SCHRIFTSTUDIEN
BAND
5 - DIE
VERSÖHNUNG DES MENSCHEN MIT GOTT
Studie
12
Der
Gegenstand der Versöhnung:
Der
Mensch.
Was ist der Mensch? — Antwort der „Rechtgläubigen”.
— Antwort der
Wissenschaft. —
Die biblische Antwort. —
Der Leib des Menschen. —
Des Menschen Geist. —
Die menschliche Seele. —
Durch falsche Übersetzung hervorgerufene Verwirrung. —
Das Erzeugen, bzw. Fortpflanzen von Seelen. —
Was ist der
„Schoel”, “Hades”, wohin alle Seelen nach dem Tod bis zur
Auferstehung gehen. —
Eine genaue Untersuchung aller diesbezüglichen
Schriftaussagen.
„Was
ist der Mensch, dass du sein gedenkst, und des Menschen Sohn, dass du auf
ihn acht hast? Denn ein wenig hast du ihn geringer gemacht als die Engel;
und mit Herrlichkeit und Pracht hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum
Herrscher gemacht über die Werke deiner Hände; alles hast du unter seine
Füße gestellt: Schafe und Rinder allesamt und auch die Tiere des Feldes,
das Gevögel des Himmels und die Fische des Meeres, was die Pfade der
Meere durchwandert.” - Psalm 8:4-8
Welch
ein großes Wesen ist denn der Mensch, dass der Schöpfer des Weltalls so
sehr um sein Wohlergehen bekümmert ist und so reichliche Fürsorge zu
seiner Versöhnung getroffen hat - dabei sogar seines eigenen Sohnes nicht
verschonend? Diese höchste aller irdischen Kreaturen Gottes sollten wir
eigentlich so gründlich als möglich kennen: und doch ist unser
Urteilsvermögen so beschränkt, und unser Wissen so begrenzt, dass wir in
Bezug auf diesen Gegenstand fast allein auf das angewiesen sind, was unser
lieber Schöpfer in seinem Wort uns offenbart. Obwohl das Erforschen des
Menschen als höchste Wissenschaft fast allgemein anerkannt ist, so müssen
wir doch zu unserem Befremden zugestehen, dass es kaum einen Gegenstand
gibt, worüber so viel Verwirrung herrscht, als gerade in Bezug auf den
Menschen. Untersuchen wir die Sache etwas näher, so begegnen wir zwei
Hauptansichten, von denen wir aber keine als die richtige und biblische
anerkennen können. Obwohl die beiden gewisse Wahrheiten enthalten, so
sind sie doch beide ganz bedenklich falsch und irreleitend, so dass sogar
solche, die von denselben noch nicht ganz irregeführt sind, doch so sehr
von diesen Irrtümern beeinflusst werden, dass viele Wahrheiten ihnen als
haltlos und ungereimt erscheinen, während sie andererseits manchen
Trugschluss für wahr und unumstößlich halten. Unser Gegenstand muss
daher allen wichtig sein, welche die Wahrheit zu erkennen begehren und den
vollen Segen bringenden Einfluss derselben in ihren Herzen und Leben verspüren
möchten. Ganz besonders wichtig ist er aber in Bezug auf unser Hauptthema,
die Versöhnung. Wer nicht deutlich erkennt, was der Mensch ist, der wird
schwerlich ein klares Verständnis der biblischen Lehre erlangen, welche
sich auf das Lösegeld für die Sünde des Menschen und auf die Resultate
dieses Lösegeldes beziehen.
Wir
wollen zuerst die allgemeine, sogenannt “rechtgläubige” (orthodoxe)
Antwort auf die Frage, Was ist der Mensch? betrachten, dann die streng
wissenschaftliche und schließlich die biblische Ansicht, die wohl sehr
von den anderen abweicht, aber trotzdem viel verständiger ist als beide
zusammen, und die zugleich auch die einzige Grundlage bietet, auf welcher
die beiden anderen Ansichten sich vereinigen lassen
Die
Ansicht der Orthodoxie
Befragen
wir die Vertreter der sogenannt orthodoxen Theologie über das Wesen des
Menschen, so wird uns ungefähr folgende Antwort (deren Richtigkeit wir
jedoch bestreiten) zu teil:
Der
Mensch besteht aus drei Teilen, Leib, Seele und Geist; der Leib wird auf
gewöhnliche animalische Weise geboren, mit dem Unterschied jedoch, dass
Gott bei der Geburt dazwischen tritt und in den Leib eine Seele und einen
Geist pflanzt, die beides Teile von ihm selbst sind: und als Teile von
Gott können sie selbstverständlich nicht zerstört und nicht vernichtet
werden, sie sind also gleich Gott unsterblich. Diese beiden Teile, Seele
und Geist, bilden zusammen den eigentlichen Menschen, während der Leib
bloß die sichtbare Hülle des eigentlichen Menschen ist, worin derselbe während
der Zeit seines irdischen Lebens wie in einem Hause wohnt. Beim Tode,
sagen sie werde er von seinem fleischlichen Gefängnis befreit und er
erreiche deshalb erst von da an einen ihm angemessenen Zustand.
Mit
anderen Worten ausgedrückt, behauptet die “Orthodoxie”, dass der
eigentliche Mensch kein irdisches, sondern ein Geistwesen sei, das im
Grunde nicht für diese Erde passe. Ja, man ist, in der Theorie wenigstens,
so weit gegangen, dass man den Tod, wo der Mensch von seiner “Hülle”
befreit werde, als einen großen Segen betrachtet; trotzdem scheuen aber
die Menschen keine Anstrengung, um die Zeit ihres Wohnens im fleischlichen
Hause soviel als möglich zu verlängern, indem sie sich der Medizin
bedienen, Erholungsreisen unternehmen und alle möglichen
Gesundheitsregeln befolgen. Viele betrachten “die Befreiung” oder
“Erlösung” (genannt “Tod”) als eine weitere Stufe im
Entwicklungsprozess; sie halten die Verwandlung vom irdischen in den
himmlischen, vom animalischen in den geistigen Zustand für ein vernünftiges,
logisches Endergebnis der wissenschaftlichen Theorie, laut welcher der
Mensch ursprünglich nicht als Mensch erschaffen worden sei, sondern sich
während vielen fast endlosen Zeitaltern vom Urgebilde (Protoplasma) bis
zum Affen und vom Affen schließlich bis zum Menschen empor entwickelt
habe. Und in Übereinstimmung mit dieser Lehre wird ferner behauptet, die
frühesten Generationen der Menschheit seien gegenüber der heutigen ganz
gewaltig im Rückstand gewesen; die Fortentwicklung bringe die Menschen
vorwärts, und die nächste Stufe (für jedes menschliche Wesen) sei eine
Verwandlung oder Weiterentwicklung zum geistigen Zustand, zu Engeln und Göttern,
oder aber zu Teufeln.
Dies
alles scheint dem Hochmut des 19. Jahrhunderts sehr zu schmeicheln (trotzdem
man dadurch andererseits die denkbar schmählichste und unwürdigste
Herkunft anerkennt). Man misst sich selbst die höchsten Errungenschaften
der Gegenwart sowohl als auch eine zukünftige Erhöhung bei. Diese
Anschauung ist zwar nicht bloß in den zivilisierten Ländern zu finden,
sondern unter allen heidnischen Völkern, sogar die Wilden offenbaren in
der Praxis den gleichen Gedanken, betreffend den Menschen, nur dass sie
dessen Herkunft nicht so weit zurück verfolgen. Die Ansicht wird von
allen heidnischen Philosophen unterstützt, und in beträchtlichem Maße
stimmen ihr auch unsere heutigen wissenschaftlichen Theoretiker bei, die,
obwohl sie den Gegenstand ganz anders definieren, sich dennoch gerne der
Hoffnung auf ein zukünftiges, der Fortentwicklung entsprechendes Leben
hingeben; sie erwarten damit eine Befriedigung ihrer Eitelkeit - auf eine
Art und Weise, die freilich gar nicht mit ihren “Entdeckungen” und
Mutmaßungen bezüglich des Lebenskeimes des Menschen übereinstimmt.
