Kirchen so prunkvoll wie die alten Götzentempel.
Festlichkeiten wurden häufig und großartig, und das Volk hielt darauf,
weil sie ihnen Anregung und Erholung von der Arbeit boten. Die Ehrfurcht
vor den Märtyrern reifte heran zur Einführung von Bildern, eine Quelle
späterer populärer Abgötterei. Das Christentum ging in pompösen
Zeremonien auf. Die Verehrung der Heiligen näherte sich mehr und mehr der
Vergötterung derselben; und der Aberglaube erhöhte die Mutter unseres
Herrn zu einem Gegenstand absoluter Anbetung. Kommunionstische wurden zu
imposanten Altären, dem jüdischen Opferdienst nachgeahmt, und die
Reliquien der Märtyrer verwahrte man als heilige Amulette (geheime
Schutzmittel). Aus dem Mönchsleben entspross ein großartiges System von
Bußübungen, und Scharen von Mönchen zogen sich in traurige, einsame
Orte zurück und ergaben sich nutzlosen Verbindungen, eitlem Fasten und
leerer Selbstbuße. Sie waren verrannte und fanatische Leute, welche die
praktischen Ziele des Lebens aus dem Auge ließen.“
„Die
ehrsüchtige und weltliche Geistlichkeit trachtete nach Rang und
Auszeichnung. Sie drängte sich sogar an die Höfe der Fürsten und
erstrebte zeitliche Ehren. Sie wurden nicht mehr durch freiwillige Beiträge
der Gläubigen unterhalten, sondern durch Einkünfte, die ihnen die
Regierung gewährte, oder die sie aus Eigentum bezogen, das sie von den
alten heidnischen Tempeln ererbt hatten. Von den Reichen wurden der Kirche
große Legate vermacht, über welche die Geistlichen verfügten. Diese
Vermächtnisse wurden die Quelle unerschöpflichen Reichtums. Als der der
Geistlichkeit anvertraute Reichtum wuchs, wurden dieselben gegen die Bedürfnisse
des Volkes, durch welches sie nicht mehr unterhalten wurden, gleichgültig.
Sie wurden träge, anmaßend und unabhängig. Das Volk wurde vom
Kirchenregiment ausgeschlossen. Der Bischof wurde eine hohe Persönlichkeit,
welche die Geistlichkeit ernannte und beaufsichtigte. Die Kirche war mit
dem Staat verbunden, und religiöse Dogmen (Lehrsätze) wurden durch das
Schwert der Obrigkeit erzwungen.“
„Eine herrschsüchtige Hierarchie, aus verschiedenen Graden
bestehend,
wurde hergestellt, welche in dem Bischof von Rom gipfelte“
„In
Glaubenssachen entschied der Kaiser, und die Geistlichen wurden von
Staatslasten entbunden. Ein großer Zudrang zu den priesterlichen Ämtern
fand statt, weil die Geistlichkeit so viel Macht handhabte und so reich
wurde; und Männer wurden nicht nur ihrer Frömmigkeit oder Talente wegen
auf stolze Bischofssitze erhoben, sondern weil sie bei den Großen
Einfluss hatten. Die Mission der Kirche wurde in einem erniedrigenden Bündnis
mit dem Staat aus den Augen verloren. Das Christentum wurde zum Gepränge,
zum Ritualismus (Formelwesen), zum Arm des Staates, zur eitlen Philosophie,
zum Aberglauben und zum Schein.“
Der
große vom Apostel Paulus geweissagte Abfall vom Glauben ist somit eine
geschichtlich erwiesene Tatsache. Alle Geschichtsschreiber bezeugen es,
sogar diejenigen, welche solch Ansichreißen von Macht billigen und deren
Lob singen, die bei diesen Bestrebungen am meisten beteiligt waren. Wir
bedauern, dass unser Raum unsere Anführungen auf nur einige der
bezeichnendsten beschränkt. Der Abfall, der einen Zeitraum von
Jahrhunderten umfasst, war so allmählich, dass er den Zeitgenossen viel
weniger bemerkbar war, als uns, die wir ihn als ein Ganzes sehen. Auch war
derselbe um so täuschender, als jeder Schritt vorwärts in der
Organisation, zu Einfluss und Autorität in der Kirche und über die Welt,
im Namen Christi getan wurde und, wie man vorgab, zur Verherrlichung
seines Namens und zur Verwirklichung des in der Schrift niedergelegten
Planes. So entwickelte sich der große Antichrist - der gefährlichste,
listigste und beharrlichste Gegner wahren Christentums und feindseligste
Verfolger der wahren Heiligen.
Das
Hindernis beseitigt.
Der
Apostel Paulus sagte voraus, dass dieser böse Grundsatz eine Zeitlang
heimlich wirken werde, weil etwas ihm Widerstrebendes im Wege stände; und
erst dann, wenn das Hindernis beseitigt sei, könne es freien Lauf haben
und raschen Fortschritt zur Entwicklung des Antichristen machen. Er sagt:
„Nur ist jetzt der, welcher zurückhält (hindert), bis er aus dem Wege
(getan) ist.“ (2. Thess. 2:7) Welche Erfüllung dieser Weissagung zeigt
uns die Geschichte? Sie zeigt uns, dass das, was die schnelle Entwicklung
des Antichristen aufhielt, die Tatsache war, dass bereits ein Anderer den
Platz ausfüllte, den er beanspruchte. Das römische Kaisertum hatte nicht
nur die Welt besiegt und ihr Verfassung und Gesetze gegeben, sondern
erkennend, dass der religiöse Aberglaube die stärkste Kette sei, mit der
man ein Volk im Zaume halten könne, nahmen die Römer einen Plan an, der
seinen Ursprung in Babylon hatte, zur Zeit seiner Größe als
Beherrscherin der Welt. Der Plan war der, dass der Kaiser sowohl in
geistlichen als in weltlichen Dingen als Leiter und Herrscher angesehen
werden sollte. Um dies zu stützen, behauptete man, der Kaiser sei eine
Art Halbgott, der in gewissem Sinne von ihren heidnischen Gottheiten
abstamme. Als solcher wurde er verehrt und seine Statue angebetet, und als
solcher wurde er betitelt: PONTIFEX MAXIMUS, das bedeutet Oberpriester
oder höchster Herrscher in Religionssachen. Und dies ist ganz und gar der
Titel, der den Oberpriestern oder Päpsten der römischen Hierarchie
gegeben und von ihnen beansprucht wurde, seitdem dieser Antichrist „Macht
und Thron und große Gewalt“ der vorigen Herrscher Roms erlangt hatte. -
Offb. 13:2
Aber
das alte heidnische Rom und Babylon hatten nur ein Gerippe priesterlicher
Gewalt im Vergleich mit der zusammengesetzten und mit Fleiß
ausgearbeiteten Maschinerie und der Erfindungen in Lehre wie Praxis des päpstlichen
Roms, dem erfolgreichen Erben ihres Planes. Jetzt noch, nach
jahrhundertlanger Anwendung von Verschlagenheit und Geschicklichkeit, hat
Rom seine Macht so verschanzt, dass es sogar heutzutage, wo seine Macht
nach außen gebrochen und es seiner politischen Herrschaft entkleidet ist,
dennoch die Welt regiert und Königreiche heimlich und versteckt, gründlicher
als je römische Kaiser die ihnen unterworfenen Könige, beherrscht.
Zu
ihren Gunsten sei es gesagt, dass kein römischer Kaiser als Oberpriester
oder Religionshaupt je solche Tyrannei ausübte, wie einige ihrer
Nachfolger auf dem päpstlichen Thron. Hierüber sagt Gibbon (Band 2,
Seite 85): „Man muss zugestehen, dass die Zahl der in einer einzigen
Provinz und unter einer einzelnen Regierung hingerichteten Protestanten
die Zahl der ersten Märtyrer in dem langen Zeitraum der ersten drei
Jahrhunderte und des ganzen römischen Kaisertums weit übersteigt.“
Nach dem Gebrauch jener Zeit begünstigten die Kaiser die am meisten populären
Götter, aber wohin auch immer ihre Heere kamen, die Götter und
Gottesdienste der besiegten Völker wurden gewöhnlich mit Achtung verehrt.
So war es auch in Palästina. Obgleich es unter römischer Botmäßigkeit
stand, die Religions- und Gewissensfreiheit wurde von dem kaiserlichen
PONTIFEX MAXIMUS hochgehalten. So bewies er als religiöser Herrscher
seine Gnade gegen das Volk und seine Übereinstimmung mit allen Nationalgöttern.
So
sehen wir also, dass das, was den Antichristen an einer früheren
Entwicklung hinderte, der Umstand war, dass der begehrte Sitz geistlicher
Obergewalt von einem Vertreter des mächtigsten Reiches, das die Welt je
kannte, besetzt war, und dass, wenn irgend jemand seine Eroberungssucht in
dieser Richtung offen an den Tag zu legen versucht hätte, er sich dem
Zorn der Herren der Welt ausgesetzt haben würde. Daher wirkte diese schändliche
Herrschsucht zuerst insgeheim, irgendwelche Absicht, Gewalt und Autorität
zu gewinnen, leugnend, bis eine günstige Gelegenheit sich bot - nachdem nämlich
die Namenkirche groß und einflussreich geworden und die kaiserliche Macht
durch politische Zwistigkeiten zersplittert und im Verfall begriffen war.
Die Macht Roms war in rascher Abnahme begriffen, und seine Stärke und
Einheit unter sechs Bewerber um die kaiserlichen Ehren geteilt, als
Konstantin Kaiser wurde. Dass er das Christentum annahm, um zum Teil
wenigstens sein Reich zu kräftigen und zu einigen, ist eine vernünftige
Annahme.
Hierüber
sagt die Geschichte: „Ob Konstantin es (das Christentum) aus Überzeugung
oder aus Politik annahm, ist die Frage. Gewiss ist, dass diese Religion,
obschon sie von der römischen Macht im Stillen verachtet oder tatsächlich
verfolgt worden war, sich doch unter dem Volke so sehr verbreitet hatte,
dass Konstantin durch die Annahme derselben sich sehr in der Zuneigung
seiner Soldaten befestigte. Weltlicher Ehrgeiz wies auf den Weg hin, den
der Kaiser einschlug, als er sich als Christ bekannte, und nicht der Geist
Christi, der da sagte: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Konstantin
machte das Christentum zur Staatsreligion, und von da an finden wir des
letzteren Einfluss mit weltlichen Dingen besudelt. Kein besonderer Bischof
wurde als das Haupt der ganzen Kirche angesehen, aber der Kaiser war es
der Tatsache nach. In dieser Eigenschaft berief er das Konzil zu Nicäa,
wo er im Streit zwischen Athanasius und Arius gegen letzteren Partei nahm.
Das Konzil stimmte mit dem Kaiser.“ (Willards Universalgeschichte, Seite
163)
„Was
für Vorteile aus der Eroberung eines kaiserlichen Proselyten auch
abgeleitet werden mochten, so unterschied er sich doch mehr durch den
Glanz des Purpurs als durch größere Weisheit oder Tugend von den vielen
Tausenden seiner Untertanen, welche die Lehren des Christentums angenommen
hatten ... Dasselbe Jahr seiner Regierung, in dem er das Konzil zu Nicäa
zusammenberief, wurde durch die Hinrichtung seines ältesten Sohnes
befleckt. Die Dankbarkeit der Kirche hob die Tugenden eines so großmütigen
Schutzherrn, der das Christentum auf den Thron der römischen Welt erhoben
hatte, hervor und entschuldigte seine Fehler.“ (Gibbon, Band 2, Seite
269)
Damals
also, unter Konstantins Regierung, wandelte sich die Opposition des
Reiches gegen das Christentum in Gunst um, und der kaiserliche Pontifex
Maximus wurde der Schirmherr der sogenannten, aber tatsächlich
abgefallenen Kirche Christi. Indem er ihr die Hand reichte, verhalf er ihr
zu einer Stelle des Glanzes und der Volksgunst, von der aus sie später,
als die kaiserliche Macht hinzuwelken anfing, ihren eigenen Vertreter als
höchsten geistlichen Herrscher - als PONTIFEX MAXIMUS - auf den religiösen
Thron der Welt stellte.
Es
ist aber ein Irrtum anzunehmen, wie es viele tun, dass die Kirche zu jener
Zeit eine reine (eine jungfräuliche) Kirche gewesen sei, die plötzlich
zu Würde und Macht erhoben wurde, was ihr zum Fallstrick gereichte.
Gerade das Gegenteil ist der Fall. Wie schon gesagt, ein großer Abfall
hatte stattgefunden. Aus ihrer ursprünglichen Reinheit, Einfachheit und
Freiheit war sie in Bekenntniszwang gefallen und in ehrgeizige Fraktionen
zersplittert. Ihre Irrtümer und Gebräuche glichen den heidnischen
Philosophien. Ein wenig mit der Wahrheit ausgeschmückt, und durch die
Lehre von der ewigen Qual erzwungen, wurde sie das Mittel, ungeheure
Scharen in die Kirche herein zuziehen. Zahl und Einfluss war, was
Konstantin für seine Zwecke wollte. Kein Weltmann dieser Art hat je
ernstlich daran gedacht, die Sache der demütigen, christusähnlichen „kleinen
Herde“, - der wahrhaft geweihten Ekklesia (Herauswahl), deren Namen im
Himmel geschrieben sind - zu der seinigen zu machen. Ganz etwas anderes
ist die Beliebtheit bei seinen Soldaten, von der die Historiker reden, als
die Beliebtheit bei den wahren Kreuzesstreitern.
Zum
Beweis hierfür lassen wir hier die Geschichte über den Stand der religiösen
Gesellschaft unter Diokletian, dem Vorgänger Konstantins, berichten.
Gegen das Ende seiner Regierung wurde dieser in seiner Meinung, dass die
Christen nach seinem Leben getrachtet hätten, gegen dieselben erbittert
und verfolgte sie. Er befahl die Bibeln zu verbrennen, die Bischöfe zu
verbannen, und ordnete schließlich den Tod derjenigen an, die diesen
Gesetzen widerstreben würden. Gibbon (Band 2, Seite 53 und 57) sagt von
dieser Zeit:
„Diokletian
und seine Gehilfen übertrugen häufig die wichtigsten Ämter solchen
Personen, welche ihren Abscheu vor der Verehrung der Götter bekannten,
aber geeignete Fähigkeiten für den Staatsdienst an den Tag legten. Die
Bischöfe nahmen in ihren betreffenden Provinzen eine geehrte Stellung ein
und wurden nicht nur vom Volk, sondern auch selbst von der Obrigkeit mit
Auszeichnung und Achtung behandelt. Fast in jeder Stadt reichten die alten
Kirchen nicht mehr hin, die zunehmende Zahl der Neubekehrten zu fassen,
und an ihre Stelle wurden für die Gläubigen prachtvollere und geräumigere
Gebäude aufgerichtet. Die von Eusebius so heftig beklagte Verderbnis der
Sitten und Grundsätze kann nicht nur als eine Folge, sondern auch als ein
Beweis dafür gelten, welcher Freiheit sich die Christen unter der
Regierung Diokletians erfreuten, sie aber missbrauchten. Der Wohlstand ließ
die Strenge der Zucht erschlaffen. Betrug, Missgunst und Bosheit gewann in
jeder Gemeinde die Oberhand. Die Proselyten bewarben sich um bischöfliche
Ämter, welche täglich ein ihres Ehrgeizes würdigerer Gegenstand wurden.
Die Bischöfe, welche miteinander um den kirchlichen Vorrang stritten,
zeigten durch ihr Betragen, dass sie weltliche und tyrannische Gewalt in
der Kirche beanspruchten, und der lebendige Glaube, der immer noch die
Christen vor den Heiden auszeichnete, zeigte sich viel weniger in ihrem
Leben, als in ihren Streitschriften.“
„Die
Geschichte des Paulus von Samosata, welcher den Metropolitan-Bischofsitz
von Antiochien innehatte, während der Osten in den Händen des Danathus
und der Zenobia war, kann zur Beleuchtung der Verhältnisse und Zustände
jener Zeit (um 270 n.Chr.) dienen. Paulus sah den Kirchendienst als ein
sehr einträgliches Gewerbe an. In seiner kirchlichen Verwaltung war er
geldgierig und bestechlich; von den wohlhabendsten Gläubigen erpresste er
häufig Abgaben und verwandte einen beträchtlichen Teil der öffentlichen
Gelder für seinen eigenen Bedarf. (Es wird von Untersuchern der Sache
behauptet, sagt Gibbon, dass Paulus das Amt eines kaiserlichen Duzensarius
oder Prokurators innehatte, mit einem jährlichen Gehalt von 200
Sistertien = 77.000 Dollars). Durch seinen Stolz und seine Prachtliebe
wurde das Christentum in den Augen der Heiden verhasst gemacht. Sein
Ratszimmer, sein Thron, die Pracht, mit der er in der Öffentlichkeit
erschien, der kriechende Pöbel, welcher um seine Aufmerksamkeit bettelte,
die Menge von Briefen und Petitionen, zu welchen er seine Antworten
diktierte, die beständige Geschäftseile, in der er begriffen war, waren
Zustände, die sich besser für den Stand einer bürgerlichen
Magistratsperson als für die Demut eines Bischofs der ersten Zeit
schickten. Wenn Paulus das Volk von der Kanzel anredete, ahmte er den
bildlichen Stil und die theatralischen Gesten eines asiatischen Sophisten
nach, während die Kathedrale von dem schwärmerischen Beifall zum Preise
seiner göttlichen Beredsamkeit widerhallte. Gegen diejenigen, welche
seiner Macht widerstanden oder sich weigerten, seiner Eitelkeit zu
schmeicheln, war der Prälat von Antiochien anmaßend, unerbittlich und
unnachgiebig; dagegen aber milderte er die Zucht bei seiner ihm ergebenen
Geistlichkeit, an die er die Schätze der Kirche verschleuderte.“
So
wurden unter Konstantins Regierung schließlich alle Hindernisse beseitigt,
und es gelangte, wie wir finden werden, das Papsttum – das bedeutet die
Organisation der Namenkirche unter ihrem Oberhaupt, dem Bischof zu Rom,
als Papst - gar schnell zur Verwirklichung.
Die
rasche Entwicklung des Antichristen
Die
schnelle Entwicklung der päpstlichen Herrschaft seit dem Beitritt
Konstantins ist ein bemerkenswerter Zug der Geschichte. „Der Fürst
dieser Welt“ hielt sein Versprechen. Für ihm geleistete Anbetung und
ihm erwiesenen Gehorsam gab er Macht und Gewalt als Lohn. (Matth. 4:8, 9)
Durch das Edikt (Verordnung) von Mailand verlieh Konstantin den Besitztümern
der Kirche gesetzliche Sicherheit und vormals entrissene Ländereien
wurden von den Christen wiedererlangt. Ein zweites Edikt im Jahre 321
gestattete der Kirche, Eigentum zu vermachen, während Konstantin selbst
ein Beispiel von Freigebigkeit gab und die christliche Geistlichkeit mit
Reichtümern überschüttete. Dieses Exempel des Kaisers wurde von
Tausenden seiner Untertanen, deren Beisteuer im Leben und deren Vermächtnisse
in der Todesstunde in den Kirchenschatz flossen, nachgeahmt. White sagt:
(Whites Universalgeschichte, Seite 155):
„Die
Kirche Roms fing früh an, sich um der Zahl und des Reichtums ihrer
Glieder willen über andere (über Kirchen anderer Städte und Länder)
Autorität anzueignen. Viele Umstände trafen zusammen, den Einfluss ihres
Bischofs zu vergrößern, obgleich seiner ungerechtfertigten Anmaßung und
seiner Ehrfurcht eine Zeitlang widerstanden wurde. Durch Verlegung der
Hauptstadt (von Rom nach Konstantinopel durch Konstantin im Jahre 334)
vermehrte sich die Macht der abendländischen Kirche, durch Übertragung
der Hauptmagistratswürde auf den Bischof. Hierzu kommt noch, dass Gratian
und Valentinian den Gebrauch, nach Rom zu appellieren, sowie die häufigen
Pilgerfahrten zu den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus und anderer Märtyrer
guthießen und so beförderten.“
Nach
dem Tode Konstantins schien das wechselnde Glück des römischen
Kaisertums bei dem Emporkommen der abgefallenen Kirche und bei der
Entwicklung des Antichristen mitzuwirken; denn bis dahin war die Kirche
noch nicht unter ein Haupt vereinigt worden, das man als Stellvertreter
oder Statthalter Christi ansah. Die Nachfolger Konstantins bis herab auf
Theodosius fuhren fort, sich als Häupter der Kirche zu betrachten, auf
denen göttliche Autorität ruhte. Obwohl keiner der achtzehnhundert Bischöfe
des Kaisertums damals schon imstande gewesen war, als das Haupt oder der
Papst Anerkennung zu fordern, so hatten doch schon Verschiedene ihre Augen
auf diesen Preis gerichtet. Die Hohlheit ihrer Ansprüche auf den Titel
PONTIFEX MAXIMUS wurde den Kaisern durch das Argument vorgehalten, dass,
wenn sie selbst tote Heilige verehrten, sie doch ihren lebenden Vertretern
- den Bischöfen - die gleiche Achtung schuldig seien. Dessen ungeachtet
bezogen sich die Kaiser in ihren Erlassen wiederholt auf das Kaisertum als
auf eine göttliche oder von Gott gutgeheißene Herrschaft und auf sich
selbst als auf göttliche Persönlichkeiten. (siehe Gibbon, Band 2, Seite
108)
Die
Macht und das Ansehen des Bischofs von Rom mehrte sich nun zusehends.
Innerhalb von vielen Jahren von der Zeit an, da das Christentum gesetzlich
eingeführt worden war, wurde sein Reichtum und seine Würde als Bischof
der Haupt- und Weltstadt sehr groß. Ammian, ein Geschichtsschreiber aus
jener Zeit, sagt von seinem Reichtum und seinen Prahlereien: „Er übertraf
Könige an Glanz und Pracht, fuhr in den stattlichsten Karossen, war mit
den feinsten Gewändern angetan und seines Luxus und Stolzes wegen
allbekannt.“ Die Verlegung des kaiserlichen Regierungssitzes nach
Konstantinopel, der Umstand, dass die Stadt Rom dem feindlichen Einfall
durch die Barbaren von Norden her ausgesetzt war, der beständige Wechsel
der Generäle und Statthalter, ließ in dem nun schnell sinkenden Reiche
den Bischof der Kirche Roms als den beständigsten und geehrtesten Beamten
daselbst zurück; und sein allmählich zunehmendes Ansehen wurde nur durch
die Entfernung des nebenbuhlerischen Glanzes des kaiserlichen Hofes nach
Konstantinopel erhöht, sowie auch durch die Ehrfurcht, die bei allen Völkern
der Welt mit dem bloßen Namen Roms verknüpft war.
Als
Beispiel hierfür führen wir an, dass, als die Stadt Rom im Jahre 455 von
den Vandalen überfallen und geplündert wurde, und alles umher voll Elend
und Zerstörung war, der Bischof Leo von Rom die Gelegenheit ergriff,
sowohl den Barbaren als den Römern sein Anrecht auf geistliche Macht
recht einzuprägen. Den rohen und abergläubischen Barbaren, die schon
ohnedies von dem, was sie um sich her sahen, einen gewaltigen Eindruck über
die Größe Roms bekommen hatten, rief Leo mit seinen priesterlichen Gewändern
geschmückt ehrerbietend zu: „Sehet euch wohl vor. Ich bin der
Nachfolger des Apostel Petrus, dem Gott selbst die Schlüssel des
Himmelreiches gegeben hat, und dessen Kirche selbst die Pforten der Hölle
nicht überwältigen können. Ich bin der lebende Stellvertreter göttlicher
Macht auf Erden. Ich, ich bin der Kaiser, ein christlicher Kaiser, der in
Liebe herrscht, dem alle Christen Treue schulden. In meiner Hand halte ich
den Fluch der Hölle und den Segen des Himmels. Ich entbinde alle
Untertanen von der Treue gegen Könige. Aus göttlichem Recht verleihe ich
alle Throne und Herrschaften der Christenheit und nehme sie wieder hinweg.
