SCHRIFTSTUDIEN
BAND
5 - DIE
VERSÖHNUNG DES MENSCHEN MIT GOTT
Studie
11
Der
heilige Geist der Aussöhnung;
Scheinbare
Widersprüche.
Scheinbare Widersprüche
betrachtet. — “Den Geist löscht nicht
aus.“ — “Betrübet nicht den
heiligen Geist.” —
“Der Geist der Wahrheit.“ —
“Der Tröster.” —
“Erfüllt mit dem heiligen Geist.“ —
“Dem heiligen Geist lügen.“ —
“Den Geist des Herrn versuchen.” —
“Die Sünde wider den heiligen
Geist.“ —
“Der Geist sprach.“ —
“Es hat dem heiligen Geist gut
geschienen.“ —
“Von dem heiligen Geist verhindert.” —
“Der heilige
Geist bezeugt.” —
“Der heilige Geist hat euch als Aufseher gesetzt.” —
“Gelehrt durch den heiligen Geist.“ —
“Die Salbung von dem
heiligen Geist.“ —
“Der Geist, der uns vertritt mit unaussprechlichen
Seufzern.“ —
Wie der Geist die Welt überführt. —
“Hieran erkennt ihr
den Geist Gottes” und den “Geist des Antichrists”.
Der
Umstand, dass es Trinitarier (Anhänger der Dreieinigkeitslehre) gewesen,
die die Bibelübersetzungen besorgt haben, hat einer Anzahl Stellen eine
Form verliehen, welche dieselben in Widerspruch zu bringen scheint mit dem,
was sich aus dem Vorhergehenden als schrift- und vernunftgemäß
herausgestellt, nämlich dass der heilige Geist vom Vater durch den Sohn
in den Kindern Gottes der Geist der Aussöhnung ist. Wie wollen deshalb im
folgenden eine größere Anzahl dieser Stellen untersuchen, von denen
allen wir voraussetzen können, dass sie, d.h. ihre mangelhafte Übersetzung
oder trinitarische Auslegung den einen oder anderen verwirren könnten.
Der Leser mag sie mit uns untersuchen, mit demselben Entschluss wie wir im
Herzen, dem Worte Gottes vollen Glauben zu schenken und uns nur und allein
vom Geist der Wahrheit leiten zu lassen. Haben wir diese scheinbaren
Steine des Anstoßes aus dem Wege geräumt, dann werden wir noch weitere
Seiten unseres Gegenstandes betrachten können.
“Den
Geist löscht nicht aus.”
- 1. Thess. 5:19 -
Das
griechische Wort, das in dieser Stelle mit “löscht aus” übersetzt
ist, kommt im Neuen Testament acht Mal vor, und immer ist dabei von einem
Feuer oder Licht die Rede. Da wir nun, wenn wir den heiligen Geist (oder
Sinn) Gottes haben, der uns erleuchtet, deshalb das “Licht der Welt”
genannt werden (Matth. 5:14), so will der Apostel mit obigen Worten den
Thessalonichern und allen Heiligen sagen, dass wenn wir durch den Geist
dieser Welt (dieses Zeitalters) zur Weltlichkeit verleitet würden, dies
den Schein oder das Licht des heiligen Sinnes oder Geistes Gottes auslöschen
würde das von uns auf andere ausgeht. Damit stimmt die Redeweise unseres
Herrn (Matth. 6:23): “So nun das Licht, das in dir ist, Finsternis (ausgelöscht)
ist, wie groß die Finsternis!”
“Betrübet
nicht den heiligen Geist Gottes,
durch welchen ihr versiegelt seid auf den
Tag der Erlösung.”
- Eph. 4:30 -
Siegeln
heißt, wie wir am Schluss des 9. Kapitels gesehen haben, soviel als
abstempeln zum Beweis der Echtheit. Kinder Gottes und Kinder der Welt können
an bestimmten Zeichen, Charakterzügen, die ihnen einen bestimmten Stempel
aufdrücken, erkannt werden. Der Stempel der einen ist der Geist (die
Gesinnung, Denkungsart, Willensrichtung) dieser Welt (dieses Zeitalters),
der Stempel der anderen ist der Geist (die Gesinnung, Denkungsart,
Willensrichtung) Gottes. Vom Tage der wahren Weihung an können an den
Kindern Gottes die Zeichen (Stempel) ihrer Geistesrichtung an ihren
Gedanken, Worten und Werken wahrgenommen werden. Diese Zeichen werden
immer deutlicher, je mehr die neue Gesinnung in der Gnade, Kenntnis und
Liebe Fortschritte macht. Mit anderen Worten, in dem Maße, wie wir
unseren menschlichen Willen oder Sinn aufgeben und uns in allen Dingen dem
Willen oder Sinn Gottes unterwerfen, wird der Geist (Sinn) Gottes eben
auch unser Geist (Sinn). Darum werden wir aufgefordert, den selben Geist,
der in Christo Jesu unserem Herrn war, den Sinn, der einzig des Vaters
Willen zu tun entschlossen ist, in uns wohnen zu lassen. Daher ist unser
neuer Sinn oder Geist heilig, von Gott geleitet. In obiger Schriftstelle
(Eph. 4:30) ermahnt uns der Apostel dringend, nichts zu tun oder zu
unterlassen, was einen Bundesbruch unserseits bedeuten würde, was unseren
neuen Sinn betrüben und unser Gewissen als neue Kreaturen verletzen würde.
Betrübet nicht den heiligen Geist, die göttliche Gesinnung in euch,
welche ist das Siegel (der Stempel) eurer Gotteskindschaft.
“Der
Geist der Wahrheit wird nicht aus sich selbst reden,
sondern was irgend er
hören wird, wird er reden,
und das Kommende wird er euch verkündigen.”
Joh. 16:13
Die
Jünger unseres Herrn Jesu hatten, da sie Juden und gewöhnliche Menschen
waren, die Dinge vom irdischen Standpunkt aus angesehen, eine menschliche
Erlösung, ein irdisches Königreich mit gefallenen Menschen an der Spitze
erwartet. Unser Herr hatte zu ihnen zwar vom Königreich Gottes gesprochen,
aber erst jetzt hatte er ihnen erklärt, dass er sterben, sie verlassen
und in ein fernes Land gehen müsse, um dort die königliche Gewalt zu
empfangen und dann von dort hierher zurückzukehren, sein Reich hier
aufzurichten und seine Getreuen als Miterben an diesem Reich mit ihm zu
verherrlichen. (Luk. 19:12) Um sie in der von dieser Kunde entstandenen
Enttäuschung zu trösten, gibt er ihnen nun die Versicherung, dass sie
nicht ganz allein gelassen werden sollen, sondern dass ihnen der Vater,
der ihn zur Erfüllung einer bestimmten Aufgabe hierher gesandt, während
seiner Abwesenheit ihnen einen anderen Tröster in seinem Namen, einen
Stellvertreter senden werde. Der neue Tröster werde aber nicht ein
anderer Messias sein, er werde nicht aus sich selbst reden, werde nicht
unabhängig von ihm oder gar im Widerspruch mit ihm (Jesus) lehren,
sondern was irgend er hören werde, dass werde er reden. Der Tröster
werde also nur der Verbindungskanal zwischen dem Vater und dem Sohn
einerseits und den treuen Jüngern anderseits sein. Der Geist der Wahrheit
werde als sein (Jesu) Stellvertreter verschiedene Wahrheiten, die ihnen
schon gesagt, aber von ihnen noch nicht ganz erfasst worden seien,
deutlicher und eindringlicher machen, Wahrheiten, welche erst dann für
die Jünger ganz begreiflich sein würden, wenn er Jesus) das Lösegeld
bezahlt haben, zum Vater zurückgekehrt sein und ihm das Sühnopfer
gleichsam vorgezeigt haben werde. Dann werde er - so sei es des Vaters
Absicht - befähigt werden, ihnen durch den Tröster geistliche Güter
zukommen zu lassen, für die sie jetzt noch nicht empfänglich seien, und
auf die sie auch noch dein Recht hätten, da ihr Lösegeld noch nicht
bezahlt sei. Wenn es dann aber an der Zeit sein werde, zukünftige Dinge
zu verstehen, so werde der Geist des Vaters, sein Geist, um seines
Verdienstes willen und in seinem Namen gesandt, sie Schritt für Schritt
leiten bis zum vollen Verständnis alles dessen, was sie verstehen sollten.
“Er (des Vaters heiliger Geist, Einfluss, Macht) wird mich verherrlichen,
denn von dem meinen wird er empfangen und es euch zeigen. Alles, was der
Vater hat, ist mein (seine und meine Absichten stimmen vollständig überein),
darum sagte ich euch, er werde von dem meinen empfangen und es euch zeigen”
(Joh. 16:14). Sie (die Jünger) sollten demnach nicht neue, die Lehre Jesu
umstoßende Lehren, sondern im Gegenteil weitere Entwicklungen der bereits
empfangenen Belehrungen erwarten; denn jede Belehrung des kommenden Tröster
werde mit seiner (Jesu) Lehre übereinstimmen und dazu bestimmt sein, sie
noch deutlicher erkennen zu lassen, dass Jesus der Messias gewesen sei.
Auch brauchten sie an der Richtigkeit der Belehrungen dieses Tröster
nicht zu zweifeln; denn er werde gerade der Geist der Wahrheit sein und
vom Vater her zu ihnen kommen. Dieser Geist der Wahrheit werde sein (Jesu)
Bote sein, der ihnen seine (Jesu) Lehren überbringen und zukünftige
Dinge zeigen werde.
Gerade
so ist es gekommen. Der Geist der Wahrheit hat der Herauswahl das ganze
Evangeliums Zeitalter hindurch die Notwendigkeit des Leidens Christi und
der Teilnahme eines jeden Gliedes des Leibes an diesem Leiden immer
begreiflicher gemacht, den Weg immer deutlicher gewiesen, den wir in der
Nachfolge unseres Erlösers und Herr zu gehen haben, uns gezeigt, welch
hohe Ehre sein großer Lohn für uns sei, was es heiße, Erben Gottes,
Miterben Jesu Christi unseres Herrn zu sein, “so wir anders mitleiden,
damit wir auch mit verherrlicht werden” können. Jehova, der Lebensgeber
aller, ist auch der Urheber all dieser Wahrheit, von ihm also, von dem
jede gute und vollkommene Gabe kommt, haben wir auch alles erhalten, was
uns in diesem Zeitalter zu teil geworden ist. Er hat seine Wahrheit durch
die längst bereitgestellten Kanäle an uns gelangen lassen, durch das
prophetische Wort und die vorbildlichen Lehren der Vergangenheit, zu deren
Verständnis uns die eingegebenen Worte unseres Herrn Jesu und seiner
inspirierten Apostel verholfen haben; und wenn wir den heiligen Geist in
unsere Herzen aufnehmen und nach dem Worte und Plan des Vaters wandeln, so
werden wir befähigt, die Dinge zu würdigen, welche Gott für diejenigen
in Bereitschaft hält, die ihn lieben, und im Glauben nicht im Schauen zu
wandeln trachten.
“Der
Tröster, welches ist der heilige Geist, den der Vater
in
meinem Namen senden wird.”
Joh.
