SCHRIFTSTUDIEN
BAND
3 - DEIN
KÖNIGREICH KOMME
Studie
2
„Die
Zeit des Endes“ oder „Tag seiner Rüstung“ oder
Vorbereitung.
Die
Zeit des Endes. — Ihr
Anfang, im Jahre 1799. —
Ihr
Schluss, im Jahre 1914. —
Was
soll vorbereitet werden und wozu? —
Die
Geschichte der Welt durch die hauptsächlichen Herrscher prophetisch
verfolgt. — Vom
Jahre 405 vor Christi bis zu diesem Tage der Vorbereitung —
Der
Anfang der Zeit des Endes bestimmt bezeichnet, doch ohne Namen und Datum.
Die
„Zeit des Endes“, eine Periode von 115 Jahren, 1799 bis 1914, ist in
der Schrift sonderlich markiert. Der „Tag seiner Rüstung“, oder
Vorbereitung, ist ein anderer Name, welcher derselben Periode beigelegt
ist, weil in derselben eine Zunahme an Erkenntnis, die in Entdeckungen und
Erfindungen, usw. sich erweist, den Weg für dies herbeikommende
Gnaden-Jahrtausend ebnet. Maschinen und Mittel werden ersonnen, um Arbeit
zu sparen und der Welt im allgemeinen Zeit und Bequemlichkeiten zu
bereiten, was unter Christi Herrschaft der Gerechtigkeit für alle zum
Segen ausschlagen und dazu beitragen wird, die Erde mit der Erkenntnis des
Herrn zu erfüllen. Es ist aber auch noch in einem anderen Sinn ein Tag
oder eine Zunahme der Erkenntnis unter den Menschen, die allen einen
Geschmack von Freiheit und Luxus gibt, ehe Christi Herrschaft zur rechten
Verwaltung der Welt hergestellt ist, werden diese Wohltaten allmählich
Mittel, die Macht in die Hand einzelner Klassen zu spielen, und schließlich
dahin zu führen, dass die Massen sich erheben und den Umsturz von
Vereinigungen, Geschäftsverbindungen, usw. herbeiführen, mit welchen
zugleich alle gegenwärtigen staatlichen und kirchlichen Herrschaften der
Welt fallen werden. Auf solche Weise (durch solchen Umsturz) ist die
Gegenwart ein Tag der Vorbereitung zur Herstellung der Universal-Herrschaft
des Königreiches Gottes, um das so lange gebeten worden ist.
Die
letzten 40 Jahre der Zeit des Endes werden „Das Ende“ oder „Die
Ernte“ des christlichen Zeitalters genannt, wie wir lesen: „Die Ernte
ist das Ende des Zeitalters.“ (Matth. 13:39) Wir handeln hier zunächst
im allgemeinen über den Charakter und die Ereignisse und lassen die
besonderen Züge der Ernte für ein späteres Kapitel.
Obwohl
das Datum dieses Zeitabschnittes uns in Daniels Weissagung gegeben ist, so
wissen wir doch, dass er selbst durchaus nichts davon verstand, wie er
denn sagte: „Ich hörte es; aber ich verstand es nicht.“ (Dan. 12:8)
Auf seine dringende Frage nach Auskunft wurde ihm gesagt, dass die Worte
verborgen und versiegelt bleiben würden bis zur Zeit des Endes. Daraus
folgt also, dass vor 1799 niemand die Prophezeiung verstehen konnte; und
ehe wir den Gegenstand verlassen, werden wir zeigen, dass die Prophezeiung
andeutet, dass das Verständnis derselben nicht vor 1829 anfangen, noch
vor 1875 eine deutliche Entfaltung erreichen würde.
Das
11. Kapitel der Weissagung Daniels ist den bedeutsamen Ereignissen
gewidmet, die herab bis auf diese Periode, die Zeit des Endes, führen, während
Kapitel 12 von da an weiter bis zum Ende oder zur Ernte führt. Wer ein
Forscher in der Weissagung ist, wird die besondere Weise bemerken, in der
das Datum des Anfangs der Zeit des Endes gegeben ist - auffallend sowohl
was Genauigkeit bei der Feststellung des Datums betrifft, als auch
betreffs des Verbergens desselben, bis auf die bestimmte Zeit, da es
verstanden werden sollte. Und nachdem dieser Zeitpunkt so bemerkenswert im
11. Kapitel, ohne Namen oder Datum zu geben, markiert ist, gibt Kapitel 12
drei Zeitperioden an die Hand, 1260, 1290 und 1335 prophetische Tage,
welche die Aussage von Kapitel 11 bestätigen und befestigen, dass der
Anfang der Zeit des Endes ins Jahr 1799 fiel.
Und
obwohl Dan. 11 etliche der hervorragendsten Charaktere und Ereignisse der
Geschichte berührt, wie wir zeigen werden, so ist sein Zeugnis doch noch
vielen Forschern in der Weissagung versiegelt, weil die Hauptsache der
Weissagung, auf die viel ankommt schon eine scheinbare Erfüllung gehabt
hat. Auf solche Weise eine Weissagung bis zur rechten Zeit zuzudecken oder
zu verbergen, ist gar nichts so Außergewöhnliches. Und so selbstbewusst
sind Erforscher der Weissagung gewesen, dass diese Hauptsache schon erfüllt
sei, dass am Rande in der gewöhnlichen englischen Bibel und in fast allen
deutschen Werken der Bibelauslegung zu lesen steht: “Erfüllt 168 bis
171 vor Christo.“ Die Stelle (Dan. 11:31) lautet: „Und Streitkräfte
von ihm werden dastehen, und sie werden das Heiligtum, die Feste,
entweihen, und werden das beständige Opfer abschaffen und den verwüstenden
Greuel aufstellen.“
Die
Behauptung ist, dass diese Weissagung durch Antiochus Epiphanes, einen
syrischen König, erfüllt wurde, als er Jerusalem gewaltsam betrat und
die Opfer zu Gott im Tempel abschaffte und in dem Tempel den Götzen des
Jupiter Olympius aufstellte.
Diese
scheinbare Erfüllung dieser Weissagung genügt dem gewöhnlichen Forscher,
der zufrieden damit ist, was ihm gesagt wird; und dies bewirkt, dass er
das Interesse verliert, nach weiterer und voller Erfüllung dieser
Weissagung auszuschauen, da sie ja weit zurück in der Vergangenheit erfüllt
ist. Der ernstliche Forscher aber wird bemerken, dass (Vers 14)
vorhergesagt ist, dass die Abtrünnigen aus Daniels Volk in der Tat
versuchen würden, die Weissagung zu erfüllen (oder würden sie scheinbar
erfüllen); und ferner wird ein solcher bemerken, dass die Zeit des Endes
eine fest bestimmte Zeit war (Vers 35), und dass eine volle und richtige
Deutung bis dahin nicht erlangt werden könne. Ein solcher wird daher aus
der Vergangenheit keine richtige Auslegung erwarten. Noch auch wird der
sorgfältige Forscher die Tatsache übersehen, dass unser Herr auf diese
Weissagung hinwies, und 200 Jahre nach ihrer behaupteten Erfüllung uns
sagte, ihre Erfüllung in der Zukunft zu erwarten, indem er sprach: „Wenn
ihr nun (in Zukunft) den Greuel der Verwüstung stehen sehet an heiligem
Orte.“ (Matth. 24:3,15) Und der Herr fügte sogar noch eine Warnung
hinzu, dass wir uns recht gewiss machen sollen betreffs des wirklichen
Greuels, indem er sagt: „Wer es liest, der verstehe es!“
Wir
sind der Zuversicht, dass die in dem vorhergehenden Band dargelegten
Beweise die Tatsache klar gemacht haben, dass das große Papstsystem der
verwüstende Greuel ist, der jahrhundertlang im Namen des Königreiches
Christi sowohl die Welt wie die Kirche beraubt hat. Wahrlich, lang hat es
gestanden „an heiligem Orte“ - im Tempel Gottes, in der christlichen
Kirche. Gott sei Dank, dass wir ihr verabscheuungswürdiges Wesen immer
deutlicher sehen und so von all ihren Irrtümern fliehen können. Gott sei
Dank, dass ihre Tage gezählt sind, und das gerechtfertigte (gereinigte)
Heiligtum (Dan.8:14) bald erhöht und mit der Herrlichkeit Gottes erfüllt
werden wird.
Mit
dieser Einleitung gehen wir nun der Reihenfolge nach an die Untersuchung
von Daniel Kap. 11.
Vers
2 beginnt mit dem Medo-Persischen Reich, dessen vierter letzter König
Darius III. Codomanus ist.
Der
mächtige König von Vers 3 ist Alexander der Große von Griechenland, über
welchen das folgende Bruchstück aus der Geschichte von Willard mit
Interesse gelesen werden wird. Er sagt:
„Nachdem
Alexander der Große in Judäa eingefallen war, schickte er ein Mandat (Befehl)
nach Jerusalem, seine Armee mit Provisionen und Truppen zu versehen.
Jaddus, der damalige Hohepriester, sandte die Antwort zurück, dass er dem
Könige von Persien Treue geschworen, und dass er, so lange er lebe,
seiner Fahne nicht untreu werden könne. Sobald die Belagerung von Tyrus
beendet war, marschierte Alexander auf Jerusalem los, um für diese
Weigerung Rache zu nehmen. Von seinem Vorhaben unterrichtet und gänzlich
ohnmächtig, es mit ihm aufzunehmen, schrie der Hohepriester in seiner
Bedrängnis zum Himmel um Hilfe. In der Nacht durch eine Vision
unterrichtet, öffnete er die Tore und bestreute den Weg mit Blumen. Er
selbst, in die kostbaren Gewänder der levitischen Priesterschaft
gekleidet, ging hinaus dem Eroberer entgegen, gefolgt von allen Priestern
in Weiß gekleidet. Alexander begegnete ihm, kniete nieder und betete an.
Von seinen erstaunten Freunden gefragt, warum er, den andere verehrten,
den Hohepriester verehre, erwiderte er; „Ich verehre nicht ihn, sondern
den Gott, dessen Diener er ist. Ich erkannte ihn sofort, als ich sein
Gewand erblickte, als denselben, den ich in meiner Vision in Mazedonien
sah, als ich über die Bekriegung Persiens nachsann; und er versicherte
mich damals, sein Gott werde vor mir hergehen und mir Erfolg verleihen.“
Alexander umarmte nun die Priester und betrat, in ihrer Mitte gehend,
Jerusalem; wo selbst er in der feierlichsten Weise im Tempel Opfer
darbrachte. Der Hohepriester zeigte ihm sodann die Prophezeiung Daniels
und legte sie ihm dahin aus, dass sie vorher verkündige, er werde die
persische Macht stürzen.
Obwohl
Alexander die Welt in dem kurzen Zeitraum von 13 Jahren eroberte, so
bestand doch sein Reich als einheitliche Nation nach seinem Tode in seiner
Familie nicht fort, sondern wurde von seinen vier Generälen geteilt und
sonst, wie Vers 4 angibt, im ganzen zerbröckelt.
Beachte
hier die Übereinstimmung dieser Weissagung mit der Dan. 8:3-9 und 20-25
gegebenen. Hier wird gezeigt, wie aus einem der Teile des Reiches
Alexanders (vergleiche Vers 8, 9 und 21) ein „kleines Horn“, eine
kleine Macht, emporkommen werde, das über die Maßen groß werden würde.