Hütet euch, dass ihr das Erbe nicht entweiht, das mir euer unsichtbarer König
gegeben hat; ja beuget euren Nacken vor mir und bittet, dass Gottes Zorn
von euch abgewendet werde.“
Die
Ehrfurcht vor Ort und Namen beutelte der Bischof von Rom eifrig zu seinem
Vorteile aus und beanspruchte gar bald eine Herrschaft über alle anderen
Bischöfe, Herrscher und Regenten. Nicht nur die geistliche Herrschaft der
Welt beanspruchte er sehr bald, sondern auch die bürgerliche. Das Recht,
alle und jeden Herrscher des alten römischen Reiches zu krönen und zu
entthronen, zu ernennen und abzusetzen, sei das Recht und Erbteil der
Kirche Roms, welche, wie man behauptete, Gott solcher Gestalt mit der
Herrschaft über die Erde bekleidet habe. Diese Forderungen wurden
wiederholt gemacht und wiederholt von sich widersetzenden Bischöfen
verweigert, sodass ein genaues Datum ihres Anfangs festzusetzen unmöglich
sein würde. Was es selbst betrifft, so behauptet das Papsttum, in den
Tagen der Apostel aufgerichtet worden zu sein, und dass Petrus der erste
Papst gewesen sei; aber dies ist nicht nur gänzlich unbewiesen, sondern
dem wird auch von der ganzen Geschichte widersprochen. Dieselbe zeigt,
dass, obgleich eine Zeitlang ehrsüchtige Bosheit heimlich wirkte, sie
doch daran gehindert wurde, sich in den Antichristen zu entwickeln und
solche offenen Ansprüche zu erheben, bis das römische Kaisertum sich
aufzulösen anfing.
Von
nun an haben wir es mit dem Antichristen zu tun. Seine allmähliche
Entwicklung und Organisation, aus heimlich wirkendem Ehrgeiz hervor, ist
ein passendes Vorspiel zu dem schrecklichen Charakterbild, als das er sich,
nachdem er die begehrte Macht ergriffen hatte - von 539 bis 1799 - 1260
Jahre lang auswies. Die ersten drei Jahrhunderte dieses Zeitraums
bezeichnen das Steigen seiner weltlichen Macht, die letzten drei die
Abnahme derselben unter dem Einfluss der Reformation und Zivilisation. Die
dazwischen liegende Periode von sieben Jahrhunderten umfasst die
Glanzperiode des Papsttums und die finsteren Jahrhunderte des Mittelalters,
voll Trug und Täuschung, die im Namen Christi und wahrer Religion verübt
wurden.
Ein
römisch-katholischer Schreiber bestätigt vollständig, was wir über
diesen Gegenstand finden, und wir führen seine Worte ohne Rücksichtnahme
auf ihre Färbung als bekräftigendes Zeugnis an. Mit glühendem
Enthusiasmus eine Beschreibung des Steigens des Papsttums gebend, stellt
er es als eine Pflanze himmlischen Ursprungs hin, welchem Umstand es
zuzuschreiben sei, dass es so reißend schnell wuchs und so hoch in der
Welt emporkam. Er sagt:
„Der
Aufschwung der weltlichen Macht des Papsttums vergegenwärtigt eine der außergewöhnlichen
Erscheinungen, welche zu unserem Staunen und zu unserer Bewunderung die
Geschichte des menschlichen Geschlechtes darbietet. Durch eine seltsame
Verkettung der Umstände kam leise und verstohlen eine neue Macht, eine
neue Herrschaft, aus den Ruinen jenes alten römischen Kaisertums empor,
das in seiner Macht und Glanzperiode seine Herrschaft über fast alle
damaligen Nationen, Völker und Geschlechter ausgedehnt und bei ihnen sich
Achtung verschafft hatte. Und jene neue Macht geringen Ursprunges schlug
tiefere Wurzel und übte bald eine weiter reichende Autorität aus als das
Reich, dessen gewaltige Ruinen es in Stücke zerbröckeln und in Staub
zerfallen sah. In Rom selbst wuchs die Macht des Nachfolgers von Petrus
neben und unter dem schützenden Schatten des Kaisers heran. Der Einfluss
der Päpste wuchs in solchem Maße, dass aller Wahrscheinlichkeit nach in
nicht zu langer Zeit die Majestät des obersten Bischofs den Glanz des
Purpurs verdunkelt haben würde.“
„Die
Verlegung des Herrschersitzes durch Konstantin von Westen nach Osten, von
den historischen Ufern des Tiber an die schönen Gestade des Bosporus,
legte das breite Fundament zu einer in Wirklichkeit mit jenem
folgenschweren Wechsel anfangenden Oberherrschaft. Wesentlich von jenem
Tag an wurde Rom - das die Geburt, die Jugend, den Glanz und Verfall jenes
mächtigen Geschlechtes gesehen hat, durch welches seinem Namen mitsamt
seinen Adlern bis in die entferntesten Länder der damals bekannten Welt
getragen worden war - von den Erben seines Ruhmes allmählich aufgegeben,
und sein Volk sah, von den Kaisern verlassen und eine leichte Beute der plündernden
Barbaren, denen zu widerstehen sie nicht mehr den Mut hatten, in dem
Bischof von Rom seinen natürlichen Beschützer, seinen Vater. Jahr für
Jahr nahm die weltliche Macht des Papstes bestimmtere Gestalt an und
gewann an Festigkeit, ohne Gewalt, ohne Blutvergießen, ohne Betrug,
allein durch die Macht überwältigender Umstände, als ob von der Hand
Gott sichtbar geordnet.“
Während
römische Katholiken das Entstehen des Papsttums auf den Trümmern des
alten heidnischen Roms als einen Sieg des Christentums darstellen, suchen
die, welche mit dem wahren Geist des Christentums bekannt sind, in der
Preisgebung der Kirche und in ihrem unheiligen Bündnisse mit der Welt
vergeblich nach jenem Geist. Wahre Christen können in den Umständen, die
durch Unwissenheit, Aberglauben, Unglücksfälle und verschiedene Zeitverhältnisse
hervorgerufen wurden, und welche die Kirche Roms schlau benutzte, keinen
Beweis göttlichen Eingreifens zu ihren Gunsten erkennen. Noch auch können
sie in der Erhöhung Roms zu irdischer Macht und Herrlichkeit irgendwelche
Bewahrheitung der der Kirche vom Herrn gegebenen Verheißung, sie zu
seiner Zeit - nachdem der Antichrist gekommen und gegangen sei - zu erhöhen,
entdecken. Denn die Erhöhung der wahren Kirche soll nicht auf einen
blutbefleckten und durch Verbrechen geschändeten Thron stattfinden, wie
es mit dem Papsttum vom ersten Anfang an der Fall gewesen ist; auch wird
der wahre Christus nie die irdischen Könige anzugehen nötig haben, damit
diese ihn in die Macht einsetzen oder in derselben schützen. Die Zeichen,
welche das wahre Königreich Christi von der Nachfälschung unterscheiden,
sind denen leicht erkennbar, die durch die Schrift mit dem wahren Christus
und seinem Leib, der wahren Kirche, und mit den Grundsätzen, auf denen
dieses Königreich, und wozu es errichtet werden soll, bekannt geworden
sind.
Aber
niemand meine, dass die wahre Kirche, selbst in jener verderbten Zeit
nicht, ganz vertilgt oder aus dem Auge gelassen worden sei. „Der Herr
kennt die Seinen“ in jedem Zeitalter und unter allen Umständen. Sie
durften als Weizen mitten in einem von Unkraut (Lolch oder Scheinweizen)
überwucherten Feld wachsen; wie Gold wurden sie in den Schmelztiegel
geworfen, um geprüft und geläutert, um geschickt gemacht zu werden „zu
dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Licht.“ Wohl wahr, der Lauf der
Menge derer, die sich Christen nannten, nimmt den hervorragendsten Platz
auf den Blättern der Geschichte ein, aber unzweifelhaft ist, dass durch
alle Verfolgungen hindurch und von all den täuschenden Künsten des
Geheimnisses der Bosheit umgeben, einige Aufrichtige ihrer hohen Berufung
würdig wandelten. Sie wurden zur Ruhe gelegt und von Gott als Erben der
unverwelklichen Krone, welche ihnen im Himmel beigelegt ist, angeschrieben.
Also
wird auf den Blättern der Geschichte deutlich nachgewiesen, dass dieser
Mensch der Sünde, der Antichrist, in Rom geboren wurde; und obwohl ihm
anfänglich widerstanden wurde, schwang er sich doch nach und nach zur
Macht empor, oder, wie es in Daniels Prophezeiung heißt: Als „ein
kleines Horn„ kam es aus dem Kopf des alten römischen Tieres hervor,
jenes „greulichen und schrecklichen Tieres“„ für das Daniel keinen
Namen finden konnte, und das solche Gewalt hatte zu beschädigen und zu
verderben. Und beim Fortfahren werden wir finden, dass die Geschichte
desselben nicht nur genau mit der Prophezeiung Daniels, sondern auch mit
allen dasselbe betreffenden Weissagungen übereinstimmt.
Das
geschichtliche Charakterbild des Antichristen
Nachdem
wir festgestellt haben, was und wer der Antichrist ist, fahren wir zunächst
fort, das geschichtliche Charakterbild des Papsttums mit den
aufgezeichneten Weissagungen zu vergleichen, die das Wesen und das Tun des
Antichristen oder des Menschen der Sünde beschreiben.
Mancher
möchte hier fragen, ob es wohl richtig sei, an den römischen Kaisern,
welche doch die obersten religiösen Herrscher zu sein beanspruchten,
vorbeizugehen und nicht deren System Antichrist zu nennen, sondern diese
Bezeichnung ganz und gar auf das organisierte päpstliche System
anzuwenden? Wir antworten: Gewiss ist dies recht und verweisen den Leser
aufs neue auf die in der Schrift gebrauchte Definition vom Antichristen,
wie wir sie bereits angegeben haben, nämlich: An Stelle von oder anstatt,
was bedeutet, eine Verfälschung und Nachahmung des wahren Christus. Um
dies zu sein, muss es ein geistliches Reich zu sein behaupten; es muss
vorgeben, die Königreiche der Erde durch diese geistliche Autorität zu
regieren; es kann also nicht nur ein Gegner sein, sondern es muss ein
Betrug, eine Fälschung sein; es muss vorgeben, das Königreich Christi zu
sein. Es muss dasselbe falsch darstellen und das ausrichten wollen, was zu
Gottes rechter Zeit die Aufgabe des wahren Christus sein wird, das
bedeutet der verherrlichten und vollendeten Kirche unter ihrem einzigen,
wahren Haupt und Herrn - dem echten PONTIFEX MAXIMUS.
Das
Papsttum beanspruchte nicht nur, das herrliche Königreich Christi zu sein,
das von dem Herrn, den Aposteln und Propheten verheißen ist, sondern es
bezieht auch auf sich und auf seine aufeinander folgenden Häupter (die Päpste,
die, so behauptet es, an Stelle Christi Hohepriester, Häupter oder Könige
dieses Reiches seinen) alle die Stellen der Propheten, welche die tausendjährige
Herrlichkeit des Christus beschreiben. Und durch ihre falschen Theorien,
die sich langsam, Jahrhunderte hindurch, aus ihrem sündlichen Streben
nach Größe entwickelten, andere „verführend und selbst verführt“,
haben sie nach und nach alle die Titel derer, die zu dieser Hierarchie gehören,
erfunden, samt ihren prunkvollen Gewändern, eindrucksvollen Zeremonien
und großartigen Kathedralen, mit ihren feierlich, Ehrfurcht einflößenden
Gottesdiensten, und das alles auf einem Fuß, der so genau wie möglich
ihren Ansprüchen entspräche. Alles, die glänzende Umgebung, die
prachtvolle Kleidung und die eindrucksvollen Zeremonien suchte man der
Glorie und Erhabenheit, wie sie von den Propheten gezeichnet wurde, so
genau wie nur möglich anzupassen.
In
Psalm 2:12 heißt es zum Beispiel: „Küsset den Sohn, dass er nicht zürne,
und ihr umkommet auf dem Weg“, usw. Dies ist kein Gebot, buchstäblich
zu küssen, sondern sich dem Herrn mit williger und fröhlicher
Unterwerfung zu ergeben, und gilt der gegenwärtigen Stunde, da als
Vorbereitung auf die große und eigentliche Tausendjahrherrschaft des
wahren Christus die politischen, gesellschaftlichen, finanziellen und
kirchlichen Könige und Großen der Erde, ob ihrer Willigkeit oder
Unwilligkeit, sich unter die gerechten Verordnungen zu beugen, welche
jetzt in Kraft zu treten an der Zeit sind, geprüft werden.
Wer
der Gerechtigkeit widerstrebt, widerstrebt dem Zepter dieses Königs der
Herrlichkeit, und alle solche werden in der Zeit der großen Drangsal,
welche die tausendjährige Herrschaft des neuen Königs einleitet, gestürzt
werden. Alle, die nicht wollen, dass er über sie herrsche, werden
umgebracht werden. (Lukas 19:27) „Seine Feinde werden Staub lecken“ -
überwunden werden.
Diese
Prophezeiung, fälschlich auf sein nachgeahmtes Reich anwendend, hat der
Papst, das stellvertretende Haupt des Antichristen, in den siegreichen
Tagen seiner Blütezeit Könige und Kaiser veranlasst, sich vor ihm zu
beugen, wie vor Christus selbst, und seine große Fußzehe zu küssen; was
man als Erfüllung dieser Prophezeiung ansah.
Schriftsteller
und Erforscher der Propheten gehen gewöhnlich leicht über solche
Behauptungen weg, und suchen besonders nach Unsittlichkeit als Zeichen und
Merkmal des Antichristen. Aber hierin irren sie sich sehr. Schlechte
Menschen hat es zu jeder Zeit reichlich gegeben, und dafür wäre solch
besondere prophetische Schilderung, wie sie vom Antichristen gegeben wird,
nicht nötig gewesen. Könnte man beweisen, dass die dem päpstlichen
System Angehörigen wahre Muster von Tugend gewesen wären, so würde
nichtsdestoweniger das in der Schrift gegebene Charakterbild des großen
Antichristen damit stimmen. Es würde doch die Fälschung sein, welche
sich die Titel, Rechte, Gewalten und Verehrung angemaßt hat, die dem
Gesalbten des Herrn gebühren. Als solche Fälschung hat es auch den Plan
Gottes in Bezug auf die Herauswahl einer „kleinen Herde“ gefälscht,
und die eigentliche Hoffnung der Kirche und die Verheißung des Herrn, die
Welt während der tausendjährigen Regierung Christi zu segnen, ganz
beiseite gesetzt. Letztere stellt er als in seinem eigenen Reich erfüllt
dar. Die schlimme Wirkung solcher Verdrehung und falscher Darstellung des
Planes Gottes kann kaum berechnet werden. Es ist die direkte Quelle
gewesen, aus der alle die verderblichen Lehren entsprungen sind, die
nacheinander eingeführt wurden, um die Ansprüche des Antichristen zu stützen
und seine Würde zu vergrößern. Wohl brach mit der Reformation vor drei
Jahrhunderten eine neue Zeit des Bibelstudiums und der Gedankenfreiheit an
und führte zur Verwerfung mancher Übel und Irrtümer des Papsttums. Aber
die Fälschung, das Trugbild, war auf so vollkommener Stufe angelangt, und
in allen seinen Teilen und Einrichtungen so in sich vollendet und hatte
die Welt so vollständig irregeleitet, dass, selbst nachdem Luther und
viele andere das Papsttum als den Ausfluss des großen Abfalls - als den
geweissagten Antichristen - erkannt hatten, sie dennoch, während sie es
als ein System verurteilten, an der falschen Theorie festhielten, welche
zu den dem Papsttum eigentümlichen Irrtümern in Lehre wie Praxis geführt
hatte. Bis auf den heutigen Tag unterstützen die Protestanten aller
Konfessionen die Theorie des Antichristen, dass das Reich Christi schon
aufgerichtet sei. Einige versuchten wie das Papsttum ihre Kirche unter
einer Person, als deren Haupt, zu organisieren, während andere anstelle
dieses Hauptes ein Konzil oder eine Synode setzen; alle aber in dem Wahn,
der ihnen durch die vom Antichristen begonnene falsche Schriftauslegung
beigebracht worden war - dass jetzt, und nicht in der Zukunft, die Zeit
der Herrschaft des Reiches Christi sei; und wie der Antichrist, das
kommende Zeitalter leugnend, sind sie gegen die Förderung wahrer
Heiligkeit unter den Gläubigen gleichgültig und schwärmen vielmehr dafür,
das Werk des nächsten Zeitalters (die Bekehrung der Welt) jetzt auszuführen;
und das in solchem Maße, dass sie gar oft willens sind, Gottes Plan und
Wort zu fälschen und Lehren zu erdichten, um die Welt in ein äußerliches
Bekenntnis der Gottseligkeit zu schrecken und zu treiben. Und ebenso sind
sie gar willig, ihre Zuflucht zu fraglichen und weltlichen Mitteln zu
nehmen, um ihre Anziehungskraft zu erhöhen und die Unbekehrten für ihre
mannigfaltigen Abteilungen zu ködern. Wie der Antichrist rechnen sie um
des Stolzes willen und, um mit großen Zahlen prangen zu können, alle
solche mit ein.
Solchen
fällt es schwer, einzusehen, dass das Papsttum der Antichrist ist. Wie können
sie, solange ihr Glaube noch nicht frei ist von dem Gift der Irrlehre, und
ihre Vernunft noch durch den Erzirrtum des Antichristen verblendet ist?
Erst muss man die Größe, die Erhabenheit und die Notwendigkeit des
tausendjährigen Königreiches Christi sehen, ehe man die Größe der Fälschung
von Seiten des Antichristen erkennen oder die durch ihn angerichtete Verstümmelung
der Wahrheit und seinen verderblichen und befleckenden Einfluss in der
Namenkirche, die der Tempel Gottes sein soll, recht würdigen und in
seiner ganzen Schrecklichkeit begreifen kann.
Niemand
braucht sich über die Vollständigkeit dieser Fälschung zu wundern. Man
bedenke nur, dass es Satans Werk ist, und dass er dasselbe den in der
Schrift dargestellten Vorbildern und Erläuterungen nachgebildet hat. Als
der große Widersacher sah, dass die Zeit der Auswahl der Kirche gekommen
war, und dass die vom Herrn und seinen Aposteln gepflanzte Wahrheit allen
heidnischen Religionen gegenüber an Raum gewann und überall, wo sie
hinkamen, die Sanftmütigen aussuchte, versuchte er die Reinheit der
Kirche zu zerstören und das in andere Kanäle zu leiten, was er nicht
mehr aufhalten konnte. So ist also der Triumph des Antichristen, wie auch
seine gegenwärtige Macht, der Erfolg des Satans gewesen. Aber gerade hier
sehen wir die Weisheit Gottes; denn während Satans Erfolg scheinbar dem
Plan Gottes eine Niederlage zu bereiten schien, wirkte er in der Tat, wenn
auch unwissentlich, mit, dass der göttliche Plan hinausgeführt wurde.
Denn durch keine anderen Mittel konnten die wahrhaft Geweihten so vollständig
geprüft und ihre Treue zu Gottes Wort so durch und durch auf die Probe
gestellt werden, als nur durch die Zulassung dieses großen gefälschten
Christus.
Die
beigefügte Tabelle zeigt, wie vollständig die Fälschung des künftig zu
errichtenden Königreiches Christi im Papsttum gewesen ist, und wie es dem
jüdischen vorbildlichen Priestertum nachgebildet war.
Die
Ekklesia,
die Herauswahl Gottes - das königliche Priestertum
-
- - - - - - - - - - - - -
Das
Vorbild
|
Die
Wirklichkeit
|
Das
gefälschte
|
|
während
des
Millenniums |
Gegenbild |
Aaron,
|
Christus
Jesus,
|
Die
Päpste, |
und
seine Nachfolger- Erster oder Hohenpriester,Haupt, Stelltreter und
Sprecher. |
unser
Herr, Haupt und Stellvertreter; der Hohenpriester unseres
Bekenntnisses (unserer Ordnung).
|
der
Reihe nach, Hohenpriester der päpstlichen
Hierarchie; deren Herr, Haupt
und Sprecher. |
---------------------------------------------------------------------------------
|
Unterpriester,
die ihre Amtswürde,
ihre Rechte und ihre gottesdienstlichen Vorrechte durch Aaron
empfingen, dessen Leib sie bildeten, schatteten die Kirche Christi
ab. |
Die
verherrlichte Herauswahl,
der Leib Christi, Teilhaber seiner Herrlichkeit, seiner Majestät
und seines Herrscheramtes. Ihre
Stellungen werden sich voneinander unterscheiden
wie Stern sich von Stern an Klarheit unterscheidet. |
Die
Kirche Roms besteht aus Bischöfen und Prälaten, welche die Würden
der Hierarchie teilen, jedoch nach Ehrengraden - Kardinälen,
Erzbischöfen usw. - sich unterscheiden. |
Unter
diesen Hierarchien stehen folgende Gehilfen:
Die
Leviten, die
Dienstleistungen für die vorbildliche Stiftshütte - Lehren usw.
- verrichteten. Eine geringere Priesterordnung, der nicht
gestattet war, das Heiligtum (vorbildlich von der geistigen Natur)
zu betreten. |
Die
irdische Stufe des
Königreiches Gottes, durch welche die verherrlichte Kirche
direktere Berührung mit der Welt haben, dieselbe unterweisen und
regieren; und zwischen ihr und der geistigen Kirche findet die
innigste Gemeinschaft statt. |
Die
Unterpriester des Papsttums,
die kein Teil,
keine Glieder, der Kirche oder Hierarchie sind, aber „Brüder
und Schwestern“ genannt. Aus diesen bestehen die Lehrer, usw.,
die in direkter Berührung mit dem Volk wie mit der Hierarchie
sind. |
----------------------------------------------------------------------------
|
Ganz
Israel wurde von der oben beschriebenen Hierarchie gelehrt und
geleitet. Und in Mose, der ein Vorbild des ganzen Christus war,
hatte es in einem vereinigt, Prophet, Priester und König, die
tausendjährige Herrschaft des Christus
vorschattend. - Apg. 3:22 |
Von
oben beschriebenem Königreich Gottes und seinen irdischen
Vertretern wird die Welt belehrt, geführt, regiert und ihr
geholfen werden. Es wird alle Gewalt besitzen, und ihm muss
Gehorsam geleistet werden; und alle, die nicht gehorchen, werden
„vertilgt“. - Apg. 3:22
|
Das
Papsttum fordert seinen Anordnungen und Lehren gegenüber den
Gehorsam der Welt, als ob es das Königreich Gottes sei. Die
niedere Priesterschaft
ist sein Agent. Als es in seiner Macht stand, strebte es, seine
Gesetze zu erzwingen, und Ungehorsame wurden vertilgt. |
Mosheim,
der das Entstehen des hierarchischen Systems (der Priesterschaft) erklärt,
zeigt diese Nachfälschung sehr klar in folgenden Worten, Band 1:
„Solange
die geringste Möglichkeit vorhanden war, dass Jerusalem zu irgendeiner
Zeit sein Haupt wieder aus dem Staube erheben könne, legten sich die
christlichen Lehrer und Ältesten keine Titel und Würden bei, wenigstens
keinen anderen als die bescheidensten und demütigsten; aber als das
Schicksal jener Stadt durch Hadrian (im Jahre 135) besiegelt worden war
und die Juden nicht die entfernteste Hoffnung mehr unterhalten konnten,
ihre alte Herrschaft wiederhergestellt zu sehen, da regte sich bei
denselben Hirten und Dienern der Wunsch, ihre Herden glauben zu machen,
sie seien die rechtmäßigen Nachfolger der jüdischen Priesterschaft. Die
Bischöfe waren daher geschäftig, den Glauben zu erzeugen, dass sie mit
einer Würde bekleidet seien, die der des jüdischen Hohenpriesters ähnlich
sei, und dass sie folglich alle Rechte besäßen, die einst dem jüdischen
Hohenpriester eigen waren. Die Funktionen der gewöhnlichen jüdischen
Priester wurden gleicherweise, jedoch in einer vollkommeneren Form, als
auf die Presbyter (Ältesten) der Kirche übergegangen dargelegt; und die
Diakonen endlich wurden mit den Leviten oder untergeordneten Dienern auf
eine Linie gestellt.“
Das
Haupt und der Mund des Antichristen
Seine stolzen, schwülstigen Reden
Wie
Christus Jesus das Haupt der wahren Kirche ist, die da ist sein Leib, so
ist der Papst (das bedeutet jeder Papst der Reihe nach) das Haupt der
falschen Kirche, die da ist sein Leib. Da das Haupt der Vertreter des
Leibes ist und der Mund für ihn spricht, so finden wir, wie zu erwarten
war, dass die Schrift auf diese Beschaffenheit des Antichristen deutlich
Bezug nimmt. In folgenden Stellen, Daniel 7:8, 11, 25 und Offb. 13:5, 6
wird der Mund des Antichristen als vornehmste Charakteristik (Eigentümlichkeit)
zu unserer Kenntnis gebracht. Daniel sagt: Dieses Horn hatte „Augen wie
Menschenaugen“, - symbolisch von Klugheit und politischer Fernsicht;
dieses „Horn“ werde von allen anderen Mächten verschieden sein; es
werde weiser und schlauer sein als andere Reiche, die eine Weltherrschaft
erstrebten; seine Macht werde nicht so sehr eine äußerliche Gewalt als
eine des Mundes (seiner Aussprüche oder Lehren) sein, der durch die Augen
(durch großen Verstand) geleitet werde. Wer mit der Geschichte des
Papsttums vertraut ist, wird kaum leugnen, dass diese Bilder ihn und seine
Macht treffend schildern.