14:26
Diese
allgemein bekannte Schriftstelle sagt ausdrücklich, der heilige Geist
werde vom Vater gesandt werden. Er steht mithin vollständig unter des
Vaters Herrschaft und ist ihm also nicht an Rang und Macht gleich, wie die
von Menschen verfassten Glaubensbekenntnisse behaupten. Er ist überhaupt
keine Person, sondern eine Fähigkeit Gottes, und Gott verfügt genau so
vollständig über alle seine Fähigkeiten, als wir über unsere Fähigkeiten
verfügen. Darum heißt es, der Vater werde seinen Geist senden, oder, wie
der Prophet es ausdrückt: “Ich werde meinen Geist in euer Inneres geben.”
Zudem sagt die Stelle, der heilige Geist sei im Namen Jesu gesandt worden
- gerade wie unter Menschen ein Diener im Namen seines Herrn geschickt
wird und nicht in seinem eigenen Namen. Auch diese Tatsache tritt der
schriftwidrigen Lehre von der Dreieinigkeit, der Einheit dreier an Rang
und Macht gleicher Gott-Personen entgegen. Die Stelle wahrt dem Vater den
ersten Rang; der heilige Geist ist des Vaters Geist (Macht, Einfluss); er
wird gesandt an Stelle und im Namen Jesu unseres Erlösers. Warum im Namen
Jesu? Weil das ganze Werk der Erlösung des Sünders vom Tod (durch die
Auferweckung) und der Wiederherstellung zum Leben (durch das “Gericht”),
das ganze Werk der Aussöhnung der Menschen mit Gott dem Sohn anvertraut
worden ist; der heilige Geist des Vaters ist der Kanal, durch welchen der
Sohn den Menschen die Segnungen zufließen lässt, die er durch sein
teures Blut für sie erworben hat.
Als
der heilige Geist vom Vater auf unseren Herrn Jesus kam bei seiner Taufe
und Weihung, war es freilich eine Stärkung, ein großer Segen für ihn.
Gleichwohl bedeutete dies für ihn den Verzicht auf jede irdische
Genugtuung und Hoffnung bei der Vollziehung des göttlichen Planes. Wäre
unser Herr anders gesinnt gewesen, eigenwillig, selbstsüchtig, so hätte
ihn die Führung des heiligen Geistes nicht gestärkt, sondern beunruhigt,
sein Herz wäre voll Unzufriedenheit, Missvergnügen und Widersetzlichkeit
gewesen. So ist es auch mit den Kindern Gottes: je mehr vom Geist (von der
Gesinnung) Gottes der natürliche Mensch zu erkennen vermag, um so unglücklicher
und unruhiger wird er, weil Gottes Geist seinen Geist (Sinn, Willen)
missbilligt und sich ihm widersetzt. Der “neuen Kreatur in Christo”
aber, deren eigener Wille tot ist, und die den Willen des Vaters zu kennen
und zu tun sucht, ist ein deutliches Verstehen des Willens und Planes
Gottes, die Führung durch die göttliche Vorsehung und die damit Hand in
Hand gehende Belehrung aus dem Worte Gottes eine wahre Stärkung, ein
Labsal, das da Frieden, Freude und Zufriedenheit verleiht, selbst mitten
in Trübsal und Verfolgungen. Darum sagt auch der Apostel, dass der Geist
des Wortes der Wahrheit aufgenommen und geschätzt werden muss, wenn er trösten
soll. Seine Worte sind (Röm. 15:4): “Alles, was zuvor geschrieben ist,
ist zu unserer Belehrung geschrieben, auf dass wir durch Ausharren und
Trost aus den Schriften Hoffnung haben.”
“Sie
waren alle erfüllt mit dem heiligen Geist und begannen in anderen Zungen
zu
reden, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.”
- Apg. 2:4
Hier
ist von zweifacher Wirkung des heiligen Geistes die Rede. Zuerst wirkte
der Geist (Sinn) Gottes in den Jüngern als Geist der Sohnschaft, indem er
ihre Herzen mit dem Vater und dem erhöhten Erlöser eins werden ließ.
Sodann bewirkte Gottes heiliger Geist (Einfluss) an den Jüngern besondere,
wunderbare Gaben als Zeugnis vor der Welt und zur Gründung der Herauswahl.
Während es ganz vernunftwidrig ist, von einem Gott zu sagen, dass er persönlich
in einen, und noch viel unvernünftiger ist, zu sagen, dass er persönlich
in viele (hundert, tausend) Menschen eintrete, so ist es nicht im
geringsten unvernünftig zu denken, dass die Macht des Allerhöchsten die
Macht, der Geist, der Einfluss Jehovas in und auf Hunderten und Tausenden
sei. Deshalb braucht er nicht seine Wohnung auf dem Thron des Weltalls zu
verlassen.
“Ananias,
warum hat Satan dein Herz erfüllt, dass du den heiligen Geist belogen und
von dem Kaufpreis des Feldes beiseite geschafft hast?” - Apg. 5:3
Satan
füllte das Herz des Ananias in gleicher Weise, wie Gott das Herz seiner
Kinder erfüllt - durch seinen Geist, seinen Einfluss. Satans Geist ist
ein Geist der Begehrlichkeit und Selbstsucht, der vor Betrug nicht zurückschreckt,
wenn damit seine Zwecke erreicht werden können. Petrus, dem die “Gabe
der Unterscheidung von Geistern” in besonderem Maße verliehen worden,
war befähigt, die Gedanken des Herzens zu lesen und in vorliegendem Fall
zu sehen, dass Ananias und Saphira unredlich handelten, etwas anderes zu
tun vorgaben, als was sie wirklich taten. Man beachte bei dieser Erzählung,
dass Petrus die Worte “Gott” und “heiliger Geist” im gleichen Sinn
braucht, indem er Vers 3 sagt, sie hätten “dem heiligen Geist”, Vers
4 aber, sie hätten Gott belogen. Der Gedanke ist auch tatsächlich
derselbe. Gottes heiliger Geist, der durch die Apostel handelte, war, in
der vollsten Bedeutung des Wortes, Gottes Stellvertreter; wenn daher
Ananias und Saphira die Apostel belogen, die Gott und seinen heiligen
Geist vertraten, so belogen sie Gott, belogen sie seinen heiligen Geist,
dessen Werkzeug und Stellvertreter Petrus war.
“Was
ist’s, dass ihr übereingekommen seid, den Geist des Herrn zu versuchen?”
Apg.
5:9
Diese
Worte Petrus bedeuten dasselbe, wie die in Vers 3 wiedergegebenen, nur heißt
hier der Geist, der versucht wird, der “Geist des Herrn”, womit der
Apostel wahrscheinlich den Herrn Jesus meinte. Auch diese Bezeichnung ist
durchaus vernünftig. Der Geist vom Vater, der heilige Geist, war in
besonderer Weise in der Herauswahl, der Vertreter aber des Herrn oder
Hauptes der Herauswahl war in diesem Fall der vom Geist erfüllte und
getriebene Apostel, der durch den Geist (Sinn) seines (des Christus)
Leibes handelte.
“Wer
wider den heiligen Geist spricht, dem wird es nicht vergeben werden,
weder
in dieser noch in der zukünftigen Welt (Zeitalter).”
- Matth. 12:32
Die
Trinitarier, die im heiligen Geist eine Person sehen, leiten aus dieser
Stelle die Lehre her, dass der heilige Geist eine viel wichtigere Person
sei als Gott der Vater und Gott der Sohn. Wir haben aber bereits gesehen,
dass dies schriftwidrig ist. Die Schrift anerkennt nirgends mehr als einen
Gott, den Vater, von dem alle Dinge sind, und der höher ist als alles, -
als einen Herrn, Christum Jesum, durch den alle Dinge sind, der im Range
dem Vater am nächsten kommt und zu diesem Range durch des Vaters Macht
erhoben worden ist. Der heilige Geist ist also vom Vater und durch den
Sohn und könnte, wenn er eine Person wäre, nicht höher stehen als diese
beiden. Aber er ist ja gar keine Person, sondern er ist eben der Geist
einer Person, eines Wesens, der Geist des Herrn, sein Einfluss, seine
Macht, und in diesem Sinne des Wortes der Herr selbst, Vertreter, Werkzeug
all seiner Weisheit, Hoheit, Macht und Liebe.
Was
bedeutet denn also diese Stelle? Aus den vorgehenden Versen ersehen wir,
dass unser Herr Jesus eben seine göttliche Macht, den ihm vom Vater
verliehenen heiligen Geist gebraucht hatte, um einen Teufel auszutreiben.
Die Pharisäer, die das Wunder gesehen und nicht leugnen konnten, suchten
die Bedeutung desselben zu verdrehen, indem die dreist behaupteten, es sei
durch teuflische Macht vollbracht worden. In Erwiderung hierauf lehnte
unser Herr es unmissverständlich ab, das Wunder aus eigener Kraft
vollbracht zu haben, und schrieb dasselbe der Macht, dem Einfluss, dem
Geist Gottes zu: “Ich treibe die Teufel aus durch den Geist Gottes.”
Hierauf tadelte er die Pharisäer dafür, dass sie so böswillig waren,
einer bösen Macht zuzuschreiben, was sie nicht anderes denn als ein gutes
Werk betrachten konnten, bei dem keine Sünde, keine Selbstsucht, kein
Ehrgeiz mit unter lief. Er nennt sie eine Otternbrut und bezeichnet sie
als Leute, die so verbohrt sind in die Überlieferungen ihrer
Nationalkirche, dass ihr Erkenntnisvermögen selbst im Angesicht der
allereinfachsten und handgreiflichsten Tatsachen versagte. Es war ganz
wohl ersichtlich, dass die Macht oder der Geist, der über den Besessenen
verfügt hatte, teuflisch, böse war. Austreiben konnte ihn daher nur ein
Geist, der mit dem im Besessenen im Gegensatz stand. Diese Lehrer des
Volkes hatten mithin keine Entschuldigung, wenn sie ohne jeden Grund
behaupteten, das Wunder sei durch Satans Macht vollbracht worden.
Nun
wies der Herr weiter darauf hin, dass, wenn sie auch weder Jehova noch ihn
selbst gelästert, sie doch die heilige Macht, den heiligen Geist, der in
ihm wirkte, gelästert hätten. Den unsichtbaren Gott missverstanden und
unrichtig dargestellt zu haben, wäre ihrerseits eine viel weniger schwere
Beleidigung gewesen, und Böses von unserem Herrn Jesus gesagt und seine
Beweggründe missverstanden, ihm zugemutet zu haben, dass er nur nach
einem Thron, nach Erhöhung seiner Macht strebe, wäre ebenfalls eine verhältnismäßig
leichte Beleidigung gewesen, da sie dabei den Herrn nur mit dem Maßstab
ihres eigenen Ehrgeizes und Hochmuts gemessen und darnach beurteilt hätten.