Wie
die Wissenschaft den Menschen beurteilt,
kann
in ungefähr folgenden Worten kurz zusammengefasst werden: Der Mensch ist
die bis jetzt höchst entwickelte Gattung des Tierreichs; sein Körper
unterscheidet sich von denjenigen anderer Tiere durch seine schönere
Gestalt, durch seine edlere Ausbildung. Sein Gehirn gleicht dem der Tiere,
ist aber ebenfalls besser entwickelt, von einer feineren Substanz und mit
größerer Fassungskraft ausgerüstet, wodurch der Mensch von Natur aus
befähigt ist, über die niedere Kreatur zu herrschen. Der Mensch besitzt
den gleichen Odem oder Geist des Lebens wie die anderen Tiere; sein
Organismus sowie sein Lebenskeim stammen von seinen Eltern, gleich wie
auch die Tiere ihr Leben und ihre Leiber von ihren Eltern erhalten.
Die
Wissenschaft anerkennt jeden Menschen als eine Seele - ein fühlendes
Wesen; was aber die Zukunft, den Zustand des Menschen in der Ewigkeit
anbetrifft, ist sie nicht imstande, mit klarer Auskunft aufzuwarten, da
sie eben keinen Grund für eine Schlussfolgerung, ja nicht einmal für
eine vernünftige Vermutung finden kann. Ohne sich mit dem Gegenstand näher
zu befassen, erwartet die Wissenschaft jedoch, dass die Zukunft den Grundsätzen
der Fortentwicklung entsprechen werde, welche sie in der Vergangenheit
nachweisen zu können behaupten. Auf die durch ihren Gott, “das Gesetz
der Natur”, schon erreichte Entwicklungsstufe ist die Wissenschaft nicht
wenig stolz, und sie hegt die Hoffnung, dass durch das fernere Wirken des
Naturgesetzes (die Existenz eines persönlichen Gottes leugnet sie) die
Menschheit schließlich in einen noch vollkommeneren gottähnlicheren
Zustand gelangen werde, als sie es jetzt schon sei.
Der
Mensch vom biblischen Standpunkt aus betrachtet
Wie
schon früher erwähnt, stimmt die Bibel in einigen Punkten mit den soeben
betrachteten Anschauungen überein, in der Hauptsache jedoch widerspricht
sie beiden durchaus. Die Bibel bietet uns keinen Anlass zum Grübeln; als
Stimme der Offenbarung Gottes spricht sie vielmehr mit Autorität und
Nachdruck und gibt uns nicht bloß über die Vergangenheit und Gegenwart,
sondern eben sowohl über die Zukunft des Menschen klaren Aufschluss. Die
biblische Anschauung ist für uns die allein maßgebende; sie ist aber
auch die einzig wahrhaft wissenschaftliche und “rechtgläubige”
Anschauung über diesen Gegenstand.
Dem
menschlichen Stolz schmeichelt die biblische Darstellung freilich gar
nicht; sie stellt den Menschen nicht als seinen eigenen Entwickler dar,
noch auch schreibt sie das einem Gott der Natur zu, da es eben keinen
solchen gibt. Die Bibel lässt in Bezug auf die Erschaffung des Menschen
Gott allein die Ehre, indem sie klar und deutlich lehrt, dass Adam (der
Stammvater der ganzen Menschheit) als Ebenbild Gottes erschaffen wurde.
Und wenn der Mensch nun verfehlt hat, diese Gottähnlichkeit beizubehalten,
wenn er sich durch den Sündenfall geistige, körperliche und moralische
Entartung bis zum schließlichen Tod zugezogen hat, so ist er selbst
allein daran schuld und dafür verantwortlich. Wiederum gibt die Bibel
Gott die Ehre durch die Offenbarung seiner Gnade und Großmut gegen den
gefallenen Menschen, indem wir durch ihr Zeugnis vernehmen, wie Gott für
eine Erlösung des Menschen und für dessen Wiederherstellung zu seinem
ursprünglichen Zustand gesorgt hat - durch die Vermittlung seines Sohnes,
während des Millenniums.
Wenn
christliche Leute sich mit unserem Gegenstand befassen und untersuchen
wollen, was die heilige Schrift darüber sagt, so verfehlen sie gewöhnlich
den Unterschied zu erkennen zwischen der Menschheit im allgemeinen und der
Kirche - der kleinen Herde, welche sich Gott während des jetzigen
Zeitalters aus allen Völkern zusammen beruft, um sie für einen neuen, übermenschlichen
(einen geistigen) Zustand zu erziehen und vorzubereiten - und gerade
dieses Nichterkennen eines so bedeutenden Unterschieds ist zum guten Teil
schuld an der großen Verwirrung, welcher wir hinsichtlich unseres Themas
unter Christen leider überall begegnen. Da sie “das Wort der Wahrheit
recht zu teilen” verfehlen, so wenden sie die Weissagungen und Verheißungen
der heiligen Schrift, Alten und Neuen Testamentes auf alle Menschen an,
trotzdem besonders die letzteren ausschließlich an die Kirche (Herauswahl)
gerichtet sind und mit den der Welt verheißenen
Wiederherstellungssegnungen nichts gemein haben. So wahr und zutreffend
diese “überaus großen und herrlichen Verheißungen” in Bezug auf die
Kirche (Herauswahl) sind, so unpassend und falsch sind sie in Bezug auf
die Welt. So werden z.B. des Apostels Worte, “Der Leib ist zwar tot der
Sünde wegen, der Geist aber Leben der Gerechtigkeit wegen” (Röm.
8:10), die sich doch nur auf die Kirche (Herauswahl) anwenden lassen - so
werden die besonderen und eigentümlichen Bedingungen der während dieses
Zeitalters vor sich gehenden Berufung der Kirche dahin ausgelegt, als wären
sie eben sowohl auch auf die übrige Menschheit anwendbar. Die Worte
“tot” und “Leben” werden hier in Bezug auf solche gebraucht, die,
nachdem sie durch die Gnade Gottes durch den Glauben gerechtfertigt worden,
fortan als von der Todesstrafe freigesprochen betrachtet werden, damit sie
ihre Leiber als lebendige Opfer darbringen mögen, indem sie dieselben,
was irdische Vorteile und Interessen anbelangt, als tot rechnen und dem
gemäß behandeln: sich also nicht mehr als fleischliche oder menschliche
Wesen, sondern als “neue Kreaturen” betrachten - zu einer neuen
Kreatur gezeugt durch die Verheißungen Gottes. Auf gerechtfertigte und
geheiligte Gläubige (welche durch den Glauben und den Gehorsam in Christo
einen neuen Lebensgeist empfangen haben) beziehen sich also die angeführten
Worte “tot” und “Leben” und absolut nicht auf die Welt; letztere
besitzt ja keine andere Natur als die menschliche, kann man doch nicht
sagen, dass sie in irgend einem Sinn wieder- gezeugt worden wäre.
Eine
andere Stelle, die auch oft fälschlicherweise in Bezug auf die Welt
gebraucht wird, aber nur für die geweihten Kinder Gottes Gültigkeit hat,
ist die folgende: “Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen,
auf dass die Überschwenglichkeit der Kraft sei Gottes und nicht aus uns”
(2. Kor. 4:7). Dies bezieht sich offenbar nur auf die Kirche (Herauswahl)
- auf solche, die den Schatz, d.h. die neue Gesinnung, die neue Natur,
empfangen haben. Sie bewahren diesen Schatz (die neue Natur) in ihrem natürlichen
Leib, der als tot gerechnet und hier als “irdenes Gefäß” bezeichnet
wird. Die Illustration ist für die Klasse, auf welche sie sich bezieht -
auf die Kirche (Herauswahl)- sehr zutreffend; es wäre aber ganz falsch,
sie auf die allgemeine Menschheit anzuwenden, mit der Voraussetzung, dass
jedes menschliche Wesen einen himmlischen Schatz oder eine neue Natur
besitze, und dass also jeder menschliche Leib als ein “irdenes Gefäß”,
als ein Behälter solch einer neuen Natur betrachtet werden müsse. Die
Welt hat, wie schon gesagt, nur eine Natur - die menschliche; eine neue
Natur besitzt sie in keiner Hinsicht, und es ist auch gar kein
Anhaltspunkt dafür vorhanden, dass sie je eine solche erhalten werde. Das
höchstmögliche Ziel, das der Menschheit eröffnet werden wird, ist die
Wiederherstellung zur vollkommenen Menschennatur, welche in Eden verloren
ging, aber auf Golgatha zurück erkauft wurde. - Apg. 3:19-23
Wir
könnten eine große Menge neutestamentlicher Schriftzeugnisse anführen,
die sich alle nicht auf die allgemeine Menschheit beziehen, sondern nur
auf die geheiligte Kirche (Herauswahl), welche durch den heiligen Geist zu
einer neuen Natur gezeugt worden ist. So wäre es für jeden interessant
und von nutzen, wenn er z.B. nur alle die Grüße, womit die Apostel ihre
verschiedenen Epistel einleiten, aufmerksam betrachten würde: sie sind
nicht, wie es so viele glauben, an die ganze Menschheit gerichtet, sondern
an die Kirche (Herauswahl), an “die Geheiligten”, an den “Haushalt
des Glaubens”.