Dies nimmt augenscheinlich auf Rom bezug, das sich auf den Ruinen
Griechenlands zu Macht und Einfluss erhob. Zuerst ein unbedeutender
Vasallenstaat, dessen Abgesandte sich beeilten, die griechische Oberhoheit
anzuerkennen, und ein Teil des zu den Füßen Alexanders des Großen
liegenden Reiches zu werden, erhob sich Rom allmählich zur Oberherrschaft.
Die
Geschichte, Dan. 8:9, 10 in wenigen Worten erzählt, wird Kap. 11:6-19
mehr im einzelnen berichtet. In diesem Bericht wird von Ägypten als dem Könige
des Südens geredet, während die Griechen und hernach die Römer, deren
Nachfolger in der Macht, oder das neue Horn, das aus dem griechischen
Reiche emporkam, als der König des Nordens bezeichnet werden. In die
Geschichte dieser verwebt, einmal mit dem einen, ein andermal mit dem
andern verknüpft, war die Geschichte des Volkes Gottes- des Volkes
Daniels - in dessen schließliche Segnung nach Gottes Verheißung Daniel
glaubte. Es ist etwas langweilig und unnötig, diese Geschichte in all den
Einzelheiten der Kämpfe zwischen Alexanders Generälen und ihren
Nachfolgern bis Vers 17, der sich auf Kleopatra, die Königin von Ägypten
bezieht, zu verfolgen; und da soweit alle übereinstimmen, so brauchen wir
nicht weiter in die Vergangenheit zurückgehen.
Diejenigen,
welche behaupten, dass Vers 11:31 auf Antiochus Epiphanes bezug nimmt,
fahren mit Vers 18 bis zum Ende des Kapitels fort, die Weissagungen auf
die kleineren Zänkereien und Kämpfe zwischen Seleucius, Philopater,
Antiochus Epiphanes und Ptolemäus Philometer anzuwenden. Die Juden, die
diese Auslegung bis ins 12. Kapitel fortsetzten, mochten guten Grund haben,
eine baldige Befreiung durch den Messias zu erwarten; und so lesen wir,
dass zur Zeit der Taufe Jesu „alles Volk in Erwartung war“ in betreff
des Messias, und durch ihn in betreff ihrer Befreiung vom römischen Joche.
Aber wir, die den eigentlichen „Greuel“ sehen, trennen uns vom 18.
Vers an von ihnen. Wir verstehen, dass die Weissagung von da ab, bis auf
das Papsttum, bloß hervorragende Charaktere der Geschichte berührt.
Nachdem sie sodann dieses berührt und gekennzeichnet, schreitet sie fort
bis zum Ende seiner Macht zu verfolgen, und markiert dieses Datum durch
einen eingehenden Bericht über einen der bemerkenswertesten Charaktere
der Geschichte, nämlich Napoleon Bonaparte.
Doch
man möchte ferner fragen: Warum dieser Wechsel in der Beschreibungsweise
der vorausgehenden Verse und warum nur hervorragende Züge der Geschichte
berühren? Wir antworten, dass dies ein Teil der Verfahrungsweise Gottes
war, die Weissagung zu versiegeln und zu verdecken. Zudem war in der
Prophetie alles so angeordnet, dass Israel am ersten Advent nicht hätte
zu fallen brauchen. Wären alle Einzelheiten von zwanzig langen
Jahrhunderten dargelegt worden, wie sie jene Weissagung in Vers 3-17
dieses Kapitels enthielt, so würde es so lang und schwerfällig gewesen
sein, dass es über alles Verständnis hinausging. Auch würde es den
Juden und ersten Christen eine Idee über die Länge der Zeit gegeben
haben, ehe das Königreich Gottes kommen würde. Das aber war nicht Gottes
Absicht.
Weitergehend
verstehen wir also, dass Vers 17-19 auf die Zeit hinweist, da Markus
Antonius und Kleopatra figurieren, da Antonius fiel und Ägypten („der König
des Südens“) vom römischen Reiche verschlungen wurde. Vers 20 beziehen
wir auf den Kaiser Augustus, der für sein systematisches Steuer
eintreiben von allen tributpflichtigen Nationen berühmt war, und dessen
Eintreibung der Steuern in Judäa und der ganzen Welt im Zusammenhang mit
der Geburt unseres Herrn, (Luk. 2:1) in der Schrift angemerkt steht. Der
Ausspruch, „dass ein Gebot ausging vom Kaiser Augustus, dass alle Welt
geschätzet würde“, stimmt vortrefflich mit der Beschreibung: „Und an
seiner Statt wird einer aufstehen, welcher einen Eintreiber der Abgaben
durch die Herrlichkeit des Reiches ziehen lässt“. Rom stand damals in
seiner größten Pracht, und Palästina war das herrliche Land; und der
Kaiser Augustus war der erste Herrscher, der eine systematische
Steuererhebung in der Welt einführte. Von ihm lesen wir ferner: „Aber
in wenigen Tagen wird er zerschmettert werden, und zwar weder durch Zorn
noch durch Krieg“, etwa durch Meuchelmord, wie seine Vorgänger und
seine sieben Nachfolger, die alle eines gewaltsamen Todes starben. Sein
Tod trat einige Jahre, nachdem er den Höhepunkt seiner Macht erreicht und
den Steuereintreiber durch das herrliche Land hatte ziehen lassen, ein.
Vers
21 beschreibt passend den Nachfolger des Augustus, den Kaiser Tiberius.
„An seiner Statt wird ein Verachteter (Verächtlicher) aufstehen, auf
den man nicht die Würde des Königtums legen wird; und er wird
unversehens kommen und durch Schmeicheleien sich des Königtums bemächtigen.“
Lasst uns sehen, wie hiermit der geschichtliche Bericht über Tiberius
stimmt.
Der
Geschichtsschreiber White sagt: „Tiberius war 56 Jahre alt, als er den
Thron bestieg, wobei er große Zurückhaltung zur Schau trug, die
wichtigen Geschäfte des Thrones auf sich zu nehmen. ... Als aber alle
Schranken beseitigt waren, ließ der Tyrann seinen grausamen und
fleischlichen Leidenschaften freien Lauf.“
So
sagt Willard: „Zuerst heuchelte er und schien mit Mäßigkeit zu
regieren; aber bald fiel die Maske. ... Der Senat, dem er alle politischen
Rechte des Volkes übertragen hatte, war ausgeartet und sanktionierte
gehorsamst seine Handlungen und streute einem Manne den Weihrauch beständiger
Schmeicheleien, der ihre Straßen mit Blut erfüllte. Unter der Herrschaft
dieses Niedrigsten der Menschen war es, dass unser Herr Jesus Christus in
Judäa gekreuzigt wurde.“
Dieses
Bild stimmt genau mit der Beschreibung des Propheten und wird noch weiter
durch den nächsten Vers (22) bestätigt. „Und die überschwemmenden
Streitkräfte werden vor ihm überschwemmt und zertrümmert werden, und
sogar ein Fürst des Bundes.“ Diese letztere Aussage scheint zweifellos
sich auf unseren Herrn Jesum zu beziehen, der, wie oben vom Historiker
angemerkt ist, unter der Herrschaft des Tiberius, von dessen
Stellvertreter, dem römischen Gouverneur Pilatus in Judäa, und von römischen
Soldaten gekreuzigt wurde.
„Denn
seitdem er sich mit ihm verbündet (der Senat ihn als Kaiser anerkannt)
hat, wird er Trug üben, und wird hinauf ziehen und mit wenig Volk Macht
gewinnen.“ Tiberius organisierte nämlich die Prätorianische Garde,
zuerst aus 10.000, später verdoppelt. Diese kleine Zahl Leute war beständig
als die Leibgarde des Kaisers in Rom und unter seiner Hand. Hierdurch
hielt er Volk und Senat in Unterwürfigkeit; hob Volkswahlen und
Versammlungen auf, usw. „Unversehens wird er in die festesten Gegenden
der Landschaft eindringen und tun, was weder seine Väter, noch die Väter
seiner Väter getan haben; Raub und Beute und Gut wird er ihnen zerstreuen
und wider die Festungen seine Anschläge ersinnen; und zwar eine Zeit
lang.“ - Vers 23 und 24
Es
war die Politik des Augustus wie seiner Nachfolger, auf friedlichem Wege
die Herrschaft über die unterworfenen Gebiete zu erhalten, statt noch
weitere Eroberungen zu machen; und um dies zu tun, schlugen sie den Weg
ein, durch Ernennung von Statthaltern den Raub zu teilen. Das Verbleiben
derselben in ihrem Amte hing von der Bewahrung der Ordnung, von ihrer Anhänglichkeit
an die Kaiser und von der prompten Erhebung der Steuern ab. Sie verfolgten
nicht mehr den Zweck wie zuerst, sich den Säckel zu füllen und die Welt
zu plündern, bloß um das Geraubte als Trophäen nach Rom zu schleppen.
Durch diese Diplomatie, durch solches „Anschläge vorausentwerfen“
beherrschte Rom jetzt die Welt völliger und mit größerem Schein als
damals, da seine Heere bald hier bald dorthin zogen.
Obwohl
die Prophezeiungen Einzelheiten hervorhebt, ja im Falle von Augustus und
Tiberius Individuen beschreibt, so sollte man doch nicht vergessen, dass
dies nur Mittel zum Zwecke waren. Dieser Zweck ist, den Zeitpunkt zu
markieren, da die Weltherrschaft Griechenlands von den vier Generälen
Alexanders des Großen, welche die vier Abteilungen seines Reiches repräsentieren
(die Dan. 8:8 erwähnten vier Hörner“ des griechischen „Ziegenbocks“),
auf das Römerreich überging, das damals und ehedem ein Teil
Griechenlands war. Diese vier Generäle und Nachfolger Alexanders werden
nicht minder in der Geschichte wie in der Prophezeiung berührt. (Die
Teilung des Reiches unter diese vier finden wir in Dan. 8:8 u. 11:4, 5). Der
Geschichtsschreiber (Willarbs
Universalgeschichte, Seite 100)
sagt: „Das (griechische) Reich wurde nun in vier Teile geteilt. Ein
jeder der Generäle erhielt seinen Teil. Ptolomäus wurde Beherrscher Ägyptens;
Seleucius Herr Syriens und Ober-Asiens; Lysimachus gebot über Thrazien
und Kleinasien bis zum Taurus-Gebirge, Kassander über Mazedonien.“
Dieser
Teilung gemäß gehörte Italien zu Kassanders Teil, der „König des
Nordens“ genannt, im Gegensatz zu dem „König des Südens“ Ägypten.
Allmählich siegte der Einfluss Roms, und Stück für Stück wurden die
anderen ursprünglich von Seleucius, Lysimachus und Kassander beherrschten
Gegenden unter die Botmäßigkeit von Rom gebracht, das selbst zu dem nördlichen
Teil gehört hatte; und somit blieb nur noch der südliche Teil, Ägypten,
übrig. Dieser König des Südens kam, wie oben erzählt, zur Zeit
Kleopatras, Antionius und Augustus unter die Gewalt des nördlichen Teiles,
zum Teil durch Schuld des Vaters der Kleopatra, welcher, da seine Kinder
jung waren, diesen bei seinem Tode sein Reich unter dem Schutze des römischen
Senates hinterließ, und andernteils durch die Besiegung des Mark Antonius.
Wohl war der „König des Südens“, Ägypten, zeitweilig ebenso mächtig
wie der „König des Nordens“, Rom. Geschichtsschreiber nennen es die
größte Handel treibende Nation zu jener Zeit“, mit „33.000 Städten“
und einer Steuereinnahme von „14.800 silbernen Talenten“, in
amerikanischem Geld ungefähr 20.000.000 Dollar.