Aber was sie getan, war viel schlimmer: nachdem sie Augenzeugen gewesen
waren bei einer Kundgebung der göttlichen Macht, die einen ihrer
Mitmenschen aus der Macht des Teufels befreit hatte, lästerten sie diese
heilige Macht und verrieten dadurch einen viel höheren Grad von Bosheit
und Feindschaft gegen Gott, als zu den anderen Beleidigungen die
notwendige Voraussetzung gewesen wäre. In ihrer Unwissenheit und
Blindheit hätten sie den Herrn Jesus und seine Worte und Bemühungen
missverstehen können, hätten sie auch manche von Gottes Verfügungen
missverstehen und Böses davon sagen können. Aber nachdem sich einmal die
Macht Gottes direkt im Gegensatz zur Macht des Teufels vor ihnen deutlich
bezeugt hatte, so bewies ihre Lästerung dieser Macht unmissverständlich,
dass ihre Herzen sehr unheiliger Gesinnung waren. Sünden aus Unkenntnis können
den Menschen vergeben werden, ja sie werden den Menschen vergeben werden,
weil die Unkenntnis eine Folge des Falles ist, und das Sühnegeld für
alle bezahlt worden ist, die vom Fall Adams und dem darauf lastenden Fluch
erreicht worden sind. Aber Sünde wider deutliche Kundgebungen der göttlichen
Gnade kann nicht der Schwachheit des Fleisches noch der Erbsünde zu
lasten geschrieben, sondern muss absichtlicher Bosheit des Herzens
zugeschrieben werden, die nicht vergeben werden kann.
Absichtliche
Sünde kann nie vergeben werden, weder in diesem noch im kommenden
Zeitalter. Gott will keinen Menschen zwingen, sich mit ihm auszusöhnen.
Aber nachdem nun das Lösegeld bezahlt worden, will er jedem eine
Gelegenheit geben, zur Erkenntnis zu gelangen und durch Vermittlung seines
heiligen Geistes Zeuge seiner (Gottes) Güte zu werden: wer dann noch in
einem Widerspruch mit dem Heilsplan Gottes beharrt, der erweist sich als
ein absichtlicher Sünder, als bewusster Widersacher der heiligen Macht
Gottes: für solche hat der Herr keine Gnadenmittel mehr.
Ob
nun die Schriftgelehrten und Pharisäer schon zu einer genügend klaren
Erkenntnis von Gottes heiliger Macht gelangt waren, dass ihre in dieser
Erzählung erwähnte Sünde für sie den zweiten Tod nach sich zog, diese
Frage können wir nicht entscheiden, weil wir in ihren Herzen nicht lesen
können, und der Herr diese Frage in seiner Zurechtweisung auch nicht
entschieden hat. Hatten sie volle Erkenntnis, dann können wir für sie
keine Rettung (Auferstehung) mehr erhoffen, da sie Gottes Gnade
absichtlich von sich gestoßen hätten. Hatten sie aber die volle
Erkenntnis nicht, so steht ihnen noch (in der Auferstehung) eine
Gelegenheit bevor, zur vollen Erkenntnis zu gelangen, bevor sie zum
zweiten Tod verurteilt werden können.
Aber
jede Sünde wider den heiligen Geist, volles Licht, volle Kenntnis der göttlichen
Macht, ist nicht vergebbar, weil sie willentlich ist. Wer gegen ein
geringeres Maß Licht sündigt, der muss unfehlbar zur Strafe
“Streiche” leiden, und je größer das Maß Licht, gegen das gesündigt
wird, um so stärker und zahlreicher die Streiche. Ist aber das Maß Licht
und Erkenntnis voll, kann gut und böse vollständig unterschieden werden
und wird dennoch dem Geist Gottes widerstanden, dann gibt es nur eine
Strafe, den zweiten, unwiederbringlichen Tod, den ganzen Sold (Saldo) der
Sünde. Die durch das Lösegeld erkaufte Vergebung deckt wohl die aus
Unkenntnis oder Schwachheit begangenen Sünden, als die Folgen des Falles,
nicht aber persönliche, absichtliche, wohlüberlegte Vergehungen gegen
volles Licht. Doch vergessen wir nicht, dass viele Sünden, die in
gewissem Grad absichtlich gegangen werden, zum anderen Teil von
Schwachheiten oder teilweiser Unkenntnis der göttlichen Rechtsgrundsätze
oder von beidem herrühren. Soweit dies der Fall, ist jede Sünde
vergebbar durch die Gnade Gottes in Christo, durch gläubige Annahme des
Versöhnungswerkes; so weit es aber nicht der Fall, muss sie, wie wir eben
gesehen, gebüßt werden, - durch Streiche leiden solange noch vergebbare
Elemente mitspielen, durch den zweiten Tod, wenn keine vergebbare Elemente
mehr darin zu finden sind.
Von
dem Gesichtspunkt aus ist jede absichtliche Sünde, Sünde gegen
Erkenntnis, gegen den heiligen Geist und kann nicht Vergebung finden.
“Der
Geist sprach zu Philipper: Tritt hinzu und schließe dich diesem Wagen
an.”
Apg.
8:29
Auch
hier ist es ganz unnötig, den Geist persönlich, als Gott-Person
aufzufassen. Die Stelle bleibt verständlich, auch wenn wir sie so erklären,
dass der Herr durch seinen Geist (Einfluss, Macht) den Apostel auffordert,
sich zum Wagen des Kämmerers heranzunahen. Wie der Geist dies bewirkte,
darüber gibt uns die Schrift nicht Auskunft, und es wäre töricht, da
Vermutungen aufzustellen. Gott hat alle möglichen Mittel zur Hand, um den
Seinen Kenntnis von seinen Wünschen zu geben. (vergleiche Vers 39)
“Der
Geist sprach zu Petrus: Siehe drei Männer suchen dich” -
Apg. 10:19
Das
oben gesagte gilt auch von dieser Stelle. Wie es zuging, tut durchaus
nichts zur Sache. Das wichtigste ist, zu wissen, dass der Herr es war, der
den Apostel leitete, und zwar in einer dem Apostel verständlichen Weise.
Dass er richtig verstanden, ergibt sich aus der Erzählung, die auf die
Worte folgt.
“Der
heilige Geist sprach: Sondert mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werke
aus,
zu welchem ich sie berufen habe.”
Apg.
13:2
Auch
hier wird uns nicht gesagt, wie der Geist (als Vertreter Gottes) sprach.
Das brauchen wir auch nicht zu wissen. Es genügt, wenn wir uns daran
erinnern, dass alle Geweihten berufen sind, der Wahrheit als Boten zu
dienen, und zwar treu und wirksam mit all ihren Fähigkeiten und bei jeder
Gelegenheit. Durch die allgemeine Aufforderung: “Was stehet ihr hier müßig?
Gehet auch hin in meinen Weinberg!” werden alle diese gerufen. Und jede
besondere Befähigung, jede günstige Gelegenheit sollte als ein
besonderer Ruf des Herrn verstanden werden, im Dienste der Wahrheit noch
mehr öffentlich zu wirken. Doch wenn auch die geistigen Anlagen von
Barnabas und Saulus gleichsam einen besonderen Ruf des Geistes an sie
bedeuteten, so ist doch wahrscheinlich, dass jenesmal der heilige Geist
sich eines jener Mittel bediente, die zu jener Zeit in der Herauswahl
vorhanden waren, des Mittels der Weissagung. So mag einer von den
Propheten, von denen Vers 1 die Rede ist, Gottes Willen in dieser Hinsicht
kundgetan haben.
Dass
Paulus seine Berufung nicht auf den heiligen Geist als eine dritte
Gott-Person zurückführt, ersehen wir aus Gal. 1:1, wo er schreibt:
“Paulus, Apostel, nicht von Menschen, noch durch einen Menschen, sondern
durch Jesum Christum und Gott den Vater, der ihn auferweckt hat aus den
Toten.” Wäre der heilige Geist diejenige Gott-Person, der wie es die
Trinitarier wollen, die Berufung der Diener der Wahrheit besonders
obliegt, so wäre dessen Nichterwähnung in obigem Vers unverständlich.
Sehen wir aber die Dinge richtig, ist aber, wie die Schrift lehrt, der
heilige Geist eben der Einfluss, die Macht Gottes des Vaters und des
Sohnes, welche eines Sinnes sind, dann herrscht Übereinstimmung zwischen
Gal. 1:1 und Apg. 13:2
“Es
hat dem heiligen Geist und uns gut geschienen.”
Apg.
15:28
Die
Apostel waren zu einer Beratung zusammengetreten, um auf einige Fragen zu
antworten, welche von der Herauswahl in Antiochien an sie gerichtet worden
hinsichtlich der Verbindlichkeit des jüdischen Gesetzesbundes für
diejenigen Brüder, welche von Geburt nicht Juden waren. Die getroffene
Entscheidung war, wie in obigem Vers festgestellt wird, nicht allein die
Ansicht der Apostel selber, sondern der Herr hatte in irgend einer Weise
seine Zustimmung zu dieser Ansicht erklärt, und zwar in einer Weise, dass
sie es deutlich erkennen konnten. Die Rede des Apostels Jakobus, die die
wichtigste bei der Beratung war; zeigt uns nun, wie Gottes Wille und
Absicht bei diesem Anlass erkannt wurde; es war dieselbe Weise, wie sie
der ganzen Herauswahl anempfohlen war und von den Geweihten noch
heutzutage gebraucht wird. Sie bestand im Forschen in der Schrift im Licht
der göttlichen Vorsehung. So konnte denn Jakobus die Absicht des Herrn
ableiten, indem er die besondere Führung der Vorsehung nochmals
betrachtete, welche Petrus zu Kornelius geleitet hatte, und alsdann an
eine noch unerfüllte Weissagung erinnert, die er anführte (Vers 17). Der
von Jakobus vorgeschlagenen Anwendung dieser Weissagung auf den
vorliegenden Fall stimmte die Herauswahl zu, sicher, dass der heilige
Geist sie so lehre.
“Nachdem
sie von dem heiligen Geist verhindert worden waren,
das
Wort in (der Provinz) Asien zu verkündigen.”
Apg.
16:6
Auch
hier erscheint auf den ersten Blick der heilige Geist als eine redende,
verbietende Person. Allein aus dem Zusammenhang erkennen wir, dass
wiederum von dem heiligen Einfluss oder Wirken von Jehova Gott und unserem
Herrn Jesu Christo die Rede ist, durch welches der Wille des Vaters und
des Sohnes auf diesem oder jenem Wege den Geweihten zur Kenntnis gebracht
wird. Wir erfahren darüber nichts, wie der Apostel und seine Gefährten
verhindert wurden, das in Kleinasien begonnene Missionswerk dort
fortzusetzen. Vermutlich verhinderten widrige Umstände sie daran, in
denen sie eine Führung des Geistes erblickten. Doch wie dem auch sei, für
uns ist nur wichtig, zu wissen, dass Gott selbst sein eigenes Werk
betrieb, und dass die Leitung und Führung der Apostel Sache seiner
Oberaufsicht war, die sich unsichtbarer Mittel bediente, um sie als seine
Diener zu verwenden. Auf jeden Fall war des Herrn Führung dieses Mal mehr
als ein Eindruck auf das Gemüt der Apostel. Eines der Mittel z.B. war das
Nachtgesicht Paulus (Vers 9). Dieser letzte Wink machte ihnen völlig
klar, was sie zu tun hatten, und sofort trafen sie alle nötigen
Anstalten, um ihm folgen zu können.
Wir
haben hier ein Beispiel dafür, dass Gott in den Tagen der Apostel seine
Diener in ganz ähnlicher Weise führte, wie auch heute noch. Solche
indirekte, unpersönliche Führung wird mit Recht als ein Wirken des
heiligen Geistes des Herrn bezeichnet. Hätte ein Engel dem Paulus die
Botschaft überbracht, wie seiner Zeit dem Petrus im Gefängnis (Apg.
5:19; 12:7), oder hätte unser Herr persönlich Paulus angeredet, wie er
es auf dem Wege nach Damaskus tat (Apg. 9:4; 1. Kor. 15:8), dann würde es
die hier betrachtete Stelle auch ausdrücklich sagen und nicht allgemein
vom Geist reden.