Behalten
wir also im Gedächtnis, dass wir in diesem Kapitel, “Was ist der Mensch?”,
nicht untersuchen wollen, was die Kirche (Herauswahl), die neue Kreatur in
Christo Jesu, noch auch die Geistes-Natur sei, wozu die Herauswahl jetzt
schon durch den Geist gezeugt ist, und deren sie in der Ersten
Auferstehung im vollsten Maße teilhaftig werden soll, so sie bis ans Ende
treu bleibt. Im Gegenteil, der Gegenstand unserer Betrachtung ist der
erste Adam mit seiner Nachkommenschaft. Wir möchten wissen, wer und was
und welchen Geschlechts wir von Natur sind. Was ist der Mensch? So
verstehen wir dann auch am Besten, wovon der Mensch gefallen, wohin er
gefallen, wovon er erlöst worden ist, und was ihm die verheißene
Wiederherstellung bringen wird.
Der
Mensch - Leib, Seele, Geist
Wenn
wir die maßgebende Erklärung des Wortes “Tier” (Animal - ein
lebendes, empfindungsfähiges Wesen) gelten lassen, so müssen wir den
Menschen ohne Zögern als das Haupt, als den König aller Tiere der Erde
anerkennen, und soweit stimmt die heilige Schrift auch völlig mit den
Folgerungen der Wissenschaft überein. Beachte nur die Stelle am Anfang
dieses Kapitels: der Prophet David hebt dort besonders hervor, dass der
Mensch in seiner Natur niedriger sei als die Engel, aber ein König und
Haupt über alle irdischen Kreaturen, der Stellvertreter Gottes gegenüber
allen niedrigeren Gattungen lebender Wesen.
Die
Bibel sagt nirgends, weder direkt noch indirekt, dass jeder menschlichen
Kreatur ein Stück, ein Teil oder ein Lebenskeim des göttlichen Wesens
mitgeteilt werde. Das ist eine grundlose Behauptung von Seiten solcher,
die gerne ein Lehrgebäude aufrichten möchten und das nötige Material
nicht aufzutreiben vermögen. Und diese haltlose Hypothese (Vermutung),
dass jedem Menschen bei seiner Geburt ein Stück aus Gott mitgeteilt werde,
bildet die Grundlage einer ganzen Anzahl falscher Lehren, durch welche der
göttliche Charakter - die göttliche Weisheit, Gerechtigkeit, Allmacht
und Liebe - grob geschändet wird.
Diese
Behauptung (dass ein Lebenskeim des göttlichen Wesens jedem Menschen bei
seiner Geburt mitgeteilt werde) ist es, welche die Lehre von einer Hölle
mit ewiger Qual unbedingt nötig gemacht hat. Man glaubte, wenn der Mensch
erschaffen worden wäre, wie die anderen Tiere, so würde er auch sterben,
wie alle anderen Tiere - ohne Furcht vor einer Ewigkeit in Qual. Wenn aber
Gott dem Menschen einen Keim seines eigenen Lebens eingepflanzt habe, so müsse
der Mensch ewig leben, weil Gott unsterblich sei; und deshalb sei es dem
“Allmächtigen” nicht möglich, sein Geschöpf zu zerstören, selbst
wenn ihm dessen Vernichtung erwünscht wäre. Wenn der Mensch aber unzerstörbar
ist, so muss er in alle Ewigkeit irgendwo existieren: und da die große
Mehrzahl der Menschen böse ist und nur eine “kleine Herde” heilig und
gottgefällig lebt, so ist man zu der Behauptung gelangt, dass in der
Ewigkeit die vielen Unheiligen in gleichem Verhältnis bestraft und gequält
werden, wie die wenigen Heiligen belohnt und gesegnet werden. Anderseits
wird freilich angenommen, dass es mehr im Interesse der Menschheit liegen
und mehr zur Ehre Gottes und zum Frieden und Gedeihen des ganzen Universum
gereichen würde, wenn alle Gottlosen vernichtet werden könnten. Man
behauptet aber, dass Gott wohl die Macht habe zu erschaffen, aber nicht
imstande sei, den Menschen als ein Geschöpf wieder zu vernichten, weil
ihm eben auf eine gewisse, unerklärliche Weise ein Keim göttlichen
Lebens beigebracht worden sei. Wir hoffen beweisen zu können, dass dieses
ganze Lehrgebäude lauter Trug ist und nicht nur jeglicher biblischen Stütze
entbehrt, sondern von der heiligen Schrift als ein aus den finsteren
Jahrhunderten stammendes Machwerk auf das bestimmteste widerlegt wird.
Den
Aussagen der Bibel gemäß besteht der Mensch aus zwei Elementen - aus
Leib und Geist. Aus der Vereinigung dieser Elemente entsteht die Seele,
das fühlende Wesen, die Intelligenz - der eigentliche Mensch. Der Begriff
“Leib” bezieht sich bloß auf den physischen Organismus, er kann also
weder auf die den Organismus belebende Kraft noch auch auf das aus dieser
Belebung entstehende fühlende Wesen angewendet werden. Ein Leib ist nicht
ein Mensch, trotzdem es ohne den Leib keinen Menschen geben könnte.
Gleicherweise ist auch der Geist des Lebens nicht der Mensch, obwohl ein
Mensch ohne diesen Geist des Lebens nicht existieren könnte. Das in den
alttestamentlichen Schriften vorkommende Wort “Geist” ist eine Übersetzung
des hebräischen Wortes “Ruach”, das in erster Linie Odem bedeutet;
darum begegnen wir ziemlich oft dem Ausdruck “Odem des Lebens” oder
“Geist des Lebens”, weil der einmal eingepflanzte Lebenskeim durch die
Atmung erhalten bleibt.