Zweck
und Absicht der Weissagung erkennend, sollten wir nicht Einzelheiten, persönliches,
über die Monarchen dieses Reiches erwarten; sondern unter „König des
Nordens“ verstehen wir den Vertreter des römischen, und unter „König
des Südens“ den Vertreter des ägyptischen Reiches. Betrachten wir nun
nach dieser Erklärung die Prophezeiung weiter.
Dan.
11:25: „Und er (Rom) wird seine Macht und seinen Mut wider den König
des Südens (Ägypten) erwecken mit einem großen Heere; und der König
des Südens wird sich zum Kriege rüsten mit einem großen und überaus
starken Heere; aber er wird nicht bestehen, denn man wird (listige) Anschläge
wider ihn ersinnen.“
Vom
Jahre 30 v.Chr. an, als der Kaiser Augustus Ägypten zur römischen
Provinz machte, ereignete sich nichts feindliches zwischen diesen beiden Mächten,
nicht bis die Königin Zenobia, ein Nachkomme der Kleopatra, ums Jahr 269
n.Chr. die Herrschaft dieser Provinz beanspruchte und ausübte. Schon 272
n.Chr. wurde sie von Aurelian, dem römischen Kaiser, gefangen genommen.
Der Geschichtsschreiber sagt: „Syrien, Ägypten und Klein-Asien mussten
die Oberherrschaft der Zenobia, Königin von Palmyra, anerkennen. Aber sie
musste es im Kampf mit der größeren Macht des Reiches und der
Kriegskunst des ersten seiner Zeit aufnehmen. Doch Aurelian selbst
schreibt von ihr: „Die Römer sprechen mit Verachtung von dem Krieg, den
ich gegen eine Frau führe, doch sie kennen weder den Charakter noch den
Ruhm der Zenobia. Es ist unmöglich, ihre Kriegsbereitschaft und ihren
verzweifelten Mut zu beschreiben.“ Ihr Bundesgenosse, Firmus, in Ägypten,
war bald unterdrückt und getötet, und mit Ehre und großem Reichtum
bedeckt kehrte Aurelian nach Rom zurück, wie es Vers 28 beschrieben ist:
„Und er wird mit großem Reichtum in sein Land zurückkehren, und sein
Herz wird wider den heiligen Bund gerichtet sein; und er wird (in
verschiedenen Kriegstaten) handeln und in sein Land zurückkehren.“
Als
Bestätigung, welche Unmassen von Reichtümern er zusammenschleppte,
beachte Gibbons Beschreibung seines Triumphzuges durch die Straßen Roms.
Er sagt:
„Der
Reichtum Asiens, die Waffen und Fahnen der besiegten Nationen, und die prächtige
Garderobe und das Silbergeschirr der syrischen Königin, alles wurde in
genauer Symmetrie oder kunstvollem Durcheinander zur Schau getragen... Die
schöne Gestalt Zenobias war mit goldenen Ketten gefesselt; ein Sklave
trug die goldene Kette, die ihren Hals umschlang, und fast unterlag sie
der übergroßen Last der auf sie gehäuften Juwelen. Zu Fuß ging sie dem
herrlichen Kriegswagen voraus, auf dem sie einst selbst in die Stadt Rom
einzufahren gehofft hatte.“
In
Bezug auf die Worte des Propheten, dass „sein Herz wider den heiligen
Bund (das Christentum) steht, sagt Mosheim: (Geschichte des
Christentums, Band 2, Seite 101)
„Aurelian,
obschon übermäßig dem Götzendienst ergeben und voller Abneigung gegen
die Christen, ergriff doch vier Jahre lang keine Maßregel, sie zu bedrängen.
Im fünften Jahre seiner Regierung aber, ob durch eignen oder anderer
Aberglauben angeregt, rüstete er sich, sie zu verfolgen: und hätte er länger
gelebt, so roh und wild war seine Natur, und so sehr war er von den
Priestern und Bewunderern der Götter beeinflusst, seine Verfolgung wäre
eine noch grausamere geworden, als irgend eine zuvor. Doch noch ehe seine
neuen Gebote alle Provinzen erreicht hatten, wurde er meuchlings ermordet;
und nur wenige Christen hatten um ihrer Frömmigkeit willen von ihm zu
leiden.“
Diese
seine Sucht, die Christen zu verfolgen, zeigte sich erst nach seiner Rückkehr
von den Eroberungen, wie die Prophezeiung angibt. Aurelian war ein Anbeter
der Sonne. wie er auch seinen Sieg über Zenobia der Sonne zuschrieb und
unmittelbar nach der Schlacht in den prächtigen der Sonne geweihten
Tempel ging, um seinen Dank abzustatten. Da die Christen die Sonne der
Anbetung unwürdig erachteten, so nimmt man an, dass dies seine plötzliche,
heftige Opposition hervorrief.
Vers
26 lautet: „Und die seine Tafelkost essen, werden ihn zerschmettern; und
sein Heer wird überschwemmen und viele Erschlagene werden fallen.“
Aurelian wurde von seinen eigenen Generälen meuchlings ermordet; sein
Heer war erfolgreich, aber viele kamen um.
Vers
27 nimmt nicht auf Rom und Ägypten Bezug, sondern auf zwei Könige oder Mächte
im römischen Reich - die kaiserliche Macht sank allmählich, und die
Macht der Geistlichkeit begann sich langsam zu Leben und Ehrfurcht zu
entwickeln. Sie suchten sich gegenseitig zu eigennützigen Zwecken auszunützen,
solche Absicht aber zu gleicher Zeit leugnend. Die Stelle heißt: „und
die beiden Könige - ihre Herzen werden auf Bosheit bedacht sein, und an
einem Tisch werden sie Lügen reden; aber es wird nicht gelingen, denn das
Ende verzieht sich noch bis zur bestimmten Zeit.“ Um den Gedanken zu
verdeutlichen: Eine Periode von 1260 Jahren war von Gott bestimmt als die
Dauer der Verfolgungsmacht des Papsttums; daher konnte das Bündnis
zwischen der Geistlichkeit und der weltlichen Macht „nicht gelingen (gedeihen)“,
weil die 1260 Jahre von jenem Datum an gerechnet, „das Ende“ zu früh
bringen würde; daher musste es (das Gelingen des Bündnisses)
hinausgeschoben oder zurückgehalten, und ihm nur allmählich unter dem
Verfall des Königreiches Italien zustande zu kommen erlaubt werden. Wir
ersehen aus der Kirchengeschichte, wie die christlichen Bischöfe heimlich
und auf möglichst schlaue Weise im römischen Reiche nach Macht ringen;
und sicherlich wurde es von den Kaisern hin und her erwogen, ob es nicht
zu ihrem Vorteil wäre, die neue Religion anzuerkennen. Augenscheinlich
machte Konstantin zur reiferen Zeit zur Tat, was vor ihm andere schon mehr
oder weniger im Sinne gehabt hatten. Doch selbst Konstantin wurde durch
die öffentliche Meinung daran gehindert, sofort und so schnell als er wünschen
mochte, die Vereinigung der kirchlichen und staatlichen Machtgebiete
herzustellen.
Vers
29 und 30 erachten wir als Zwischensatz, der zudem Zweck eingeschoben ist,
um durch Unterbrechung des Fortganges der Erzählung die Bedeutung
derselben zeitweilig zu verbergen, denn wir glauben, dass dieselbe auf
einen damals noch weit in der Zukunft liegenden Zusammenstoß der Repräsentanten
Roms und Ägyptens hinweist. Kein weiteres Treffen zwischen ihnen werde
stattfinden, außer eines, und dies gerade zu „bestimmten Zeit“, der
Zeit des Endes, 1799. Aus diesem Grunde überspringen wir diese Verse, bis
wir zur Betrachtung des letzten Kampfes zwischen ihnen, der Vers 40-45
geschildert wird, kommen.
Vers
31 schließt an den Gedanken von Vers 27 an, und wir erkennen, dass er
sich auf die erfolgreichere der beiden Mächte im römischen Kaiserreich,
auf das Papsttum, bezieht. Nachdem uns die Prophezeiung durch einzelne
bedeutsame Herrscher bis auf Aurelian geführt, und uns mit den beiden,
bald darauf entstehenden, sich gegenseitig bekämpfenden Herrschermächten
- den staatlichen und kirchlichen - bekannt gemacht hat, zeigt sie nun zunächst
das Hervorwiegen des Papsttums, und sein Wesen und Werk im Verhältnis zu
Gottes Wahrheit und Kirche (Herauswahl). Es wird dargestellt als ein König
oder eine Macht, ohne Rücksicht auf seine verschiedenen, wechselnden Päpste
oder Häupter. Wir wissen, dass im Kampf zwischen den staatlichen und
religiösen Herrschern das Papsttum siegte; und die Prophezeiung lautet:
„Und Streitkräfte von ihm werden dastehen (oder, „Gewaltige aus ihm
emporkommen.“ - Youngs Übersetzung, ähnlich Luthers Randglosse) und
sie werden das Heiligtum, die Feste, entweihen, und werden das beständige
Opfer abschaffen und den verwüstenden Greuel aufstellen“.
Unsere
Auslegung hiervon ist, dass, obschon weder die staatliche noch kirchliche
Macht einander verschlangen, wie man anfangs hätte erwarten können, so
kamen doch „Gewaltige“ auf, welche die Grundprinzipien beider, der
staatlichen Regierung wie auch der wahren Religion verwirrten - „entweihten“.
Das „Heiligtum, die Feste“, die von Gott geweihten staatlichen Rechte
der Herrschaft und Autorität, welche Gott eine Zeitlang den Heiden, den
Reichen dieser Welt, übergab, wurde unterminiert: und zwar von solchen in
der Kirche, die nach gegenwärtiger Herrschaft dürsteten und durch alle
nur mögliche Verfahrungsweise, zur Förderung ihrer kirchlichen Pläne,
weltliche Macht zu erringen suchten. So wurde Gottes Heiligtum (seine
geweihte Wohnstätte - die Kirche) durch das fortwährende Streben dieser
„Gewaltigen“, mit den Weltherrschern Macht, Ansehen und Einfluss beim
Volk zu erlangen, verunreinigt und erniedrigt. Das war das Papsttum im
Keime, geschäftig, sich zu einem priesterlichen Weltreich
emporzuschwingen.
Der
Plan Gottes, der uns vorschreibt, den „bestehenden Mächten“ oder „der
Obrigkeit, die Gewalt über uns hat“, untertan zu sein, ließ man ganz
aus den Augen, Nach Gottes Plan waren diese dazu bestimmt, uns zu prüfen
und für die zukünftige Erhöhung zur Macht, Herrlichkeit und Herrschaft
für die Welt vorzubereiten. Entschlossen, wenn möglich vor Gottes Zeit
zu regieren, ist es nicht zu verwundern, dass diese ungestümen „Gewalten“
von Gottes Plan soweit abkamen, dass sie das wahre Wesen, den Kern der
Wahrheit, ganz verloren und nur die Form, die äußere Erscheinung
beibehielten. Ein höchst entscheidender Schritt zum „Abfall“ vom
Glauben war die Abschaffung des „beständigen Opfers“. Dies, der Höhepunkt
doktrinärer Ausartung, die in der römischen Lehre von der
Transubstantiation (Verwandlung von Brot und Wein in wahren Leib und Blut
bei der Einsegnung vom Priester) und in dem Sakrament der Messe zum
Ausdruck kam, überlassen wir, im Zusammenhang mit einer anderen
Prophezeiung, zur weiteren Untersuchung einem späteren Kapitel. Vom
Beginn der Einführung dieses verderblichen, gotteslästerlichen Irrtums
an nennt Gott das ganze System einen „Greuel“; und auf seine endgültige
Erhöhung zur Macht Bezug nehmend, wird er hier der „verwüstende Greuel
aufgestellt“ genannt. Wie wohl verdient von Seiten des Papsttums dieser
Name ist, und wie sein verderblicher Einfluss gleichwie ein Mehltau wirkte,
bezeugt die Geschichte des finsteren Mittelalters zur Genüge, wovon wir
im vorhergehenden Bande einiges geschildert haben.