“Der
heilige Geist bezeugt und sagt mir von Stadt zu Stadt,
dass
Bande und Drangsale meiner warten.”
-Apg.
20:23
Dass
der heilige Geist hier nicht als Person gemeint ist, und in welcher Weise
er dies dem Paulus bekannt machte, sehen wir am deutlichsten Apg. 21:11.
Zu der Herauswahl in Cäsarea zählte ein Mann, namens Agabus, der die
damals unter den Auserwählten ziemlich häufige Gabe der Weissagung,
hatte. “Als der zu uns kam, nahm er (unter den abgelegten Gürteln, ohne
ihn zu kennen) den Gürtel des Paulus, band sich die Hände und die Füße
und sprach: Dies sagt der heilige Geist: den Mann, dem dieser Gürtel gehört,
werden die Juden in Jerusalem also binden und in die Hände der Nationen
überliefern.” Die Freunde der Sache suchten infolgedessen erst, den
Apostel davon abzubringen, nach Jerusalem hinaufzuziehen. Aber Paulus war
entschlossen, den Absichten des Herrn mit ihm nicht auszuweichen. Darum
erklärte er denn auch, er sei bereit, nicht nur gebunden zu werden,
sondern auch in Jerusalem zu sterben für den Namen des Herrn Jesu.
(vergl. Vers 13)
Merke,
dass der Apostel nicht sagt: Im Namen des heiligen Geistes. Auch seine
Freunde, als sie sahen, dass sie ihn nicht überreden konnten, sagten:
“Der Wille des Herrn geschehe!” (Vers 14) So wurde bei jedem Anlass
das Zeugnis des heiligen Geistes von der ersten Herauswahl als der Wille
unseres Herrn Jesu angesehen, der auch der Wille des Vaters war.
“Habet
nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher euch der
heilige Geist als Aufseher gesetzt hat, die Herauswahl Gottes zu weiden (nähren).”
-
Apg. 20:28 -
Diese
Worte richtete Paulus an die Ältesten der Herauswahl zu Ephesus. Er will
sie damit aufmerksam darauf machen, dass ihre Stellung als Diener der
Wahrheit innerhalb der Herauswahl nicht aus eigener Machtvollkommenheit,
nicht einzig infolge Auftrags seitens der Herauswahl inne hatten, sondern
dass der Herr bei ihrer Bestellung mitgewirkt hatte durch seinen heiligen
Geist. Sie sollten sich dessen bewusst werden, dass ihre Auszeichnung
darin bestand, dass Gott sie als Aufseher anerkannt habe, und dass sie
Diener der Herauswahl seien infolge einer Berufung des Herrn durch seinen
heiligen Geist (Wirken), der bei ihrer Bezeichnung als Älteste mitgewirkt
und geleitet hatte. So sagt der Apostel an anderer Stelle, die ebenfalls
nur die Herauswahl, nicht die Welt angeht: “Einem jeden aber ist die
Offenbarung des Geistes zum Nutzen gegeben. ... Gott hat etliche in der
Herauswahl gesetzt: erstens Apostel, zweitens Propheten, drittens Lehrer;
... und es sind Verschiedenheiten von Wirkungen, aber es ist derselbe
Gott, der alles in allem wirkt.” - 1. Kor. 12:7, 28, 6
Durch
diese Worte zeigt der Apostel, dass alle Diener der Herauswahl ihre
Stellung von Gott haben, mittelst Kundmachung durch seinen heiligen Geist.
Es ist nicht die Rede von einem Werk, das der heilige Geist neben
demjenigen des Vaters und des Sohnes betreibt. Gott übt in Christo die
Oberaufsicht über seine Kinder, der Herauswahl Angelegenheiten durch
seinen Geist aus, durch sein heiliges, allmächtiges, auf Allwissenheit
gegründetes Wirken. Durch dieses hatte er denn auch erzielt, dass zu Ältesten
der Herauswahl in Ephesus unter denen, die sich zum Dienst des Herrn
geweiht hatten, gerade diejenigen erwählt wurden, die sich ihrer persönlichen
Eigenschaften wegen am besten als Diener, Lehrer oder Aufseher eigneten.
Und wiewohl durch Menschen berufen, hatten sie doch ihr Amt als ein ihnen
von Gott bestimmtes und übertragenes betrachtet und sollten ihr
Verantwortlichkeitsgefühl hiernach richten.
“Uns
aber hat es Gott geoffenbart durch seinen Geist, denn
der
Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes,
welche
Dinge wir auch reden, nicht in Worten gelehrt durch
menschliche
Weisheit, sondern (in Worten)
gelehrt
durch den Geist.” - 1. Kor. 2:10-13
Aus
dieser Stelle ersehen wir, dass, wie wir schon oft zu verstehen gegeben,
der heilige Geist oder Sinn Gottes seine Kinder, wenn sie ihm Aufnahme gewähren,
vorbereitet und befähigt, seinen Plan zu begreifen. Einzig indem wir zu
voller Übereinstimmung mit Gott gelangen durch das Wort der Wahrheit und
dadurch, dass uns der Geist oder die volle Bedeutung dieses Wortes klar
wird, werden wir befähigt, die Tiefen Gottes zu begreifen. Merke, dass
der Apostel in obigen Versen “den Geist, der von Gott ist”, der in uns
wirkt, dem “Geiste dieser Welt” gegenüberstellt, welcher im natürlichen
Menschen wohnt und ihn beeinflusst. So wenig nun dieser Geist der Welt
eine Person ist, sondern eine weltliche Gesinnung, so wenig ist auch der
Geist Gottes, der in seinen Kindern wohnt, eine Person, sondern vielmehr
Gottes Wirken und Gesinnung in ihnen.
“Der
natürliche Mensch nimmt die Dinge des Geistes Gottes
nicht
an, denn sie sind für ihn Torheit, und er kann
es
(deren Wert) nicht erkennen, weil es
geistlich
unterschieden wird.”
-
1. Kor. 2:14 -
Diese
sehr deutliche Aussage steht in vollem Einklang mit allem, was wir schon
gesehen haben. Wer mit dem Geist dieser Welt erfüllt ist, ist in dem Maße
auch nicht vorbereitet, die tiefen, verborgenen, herrlichen Dinge Gottes,
“die Gott in Bereitschaft hält für diejenigen, so ihn lieben”, zu
sehen und zu würdigen. Diese tiefen Dinge, die unser Herr als Perlen
bezeichnet, sind nicht für die “Schweine” (die noch Selbstsüchtigen,
vom Geist der Welt Erfüllten), sondern für die, so gereinigt sind durch
die Waschung mit Wasser (Wahrheit) durch das Wort, die nahe zum Herrn
gebracht worden sind durch den Glauben an sein teures Blut, die geheiligt,
gänzlich dem Herrn geweiht sind. Diesen gefällt es Gott, seine tiefen
Dinge, ja alle Reichtümer zu offenbaren, Schritt für Schritt, indem er
ihnen die verschiedenen Züge der Wahrheit einen nach dem anderen klar
macht als “Speise zur rechten Zeit”.
Diese
Stelle unterscheidet also scharf zwischen dem gefallenen Menschen und der
neuen geistigen Kreatur. Wer für die tieferen geistigen Wahrheiten blind
ist, dem fehlt das hier erwähnte Zeugnis für die Sohnschaft, für seine
Beziehungen zum himmlischen Vater und seine Treue bei diesen Beziehungen.
Wem die Dinge, von denen der Apostel sagt, dass Gott sie für diejenigen
in Bereitschaft halte, so ihn lieben, gleichgültig sind, der mag aus
dieser Gleichgültigkeit den Schluss ziehen, dass er den Geist des Herrn
nicht hat. Und doch haben wir Männer gekannt, die sich für Lehrer in der
Kirche ausgaben und ihre Unkenntnis dieser Dinge nicht nur eingestanden,
sondern sich derselben erst noch rühmten! Durch dieses Geständnis
bezeugen sie, dass sie nicht die Gesinnung Gottes haben, seine Absichten
nicht kennen und mithin nicht viel von seinem Geist, dem Geist der
Wahrheit haben und dementsprechend auch nicht viel von der Wahrheit haben
können.
Diese
Stelle ist somit ein Prüfstein für uns, damit wir an unserer Befähigung,
die Dinge Gottes zu unterscheiden und zu würdigen, ermessen können, ob
wir den Geist haben. Denn der Welt sind diese Dinge verborgen; “Gott hat
sie uns durch seinen Geist kundgetan.”
“Ihr
habt die Salbung von dem Heiligen und wisset alles.”
“Die
Salbung, die ihr von ihm
empfangen
habt, bleibt in euch, und ihr bedürfet nicht, dass euch
jemand
belehre, sondern wie dieselbe Salbung euch über
alles
belehrt und wahr ist und keine Lüge ist, und
wie
sie euch belehrt hat, so werdet ihr in
ihm
bleiben.” - 1. Joh. 2:20, 27
Das
Wort “Salbung” erinnert denkende Bibelforscher an das Öl, welches auf
das Haupt der Hohenpriester und Könige Israels ausgegossen wurde bei
ihrem Amtsantritt. Wie nun Israel nach dem Fleisch ein Vorbild war von
“Israel nach dem Geist”, dem wahren Volke Gottes, so sind Israels
Priester und Könige ein Vorbild des Christus, des großen gegenbildlichen
Hohenpriesters und Königs, und wie jene Könige und Priester bei der Einführung
in ihr Amt mit dem heiligen Salböl gesalbt wurden, so wurde auch unser
Herr Jesus zur Zeit seiner Weihung mit dem heiligen Geist gesalbt. So
wurde er eben der Christus, d.h. der Gesalbte Jehovas.
Die
auserwählte Kirche ist bestimmt, eine königliche Priesterschaft unter
ihrem Herrn und Haupt, der Leib des Gesalbten (Christus) zu werden. Die
Salbung ging nun vom Haupt auf den Leib über, als am Pfingsttage unser
Herr mit des Vaters Einwilligung den heiligen Geist der Salbung, den er
bei seiner Taufe im Jordan empfangen, auf die Jünger ausgoss. Seither
werden die Gläubigen, die am Leibe (des Christus) bleiben, vom Worte
Gottes als die Auserwählten anerkannt, von Gott bereits gesalbt (in
Christo) zur einstigen Übernahme der Herrschaft über die Welt, nachdem
sie erst unter der Leitung des sie salbenden Geistes von Gott das Nötige
gelernt haben, damit ihre Herrschaft der Welt auch zum Segen gereiche,
damit sie gleichen Sinnes sein können wie ihr Haupt, Jesus, dem, als er
auferweckt wurde aus den Toten durch den heiligen Geist, das Wirken des
Vaters, alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben wurde. - Matth. 28:18;
Eph. 1:19, 20
Das
Salböl war ein wohlriechendes Öl. Wie schön und eindrucksvoll
versinnbildlicht doch diese Eigenschaft die Wirkung des Einflusses
(Geistes) Gottes, die da erzeugt Heiligkeit, Freundlichkeit, Geduld,
Bruderliebe, Liebe! Welch süßen, reichen Geruch verbreitet doch diese
Salbung mit dem heiligen Geist über alle, die sie annehmen! Mag der
sichtbare Mensch (das irdene Gefäß) noch so wenig einnehmend, noch so
rau, ungebildet und unwissend sein, wie rasch erhält er doch seinen
Anteil an dem besänftigenden und reinigenden Einfluss, der von dem Schatz
des neuen Herzens, der neuen Gesinnung ausgeht, die gesalbt ist mit dem
heiligen Geist und in Einklang gebracht ist mit allem, was wahr ist und
ehrbar und gerecht und rein und lieblich. - Phil. 4:8
Ist
aber, wie aus den obigen Betrachtungen hervorgeht, die Salbung mit dem
Geist gleich dem Wirken, Einfluss, einer unsichtbaren Kraft Gottes, die
durch seine Gebote, Verheißungen oder sonst wie wirkt, so können wir
erst recht den heiligen Geist nicht als eine Person auffassen. Wie könnte
jemand mit einer Person gesalbt werden?