Der
Ausdruck “Geist des Lebens” bedeutet jedoch mehr als nur Odem; er
bezieht sich auf den eigentlichen Lebenskeim, ohne welchen der Odem gar
nicht denkbar wäre. Diesen Lebenskeim empfangen wir von unseren Vätern,
während derselbe durch unsere Mütter ernährt und entwickelt wird. (siehe Studie 4) Es
ist ganz falsch, zu glauben, dass der Keim des menschlichen Lebens auf
eine wunderbare Weise mitgeteilt werde - anders als der Lebenskeim der
niedrigeren Kreaturen. Die untergeordneten Geschöpfe wie Pferde, Hunde 2c
werden von den Eltern ihrer Art auf ganz gleiche Weise gezeugt und geboren
wie die Menschenkinder; und es gibt in der Bibel keine einzige Stelle, die
dieser Tatsache widersprechen würde. Es ist rein menschliche, zur Unterstützung
falscher Lehren bestimmte Erfindung, wenn behauptet wird, dass bei der
Geburt eines menschlichen Wesens eine göttliche Dazwischenkunft
stattfinde. Dass Gott der direkte Schöpfer jedes in die Welt geborenen
Menschenkindes sei, ist eine dem gesamten Schriftzeugnis scharf
zuwiderlaufende Vermutung, denn in diesem Fall wäre ja Gott selbst der
Urheber der Sünde, der Unordnung und Unvollkommenheit, während die Bibel
erklärt: “Vollkommen ist sein Tun” (5. Mose 32:4). Nein, nein, die
geistig, körperlich und sittlich Gefallenen sind keine Erzeugnisse aus
Gottes Hand. Sie sind weit entfernt und tief gefallen von dem Zustand
ihrer vollkommenen Stammeltern, Adam und Eva, für deren Erschaffung
allein Gott die Verantwortlichkeit trägt. Die, welche behaupten, dass
Gott jedes menschliche Wesen direkt erschaffe, machen dadurch den Schöpfer
für alle in der Welt existierende Geistesschwäche und Dummheit, für
allen Irrsinn und Blödsinn verantwortlich. Aber die Wissenschaft sowohl
wie die heilige Schrift erklärt einstimmig, dass die Kinder die Laster
und Tugenden, die Schwächen und Talente von ihren Eltern ererben. So erklärt
der Apostel mit größter Bestimmtheit: “Durch einen Menschen ist die Sünde
in die Welt gekommen und durch die Sünde (als Folge der Sünde) der Tod:
und also ist der Tod auf alle Menschen durchgedrungen, weil sie alle (durch
Vererbung) gesündigt haben.” Der Prophet bezieht sich auf ganz dieselbe
Tatsache, wenn er fragt: “Die Väter haben Herlinge (Sünde) gegessen,
und die Zähne der Söhne sind stumpf geworden“ - sie sind alle
ausgeartet. - Röm. 5:12; Jer. 31:29, 30; Hes. 18:2
Aber,
möchte jemand hier einwenden, wäre es denn nicht möglich, dass Gott
einen Keim seiner unsterblichen Gottheit unseren ersten Eltern
eingepflanzt hätte, und dass dieser Keim dann unwillkürlich auf ihre
Nachkommen übergegangen wäre? Lasst uns das diesbezügliche
Schriftzeugnis untersuchen, dabei nicht vergessend, dass es über diesen
Punkt sonst gar keine Offenbarung gibt als die biblische, jedermann verständliche
Schilderung. Wir können folglich daraus weit mehr vernehmen, als irgend
jemand anders über diesen Punkt zu wissen vermag. Was finden wir in der
Schöpfungsgeschichte? Wir finden in der Tat, dass die Schöpfung des
Menschen ganz besonders erwähnt wird, während die der niedrigeren Wesen
nicht so ausführlich beschrieben ist. Wir bemerken aber auch, dass all
die Zeugnisse in höchst einfache und deutliche Sprache gekleidet sind und
nicht im geringsten der Vermutung Raum lassen, dass dem Menschen irgend
ein übernatürlicher Lebenskeim mitgeteilt worden sei. Wenn der Mensch
der übrigen Kreatur auch sehr überlegen ist, so besteht (dem Zeugnis der
Schrift gemäß) sein Vorrang dennoch nicht in einer vornehmeren Art von
Odem oder Lebensgeist, sondern in seiner edleren Körpergestalt, seinem
feineren Organismus, und hauptsächlich auch im Besitz eines viel besser
entwickelten Gehirns, das ihn zu einer Denkkraft befähigt, welche die
Intelligenz der untergeordneten Tiere bei weitem übersteigt. Kurz, wir
finden in der Bibel, dass der Mensch in dieser Hinsicht als ein irdisches,
fleischliches Ebenbild seines Schöpfers erschaffen wurde, welcher ein
Geistwesen ist. Joh. 4:24
Der
Geist des Menschen
Wie
wir schon früher gesehen, stammt das in unseren gewöhnlichen Übersetzungen
vorkommende Wort “Geist” vom hebräischen Ruach und dem griechischen
Pneuma. Wollen wir also vom Worte “Geist” in der Bibel einen richtigen
Begriff erhalten, so dürfen wir nie vergessen, welche Bedeutung den ursprünglichen
Worten zu Grunde liegt. Wie wir gefunden haben, bedeutet “Geist” in
erster Linie Wind, das gleiche Wort kann aber auch in Bezug auf irgend
eine unsichtbare Kraft gebraucht werden. Wird es in Verbindung mit Gott
gebraucht, so will es uns sagen, dass er mächtig aber unsichtbar ist, und
wenn es sich auf den Einfluss und das Wirken Gottes bezieht, so bedeutet
es, dass dieses Wirken von einer unsichtbaren Kraft stammt. Das Wort
“Geist” bedeutet auch öfters Verstand, weil diese Kraft weder
sichtbar noch greifbar ist; so sind auch Worte unsichtbar und manchmal
doch recht mächtig, und das alles durchdringende Leben ist gleich der
Elektrizität eine gänzlich unsichtbare Kraft. Darum finden wir das Wort
“Geist” auf all diese verschiedenen Dinge angewendet. So spricht die
Bibel von dem Geist unseres Verstandes als von der unsichtbaren Kraft des
Verstandes; vom Geist des Menschen - dem Willen und den geistigen Kräften
eines Menschen; vom Geist des Lebens - der Kraft des Lebens, welche unsere
Leiber und die ganze Schöpfung bewegt; vom Geist Gottes als von der Kraft
oder dem Einfluss, welchen Gott bald auf leblose, bald auf lebendige
Gegenstände ausübt. Wir lesen vom Geist der Weisheit und verstehen
darunter einen weisen Sinn; vom Geist der Liebe und erkennen darin eine
von Liebe durchdrungene Gesinnung. Der “Geist der Bosheit” bezeichnet
einen von Bosheit durchwirkten Sinn; der “Geist der Wahrheit” bezieht
sich auf den Einfluss und die Kraft, welche von der Wahrheit ausgehen in
gleicher Weise wie “der Geist der Welt” sich auf die Kraft und den
Einfluss beziehen, welche die Welt ausübt. Wir sehen also aus all diesen
Beispielen, dass sich das Wort „Geist” wie schon gesagt, auf irgend
eine unsichtbare Kraft oder einen Einfluss beziehen kann. Im Einklang mit
dieser Tatsache stellt die Bibel himmlische Wesen als Geistwesen, d.h. als
unsichtbare, mit Kraft und Intelligenz ausgerüstete Wesen dar; das
bezieht sich aber nicht auf Gott den Vater, allein, von welchem unser Herr
Jesus erklärte, “Gott ist ein Geist”, sondern auch auf unseren Herrn
Jesum selbst, sowie auf die Engel und alle Glieder des Leibes Christi,
indem jedem Überwinder bei der Ersten Auferstehung ein “geistiger
Leib” zu teil werden soll; auch Satan und seine Engel werden in der
Schrift als Geistwesen bezeichnet, indem auch sie unsichtbare und doch mächtige
Wesen sind.
„Geist”
und „neue Kreatur” im Neuen Testament
Wenn
wir den Gebrauch des Wortes “Geist” in Verbindung mit dem Menschen
einer sorgfältigen Betrachtung unterziehen, so werden wir gewahr, dass
1.
im Neuen Testament die Worte “Geist” und “geistig” sich sehr oft
auf (a) den Willen, insbesondere den neuen Willen der durch das Wort und
den Geist Gottes gezeugten “Heiligen” beziehen. Die “neuen
Kreaturen” sind berufen, ihre menschliche Natur daranzugeben, damit sie
die geistige erlangen, und wenn sie treu bleiben, so sollen sie der göttlichen
Verheißung gemäß in der Ersten Auferstehung -
b) „geistige Leiber” empfangen, ähnlich dem
Auferstehungsleib Christi und dem herrlichen Leib des Himmlischen Vaters.