„Und
es wurde ihm ein Mund gegeben, der große Dinge redete. Und es öffnete
seinen Mund zu Lästerungen wider Gott, seinen Namen zu lästern und seine
Hütte und die, welche ihre Hütte in dem Himmel haben.“ „Und er wird
Worte reden gegen den Höchsten.“ - Offb. 13:5, 6; Dan. 7:8, 25
Man
darf nicht vergessen, dass dies bildliche Ausdrücke sind, die das Wesen
und die Ansprüche eines sinnbildlichen Tieres (Regierung) oder Hornes (Macht),
das aus dem alten römischen Tier oder Reich hervorgegangen ist,
beschreiben sollen. In einer Hinsicht war das Papsttum ein neues Reich
(„Tier“), verschieden von dem alten römischen Reich, und in anderer
Hinsicht war es ein Horn oder eine Macht neben anderen aus jenem Reich
hervorgehenden, das eine Zeitlang die Oberherrschaft über die anderen Hörner
oder Mächte führte. Im Symbol wird es von beiden Standpunkten aus
dargestellt, um es desto eingehender zu beschreiben und kenntlich zu
machen.
Die
stolzen, schwülstigen Reden des Antichristen oder seine Gotteslästerungen
ziehen sich durch die ganze Periode seiner langen Laufbahn hindurch. Dem
Ausdrucke Gotteslästerung (Blasphemie) wird in unserer Zeit gewöhnlich
eine rohe Bedeutung beigelegt, als ob es sich nur auf die gemeinste Form
des Fluchens und der Entheiligung bezöge. Aber in seiner eigentlichen
Bedeutung ist das Wort auf irgendwelche Unehrerbietigkeiten Gott gegenüber
anwendbar. Bouvier erklärt es so: „Blasphemie heißt, Gott beilegen,
was seiner Natur entgegen ist und ihm nicht zukommt - und leugnen, was er
ist, und was ihm zukommt.“ Und dass dies der Sinn ist, in dem dieses
Wort in der Schrift gebraucht wird, beachte man, wie der Herr und die
Pharisäer dieses Wort gebrauchen: „Die Juden antworteten: Wegen eines
guten Werkes steinigen wir dich nicht, sondern wegen Gotteslästerung, und
dass du, der du doch ein Mensch bist, dich selbst zu Gott machst.“ Jesus
antwortete ihnen: „Saget ihr zu dem, welchen der Vater geheiligt und in
die Welt gesandt hat: Du lästerst Gott? weil ich sagte: Ich bin Gottes
Sohn?“ - Joh. 10:33, 36; Mark. 14:61, 64
Diese,
die eigentliche Erklärung von Lästerung vor uns, wie handgreiflich muss
es selbst dem einfachsten Verstand sein, dass die stolzen, schwülstigen
Reden und prahlerischen Behauptungen des Papsttums, eine wie die andere,
Blasphemien, Gotteslästerungen gewesen sind. Die Aufrichtung eines gefälschten
Scheinreiches Gottes ist eine Schmähung des Reiches Gottes, eine grobe Lästerung
und eine greuliche Verunglimpfung des göttlichen Wesens, Planes und
Wortes. Gottes Wesen, das bedeutet sein „Name“, wurde durch die lange
Reihe derer, die da behaupten, seinen Sohn als dessen Statthalter zu
vertreten, in den Tausenden ungeheuerlichen Erlassen, Bullen und Dekreten,
die in seinem Namen ausgingen, gelästert. Gottes Hütte, die wahre Kirche,
wurde durch das falsche System gelästert, das an ihre Stelle trat und
behauptete, dass seine Getreuen die alleinige Hütte oder wahre Kirche
Gottes seien. Aber wir müssen die Geschichte von diesen großmäuligen
Reden und gotteslästerlichen Anmaßungen berichten lassen, wie die
aufeinanderfolgenden Päpste, als Haupt des Antichristen, dieselben äußerten
und guthießen.
In
einem Werk, betitelt: „Der Papst, der Vikar (Stellvertreter) Christi,
das Haupt der Kirche“, von dem berühmten römisch-katholischen
Monsignor Capel, findet sich eine Liste von nicht weniger als
zweiundsechzig gotteslästerlichen Titeln, die auf den Papst angewandt
wurden; und, man beachte, dies sind nicht nur tote Titel, die aus der
Vergangenheit stammen, sondern sind von einem ihrer vornehmsten, noch
lebenden Schriftsteller zusammengestellt worden. Wir führen aus der Liste
folgende 27 an:
„Göttlichstes
aller Häupter.“
„Heiliger
Vater der Väter.“
„Erhabener
Oberpriester über alle Prälaten.“
„Aufseher
der christlichen Religion.“
„Oberhirte
- Hirte der Hirten.“
„Christus
durch Salbung.“
„Abraham
durch Patriarchat.“
„Melchisedek
in Rang.“
„Mose
in Autorität.“
„Samuel
gemäß richterlichen Amts.“
„Hoher
Priester, Allerhöchster Bischof.“
„Fürst
der Bischöfe.“
„Erbe
der Apostel; Petrus an Macht.“
„Träger
der Schlüssel des Himmelreiches.“
„Mit
Machtfülle ernannter Oberpriester.“
„Vikar
Christi.“
„Unumschränkter
Priester.“
„Haupt
aller heiligen Kirchen.“
„Vornehmster
der Allgemeinen Kirche.“
„Bischof
der Bischöfe, das bedeutet souveräner Bischof.“
„Beherrscher
des Hauses des Herrn.“
„Apostolischer
Herr und Vater der Väter.“
„Erster
Pastor und Lehrer.“
„Seelenarzt.“
„Fels,
gegen den die stolzen Pforten der Hölle nichts vermögen.“
„Unfehlbarer
Papst.“
„Haupt
aller heiligen Priester Gottes.“ |
In
der langen Titelliste, aus welcher obige Beispiele sind, führt der
Verfasser Stellen aus einem Brief an, welchen St. Bernhard, Abt von
Clairvaux, im Jahre 1150 an Papst Eugenius, den Dritten, schrieb:
„Wer
bist du? ... Der Hohepriester, der erhabene Bischof. Du bist der Fürst
der Bischöfe, du bist der Erbe der Apostel. Du bist Abel nach dem Primat,
Noah nach der Herrschaft, Abraham nach dem patriarchalischen Rang, nach
der Ordnung Melchisedek, nach der Würde Aaron, nach der Autorität Mose,
Samuel nach richterlichem Amt, Petrus an Macht, Christus nach der Salbung.
Du bist es, dem die Schlüssel des Himmels gegeben, dem die Schafe
anvertraut sind. Es gibt ja noch andere Türhüter des Himmels und andere
Hirten der Herde; aber du bist der Herrlichere, denn du hast auf besondere
Weise beide Namen von anderen ererbt ... Die Macht anderer ist durch
bestimmte Grenzen beschränkt; die deinige erstreckt sich auch über
diejenigen, welche über andere Autorität haben. Kannst du nicht, wenn
gerechte Ursache gegeben ist, den Himmel gegen einen Bischof verschließen,
ihn aus seinem bischöflichen Amt entfernen und dem Satan überliefern?
Dein Recht aber ist ein unabänderliches, sowohl in den dir übergebenen
Schlüsseln als auch den deiner Fürsorge anvertrauten Schafen gegenüber.“
Alle
diese lästerlichen Titel sind auf die römischen Oberpriester angewandt
und von ihnen mit Wohlgefallen und sichtbarer Genugtuung, als ihnen rechtmäßig
zukommend, entgegengenommen worden. Vom Papst Bonifazius, dem Dritten,
haben wir folgendes Dekret, welches sich noch in dem Gesetzbuch findet:
„Wir erklären, sagen, bestimmen, verkünden, dass es für jedes
menschliche Wesen zur Seligkeit notwendig sei, dem römischen Pontifex
untertan zu sein.“ Gregor, der Siebente, der im Jahre 1063 anordnete,
dass der Papst Vater der Väter genannt werde, leitet zur Stütze päpstlicher
Anmaßungen folgendes aus 1. Mose 1:16 her: „Gott machte zwei große
Lichter am Firmament des Himmels; das größere Licht, den Tag zu regieren,
und das kleinere die Nacht; beide groß, doch eins als größeres. „Am
Firmament des Himmels“, das bedeutet, in der allgemeinen Kirche; „machte
Gott zwei große Lichter“, das bedeutet, richtete zwei hohe Ämter ein,
nämlich die priesterliche und die königliche Macht; aber dasjenige,
welches dem Tag, das bedeutet, geistlichen Dingen, vorsteht zum größeren;
dagegen dasjenige, welches fleischlichen Dingen vorsteht, zum kleineren:
„Denn, wie sich die Sonne vom Mond unterscheidet, so unterscheidet sich
der Papst von Königen.“ Andere Päpste haben sich diese Auslegung
angeeignet, was viel dazu beitrug, die Idee der päpstlichen
Oberherrlichkeit durchzusetzen.
St.
Antonius, Erzbischof von Florenz, nachdem er Psalm 8:4-8: „Du hast ihn
ein wenig niedriger gemacht als die Engel“ usw. angeführt und auf
Christum bezogen hatte, wandte ihn mit folgenden Worten auf den Papst an:
„Und weil er uns mit seiner leiblichen Gegenwart verließ, hinterließ
er uns seinen Vikar (Stellvertreter) auf Erden, nämlich den
Haupt-Oberpriester, welcher Papa genannt wird, welches Vater der Väter
bedeutet, so dass diese Worte schicklich vom Papst verstanden werden mögen.
Denn der Papst, wie Hostensius sagt, ist größer als ein Mensch, aber
kleiner als ein Engel, denn er ist sterblich; dennoch ist er an Ansehen
und Macht größer. Denn ein Engel kann den Leib und das Blut unseres
Herrn nicht weihen, noch auch absolvieren (freisprechen) oder binden, von
welcher Macht dem Papst der höchste Grad gehört; auch kann ein Engel
weder ordinieren noch Ablass gewähren. Er ist mit Ehre und Herrlichkeit
gekrönt; mit der Ehre des Lobpreises, weil er nicht nur heilig, sondern
der Allerheiligste genannt wird. Wer wird zweifeln, den gesegnet zu nennen,
welchen der allerhöchste Grad solch großer Würde erhöht hat? Er ist
mit der Ehre der Verehrung gekrönt, so dass der Gläubige seine Füße küssen
kann. Eine größere Verehrung kann es nicht geben. „Bete an zum Schemel
seiner Füße“. (Psalm 9:9) Er ist mit voller Autoritätsfülle gekrönt,
denn er kann jedermann richten, aber von niemand gerichtet werden, es sei
denn, er weiche vom Glauben (natürlich vom Glauben des Antichristen) ab.
Folglich ist er mit dreifach goldener Krone gekrönt und über alle Werke
seiner Hände gesetzt, um über alle Untergebenen zu schalten und zu
walten. Er öffnet den Himmel, sendet die Schuldigen zur Hölle, bestätigt
Herrschaften, regelt die ganze Geistlichkeit.“
In
seiner ersten Sitzung gab das Konzil im Lateran dem Papst die Titulation:
„Fürst des Weltalls“. In seiner zweiten Sitzung nannte es ihn: „Priester
und König, der von allem Volk anzubeten und sehr gottähnlich ist.“ In
seiner fünften Sitzung bezog es in folgenden Ausdrücken auf Leo, den
Zehnten, Weissagungen über Christi herrliche Regierung: „Weine nicht,
Tochter Zion, denn siehe, den Löwen aus dem Stamme Juda, die Wurzel
Davids: Siehe, Gott hat dir einen Heiland erweckt.“
Aus
Ferraris kirchlichem Wörterbuch, ein maßgebendes römisch-katholisches
Werk, führen wir folgenden gedrängten Umriss der päpstlichen Macht, wie
er unter dem Wort Papa, Art. 2, gegeben wird, an:
„Der
Papst ist von solcher Würde und Erhabenheit, dass er nicht ein einfacher
Mensch, sondern gleichsam Gott ist, und der Vikar (Vertreter) Gottes ...
Darum ist der Papst mit einer dreifachen Krone, als König des Himmels,
der Erde und der Hölle, gekrönt. Ja, des Papstes Hoheit und Gewalt
erstreckt sich nicht nur über himmlische, irdische und höllische Dinge;
sondern auch über die Engel, und ist höher als sie, so dass, wenn es möglich
wäre, dass Engel vom Glauben irren oder ihm Widersprechendes halten könnten,
so könnte der Papst sie richten und in den Bann tun ... Von solcher Würde
und Gewalt ist er, dass er ein und denselben Richterstuhl mit Christo
einnimmt, so dass, was immer der Papst tut, aus dem Mund Gottes
hervorzugehen scheint ... Der Papst ist gleichsam Gott auf Erden, der
einzige Fürst der Gläubigen Christi, der größte König aller Könige,
die Fülle der Macht besitzend; welchem die Herrschaft des irdischen und
himmlischen Königreiches ist.“ Er fügt weiter hinzu: „Der Papst ist
von so großer Autorität und Macht, dass er das göttliche Gesetz abändern,
erklären und auslegen kann.“ „Der Papst kann manchmal das göttliche
Gesetz aufheben, indem er dasselbe beschränkt, erläutert“ usw.
So
versuchte der Antichrist nicht nur die Kirche vor der vom Herrn
festgesetzten Zeit zur Macht zu bringen, sondern war auch verwegen genug,
göttliche Gesetze „aufzuheben“ und „abzuändern“, so dass sie zu
seinen eigenen Plänen passten. Wie deutlich hat er damit die Prophezeiung
erfüllt, die über tausend Jahre früher über ihn aussagte: „Er wird
unterstehen, Zeit und Gesetz zu ändern.“ - Daniel 7:25
In
einer Bulle oder einem Edikt macht Sixtus, der Fünfte, bekannt:
„Die
Autorität, welche den Apostel Petrus und seinen Nachfolgern durch die
unermessliche Kraft des ewigen Königs verliehen ist, übertrifft alle
Macht irdischer Könige und Fürsten. Ihr Urteil über alle ist unumschränkt.
Und findet sie je welche, die Gottes Ordnung widerstreben, so übt sie
strengere Rache an ihnen und stürzt sie von ihren Thronen, wie mächtig
sie auch seien, und wirft sie, wie die Diener des sich überhebenden
Luzifer, in die untersten Örter der Erde hinab.“
Eine
Bulle des Papstes Pius, des Neunten, betitelt: „Verdammung und
Verbannung von Elisabeth, der Königin von England, und ihren Anhängern -
mit Hinzufügung anderer Strafen“, lautet folgendermaßen:
„Er,
der in der Höhe herrscht, dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben
ist, übergab die eine heilige, katholische Kirche (außer welcher kein
Heil ist) einem allein, nämlich: Petrus, dem Apostelfürsten, dem
Nachfolger von Petrus, dem Bischof von Rom, um in der Fülle der Kraft
regiert zu werden. Ihn allein machte er zum Fürsten über alle Völker
und Königreiche, auszureißen, zu zerstören, zu zerstreuen, zu verzehren,
zu pflanzen und zu bauen.“
St.
Bernhard versichert: „Niemand außer Gott, weder im Himmel noch auf
Erden, sei dem Papst gleich.“
„Der
Kaiser Konstantin“, sagt Papst Nikolaus, der Zweite, „verlieh dem
Papst die Bezeichnung Gott, der deshalb, weil er Gott ist, von keinem
Menschen gerichtet werden kann.“
Papst
Innozenz, der Dritte, sagt: „Der Papst steht an Stelle des wahren Gottes“;
und das kanonische Gesetz in der Randglosse benennt den Papst - „unseren
Herr-Gott“.
Innozenz
und Jakobatus sagten: „Der Papst kann beinahe alles tun, was Gott vermag“,
während Dezius das Wort beinahe als unnötig zurückweist. Jakobatus und
Durandus stellen die Behauptung auf, man dürfe eben sowenig zu ihm wie zu
Gott sagen: „Herr, was tust du?“
Und
Antonius schrieb: „Ihm (dem Papst) steht es zu, die Dinge anzuordnen,
die das öffentliche Wohl betreffen, und das zu beseitigen, was diesen
Endzweck hindert, als Laster, Missbräuche, welche die Menschen von Gott
entfremden ... Und dieses gemäß Jer. 1:10 (hier wiederum eine
Prophezeiung, welche von Christi tausendjährigem Reich handelt, auf den
Antichristen anwendend): „Siehe, ich bestelle dich an diesem Tag über
die Nationen und über die Königreiche, um auszurotten und niederzureißen
und zu zerstören und abzubrechen“, das bezieht sich auf Laster; „zu
bauen und zu pflanzen“, das bezieht sich auf Tugenden. Was die Gewalt
des Papstes über die in der Hölle betrifft, welche durch die Fische im
Meer bezeichnet werden (Psalm 8) - weil, wie die Fische beständig von den
Wellen des Meeres bewegt werden, so die im Fegefeuer Befindlichen fortwährend
durch Erleiden von Strafen in Bewegung gehalten werden - so hat Gott auch
die Fische im Meer, das bedeutet die im Fegefeuer Befindlichen, dem Papst
unterstellt, damit er sie durch Ablass befreie.
Die
Heiden sind dem Papst, der an Christi Statt der Welt vorsteht, unterworfen.
Der Papst ist Christi Stellvertreter, und niemand kann sich rechtmäßigerweise
seinem Gehorsam entziehen, eben sowenig wie jemand sich rechtmäßig dem
Gehorsam gegen Gott entziehen kann ... Der Papst kann heidnische und
barbarische Völker züchtigen ... Und obschon sie nicht mit geistlichen
Strafen, mit Bann und dergleichen gezüchtigt werden können, so können
sie doch von der Kirche mit Geldstrafen und von den Fürsten mit körperlichen
Züchtigungen gestraft werden. Indirekt kann die Kirche die Juden mit
geistlichen Strafen züchtigen, indem sie christliche Fürsten in den Bann
tut, zu deren Untertanen Juden gehören, wenn jene sich weigern, diese mit
zeitlichen Strafen zu belegen, im Falle sie den Christen irgend etwas
zuleide tun ... Wenn jemandes Bekehrung begehrt wird, so mag er mit
Schrecken und Streichen dazu gezwungen werden, nicht eigentlich um Glauben
zu erlangen, sondern damit er durch seinen Eigenwillen dem Glauben kein
Hindernis in den Weg lege. Der Bekehrung Ungläubiger wegen sollte das
Gericht Gottes nachgeahmt werden.“
Hier
ist ein Beispiel davon, wie Irrtum in der Lehre Ungerechtigkeit erzeugt.
Gar schnell können Leute zu aller Art von Grausamkeit und Bedrückung
verleitet werden, wenn sie sich nur erst davon überzeugt haben, dass sie
in der Ausübung solcher Schändlichkeiten Gott ähnlicher - Nachahmer
Gottes - werden. Es ist nur ein Wunder, dass die Menschen noch so gütig
und milde sind, wie sie sind, bei all den schrecklichen Ideen und den
falschen Lehren über den Plan Gottes für die Menschheit, womit Satan sie
geblendet und getäuscht und durch die päpstliche Quelle des Irrtums in
eine ihrer gefallenen Natur so verwandte Bahn gelenkt hat. Derselbe
Schriftsteller fährt fort:
„Die
Macht des Papstes erstreckt sich über Häretiker (Ketzer) und
Schismatiker (die Spaltungen anstiften), die auch mit Ochsen bezeichnet
werden, denn sie widerstreben der Wahrheit mit dem Horn des Stolzes. Gott
hat diese ebenfalls dem Papst unterworfen, damit sie Vierfacherweise gezüchtigt
werden, nämlich: durch Exkommunikation, Absetzung, Verlust zeitlicher Güter
und militärische Verfolgung. Aber nur dann sind sie für Häretiker zu
halten, wenn sie sich weigern, ihren verderblichen Lehren abzusagen, und
dieselben gar noch halsstarrig vertreten.“ ... „Der Papst kann den
Kaiser erwählen. Der Kaiser ist der Minister (Diener) des Papstes,
insofern als er ein Diener Gottes ist, an dessen Stelle der Papst steht;
denn Gott hat den Kaiser als Minister des Papstes verordnet Ich setze
voraus, dass in Wahrheit gesagt werden muss, dass der Papst, der Vikar
Christi, anstatt des lebendigen Gottes, allgemeine Gerichtsbarkeit über
geistliche wie weltliche Dinge in der ganzen Welt besitzt.“
Die
folgenden, von H. G. Guinness, einem angesehen englischen Schriftsteller,
aus Foxs: „Acts and Monuments“ (Taten und Denkmäler) gesammelten Äußerungen
der Päpste verdienen hier eine hervorragende Stelle; und wir können in
die Bemerkung dieses Schriftstellers über das System, aus dessen Mund
solche Äußerungen fließen, herzlich einstimmen, wenn er sagt: „Wenn -
wer sich selbst erhöht, soll erniedrigt werden -, welche Erniedrigung
kann sich mit solcher Selbstüberhebung messen?“
„Weil
man also sieht, dass dem Petrus solche Macht gegeben und mir in Petrus,
als seinem Nachfolger, wer denn in aller Welt ist der, der meinen Dekreten
nicht untertan sein sollte, die solche Macht im Himmel, in der Hölle, auf
Erden, bei den Lebendigen und auch bei den Toten haben. Vermöge dieses
Rechtes des Schlüssels ist die Fülle meiner Macht so groß, dass während
alle anderen Untertanen sind, ja selbst Kaiser ihre Befehle und deren
Vollstreckung mir unterstellen müssen, bin nur ich keiner Kreatur
untertan, nicht einmal mir selber. So bleibt meine päpstliche Majestät
allezeit unvermindert; höher denn alle Menschen, dem jedermann gehorchen
und folgen muss, den kein Mensch richten oder irgendeines Verbrechens
zeihen kann, den kein Mensch absetzen kann, als nur ich selber. Niemand
kann mich in den Bann tun, selbst dann nicht, wenn ich mit Gebannten
kommunizierte; denn kein Kirchengesetz bindet mich. Niemand darf mir lügen:
denn wer mir lügt, ist ein Ketzer und eine gebannte Person. Sonach ist
also offenbar, dass die Größe des Priestertums, das in Melchisedek
angefangen, in Aaron gefeiert, in Christo vervollkommnet, in Apostel
Petrus vertreten, zur Universalherrschaft erhöht wurde, im Papst kund und
offenbar ist. So dass durch diesen Vorrang meines Priestertums, da alles
mir untertan ist, wohl in mir bewahrheitet scheinen mag, was von Christo
vorausgesagt wurde: Du hast alle Dinge unter seine Füße getan.“
„Und
gleicherweise ist anzunehmen, dass der Bischof solcher Kirche stets gut
und heilig ist. Ja, wenn er in Totschlag und Ehebruch fiele, könnte er
wohl sündigen, aber angeklagt könnte er nicht werden, vielmehr müsste
er durch die Morde des Simson und der Diebstähle der Hebräer usw.
entschuldigt werden. Die ganze Erde ist mein Sprengel, und ich bin der
geistliche Richter aller Menschen, da ich die Autorität des Königs aller
Könige über die Untertanen habe. Ich bin alles in allem und über allen,
so dass Gott selbst und ich, der Vikar Gottes, beide ein Konsistorium (Versammlungszimmer)
haben, und ich vermag beinahe alles zu tun, was Gott tun kann. In allem,
das mich gelüstet, steht mein Wille für Gründe; denn ich vermag durch
das Gesetz über Gesetz hinaus zu entbinden und aus Unrecht Recht zu
machen, indem ich die Gesetze verändere und umwandele. Wenn daher von den
Dingen, die ich tue, gesagt wird, dass ein Mensch sie nicht, sondern nur
Gott tun könne - wozu anders kannst du mich machen, als zu Gott? Wiederum,
wenn die Prälaten von Konstantin für Götter erklärt und gerechnet
wurden, so scheine ich, der ich über den Prälaten stehe, aus diesem
Grunde über allen Göttern zu stehen. Darum kein Wunder, dass es in
meiner Macht liegt, Feste, Zeiten und Gesetze zu ändern, von allen Dingen,
ja sogar von den Vorschriften Christi zu dispensieren (freizusprechen).