Dass
der Heilige (1. Joh. 3:20), welcher salbt, nicht ein persönlicher
heiliger Geist (wie die Trinitarier das verstehen), sondern der Vater ist,
ergibt sich aus der Pfingsterzählung. Petrus erklärt, er (der heilige
Geist) sei ausgegossen werden (als ein Salböl; von einer Person musste er
sagen, sie sei ausgesandt worden). Seine Worte sind: „Nachdem er (Jesus)
vom Vater den (im Propheten Joel) verheißenen heiligen Geist empfangen
hatte, hat er dies ausgegossen, was ihr sehet und höret” (Apg. 2:33), nämlich
diese wunderbare Wirkung, die sich auf verschiedene Weise kundgab, durch
Zungen von Feuer, durch Befähigung ungebildeter Menschen, ihre Gedanken
so recht lebendig auszudrücken und in fremden Sprachen zu reden. Auch in
Joel lesen wir: „Ich (Gott) will meinen Geist ausgießen.” Könnte der
Prophet von einer Person so geredet haben? Könnte in unserer Stelle mit
dem Worte “dies”, das ausgegossen und von den Juden gehört und
gesehen wurde, eine Person und noch zudem die angeblich höchste der
angeblich drei Gott-Personen bezeichnet werden? Das wäre doch sehr
respektlos geredet.
Nun
entsteht aber eine Schwierigkeit. Vers 20 lesen wir, dass die, welche die
Salbung des Geistes haben, alles wissen. Wie viele wahre Kinder Gottes
haben jedoch gar zu klar empfunden, dass sie nicht alles wissen, und
deshalb an ihrer Salbung gezweifelt. Die Schwierigkeit verschwindet, wenn,
gestützt auf die Lesart der ältesten griechischen Handschriften, übersetzt
wird: “ihr alle wisset es”. Ja wohl, alle wahren Kinder Gottes wissen
sehr wohl, welch ein Unterschied besteht zwischen dem natürlichen Herzen
oder Willen und dem neuen von Liebe und Gerechtigkeit geleiteten Herzen
und Willen.
Und
wie viele von Gottes liebsten und demütigsten Kindern haben mit Erstaunen
die Worte gelesen: “Ihr bedürfet nicht, dass euch jemand lehre!”
Wehe, sagen sie, eine Salbung, die uns der Notwendigkeit überhebt, dass
uns jemand belehre, haben wir nicht an uns erfahren, denn wir bedürfen im
Gegenteil sehr dass irgend ein Mensch uns belehre, und wissen so viel
nichts, außer was uns, sei es direkt, sei es indirekt, durch menschliche
Vermittlung zugekommen. Und diese demütigen Seelen würden sich sehr gedrückt
und entmutigt fühlen infolge ihrer ehrenhaften Denkungsart, sähen sie
nicht, dass selbst die Allerbesten unter den Heiligen ihrer Bekanntschaft
menschliche Lehrer benötigen und zu schätzen wissen. Andere, weniger
Aufrichtige, weniger Geheiligte dagegen suchen sich selbst und ihre
Mitmenschen zu täuschen, indem sie vorgeben, sie hätten von Menschen
nichts gelernt, sondern verdanken alles, was sie wussten, einzig und
allein der direkten Eingebung des heiligen Geistes. Sie sehen nicht, dass
sie damit den Anspruch auf Unfehlbarkeit all ihrer Worte und Gedanken
erheben. Sie bemerken nicht, dass, wenn sie dafür, dass sie in einem
Gedanken, Worte oder Werke fehlen, dies der vollen Eingebung des heiligen
Geistes zuschreiben, sie dadurch den heiligen Geist zum Urheber ihrer Irrtümer
und Verkehrtheiten machen.
Wir
müssen also den wahren Sinn der Stelle aus den Zeitumständen und dem
Zusammenhang, in dem sie steht, herauszufinden suchen; denn herausgerissen
widerspricht sie dem allgemeinen Zeugnis der Schrift. Der Apostel Paulus
erwähnt ausdrücklich unter den Gaben des Geistes an die Herauswahl
Apostel, Propheten (Redner), Hirten, Lehrer, Evangelisten. Wozu diese der
Herauswahl geben, wenn dieselbe nicht bedarf, dass ein Mensch sie belehre?
Welchen Zweck haben vielmehr diese Gaben an die Herauswahl? Nach Eph.
4:11-13: “Die Vollendung (volle Befähigung) der Heiligen für das Werk
des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes Christi, bis wir alle
hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes
Gottes.” (vergl. 1. Kor. 12:28-31)
Wir
denken nicht daran, wie es die Schriftgelehrten tun, anzunehmen, dass
Johannes dem Apostel Paulus und den anderen Aposteln widersprechen wolle.
Alle Apostel waren Lehrer und belehrten die Herauswahl, dass und wie sie
in Erfahrung bringen sollten, von welchen Menschen in ihrer Mitte der
Geist sehe, dass sie sich als Hirten, Lehrer oder Aufseher am besten
eigneten, sie belehrten sie, dass sie ihren so herausgefundenen Führern
unterwürfig sein sollten; denn dieselben wachten über ihre Seelen, als
die da dem Herrn darüber Rechenschaft geben mussten (Hebr. 13:17). Die
Herauswahl bedurfte gerade nach Paulus Anschauung dienender Menschen, die
geeignet waren, zu lehren (1. Tim. 3:2), mit der gesunden Lehre zu
ermahnen und auch die Widersprechenden zu überführen und nötigenfalls
streng zurückzuweisen, auf dass sie gesund seien im Glauben (Titus 1:9,
13; 2. Tim. 2:25). Und Petrus fügt bei, sie sollten als Unterhirten Männer
anerkennen, die über die Herauswahl, die Erben Gottes, “nicht herrschen
würden als über ihr Besitztum”, sondern die Herde weiden, d.h. mit
Speise zur rechten Zeit nähren würden, es stets vermeiden, solche Männer
zu Aufsehern zu machen, deren Herz nach Volkstümlichkeit und deren Ohren
nach Schmeichelei gelüsteten.
Zudem
war der Apostel Johannes selber Lehrer, und gerade in der Epistel, in der
wir die hier betrachtete Stelle finden, lehrt er, was er und wir als
gesunde Lehre, die gelehrt werden muss, hochschätzen. Kein Leser der
Johannes Briefe wird dieselben als gewöhnliche Unterhaltungsbriefe
betrachten, die nicht belehren wollen. “Was wir gesehen und gehört
haben”, so schreibt er Einleitungsweise (1. Joh. 1:3), “verkündigen
(lehren) wir euch, auf dass auch ihr mit uns Gemeinschaft habt.” Und
wiederum sagt er (1. Joh. 2:1): “Diese Dinge schreibe ich euch (euch zu
lehren), dass ihr nicht sündigt”, und “ein neues Gebot (Lehre)
schreibe ich euch”. (1. Joh. 2:8) Und wiederum: “Kindlein, lasst
niemanden euch irreführen (sondern bleibt bei meiner Lehre); wer die
Gerechtigkeit tut, ist gerecht”. (1. Joh. 3:7) Und wiederum: “Wir sind
aus Gott; wer Gott kennt, hört uns (gehorcht unseren Anweisungen,
Belehrungen)”. Und wiederum: “Dies habe ich euch geschrieben..., auf
dass ihr wisset (darüber belehrt seit) 2c (1. Joh. 5:13) Und der Schlussvers der Epistel selber enthält eine sehr
wichtige Belehrung: “Kindlein, hütet euch vor Abgötterei (lasset
niemanden und nichts euch lieber und geehrter sein als Gott)”.
Hieraus
ersehen wir, dass der Apostel nicht so verstanden werden kann, als hätte
er sagen wollen, die Herauswahl bedürfe menschlicher Lehrer nicht. Wir
sehen, dass er vielmehr menschliche Lehrer ausdrücklich als Werkzeuge des
heiligen Geistes, die in der Herauswahl gerade diese Aufgabe des Belehren
haben, anerkennt. Was kann er also wohl mit den Worten gemeint haben:
“Ihr bedürfet nicht, dass euch irgend ein Mensch belehre”, und “die
Salbung des Geistes lehrt euch alle Dinge?”
Die
Antwort auf diese Frage finden wir durch Heranziehung des Zusammenhangs
und der Zeitumstände. Um das Jahr 90 n. Chr., in welchem nach der Ansicht
der Gelehrten der 1. Johannes Brief verfasst worden, war das Christentum
schon ziemlich bekannt geworden in der Welt. Es hatte den Überrest von
Israel nach dem Fleisch in die Scheunen gesammelt und seinen Anhängern
Hass und Verfolgung durch die große Mehrheit des Judenvolkes zugezogen,
wodurch die Christen in alle Teile der damaligen zivilisierten Welt
zerstreut wurden. Hier kamen sie mit den Heiden in Berührung, und die
Gebildeten unter diesen, die Anhänger der griechischen Philosophie,
fanden in der christlichen Lehre manches, was ihnen zusagte, so dass sie
es mit ihrer heidnischen Philosophie zu vereinigen suchten, um christliche
Philosophen oder philosophische (weltweise) Christen zu werden. Der
Apostel Paulus kannte diese Neigung auch schon und warnt deshalb (1. Tim.
6:20) vor dieser weltlichen, fälschlich sogenannten “Weisheit”. Diese
Philosophen waren ganz bereit, Jesum als einen guten Menschen, als einen
weisen Lehrer anzuerkennen. Was sie ablehnten, war die Anerkennung Jesu
als Sohn Gottes, der seine gottähnliche Gestalt, seine geistige Natur,
verlassen hatte und Mensch geworden war, auf dass er der Erlöser der
Menschheit (aus dem Tod) und der Urheber ewigen Lebens für alle
diejenigen werden möchte, die ihm gehorchen würden. Da ihre Philosophie
nun die Lehre von einem zukünftigen Leben auch kannte, freuten sie sich,
eine solche Lehre in Christum auch zu finden, übersahen aber die
Tatsache, dass ihre fälschlich sogenannten “Weisen” (Platon u.a.) das
ewige Leben als eine menschliche Eigenschaft, die jedem innewohne, als
Unsterblichkeit auffassten, während das Christentum dies ausdrücklich
verneinte und das ewige Leben als eine Gabe Gottes in Christo bezeichnete,
die nur denen zu teil werde, die Christum annehmen. - Röm. 2:7; 5:15, 21;
6:23; 2. Kor. 9:15
Diese
griechischen Philosophen sagten ungefähr so zu den Christen: Es freut
uns, euch als so achtungswerte, gewissenhafte und freie Leute kennen zu
lernen. Euer großer Lehrer Jesus hat euch in der Tat von vielen Gebräuchen
und vom Aberglauben der Juden freigemacht, wofür wir euch beglückwünschen.