Diese Hoffnung und Verheißung der Kirche wird als
c)
die geistige und himmlische bezeichnet, im Gegensatz zu den Verheißungen,
welche die allgemeine Menschheit im Millennium ererben wird. “Geist”
wird auch -
d)
zur Bezeichnung von Engeln gebraucht, welche von Natur geistige, nicht
fleischliche Wesen sind. Überall aber, wo die Worte „Geist” und
„geistig” vorkommen, deuten sie in erster Linie die Unsichtbarkeit des
betreffenden Wesens oder Gegenstandes an, was wir hier mit einigen
geeigneten Schriftstellen noch illustrieren möchten:
a)
„Paulus setzte sich vor in seinem Geiste (Pneuma, Willen, Sinn) . nach
Jerusalem zu reisen.” - Apg. 19:21
a)
„Paulus Geist (Pneuma, Gesinnung, Gefühle) wurde erregt, da er die
Stadt voll von Götzenbildern sah.” - Apg. 17:16
a)
„Denn Gott ist mein Zeuge, welchem ich diene in meinem Geiste (Pneuma,
meiner neuen Gesinnung, meinem neuen Herzen, meinem neuen Willen) in dem
Evangelium seines Sohnes.” Röm. 1:9
a)
„Ein sanfter und stiller Geist (Pneuma, Gesinnung).” - 1. Petr. 3:4
Siehe
auch Apg. 18:5, 25; 1. Kor. 5:3; 6:20, wo dem Worte „Geist” stets die
Bedeutung von Wille, Sinn oder Gesinnung zu Grunde liegt.
b)
„Es wird gesät ein natürlicher Leib, es wird auferweckt ein geistiger
(pneumatikos) Leib. Wenn es einen natürlichen Leib gibt, so gibt es auch
einen geistigen (pneumatikos) Leib ... Aber das Geistige (pneumatikos) war
nicht zuerst, sondern das Natürliche, darnach das Geistige
(pneumatikos).” - 1. Kor. 15:44, 46
c)
„Die Gesinnung des Geistes (Pneuma - eine vom göttlichen Geist oder
Willen geleitete Gesinnung besitzen) ist Leben und Frieden.” - Röm. 8:6
c)
„Der Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi hat uns gesegnet mit
jeder geistigen Segnung (pneumatikos - Segnungen geistiger, unsichtbarer
Art) in himmlischen Örtern in Christo.” - Eph. 1:3
c)
„Ihr seid aufgebaut, ein geistliches Haus (pneumatikos - eine Familie,
eine Haushaltung geistiger Art oder Ordnung)”. - 1. Petr. 2:5
d)
„Eine gewisse Magd, die einen Geist (Pneuma - eine unsichtbare Kraft)
des Wahrsagen besaß” - durch Gemeinschaft mit gefallenen Geistwesen. -
Apg. 16:16
d)
„Paulus .. wandte sich um und sprach zu dem Geiste (Pneuma - dem bösen
Geistwesen, von dem das Weib besessen war): Ich gebiete dir ...
auszufahren.” - Apg. 16:18
d)
Ähnliche Stellen, wo für das Wort “Geist” (Geistwesen oder Engel) im
Griechischen Pneuma steht, sind auch Apg. 19:12, 13, 15; 23:8, 9 und
andere mehr.
Im
Alten Testament wird das Wort „Geist”
2.
besonders auf die Menschheit im allgemeinen angewendet, aber immer mit
Bezug entweder auf (e) den Geist des Lebens, den Lebenskeim, welchen Gott
ursprünglich dem Adam schenkte, und der sich seither (durch Vererbung)
auf dessen ganze Nachkommenschaft fortpflanzte - eine unsichtbare Kraft
oder Eigenschaft, oder aber (f) auf den Geist des Verstandes, den Willen,
der ebenfalls eine unsichtbare, die verschiedenen Taten des Lebens
beherrschende Kraft ist.
Ruach,
Pneuma - eine belebende Kraft
Wo
von der Schöpfung des Menschen die Rede ist, bedeutet der Geist des
Lebens nichts anderes als Odem des Lebens, und dass dieser selbe Geist des
Lebens nicht bloß dem Menschen, sondern allen Kreaturen Gottes innewohnt,
wird uns von der heiligen Schrift genügend verbürgt. Von den vielen
einschlägigen Stellen seien hier nur einige angeführt.
e)
“Alles Fleisch, in welchem ein Hauch des Lebens ist (Ruach - der
Lebenskeim oder Odem alles Fleisches).” - 1: Mose 6:17; 7:15
e)
“Alles, in dessen Nase ein Odem des Lebenshauches war (Ruach - der Geist
oder die Kraft des Lebens).” - 1. Mose 7:22
e)
“Und der Geist Jakobs, ihres Vaters lebte auf (Ruach - die Lebenskräfte
Jakobs erwachten wieder).” - 1. Mose 45:27
e)
“Und Simson trank und sein Geist (Ruach) kehrte zurück, und er lebte
wieder auf (seine Kräfte, seine Energie, kamen wieder zurück).” -
Richter 15:19
e)
“In dessen Hand .. der Geist (Ruach) alles menschlichen Fleisches ist
(der Geist des Lebens aller Menschen ist der göttlichen Macht
unterworfen).” - Hiob 12:10
e)
“Gott, du Gott der Geister (Ruach - Lebenskraft, Geist des Lebens) alles
Fleisches! Der eine Mann sündigt und du solltest über die ganze Gemeinde
zürnen?” - 4. Mose 16:22
Die
Lehre, dass der Unterschied zwischen Mensch und Tier in einem
verschiedenartigen Lebensgeist oder Odem bestehe und beim Tod der Geist
des ersteren aufwärts und derjenige des letzteren abwärts fahre, scheint
unter den Philosophen schon sehr alt zu sein, darum hören wir denn auch
Salomo, den Weisen, fragen:
e)
“Wer weiß (wer kann beweisen) von dem Odem der Menschenkinder, ob er
aufwärts fährt, und von dem Odem der Tiere, ob er niederwärts zur Erde
hinabfährt?” (Pred. 3:19-20) Wie Salomo diesen Gegenstand betrachtete,
erfahren wir aus der gleichen Stelle (Vers 19), indem er sagt:
e)
“Denn was das Geschick (den Tod) der Menschenkinder und das Geschick der
Tiere betrifft, so haben sie einerlei Geschick: wie diese sterben, so
sterben jene, und einen Odem (Ruach - Geist des Lebens, Odem des Lebens)
haben sie alle; und da ist kein Vorzug des Menschen vor dem Tier.” Wenn
in dieser Hinsicht (in der Art des Lebensgeistes) der Mensch vor dem Tier
also keinen Vorrang besitzt, so muss derselbe anderswo zu suchen und auch
zu finden sein, wie wir später sehen werden.
e)
“In deine Hand befehle ich meinen Geist (Ruach - Geist des Lebens oder
der Lebenskraft).” - Psalm 31:5
Das
war eine prophetische Äußerung der Worte unseres sterbenden Heilandes.
Er hatte den Geist des Lebens vom Vater als eine Gabe empfangen: er war,
im Gehorsam gegen den göttlichen Plan, Mensch geworden, um die Menschheit
zu erlösen: und als er seinen Lebensgeist oder seine Lebenskraft aufgab,
bezeugte er mit den erwähnten Worten sein festes Vertrauen in die Verheißung
Gottes, der ihm den Geist des Lebens durch eine Auferstehung wiedergeben
wollte.
Die
Menschheit hat den Geist des Lebens von Gott, dem Urquell alles Lebens,
erhalten, durch Vater Adam. Adam verwirkte aber durch Ungehorsam sein
Recht auf den Geist des Lebens oder die Lebenskraft, welche er dann allmählich
verlor, indem er während 930 Jahren langsam dahinstarb. Bei seinem Tode
wurde der Leib wieder zu Staub, wovon er bei der Schöpfung genommen
wurde, und der Geist des Lebens, das Recht zu leben, die Kraft oder
Erlaubnis zum Leben, kehrte zu Gott zurück, der ihm dieses Vorrecht,
diese Kraft, gegeben hatte: gerade wie jedes auf gewissen Bedingungen
beruhende Vorrecht oder Geschenk auf den Geber zurückgeht, sobald diesen
Bedingungen nicht nachgelebt wird (Pred. 12:7). Diese Stelle sagt nichts
von einem Zurück-“Fliegen” oder “Schweben” zu Gott (wie man
daraus zu schließen geneigt ist), denn der Geist des Lebens ist keine
“Intelligenz”, keine Person, sondern einfach eine Kraft, ein Vorrecht,
das verwirkt worden und deshalb an den ursprünglichen Geber zurück geht.