Denn, wenn Christus dem Petrus gebietet, sein Schwert einzustecken und die
Jünger warnt, zur Selbstverteidigung keine äußere Gewalt zu gebrauchen,
schreibe nicht ich, Papst Nikolaus, den Bischöfen Frankreichs, und
ermahne sie, ihr leibliches Schwert zu ziehen? ... Und ob auch Christus
auf der Hochzeit zu Kanaan in Galiläa gegenwärtig war, verbiete nicht
ich, Papst Martin, den geistlichen Priestern bei Hochzeitsvermählern
anwesend zu sein, und selbst zu heiraten? Ferner, wo Christus ohne Gewinn
zu leihen gebietet, entbinde nicht ich, Papst Martin, davon? Was soll ich
sagen von Mord, wenn ich bewirke, dass, einen Exkommunizierten (mit dem
Kirchbann Bestraften) zu töten, kein Mord oder Totschlag sei?
Gleicherweise gegen das Gesetz der Natur, ferner gegen die Apostel, auch
gegen den Kanon der Apostel kann und tue ich dispensieren (frei sprechen);
denn, wenn sie in ihrem Kanon vorschreiben, dass ein Priester wegen
Hurerei abzusetzen sei, so ändere ich, durch die Vollmacht des Sylvesters,
die Härte jener Verordnung, indem ich erwäge, dass jetzt der Geist und
auch der Leib des Menschen schwächer sind als damals ... Wenn ihr geneigt
seid, in der Kürze alle die Fälle zu hören, die meiner päpstlichen
Verfügung zustehen, deren Zahl auf einundfünfzig kommt, und mit welchen
kein Mensch sich befassen darf, als nur ich selbst allein, so will ich sie
aufzählen. (Hier folgt eine lange Liste.)
„Nachdem
ich nun meine Gewalt im Himmel, auf Erden und im Fegefeuer dargetan habe,
wie groß sie ist, und was die Fülle derselben im Binden, Lösen,
Befehlen, Erlauben, Erwählen, Bestätigen, Erlassen, Setzen und Entsetzen
usw. ist, will ich ein wenig von meinen Reichtümern und großen
Besitzungen reden, woran jedermann meinen Wohlstand und Überfluss an
allen Dingen - Renten, Zehnten, Tributen, meiner Seide, meinen purpurnen
Bischofsmützen, Kronen, Gold, Silber, Perlen und Edelsteinen, Ländern
und Herrschaften - sehen kann. Denn mir gehört zuerst die kaiserliche
Stadt Rom, der Palast zu Lateran; das Königreich Sizilien ist mein
Eigentum; Apua und Capua sind mein. Auch die Königreiche England und
Irland, sind sie nicht, oder müssten sie mir nicht zinspflichtig sein?
Hierzu füge ich noch, dass außer anderen Provinzen und Ländern, im
Morgen- und Abendland, vom Süden bis zum Norden diese Gebiete mit Namen:
(hier folgt eine lange Liste.) Was soll ich hier reden von meinen täglichen
Einkünften, meinen Erstlingsfrüchten, Annaten, Bischofsmänteln, Ablässen,
Bullen, Beichtstühlen, Vergünstigungen und Verfügungen, Vermächtnissen,
Erlassungen, Privilegien, Stiftungen, Wahlen, religiösen Häusern und
dergleichen, welches alles auf keine kleine Menge Geldes kommt? ...
welcher Gewinn meiner Schatzkammer zufließt, kann zum Teil vermutet
werden ... Aber, was soll ich sagen von Deutschland, wenn die ganze Welt
mein Kirchsprengel ist, wie meine Kirchenrechtslehrer sagen, und alle
Menschen zu glauben verbunden sind? Deshalb, wie ich angefangen, so schließe
ich: Ich befehle, tue kund, erkläre, dass jedem menschlichen Wesen zur
Seligkeit notwendig sei, mit untertan zu sein.“
Manche
meinen heutzutage, diese Prahlereien des Papsttums gehörten nur der
fernen Vergangenheit an, und dass in späteren Zeiten eine große Veränderung
vor sich gegangen sei; aber ein wenig Überlegung und Beobachtung beweist,
dass die Gesinnung des Papsttums noch unverändert dieselbe ist. Wir müssen
auch nicht vergessen, dass das Papsttum stets behauptet, seine Lehren
seien unveränderlich, die Beschlüsse der Päpste und Konzilien seien
unfehlbar, und dass jene Lästerung gegen Gott und die von Verfolgungswut
gegen die Heiligen schnaubenden Dekrete noch bis auf den heutigen Tag in
der römisch-katholischen Kirche heilig gehalten werden. Das, worin das
Papsttum jetzt anders ist, ist nur der Verlust der Gewalt, der durch das
Erwachen der Reformation bewerkstelligt wurde. Derselbe Wille ist noch
vorhanden, aber die Macht ist durch die wachsende Erkenntnis und Freiheit
beschnitten, wobei die Bibel der Hauptfaktor gewesen ist. Der Antichrist
wird allmählich - durch den rechten Christus - „durch den Geist seines
Mundes“, sein Wort, - machtlos - gemacht. Bald wird der helle Glanz der
Gegenwart Immanuels das ruhmsüchtige Nachbild gänzlich vernichten und
die Welt aus den Ketten der betrügerischen Behauptungen und Irrtümer
desselben völlig befreien.
Als
Illustration, wie anmaßend man selbst noch in neuerer Zeit ist, beachte
die Tatsache, dass der gegenwärtige Papst bei der Besteigung des päpstlichen
Thrones den Titel Leo, der Dreizehnte, annahm, und kurz danach sich
unterzeichnete: „Leo de Tribus Juda“, das bedeutet - „Der Löwe aus
dem Stamme Juda“ - einer der Titel des wahren Hauptes. In anmaßenden
Aussprüchen stand er also denen nicht nach, die dasselbe Amt in dem
finsteren Zeitalter inne hatten.
Das
Folgende: „Die Adoration“ (Anbetung) genannt, ist noch jetzt ein Teil
der Zeremonien, die mit der Einsetzung eines neuen Papstes verbunden sind.
Der neue Papst, in weiß gekleidet, mit funkelnden Diamanten behängt, in
roten Schuhen, mit goldenen Kreuzen als Schnallen, wird zum Altar geleitet,
wo er niederkniet. Dann - „erhebt sich der Papst, und, die Mitra (Bischofsmütze)
auf dem Haupt, wird er von den Kardinälen auf den Altarthron gehoben, um
da zu sitzen. Einer der Bischöfe kniet, und der Gesang des „Te Deum“
(Großer Gott, wir loben Dich) beginnt. Mittlerweile küssen die Kardinäle
Füße, Hände und Gesicht des Papstes.“ Eine in der päpstlichen Münzstätte
geprägte Denkmünze, die diese Zeremonie darstellt, trägt diese Worte:
„Den sie erschaffen, den beten sie an.“
Kardinal
Manning, der Hauptvertreter des Papsttums in England, bestätigt die
folgende Klausel des katholischen Glaubens und lenkt die öffentliche
Aufmerksamkeit darauf:
„Wir
tun kund, bestätigen, bestimmen und erklären es für jegliche
menschliche Kreatur zur Seligkeit notwendig, dem römischen Pontiff
untertan zu sein.“ Und in einer öffentlichen Abhandlung lässt er den
Papst folgendes sagen: „Ich behaupte, der oberste Richter und Leiter der
Gewissen zu sein; des Bauern, der das Feld baut, und des Fürsten, der auf
dem Thron sitzt; der Familie, die im Schatten der Zurückgezogenheit lebt;
der Legislatur, welche die Gesetze für Königreiche macht. Ich bin der
alleinige, letzte und allerhöchste Richter über das, was Recht und
Unrecht ist.“
Unter
den neuesten Auslassungen solch „großer schwülstiger Reden„ von
Seiten des Papsttums dürfen wir gewiss auch das denkwürdige Dekret des
allgemeinen Konzils zu Rom, im Jahre 1870, welches die Unfehlbarkeit des
Papstes verkündet, nicht übersehen. Allerdings ist von anmaßenden Päpsten
früher ab und zu behauptet worden, dass sie unfehlbar seien, und um ihrem
Stolz zu schmeicheln, haben Fürsten und Bischöfe sie in der Erklärung:
„Du bist ein anderer Gott auf Erden“, tatsächlich so genannt; aber es
blieb einem päpstlichen Konzil in dem aufgeklärten neunzehnten
Jahrhundert aufgespart, mit kaltem Blut und mit Überlegung der Welt zu
sagen, wie groß dieser andere „Gott auf Erden“ sei - dass er fast so
vollkommen sei, wie der andere Gott im Himmel, dass er ebenso wenig wie
der andere irren könne; dass der Papst in seinen ex Kathedra (aus päpstlicher
Vollmacht) Äußerungen unfehlbar, irrtumslos sei.
Die
Abstimmung des Konzils erfolgte am 13. Juli 1870, und am 18. wurde das
Dekret formell mit gehörigen Zeremonien in der St.-Peters-Kathedrale verkündet.
Folgende Beschreibung des Ereignisses von Dr. J. Cummings in London, wird
mit Interesse gelesen werden. Er sagt:
„Um
eins der imposantesten Schaugepränge zu veranstalten, ließ sich der
Papst vor dem östlichen Fenster in der St.-Peters-Kathedrale einen großartigen
Thron errichten, hüllte sich in ein vollständiges Lichtmeer köstlicher
Edelsteine und war von den Kardinälen, Patriarchen und Bischöfen in pompöser
Tracht umgeben. Er hatte die frühe Morgenstunde und das östliche Fenster
gewählt - damit die aufgehende Sonne die Fülle ihrer Strahlen auf seine
Hoheit ergieße, und sich in seinen Diamanten, Rubinen und Emeralden
brechen und widerspiegeln würde, dass es scheine, als ob er nicht ein
Mensch, sondern das sei, was das Dekret von ihm verkündete: Einer, der
die Herrlichkeit Gottes besitzt ... Der Papst stellte sich frühzeitig am
östlichen Fenster auf ... Die Sonne jedoch versagte ihren ... Schein. Der
trübe Morgen wurde dunkler und immer dunkler. Die blendende Herrlichkeit
konnte nicht erzeugt werden. Die greisen Augen des Gernegott konnten nicht
bei Tageslicht zum Lesen sehen. Er musste nach Kerzen schicken. Das
Kerzenlicht griff seine Sehnerven zu stark an, und er übertrug das Lesen
einem der Kardinäle. Der Kardinal fing unter immer schwärzer werdender
Dunkelheit zu lesen an, hatte aber noch nicht weit gelesen, als ein solch
blendender Strahl und solch betäubender Krach aus dem tintenähnlichen
Himmel fuhr, wie Rom es nie zuvor erlebt hatte. Schrecken fiel auf alle.
Das Lesen hörte auf. Ein Kardinal sprang zitternd von seinem Stuhl auf
und schrie: „Es ist Gottes Stimme, im Donner Sinais redend.“
Unter
den gotteslästerlichen Anmaßungen des Antichristen verdienen mehrere
seiner Lehren, sonderlich die Lehre von der Messe, welche wir im folgenden
Band behandeln, beachtet zu werden. Die Verehrung der Heiligen und der
Maria übergehend, beachten wir einige noch traurigere Irrtümer.
Unfehlbarkeit
der Kirche war einer der ersten und bahnte den Weg zur anderen. Sie wurde
aufgestellt, ehe noch der Papst als solcher anerkannt war. Sie war eine überaus
schädliche Irrlehre und versperrte den Weg zur Berichtigung der Irrtümer,
als man sie später einsah. Sie entzog die Beschlüsse der
Kirchen-Konzilien allem Widerspruch oder der Untersuchung, sei es durch
die Vernunft oder durch die Schrift, und machte statt des Wortes Gottes,
der Bibel, die Unwissenheit, die Schwächen und falschen Begriffe der
Menschen zur Richtschnur des Glaubens. Denn wird einmal zugegeben, dass
die Stimme der Kirchen-Konzilien unfehlbar (irrtumslos) sei, so müsste
sich alles vor ihr beugen und nach ihr richten; und jedes Konzil hielt
sich gebunden, keine Entscheidung im Widerspruch mit früheren Konzilien
zu fällen, und die, welche etwa anders handelten, standen in Gefahr,
verworfen zu werden. So konnte ein einmal bestätigter Irrtum nicht
umgestoßen und nicht einmal fallen gelassen werden, und Bibel und
Vernunft mussten so ausgelegt und gedreht werden, dass sie mit den
unfehlbaren Beschlüssen fehlbarer Menschen stimmten. Kein Wunder, dass
man meinte, es bedürfe eines sehr geschickten Theologen, die Schrift
auszulegen, dass sie mit den sogenannten unfehlbaren Dekreten übereinstimmte.
Kein Wunder auch, dass der Antichrist es für ratsam hielt, ein Verbot der
Bibel zu erlassen. Die Geschichte des Papsttums zeigt deutlich, dass es
die Bibel, die es doch als Gottes Wort hochzuhalten versicherte, in den
Hintergrund gedrängt, und seine eigenen unfehlbaren Worte in den
Vordergrund gestellt hat. Und nicht nur das, sondern es hat Gottes Wort
als ganz und gar unpassend zum Lesen und als für das Volk gefährlich
verboten, damit seine eigenen unfehlbaren Worte vollen Schwung haben könnten.
Es wusste recht wohl, dass die Bibel seiner Macht gefährlich war und
seinen gotteslästerlichen Anmaßungen gegenüber eine beständige Anklage
sein würde.
In
den Tagen der päpstlichen Macht wurde der Besitz oder das Lesen der Bibel
als ein Verbrechen behandelt. Die Buchdruckerkunst und daraus
hervorgehendes, allgemeineres Aufleben der Gelehrsamkeit, um das
sechzehnte Jahrhundert herum, bewirkte das Wiedererstehen der Bibel aus
dem Grabe toter Sprachen, worin der Antichrist sie so lange verborgen
gehalten hat, indem er das Übersetzen derselben bei schwerer Strafe
verboten hatte. Und als ein Erwachen des Geistes der Unabhängigkeit
anfing, die Bibel in lebender Sprache unter dem Volk auszubreiten, war
Bibelverbrennen keine ungewöhnliche Sache; und lang und laut waren die
herzlosen Flüche aus dem Vatikan gegen die verwegenen Sünder, die das
Wort Gottes zu übersetzen, zu veröffentlichen oder zu lesen wagten.
Als
Wicliff seine Übersetzung herausgab, schickte Papst Gregor eine Bulle an
die Oxforder Universität, worin er den Übersetzer als in eine „verabscheuungswürdige
Gottlosigkeit verrannt„ verdammt. Tyndals Übersetzung wurde ebenfalls
verdammt, und als Luther seine deutsche Übersetzung veröffentlichte,
erließ Papst Leo, der Zehnte, eine Bulle gegen ihn. Dessen ungeachtet
ging das Werk herrlich und stetig weiter. Die Bibel sollte eine völlige
Auferstehung erleben, und über alle Völker und Zungen ihr helles Licht
ergießen. Langsam begriff die römische Kirche dies und beschloss deshalb,
die Übersetzung der Schrift in neuere Sprachen durch katholische Übersetzer
und mit katholischen Anmerkungen zu gestatten. Diese sollten jedoch nur
dann dem Volk gegeben werden, wenn zu befürchten war, dass es die
protestantische Bibelübersetzung in die Hand bekäme. Die Rheimsche Übersetzung
erklärt dies.
Folgendes
zeigt, von welcher Art einige Anmerkungen der Rheimschen Übersetzung sind.
Eine über Matthäus 3 heißt: „Ketzer können gestraft und unterdrückt
werden und können und sollen durch die bürgerliche Gewalt, geistlich
oder körperlich gestraft oder hingerichtet werden.“ Eine über Gal. 1:8
lautet: „Katholiken sollten ihre eigenen Eltern, wenn sie Ketzer sind,
nicht verschonen.“ Über Hebr. 5:7 lautet die Anmerkung: „Die Übersetzer
der protestantischen Bibeln sollten bis in die Tiefen der Hölle geworfen
werden.“ Und zu Offb. 17:6 heißt es: „Aber das Blut der Protestanten
wird nicht das Blut der Heiligen genannt, so wenig wie das der Diebe, Mörder
und anderer Übeltäter. Für das Vergießen desselben auf Befehl der
Gerechtigkeit ist kein Gemeinwesen zu Verantwortung zu ziehen.“
Folgendes
sind einige der Beschränkungen, die man machte, wenn man fand, dass das
Lesen der Bibel nicht gänzlich verhindert werden konnte. Die vierte Regel
des Indes Expurgatoris sagt:
„Wer
die Vermessenheit haben sollte, ohne schriftliche Erlaubnis die Bibel zu
lesen oder zu besitzen, der soll keine Absolution empfangen, bis er solche
Bibel dem Ordinarius (Hauptlehrer) ausgeliefert hat. Buchhändler, welche
Bibeln in der Volkssprache an Leute verkaufen oder sonst wie absetzen, die
keinen Erlaubnisschein haben, sollen den Wert des Buches verwirken und
durch den Bischof solchen Strafen unterworfen werden, als derselbe der
Beschaffenheit des Vergehens angemessen findet.“
Das
Konzil zu Trient in seiner 1546 gehaltenen Sitzung sagt: „Um verwegene
Geister abzuhalten, beschließt das Konzil, dass in Sachen des Glaubens
und der Sitte, und in allem, was zur Erhaltung christlicher Lehre gehört,
niemand es wagen soll, im Vertrauen auf eigenes Urteil nach seinem Verständnis
und dem zuwider die Schrift zu verdrehen, was die heilige Mutterkirche,
deren Recht es ist, über die wahre Meinung zu entscheiden, bisher
gehalten hat und noch hält.“
Aus
der an das Primat von Polen und gegen die Bibelgesellschaften gerichteten
Bulle Pius, des Siebten, vom 29. Juni 1816, führen wir an:
„Wir
sind wahrhaft erschüttert worden durch den listigen Anschlag, wodurch
selbst das Fundament der Religion untergraben wird, und nachdem wir in
Anbetracht der Wichtigkeit des Gegenstandes mit unseren ehrwürdigen Brüdern,
den Kardinälen der heiligen römischen Kirche, Rats gepflogen, haben wir
mit der äußersten Sorgfalt und Aufmerksamkeit überlegt, was für Maßnahmen
von unserer päpstlichen Autorität angenommen werden sollten, um dieser
Pestilenz entgegen zu wirken, und sie soweit als möglich zu beseitigen
... Aus eigenem Antrieb habt Ihr bereits das ernste Verlangen gezeigt, die
gottlosen Schliche dieser Neuerer zu entdecken und unschädlich zu machen;
doch ermahnen wir Euch kraft unseres Amtes wieder und wieder, dass Ihr täglich
mit dem äußersten Ernst erstreben wollet, was Ihr durch Gewalt, durch
guten Rat oder Ansehen erreichen könnet ... Die von Ketzern gedruckte
Bibel ist den Regeln des Index gemäß unter die verbannten Bücher zu zählen.“
Derselbe
Papst erließ im Jahre 1819 eine Bulle gegen den Gebrauch der Schrift in
den Schulen Irlands. Aus derselben führen wir an:
„Es
ist der heiligen Kongregation zu Ohren gekommen, dass durch Mittel von
Irrgläubigen in allen Teilen Irlands Bibelschulen errichtet worden sind,
in denen Unerfahrenen beiderlei Geschlechtes das verderbliche Gift
falscher Lehren beigebracht wird ... Alle möglichen Anstrengungen sollten
daher gemacht werden, die Jugend von diesen verderblichen Schulen
fernzuhalten ... Arbeitet mit aller Macht, dass die rechtgläubige Jugend
nicht durch dieselben verdorben werde - ein Ziel, das, wie ich hoffe,
durch Errichtung von katholischen Schulen in allen euren Sprengeln leicht
zu erreichen sein wird.“
Hier
wird offen und ehrlich eingeräumt, was der eigentliche Zweck der
Errichtung von katholischen Gemeindeschulen in Großbritannien und
Nordamerika sei: Nämlich, ihre Grenzlinie zu beschützen. Keinen anderen
Zweck kennt der Antichrist, wenn er dem gemeinen Volk Bildung anbietet.
Unwissenheit und Aberglauben sind die Bollwerke des Papsttums; und die
Jahrhunderte seiner Macht, mit Einschluss derer, die man als „finstere
Zeitalter“ kennt, bezeugen das. Die Ausbildung der Geistlichkeit unter
gewissen „Beschränkungen“ wurde zwar nicht versäumt, aber dass keine
Vorkehrungen zur Bildung des Volkes getroffen wurden, dafür ist die
krasse Unwissenheit in allen römisch-katholischen Ländern ein starker
Beweis. Schulen und Bibel sind immer die unleidlichsten Feinde des
Antichristen gewesen - auf die, um die Existenz, den Bestand des
Antichristen zu sichern, ein falsches Licht geworfen werden musste.
Aus
der Bulle Leos, des Zwölften, an die römisch-katholische Geistlichkeit
Irlands im Jahre 1825 führen wir an:
„Es
ist euch kein Geheimnis, ehrwürdige Brüder, dass eine gewisse
Gesellschaft, gemeinhin „Bibelgesellschaft“ genannt, sich kühn über
die ganze Welt verbreitet. Die Überlieferungen der heiligen Väter
verachtend und im Gegensatz zu den wohlbekannten Dekreten des Konzils zu
Trient, hat diese Gesellschaft alle ihre Kräfte gesammelt und richtet
alle ihre Mittel auf den einzigen Punkt: Auf die Übersetzung oder
vielmehr Verdrehung der Bibel in die Landessprachen aller Nationen.“
Sogar
der verstorbene Papst Pius, der Neunte, äußerte seine Herzensangst über
den allseitigen Triumph dieses großen Feindes des Antichristen - der
Bibel. Er sagt: „Verflucht seien jene äußerst listigen und betrügerischen
Gesellschaften, Bibelgesellschaften genannt, welche der unerfahrenen
Jugend die Bibel in die Hand geben.“
Allerdings
wurde auf dem römisch-katholischen Plenar-Konzil zu Baltimore im Jahre
1886 beschlossen, dass eine kirchlich genehmigte Ausgabe der Bibel in den
katholischen Schulen der Vereinigten Staaten zuzulassen sei. Dies deutet
aber keine Änderung in der wahren Gesinnung des Antichristen an. Es ist
nur ein weiterer Streich seiner fernsichtigen Staatsklugheit, die den
Geist der Freiheit dieses Landes, der solche Beschränkungen verabscheut,
in Rechnung zieht. Sie wussten gar wohl, dass man Freiheit und nicht die
Bibel wollte; und fünf Jahre danach angestellte Nachforschungen ergaben,
dass die Bibel in den katholischen Schulen Amerika nicht zu finden ist.