Aber ihr seid doch noch in gewissen Fesseln. Wenn ihr unsere Lehren werdet
studiert haben, so werdet ihr noch mehr Freiheit haben, noch viele Punkte
finden, in denen ihr mit den Juden übereinstimmt, die wie ihr auf ein
Messias-Reich hoffen und an einen einzigen Gott glauben. Diese
Anschauungen, sowie eure fixe Idee, dass euer Lehrer Jesus der eingeborene
Sohn Gottes sei, werdet ihr, wenn ihr unsere Weisheit euch angeeignet
haben werdet, als alten Kram beiseite legen, wie ein Kind seine
verwachsenen Kleider. - 2. Petr. 2:19; Judas 4
Die
Christen gegen solche Einflüsterungen zu schützen, ist einer der Zwecke
der Epistel. der Apostel ermahnt sie (1. Joh. 2:24) festzuhalten an der
Lehre, die sie von Anfang an gehört, und derart philosophische
Belehrungen als Lügen, und deren Vertreter als Vertreter des Antichrists
zu betrachten, von dem sie oft gehört hätten, er werde inmitten der
Herauswahl offenbar werden. (2. Thess. 2:3-7; 1. Joh. 2:18) Er sagt ihnen:
“Diese Dinge habe ich euch geschrieben betreffs derer, die euch (zu)
verführen (von Christo abwendig zu machen suchen)” (1. Joh. 2:26). Und
nun kommt Vers 27, der folgendermaßen umschrieben werden kann: Aber nun,
Geliebte, wisset, dass wahre Kinder Gottes sich durch solche Philosophien
nicht täuschen lassen können. In unseren Herzen kann keine Philosophie
den Platz Christi ausfüllen. Keine Lehre könnte uns veranlassen, die Fülle
und Wahrheit der großen Botschaft in Zweifel zu ziehen, die wir als das
Evangelium unseres Herrn Jesu Christi, des himmlischen Vaters geliebten
und gesalbten Sohnes, empfangen haben. Nicht nur ist dereinst den Heiligen
überlieferte Glaube vernunftgemäß, sondern er hat auch unter euch
Wundergaben verteilt, so dass einige von euch mit Zungen reden, Wunder
verrichten können 2c, von denen freilich jene Philosophen behaupten, die
Fakire Indiens könnten es euch darin gleich tun. Aber daneben dem habt
ihr ein anderes Zeugnis für die Wahrheit der alten Lehre darin, dass sie
euch neue Herzen gegeben, durch Salbung eure Gesinnung umgewandelt und
erneut und in eurem täglichen Leben Früchte des Geistes der Heiligung
erzeugt hat, worin die Fakire es euch nicht gleich tun können, und
gleichwohl können die Philosophen, die euch abtrünnig machen wollen,
nicht leugnen, dass es sich bei euch so verhält.
Über
diese Grundlagen unseres heiligen Glaubens, darüber, dass Christus der
Sohn Gottes und unser Erlöser ist und nicht ein Betrüger, dass ewiges
Leben nur haben kann, wer in Übereinstimmung mit ihm lebt, darüber bedürfet
ihr keiner Belehrung mehr, weder von den genannten Irrlehren, noch auch
von mir. Und so lang ihr diesen heiligen Geist in euch wohnend habt, wird
euch derselbe bewahren, durch derartige gotteslästerliche,
widerchristliche Lehren verleitet zu werden. So lange ihr euch erinnert,
dass ihr den Frieden von Gott, welcher alles Verstehen übersteigt,
dadurch ins Herz bekommen habt, dass ihr Jesum als den Sohn Gottes und den
einzigen Weg zur Freimachung aus den Banden des Todes anerkannt habt, so
lange wird euch auch dieser Geist festzubleiben ermöglichen. Und ihr
werdet finden, dass diese selbe Prüfung eurer Treue, eures Beharren in
der heiligen Gesinnung (Liebe), die ihr vom Vater und vom Sohne erhalten
habt, euch in allen Lagen und Fragen Licht geben wird: denn was auch immer
diesem Geist der Liebe widerspricht oder ihn unberücksichtigt lässt, ist
ein unheiliger Geist, eine Irrlehre. Und erinnert euch daran, dass der
heilige Geist lehrt, dass, wenn wir irgend eine Belohnung empfangen
wollen, wir in ihm bleiben müssen. Christum den Abschied geben heißt
also alles verlieren.
“Der
Geist verwendet sich für uns mit unaussprechlichen Seufzern;
und der die
Herzen erforscht, weiß, was die Meinung des Geistes ist.”
Röm. 8:26, 27
Diese
Worte, welche bestimmt sind, den Kindern Gottes die Liebe und Fürsorge
des himmlischen Vaters für sie verständlich zu machen, sind von vielen
in bedauerlicher Weise missverstanden worden. Die einen wollen uns glauben
machen, der heilige Geist seufze für sie zum Vater. Andere versuchen, die
Seufzer selber doch auszusprechen. Noch andere vermuten, dass je mehr sie
sehr seufzen, sie um so mehr dem heiligen Geist helfen, indem sie dann
dasjenige ausdrücken, was er nicht äußern könne. Wie das zugehe, können
sie freilich sich nicht vorstellen.
Es
wäre in der Tat verwunderlich, wenn der heilige Geist eine Person, und
dazu noch nach dem Katechismus eine dem Vater und dem Sohn an Macht
gleiche Person wäre, dass er dann den Vater und den Sohn zu Gunsten der
Kinder Gottes anflehen müsste und dabei nicht die Worte fände. Die
Annahme ist zudem schriftwidrig. Unser Herr Jesus sagte vielmehr, wir
sollten uns direkt an ihn oder an den Vater wenden; der Vater habe uns
lieb. Wir brauchen also nach der Schrift keinen neuen Vermittler, und
herrschte die trinitarische Lehre nicht vor, nie wäre jemand auf diese
sonderbare Auslegung verfallen. Im weiteren sind Seufzer, die nicht geäußert
werden können, eben keine Seufzer.
Aber
auch wenn wir den Geist unpersönlich fassen, im übrigen aber dieser
sonderbaren Auslegung zustimmen würden, so käme kein mit der Schrift und
der Vernunft in Einklang zu bringender Sinn heraus. Wie? Die Meinung, der
Wille, der Geist Gottes, der in vergangenen Zeiten so reichlich Ausdruck
fand in den Worten und Taten der Propheten, wäre heutzutage nicht mehr
imstande, sich klar und verständlich auszudrücken?
Wo
liegt nun der Fehler bei der Auslegung? Darin, dass verstanden wird, es
sei Gottes Geist, der seufze. Es ist vielmehr unser Geist, der Geist der
Heiligen, der für uns Gott bittet und sich oft nicht in zutreffender
Weise zu äußern vermag. Ein Blick auf den Zusammenhang, in dem der Vers
steht, wird die Richtigkeit dieser Auslegung an den Tag bringen. Der
Apostel hatte soeben von der sündbeladenen Menschheit geschrieben, die in
ihren Banden seufzt, und aus diesen Banden befreit werden soll, wenn
einmal die Herauswahl, die Söhne Gottes, unter Anführung des “Herzogs
ihrer Errettung” verherrlicht sein werden (Vers 19-21). Von den Seufzern
der Welt geht nun der Apostel über zu unseren Seufzern (Vers 23).
Dieselben sind auch Äußerungen der Sehnsucht unserer einst weltlichen,
nun aber erneuten und umgewandelten Gesinnung nach der Befreiung, die bei
uns aber, solange wir nach dem Fleisch Menschen sind und an der Erbsünde
teilhaben, nicht tatsächlich eintreten kann; sondern erst durch unsere
Teilnahme an der Ersten Auferstehung werden wir Christo gleich werden.
Nach Vers 24 können wir aber durch den Glauben unsere menschliche Natur für
tot und unsere neue Kreatur für vollkommen rechnen. So können wir denn
“in Hoffnung” befreit sein. Nun, nachdem der Apostel uns gezeigt, wie
wir uns rechnen dürfen, erklärt er uns, dass wir von Gottes Standpunkt
aus als erneute, heilige, geistige Wesen gerechnet werden. Gott sehe an
uns nicht das Fleisch und seine Schwachheiten, sondern den Geist, die
Gesinnung, die Absichten, den Willen, der zum Dienst Gottes geweihte
“neue Kreatur”. Gott weiß, wann unser heiliger Geist (neue Gesinnung)
willig und das Fleisch schwach ist, und er beurteilt uns dann nicht nach
dem schwachen Fleisch, sondern nach dem Grade der Willigkeit unseres
Geistes.
In
diese Stellung zu Gott bringt uns unsere Zeugung durch den Geist und die völlige
Weihung (Unterwerfung) unseres Willens unter den Willen des Herrn. Diese
beiden Vorgänge erzeugen auch in uns diese neuen Hoffnungen, in denen wir
fröhlich sein können, und “desgleichen nimmt sich auch der Geist
(unsere neue, heilige Gesinnung) unserer (körperlichen, adamitischen)
Schwachheiten an (d.h. macht gut, was diese verfehlt). Denn wir wissen
nicht (einmal), was wir bitten sollen, wie es sich gebührt (noch viel
weniger sind wir imstande zu tun, was wir gerne möchten); aber der Geist
selbst (unsere heilige Gesinnung) verwendet sich für (“uns” fehlt in
den ältesten griechischen Handschriften) mit Seufzern, die nicht (mit
Worten), geäußert werden können. Der aber die Herzen erforscht (Gott),
weiß was (unser) Geist meint, denn er bittet für die Heiligen gemäß
(der Meinung) Gottes”.
Mit
anderen Worten, Gott ist gütig genug, die Wünsche des Herzens seiner
Kinder anzusehen, sowohl beim Beten als beim Handeln sie nicht nach der
durch das Fleisch (irdene Gefäß) verschuldeten Unvollkommenheit der
Worte und Werke, die das, was sie sagen und tun möchten, nicht ganz
erreichen, zu beurteilen.
Das
ist ein großes Glück für die Kinder Gottes. Denn oftmals bitten sie
ganz verkehrt. Jedes Mal, wenn wir Kinder Gottes bitten hören, sie möchten
mit heiligem Geist und mit Feuer getauft werden, denken wir daran. Denn
das Gebet entströmt nur einem guten Gewissen, nur dem Wunsche, gesegnet
zu werden, würde sie aber Gott nach dem Sinn der Stelle hören, die von
diesen Betern vollständig missverstanden wird, so erhielten sie erst
einen Segen und dann einen Fluch. Denn die Taufe mit heiligem Geist von
der Johannes der Täufer in obiger Bibelstelle spricht, kam freilich am
Pfingsttage auf die Herauswahl und nachher auf alle, die zum Christus
kamen, den Überrest Israels, die Taufe mit Feuer aber bestand in der
vollständigen Vernichtung Israels als eines zusammenwohnenden Volkes im
Jahre 70 n.Chr.
Andere
sind durch den Widersacher mittelst einer Schwachheit der gefallenen
menschlichen Natur zu einem Fehltritt verleitet worden. Sie fühlen sich
sehr entmutigt, wenn sie dem Thron der himmlischen Gnade im Gebet nahen.