Vers
32: „Und diejenigen, welche gottlos handeln gegen den Bund, Frevelnden
wird er durch Schmeicheleien zum Abfall verleiten.“ Solche in der Kirche,
welche ihrem Bundesgelöbnis nicht nachkamen, verfielen schnell den
Schmeicheleien; Ehren, Titeln, usw., die ihnen von der päpstlichen
Hierarchie (Priesterherrschaft), als sie zur Macht kam, dargeboten wurden.
Doch, obschon viele den Irrtümern erlagen, alle gaben nicht nach, denn
wir lesen weiter: „Aber das Volk, welches seinen Gott kennt, wird sich
stark erweisen, und handeln. Und die Verständigen des Volkes werden die
Vielen unterweisen.“ Hiermit wird also eine Teilung der Kirche in zwei
ganz bestimmte Klassen deutlich angemerkt; Dan. 8:11-14 werden sie als das
Heiligtum und das Heer unterschieden. Die eine Klasse durch die
schmeichelhaften Ehren der Welt verderbt, bricht ihren Bund mit Gott, während
die andere Klasse durch die Verfolgungen, die sie durch ihre Treue gegen
Gott erleidet, um so mehr gestärkt wird. Unter diesen Letzteren gab es
etliche, welche die Lage verstanden und die Treuen und Aufrichtigen
unterrichteten, dass es also geschrieben stehe, der Antichrist, der Mensch
der Sünde, werde aus einem großen Abfall in der Kirche hervorgehen.
Zahl
und Macht war in den Händen der Bundesbrüchigen, die sich mit dem
Weltreiche verbanden; und die wenigen Getreuen wurden verfolgt - gehetzt,
ins Gefängnis geworfen, gefoltert, gemartert und auf hunderterlei empörende
Weise getötet. Die Blätter der Geschichte bestätigen dies, und vom
Propheten ist es vorher verkündigt: „Aber sie werden fallen durch
Schwert und Flamme, durch Gefangenschaft und Raub, eine Zeitlang (Vers 34
und 35 als Zwischensatz unterbricht hier wieder den Zusammenhang) bis zur
Zeit des Endes, denn es verzieht sich noch bis zur bestimmten (zukünftigen)
Zeit.“ Die Länge der Verfolgungszeit ist hier nicht angegeben, außer
dass sie wie festgestellt fortgesetzt werden wird, bis - zur Zeit des
Endes. Aus anderen Schriftstellen lernen wir, dass sie eine Periode von
1260 Jahren umfasste, mit dem Jahre 1799 endigend, welches Datum im
Daniel, in der Offenbarung, und auch in der Geschichte, bedeutsam
hervortritt.
Vers
34 und 35: „Und wenn sie fallen, wird ihnen mit einer kleinen Hilfe
geholfen werden.“ Die volle Zeit der päpstlichen Verfolgungsmacht 1260
Jahre, würde nicht endigen bis 1799; doch noch vor diesem Ende gewährte
Gott eine kleine Hilfe durch die Reformation, die zwar anfangs die
Verfolgung nur noch vermehrte, später aber denen, die um ihres Glaubens
und um ihrer Wahrheitsliebe willen fielen, doch etwas Ruhe und Schutz
brachte. Die Reformation verhinderte die gänzliche Ausrottung der
Wahrheit. Leider aber kamen mit der kleinen Hilfe die „Schmeichler“
und „Heuchler“ wieder. Kaum dass die Verfolgung merklich nachließ, so
ergriff der Betrüger dasselbe Mittel, durch welches es ihm vormals gelang,
die Kirche zu verderben und zu erniedrigen, nun auch die Bewegung der
Reformation zu kontrollieren Könige und Prinzen begannen des Protestanten
Ehren und Titel zu geben und sich selbst mit dem Protestantismus zu
vereinigen; und dies führte zu ernstlich bösen Folgen, und zum Abfall
vom Bunde, wie wir lesen: „Und viele werden sich ihnen mit Heuchelei
anschließen. Und von den Verständigen (Führern, Verbesserern, Lehrern,
welche fähig waren, die päpstlichen Irrtümern zu zeigen) werden einige
fallen; um sie (die wenigen Getreuen) zu läutern und zu reinigen und weiß
zu machen.“
Die
vorher gehenden Verse beschreiben deutlich die bedeutsamsten Charaktere,
die hauptsächlich mit dem Übergang der Herrschaft auf Griechenland, dann
auf Rom, und dann allmählich, heimlich und betrogener weise, auf das
Papsttum, als einer aus dem weltlichen Rom emporwachsenden Macht, verknüpft
waren. Dementsprechend ist es auch bei weiterer Verfolgung der
Prophezeiung nur natürlich zu erwarten, dass, wenn der sehr bedeutsame
Zeitpunkt des Sturzes der päpstlichen Herrschaft (Es ist richtig zu
sagen, dass die Herrschaft des Papsttums mit dem Beginn des 19. Jh. aufhörte,
denn seine Autorität über Herrscher und Reiche, ja sogar innerhalb
seiner eigenen Grenzen, galt nach der französischen Revolution nur noch
dem Namen nach, nicht aber mehr in Wirklichkeit. Man bemerkte auch, dass
bis zu dieser Zeit Frankreich vor allen Nationen dem Papsttum am treuesten
und ergebensten gewesen war. Frankreichs Könige, Prinzen, Edelleute und
Volk waren es, die am willigsten den Vorschriften des Papstes Folge
leisteten - Kreuzzüge veranstalteten, in den Krieg zogen, usw. wie der
Papst ihnen gebot; ja so untertänig, so pflichtgetreu waren sie, dass sie
nach dem Blutbad in der St. Bartholomäusnacht keinem Protestanten
erlaubten, in ihren Grenzen zu wohnen. Keine Nation könnte daher dem
Papsttum einen so betäubenden und vernichtenden Streich versetzt haben,
als Frankreich.) markiert werden sollte, Napoleon, die Hauptperson in
der Herbeiführung dieser Veränderung, in der Prophezeiung besonders
ausgezeichnet zu finden sei; und ebenfalls nicht seiner persönlichen
Erscheinung nach, sondern durch Angabe seiner besonderen Eigentümlichkeiten
und Charakteranlage, wie wir solches bei den Kaisern Augustus und Tiberius
fanden. Eine solche Beschreibung finden wir wirklich. In Napoleon
Bonaparte haben wir das genaue Abbild derselben. Verse 31 bis 35
beschreiben das Papsttum, seine Irrlehren und Greuel, und die Reformation
und ihre „kleine Hilfe“ aber teilweisen durch Schmeicheleien
verursachten Fehlschlag; und diese Verse bringen uns herab bis auf die „Zeit
des Endes“, und zeigen uns, dass trotz der dargereichten kleinen Hilfe
doch etliche fallen würden, und zwar durch Verfolgung bis zu der „Zeit
des Endes“. So war es auch: In allen dem Papsttum untertänigen Ländern,
Spanien, Frankreich, ... setzten sich durch die schreckliche Inquisition
die Verfolgungen fort, bis sie von Napoleon endgültig beseitigt wurden.
Zunächst
folgen die Verse, die Napoleon, das Werkzeug, das die Vorsehung beim
Brechen der Macht des Papsttums und Beginn seiner Qual verwandte,
beschreiben. Diese Qual wird in gänzlicher Vernichtung enden; was späterhin
vor sich gehen wird, wie geschrieben steht: „Welchen der Herr vernichten
wird durch die Erscheinung seiner Ankunft (Gegenwart).“ - 2. Thess. 2:8
Die
öffentliche Laufbahn Napoleon Bonapartes, der selbst in seiner Zeit als
„der Mann des Schicksals“ erkannt wurde, ist so deutlich durch die
prophetische Beschreibung geschildert, dass sie positiv das Datum „der
bestimmten Zeit“ fixiert. Diese Art, ein Datum zu bestimmen, ist genau.
Und wenn wir zeigen werden, dass die hier in der Prophezeiung erwähnten
Ereignisse mit Napoleons Laufbahn in der Geschichte stimmen, so können
wir dieses Datum ebenso gewiss erkennen, wie wir es bis zum Anfang der
Verse 17, 20 und 21 beschriebenen Herrschaft des Kaisers Augustus, oder
Tiberius, oder der Kleopatra konnten. Napoleons Laufbahn markierte im
Lichte der Prophezeiung das Jahr 1799 n.Chr. als den Schluss der 1260
Jahre der päpstlichen Gewalt und den Anfang der Periode, „Die Zeit des
Endes“ genannt. Die prophetische Beschreibung läuft folgendermaßen:
Vers
36: „Und der König wird nach seinem Gutdünken handeln, und er wird
sich erheben und groß machen über jeden Gott, und wider den Gott der Götter
wird er Erstaunliches reden; und er wird Gelingen haben, bis der Zorn
vollendet ist, denn das fest Beschlossene wird vollzogen.“ Napoleon war
kein König; aber der Ausdruck König ist ein allgemeiner zur Bezeichnung
eines mächtigen Herrschers. Er handelte vielleicht so sehr „nach seinem
Gutdünken“ als je ein Mensch getan. Er war für seine Willensenergie
und Entschlossenheit bekannt, mit der er fast unüberwindbare Hindernisse
beseitigte. Um das rechte Verständnis obigen Verses zu erhalten, muss man
bedenken, dass das Wort Gott einen Mächtigen bezeichnet; und dass es in
der Schrift häufig in Bezug auf Könige und Herrscher angewandt wird, wie
z.B. in diesem Vers: „Gott der Götter“. (Band 2, Studie 9). Hier
bezeichnet das Götter Herrscher, Könige und Fürsten; und der Gott der Götter,
oder Herrscher der Herrscher, bezieht sich auf den Papst. Die meisten
Menschen haben irgend einen religiösen Höhergestellten anerkannt, aber
Napoleon erkannte keinen an. Er hatte seinen eigenen Willen und seine
eigenen Pläne; das war, sich über jeden anderen Herrscher zu erheben.
Selbst den Gott der Götter (d.i. den Herrscher der Herrscher- den Papst)
redete er in wunderbarer Weise an; befahl ihm wie einem Diener Gehorsam,
und in einer Weise, die den Aberglauben der Welt jener Zeit und ebenso die
Würde der päpstlichen Hierarchie vor den Kopf stieß. Und, wie hier
ausgesprochen, es gelang ihm, bis er seine Mission, das Papsttum zu züchtigen
und seinen Einfluss über die Gemüter der Völker zu brechen, erfüllt
hatte.