Die
Lehre von der dem Menschen innewohnenden Unsterblichkeit (dass ein
menschliches Dasein, einmal angefangen, nie aufhöre) war ein anderer, von
der griechischen Philosophie entlehnter, fruchtbarer Irrtum. Wenn aber
zugegeben wurde, dass ein Dasein ewig fortdauern muss, so führte das zu
dem natürlichen Schluss, dass alle die Stellen der Bibel, die eine schließliche
Vernichtung, den zweiten Tod usw. aller boshafter Sünder ausdrücken, das
Gegenteil von dem meinen, was sie sagen, nämlich: Ewiges Leben in
irgendeinem Zustand. Nun war es leicht zu beschließen, dass es für die
Gottlosen ein Leben von Leiden sein müsse; und die Qualen derselben
wurden häufig in Farbengemälden an den Wänden der Kirchen dargestellt,
als auch durch die Worte eifriger Priester und Mönche vor Augen gemalt.
Dieser Irrtum machte um so mehr auf die neu zu Bekehrenden Eindruck, weil
die griechischen Philosophen (von der Welt damals als die Leiter in Sachen
der Wissenschaft, Religion und Philosophie angesehen - deren Ideen, wie
Josephus zeigt, den Judaismus eben zu färben begannen) schon längst eine
Strafe für die Gottlosen im Tode gelehrt hatten. Zu ihren Gunsten muss
jedoch gesagt werden, dass sie sich niemals zu der greulichen Lästerung
des Wesens und der Oberhoheit Gottes verstiegen, wie sie der Welt vom
Antichristen gelehrt wurde. Zunächst war es nun nötig, für diese Qual
den Ort zu bestimmen und ihn Hölle zu nennen und Schriftstellen zu finden,
die von Sheol und Hades und Gehenna reden und den eigentlichen Lohn der Sünde
- den ersten und zweiten Tod - beschreiben, und sie, wie auch die
Gleichnisse unseres Herrn und die Symbole (Bilder) der Offenbarung so fein
anzuwenden, dass sie die ganze Welt und sich selbst über diese Sache täuschten,
und so Wesen und Plan unseres himmlischen Vaters lästerten und demselben
höchst empfindlich schadeten.
Das
Fegefeuer wurde dann erfunden, um solch schreckliche Lehre zu mildern und
erträglicher zu machen und zugleich, um dem Antichristen einen festeren
Halt über das Volk zu geben. Er behauptete, die Schlüssel des Himmels
wie der Hölle zu haben, und die Macht, die Schmerzen des Fegefeuers zu
lindern; nicht nur die adamitische Strafe und die daher ererbten Gebrechen,
sondern auch die Strafen vorsätzlicher und vorbedachter Sünden. Welch
gewaltigen Hebel dies gab, um ein unwissendes Volk zu drücken, kann man
sich leicht vorstellen - besonders, wenn der Kaiser und die Vornehmen der
Welt den Betrüger anerkannten und sich vor ihm beugten.
Totenmessen
folgten nun; und Reiche und Arme hielten es gleicherweise für Pflicht,
dafür freigebig zu zahlen. Messen, behauptete man, vermöchten alles, um
die Leiden im Fegefeuer zu mildern, so dass selbst Jehova oder Christus
nichts dagegen tun könnten. Dies wurde eine große Einnahmequelle für
den Antichristen, denn die Priester waren bei der Hand, Sterbende, wenn
sie vermögend waren, daran zu mahnen und zu erinnern, dass sie freigebige
Vermächtnisse für ihre eigenen Messen machen sollten; sonst möchten
ihre Erben dies versäumen. Und in der Tat, selbst bis zum heutigen Tage
erscheinen Ermahnungen ähnlicher Art in römisch-katholischen Ländern.
Man sollte weniger Geld für Begräbnisblumen ausgeben, heißt es da, um
mehr auf Messen für die Toten verwenden zu können.
Einige
Zeit vor den „Kreuzzügen“ kam der Ablass auf. Wir wissen, dass Ablass
als Werbegeld angeboten wurde, um Freiwillige für die „Kreuzzüge“
oder „heiligen Kriege“ zu werben. Jeder, der sich für diese heiligen
Kriege anwerben ließe, würde vermöge des päpstlichen Ediktes nicht nur
Vergebung erlangen, sondern sich auch Verdienst anhäufen, um künftige Sünden
zu decken und so eine Garantie gegen gewisse Leiden des Fegefeuers zu
besitzen. Diese Ablässe sind, wie Römisch-Katholiken sagen, nicht darauf
berechnet, Freiheit zum Sündigen zu geben, sondern nur eine Anerkennung
des Verdienstes, wodurch eine gewisse Anzahl von Tagen oder Jahren der
Fegefeuerpein erlassen werden: So dass, wenn die Sünden eines Menschen
ihn einer tausendjährigen Pein unterwerfen, und er durch Geld oder dem
Papsttum geleistete Dienste oder durch Büßungen zu der einen oder der
anderen Zeit sich tausend Jahre sicherte, er frei ausgehen würde. Hätte
er durch Ablass neunhundert Jahre zugute, so würde er nur hundert Jahre
zu leiden haben, und wenn seine Ablässe zusammengerechnet seine Schuld
weit übersteigen würden, so würde er wahrscheinlich für einen Heiligen
gehalten werden, der besonderen Einfluss im Himmel habe und verehrt und
angebetet werde. Von dieser Klasse ist Ludwig, der Kreuzfahrer, König von
Frankreich, ein Beispiel. Er wurde kanonisiert (heilig gesprochen) und
wird jetzt als der heilige Ludwig verehrt und angebetet.
Es
ist allerdings ein Unterschied zwischen dieser Ansicht vom Ablass und
einer Erlaubnis zum Sündigen; aber nur ein sehr geringer. Denn das
Papsttum setzte ja auf verschiedene gewöhnliche Sünden ein gewisses Maß
von Leiden, und nicht nur vergangene Sünden konnten abgetan und getilgt
werden, sondern wer zu glauben Ursache hatte, dass er später gewisse Sünden
begehen könnte, konnte sich zum voraus das zu ihrer Tilgung nötige
Verdienst beschaffen. Außerdem gibt es sogenannte „Plenar (vollständige,
gänzliche) Ablässe“, die gewiss so zu verstehen sind, dass sie alle Sünden,
vergangene wie zukünftige, decken.
Selbst
der Gebrauch der heutigen Zeit scheint kaum glaublich. Die Romanisten
haben gewisse Gebete, auf deren Wiederholung Ablass für eine gewisse Zeit
steht, und viele zusammen, so meinen sie, schützen auf lange Zeit vor dem
Zorn. So zum Beispiel: Denen, die das: „Sei gegrüßt, heilige Königin!“
sagen, wird ein Ablass von vierzig Tagen bewilligt, während auf Hersagen
der „Litanei der gesegneten Jungfrau“ ein Ablass von zweihundert Tagen
steht, und für die, welche: „Gesegnet sei die heiligste, reinste Empfängnis
der Jungfrau Maria!“ sagen, erlangen einen hundertjährigen Ablass usw.
Zu welcher Korruption (Verderbnis) diese gotteslästerliche Lehre in den
finsteren Zeitaltern geführt haben mag, wo für Geld und für Dienste bei
der Verfolgung von Ketzern und Häretikern reichlicher Ablass angeboten
wurde, lässt sich leicht denken.
Auf
Verbrechen, die gewöhnlich von den Reichen begangen wurden, die gut
bezahlen konnten, wurden ungeheure Strafen gesetzt, während die niedrigen
Klassen leichter davon kamen. So kostet eine Heirat zwischen
Geschwisterkindern 5.000 Dollars, während Frauen- oder Elternmord nur 20
Dollars kostet. Spannheim sagt: „Die Ablasseinrichtung war die Münze,
wo das Geld für die römische Kirche geprägt wurde, die Goldmine für
die verworfenen Neffen und natürlichen Kinder des Papstes, die Stärke
der päpstlichen Kriege, das Mittel, Schulden zu bezahlen und die unerschöpfliche
Quelle des päpstlichen Luxus.“
Um
diesen Handel zu regulieren, wurde eine Strafliste für verschiedene Sünden
festgesetzt - so viele Tage oder Jahre im Fegefeuer für jede, und auch
eine entsprechende Preisliste wurde angeordnet, so dass, wer für Mord,
Diebstahl, Kindermord, Ehebruch, Meineid oder andere Sünden Ablass
verlangte, mit verschiedenen festgesetzten Preisen belastet werden konnte.
So wurden die Büßungen aufgehoben und die Qual des Fegefeuers gemildert
oder beendet, je nach dem Belieben der Agenten des Antichristen. Man darf
sich nicht wundern, dass das Volk bald begriff, dass für soviel Sünde
soviel Geld bezahlt wurde.
In
solchem Grade hatten sich durch diesen Ablasskram die Verbrechen gemehrt,
dass die besseren Klassen sich im Unwillen gegen die Kirche erhoben. Die
Augen der Leute fingen an, sich aufzutun. Sie sahen die Geistlichkeit, von
den höchsten Würdenträgern der Kirche bis herab zu der niedrigsten
Beamtenstufe, in Sünde versunken.
Wie
die dunkelste Stunde dem Sturm vorhergeht, so war kurz vor der
Reformationsbewegung die dunkelste Stunde der finsteren Regierung des
Antichristen. Da erzeugte der offene und schamlose Ablasshandel einen Ekel
und führte Luther und andere eifrige Papisten dazu, das ganze System in
moralischer Hinsicht und später hinsichtlich der Lehre zu untersuchen und
zu prüfen. Schließlich verfiel Luther auf die rechte Idee - dass das
Papsttum wahrhaftig der Antichrist sei; und nachdem er dieses entdeckt,
wies er furchtlos auf etliche Symbole der Offenbarung hin und wies nach,
dass dieselben auf die päpstliche Hierarchie anwendbar und in derselben
teilweise ihre Erfüllung gefunden hätten.
Über
diesen Gegenstand zitieren wir das Folgende aus der Feder des in Amerika
wohlbekannten Geistlichen, Lymann Abott. Er sagt:
„Unter
anderen Bedingungen, für welche damals mehr als heute Ablass bewilligt
wurde, waren Geldbeiträge an die Kirche. Dieser Handel erreichte seine Höhe
am Anfang des 16. Jahrhunderts unter Leo, dem Zehnten, welcher allen denen
Ablass ankündigte, die zur Errichtung der St.-Peters-Kirche zu Rom Geld
beisteuern würden. Sein Hauptwerkzeug für den Ablasskram in Deutschland
war Johann Tetzel. Die notorische Lasterhaftigkeit Tetzels verhinderte
nicht, dass man ihn gebrauchte, um solche Gnaden anderen, reineren Seelen
zu vermitteln, und keine Übertreibung schien ihm zu groß, wenn sie nur
Geld in seinen Kasten brachte. Er erklärte, das rote Kreuz, welches ihn
überall hin begleitete, habe so große Wirksamkeit wie das Kreuz Christi
- keine Sünde sei so groß, die er nicht vergeben könne. Nicht nur die
Lebenden allein, sondern auch die Toten rettet der Ablass. „Sobald das
Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel springt.„
Solcher Art waren etliche seiner gotteslästerlichen Ankündigungen. Eine
regelmäßige Preisliste wurde angefertigt. Polygamie kostete sechs,
Kirchenraub und Meineid neun, Mord acht, und Zauberei zwei Dukaten. Dieser
offene und schamlose Handel war es, der mehr als alles andere zur
Reformation führte. Ablass wird auch heute gewährt, nicht nur für
gottesdienstliche Handlungen, sondern auch für Geldbeträge an die Kirche;
aber der allgemeine und öffentliche Handel mit demselben ist aus der römischen
Kirche größtenteils abgeschafft.“
Ein
anderer Schriftsteller führt Tetzel noch weiter an:
„Kommt
her, ich gebe euch richtig versiegelte Briefe, wodurch euch sogar alle Sünden,
die ihr später noch begehen werdet, vergeben werden. Keine Sünde ist so
groß, die durch Ablass nicht getilgt werden könnte. Zahlt nur, zahlt nur
tüchtig, und es wird euch vergeben werden. Ihr Priester, ihr Edelleute,
ihr Kaufleute, ihr Weiber, ihr Jungfrauen, ihr jungen Männer, hört, wie
eure abgeschiedenen Eltern und Freunde aus der unergründlichen Tiefe euch
zurufen: „Wir leiden entsetzliche Qual, ein kleiner Almosen würde uns
befreien! Ihr könnt es geben, wollt ihr nicht?’ Mit zehn Groschen könnt
ihr euren Vater aus dem Fegefeuer befreien. Unser Herrgott handelt nicht
mehr mit uns als Gott - Alle Gewalt hat er dem Papst übergeben.“
Nachstehend
ist ein überliefertes Formular, wie sie Tetzel gebrauchte, das mit dem
Namen des Käufers, seinen Sünden usw. ausgefüllt wurde:
„Unser
Herr Jesus Christus sei dir, __________ gnädig und absolviere dich durch
das Verdienst seiner allerheiligsten Leiden. Ich, kraft der apostolischen
Gewalt, die mir übertragen ist, entbinde ich dich von allen __________,
Übertretungen, Sünden und Verbrechen, die du begangen haben magst, wie
groß und ungeheuer, und welcher Art sie auch sein mögen ... Ich erlasse
dir die Schmerzen, die du im Fegefeuer haben würdest ... stelle dich in
der Unschuld und Reinheit deiner Taufe wieder her, so dass im Augenblick
deines Todes die Pforten des Ortes der Qual sich schließen, die Tore des
Paradieses dagegen dir sich öffnen. Und wenn du lange leben solltest,
bleibt diese Gnade doch bis an dein Ende unveränderlich. Im Namen des
Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, Amen! Der Bruder Johann
Tetzel, Kommissarius, hat dies eigenhändig unterschrieben. __________.„
Ob
es gerade bis heute noch so sei, können wir nicht sagen, aber wir wissen,
dass noch vor wenigen Jahren in großen römisch-katholischen Kirchen in
Mexiko und auf Kuba gedruckte Ablässe mit beigefügten Preisen zum
Verkauf feil lagen.
„Es
wurde ihm gegeben, mit den Heiligen Krieg zu führen und sie zu überwinden“
„Die Heiligen des Höchsten aufzureiben“
Hat
das Scheinreich des Papstes über die wahrhaft geweihten Kinder Gottes
Gewalt gehabt und geübt? Hat es sie durch eine lange Periode der Unterdrückung
und Zermalmung, wie es der hebräische Text zeigt, überwunden oder „aufgerieben“?
Wir antworten: Ja! Jedes nur erdenkliche Mittel wurde angewandt, um den
Geist wahren Christentums zu dämpfen (Joh. 8:36; Gal. 5:1; 2. Kor. 3:17)
und an dessen Stelle den Geist, Lehre und Formenwesen des Antichristen zu
setzen. Anfangs war es nicht gerade ein offener Angriff auf die Gläubigen,
sondern vielmehr ein langsamer, beständiger, zermalmender Druck, der
hauptsächlich gegen die Lehrer angewandt wurde, die am wahren Glauben
festhielten; und so wurde die Geduld und auch der Glaube vieler zunichte.
Dieses beständige Beunruhigen und Aufreiben wurde hauptsächlich durch
die Einrichtung des Beichtstuhles zuwege gebracht. Jedem aufkeimenden
Gedanken, jeder Kritik und jedem Einwand gegen dieses falsche System wurde
darin vom Antichristen nachgespürt; und durch Androhung künftiger Strafe
wurden die Beichtenden eingeschüchtert, jeden widersprechenden Gedanken
und jede widersetzliche Tat zu bekennen und zu bereuen. Gar bald fand dies
solche Unterstützung von Seiten der weltlichen Macht, dass irgendetwas
gegen die Kirche zu sagen so angewendet werden konnte, als sei es Verrat
gegen die bürgerliche Obrigkeit, die ja durch päpstliche Autorität
getragen wurde.
Im
ersten Anlauf der Erhöhung des Papsttums galt das Volk als solches
entweder als zur Kirche gehörig, oder es waren noch Heiden. Von denen
nun, die Christen zu sein bekannten, wurde erwartet, dass sie sich den
Gebräuchen und Regeln der allmählich sich selbst erhöhenden Hierarchie
anbequemten. Der Irrtum, der stets populärer ist als die Wahrheit,
verfolgte und ächtete ihre Anhänger und brachte sie in Verruf. Das war
die Zeit, wo das Weib (die wahre Kirche), wie die Offenbarung (12:6) es
schildert, in die Wüste floh - in die Einsamkeit, als eine um ihrer Treue
gegen das Haupt der Kirche willen Verbannte. In dieser Zeit, da die Abtrünnigen
zu Fürsten erhoben waren, da mussten die wahren, demütigen Heiligen
erfahren, was der Herr ihnen und allen, die in dieser gegenwärtigen Zeit
gottselig leben wollen, vorhersagte, nämlich, Verfolgung leiden. Die
Schwiegermutter war gegen die Schwiegertochter, der Vater gegen den Sohn,
Bruder gegen Bruder und eines Menschen Feinde oft seine eigenen
Hausgenossen. Lässt sich noch etwas Weiteres erdenken, das die Heiligen
des Höchsten völliger und schneller aufgerieben oder zermalmt hätte,
als ein solches jahrhundertlang betriebenes Verfahren?
Von
der Wildheit und Unerbittlichkeit solcher Verfolgungen eine Idee zu
bekommen, müssen wir uns wieder an die Geschichte wenden.
Die
Verfolgungen der Christen unter dem heidnischen Rom sind nichts im
Vergleich zu denen unter dem päpstlichen Rom. Sie waren weniger häufig
und nicht so ausgedehnt und viel weniger bitter. Von Seiten der ersten
Christen wird uns berichtet, dass die Mehrzahl der Magistratspersonen, die
in den Provinzen die Autorität des Kaisers oder Senats besaßen, und in
deren Hand die Entscheidung über Leben und Tod lag, sich wie Männer,
fein gebildete und wohlerzogene Männer, benahmen. Sie suchten nach Recht
und Gerechtigkeit zu urteilen, lehnten häufig die unliebsame Aufgabe der
Verfolgung ab und wiesen Klagen gegen Christen mit Entrüstung von sich,
wie Pilatus und Herodes im Fall unseres Herrn zu tun versuchten (Luk.
23:14, 15, 20, 22; Matth. 27:24), oder schlugen angeklagten Christen eine
gesetzliche Ausflucht vor. Öfter, wenn irgend möglich, gebrauchten sie
ihre Gewalt zur Befreiung als zur Unterdrückung der Christen; und die
heidnischen Gerichtshöfe waren oft ihre sicherste Zuflucht gegen die jüdischen
Ankläger.(Gibbon, Band 2, Seite 31-33) Die grausame Verfolgung unter dem
schrecklichen Tyrannen Nero, welcher, um den Argwohn des Publikums von
sich abzulenken, etliche Christen verbrannte, bildet eine der dunkelsten
Seiten in der Geschichte des heidnischen Roms; aber seine Opfer waren
vergleichsweise nur wenige. Die heidnischen Verfolgungen erstreckten sich
in der Regel nicht über ganze Gemeinwesen, sondern betrafen meist
hervorragende Personen. Und sogar diese Verfolgungen der leitenden Repräsentanten
war nicht so wohl eine im voraus beschlossene, beharrlich durchgeführte
Handlungsweise von Seiten der Regierung, als vielmehr die Folge eines
durch Aberglauben gereizten, nicht in Schranken zu haltenden Wutausbruches
des Volkes, dem die Machthaber im Interesse des Friedens und der Ordnung
nachzugeben für nötig hielten. Fälle dieser Art findet man in Paulus
und der anderen Apostel Lebenslauf. (siehe Apg. 19:35-41; 25:24-27; 26:2,
3, 28) Selbst die mehr allgemeineren Verfolgungen unter den römischen
Kaisern währten nur kurze Zeit, mit Ausnahme der unter Diokletian, welche
mit wechselnder Heftigkeit zehn Jahre anhielt. Zwischen diesen
Verfolgungen gab es oft lange Friedens- und Ruheperioden. Unter den
Kaisern wurden die Christen zwar sehr beunruhigt, aber bei weitem nicht
aufgerieben, sondern sie gedieh im Gegenteil, wie wir gesehen haben,
ungemein.
Wie
verschieden dagegen waren die Verfolgungen des Papsttums. Nicht nur an
hervorragendere, sondern an alle Gegner legte es die Hand, und seine
Verfolgungen dauerten nicht nur monatelang, sondern waren unaufhörlich.
Was unter heidnischen Kaisern nur Ausbrüche von Wut oder Raserei gewesen
war, wurde unter den Päpsten geradezu ein regelmäßiges, von religiösem
Fanatismus und ehrsüchtigen Plänen getragenes System. Von satanischem
Eifer, Energie und Grausamkeit beseelt, findet es in den Jahrbüchern der
Geschichte nicht seinesgleichen. Die abtrünnige Kirche legte das Schwert
des Geistes beiseite und, den Arm der weltlichen Herrschaft ergreifend,
kehrte sie deren fleischliche Waffen mit erbarmungsloser Furie gegen jeden
schwächeren Gegner, der ihrem Ehrgeiz im Wege stand, während sie den
Machthabern schmeichelte und ihnen den Hof machte und sie betrog, bis sie
deren Vertrauen gewann und ihre Stellung und Mach an sich riss.
Heidentum
und Ketzerei wurden dann gleichermaßen Zielscheibe der Verfolgung -
besonders die letztere. Die sogenannte christliche Geistlichkeit, sagt
Edgar, „verwandte die Gesetze der jüdischen Theokratie und die Vorgänge
der jüdischen Geschichte zu dem unchristlichen und gemeinen Zweck, den
Geist der Verfolgungen gegen die dahinfallenden Reste griechischen und römischen
Aberglaubens zu erwecken ... Sie lösten das alte Machwerk der Vielgötterei
auf und verwandten dessen Einkünfte zum Besten der Kirche, des Staates
und der Armee ... Das Heidentum wurde aus dem römischen Gebiet verjagt
... Zwang trat in der Regel an die Stelle der Überzeugung und
Schreckensherrschaft an die Stelle des Evangeliums des Friedens. Die Röte
der Scham drängt sich einem ins Gesicht beim Lesen von zwei heidnischen
Rednern - Symmachus und Libannius - die bei der Verbreitung der Religion
auf Walten der Vernunft und der Überzeugung drangen, während Theodosius
und Ambrosius, ein christlicher Kaiser und ein Bischof, auf Gewalt und
Zwang drangen.“
Nachdem
Konstantin zur Oberherrschaft Roms gelangt war, war er geneigt, alle
Religionen zu dulden, wie das berühmte Edikt von Mailand zeigt, welches
jedermann im römischen Reich Religionsfreiheit gewährte. Solch Verfahren
hätte von der christlichen Kirche mit Freuden begrüßt werden sollen, da
sie ja unter den früheren Verfolgungen sich so sehr nach Freiheit gesehnt
hatte; aber dies war nicht der Fall. Der echte Geist des Christentums war
geschwunden, und das Streben der Kirche war jetzt, sich so rasch als möglich
selbst zu erhöhen, indem sie jeden Freiheitsfunken auslöschte und alles
sich unterwarf. Hierüber sagt Gibbon (Band 2, Seite 236):
„Seine
(Konstantins) geistlichen Diener versuchten die Unparteilichkeit seiner
Majestät zu vermindern und in ihm den Eifer eines Proselyten zu erwecken,
... und von dem Augenblick an, da er dreihundert Bischöfe in den Mauern
seines Palastes versammelte, vernichtete er die Hoffnung auf Frieden und
Toleranz.“ Damals war es, dass der Kaiser zu der Erklärung überredet
wurde, dass diejenigen, die sich in Glaubenssachen widersetzen würden,
sich auf sofortige Verbannung gefasst machen müssten. Dieser Geist der
Unduldsamkeit artete bald in bittere und unbarmherzige Verfolgung aus.
Konstantin erließ zwei Strafgesetze gegen die Ketzer, die den
nachfolgenden Kaisern - Valentinian, Gratian, Theodosius, Arkadius und
Honorius - zum Muster dienten. Theodosius veröffentlichte 15, Arkadius
12, und Honorius nicht weniger als 18 dieser Statuten. Diese stehen in den
theodosianischen und justinianischen Gesetzbüchern verzeichnet.