Sie können ihren Gefühlen nicht in Worten Ausdruck geben, sie seufzen
nur unter ihrer Last zu Gott in ihrem Geist (Gemüt). Aber der himmlische
Vater besteht nicht darauf, dass sie erst ihre Bitten in genau zutreffende
Worte kleiden, bevor er sie erhört, er hört vielmehr in Gnaden auf ihrer
Herzen Wünsche, die unaussprechlichen Seufzer, mit welchen sie Vergebung,
Segen und Trost suchen. Und siehe da, Gott gewährt Stärkung und Segen
und gibt zu verstehen, dass er vergeben habe.
Das
ist es, was der Apostel mit den Worten “Der Geist verwendet sich für
(uns) mit unaussprechlichen Seufzern” meint, und am Schluss des Kapitels
fasst er es noch einmal zusammen: “Was sollen wir denn sagen (im
Angesicht der Tatsache, dass Gott alle Vorkehrungen zu unseren Gunsten
getroffen hat, unsere Schwachheiten und Unvollkommenheiten übersieht, und
sofern dieselben unserer Gesinnung zuwider sind, sie als nicht vorhanden
betrachtet, die Unbeholfenheit oder Verkehrtheit unserer Bitten oder beim
Beten gebrauchter Worte übersieht und uns nach den Wünschen unserer
(erneuten) Herzen segnet, denen wir im Gebet nicht den richtigen Ausdruck
zu verleihen vermögen)? Ist Gott (so) für uns, wer kann wider uns
sein?” - Röm. 8:31
“Und
wenn er (der Geist der Wahrheit) gekommen ist, wird er die Welt von Sünde,
von
Gerechtigkeit und Gericht überführen.”
-
Joh. 16:8 -
Einige
Ausleger haben dieser Stelle den Sinn untergeschoben, als bedeute sie, der
heilige Geist sei in Sündern tätig für ihre Bekehrung. Wir bestreiten
die Richtigkeit dieser Auslegung auf das aller entschiedenste; denn die
Schrift als Ganzes genommen und richtig verstanden, lehrt, dass der
heilige Geist nur den geheiligten Gläubigen zu teil wird, dass er Ungläubigen
nicht verliehen wird und mithin nicht in ihnen tätig sein kann,
wenigstens in der Weise, wie es allgemein verstanden wird. Im Gegenteil,
die Kinder dieser Welt haben den Geist dieser Welt, und nur die Kinder
Gottes haben den Geist Gottes, den heiligen Geist (Gesinnung, Willen).
“Der Geist der Welt, der Geist des Fleisches ist Feindschaft gegen
Gott”. Auch kann ein fleischlich (weltlich) Gesinnter die Dinge des
Geistes Gottes nicht verstehen, weil dieselben geistlich verstanden werden
(d.h. nur von denen begriffen werden können, welche den heiligen Geist
haben). Darum macht auch, wo wir ihn immer finden mögen, der heilige
Geist der Übereinstimmung mit Gott und des Gehorsam (der Ergebung in
seinen Willen, seine Vorkehrungen), die Wiedergeburt, die Zeugung zu
Neuheit des Lebens offenbar. Der Apostel sagt ausdrücklich: “Wenn
jemand den Geist (die Gesinnung) Christi nicht hat, so ist er nicht
sein.” Die den Geist Christi nicht haben und also nicht sein sind,
bilden die Welt im allgemeinen. Sie sind nicht Christi, weil sie nicht von
des Vaters Geist empfangen haben.
Der
Geist von Gott ist durch die Früchte, die er trägt, und durch das
Zeugnis, das er durch das Wort gibt, der Beweis, dass wir wiedergeboren
(gezeugt) sind. Denn es ist sofort für jedermann ersichtlich, dass der
heilige Geist, der in der Herauswahl ist, nicht der Geist ist, der in den
Kindern der Welt ist, in den “fleischlich Gesinnten”, die in der
Schrift auch “Kinder des Zorns” oder “Kinder ihres Vaters, des
Teufels” genannt werden. Dabei dürfen wir aber nicht außer acht
lassen, dass der “Geist der Wahrheit”, der “Geist der Liebe” den
Geist der Welt in hohem Maße umgestaltet hat. Der Geist der Welt ist zwar
seinem Wesen nach immer noch ein Geist der Finsternis, der Selbstsucht,
ein fleischlicher Geist, aber soweit er es vermag, gibt er sich nach außen
gerne den Anschein, dieselben guten Eigenschaften zu haben wie der heilige
Geist. Es wäre in der Tat befremdlich, wenn die Vorzüge des heiligen
Geistes, als da sind Freundlichkeit, Gütigkeit, Geduld, auf die Ungläubigen
nicht Eindruck gemacht hätten.
Nicht
wenige Weltleute pflegen diese Vorzüge des Geistes, weil sie zu den
Annehmlichkeiten des Lebens, den Zeichen guter Erziehung und guten
Geschmacks 2c gerechnet werden; andere wiederum, deren Herzen mit den
Grundsätzen des Geistes gar nicht einverstanden sind, ahnen diese Vorzüge
nach, sich ihrer gleichsam als Vergoldung des weniger edlen Metalls
bedienend, aus dem - um beim Bilde zu bleiben - die gefallene, nicht
wiedergezeugte, nicht geheiligte, selbstsüchtige, mit dem Herrn und dem
Geiste seiner Heiligkeit durchaus nicht im Einklang stehende menschliche
Natur besteht. Wir müssen also scharf unterscheiden zwischen denen, die
bloß die äußere Form ihres Wandels vergolden und denen, deren Herzen
durch den Geist des Herrn umgewandelt worden sind. Die letzteren allein
sind die Söhne Gottes, die seiner Gunst teilhaftig sind, und bald des
verheißenen Segens, ihrer Erhöhung teilhaftig werden sollen.
Wenn
nun also der Geist des Herrn nur denen mitgeteilt wird, die sein sind, und
zwar um ihres Glaubens an Christum und ihrer Weihung willen, was kann dann
der Herr mit dem hier besprochenen Ausspruch gemeint haben?
Das
wird uns klar, wenn wir seine Erklärung heranziehen, wonach seine
Nachfolger, auf welche sein Geist kommen und in welchen er um so
reichlicher wohnen würde, je mehr Glauben und Gehorsam sie beweisen, das
Licht der Welt sein würden. Es ist dieses Licht der Wahrheit, das von der
Herauswahl, der Gemeinde der wahrhaft Geweihten ausgeht und seine Strahlen
auf die Welt und die weltlich Gesinnten im Schoss der Namenkirche wirft,
welches diese von ihrer Finsternis überführt. Unser Herr sagt von sich
selber, nachdem er einmal mit dem Geist Gottes gesalbt worden: “Ich bin
das Licht der Welt” und “So lange ich in der Welt bin, bin ich das
Licht der Welt” (Joh. 8:12; 9:5). Und zu seiner Herauswahl des
Evangeliums-Zeitalters gewendet, die durch den gleichen heiligen Geist
geheiligt ist, sagt er: “Ihr seid das Licht der Welt” und “Lasset
euer Licht leuchten vor Menschen” (Matth. 5:14-16). Und der Apostel
Paulus spricht zu dem selben Leib des Christus: “Ihr wart einst
Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht in dem Herrn; wandelt als Kinder des
Lichts” (Eph. 5:8; 1. Thess. 5:5), und “Denn Gott (der Geist Gottes,
der Geist der Wahrheit) hat in unsere Herzen geleuchtet, um die Erkenntnis
der Herrlichkeit Gottes hell werden zu lassen” (2. Kor 4:6). Das Licht
der göttlichen Wahrheit also, der heilige Geist (Gesinnung,
Willensrichtung) strahlt mithin auf die Welt aus, nachdem er unsere Herzen
erleuchtet hat; darum heißt es auch: “Tut alles ohne Murren und
zweifelnde Überlegung, auf dass ihr tadellos und lauter seid,
unbescholtene Kinder Gottes, inmitten eines verdrehten und verkehrten
Geschlechtes, unter welchen ihr scheinet wie Lichter in der Welt.” -
Phil. 2:14, 15
Der
heilige Geist scheint mithin nicht direkt, sondern als Widerschein auf die
Welt. Es ist nicht etwa der ihr mitgeteilte, in ihr wirksame Geist Gottes,
sondern der in den Kindern Gottes wirksame heilige Geist, der diese
versiegelt (abgestempelt) hat, welcher sein Licht auf die Finsternis der
Welt wirft.
So
finden wir auch in den Worten des Apostels eine Erklärung dafür, in
welcher Weise die Welt durch den heiligen Geist in der Gemeinde der
Geweihten überführt wird. Er schreibt nämlich (Eph. 5:8, 11, 13):
“Wandelt als Kinder des Lichts ... und habt nicht Gemeinschaft mit den
unfruchtbaren Werken der Finsternis, vielmehr stellt sie bloß (deckt sie
auf) .... Alles, was bloßgestellt wird, wird offenbar gemacht
(aufgedeckt, als böse entlarvt) durch das Licht”. Das Licht der
Wahrheit Gottes, das da ist der Ausdruck seiner Meinung (seines Geistes),
wenn es von einem gottgeweihten Leben ausstrahlt, ist der heilige Geist,
welcher die Finsternis der Welt bloßstellt (beweist, dass die Welt
Finsternis ist), indem es denen, die es sehen, zeigt, was Sünde und was
Recht ist. Und diese Erleuchtung wird der Welt die Überzeugung aufnötigen,
dass einst ein Tag des Gerichts kommen wird, an welchem das Recht belohnt,
die Sünde bestraft werden wird. Ein gottseliges Leben ist immer eine Bloßstellung
für ein ungöttliches, selbst da, wo ein Wort der Wahrheit nicht geäußert
werden kann oder nicht am Platze ist.
Gerade
weil der heilige Geist in den Kindern Gottes den unheiligen, selbstsüchtigen
Geist in der sie umgebenden Welt aufdeckt, dringt der Apostel darauf, dass
die Geheiligten sich erinnern sollen, dass sie lebendige Briefe sind,
allen bekannt und von allen gelesen (2. Kor. 3:2). Die gerechtfertigte und
geheiligte Herauswahl war zu allen Zeiten, indem sie in den Fußstapfen
Christi wandelte, ein Licht in der Welt, und dies auch dann, wenn ihr
Licht nicht immer so viel wirkte als sie gewünscht hätte. So erging es
schon unserem Herrn; denn er erklärt, dass alle, die vom Geist der
Finsternis sind, ihn um so mehr hassten, weil sein Geist des Lichts ihren
Geist der Finsternis offenbar machte (bloßlegte, aufdeckte). Deshalb
musste nicht allein unser Herr, der große Lichtbringer, Verfolgung
erdulden bis in den Tod, sondern müssen auch die kleineren Lichtbringer,
die in Jesu Fußstapfen wandeln, an seinen Leiden, seiner Verfolgung
teilhaben. - Joh. 16:3; Röm. 8:17, 18
Neben
der Hauptaufgabe, die die Herauswahl hatte, an ihrer eigenen Entwicklung
zu arbeiten (“Erbaut euch auf euren allerheiligsten Glauben”. Judas
20), hatte sie in zweiter Linie die Aufgabe, für die Wahrheit Zeugnis
abzulegen, ihr Licht scheinen zu lassen, das die Welt überführte. Und
dieser Überführung (Bloßlegung, Aufdeckung) galt notwendigerweise mehr
den bloßen Bekennern (den “Frommen”) als den eingestandenermaßen
Weltlichen. Schon in den Tagen unseres Herrn strahlte sein Licht auf
diejenigen, die als fromm und heilig galten und deckte ihre Finsternis
auf. Dieses Licht haben wir stets fort scheinen zu lassen, denn der Herr
sagt uns: “Wenn das Licht, das in dir ist, Finsternis ist (wird), wie
groß die Finsternis!” (Matth. 6:23), sowohl für die Seele selbst, in
welcher das Licht ausgegangen ist, als auch für die Welt, auf welche es
nicht mehr fällt. Satan feiert keinen größeren Triumph, als wenn es ihm
gelingt, eine Seele, die einmal von der Wahrheit erleuchtet und geheiligt
worden, irre zuführen. Der schlechte Einfluss solch eines Menschen ist
mehr als doppelt so groß, als wenn er nie erleuchtet gewesen wäre.