Zum
Beweis hierfür sagt die Geschichte: „Während die weltlichen Fürsten,
die mit den Franzosen Verträge geschlossen hatten, denselben getreu
nachkamen und die ausgehandelten Steuern zahlten, machte sich der höchste
Priester der unklugen Verletzungen seiner Verträge schuldig. Von
Priestern als einzigen Ratgebern umgeben, nahm der Papst zu seinen alten
Kunstgriffen und frommen Betrügereien seine Zuflucht; und große
Anstrengungen wurden gemacht, um die Gemüter des Volkes gegen die
Franzosen zu erhitzen. Die Priester gaben vor, dass der Himmel sich ins
Mittel gelegt, und auf das bestimmteste wurde behauptet, dass in den
verschiedenen Kirchen zur Bestätigung des heiligen katholischen Glaubens
der päpstlichen Unfehlbarkeit Wunder verrichtet worden seien, worin sich
das Missfallen des Himmels über das Verhalten der Franzosen kundgebe. Als
Bonaparte sah, dass die Verblendung des römischen Hofes der Art war, dass
alle seine Bemühungen zum Frieden erfolglos sein würden, ergriff er
sofort Maßregeln, „Seine Heiligkeit“ zur Besinnung zu bringen.
„Er
befahl dem General Victor in das päpstliche Gebiet einzudringen. Derselbe
trieb das Heer des Papstes vor sich her wie Spreu vor dem Wind, und
verursachte einen allgemeinen Schrecken durch den ganzen Kirchenstaat ...
Da seine Heiligkeit merkte, dass der heilige Petrus ihm in dieser Not
keine Hilfe brachte, ... sandte er Generalbevollmächtigte zu Bonaparte,
um für Frieden zu bitten. Friede wurde erhalten, aber unter gehörig demütigenden
Bedingungen: Nebst der Erfüllung des einstweiligen, früher eingegangenen
und vom Papst gebrochenen Vertrages, wurde er gezwungen, einen Teil seines
Gebietes abzutreten und eine Summe Geldes zu zahlen, die sich auf ungefähr
6 Millionen Dollar belief, als Sühne für seinen letzten Bundesbruch.“
Dies
zu der ersten Besteuerung geschlagen, machte alles in allem, was der Papst
in Gold und Silber, außer anderen Wertsachen - Statuen, Gemälde, usw. -
an Frankreich zahlte, über 10 Millionen Dollar aus. Ein römisch
katholischer Schreiber erklärt, dass die Erfüllung dieser Bedingungen
den Papst an den Rand des Ruins brachte“. Dieser Vertrag wurde am 19.
Februar 1797 geschlossen.
Man
könnte meinen, dass dies summarische Verfahren und erfolgreiche Bezwingen
der päpstlichen Macht genügend gewesen wäre um der Welt zu beweisen,
dass sein Anspruch auf das göttliche Recht, Könige zu beherrschen, usw.
eine falsche Annahme, ein Aberglaube, war. Doch wenn es nicht genug
gewesen wäre, so erfolgte der Schlussstreich im nächsten Jahre, als der
französische General Berthier in Rom einzog und daselbst am 15. Februar
1798, eine Republik organisierte und fünf Tage später den Papst als
Gefangenen nach Frankreich schleppte, wo er im folgenden Jahre starb. Von
da an bis heute war die päpstliche Herrschaft über die Königreiche der
Welt ein bloßer Schatten ihrer selbst. Seitdem hat er sein angemaßtes
Recht, Könige ein- und abzusetzen, kaum mehr erwähnt. In der Tat, der
Papst, der im Jahre 1800 unter dem Namen Pius der Siebente folgte, „veröffentlichte
eine Rede, in der er erklärte, dass es die Lehre des Evangeliums sei,
dass alle den bestehenden Obrigkeiten untertan sein sollten“; was natürlich
ihn selbst einschloss.
Vers
37: „Auf den Gott (Herrscher) seiner Väter wird er nicht achten, und
weder auf die Sehnsucht der Weiber, noch auf irgend einen Gott (Herrscher)
wird er achten; sondern er wird sich über alles erheben“.
Nicht
nur achtete Napoleon die Götter seiner Väter (die Päpste) nicht, er begünstigte
ebenso wenig irgend eine der hier als Weiber dargestellten
protestantischen Sekten. (Wie die wahre Kirche symbolisch die Braut
genannt wird, und wie die Kirche Roms in ihrer treulosen Vereinigung mit
den weltlichen Reichen eine Hure genannt wird, so werden die verschiedenen
protestantischen Sekten „Weiber“ genannt.)
In der Tat,
nichts als sein eigener, persönlicher Ehrgeiz leitete ihn.
Vers
38: „Und an dessen Statt (anstatt irgend einen dieser Götter) wird er
den Gott der Festungen (Kriegskräfte) ehren, den Gott, den seine Väter
nicht gekannt haben, wird er ehren mit Gold und mit Silber und mit
Edelsteinen und mit Kleinodien.“ Andere große Kriegsmänner schrieben
ihre Siege wenigstens zum Teil übernatürlichen Kräften zu. Alexander
der Große besuchte die heidnischen Tempel und feierte da seine Siege;
desgleichen taten die Cäsaren; und in späteren Zeiten, unter dem
Papsttum, war es Sitte, dass beide Teile im Kriege Gott, die Heiligen und
die Jungfrau, und die Päpste, um Segen und Sieg anriefen, und solches
wenigstens scheinbar, als von Gott verliehen, annahmen. Napoleon aber tat
nichts dergleichen,. Seinen Erfolg schrieb er sich selbst zu und seinem
eigenen Genius. Er verließ sich auf seine Heere; auf tapfere Männer,
schnelles Manövrieren und auf tüchtige Generäle setzte er sein
Vertrauen; und an diese richtete er seine Gesuche. Sein Eid, den er bei
seinem Antritt als Befehlshaber der französischen Heere den französischen
„Rate der Ältesten“ gab, zeigt deutlich, dass er sein Vertrauen auf
sich selbst und seine Heere setzte. Er schwur weder bei Gott, noch bei der
Bibel, noch bei dem Papst, noch bei Frankreich, sondern sagte: „Ich schwöre
es! Ich schwöre es in meinem eigenen Namen, und in dem Namen meiner
tapferen Kameraden!“ Seinem eigenen Ehrgeiz nachhängend, behauptete er
doch, dem Volk zu dienen; und die Schätze Roms und anderer Städte und Länder,
die er beraubte, übergab er dem französischen Volk, von welchem er
selbst und seine Soldaten einen Teil bildeten.
Vers
39: „Und er wird gegen die starken Festungen so verfahren mit dem
fremden Gott: wer ihm Anerkennung zollt, dem wird er viel Ehre erweisen,
und er wird ihm Herrschaft verleihen über die Vielen, und das Land
austeilen zum Lohne“. - Napoleon setzte unter allen Völkern Europas,
die er besiegte, seine Freunde und vertrauten Generäle in Machtstellungen
ein. Diese Ämter waren seine Geschenke, wurden jedoch nur unter der
Bedingung der Treue ihm gegenüber verliehen.
Die
Geschichte sagt hierüber: „Die ehrgeizigen Gedanken Napoleons traten
noch deutlicher hervor. Holland war im vorhergehenden Jahre in ein Königreich
verwandelt worden, worüber sein Bruder Louis Bonaparte als König
eingesetzt wurde. Neapel wurde nun dem Joseph Bonaparte, dem älteren
Bruder, gegeben, dem auch der Titel, König der beiden Sizilien, verliehen
wurde. Mehrere Provinzen wurden als Herzogtümer oder Groß-Lehen des
Kaiserreiches konstituiert und den Verwandten und Günstlingen des Kaisers
gegeben. Seine Schwester Pauline wurde zur Fürstin Guastalla gemacht;
sein Schwager Murat zum Großherzog von Berg und Kleve; während Eugen
Beauharnais, der Sohn von seiner vormaligen Gemahlin Josephine, wurde als
Vizekönig nach Italien gesandt. Vierzehn Fürsten im Süden und Westen
Deutschlands wurden in den Rheinbund formiert. Sie waren vom deutschen
Hauptteil getrennt, und erkannten Napoleon unter dem Titel eines
Protektors als ihr Haupt an... Die Schweiz kam gleichfalls unter französischer
Herrschaft. Napoleon erklärte sich zu ihrem Mittler“.
Die
Politik Napoleons trieb ihn gleichfalls verschiedene Ehren-Orden unter den
Offizieren und Soldaten einzuführen, wie z.B. „die Ehrenlegion“, oder
„den Orden der eisernen Krone“, usw.
Nachdem
so genügend Grund geliefert ist, zur Kennzeichnung dieses Charakters
(Napoleons), dessen Taten den Anfang der „Zeit des Endes“ markieren,
schreitet die Prophezeiung weiter und zeigt, welch besonderes Ereignis als
dasjenige zu verstehen sei, das bestimmt das genaue Datum der „Zeit des
Endes“ markiert. Als dieses Ereignis wird der Einfall Napoleons in Ägypten
aufgezeigt, welches einen Zeitraum von einem Jahre und nahezu fünf
Monaten umschließt. Er schiffte sich im Mai 1798 ein und landete bei
seiner Rückkehr nach Frankreich am 9. Oktober 1799. Dieser Feldzug wird
in den Versen 40-44 in kurzen Worten ergreifend geschildert.
Vers
40: Und zur (festgesetzten) Zeit wird der König des Südens (Ägyptens)
mit ihm zusammenstoßen, und der König des Nordens (England) wird gegen
ihn anstürmen mit Wagen und mit Reitern (den ägyptischen Mameluken usw.)
und mit vielen Schiffen. (Die englischen Streitkräfte bestanden in einer
Flotte unter Admiral Nelson). Und er (Napoleon) wird in die Länder
eindringen und wird sie (siegreich) überschwemmen.“
Die
Geschichte berichtet uns, dass das ägyptische Heer unter Murad Bey „nach
einem ganz entscheidenden Kampfe zurückgeschlagen wurde; ... Der Erfolg
der Franzosen trug den Schrecken weit nach Asien und Afrika hinein; und
die umliegenden Stämme unterwarfen sich dem Sieger. ... Doch das
Schicksal bereitete ihm einen schrecklichen Umschlag. Seine außer
Fregatten, aus dreizehn Linienschiffen (Kriegsschiffe) bestehende Flotte
wurde in der Aboukir Bey von Nelson, dem englischen Admiral, der lange
Zeit auf ihre Verfolgung verwendet hatte, gefunden, und am Abend des 1.
August 1798, mit einem Grad von Kraft und Tätigkeit („wie ein Sturmwind“)
angegriffen, wie es nie in den Seeschlachten übertroffen worden ist“.
Verse
41-43: „Und er wird eindringen in das Land der Zierde (Palästina), und
viele Länder werden zu Falle kommen; diese aber werden aus seiner Hand
entrinnen: Edom und Moab und die Vornehmsten der Kinder Ammon (Napoleon
hielt sich an die Küste und betrat diese Länder nicht). Und er wird
seine Hand an die Länder legen, und das Land Ägypten wird nicht
entrinnen. Und er wird die Schätze an Gold und Silber und alle
Kostbarkeiten Ägyptens in seine Gewalt bringen; und die Libyer und Äthiopier
werden in seinem Gefolge sein.“
Verse
44-45: „Und er wird sein Palastzelt aufschlagen zwischen dem Meere und
dem Berge der heiligen Zierde.“ Diese Aussage mag sich auf je einen von
zwei Bergen beziehen - dem Berge Tabor oder Sinai - welche beide herrlich
und heilig genannt werden können. Am Taborberge, herrlich und heilig als
der Berg der Verklärung unseres Herrn, und von Petrus „der heilige
Berg“ genannt, wurden Napoleons Zelte aufgeschlagen. Der Berg Sinai,
heilig und herrlich als der Ort, da der Gesetzesbund zwischen Gott und
Israel geschlossen wurde, wurde von Napoleon und seinem „wissenschaftlichen
Beratern“ und seiner Leibgarde besucht.