Was
der Antichrist Ketzerei zu nennen beliebte (wovon vieles Wahrheit und
Gerechtigkeit war, die sich aufrecht zu erhalten strebten), wurde als
Unglaube gerechnet, und beide wurden von Königen, Kaisern und Theologen
bekämpft und besonders erstere durch die Inquisition verfolgt. Als ungefähr
am Anfang des dreizehnten Jahrhunderts die Wissenschaft wieder auflebte,
und die Menschen aus dem Schlaf und den beunruhigenden Träumen des
Finsteren Zeitalters zu erwachen anfingen, wurden diejenigen, aus deren
Herzen die Wahrheit nicht gänzlich ausgerottet worden war, angetrieben,
die Wahrheit zu erheben und den gröberen Irrtümern des Antichristen
Widerstand zu leisten. Da erwachte aber der verfolgungssüchtige Geist des
Antichristen erst recht zu voller Furte, um alle Opposition zu zermalmen.
Könige
und Fürsten, welche um die Sicherheit ihrer Kronen zitterten, sobald sie
irgendwie das Missfallen des Papstes auf sich gezogen hatten, und deren
Reiche mit dem gefürchteten Kirchenbann belegt werden konnten, wenn sie
oder ihre Untertanen sich weigern sollten, den Befehlen des Papstes
absoluten Gehorsam zu leisten, wurden beschworen, die Ketzerei auszurotten,
und gewarnt, ihre Gebiete von ketzerischer Widerspenstigkeit zu reinigen;
sonst würde ihnen die Herrschaft entzogen. Und diejenigen Edelleute, die
es versäumten, am Werk der Verfolgung mitzuhelfen, gingen ihrer Güter
verlustig. Könige und Fürsten waren mithin nicht säumig in ihren
Anstrengungen, den Befehlen des Papsttums gemäß zu handeln; und die
Barone und deren Dienstmannen standen zu Diensten, an dem Werk der
Vernichtung zu helfen.
Schon
vor diesem Erwachen, bereits im Jahre 630, zwang das Konzil zu Toledo den
König von Spanien, vor seiner Thronbesteigung zu schwören, keine
ketzerischen Untertanen in den spanischen Besitzungen dulden zu wollen,
und erklärte, dass derjenige Herrscher, welcher diesen Eid verletzen würde,
„vom Angesicht des ewigen Gottes verflucht sein und zum Brennstoff des
ewigen Feuers werden sollte.“ Aber die Tragweite solcher Forderungen
wurde viel vollständiger verwirklicht, als das Erwachen eintrat, und der
Antichrist den Höhepunkt seiner Macht erreicht hatte.
Das
Konzil zu Oxford im Jahre 1160 überwies eine Gesellschaft von Waldensern,
die von Gasconien nach England eingewandert waren, dem weltlichen Arm zur
Bestrafung. Demzufolge befahl Heinrich, der Zweite, Männer und Frauen öffentlich
auszupeitschen, sie an der Wange mit einem glühenden Eisen zu brandmarken
und halbnackt aus der Stadt in den eisigen Winter hinaus stoßen; und
niemandem wurde gestattet, sich ihrer zu erbarmen und ihnen die geringste
Hilfe zu erweisen. Kaiser Friedrich von Deutschland, 1224, verurteilte
Ketzer jeder Art zum Feuertod, ihr Eigentum zur Beschlagnahme und ihre
Nachkommen, es sei denn, sie wurden selbst Verfolger, zum Ehrverlust. König
Ludwig von Frankreich veröffentlichte im Jahre 1228 Gesetze zur
Ausrottung der Ketzerei und erzwang ihre Durchführung. Er zwang den
Grafen Raimund von Toulouse, die Ausrottung der Irrlehre in seiner
Herrschaft vorzunehmen und dabei weder Lehnsmann noch Freund zu verschonen.
Den
ersten Machtübergriffen gegenüber, aus denen sich nach und nach das päpstliche
System entwickelte, wurde Widerstand geleistet. Aber dieser Widerstand
geschah nur von Seiten einiger Treuer, deren Einfluss der überwältigenden
Strömung der Verweltlichung gegenüber, die in der Kirche herein fegte,
nur wenig ausrichten konnte. Sobald etliche den Irrtum entdeckten, zogen
sie sich nach und nach und still von dem großen Abfall zurück, um Gott
nach ihrem Gewissen zu verehren, selbst auf die Gefahr der Verfolgung hin.
Bedeutender unter diesen waren die, welche man später Waldenser,
Albigenser, Wiklifiten und Hugenotten nannte. Sie alle, obwohl mit
verschiedenen Namen bezeichnet, hatten doch, soweit wir urteilen können,
denselben Ursprung und denselben Glauben. Der „Waldensianismus“, sagt
Raimarus (3.4), der berühmte Inquisitor des dreizehnten Jahrhunderts, „ist
die älteste Ketzerei und bestand nach Einiger seit der Zeit des Papstes
Sylvester, nach Anderen seit der Zeit der Apostel.„ Sylvester war Papst,
als Konstantin Kaiser wurde und sich zum Christentum bekannte. Hieraus ist
ersichtlich, dass die Wahrheit nie ohne ihre Vertreter war, die, obgleich
gering und unpopulär, dennoch mutig dem Papsttum und den päpstlichen
Lehren vom Fegefeuer, der Bilderverehrung, der Anrufung der Heiligen, der
Anbetung der Jungfrau Maria, der Gebete für die Toten, der
Transsubstantiation (Umwandlung von Brot und Wein in den Leib Christi),
der Ehelosigkeit der Geistlichen, dem Ablass, der Messe usw. widerstanden.
Sie verwarfen Wallfahrten, Festlichkeiten, das Verbrennen von Weihrauch,
geweihte Begräbnisse, den Gebrauch von heiligem Wasser, priesterliche Gewänder,
Mönchstum usw. Sie hielten dafür, dass man die Lehren der Heiligen
Schrift annehmen sollte und nicht die Traditionen und Behauptungen der
Kirche Roms. Sie hielten den Papst für das Haupt aller Irrtümer und
lehrten, dass Vergebung der Sünden allein durch das Verdienst Jesu
Christi erlangt werden könne.
Mit
ihrem Glauben und ihrem Tun traten sie für eine Reformation in die
Schranken und waren ein beständiger Protest gegen den Irrtum, lange vor
Luthers Zeit. Wie alle Gegner des Romanismus wurden auch sie durch päpstliche
Kundschafter aufgespürt und gehasst und mit unbarmherziger Wut verfolgt.
Die Waldenser und Albigenser waren die zahlreichsten Gemeinschaften, die
gegen das Papsttum protestierten, und als das wissenschaftliche Erwachen
des dreizehnten Jahrhunderts kam, waren sie es hauptsächlich, von denen
die Wahrheit hinaus leuchtete, die in den kräftigen Worten Wiclifs, Huß,
Luthers und anderer widerhallte. Und ihre Lehren, durch ihre Einfachheit
und Sittlichkeit getragen, leuchteten mit um so größerem Glanz im
Gegensatz zu der offenbaren Unsittlichkeit des damaligen Papsttums.
Um
diese Zeit war es, dass Päpste, Konzilien, Theologen, Könige,
Kreuzritter und Inquisitoren ihre teuflische Macht verbanden, um jeden
Gegner auszurotten, die geringsten Strahlen des dämmernden Lichtes zu löschen.
Der Papst Innozenz, der Dritte, sandte zuerst Missionare in die Distrikte,
in welchen die Lehren der Albigenser Fuß gefasst hatten, um den
Romanismus zu predigen, Wunder zu verrichten usw. Als er aber diese Bemühungen
vergeblich fand, schrieb er einen Kreuzzug gegen sie aus und bot allen,
die sich daran beteiligen würden, Vergebung der Sünden und einen
direkten Pass zum Himmel an, ohne dass sie durchs Fegefeuer zu gehen hätten.
Voll Vertrauen auf des Papstes Macht, den verheißenen Lohn geben zu können,
scharten sich eine halbe Million Menschen - Franzosen, Deutsche und
Italiener - um die Kreuzesfahne zur Verteidigung des Katholizismus und zur
Vertilgung der Ketzerei. Nun folgte eine Reihe von Kriegen und
Belagerungen, die einen Zeitraum von 20 Jahren decken. Die Stadt Beziers
wurde im Jahre 1209 erstürmt und, wie verschiedene Historiker berichten,
fielen ihre Bürger, sechzigtausend an der Zahl, ohne Unterschied des
Geschlechtes und des Alters, dem Schwerte zum Opfer. Das Blut derer, die
in die Kirche flüchteten und dort von den heiligen (?) Kreuzrittern
gemordet wurden, floss um die Altäre und durch die Straßen.
Die
Stadt Lavour wurde im Jahre 1211 belagert. Der Gouverneur wurde gehängt,
seine Frau in einen Brunnen gestürzt und von Steinen zerquetscht. Die Bürger
wurden ohne Unterschied getötet; vierhundert lebendig verbrannt. Die blühende
Landschaft Languedoc wurde verheert, ihre Städte verbrannt und die
Einwohner mit Feuer und Schwert hinweg gefegt. Man nimmt an, dass an einem
einzigen Tage hunderttausend Albigenser gefallen und ihre Körper
zusammengehäuft und verbrannt worden seien.
All
dieses Wälzen im Blut und diese Greuel geschahen im Namen der Religion:
angeblich zur Ehre Gottes und der Kirche, aber in Wirklichkeit zur
Aufrechterhaltung des Antichristen, der sich in den Tempel Gottes (in die
Kirche) gesetzt hat und vorgibt, er sei Gott - ein Mächtiger - der seine
Feinde überwinden und zerstreuen kann. Die Geistlichkeit dankte Gott für
dieses Werk der Zerstörung; und für den herrlichen Sieg zu Lavour wurde
zum Preis Gottes ein Lied komponiert und gesungen. Das schreckliche
Blutbad zu Beziers hielt man für das „sichtbare Gericht des Himmels“
über die albigensische Ketzerei. Am Morgen wohnten die Kreuzfahrer der
Hochmesse bei und den Tag hindurch setzten sie ihr Werk, die Landschaft
Languedoc zu verwüsten und die Einwohner umzubringen, fort.
Man
beachte jedoch, dass diese offenen Kreuzzüge gegen die Albigenser und
Waldenser nur deshalb unternommen wurden, weil die Ketzerei einen zu großen
Umfang in diesen Gemeinden erlangt hatte. Es wäre ein großer Irrtum
anzunehmen, dass diese Kreuzzüge die einzigen Verfolgungen gewesen seien.
Das ruhige, stetige Erdrücken einzelner Persönlichkeiten, das nach
Tausenden zählte, ging in dem großen Gebiet des Papsttums stetig vor
sich. Wahrlich, die Heiligen des Höchsten wurden aufgerieben.
Karl,
der Fünfte, Kaiser von Deutschland und König von Spanien und der
Niederlande, verfolgte die Freunde der Reformation in seinem ganzen
ausgedehnten Reich. Durch den Reichstag zu Worms unterstützt, tat er
Luther und dessen Anhänger und Schriften in die Acht und verurteilte alle,
die Luther helfen oder seine Bücher lesen würden, zum Verlust ihrer Güter,
zur Reichsacht und zur Strafe des Hochverrats. In den Niederlanden wurden
die Männer, welche Luther anhingen, enthauptet und die Frauen lebendig
begraben, oder, wenn halsstarrig, den Flammen überliefert. Obgleich
dieses ganze Massen dem Tode überliefernde Gesetz nicht ausgeführt wurde,
so ging doch das Todeswerk in allen seinen schrecklichen Gestalten immer
weiter. Der Herzog von Alba rühmte sich, in sechs Wochen 18.000
Protestanten hingerichtet zu haben. Parlo rechnet die Zahl derer, die
ihrer Religion wegen in den Niederlanden hingerichtet wurden, auf 50.000.
Grotius gibt die Zahl der belgischen Märtyrer auf 100.000 an. Sterbend
ermahnte Karl noch seinen Sohn, Philipp, den Zweiten, das von ihm
begonnene Werk der Verfolgung und Ausrottung der Ketzerei zu vollenden,
welchen Rat Philipp zu befolgen nicht säumig war. Fürchterlich fachte er
den Verfolgungsgeist an und übergab die Protestanten ohne Unterschied und
ohne Erbarmen den Flammen.
Franz
und Heinrich, die französischen Könige, folgten in ihrem Eifer für den
Katholizismus und in der Ausrottung der Ketzerei dem Beispiel Karls und
Philipps. Das Gemetzel zu Merindol, Orange und Paris sind gewaltige
Beispiele ihres Eifers für die Sache des Antichristen. Das Gemetzel von
Merindol, das vom französischen König geplant und vom französischen
Senat gutgeheißen worden war, wurde dem Präsidenten Oppeda zur Ausführung
übertragen. Der Präsident war angewiesen, die Einwohner zu töten, die
Städte zu verbrennen und die Burgen der Waldenser, von denen eine große
Anzahl in jener Gegend wohnte, zu zerstören. Römisch-katholische
Geschichtsschreiber geben zu, dass infolge dieses Auftrages Tausende von Männern,
Weibern und Kindern geschlachtet wurden; vierundzwanzig Städte wurden
ruiniert und das Land wüste und öde gemacht. Männer, Weiber und Kinder
flohen in die Wälder und auf die Berge, um sich zu retten. Sie wurden
verfolgt und vom Schwert ereilt. Viele, die in den Städten geblieben,
ereilte dasselbe oder ein noch schlimmeres Schicksal. 500 Frauen wurden in
eine Scheune gesperrt, welche sodann angezündet wurde, und die etwa aus
den Luken sprangen, wurden mit Speeren aufgefangen. Frauen wurden
vergewaltigt und Kinder angesichts ihrer ohnmächtigen Eltern ermordet.
Einige wurden über Abhänge gestürzt, andere nackend durch die Straßen
geschleift.
Das
Blutbad zu Orange im Jahre 1562 war von ähnlicher Art und ist von
katholischen Geschichtsschreibern genau beschrieben worden. Die
italienische Armee, die Papst Pius, der Vierte, aussandte, hatte Befehl, Männer,
Frauen und Kinder zu töten, und der Befehl wurde mit schrecklicher
Grausamkeit befolgt. Die verteidigungslosen Ketzer wurden mit dem Schwert
erwürgt, von Abhängen gestürzt, auf die Spitzen von Haken und Dolchen
geschleudert, gehängt, langsam über Feuer geröstet, der Scham und
Folter jeglicher Art preisgegeben.
Die
Hinmetzelung in Paris in der St.-Bartholomäus-Nacht am 24. August 1572
glich an Grausamkeit denjenigen von Merindol und Orange, aber übertraf
sie beide an Ausdehnung. Auch diese ist von katholischen Historikern umständlich
beschrieben worden. Einer derselben, Thuanus, brandmarkt sie als eine „bestialische
Grausamkeit, die ohnegleichen in aller Vergangenheit dastehe.“ Das Läuten
der Sturmglocke zur Mitternacht des 23. August gab das Signal der
Vernichtung, und die schauerlichen Szenen von Merindol und Orange
wiederholten sich an den gehassten Hugenotten. Sieben Tage währte dieser
Todeskarneval. Die Stadt schwamm im Blut. Im Schloss lagen die
Erschlagenen hoch aufgehäuft, und der König und die Königin schauten
mit äußerster Genugtuung darauf herab. Die Leiche des Admirals Coligny
wurde durch die Straßen geschleift, und die Seine war mit schwimmenden
Leichnamen bedeckt. Die Angaben, wie viele getötet worden seien,
schwanken zwischen 5.000 und 10.000. Das Vernichtungswerk war auch nicht
auf Paris allein beschränkt, sondern erstreckte sich weit über den französischen
Staat hin. Am Tag vorher waren nach allen Richtungen hin Boten ausgesandt
worden, um die allgemeine Abschlachtung sämtlicher Hugenotten anzuordnen.
Dieselben Szenen wurden so in beinahe allen Provinzen ins Werk gesetzt,
und die Zahl der Erschlagenen auf 25.000-70.000 geschätzt.
An
dieser schauderhaften Menschenschlächterei hatte der Antichrist seine höchste
Befriedigung. Der Papst und sein Hof jubelten ob des Sieges des
Katholizismus über den Waldensianismus zu Merindol und der gottlose
Oppeda wurde „der Verteidiger des Glaubens und der Held der Christenheit„
genannt. Der französische König ging zur Messe und stattete Gott
feierlich Dank ab für den Sieg über die Hugenotten in Paris und deren
Ermordung. Dieses Blutbad, das vom französischen König, vom Parlament
und den römisch-katholischen Untertanen gutgeheißen wurde, geschah
wahrscheinlich auf direktes Aufhetzen von Seiten des Papstes und seiner
Hierarchie. Dass es von Oben gutgeheißen wurde, erkennt man aus der
Tatsache, dass die Nachricht davon am päpstlichen Hof mit großer Freude
entgegengenommen wurde. Papst Gregor, der Dreizehnte, ging in großer
Prozession zur Kirche des heiligen Ludwig, um Gott für den herrlichen
Sieg zu danken. Er verkündigte sofort ein Jubiläum und sandte einen
Nuntius (päpstlichen Gesandten) an den französischen Hof, der im Namen
des Papstes diese so lang überdachte und so glücklich zum Wohle der
Religion ausgeführte Tat pries. Zum Andenken an dieses Blutbad ließ der
König eine Denkmünze mit folgender Inschrift prägen: „Pietas
excitavit Justitiam“ („Die Frömmigkeit erweckte die Gerechtigkeit“).
Auch
in der päpstlichen Münze wurden zum Gedächtnis des Ereignisses Denkmünzen
geprägt. Eine derselben ist jetzt in der Antiquitäten-Halle zu
Philadelphia in Pennsylvanien zur Schau gestellt. Die Vorderseite stellt
eine erhabene Figur des Papstes dar und die abgekürzte Inschrift: „Gregorius,
der Dreizehnte, Pontifex Maximus, anno 1“ - das erste Jahr seines
Pontifikates - nämlich 1572. Die Kehrseite der Schaumünze stellt einen Würgeengel
dar, mit einem Kreuz in der linken und einem Schwert in der rechten Hand,
vor welchem, niedergestreckt und fliehend, ein Häuflein Hugenotten, Männer,
Weiber und Kinder dargestellt sind, deren Gesichter und Figuren Schrecken
und Verzweiflung ausdrücken. Darunter die Worte, „Ugonottorum Strages
1572“, das heißt: „Blutbad der Hugenotten 1572“.
Im
Vatikan wurde ein Bild von der St.-Bartholomäus-Metzelei aufgehängt, über
welchem in lateinischer Sprache angebracht war: „Der Papst billigt den
Tod des Coligny.“ Coligny war einer der angesehensten Führer der
Hugenotten und einer der ersten, die fallen mussten. Nachdem er umgebracht
war, wurde sein Haupt vom Rumpf getrennt und der Königin gesandt, die
dasselbe einbalsamieren und als Trophäe nach Rom schicken ließ, seinen Körper
dagegen schleifte der Pöbel durch die Straßen von Paris. Den König
erfassten bald darauf die Schrecken der Reue, von denen er sich nie mehr
erholte. Man erzählt von ihm, dass er zu seinem Leibarzt gesagt habe: „Ich
weiß nicht, was mir ist, aber an Geist und Körper zittere ich wie im
Fieber. Jeden Augenblick, ob wachend oder schlafend, scheint es mir, als
ob sich mir verstümmelte Körper mit scheußlichen Gesichtern und mit
Blut bedeckt, vorstellten.“ Er starb in großer Todesangst, mit blutigem
Schweiße bedeckt.
Im
Jahre 1641 verkündete der Antichrist in Irland einen Religionskrieg und
stachelte das Volk auf, die Protestanten durch jedes zu Gebote stehende
Mittel umzubringen. Das betörte Volk folgte dem Befehl als der Stimme
Gottes und säumte nicht, diesen Auftrag auszuführen. Reichlich floss der
Protestanten Blut durch die Straßen Irlands. Häuser wurden eingeäschert,
und Dörfer und Städte nahezu zerstört. Etliche zwang man, ihre eigenen
Angehörigen zu morden und dann sich selbst das Leben zu nehmen. Die
letzten Worte, welche an ihre Ohren schlugen, waren Zusicherungen der
Priester, ihre Todesschmerzen seien nur der Anfang ewiger Qualen. Tausende
starben vor Hunger und Kälte, während sie nach anderen Ländern
auszuwandern strebten. In Cavan war die Landstraße zwölf Meilen weit mit
Blutspuren der Flüchtlinge befleckt. Sechzig Kinder wurden von ihren wütend
verfolgten Eltern auf der Flucht preisgegeben; und man machte bekannt, wer
diesen Kleinen irgendwie beistehen würde, solle an ihrer Seite begraben
werden. Siebzehn Erwachsene wurden zu Fermaugh lebendig begraben, 72 in
Kilkenny. In der Provinz Ulster allein wurden über 154.000
niedergemetzelt oder aus Irland vertrieben.
O’Niel,
der Primas von Irland, nannte dies „einen heiligen und gerechten Krieg“,
und der Papst (Urban, der Siebente) erließ eine Bulle, vom Mai 1643
datiert, wodurch er allen „volle und absolute Vergebung der Sünden“
gewährte, die „ritterlich teilgenommen, den ansteckenden Sauerteig der
ketzerischen Seuche mit der Wurzel auszurotten.“
Die
Inquisition oder „der heilige Dienst“
Dem Dominikus, dem leitenden Geist in diesem Kreuzzug, wird die Ehre
zugeschrieben, die teuflische (höllische) Inquisition erfunden zu haben.
Benedikt jedoch, der die Ehre (?), der erste Inquisitionsgeneral gewesen
zu sein, mit Eifer dem St. Dominikus zuschreibt, ist darüber im Zweifel,
ob die Idee von Papst Innozenz oder von Dominikus ausging. Sie wurde durch
Innozenz, den Dritten, im Jahre 1204 eingeführt.
St.
Dominikus war ein Scheusal ohne jedes Mitgefühl, das sein höchstes Vergnügen
in Szenen der Qual und des Elends zu finden schien. Während des
Kreuzzuges gegen die Albigenser führte und feuerte er das Kreuz in der
Hand die heiligen(?) Krieger zum Totschlag und zur Zerstörung an. Die
Inquisition oder der heilige Dienst ist heutzutage ein Tribunal in der römischen
Kirche zur Entdeckung, Unterdrückung und Bestrafung von Irrlehren und
anderen Vergehen gegen die Kirche Roms. (Der Stuhl Petri, Seite 589) Aber
zu Dominikus Zeit hatte sie noch keinen gesetzlichen Gerichtshof, auch
waren die Marterwerkzeuge noch nicht zu der Vervollkommnung späterer Tage
gelangt. Dessen ungeachtet erfand Dominikus auch ohne solche Maschinerie
reichliche Peinigungsmittel, Gelenke zu verrenken, Nerven auszurupfen und
die Gliedmassen seiner Opfer abzureißen und auf dem Scheiterhaufen zu
verbrennen, welche durch kein anderes Mittel von ihrer Überzeugung
abzubringen waren, noch ihrem Glauben und ihrer Freiheit entsagen wollten.
Von
Papst Innozenz beauftragt, die Ketzer, welche sein Evangelium nicht
annehmen wollten, mit Verlust des Eigentums, Konfiskation, Verbannung und
Tod zu strafen, stachelte Dominikus die weltliche Obrigkeit und das Volk
auf, die ketzerischen Waldenser niederzumetzeln; und hundertachtzig
Albigenser überlieferte er auf einmal den Flammen. Für solche Treue im
Dienst des Antichristen wurde er heilig gesprochen, und noch heute wird er
von römischen Katholiken verehrt und angebetet. Das römische Brevier (eine
Art Gebetbuch), auf St. Dominikus Bezug nehmend, preist „seine
Verdienste und Lehren, welche die Kirche erleuchteten“; lobt seine
Geschicklichkeit und seinen Mut, welche die tolosanischen Ketzer überwand;
und rühmt seine vielen Wunder, die sich sogar bis zur Erweckung Toter
steigerten. Das römische Messbuch (das ein mit der Austeilung des
heiligen Abendmahles verbundenes Formular enthält) hebt seine Verdienste
hervor und bittet um seine Vermittlung für irdische Beihilfe. So hält
der Antichrist seine getreuen Heroen in Ehren.