“Wer da denkt, er stehe, der sehe zu, dass er nicht falle”, und sein
Licht unter einen Scheffel stellen, ist ein großer Schritt in der
Richtung nach dem Falle,
“Hieran
erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der bekennt, dass Jesus
Christus im Fleisch gekommen ist, ist aus Gott; und jeder Geist, der nicht
bekennt,
dass
Jesus Christus im Fleisch gekommen ist, ist nicht aus Gott;
und
das ist der Geist des Antichrists.” - 1. Joh. 4:2, 3; 2. Joh. 7 -
Dass
mit “Geist” hier nicht eine Person, sondern eine Lehre gemeint ist,
braucht nicht erst gesagt zu werden; denn in Vers 3 ist jedenfalls von
keiner Person die Rede, auch in Vers 1 ist klar und deutlich nicht von
Personen, sondern von Lehren die Rede, welche den Kindern Gottes als
Wahrheit angeboten werden, und die sie auf die Probe stellen sollen, ob
sie gut oder böse, von Gott oder vom Widersacher, der Geist (Lehre) der
Wahrheit oder des Irrtums sind. Beide haben ihre Propheten oder Lehrer.
Unser Herr, die Apostel und die da in ihren Fußstapfen wandelten, säten
den Samen der Wahrheit (Weizenkörner), der geweihte Gläubige zeugte zu
Neuheit des Lebens und Heiligkeit der Gesinnung. Der Feind und seine
Knechte säten den Samen des Irrtums (Scheinweizen), welcher der
Namenkirche (dem Acker) eine Menge Scheinweizen zuführte, die nicht den
heiligen Geist Gottes, sondern nur einen verkappten, überzuckerten Geist
dieser Welt besitzt. Daher muss jeder, der sich als Lehrer ausgibt und den
Anspruch erhebt, ein Diener der Wahrheit zu sein und den heiligen Geist zu
haben, auf die Probe gestellt werden, ob er die Wahrheit oder den Irrtum
lehre, den Geist der Wahrheit oder den des Irrtums vermittle. Das Wort
Gottes muss den Maßstab abgeben, der darüber entscheidet, ob er als
Lehrer der Wahrheit Aufnahme finden oder als Lehrer des Irrtums zurückgewiesen
werden soll; “denn es sind viele falsche Propheten ausgegangen”.
Der
Apostel gibt nun einen trefflichen Prüfstein in die Hand, mit dessen
Hilfe wir unterscheiden können zwischen wahrem und falschem Glauben,
wahren Lehrern und Irrlehrern, dem Geist der Wahrheit und dem Geist des
Irrtums, dem heiligen Geist Christi, der in alle Wahrheit leitet, und dem
unheiligen Geist des Antichrists, der in allen Irrtum leitet, den einst
den Heiligen überlieferten Glauben zerstört und dazu führt, dass
geleugnet wird, dass der Herr uns erkauft hat mit seinem eigenen teuren
Blut (2. Petr. 2:1). Dieser Prüfstein war die Frage: Lehrt oder leugnet
der betreffende Geist (Lehrer, Prophet), dass der Messias im Fleisch
gekommen ist? Das war und ist auch heute noch ein untrüglicher Prüfstein,
die Erprobung der Stellung des Propheten zur Lehre von der Erlösung (aus
dem Tod, - vom Rückkauf des Menschengeschlechts). Jede Lehre, die diese
Grundwahrheit leugnet, ist vom Gegner der Wahrheit, vom Anti- oder
Widerchrist. Jede Lehre, die diese Grundwahrheit außer acht lässt. ist
Irrtum, nicht aus Gott, mag sie sonst noch so trefflich aussehen, sie ist
gefährlich; jede Lehre, die zu dieser Grundwahrheit steht, ruht auf
richtiger Grundlage, ist von Gott und schlägt die gute Richtung ein.
Sehr
frühe schon eröffnete der Widersacher seine Angriffe auf den vom Herrn
und von seinen Aposteln verkündeten wahren Glauben. Er ging dabei von
zwei ganz entgegengesetzten Punkten aus, in beiden Fällen leugnend, dass
der Messias im Fleisch gekommen sei.
1.
Die heidnischen Philosophen, vor denen der Apostel Paulus noch ausdrücklich
warnt(1. Tim. 6:20, 21), erkannten Jesum als großen Propheten und Lehrer
an und stellten ihn ihren eigenen Lehrern an die Seite. (Noch heutzutage
werden Sokrates, der Erfinder der Irrlehre, wonach der natürliche Mensch
eine unsterbliche Seele hat, und Jesus gerne in Parallele gestellt). Aber
sie bestanden darauf, dass er ebenso wenig Gottes Sohn war, als die
anderen Söhne Gottes gewesen waren, dass er nicht der Messias der Juden
gewesen sei, deren Hoffnungen und Weissagungen sie lediglich auf die
menschlichen Elemente, Engherzigkeit und Nationalstolz zurückführten,
Elemente, die Jesu vollständig fremd gewesen seien, der sogar ihren
Anspruch nicht habe gelten lassen, dass sie vor Gott ein Vorzugsrecht hätten.
In dieser Weise leugneten sie die Existenz unseres Herrn vor seiner
Menschwerdung, sein Kommen im Fleisch, leugneten sie, dass er etwas
anderes gewesen als ein Spross des gefallenen Geschlechts, wenn auch ein
sehr schöner Spross.
2.
Die “Kirchenväter”, die “christlichen” Philosophen aber stellten
die Behauptung auf, der Messias sei überhaupt kein Mensch gewesen; er sei
vielmehr Gott in eigener Person, der Vater gewesen, der nur vorgegeben
habe, eine Zeitlang Fleisch zu sein, dabei alle göttlichen Eigenschaften
beibehalten und sich des Leibes von Fleisch nur bedient habe, um seine
Herrlichkeit zu verbergen und den Schein zu erwecken, als könne er
weinen, hungern, dürsten, sterben, entgegen dem Zeugnis des Johannes
(1:14), wonach der Logos Fleisch wurde.
Wie
trefflich es dem Widersacher gelungen ist, zwischen diesen beiden Extremen
die Wahrheit zu verbergen, davon gibt unsere Gegenwart beredtes Zeugnis,
indem heutzutage die Mehrheit der Namenchristen an der einen oder an der
anderen dieser schriftwidrigen Lehren des Antichrists festhält. Und wer
unter den Namenchristen die Lehren verwirft, weiß nichts an ihre Stelle
zu setzen, ist in Verwirrung, Verlegenheit, sieht die Wahrheit in Sachen
nur undeutlich und kann sich daher nicht fest auf die Grundlehre der Erlösung
(aus dem Tode) stützen. Denn alle, die nicht klar sehen können, dass der
Logos Fleisch wurde, der Mensch Jesus Christus wurde, können ebenso wenig
das Lösegeld sehen als diejenigen, welche in Jesu einen unvollkommenen
Menschen, gezeugt von einem irdischen Vater, sehen.
So
einfach also das Mittel, das der heilige Geist durch seinen Apostel uns
zur Verfügung stellt, um die Geister zu prüfen, so zuverlässig und untrüglich
klärt es uns sofort darüber auf, ob eine Lehre von Gott oder vom Teufel,
vom heiligen Geist oder vom Geist des Antichrists sei.
Nur
zwei Worte noch über die Differenz zwischen 1. Joh. 4:2 und 2. Joh. 7. An
erster Stelle steht im griechischen Text das Partizipium der Vergangenheit
(Perfekt) „elelythota”, gekommen seiend, an letzter das Partizipium
der Gegenwart „erchomenon”, kommend. der Unterschied des Urtextes wird
auch in der verbesserten (Elberfelder) Bibelübersetzung festgehalten,
ohne hierzu durch den griechischen Sprachgebrauch genötigt zu sein. Das
Partizipium der Gegenwart bedeute nicht die Gegenwart des lesenden oder
Schreibenden, sondern vertritt ebenso den Indikativ der Vergangenheit (des
Imperfekts) als den der Gegenwart. Nun geht ein Indikativ der
Vergangenheit voraus im Wort „eiselthon” (sind ausgegangen), diesem
folgt ein Partizipium der Gegenwart im Wort „homologuntes”, welches
besagt, dass die da ausgegangen sind, gelehrt haben, und noch lehren, und
nun folgt das andere Partizpium der Gegenwart – „erchomenon”, das
mit kommend übersetzt ist, aber eben auch “gekommen seiend” besagt.
Hingegen kann man den Wechsel, den Johannes macht, ganz gut nachahmen und
dabei vollständig beim griechischen Urtext bleiben, indem übersetzt
wird: lehrend, dass Jesus Christus nicht im Fleisch kam (statt „gekommen
ist”).
Und
noch eins. Gerade wie der Glaube an die Fleischwerdung Christi bei seiner
ersten Gegenwart die unentbehrliche Voraussetzung für einen brauchbaren
Glauben an das Lösegeld bildet, und eine Leugnung dieser Fleischwerdung
der Leugnung der Erlösung gleichkommt, weil Christus dann ein
gleichwertiges Lösegeld nicht hätte erlegen können, so bedeutet auch
der Glaube, wonach Christus seit seiner Auferstehung immer noch ein Mensch
ist und ein zweites Mal als Mensch gegenwärtig sein wird, eine Leugnung
des Lösegeldes. Denn wenn unser Herr immer noch ein Mensch ist, so hat er
entweder seine menschliche Natur gar nicht als Lösegeld hergegeben, oder
aber dasselbe nach drei Tagen (bei seiner Auferstehung) wieder zurückgenommen.
Ein Kauf aber, bei dem der bezahlte Preis zurückgenommen würde, wäre
kein Kauf, die Menschheit wäre mithin gar nicht erkauft.
Doch
Gott sei gelobt, der Kauf ist gültig, der Preis ist bezahlt, endgültig
bezahlt, und die menschliche Natur unseres Herrn (eben der Kaufpreis) ist
niemals zurückgenommen worden! Vielmehr hat ihn, Christus, Gott hoch erhöht
sind ihm einen Namen und eine Natur gegeben, die weit höher sind und ihm
einen Namen und eine Natur gegeben, die weit höher sind als Engel, Fürstlichkeiten
und Gewalten, als alle Namen, die genannt werden (den des himmlischen
Vaters allein ausgenommen). Nein, er ist nicht mehr ein Mensch, ist uns in
keiner Weise mehr gleich, vielmehr sollen wir, wenn wir treu bleiben,
verwandelt und ihm gleichgemacht werden und ihn sehen, wie er ist. - 1.
Joh. 3:2