„Aber
Gerüchte von Osten und von Norden her werden ihn erschrecken; und er wird
ausziehen in großem Zorn, um viele (Nationen) zu vernichten und zu
vertilgen. Und er wird zu seinem Ende kommen, und niemand wird ihm helfen.“
Als
Napoleon Nachrichten über neue Bündnisse gegen Frankreich in Ägypten
erreichten, machte er sich sofort nach Frankreich auf den Weg. In Bezug
hierauf sagt die Geschichte (Willards Universalgeschichte, Seite 446):
„Nachrichten
aus Europa bewogen ihn nun Ägypten zu verlassen; und seine Armee unter
Kleber zurücklassend, kehrte er im Geheimen und mit Eile nach Frankreich
zurück. ... Ein Glückswechsel in den französischen Angelegenheiten war
eingetreten, eine zweite Vereinigung hatte sich gegen Frankreich gebildet,
bestehend aus England, Russland, Neapel, der ottomanischen Pforte und Österreich.“
Vergleiche
diese Worte mit oben angeführten der Weissagung. Napoleons großer Zorn
und seine versuchte Vernichtung aller Nationen Europas ist zu weltbekannt,
um hier eine Wiederholung zu erfordern. Fast gelangen ihm seine
ehrgeizigen Pläne; doch in wenig Jahren starb dieser zu seiner Zeit
bedeutsamste Mann als ein Verbannter, von allen verlassen, wie der Prophet
vorhergesagt.
Wie
Vers 40 erklärt, dass dieser Einfall in Ägypten „zur Zeit des Endes“
stattfinden werde, oder (wie die Dauan Übersetzung es auslegt) „zur
vorherbestimmten Zeit“, so auch die Verse 29 und 30, die sich auf das
gleiche Ereignis beziehen und vordem als Zwischensatz eingeschaltet waren.
Man wird sich erinnern, dass wir gefunden haben, Verse 25-28 bezögen sich
auf ein früheres Einfallen in Ägypten; und in Vers 29-30 wird zu
verstehen gegeben, dass der nächste große Einfall in Ägypten „zur
festgesetzten Zeit, d.i. zur Zeit des Endes stattfinden werde, wie wir es
in Vers 40-45 gefunden haben.
„Zur
bestimmten Zeit wird er wiederkehren und gegen den Süden ziehen, aber es
wird zuletzt nicht sein wie (der Einfall) im Anfang“: Napoleons Einfall
in Ägypten hatte nicht den gleichen Erfolg wie der zur Zeit der Kleopatra
oder wie der in den Tagen der von ihr abstammenden Königin Zenobia.
Obwohl Napoleon als General in Ägypten Erfolg hatte, so errang er doch
nicht solche Siege wie seine Vorgänger; und der Grund hierfür ist im nächsten
Vers beschrieben: „Denn (andere: römische) Schiffe von Kittim werden
wider ihn kommen.“ Die englische Flotte bedrängte Napoleon und hinderte
seinen Sieg. Da England sowohl wie Frankreich ein Teil des alten römischen
Reiches gewesen war, und da Frankreich mit dem übrigen Reiche im Kriege
stand, und es zu erobern trachtete, so sehen wir, wie angemessen es ist,
dass diese römischen Schiffe genannt werden. „Und er (Napoleon) wird
verzagen und umkehren, und er wird gegen den heiligen Bund erzürnen und
handeln („es ausrichten“).
Bei
seiner Rückkehr aus Ägypten ließ Napoleon seine Politik heftiger
Opposition gegen das Papsttum fallen und unterzeichnete ein Konkordat oder
Übereinkommen mit dem Papst, durch welches die katholische Religion in
Frankreich wiederhergestellt wurde. Dies war eine Handlung gegen die
Wahrheit. Doch er schien zu sehen, dass er durch solche Politik sich am
besten zum Umsturz der Republik den Erfolg sichern und sich zur
Kaisergewalt emporschwingen könne. Und er richtete es aus. Aber diese
Politik währte nicht lange, nachdem er kaiserliche Gewalt erlangt hatte.
Bald fing er an gegen das System „der Mensch der Sünde“ genannt, zu
arbeiten, wie die Prophezeiung es in den folgenden Worten beschreibt: „Er
(Napoleon) wird umkehren und sein Augenmerk auf diejenigen richten (gegen
sie wirken), welche den heiligen Bund verlassen.“ Das ist, er begann
gegen die abgefallene Kirche Roms zu planen und zu wirken. Und auch dies
gelang ihm.
So
deutlich verfolgt das 11. Kapitel Daniels die Weltgeschichte an der Hand
der bedeutsamsten Persönlichkeiten, vom Königreich Persien herab bis zum
Sturz der päpstlichen Herrschaft. Obwohl es die lange Periode von 2400
Jahren umfasst, so erfüllt es seinen Zweck, genau das Jahr des Anfangs
der Zeit des Endes - 1799 - zu markieren. Mit diesem Jahr war die Grenze
der 1260 Jahre der Macht des Papsttums zu unterdrücken erreicht, und die
Zeit des Endes begann. Und lasst es uns nicht übersehen, dass dies
zugleich auch das letzte Jahr des päpstlichen Millenniums oder seiner
Tausendjahr- Herrschaft war, welche, wie im vorhergehenden Band gezeigt
war, mit dem Jahr 800 anhob. Aber 1799 war nur der Anfang des
Zeitabschnittes, der als „die Zeit des Endes“ bekannt ist, innerhalb
welcher jegliche Spur dieses Systems verschwinden soll.
Beachte,
wie in den wenigen Worten der Verse 34 und 35 die Abnahme der Reformation
beschrieben ist und die Ursache derselben. Die Liebe zur Welt und das
Verlangen, zu Macht, Einfluss und Gemächlichkeit zu gelangen, war die
Schlinge, die zuerst die Kirche verführte und das Papsttum erzeugte; und
dasselbe Verlangen und Bestreben unterbrach die Reformation. Unter anderen
päpstlichen Irrtümern wiesen Luther und seine Gefährten zuerst kühn
auf die Vereinigung von Kirche und Staat hin. Aber nach einigen Jahren
mutigen Widerstandes gegen mächtige Opposition, als die Reformation,
vermittelst der Anzahl ihrer Anhänger, anfing etwas Einfluss zu erlangen;
als Könige und Fürsten den Reformtoren zu schmeicheln anfingen, und der
Weg zu sozialer und politischer Beförderung sich vor ihnen auftat, da
verloren sie die Übel einer Vereinigung von Kirche und Staat aus den
Augen, die sie doch einst im Papsttum erkannt und bekämpft hatten; und
die Kirchen der Reformation in Deutschland, der Schweiz, usw., traten
geradezu in die Schuhe Roms, und standen bereit, sich mit irgendwelcher
politischen Partei, Fürsten oder Obrigkeit zu vereinen und die zu begünstigen,
die willens wären, auf ihre Seite zu treten und sie anzuerkennen. So würden
etliche der Verständigen fallen, und aus Leitern der Reformation wurden Führer
in die Versuchung. Hierdurch wurde das wohl begonnene Werk der Reformation
sehr aufgehalten.
Doch
all dies konnte den Plan Gottes nicht vereiteln. Durch seine Weisheit
wurde es zum besten gelenkt. Es diente dazu, wie der Irrtum des Papstes
getan, die wahren Heiligen noch weiter zu prüfen, zu erproben, ob sie
wirklich Nachfolger der Menschen, oder Gottes wären. Die ganze Zeit her,
von damals bis heute, hat es dazu gedient: „Zu läutern und zu reinigen
und weiß zu machen.“
Wenn
wir recht haben, den Anfang des Endes auf 1799 zu verlegen, so sollten wir
erwarten, dass da der Irrtum der Vereinigung von Kirche und Staat, in den
die Christenheit gefallen war, teilweise wenigstens erkannt wurde, wenn es
auch noch viele Jahre erforderte, um gänzlich aus dieser Schlinge des
Teufels loszukommen. Wenn wir zurück blicken, so finden wir, dass die
Tatsachen auch genau damit übereinstimmen. Seit jener Zeit fanden wohl
Trennungen von Staaten und Kirchen statt, aber keine neuen Vereinigungen.
In der Tat, dieses Datum markiert eine neue Reformation auf gehaltvoller
Grundlage. Der Einfluss des Papsttums über die Reiche Europas war früher
so groß, dass seine Flüche von den Völkern wie eine versengende Glut
gefürchtet, und seine Segnungen zum nationalen Wohlergehen begehrt wurden.
Als die Protestanten sich vom Papsttum losmachten, wurden sie von der Welt
bloß als ein etwas weniger verderbter Stellvertreter des Papsttums
angesehen; und ihre Gunst, ihr Rat oder ihre Billigung wurde oft in ähnlicher
Weise gesucht. Doch als Napoleon verwegen sowohl die Segnungen als auch
die Flüche des Papsttums verachtete und doch erstaunlichen Erfolg hatte,
da schwächte sein Lauf nicht nur den Einfluss des Papsttums über die bürgerlichen
Regierungen, sondern auch den Einfluss der verschiedenen protestantischen
Systeme, deren Einfluss in den zwei und einem halben Jahrhundert sehr
gewachsen war.
Die
neue Reformation, die von Napoleons Zeit datiert, war nicht weniger
durchgreifend wie die Reformation, die durch Luther und seine Kollegen
bewerkstelligt wurde, wenn es auch keine religiöse Bewegung war, oder
irgendwie durch religiösen Eifer ins Leben gerufen wurde. Noch auch waren
sich die handelnden Personen bewusst, dass sie ein Werk vollführten, das
für sie Jahrhunderte voraus vorgezeichnet war. Napoleon und seine
Mitarbeiter waren gottlose Menschen, angetrieben von ihrem eigenen,
selbstsüchtigen Streben nach Macht. Aber ihnen unbewusst, überwaltete
Gott ihren Lauf und machte, dass es, wie es tatsächlich geschah, seine
Absichten auswirkte. Wäre die von Gott in der Kirche selbst begonnene
Reformation weiter fortgeschritten, hätten die Reformierer und ihre
Nachkommen fortgefahren, der Wahrheit treu zu sein, so hätten Gottes
hehre Absichten durch ihre geehrte Mitwirkung hinaus geführt werden können.
Doch als sie den Schmeicheleien der Welt nachgaben, zeigte Gott, dass er
andere Mittel und Wege habe, sein großes Werk hinaus zuführen.
Napoleons
Werk, zusammen mit der französischen Revolution, brach den Zauber des
religiösen Aberglaubens, demütigte den Stolz selbsterhöhter geistlicher
Herrn und erweckte die Welt zu einer völligen Einsicht, was die Fähigkeiten
und Rechte der Menschheit seien, und brach die päpstliche Herrschaft,
gegen welche vordem die religiöse Reformation einen Todesstreich geführt,
den aber ihr späterer Lauf geheilt hatte (Offb. 13:3). Der Zeitabschnitt,
der mit dem Jahre 1799, das Napoleons ägyptischen Feldzug markierte
schloss, besiegelte und bestimmte die Grenze päpstlicher Herrschaft über
die Völker. Da lief die bestimmte Zeit (1260 Jahre der Macht) ab und
begann das vorhergesagte Gericht über dieses System, welches dasselbe
schließlich „vernichten“ und „zerstören“ muss. - Dan. 7:26
Dieses
Datum markiert also deutlich den Anfang einer neuen Ära, da
Freiheitsgedanken erwachten und das Bewusstsein persönlicher Rechte und
Freiheit sich regte; und bisher hat sich schon durch gewaltige
Fortschritte in der Vollführung des dieser Zeit des Endes zugeschriebenen
Werkes ausgezeichnet. Als ein einzelnes Beispiel beachte das Aufkommen und
das Werk der verschiedenen Bibelgesellschaften - „pestartige
Bibelgesellschaften“ nennt sie Rom; doch kann es sie nicht mehr hindern.