Es
würde unmöglich sein, in kurzen Zügen eine einigermaßen richtige
Vorstellung von den Schrecken der Inquisition oder von der entsetzlichen
Furcht, die das Volk vor ihr hatte, zu geben. Wer nicht laut das Lob des
Antichristen sang oder etwas an ihm zu tadeln wagte, wurde der Ketzerei
verdächtigt. Und ohne vorhergehende Warnung oder gesetzlichen Beistand
konnten solche Leute auf unbestimmte Zeit bis zum gelegentlichen Verhör
eingekerkert werden. Ankläger und Anklage blieben ihnen oft gleich
unbekannt. Das Gerichtsverfahren war geheim, und ein Qualverfahren wurde
zur Erpressung von Geständnissen angewandt. Die angewandten Quälereien
waren fast zu schrecklich, um von uns in unserer Zeit und in diesem Land
der Freiheit für damals möglich gehalten zu werden, und doch wird die
Wirklichkeit derselben von Zeugen bestätigt, die selbst römisch-katholische
Historiker nicht verwerfen können; und ihre fruchtlosen Versuche,
dieselben zu verteidigen, dienen nur zur Bekräftigung dieser Zeugnisse.
Noch vorhandene Marterwerkzeuge, Reliquien (Überbleibsel) der Inquisition
machen Leugnen nutzlos. Der „heilige Dienst“ stellte sogar Ärzte an,
um den Fortschritt der Tortur (Qual) zu beobachten und mit derselben
einzuhalten, wenn der Tod die Dulder zu erlösen schien. Dann gestattete
man dem Opfer, sich teilweise wieder zu erholen, damit die Tortur noch
einmal, ja zum drittenmal angewandt werden könnte. Diese Torturen wurden
nicht immer als Strafe für das Vergehen der Ketzerei angewandt; für gewöhnlich
dienten sie dazu, den Angeschuldigten zum Geständnis, zum Widerruf zu
zwingen oder andere zu verwickeln, je nachdem es der Fall war.
Sogar
im gegenwärtigen Jahrhundert, nachdem die Inquisition viele ihrer
Schrecken verloren hatte, war sie noch entsetzlich genug. Der
Geschichtsschreiber der Kriege Napoleons, die Einnahme Toledos durch
dessen Armee beschreibend, erwähnt zufällig das Öffnen des
Inquisitionskerkers und sagt:
„Es
schienen die Gräber sich zu öffnen und bleiche Gestalten, Gespenstern
gleich, entstiegen den unterirdischen Kerkern, denen Grabesgeruch entströmte.
Über die Brust herabreichende Bärte und Nägel, Vogelkrallen gleich,
entstellten die armen Skelette, welche mit keuchender Brust zum erstenmal
seit einer langen Reihe von Jahren die frische Luft einatmeten. Ihrer
viele waren zu Krüppeln geworden; das Haupt war nach vorn geneigt, die
Arme steif und hilflos herabhängend. In so niedrigen Höhlen waren sie
eingesperrt gewesen, dass sie darin nicht aufstehen konnten und, trotz
aller Vorsicht der (Armee-) Ärzte, verendeten noch viele an demselben
Tag. Am folgenden Tag untersuchte General Lasalle, begleitet von
verschiedenen Offizieren seines Stabes, jenen Ort ganz genau. Die Anzahl
der Martermaschinen machte sogar die an die Schrecken des Schlachtfeldes
gewöhnten Männer schaudern.
„In
einem an der Untersuchungshalle angrenzenden Seitenwinkel in einem
unterirdischen Gewölbe stand eine von Mönchen verfertigte hölzerne
Figur, die Jungfrau Maria vorstellend. Ein goldener Heiligenschein umgab
ihr Haupt, und in ihrer rechten Hand hielt sie ein Banner. Auf den ersten
Blick schöpften alle Verdacht, dass trotz der seidenen Hülle, die in
weiten Falten von ihren Schultern hing, sie einen Harnisch anhätte. Bei
genauer Untersuchung sah man, dass die Vorderseite der Figur mit äußerst
scharfen Nägeln und kleinen, schmalen Messerklingen gespickt war, deren
Spitzen dem Beschauer entgegen starrten. Die Arme und Hände waren mit
Gelenken versehen, und eine Maschine hinter der Wand setzte die Figur in
Bewegung. Einer der Inquisitionsdiener wurde auf Befehl des Generals
gezwungen, die Maschinerie, wie er es nannte, arbeiten zu lassen. Als die
Figur ihre Arme ausbreitete, wie wenn sie jemand zärtlich ans Herz drücken
wollte, ließ man den wohlgefüllten Schnappsack eines polnischen
Grenadiers die Stelle eines lebenden Opfers einnehmen. Die Statue umarmte
ihn fester und fester, und als der Wärter auf Befehl die Figur ihre Arme
öffnen und in ihre vorige Stellung zurückkehren ließ, war der
Schnappsack zwei bis drei Zoll tief durchbohrt und blieb an den Spitzen
der Nägel und Messerklingen hängen.“
„Folterbänke“
verschiedener Art wurden ersonnen und als Foltermittel angewandt; eine der
einfachsten Methoden wird so erklärt: Dem von allen Kleidern entblößten
Opfer wurden die Arme mit einem rauen Seil auf den Rücken gebunden, an
welchem man es vermittelst eines Flaschenzuges, die Füße mit Gewichten
beschwert, vom Boden hob. Dann wurde der Dulder verschiedene Male fallen
gelassen und mit einem Ruck wieder in die Höhe geschnellt, wodurch Arme
und Beine aus ihren Gelenken gerissen wurden, während das Seil, an dem er
hing, ihm bis auf die Knochen ins Fleisch schnitt.
Eine
Erinnerung an solche im Namen Jesu begangene Schändlichkeit kam längst
zu öffentlicher Notiz. Da das Druckereilokal einer Bibelgesellschaft in
Rom nicht mehr geräumig genug war, mietete diese einen großen Raum nahe
beim Vatikan. Ein eigentümlicher Ring an der Decke lenkte die
Aufmerksamkeit auf sich, und die Nachfrage ergab, dass das Zimmer, in
welchem man jetzt beschäftigt ist, die Bibel zu drucken - „das Schwert
des Geistes, welches ist das Wort Gottes“, wodurch der Antichrist
machtlos wurde, noch ferner die Heiligen zu unterdrücken und auszumerzen
- dasselbe Zimmer ist, das früher der Inquisition als Folterkammer diente.
Der Ring ist wahrscheinlich gebraucht worden, um manchen geknebelten
Dulder zu foltern.
Die
der Ketzerei Überführten wurden manchmal zu dem, was man einen „Glaubensakt“
nannte, verurteilt. Die kirchliche Autorität überlieferte den
Verurteilten der weltlichen Macht, und die Geistlichen, Mitleid vorschützend,
ersuchten die Obrigkeit, dem Verurteilten Mitleid zu erweisen, und, das
Kreuz erhebend, redeten sie auf das Opfer ein, zu widerrufen und so sein
gegenwärtiges wie zukünftiges Leben zu retten. Die Obrigkeit kannte ihre
Rolle zu gut und erwies keine Gnade, ausgenommen solchen, die widerriefen,
und erlangte dafür den Segen und den Titel „Verteidiger des Glaubens“
und „Ausrotter der Ketzerei“. Der verurteilte Ketzer wurde in einen
gelben Rock gekleidet, der mit Bildern von Hunden, Schlagen, Flammen und
Teufeln bemalt war, und auf den Richtplatz geführt, an den Pfahl gebunden
und den Flammen überliefert.
Torquemada,
ein anderer berühmter Generalinquisitor, zeigte so recht den
antichristlichen Geist. Römisch-katholische Schriftsteller räumen ein,
dass er 10.220 Personen, Männer, Weiber und Kinder, lebendig verbrennen
ließ. Llorente, welcher drei Jahre lang Generalsekretär der Inquisition
gewesen war und Zugang zu allen schriftlichen Belegen hatte, zeigt in
seinem im Jahre 1817 (4. Bd.) veröffentlichten Bericht, dass in der Zeit
von 1481 bis 1808 auf Befehl dieses „heiligen Dienstes allein“ nicht
weniger als 31.912 Personen verbrannt und nahezu 300.000 gepeinigt und zu
schweren Strafen verurteilt worden sind. Jedes römisch-katholische Land
in Europa, Asien und Amerika hatte seine Inquisition.
Wir
können diesem allem hier nicht nachspüren, wie der Antichrist alles, was
an Reform heran reifte oder Gewissens- und politischer Freiheit ähnlich
sah, verfolgte. Es genüge zu sagen: Diese Verfolgungen erstreckten sich
über jedes Land, wo das Papsttum Fuß gefasst hatte - Deutschland,
Holland, Polen, Italien, England, Irland, Schottland, Frankreich, Spanien,
Portugal, Abessinien, Indien, Kuba, Mexiko und einige südamerikanische
Staaten. Aus demselben Grund können wir auch die einzelnen Fälle nicht
aufzählen, die dazu dienen würden, zu zeigen, dass viele der Märtyrer
wahre Heilige und Helden waren, die unter den entsetzlichsten Leiden höchst
begnadigt und oft auch fähig waren, während sie Zoll für Zoll starben,
dem wahren Haupt der wahren Kirche Lob- und Danklieder zu singen und
gleich ihm, für ihre Feinde zu beten, die sie um seines Namens willen
verfolgten, wie er vorhergesagt hatte. (Anmerkung: Solche, die weitere
Berichte über diese schrecklichen Zeiten und Schauspiele begehren,
erhalten in allen größeren Bücherverlagen Auskunft.)
Und
aus demselben Grund wollen wir auch nicht einzelne Fälle von den
entsetzlichen und herzzerreißenden Torturen namhaft machen, die einigen
der Juwelen des Herrn, um der Treue ihrer Überzeugung willen, auferlegt
wurden. Von solchen, die, wie es scheint, die Sache gründlich untersucht
haben, wird angenommen, dass das Papsttum während der vergangenen
dreizehn Jahrhunderte direkt oder indirekt, den Tod von fünfzig Millionen
Menschen veranlasst hat. Und man kann mit Sicherheit sagen, dass
menschliche und satanische Geschicklichkeit aufs äußerste angestrengt
wurden, um sowohl für politische als auch für religiöse Gegner des
Papsttums neue und schreckliche Qualen zu ersinnen. Letztere - die Ketzer
- wurden mit zehnfacher Wut verfolgt. Außer der gewöhnlichen Weise der
Verfolgung und der Hinrichtung, wie Foltern, Verbrennen, Ertränken,
Erdolchen, Verhungern lassen und Erschießen mit Pfeilen und Flinten,
haben teuflische Menschen nachgesonnen, wie die zartesten und
empfindlichsten und marterfähigsten Körperteile am besten angegriffen
werden könnten. Man goss geschmolzenes Blei in die Ohren, riss Zungen aus
und goss Blei in den Mund. Räder mit daran befestigten Messerklingen
wurden hergerichtet, und das Opfer damit langsam in Stücke zerschnitten;
glühende Scheren und Zangen wurden an empfindlichen Teilen des Körpers
angewandt; Augen drückte man mit dem Daumen aus; Fingernägel riss man
mit heißen Eisen ab; Löcher bohrte man durch die Ferse der Opfer und
hing sie daran auf; etliche zwang man, aus einer Höhe herab auf unten
angebrachte spitze, eiserne Stäbe zu springen, wo sie vor Schmerzen
erzitternd, langsam dahinstarben. Einigen füllte man den Mund mit Schießpulver,
das, entzündet, ihre Köpfe in Stücke riss; andere band man an Blasebälge
fest und pumpte sie voll Luft, bis sie zerplatzten; andere hat man mit
verstümmelten Stücken ihrer eigenen Körper, andere mit Urin, Kot usw.
usw. zu Tode gewürgt. Unglaublich müssten einige dieser teuflischen
Abscheulichkeiten erscheinen, wenn sie nicht zu wohl beglaubigt wären.
Man sieht daraus, bis zu welcher Verderbnis das menschliche Herz sinken
kann, und wie blind gegen Recht und jedes bessere Gefühl die Menschen
unter dem Einfluss einer falschen After-Religion werden können. Wie der
Geist des wahren Christus und die Macht und der Einfluss des wahren
Reiches Gottes die Herzen der Menschen und ihre Handlungen erhöht und
veredelt haben würde, und wie er es während des Millenniums tun wird, so
entwürdigte und erniedrigte der Antichrist die Welt. Dies zeigt sich
schon in geringem Grade an dem Fortschritt der Zivilisation und an der
Zunahme von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, seitdem die Gewalt des
Papsttums zu sinken begann, und man anfing, das Wort Gottes zu hören und,
wenn auch nur oberflächlich, darauf zu achten. Solche unerhörten Greuel
von Seiten der Obrigkeit wären heute nicht mehr möglich.
Wahrlich,
nichts kann man sich erdenken, das besser geeignet gewesen wäre, die
Menschheit zu verführen und zu unterdrücken. Jede verderbliche Neigung
und Schwäche der gefallenen Menschen ist benutzt worden. Jede niedrige
Leidenschaft wurde verwandt und angestachelt und deren Lüste befriedigt.
Lasterhafte wurden angelockt und als ergebene Diener geworben, während
solche von edlerem Schlag durch andere Mittel bewogen wurden - durch äußerlichen
und heuchlerischen Schein von Frömmigkeit, Selbstverleugnung und Wohltätigkeit,
wie es in den mönchischen Einrichtungen geschah; was aber nur dazu diente,
viele derselben vom Pfad der Tugend abzulenken. Die Lustigen und
Leichtfertigen fanden reichlich Genüge in den Aufzügen und in dem Gepränge,
in der Pracht und den Zeremonien. Die Tatkräftigen und Ritterlichen
fanden es in Missionen und Kreuzzügen, die Lasterhaften im Ablass, und
die Grausamscheinheiligen in den Bewerkstelligungen zur Unterdrückung der
Gegner.
Mit
Staunen und Entsetzen fragen wir uns: Warum haben Könige und Fürsten,
warum Kaiser und das ganze Volk solche Abscheulichkeiten geduldet? Warum
haben sie sich nicht längst erhoben und den Antichristen gestürzt? Die
Antwort findet sich in der Schrift (Offb. 18:3): Die Völker wurden
trunken (abgestumpft), sie verloren ihren Verstand beim Trinken des
gemischten Weines (der Mischung von falscher und wahrer Lehre), der ihnen
von der abgefallenen Kirche gereicht wurde. Das Papsttum täuschte sie mit
seinen anmaßenden Behauptungen und, um die Wahrheit zu sagen, nur
teilweise sind sie aus ihrer Benebelung aufgewacht. Denn obschon die
Gesandten der Könige nicht mehr vor dem Papst niederfallen und, wie in früheren
Zeiten, ihn anreden: „Lamm Gottes, welches hinnimmt die Sünden der
Welt“, noch auch ihn sich als einen Gott vorstellen, der Macht hat über
alles „im Himmel und auf Erden“, so ist man doch noch weit davon
entfernt, die Wahrheit zu erkennen - dass das Papsttum Satans Nachäffung
des wahren Königreiches war und noch ist.
Wenn
Könige und Soldaten solch unmenschlichen Werkes überdrüssig wurden, so
war dies nicht bei der heiligen(?) Hierarchie der Fall. Das Generalkonzil
von Sienna im Jahre 1423 erklärt, dass die Ausbreitung der Ketzerei in
verschiedenen Teilen der Welt der Nachlässigkeit der Inquisitoren
zuzumessen sei; zur Beleidigung Gottes, zur Schädigung des Katholizismus
und zum Verderben der Seelen. Bei Gottes Barmherzigkeit wurden die Fürsten
ermahnt, die Ketzerei auszurotten, wenn sie anders der göttlichen Rache
entgehen wollten; und vollständiger Ablass wurde allen denen gewährt,
die sich an dem Zerstörungswerk beteiligten oder Waffen zu diesem Zweck
lieferten. Jeden Sonntag wurden diese Verfügungen in den Kirchen angekündigt;
und der römisch-katholischen Theologen und Geschichtsschreiber sind nicht
wenige, die ihre Federn zur Rechtfertigung, zur Empfehlung und zum Preisen
der Verfolgung der Ketzerei ergriffen. Belarmy zum Beispiel sagt: „Die
Apostel enthielten sich nur deshalb, die weltliche Macht anzurufen, weil
es zu ihrer Zeit keine christlichen Fürsten gab.“ Doktor Dens, ein berühmter
römisch-katholischer Theologe, veröffentlichte im Jahre 1758 ein Werk über
Theologie, das von Papisten als maßgebende Autorität angesehen wird;
besonders in ihren Hochschulen, wo es dieselbe Stellung einnimmt wie
Blackstone im englischen Zivilgesetz. Durch das ganze Werk weht der Geist
der Verfolgung. Es verurteilt die Beschützer der Ketzerei zu Konfiskation
ihrer Güter, zur Landesverweisung, zur Einkerkerung, zur Todesstrafe und
zum Verlust eines christlichen Begräbnisses.
Eine
autorisierte Verfluchung, gegen Protestanten anzuwenden, die im römischen
Pontifikat veröffentlicht wurde, lautet:
„Möge
Gott und alle seine Heiligen sie mit dem Fluch verfluchen, womit der
Teufel und seine Engel verflucht sind. Mögen sie aus dem Land der
Lebendigen ausgetilgt werden. Mögen sie des schimpflichsten Todes sterben
und hinabfahren in den Abgrund. Möge ihr Same vom Erdboden vertilgt
werden. Durch Hunger, Durst und Blöße und alles Elend mögen sie
umkommen. Möge sie alles Elend treffen, Pestilenz und Qual sie ereilen.
Alles, was sie haben, sei verflucht. Sprechend und schweigend seien sie
verflucht. Innen und außen seien sie verflucht. Vom Scheitel bis zur Fußsohle
seien sie verflucht. Mögen ihre Augen blind, ihre Ohren taub, ihr Mund
stumm werden; mögen ihre Zungen bis zur Kinnlade gespalten werden; mögen
ihre Hände nicht hantieren, ihre Füße nicht gehen können. Alle Glieder
ihres Leibes seien verflucht. Verflucht seien sie, stehend oder liegend,
von nun an bis in Ewigkeit, und ihre Leuchte müsse verlöschen im
Angesicht Gottes am Tage des Gerichts. Ihr Begräbnis sei bei den Hunden
und Eseln. Hungrige Wölfe mögen ihre Leiber verschlingen; der Teufel und
seine Engel immer und ewiglich ihre Gesellschafter sein. Amen, Amen! So
sei es, und so möge es sein.“
Dies
ist der Geist des Papsttums; und alle, die den Geist des wahren Christus
besitzen, sollten sofort eine solche elende Nachäffung erkennen.
Da
Irrtum in der Lehre diesen Verirrungen im Wandel zugrunde liegt, so kann
man nicht zweifeln, dass, solange die Lehre unverändert bleibt, dieselben
bösen Früchte und derselbe böse Geist in ähnlichen Werken der
Ungerechtigkeit, der Bedrückung, des Aberglaubens, der Unwissenheit und
der Verfolgung wieder zum Vorschein kommen würden. Zu allen und jeden nur
erdenkbaren Mitteln würde man greifen, um das nachgefälschte Reich
Gottes wiederherzustellen, es aufrecht zu erhalten und es auszubreiten.
Zum Beweise hierfür führen wir ein Ereignis an, das wir vor einiger Zeit
zu beobachten Gelegenheit hatten.
In
Ahuehuetitlan, Guerrero, in Mexiko am 7. August 1887 wurde ein
eingeborener, protestantischer Missionar, namens Gomer, nebst zwei
Gehilfen auf Anstiften eines römisch-katholischen Priesters von den
Eingeborenen kaltblütig ermordet. Tags zuvor bei der Messe hatte derselbe,
wie man berichtet, das Volk angetrieben, „an den Dienern Satans“, die
unter sie gekommen seien, „ein Exempel zu statuieren“, und fügte
hinzu, sie könnten ruhig „töten“ und dabei auf den Schutz des
Polizeihauptmanns wie des Priesters rechnen. Dem umnachteten Volk, wie der
weltlichen Obrigkeit, waren die Worte des Priesters Gesetz. Der verstümmelte,
in Stücke zerschossene und zerhackte Leichnam des armen Missionars wurde
durch die Straßen geschleift und aller möglichen Beschimpfung ausgesetzt
als Warnung für andere. Nichts konnte man dagegen tun.
Dem
„New York Independent“, der auf dieses blutige Gemetzel die
Aufmerksamkeit gelenkt hatte, wurde vom „Freeman“, einem
einflussreichen römisch-katholischen Blatt, folgende Erwiderung zuteil:
„Sie
(die protestantischen Missionare) sehen ehrliche Leute zur Ehre der Verkündigung
und Inkarnation (Fleischwerdung) beim Klang des „Angelus“ knien. Die
Bibel, sagen sie, wird solchen „Aberglauben“ bald ausfegen. Vor dem
Bild der Mutter Gottes brennt ein Licht. „Ha“, schreit der Missionar,
„wir werden das verfinsterte Volk bald lehren, dieses Symbol zu brechen!“
usw. Wenn das Töten einiger Missionare dieser Sorte bewirken würde, dass
andere ihresgleichen zu Hause blieben, wären wir fast geneigt - wir
Papisten sind so gottlos - zu sagen: „Vorwärts mit dem Tanz; lasst den
Spaß fortgehen!“
Ein
Prediger namens C. G. Moule erzählt eine traurige Geschichte, die in der
Presse die Runde machte, über die Verfolgung von Robert Kalloy und den
durch seine Arbeit Bekehrten in Madeira, welche, zur Strafe dafür, dass
sie ein Körnlein Wahrheit empfangen hatten, mitsamt ihren Kindern, im
ganzen etwa 1.000 Personen, des Landes verwiesen wurden.
Im
sogenannten „protestantischen Preußen“ wurde Pastor Thümmel wegen
„Beleidigung der römisch-katholischen Kirche“ eingesperrt. Er hatte
in einem von ihm herausgegebenen Büchlein das Papsttum kritisiert und
eine der darin enthaltenen „beleidigenden“ Bemerkungen ging dahin,
dass das Papsttum „ein auf Aberglauben und Abgötterei erbauter Abfall
sei“.
Unlängst
entstand ein Streit zwischen Preußen und Spanien betreffs der
Karolineninseln, und der Papst ließ sich zum Schiedsrichter ernennen, um
den Streit zu schlichten. (Hierbei erinnert einen vieles an seine frühere
Gewalt und Politik als Schiedsrichter oder Oberster Richter der Völker.)
Der Papst entschied zugunsten Spaniens. Sofort wurde ein Kriegsschiff mit
fünfzig Soldaten und sechs Priestern von Spanien abgeschickt. Bei ihrer
Ankunft wurde Herr Duane, ein amerikanischer Missionar, ins Gefängnis
gesteckt und von allem Verkehr mit seinen Neubekehrten abgeschnitten. Es
geschah dies ohne alle Ursache, nur weil er sich weigerte, sein
Missionswerk und sein Eigentum den Priestern auszuliefern; denn da die
Inseln jetzt Spanien gehörten, und Spanien dem Papst gehörte, so könne
keine andere Religion als die des Papstes geduldet werden.
Ein
Herr, ein vormalig römischer Katholik und ein Freund des Verfassers,
berichtet, dass, als er unlängst in Südamerika reiste, er mit Steinen
angegriffen wurde und für sein Leben fliehen musste, weil er weder sein
Haupt entblößen, noch niederknien wollte, als der römische Priester mit
Kreuz und Hostie die Straße entlang ging. Und ein ähnlicher Fall, in dem
drei Amerikaner von den Priestern geschlagen, vom Pöbel misshandelt und
wegen eines ähnlichen Vergehens von der Polizei in Madrid arretiert
wurden, ist ohne Zweifel noch frisch im Gedächtnis vieler, die die
Tagesblätter lesen.
„Der
bekehrte Katholik“ zitierte dem „Watchman“, einem römisch-katholischen,
in St. Louis, Mo., erscheinenden Blatt:
„Protestantismus!