Der begangenen Sünden wegen hat der Mensch also keine Lebensrechte mehr:
dieselben gehen an Gott zurück, sein Fleisch kehrt sich wieder in Staub -
das heißt klar und deutlich: Der Mensch verfällt genau demselben Zustand
in dem er vor der Schöpfung gewesen.
Aber
gleichwie unser Herr Jesus, gemäß der göttlichen Verheißung, bestimmt
auf eine Rückkehr seines “Lebensgeistes” oder seiner Lebenskräfte
und -Rechte hoffen konnte, so sind, Kraft des Versöhnungsopfers unseres
Herrn, für die ganze Menschheit gewisse Hoffnungen und Verheißungen eröffnet
worden, durch “Jesum, den Mittler des Neuen Bundes” (Hebr. 12:24). Die
Gläubigen sind deshalb nicht “betrübt, wie die anderen, die keine
Hoffnungen haben.” Unser Erlöser hat den Lebensgeist oder die
Lebenskraft, welche Vater Adam für sich und sein ganzes Geschlecht
verwirkte, zurückgekauft, und darum können nun Gläubige ihren Geist,
ihre Lebenskraft (und durch eine Erkenntnis des göttlichen Planes auch
denjenigen anderer) in Gottes Hand befehlen, wie unser Herr und wie
Stephenus es getan, voll Glaubens an eine sichere Auferstehung.
Auferstehung wird für die Welt eine Wiederherstellung des menschlichen Körpers
bedeuten und dessen Erweckung oder Belebung mit Energie, dem Lebensgeist
(hebr.: Ruach, griech.: Pneuma). Für die Evangeliums-Kirche, die
Teilhaber der Ersten Auferstehung bedeutet sie die Einpflanzung des
Lebensgeistes, oder von Lebensenergie in einem geistigen Körper. - 1.
Kor. 15:42-45
In
jenem wunderbaren Bilde irdischer Auferstehung, das der Prophet Hesekiel
uns vor Augen malt, ist das Verhältnis zwischen dem Körper und dem Geist
des Lebens, dem “Odem”, sehr deutlich dargestellt, und wenn der
Prophet das Bild auch bloß als ein Symbol gebraucht, so finden wir darin
dennoch trefflich nachgewiesen, dass ein menschlicher Organismus kein
Leben besitzen kann, bis er den Ruach empfängt, den Odem des Lebens, der,
wie wir anderweitig gezeigt haben, auch allen Tieren gemein und zum Leben
unbedingt nötig ist. Lasst uns Hesekiels Beschreibung einmal genau
untersuchen:
e)
“Siehe, ich bringe Odem (Ruach, Geist des Lebens) in euch, dass ihr
lebendig werdet.
e)
“Und ich werde ... Fleisch über euch wachsen lassen und euch mit Haut
überziehen, und Odem (Ruach, Geist des Lebens, Lebensenergie) in euch
legen, dass ihr lebendig werdet.”
e)
“Und ich sah, und siehe, Sehnen kamen über sie, und Fleisch wuchs, und
Haut zog sich darüber oben her; aber es war kein Odem (Ruach,
Lebensgeist, Lebenskraft) in ihnen.”
e)
“Und er sprach zu mir: Weissage dem Odem (Ruach, Geist des Lebens) und
sprich zu dem Odem (Ruach): So spricht der Herr, Jehova: Komme von den
vier Winden (Ruach) her, du Odem (Ruach, Odem oder Geist des Lebens) und
hauche diese Getöteten an, dass sie lebendig werden.” (Bis der Odem sie
anhaucht, sind es also noch “Getötete”).
e)
“Und ich weissagte, wie er mir geboten hatte: und der Odem (Ruach, Geist
des Lebens, Odem des Lebens, Lebensenergie) kam in sie, und sie wurden
lebendig.”
e)
“Und ihr werdet wissen, dass ich Jehova bin, wenn ich eure Gräber öffne
und euch aus euren Gräbern heraufkommen lasse, mein Volk. Und ich werde
meinen Geist (Ruach, Geist des Lebens, Odem des Lebens) in euch geben,
dass ihr lebt.”
Wäre
Adam gehorsam geblieben, so hätte er das Recht gehabt, den von seinem Schöpfer
empfangenen Geist des Lebens oder die Kraft des Lebens für immer zu
behalten. Er verwirkte aber dieses Recht durch Ungehorsam, und das Recht
zu leben ging an den großen Geber zurück. Weder als Person noch als
Sache, sondern als ein Recht oder Privileg kehrt der Geist des Lebens zu
Gott zurück, welcher dieses Recht oder Privileg verschenkt hatte - unter
gewissen Bedingungen, die vom Empfänger verletzt wurden. - Pred. 12:7
e)
“Kein Mensch hat Macht über den Wind (Ruach, Geist des Lebens,
Lebenskeim), den Wind (Ruach, Geist oder Odem des Lebens) zurückzuhalten.”
- Pred. 8:8
Durch
Gottes Gnade sind alle jene Lebensrechte oder Privilegien, welche die
Menschen bei ihrem Tod Gott zurückerstatten müssen, durch das teure Blut
zurück erkauft worden, und der Käufer wird nun im Evangelium als der
neue Leben - Geber proklamiert, als der Wiederhersteller oder Vater des
Menschengeschlechtes, welcher allen volles Leben schenken wird, die ihn
schließlich annehmen.
Vom
Neuen Testament führen wir bloß ein Beispiel an:
e)
“Der Leib ohne Geist (Pneuma - Lebenskeim, Odem des Lebens) ist tot.”
- Jak. 2:26
Ruach,
Pneuma - der Verstand, der Wille
Da
der Verstand oder Wille auch eine unsichtbare Kraft ist, so wird derselbe
in beiden, der griechischen und hebräischen Sprache mit den gleichen Wörtern
bezeichnet, wie wir aus den folgenden Beispielen ersehen können:
f)
“Und Hannah antwortete und sprach: Nein, mein Herr! ich bin ein Weib
beschwerten Geistes (Ruach - Gemüt, Stimmung, Verstand).” - 1. Sam.
1:15
f)
“Der Tor lässt seinen ganzen Unmut (Ruach - Pläne, Absichten,
Verstand) herausfahren.” - Spr. 29:11
f)
“Mein Geist (Ruach, Mut, Verstand) ermattete.” - Psalm 77:3
f)
“Mein Geist (Ruach, Verstand) forschte.” - Psalm 77:6
f)
“Wer
aber treuen Geistes ist (Ruach, Gesinnung).” - Spr. 11:13
f)
“Alle Wege eines Mannes sind rein in seinen Augen, aber Jehova wägt die
Geister (Ruach, Gedanken, Absicht, Willen).” - Spr. 16:2
f)
“Hoffart geht dem Sturz und hoher Mut (Ruach, Gesinnung, Wille) dem Fall
voraus.” - Spr. 16:18
f)
“Besser, niedrigen Geistes (Ruach, Gesinnung, Gemüt) sein.” - Spr.
16:19
f)
“Vorschnell in deinem Geiste (Ruach, Willen, Stimmung).” - Pred. 7:8,
9
Beachten
wir auch einige Beispiele vom Neuen Testament:
f)
“Das Kindlein wuchs und ward stark (gut entwickelt) im Geist (Pneuma,
Verstand, Charakter).” - Luk. 1:80
f)
“Im Fleiße nicht säumig; inbrünstig im Geist (Pneuma, Gesinnung,
Charakter).” - Röm. 12:11
f)
Wir haben nicht den Geist (Pneuma, Neigung, Sinn) der Welt empfangen.”
1. Kor. 2:12
f)
“Ich hatte keine Ruhe in meinem Geiste (Pneuma, Gesinnung).” - 2. Kor.
2:13
f)
“Werdet erneuert in dem Geiste (Pneuma, Charakter, Neigung) eurer
Gesinnung.” - Eph. 4:23
f)
“In dem Schmuck des sanften und stillen Geistes (Pneuma, Gesinnung).”