Das heilige Buch, das es einst in Ketten schlug, unter toten Sprachen
verdeckt hielt und ihren verblendeten Untergebenen zu lesen verbot, ist
nun tausendfach unter allen Völkern und Sprachen verbreitet. Im Jahre
1803 wurde die Britische und Auswärtige Bibelgesellschaft gegründet;
1804 die New Yorker Bibelgesellschaft; 1805 die Berliner; 1808 die
Philadelphische; und 1817 die Amerikanische. Der Umfang des von diesen
Gesellschaften während dieses Jahrhunderts verrichteten Werkes ist
wunderbar. Tausendfach werden jährlich Bibeln hergestellt und zu billigem
Preise verkauft und viele tausend an Arme verschenkt. Es ist schwer den
weitreichenden Einfluss dieses Werkes zu veranschlagen. Während ohne
Zweifel viel verloren geht, so ist der Erfolg im allgemeinen der, die
Bande der Sklaverei und des politischen wie religiösen Aberglaubens zu
brechen. Ihre stille Predigt, dass Päpste, Priester, sowie Laien, und Könige,
Generäle, sowie Bettler, alle miteinander, dem einen Herrn Rechenschaft
geben müssen, ist der größte aller Gleich- und Ebenmacher.
Die
religiöse Reformations-Bewegung hatte den Einfluss des Papsttums durch
ganz Europa gewaltig erschüttert. Da die Kirchen der Reformation aber die
päpstliche Politik und Staatsklugheit, der Verschmelzung mit irdischen
Reichen, der Beanspruchung geistlicher Autorität über das Volk, (dass
die „Geistlichkeit“ eine besonders und göttlich bestimmte
Herrscherklasse in der Welt bilde) so getreu nachahmte, darum wurde der
erste Eindruck jener Reformation so ungemein abgeschwächt. Das Volk und
die weltlichen Herrscher blieben zum großen Teil unter abergläubischer
Scheu und Ergebenheit all und jedem gegenüber, was sich Kirchenautorität
nannte. Jene Reformation verteilte so zu sagen, unter vielen Sekten ein
gut Teil des Aberglaubens und der krankhaften Verehrung, die vordem Rom
auf sich allein vereinigt hatte. Die politische Reform aber, die dieses
neunzehnte Jahrhundert erlebte, und genau vom Jahre 1799 an datierte,
diese „Zeit des Endes“, ist nichtsdestoweniger eine Reformation,
obwohl sie von der früheren sehr verschieden ist. Die Revolution und
Unabhängigkeitserklärung der amerikanischen Kolonien, die erfolgreiche
Herstellung einer gedeihenden Republik, einer Regierung, des Volkes durch
das Volk, ohne Vermittlung von Königtum oder Priesterherrschaft, setzte
eine neue Lehre vor die nun erwachenden Völker. Jahrhundertlang hatten
sie geschlafen und ihre eignen von Gott gegebenen Rechte nicht erkannt,
sondern gemeint, dass Gott die Kirche zur höchsten Herrschaft auf Erden
bestimmt habe, und dass sie verbunden wären, den von der Kirche
sanktionierten Königen und Kaisern zu gehorchen, wie ungerecht auch ihre
Forderungen wären, nur weil die Kirche dieselben als durch sie von Gott
verordnet erklärte.
Den
so lange unterdrückten und von Priestern geängstigten Völkern wurde
Amerika eine Quelle des Staunens. Wahrlich, es war „die Welt
erleuchtende Freiheit“. Niedergedrückt durch Priesterherrschaft, königliche
Ausschweifung, usw., noch erhöht durch wiederholte Missernten, die das
Volk Frankreichs verarmten und fast verhungerten, erhob es sich in
Verzweiflung und vollbrachte jene fürchterlichste Revolution, die 14
Jahre lang, von 1789 bis 1804, währte. So schrecklich wie jene Szenen der
Anarchie und der Gewalttat waren, sie waren doch nur die notwendige Frucht,
der Rückschlag, des Erwachens eines lang unterdrückten Volkes, das zum
Bewusstsein seiner Schmach und Erniedrigung kam. Es war des Ernten eines
Sturmes von Seiten der bürgerlichen und religiösen Gewalten, die im
Namen Gottes und der Wahrheit für ihre eigene Vergrößerung Leute
geblendet und gebunden hatten, für die Christus starb.
Natürlich,
solch ein Rückschlag von solcher Ursache konnte nur zum Unglauben sein.
Frankreich wurde plötzlich unter dem Einfluss von Voltaire und seinen
Genossen durch und durch ungläubig. Diese überschwemmten das Land mit
ihren Schriften, schleuderten Verachtung und Lächerlichkeit auf das
Christentum oder besser gesagt, auf die abgefallene Kirche Roms, die
einzige Art Christentum, mit der das französische Volk bekannt war. Sie
wiesen seine Verfälschungen, Absurditäten, Heuchelei, Unmoral,
Grausamkeit und all seine Gottlosigkeit nach; bis das französische Volk
endlich in seinem Eifer, Katholizismus und alle Religion auszurotten,
ebenso entflammt wurde, wie vordem in seinem Eifer, denselben zu unterstützen.
Und das arme, betrogene Frankreich, das tausend Jahre lang vollständig
unter dem Einfluss des Papsttums gewesen war und meinte, dass der wahre
Christus und nicht der Antichrist ihr verächtlicher Meister gewesen sei,
schrie auf in den Worten Voltaires: „Nieder mit der Nichtswürdigen!“
Und seine Anstrengung, den verhassten Antichrist niederzuwerfen, erfolgte
in all den Schrecken der französischen Revolution, ein wunderbares
Beispiel wiedervergeltender Gerechtigkeit, verglichen mit dem
schrecklichen Blutbad der Bartholomäus-Nacht und ähnlicher Vorfälle,
die vom Papsttum angeregt waren, und worüber es frohlockt hatte.
In
seiner ganzen Macht erhob sich das ungläubige Frankreich, zerstörte die
Bastille, veröffentlichte seine Erklärung der Menschenrechte, richtete König
und Königin hin, und erklärte allen Königen den Krieg und allen
Revolutionisten überall ihre Sympathie. Währenddem befürchteten die
Herrscher der Welt mit angehaltenem Atem, die revolutionäre Ansteckung möchte
auch unter ihren Untertanen ausbrechen, und aus Angst vor weltenweiter
Anarchie schlossen sie untereinander Bündnisse zum gegenseitigen Schutz
gegen ihre eigenen Untertanen, die in der Tat kaum in Schach zu halten
waren. Die Franzosen verwarfen das Christentum, konfiszierten all die
ungeheuren Besitzungen und Einkünfte der römisch-katholischen Kirche
sowie auch die Besitzungen des Königs und des Adels. Die Straßen von
Paris flossen wieder mit Blut, aber es war das Blut von Priestern und
Adligen, statt von Protestanten. Die Zahl der Hingerichteten wird auf
1.022.000 geschätzt, die auf hunderterlei, für die Gelegenheit ersonnene
Weisen umkamen. Während der Jagd und der Schlächterei wurden die
Priester durch die Erinnerung an ähnliche Handlungsweisen der Papisten
gegen Protestanten und an ihre eigene Lehre: „Der Zweck heiligt das
Mittel,“ geschmäht. Die Revolutionäre behaupteten, der zu erreichende
Zweck sei menschliche Freiheit, sowohl politisch wie religiös, und dass
der Tod derjenigen, die dem entgegen seien, als einzig sicheres Mittel nötig
sei.
Wie
all solche Vorkommnisse, so war auch die französische Revolution ein großes
Unglück und verursachte großes Elend für Millionen Leute. Doch wurde es,
wie manch anderes auch, von Gott zum Besten gelenkt, zur Vermehrung der
Erkenntnis und zur Förderung seiner Pläne, wie sie in der Prophezeiung
dargetan sind. Wir fügen hier bei, dass die französische Revolution sehr
erkennbar in der Offenbarung gekennzeichnet ist, was deutlich zeigt, dass
die Trübsal über alle Nationen der „Christenheit“ in jener
Schreckensherrschaft veranschaulicht war. Jene Seuche des Unglaubens und
der Anarchie, die sich von Frankreich aus über die ganze Welt verbreitete,
nährte und sättigte sich an den falschen und unschriftmäßigen Lehren
und Gebräuchen der „Christenheit“, die nicht nur vom Papsttum,
sondern auch im allgemeinen von der sogenannten „Orthodoxie“ (Rechtgläubigkeit)
vertreten werden. Diese können die Krankheit nicht heilen, welche die
Ursache des noch größeren Ausbruches sein wird - einer Zeit „großer
Drangsal, dergleichen von Anfang der Welt bis jetzt nicht gewesen ist,
noch je (wieder) sein wird“.
Der
Einfluss der französischen Ungläubigen wurde durch ihre unter Napoleon
stehenden Heere über ganz Europa verbreitet und untergrub den Einfluss
der Könige wie Priester sehr. Aber die raue Behandlung des Papsttums von
Seiten Napoleons, der als Haupt und Vertreter des ungläubigen Frankreichs
handelte, setzte der Sache die Krone auf und trug mehr wie irgend etwas
dazu bei, die Fesseln abergläubischer Verehrung zu brechen, mit welchen
die „Geistlichkeit“ so lange das unter ihnen stehende, „gemeine
Volk“ im Zaume gehalten hatte. Doch als der unerschrockene Napoleon
nicht nur die Bannsträhle des Papst Pius des Sechsten verachtete, sondern
sogar für Übertretungen seiner (Napoleons) Befehle den Papst mit Strafe
belegte und ihn schließlich zwang, die päpstlichen Gebiete, die vor 1000
Jahren von Karl dem Großen (dessen Nachfolger Napoleon zu sein behauptete)
bewilligt waren, an Frankreich abzutreten, so öffnete dies die Augen der
Völker sowohl wie der Monarchen Europas vor der Falschheit der Autoritätsansprüche
des Papsttums. Die große Umwälzung der öffentlichen Meinung zu jener
Zeit in betreff der päpstlichen Autorität, kann man an dem Umstand sehen,
dass Napoleon, als er sich selbst als Nachfolger Karls des Großen (Napoleons
große europäische Kriege waren nichts als Versuche, das Reich, wie es
unter Karl dem Großen bestanden, wieder zu vereinigen.) zum römischen
Kaiser erklärte, nicht nach Rom ging, um dort vom Papst gekrönt zu
werden, wie Karl der Große und andere getan, sondern dem Papst befahl,
nach Frankreich zu kommen, um seine Krönung zu vollziehen. Und selbst
dann wollte der erfolgreiche Häuptling, der mehr wie einmal das Papsttum
geplündert, verarmt und gedemütigt hatte, nicht zugeben, vom Papst gekrönt
zu werden, und so die kaiserliche Würde unter irgend welcher Anerkenntnis
päpstlicher Autorität annehmen. Er wollte bloß den Papst (Pius des
Siebten) gegenwärtig haben, um die Zeremonie zu sanktionieren und
gutzuheißen und die Krone zu segnen, die Napoleon dann vom Altar nahm und
sich selbst aufs Haupt setzte. Der Geschichtsschreiber sagt: „Dann
setzte er das Diadem auf das Haupt der Kaiserin, um damit zu zeigen, dass
seine Autorität seinen eigenen Handlungen entsprang“ - die
Errungenschaften seiner eigenen bürgerlichen und militärischen Erfolge
sei. Noch auch ist der Papst seitdem aufgefordert worden, die Krone des römischen
Reiches zu verleihen.