Wir würden ihn ausweiden und vierteilen. Wir würden ihn pfählen und als
Krähennest aufhängen. Wir würden ihn mit Zangen zerreißen und ihn mit
heißen Eisen brennen. Mit geschmolzenem Blei würden wir ihn füllen und
hundert Klafter tief im höllischen Feuer versenken.“
Bei
solchem Geist wäre es im Licht der Vergangenheit sehr wahrscheinlich,
dass der Herausgeber des „Watchman“, wenn er die Macht dazu hätte,
seine Drohungen gegen den Protestantismus sehr bald auf die Anhänger des
Protestantismus ausdehnen würde.
In
Barcelona, in Spanien, wurde jüngst auf Befehl der Regierung eine große
Anzahl Bibeln verbrannt - natürlich auf Anstiften der Kirche Roms. Das
Folgende aus dem katholischen Banner, dem dortigen päpstlichen Organ, übersetzt,
zeigt, dass sie diese Tat guthießen und wohl zufrieden damit waren. Es
sagt:
„Gott
sei Dank, endlich wenden wir uns der Zeit wieder zu, da die, welche
ketzerische Lehren verbreiten, mit exemplarischen Strafen gestraft werden.
Die Wiedereinsetzung des heiligen Tribunals der Inquisition muss bald
wieder stattfinden. Herrlicher wird ihre Herrschaft sein und mehr
Resultate erzielen als in der Vergangenheit. Unser katholisches Herz fließt
von Glauben und Enthusiasmus über, und die unermessliche Freude, die wir
empfinden, wenn wir die Frucht unseres gegenwärtigen Feldzuges zu ernten
beginnen, übersteigt alle Vorstellung. Welch Freudentag wird das für uns
sein, wenn wir die Antiklerikalen in den Flammen der Inquisition sich krümmen
sehen werden!“
Einen
neuen Kreuzzug ermutigend, sagt dasselbe Blatt: „Wir halten es für
billig, die Namen jener heiligen Männer zu veröffentlichen, unter deren
Hände so viele Sünder litten, damit gute Katholiken ihr Andenken ehren können:
Von
Torquemado:
Männer
und Frauen lebendig verbrannt ......................
Im
Bilde verbrannt...............................……………....
Zu
anderen Strafen verurteilt.......................…........... |
10,220
6,840
97,371 |
|
2,592
829
32,952 |
Von
Kardinal Jiminez de Cisneros:
Männer
und Frauen lebendig verbrannt .............….....
Im
Bilde verbrannt...............................……………....
Zu
anderen Strafen verurteilt.......................…............ |
3,564
2,232
48,059
|
Von
Adrian de Florenzia:
Männer
und Frauen lebendig verbrannt ..............…….
Im
Bilde verbrannt...............................……………....
Zu
anderen Strafen verurteilt.......................…........... |
1,620
560
21,835 |
—————
Gesamtzahl
aller Männer und Frauen, die unter der
Leitung
45 heiliger Inquisitionsgeneräle lebendig
verbrannt
wurden...….........................................................
TGesamtzahl
aller im Bilde Verbrannten......…………..
Gesamtzahl
derer, die zu anderen Strafen verurteilt.Wurden...............................................................
Die
große Summe: ................……..............…….... |
35,534
18,637
293,533
347,704 |
Das
päpstliche Millennium
Wie
das wahre Reich des wahren Christus tausend Jahre bestehen soll, so blickt
das päpstliche Afterreich als Erfüllung der tausendjährigen Herrschaft,
die in Offb. 20 geweissagt ist, auf den Zeitraum zurück, der mit dem Jahr
800 begann, und mit dem Anbruch des jetzigen Jahrhunderts endete - die
Periode seines größten Wohlstandes. Die hierauf folgende Periode, in
welcher das Papsttum allmählich von Seiten der Völker, die vormals seine
besten Stützen waren, alle seine weltliche Macht verlor, manche
schimpfliche Behandlung erfuhr und lang beanspruchter und in Besitz
gehabter Gebiete, Einkünfte und Freiheiten beraubt wurde, wird von den Römlingen
als die „kleine Zeit“ (Offb. 20:3, 6, 7) angesehen, in welcher der
Satan - am Schluss des Millenniums - losgelassen werden sollte.
Und
die Daten, welche den Anfang und das Ende des päpstlichen
Tausendjahrreiches der Unwissenheit, des Aberglaubens und des Betruges
markierten, sind in der Geschichte angemerkt. Ein römisch-katholischer
Verfasser (Der Stuhl des heiligen Petrus) weist folgendermaßen auf seinen
Anfang hin: „Die Krönung Karls des Großen als Kaiser des Westens durch
Papst Leo im Jahr 800 war tatsächlich der Anfang des Heiligen Römischen
Reiches.“ (Anmerkung: „Das Heilige Römische Reich“ war der Titel
der großartigen, politischen Anstalt des Mittelalters. Seinen Anfang nahm
es mit Karl, dem Großen. Fischers Universalgeschichte beschreibt es auf
Seite 262 so: „In der Theorie war es die Vereinigung des Weltstaates mit
der Weltkirche – eine ungeteilte Gemeinschaft zwischen Kaiser und Papst,
den von oben eingesetzten (?) weltlichen und geistlichen Häuptern.„ Und
da die Päpste die Kaiser salbten, so folgt, dass sie wirklich die
eigentlichen Häupter derselben waren.)
Obgleich
das Papsttum schon früher organisiert worden war, und obgleich es schon
im Jahre 539 in Macht „aufgerichtet„ war, so war es doch Karl der Große,
der dem Papst in der Tat zuerst weltliche Macht verlieh und dieselbe
formell anerkannte. Wie Karl der Große im Jahr 800 der erste Kaiser des
„Heiligen Römischen Reiches“ gewesen ist, so war Franz, der Zweite,
der letzte desselben, und freiwillig gab er im Jahre 1806 seinen Titel
auf. (Anmerkung: „Durch die Schlachten von Marengo, 1800, und die bei
Austerlitz, 1805, lag Deutschland zweimal zu den Füßen Napoleons. Das
Hauptergebnis dieser zweiten Niederlage war die Errichtung des Rheinbundes
unter dem Schutz des französischen Herrschers. Dieses Ergebnis machte
nach einer Dauer von eintausend Jahren dem alten Deutschland oder (Heiligen)
Römischen Reich ein Ende.“ - Whites Universalgeschichte, Seite 508)
Gleichwie
das Papsttum durch das römische „Tier“ (Volk) und seine Hörner (Macht)
gestützt, vor dem Jahr 800 emporstieg, so ist es seit 1800 aus aller
weltlichen Macht über Könige und Völker gestürzt und von denen
zerzaust und geplündert worden, die es früher unterstützten. (Offb.
17:16) Und wenn das Papsttum auch heutzutage noch Ehren genießt und einen
weitgehenden Einfluss über die Gewissen der Leute besitzt, so beklagt es
doch den Verlust von allem dem, was weltlicher Herrschaft ähnlich sieht.
Der
aufmerksame Forscher wird vier in der Entwicklung und Erhöhung des
Papsttums genau markierte Perioden wahrnehmen; und die gleiche Anzahl ist
es, die ebenso genau seinen Fall bezeichnen. In seiner Entwicklung sind
diese vier Daten diese:
1.
In den Tagen des Apostel Paulus, ungefähr um das Jahr 50, trat der Anfang
ein, ein beginnendes, heimliches Regen der schändlichen Herrschsucht.
2.
Das Papsttum, „der Mensch der Sünde“, wurde als Hierarchie
organisiert von ungefähr 300 bis 494. Das heißt, die Kirche wurde in
eine Organisation umgewandelt, an deren Spitze als Stellvertreter Christi
die Päpste traten, die so in der Kirche und über die Nationen nach und
nach zu herrschen begannen. (Anmerkung: Lange dauerte das Ringen des
Papsttums um die Oberhand als Haupt der Kirche und allmählich nur
erlangte es Anerkennung und Herrschaft. Dass aber diese Herrschaft
wenigstens im Jahr 494 allgemein anerkannt wurde, wird von dem römischen
Verfasser von „Der Stuhl St. Petri“, S. 128, klar nachgewiesen.
Nachdem er im einzelnen angegeben hat, wie der römische Bischof von den
verschiedenen Konzilien, Bischöfen, Kaisern usw., als Pontifex Maximus
anerkannt worden sei, fährt er fort: „Diese Worte sind weit zurück,
sogar schon im Jahr 464 geschrieben worden ... So geht also überhaupt aus
den vorhergehenden authentischen Zeugnissen klar hervor, dass der Stuhl
St. Petri (der Bischofssitz Roms) sich schon im fünften Jahrhundert so
weit entwickelt hatte, dass der Papst als das Zentrum christlicher Einheit
galt, als der oberste Leiter und Lehrer der Kirche Gottes, als der Fürst
der Bischöfe, als der letztentscheidende Schiedsrichter über alle
Berufungen in kirchlichen Sachen aus allen Teilen der Welt, und als der
Richter und Vermittler der General-Konzilien, über welche er durch seine
Abgesandten den Vorsitz führt.“)
3.
Die Periode, da die Päpste anfingen, weltliche Autorität und Gewalt
auszuüben, welches, wie später gezeigt werden wird, im Jahre 539 der
Fall war. (Band 3, Studie 3)
4.
Die Periode der Erhöhung, im Jahre 800, wo, wie schon angezeigt worden
ist, das „Heilige Römische Reich„ gebildet, und der Papst, der den
Kaiser krönte, selbst als Kaiser der Kaiser, als „ein anderer Gott auf
Erden„, anerkannt wurde.
Die
vier Perioden des Falles des päpstlichen Einflusses sind folgende:
1.
Die Periode der Reformation nahm, wie man sagen mag, ihren Anfang ungefähr
um das Jahr 1400, mit den Schriften Wiklifs, welchem Huß, Luther und
andere folgten.
2.
Die Periode der Erfolge Napoleons, der Erniedrigung der Päpste und der
schließlichen Beseitigung des Titels: Kaiser des Heiligen Römischen
Reiches durch Franz, den Zweiten, im Jahr 1800-1806.
3.
Die endliche Verwerfung des Papstes als Herrscher über Rom und die
sogenannten Kirchenstaaten Italiens durch die Untertanen des Papstes und
den König von Italien, im Jahre 1870, wodurch der Antichrist ohne die
geringste weltliche Macht gelassen wurde.
4.
Die schließliche Vernichtung dieser nachgefälschten Hierarchie, nahe am
Schlusse des „Tages des Zorns“ und des Gerichts, der bereits
angefangen hat - welcher, wie durch „die Zeiten der Nationen“
nachgewiesen wurde, im Jahr des Herrn 1914 zu Ende gehen wird.
Gibt
es noch Raum für Zweifel?
Wir
haben das Entstehen des Antichristen verfolgt, wie er aus dem „Abfall“
in der christlichen Kirche hervorging. Wir haben seine gotteslästerliche
Behauptung, dass das Papsttum das Reich Christi, und dass der Papst
Christi Statthalter, „ein anderer Gott auf Erden„ sei, gehört. Wir
vernahmen seine gotteslästerlichen Prahlereien, wie er sich Titel und
Gewalt anmaßte, die dem wahren Herrn aller Herren, dem wahren König
aller Könige, zukommen. Wir sahen, wie schrecklich er die Weissagung erfüllte:
„Er wird die Heiligen aufreiben.“ Wir sahen, dass die unterdrückte
und entstellte Wahrheit noch gänzlich unter Irrtum, Aberglauben und
Priestertum begraben worden sein würde, wenn es der Herr nicht im rechten
Moment verhindert hätte, indem er Reformatoren erweckte und so den
Heiligen half, wie geschrieben steht: „Und die Verständigen des Volkes
werden die Vielen unterweisen, aber sie werden fallen durch Schwert und
Flammen, durch Gefangenschaft und Raub, eine Zeitlang. Und wenn sie
fallen, wird ihnen mit einer kleinen Hilfe geholfen werden.“ - Dan.
11:33, 34
Kann
man angesichts aller dieser Zeugnisse noch zweifeln, dass das, was den
Propheten und Aposteln zu schreiben eingegeben war, und was sie so genau
und mit seinen hervorstechenden Charakterzügen schilderten, das Papsttum
war? Wir meinen, keinem unbefangenen Gemüt könnte noch ein Zweifel übrig
bleiben, dass das Papsttum der Antichrist, der Mensch der Sünde, ist, und
dass nicht ein einzelner Mensch diese Weissagung erfüllen könnte. Der
unvergleichliche Erfolg des Papsttums als nachgeahmter Christus, der die
ganze Welt verführte, hat die Weissagung unseres Meisters völlig erfüllt,
als er, von seiner Verwerfung redend, sagte: „Wenn aber ein anderer (prahlerisch)
in seinem eigenen Namen kommen wird, den werdet ihr annehmen.“ - Joh.
5:43
Man
wird ohne Zweifel mit Verwunderung wahrgenommen haben, dass wir bei der
Untersuchung unseres Gegenstandes im ganzen unterlassen haben, auf die
Niederträchtigkeit und schändlichen Unsittlichkeiten der Päpste und
anderer geistlicher Beamte hinzuweisen, und auf die schwarzen, auf die
Theorie hin, dass der Zweck das Mittel heilige, vollbrachten Taten der
Jesuiten und anderer geheimer Orden, welche alle Arten von
Geheimpolizeidienst für das Papsttum verrichteten. Wir haben dies
absichtlich übergangen, nicht weil sie unwahr sind - denn selbst römisch-katholische
Schreiber erkennen viele davon an - sondern weil unsere Beweisführung
diese Zeugnisse nicht erfordert. Wir haben gezeigt, dass die päpstliche
Hierarchie (selbst wenn sie aus den sittlichsten und aufrichtigsten Männern
bestanden hätte - was nicht der Fall ist, wie die ganze Geschichte
bezeugt) der Mensch der Sünde, der Antichrist, das Gegenreich oder die
gefälschte Vorausdarstellung des Tausendjährigen Königreiches Christi
ist: so geschickt eingerichtet, dass es täuschen musste.
Die
Worte des englischen Geschichtsschreibers Macaulay beweisen, dass einige,
selbst ohne besonderes prophetisches Licht, das wunderbare System des
Papsttums als das Zerrbild des wundervollsten aller Systeme, des noch zukünftigen
Königreiches Gottes, erkennen können. Er sagt:
„Man
kann unmöglich leugnen, dass die Verfassung der Kirche Roms ein wahres
Meisterstück menschlicher (wir würden sagen: satanischer) Weisheit ist.
In Wahrheit, nur eine solche Verfassung konnte solche Lehren gegen solche
Angriffe aufrecht erhalten. Die Erfahrung zwölfhundert ereignisreicher
Jahre, die Erfindungskraft und geduldige Mühe von vierzig Generationen
Staatsmännern haben diese Verfassung zu einer solchen Vollkommenheit
gebracht, dass sie unter den Entwürfen, die man zur Täuschung und Bedrückung
der Menschheit ersonnen hat, den höchsten Rang einnimmt.“
Das
schließliche Ende des Antichristen
Wir
haben das Papsttum bis in die gegenwärtige Zeit - den Tag des Herrn, die
Zeit der Gegenwart Immanuels - verfolgt. Dieser Mensch der Sünde ist
offenbart worden, hat sein schreckliches Werk vollbracht, ist von dem
Schwert des Geistes - dem Wort Gottes - getroffen worden. Der Hauch des
Mundes Christi hat ihn ohnmächtig gemacht, offen und allgemein die
Heiligen zu verfolgen, wie groß auch sein Verlangen dazu sein möchte.
Und nun, so fragen wir: Was wird folgen? Was sagt der Apostel in Bezug auf
das Ende des Antichristen?
In
2. Thess. 2:8-12 erklärt der Apostel hinsichtlich des Antichristen:
„Den der Herr verzehren wird durch den Hauch seines Mundes und
vernichten durch die Erscheinung seiner Ankunft (Parousia - Gegenwart).“
(Das Licht der Wahrheit soll alles durchdringen. Durch die Bloßstellung
von Recht und Unrecht entsteht der Kampf zwischen diesen Prinzipien und
den Vertretern beider Seiten - wodurch die große Drangsal und der Tag des
Zornes herbeigeführt wird. In diesem Kampf werden Unrecht und Übel
unterliegen, Recht und Wahrheit dagegen siegen. Unter anderen Übeln, die
schließlich und gänzlich beseitigt werden, befindet sich der Antichrist,
mit dem beinahe jedes Übel, in Lehre wie Praxis, mehr oder weniger verknüpft
ist. Und der helle Glanz des Sonnenlichtes der Gegenwart des Herrn wird es
sein, der den „Tag der Drangsal„ verursachen wird, weil darin der
Antichrist mitsamt jedem bösen System vernichtet werden wird). „Dessen
Ankunft (Gegenwart) nach (begleitet von) der Wirksamkeit des Satans ist,
in aller Macht (satanischer Kraft und Wirkung) und Zeichen und Wundern der
Lüge und in allem Betrug der Ungerechtigkeit denen, die verloren gehen,
darum, dass sie die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie errettet
würden. Und deshalb sendet ihnen Gott eine wirksame Kraft des Irrtums,
dass sie der Lüge glauben, auf dass alle gerichtet werden, die der
Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der
Ungerechtigkeit„ - sie werden „gerichtet„, als unwürdig befunden,
als Miterben Christi am tausendjährigen Königreich teilzunehmen.
Wie
wir verstehen, bedeuten diese Worte, dass in der Zeit der Gegenwart des
Herrn (die jetzige Zeit - seit 1874) durch dieses antichristliche System
sowohl (eines der Hauptmittel Satans, um die Welt zu täuschen und unter
seiner Botmäßigkeit zu halten), als auch durch alle seine anderen Mittel,
der Teufel der neuen Ordnung, die im Begriff ist, eingeführt zu werden,
einen äußerst verzweifelten Widerstand entgegenbringen wird.
Er wird aus jedem kleinen Umstand, aus allen den angeerbten Schwächen
und der Selbstsucht der menschlichen Familie Vorteil ziehen, um ihre
Herzen, ihre Hände und ihre Federn in diesem letzten Kampf gegen volles
Aufkommen von Freiheit und Wahrheit für seinen Dienst zu gewinnen.
Vorurteile werden entzündet, wo, wenn die Wahrheit deutlich gesehen würde,
keine sein könnten. Leidenschaften werden hervorgerufen, Parteiungen
gebildet, die viele täuschen und irreleiten werden. Und dies wird so sein,
nicht weil Gott die Wahrheit nicht klar genug gemacht hätte, um alle
seine völlig ihm Geweihten zu leiten, sondern weil diejenigen, die
betrogen sein wollten, nicht mit genügendem Ernst die Wahrheit gesucht
und benutzt haben, die für sie als „Speise zu rechter Zeit“ bereitet
war. Und so wird es offenbar werden, dass die verführte Klasse die
Wahrheit nicht aus Liebe zu ihr, sondern vielmehr aus Gewohnheit, aus
Formalität oder Furcht annahm. Und die Versicherung des Apostels scheint
die zu sein, dass in diesem schließlichen Todeskampf des Antichristen,
ungeachtet seines scheinbaren Gewinnes an (vermehrter) Macht in der Welt,
durch erneute Kriegslist, weitere Täuschungen und Verbindungen, dennoch
der wahre Herr zur Zeit seiner Gegenwart obsiegen und während der Zeit
dieser großen Drangsal den Antichristen gänzlich vernichten und seine
Macht und Täuschereien zerstreuen wird.
Über
die Art und Weise, wie dieser Schlusskampf zu erwarten sei, kann man nur
Mutmaßungen aufstellen, welche sich großenteils auf die in der
Offenbarung gegebenen symbolischen Gesichte gründen. Wir erwarten die
Bildung zweier großer Parteien über die ganze Welt hin, von welchen
beiden sich die treuen überwindenden Heiligen fern halten werden. Diese
beiden großen Parteien werden auf der einen Seite aus Sozialisten,
Freidenkern, Ungläubigen, Unzufriedenen und echten Liebhabern der
Freiheit zusammengesetzt sein, deren Augen sich in Bezug auf politische
und religiöse Missverwaltung und politischen und religiösen Despotismus
zu öffnen anfangen; auf der anderen Seite werden sich nach und nach die
Gegner der menschlichen Freiheit und Gleichheit verbinden: Kaiser, Könige
und Aristokraten; und in enger Sympathie mit diesen wird das Afterbild des
Königreiches Gottes, der Antichrist, stehen. Die Herrscher der Erde wird
er unterstützen und von ihnen unterstützt werden. Wir erwarten ebenso,
dass die Politik des Antichristen einigermaßen gemäßigt und gemildert
werden wird, um die Extremisten, die Fernstehendsten, in allen
protestantischen Konfessionen, die gerade jetzt eine nominelle Vereinigung
untereinander und mit Rom erstreben, zur Sympathie und Mitwirkung (nicht
wirklicher Vereinigung) zurück zu gewinnen. Sie vergessen aber, dass die
wahre Einigkeit die ist, die durch Wahrheit und nicht durch Glaubenssätze,
Konventionen und Gesetze bewirkt und unterhalten wird. So unwahrscheinlich
dieses Zusammengehen von Protestanten und Katholiken manchen auch scheinen
mag, sehen wir doch schon unverkennbare Anzeichen von der raschen Annäherung
derselben. Sie wird durch das geheime Wirken des Papsttums unter seinen
Leuten beschleunigt werden, wodurch solchen Politikern, die mit dem
Papsttum zusammenzuwirken willens sind, zu hervorragenden Stellungen in
Regierungssachen verholfen wird.
Bald
wird man Gesetze erwarten dürfen, durch welche die persönliche Freiheit
allmählich unter dem Vorwand der Notwendigkeit für die öffentliche
Wohlfahrt beschnitten werden wird. Wenn so ein Schritt nach dem anderen
getan ist, wird es schließlich nötig sein, ein „einfaches
Religionsgesetz„ zu machen. Auf diese Weise mögen Kirche und Staat in
der Kontrolle der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika einigermaßen
vereinigt werden. Diese Gesetze, so einfach wie sie nur gemacht werden können,
um allen sogenannten „orthodoxen„ (das bedeutet volkstümlichen)
Religionsansichten zu passen, werden darauf berechnet sein, ferneres
Wachsen in der Gnade und Erkenntnis, die jetzt „Speise zu rechter Zeit“
ist, zu verhindern. Die Ausrede wird wahrscheinlich sein, dass man
Sozialismus, Unglauben und politische Ausbrüche der niederen und abhängigen
Klassen verhindern wolle.
Augenscheinlich
wird in naher Zukunft, als Teil dieser Drangsal, und selbst ehe die
Heftigkeit der großen Drangsal dieses Tages des Zornes über die Welt
hereingebrochen ist und das ganze soziale Gebäude der Erde zertrümmert
hat (als Vorbereitung auf die neue und bessere Ordnung, die unter dem
wahren Christus verheißen ist) - augenscheinlich wird eine Stunde der
Versuchung und Prüfung der wahrhaft Geweihten der Kirche stattfinden,
fast wie in den Tagen, da das Papsttum triumphierte; nur dass die Methoden
der Verfolgung verfeinerte sein werden; den mehr zivilisierten Methoden
der Jetztzeit entsprechend: Die Spieße und Zangen und Folterbänke werden
mehr die Form von beißendem Spott, öffentlichen Drohungen,
Freiheitsbeschränkungen und gesellschaftlicher und politischer
Entrechtung annehmen. Hierüber und über die neuen Verbindungen, die der
Antichrist in diesem Schlusskampf gegen die Errichtung des wahren Tausendjährigen
Reiches bilden wird, soll weiterhin gehandelt werden.
Indem
wir nun dieses Kapitel beschließen, möchten wir unseren Lesern nochmals
recht eindrücklich machen, dass das Papsttum nicht wegen seiner
moralischen Verirrung der Antichrist ist, sondern wegen seiner Verfälschung
und Nachahmung des eigentlichen Christus und des wahren Königreiches
Gottes. Weil viele Protestanten diese Tatsache zu erkennen verfehlen,
werden sie verführt werden, gegen den Herrn der Herrlichkeit mit dem
Papsttum gemeinsame Sache zu machen.