- 1. Petr. 3:4
Wir
sehen aus der biblischen Anwendung dieser Wörter, dass das Wort Geist
unserer deutschen Sprache deren Bedeutung sehr gut wiedergibt, denn wir
reden nicht nur vom Geist des Lebens, sondern auch von einem guten oder
sanften Geist, von einem bösen, aufgebrachten oder von einem bitteren
Geist und von einem feurigen Geist, und wir bedienen uns dieser Ausdrücke
sowohl in Bezug auf die Tiere als auch auf den Menschen. Die Tatsache, die
wir beweisen wollen, ist somit hinlänglich erklärt, nämlich, dass der
Geist nicht der eigentliche Mensch und auch nicht ein anderer Mensch ist,
sondern dass dieses Wort, wo es sich auf die Schöpfung des Menschen
bezieht, einfach den Lebenskeim, oder die Lebenskraft bezeichnet, welche
er mit allen Tieren gemein hat.
Neschamah
- der Odem des Lebens
Trotzdem
das Wort Ruach ziemlich häufig mit “Odem” übersetzt wird, so hatten
die Hebräer doch noch ein anderes, besonderes Wort für Odem, nämlich
Neschamah, das im Alten Testament 26 Mal vorkommt und auch meistens mit
Odem übersetzt wird. Als Beispiele von der Bedeutung dieses Wortes und
als Beweis dafür, dass dasselbe bloß Lebenskraft und niemals ewiges
Leben oder Unsterblichkeit bedeutet, mögen folgende Stellen dienen:
“Und
Jehova Gott bildete den Menschen, Staub von der Erde, und hauchte in seine
Nase Odem (Neschamah) des Lebens (Chajah).” - 1. Mose 2:7
Und
es verschied alles Fleisch, das sich regt auf der Erde, an Gevögel, an
Vieh, an Getieren und an allem Gewimmel, das auf der Erde wimmelt, und
alle Menschen; alles, in dessen Nase ein Odem (Neschamah) des
Lebenshauches (Chajah) war, von allem das auf dem Trockenen war, starb.”
- 1. Mose 7:21, 22
Schon
diese beiden Schriftstellen, in denen das Wort Neschamah zuerst vorkommt,
beweisen die Richtigkeit unserer Behauptung aufs deutlichste: dass das
Wort nicht den geringsten Bezug auf Unsterblichkeit oder auf irgend einen
unsterblichen “Urstoff” hat, sondern ganz einfach Lebensfähigkeit
oder Lebenskraft bezeichnet. Diese Lebenskraft ist, gemäß dem Zeugnis
der ersten Stelle, dem Adam verliehen, worden, und aus der zweiten Stelle
geht unstreitig hervor, dass dieselbe Lebenskraft ebenso wohl auch in
allen auf dem Trockenen lebenden Tieren vorhanden war: in allem Getier, Vögeln
und Gewimmel und in allen Menschen, und so kann es uns denn nicht wundern,
wenn auch alle diese “Seelen” oder lebenden Wesen dem gleichen
Schicksal verfielen, als sie durch das steigende Wasser ihres Odems
beraubt wurden: - Alle (Menschen und Vieh) starben; und sie starben alle
desselben Todes, mit der Ausnahme jedoch, dass die göttliche Vorsehung für
den Menschen ein Sühnopfer bestimmt hatte, Kraft dessen er “zu seiner
Zeit” durch eine Auferstehung des Wesens oder der Seele aus der Gewalt
des Todes befreit werden soll.
Eine
menschliche Seele
Beim
Betrachten der Schöpfungsgeschichte in 1. Mose haben wohl manche bemerkt,
dass, nachdem Gott den Menschen aus dem Staube der Erde gebildet und ihm
den Lebensodem mitgeteilt hatte, es heißt: “Und der Mensch wurde zu
einer lebendigen Seele.” Will der gewöhnliche Leser nun dieses Zeugnis
mit seinem falschen Begriff von der Bedeutung des Wortes Seele (den ihm
solche beibrachten, die ihn richtig hätten unterweisen sollen) in
Verbindung bringen, so fängt gleich die Verwirrung an, und er sieht sich
veranlasst zu glauben, dass es für den vorherrschenden Irrtum irgend eine
Grundlage geben müsse, die ihm selbst freilich unbegreiflich, die aber,
nach seiner Vermutung, von den erwählten Lehrern der Theologie gründlich
erforscht und klargelegt worden sei.
Von
denen, welche die Bedeutung des Wortes Seele nicht verstehen, nehmen sich
viele die Freiheit, dieses Wort ganz rücksichtslos zu gebrauchen und
infolgedessen auch diesbezügliche Schriftaussagen zu verdrehen; statt der
Bibel zu glauben, dass der Mensch eine lebendige Seele ist, behaupten sie
ganz dreist und kühn: Der Mensch hat eine lebendige Seele; was doch
wahrlich nicht einerlei ist! Möchte deshalb jeder Wahrheitsforscher
seinen Geist so viel als möglich von allen Vorurteilen befreien und
besonders von solchen, die sich auf Dinge und Angelegenheiten beziehen,
die er zugestandenermaßen selbst nicht begreift, denn leicht ist man
geneigt, Eigenschaften und Kräfte solchen Dingen zuzuschreiben, die einem
geheimnisvoll und unbegreiflich erscheinen. Und so ist man allgemein zum
Glauben gelangt, die Seele sei überaus intelligent, mit wunderbaren Kräften
ausgerüstet, dazu noch unverwüstlich, unantastbar, ein unbegreifliches
Wesen.
Ein
Methodisten-Bischof soll von der Seele einmal folgende Schilderung veröffentlicht
haben: “Sie ist ohne Inneres, ohne Äußeres, hat weder Körper, Gestalt
noch Bestandteile, und eine Million könnte man in eine Nussschale tun.”
Diese Schilderung entspricht den sogenannt orthodoxen Theorien gewiss sehr
gut, so absurd sie bei näherer Betrachtung auch erscheinen mag. Den
Lehren der Orthodoxie zufolge wäre die Seele das eigentliche Wesen, ein göttlicher
Lebenskeim mit göttlichen Eigenschaften und Intelligenz ausgerüstet, vom
Körper unabhängig; denselben nur für eine gewisse Zeit bewohnend, indem
sie sich desselben als Haus bediene, das sie wieder verlassen könne, wenn
es baufällig werde. Da aber bisher kein Mensch je eine Seele in einen
Leib einziehen sah, und dieselbe während ihrem “Wohnen” im Körper
sich trotz der genauesten Untersuchung mit den besten Mikroskopen, ja
selbst mit Röntgen Strahlen absolut nicht finden lässt, so ist man
einfach auf die Vermutung geraten, dass sie ohne Körper, ohne Gestalt und
ohne Bestandteile sein müsse, und wenn sie zu all dem, wie man vermutet,
auch noch so klein ist, dass sie selbst mit einem Mikroskop nicht
unterschieden werden kann, so dürfe man dreist behaupten, dass in einer
Nussschale 50 Millionen solcher “Wesen” eben sowohl Raum fänden wie 1
Million, und dass dann immer noch Platz übrig bliebe! Ja wahrlich, eine
bessere Umschreibung von einem “Nichts” hätte der Bischof unmöglich
geben können.
Aber,
möchten wir fragen, wo liegt denn der Grund, die Ursache, zu solch
ausschweifenden Vermutungen? Wir brauchen nicht lang zu forschen, so
entdecken wir, dass sie das Resultat menschlicher Grübeleien sind. Die
klugen Menschen haben sich bezüglich des zukünftigen Lebens ihre eigenen
Ansichten gebildet, um damit die einschlägigen Bibelzeugnisse, den göttlichen
Plan, zu verwerfen. Menschliche Lehre hält ein zukünftiges Leben für
unmöglich, wenn nicht ein bestimmtes Etwas, das nie sterben kann, schon
vorhanden sei. Gottes Wort aber sagt, dass derselbe Gott, der im Anfang
den Menschen erschuf, sehr wohl imstande sei, auch Tote wieder zu beleben.