Ein
römisch-katholischer Schreiber sagt von dieser Krönung:
„Im
Unterschied von Karl dem Großen und anderen Monarchen, die sich bei ähnlichen
Gelegenheiten nach Rom begeben hatten, bestand er (Napoleon) in seiner
Anmaßung darauf, dass der heilige Vater nach Paris kommen sollte, um ihn
zu krönen. Der Papst empfand den äußersten Widerwillen so vom uralten
Gebrauch abzuweichen. In der Tat, er betrachtete es als eine Herabwürdigung
seiner erhabenen Stellung.“
Betreffs
der durch Napoleon auf das Papsttum gehäuften Demütigungen sagt die
Geschichte:
„Am
23. Juni 1796 wurde mit Papst Pius dem Sechsten ein Waffenstillstand
geschlossen, dessen Bedingungen für das Haupt der Kirche, einst der aller
mächtigste Souverän in Europa, gehörig demütigend war. Der Priesterkönig,
der einst auf den Hals der Könige trat, Souveräne ein- und absetzte, über
Staaten und Königreiche verfügte, und als der große Hohepriester und
Statthalter des Allmächtigen auf Erden eine Autorität als aller höchster
Herr und Gebieter begründete und über die Häupter anderer Fürsten
herrschte, wurde jetzt gezwungen, den Becher der Demütigung bis zu den
Hefen auszutrinken. Wenn der Trank bitter war, es war der gleiche, den
seine Vorgänger freigebig andern gereicht hatten. Er wurde genötigt,
seine Häfen den französischen Fahrzeugen zu öffnen und die Flaggen
aller Nationen, die mit jener Republik im Kriege waren, auszuschließen;
die französische Armee im Besitze der Vermächtnisse von Bologna und
Ferrara zu lassen: die Zitadelle von Ancona zu übergeben; den Franzosen
100 Gemälde, Büsten, Vasen und Statuen zu geben, die durch von Paris
nach Rom zu sendende Kommissare ausgewählt werden sollten; ebenso 500 (alte
und wertvolle) Manuskripte, gleicherweise auszuwählen; und um das ganze
zu versüßen, musste Seine Heiligkeit 21.000.000 französische Livres
meist in Münze oder in Gold- und Silber-Barren bezahlen.“
Für
die Nichterfüllung dieser Bußen zur rechten Zeit, wurde die Geldstrafe
auf 50.000.000 Livres erhöht und mussten gewisse päpstliche Landschaften
an Frankreich abgetreten werden; und schließlich wurde der Papst gefangen
genommen und nach Frankreich gebracht, wo er starb.
Selbst
Pius der Siebte, der wieder in die päpstlichen Ehren eingesetzt worden
war, und der 1804 der Krönung Napoleons beiwohnte, wurde später durch
ein Gebot Napoleons (1808-1809) jedes Brockens weltlicher Gewalt beraubt;
und die Monumente und Kunstschätze Roms wurden unter französischen
Schutz genommen. Die Sprache, die Napoleon gebrauchte, war, dass „dies
Geschenk an Ländereien, das unser berühmter Vorgänger, Karl der Große,
dem heiligen Stuhl über macht hatte, ... Urbiino, Ancona, Macerata; für
immer mit dem Königreich Italien vereinigt sei“.
Die
Bedeutung dieser Sache wird von einem römisch katholischen Schreiber
folgendermaßen erzählt:
„Hierzu
wurde gefügt, dass der Papst fortfahren solle, der Bischof von Rom zu
sein und seine geistlichen Funktionen ausüben, wie seine Vorgänger in
den früheren Zeiten, vor Karl dem Großen, getan. Im folgenden Jahr
beschloss der Kaiser, durch den Erfolg seiner Waffen kühn gemacht, der
Papst solle seiner jetzt nominellen Hoheit - des bloßen Schattens
weltlicher Macht, der ihm noch in seiner Hauptstadt und den angrenzenden
Distrikten blieb - beraubt werden. (Dies besaß das Papsttum Jahre lang
vor Karl des Großen Gabe - vom Jahre 539 an). Dem entsprechend erließ er
ein neues Dekret (Gebot) vom Palast des österreichischen Kaisers aus,
dass Rom eine kaiserlich freie Stadt sein solle; dass seine bürgerliche
Verwaltung von einem damals vom Kaiser ernannten Rate geleitet werden
sollte; dass seine Monumente und Kunstschätze unter französischen Schutz
genommen werden sollten; und dass, da der Papst zu regieren aufgehört
habe, für seine Heiligkeit ein Einkommen festgestellt werden sollte“.
Hierauf
erließ Pius der Siebte eine Exkommunikations-Bulle gegen Napoleon und
wurde als Gefangener nach Frankreich geschleppt, wo er schließlich das
Konkordat von Fontainebleau unterzeichnete, unter dem Datum vom 25. Januar
1813, in dem er die Ernennung der Bischöfe und Metropolitane in Napoleons
Hand legte, und seine eigene Autorität tatsächlich so beschnitt, dass
ihm nur noch das Veto- oder Einspruchs - Recht verblieb. So gab er dem
Wesen nach Napoleon die Autorität des Papstes, und das war es, was
Napoleon längst gewünscht hatte.
Noch
auch haben römische Katholiken verfehlt, die Wichtigkeit der Ereignisse,
die dieses Jahrhundert einführten, zu bemerken. Sie gaben nicht nur die
zugefügten Verluste und Entwürdigungen zu, wie die oben angeführten,
sondern sie behaupten auch, dass die Tausendjahr - Herrschaft des
Papsttums (die tausend Jahre seit dem Geschenk Karls des Großen der eben
erwähnten Staaten an das Papsttum - im Jahre 800) mit der Hinwegnahme
seiner Besitzungen durch Napoleon endete; von welcher Zeit an es niemals
mehr als ein bloßes Skelett von Macht besessen hat. Es wird vom Papsttum
behauptet, dass es, als das Königreich Christi, die vorhergesagte (in
Offb. 20:1-4 erwähnte) Herrschaft über die Völker erfüllt habe, und
dass die gegenwärtige über ihr System gekommene Trübsal Periode, die
„kleine Zeit“ sei, in der Satan losgelassen sei. Nur die, welche in
dem Papsttum das Scheinbild des wahren Christus sehen, und die wahre
Kirche und die wahre Herrschaft erkennen, können dies völlig würdigen.
Wir
haben wohl genug angeführt, um den Leser zu überzeugen, dass die Periode
der französischen Revolution und der Macht Napoleons, ein sehr deutlicher
markierter Zeitabschnitt in der Geschichte des Papsttums war; und der
damals gebrochene päpstliche Einfluss ist nie wieder zurückgewonnen
worden. Obwohl zuweilen etwas Gunst bewilligt wurde, es war nur für eine
kurze Zeit und wurde von erneuerten Herab Würdigungen gefolgt, bis im
Jahre 1870 alle zeitliche Autorität der Päpste wiederum aufhörte - wir
glauben, um nie wieder aufzuleben. Erinnern wir uns auch daran, dass es
Napoleons Soldaten waren, welche die Inquisition-Kerker erbrachen und öffentlichen
Hinrichtungen und Torturen für religiöse Vergehen ein Ende machten.
Die
Wirkung des teilweisen Niederreißens von Priesterkunst und Aberglauben, während
es zu mehr offenen Unglauben geführt hat, hat eben sowohl, gerade durch
solches Stürzen einer abergläubischen Ehrfurcht vor Menschen, zu mehr
intelligentem Denken auf Seiten der Gott Geweihten geführt - von welchen
früher viele kaum zu denken oder die Schrift für sich selbst zu
studieren wagten. Somit war diese Revolution der Entwicklung der Wahrheit
und wahren Christentums günstig, indem sie zum Bibelstudium antrieb. Sie
führte in der Tat das in der Reformation zu Luthers Zeit begonnene gute
Werk weiter, das durch die Unwissenheit und Dienstbereitschaft der Massen
und durch die Liebe nach Macht, Würde; Gewalt und Wohlleben auf Seiten
der „Geistlichkeit“ ins Stocken geraten war.
Wir
haben somit gezeigt, dass 1799 der Zeitabschnitt begann, der die Zeit des
Endes genannt wird; dass das Papsttum in dieser Zeit stückweise verzehrt
werden soll; und das Napoleon nicht nur die Gebietsverleihung Karl des Großen
(1000 Jahre nachdem sie gemacht war) rückgängig machte, sondern später
auch die bürgerliche Gerichtsbarkeit des Papsttums in der Stadt Rom, die
dem Namen nach von dem Erlass des Dekretes Justinians an, im Jahre 539,
tatsächlich anerkannt war - gerade 1260 Jahre vorher. Dies war genau die
Grenze der Zeit, Zeiten und halben Zeit seiner Macht, wie es wiederholend
in der Prophezeiung beschrieben wird. Und obwohl seitdem in gewissem Grade
weltliche Macht wieder beansprucht wurde, heute ist das Papsttum ohne
einen Schatten zeitlicher oder bürgerlicher Autorität; sie ist vollständig
„verzehrt“ worden. Der weltlicher Macht beraubte Mensch der Sünde brüstet
und rühmt sich freilich noch; doch, bürgerlich machtlos, wartet er
seiner gänzlichen Vernichtung in der nahen Zukunft von Seiten der wütenden
Masse (Gottes unbewusstes Werkzeug), wie deutlich in der Offenbarung
gezeigt wird.
In
der Zeit des Endes, oder der Tag der Vorbereitung Jehovas, der mit dem
Jahre 1799 beginnt und mit dem Jahre 1914 endet, obwohl durch große
Zunahme an Erkenntnis über alle früheren Zeitalter hinaus ausgezeichnet,
wird in einer Zeit der größten, je gekannten Trübsal gipfeln: doch
dient dies nichtsdestoweniger zur Verbreitung und Einführung jener
gesegneten, so lange verheißenen Zeit, da das wahre Königreich Gottes
unter den Gehorsam des wahren Christus, eine Regierungsform und Ordnung völlig
wiederherstellen wird, welche das gerade Gegenteil der des Antichristen
sein wird. Da diese Periode dies vorbereitet und dahin leitet, so führt
sie gleichfalls zu dem großen Konflikt zwischen der alten und der neuen
Ordnung der Dinge, durch welche es eingeführt wird. Und obwohl die alte
Ordnung der Dinge vergehen muss, und die neue an ihre Stelle treten, so
wird dem Wechsel doch von denen heftig widerstanden werden, die durch die
gegenwärtige Ordnung im Vorteil sind. Weltenweite Revolution wird das
Resultat sein, und zur schließlichen und vollständigen Zerstörung der
alten und zur Einführung und Herstellung der neuen Ordnung führen.
Alle
Entdeckungen, Erfindungen und Vorteile, die unseren Tag über alle Tage
stellen, sind nur so und so viele Elemente, die an diesem Tag der
Vorbereitung für das herbeikommende Millennium - Zeitalter zusammenwirken,
da wahre und gesunde Reform und tatsächlicher rascher Fortschritt in
jeder Richtung bei allen und für alle die Tagesordnung sein wird.