Hier haben wir die zwei Gegensätze zwischen dem Wort Gottes einerseits
und all den Menschenlehren (zivilisierter sowohl als auch barbarischer Völker)
andererseits. Die letzteren stimmen alle miteinander dahin überein, dass
der Mensch nicht sterbe und deshalb weder eines Lebensgebers noch einer
Auferstehung bedürfe. Die Bibel lehrt uns dagegen: Der Mensch stirbt, und
ohne einen Lebensgeber, ohne eine Auferstehung würde mit dem Tode
wirklich alles aufhören und ein zukünftiges Leben unmöglich sein.
Die
Welt bezweckt lediglich die Verteidigung ihrer eigenen Theorie, wenn sie
in all ihren religiösen Büchern (und hier müssen wir leider auch die
meisten über diese Gegenstände handelnden, von bekennenden Christen
verfassten Werke einschließen) die Unsterblichkeit der Seele behauptet -
dass im Menschen eine Seele wohne, die ein vom Körper unabhängiges Leben
besitze und unsterblich, unzerstörbar und deshalb für eine Ewigkeit in
Schmerz oder Wonne bestimmt sei. Wir sehen uns somit veranlasst zu fragen:
Was
ist die Seele?
Wenn
wir diese Frage vom biblischen Standpunkt aus untersuchen, so finden wir,
dass der Mensch einen Leib hat und einen Geist hat, aber eine Seele ist,
und hiermit stimmt auch das Zeugnis der Wissenschaft überein. Das in der
Schrift vorkommende Wort “Seele” bedeutet empfindungsfähiges Wesen,
oder ein mit Sinneskräften, mit Empfindungsvermögen begabtes Wesen. So
lasst uns denn ohne Vorurteil die Geschichte von der Schöpfung des
Menschen nochmals näher betrachten und uns merken, dass aufs erste ein
Organismus oder Körper gebildet wurde, und dass zweitens der Geist des
Lebens, auch Odem des Lebens genannt, diesem Körper mitgeteilt wurde,
woraus dann drittens als Ergebnis eine lebendige Seele entstand. Dies ist
doch sicher sehr einfach und leichtverständlich. Wir sehen daraus, dass
der Leib nicht die Seele ist und auch der Lebensodem nicht, sondern dass
erst nach der Vereinigung dieser beiden Teile durch den Schöpfer ein
lebendiger Mensch hervorging - eine lebende, mit Empfindungsvermögen
ausgerüstete Seele. In der ganzen Schilderung finden wir gar nichts
Geheimnisvolles, auch keine Andeutung, dass dem Menschen ein göttlicher
Lebensfunke eingepflanzt worden wäre, was dann seinen Vorrang über die
niedrigeren Tiere bedingt hätte. Und wenn wirklich auch die Schöpfung
der niedrigeren Tiere nicht besonders ausführlich beschrieben ist, so
wissen wir dennoch, dass der Erschaffungsprozess bei den letzteren
ziemlich der gleiche gewesen sein muss, wie beim Menschen. Wir wissen doch
wohl, dass z.B. kein Hund bestehen könnte, ohne einen hündischen
Organismus oder Leib einerseits und den diesen Körper belebenden Geist
oder Odem des Lebens andererseits. Ein nie lebendig gewesener Körper
eines Hundes wäre kein Hund; erst muss dieser Körper mit dem Lebenskeim
oder Odem des Lebens erfüllt sein, dann entsteht daraus ein wirklicher
Hund, und ganz dasselbe könnte man von den übrigen Tieren sagen.
In
völliger Übereinstimmung mit dem Gesagten möchten wir nun auf eine
Tatsache aufmerksam machen, die vielleicht manchen Leser überraschen
wird: dass nämlich laut der heiligen Schrift jeder Hund, jedes Pferd,
jede Kuh, sämtliche Vögel und alle Fische - lebendige Seelen sind! Das
will sagen, es sind alle sich selbst bewusste, mit Empfindungsorganen
begabte Wesen. Dieselben stehen freilich nicht alle auf gleicher hoher
Stufe, aber das Wort “Seele” bezieht sich mit biblisch begründetem
Recht sowohl auf die niedrigeren Geschöpfe als auch auf das höchste und
edelste, den Menschen - also auf Fische, Reptilien, Vögel, Säugetiere
und auf Menschen. Das sind alles Seelen. Beachte wohl, wir sagen nicht,
dass diese alle eine Seele haben, im gewöhnlichen oder falschen Sinn
dieses Wortes, und doch hat jedes dieser Geschöpfe Seele, im Sinne von
Leben, Bestand haben - sie sind lebendige Seelen, und das wollen wir
beweisen.
In
1. Mose, im ersten, zweiten und neunten Kapitel des hebräischen Urtextes
werden die Worte “lebendig Seele” neunmal in Bezug auf die niedrigeren
Tiere gebraucht; aber um die allgemein verbreitet, jedoch grundfalsche
Seelenlehre, die der heidnische Prophet Platon ausgebrütet, möglichst
sorgfältig zu schützen, scheinen die Übersetzer und “Verbesserer”
der lutherischen Bibel versucht zu haben, vor dem gewöhnlichen Leser die
Tatsache zu verbergen, dass das Wort “Seele” sich auch auf Tiere
beziehen kann, und dass es im inspirierten Gotteswort auch wirklich auf
Menschen und Tiere angewendet wird. Warum hätten sie sonst in all diesen
neun Stellen und auch an zahlreichen anderen Orten die richtige Übersetzung
sorgfältig vermieden, indem sie sich anderer Wörter bedienten zur
Wiedergabe des gleichen hebräischen Wortes, das sie, wenn auf den
Menschen angewendet, mit “Seele” übersetzt haben? Ja, man hat so
sorgfältig aufgepasst, dass in der Luther Bibel das Wort “Seele” nur
an ganz vereinzelten Stellen in Bezug auf die niedrige Kreatur gebraucht
wird, so z.B. in 4. Mose 31:28, und hier offenbar nur weil der merkwürdigen
Satzstellung halber keine andere vernünftige Übersetzung möglich war.
Die Stelle lautet folgendermaßen:
“Und
sollst dem Herrn heben von den Kriegsleuten, die ins Herr gezogen sind, je
von fünf Hunderten eine Seele, beides an Menschen, Rindern, Esel und
Schafen.”
Eine
andere Stelle, die der Aufmerksamkeit der Übersetzer wahrscheinlich
entgangen, ist Psalm 74:19: “Du sollst nicht dem Tiere geben die Seele
deiner Turteltaube.”
Hier
springt dem Leser die für Menschen und Tiere gemeinsame Anwendung des
Wortes “Seele” geradezu in die Augen; so wäre es aber auch in allen
anderen Fällen, wenn sich die Übersetzer bei der Arbeit nicht durch ihre
vorgefassten falschen Meinungen zu willkürlichen Textvergewaltigungen hätten
verleiten lassen.
Lasst
uns auch den neun Stellen in 1. Mose, wo das hebräische Wort für
“Seele” (Nephesch) in Verbindung mit den niedrigeren Tieren gebraucht
wird, etwas näher treten: (Vergleiche die Übersetzung der Elberfelder
Bibel)
“Gott
sprach: Es errege sich das Wasser mit webenden und lebendigen (Nephesch,
Seele) Tieren.” (1. Mose 1:20) Man beachte, dass dies schon in der
vierten Schöpfungsperiode geschah, also lange vor der Erschaffung des
Menschen.
“Und
Gott schuf große Walfische und allerlei Tiere (Nephesch, Seele), das da
lebt und webt und vom Wasser erregt wird” 1. Mose 1:21. Es waren dies
also Fisch-Seelen, die am fünften “Tag” und ebenfalls schon lange vor
dem Menschen entstanden.
“Und
Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendige Tiere (Nephesch, Seele) ein
jegliches nach seiner Art; Vieh, Gewürm und Tiere” 1. Mose 1:24. Hier
begegnen wir Landtier-Seelen, in ihrer Art schon auf höherer stufe als
die Fische; menschliche Seele oder menschliches Leben existierte aber auch
da noch nicht.
“Und
allem Tier auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm,
das da lebt (Nephesch, Seele), dass sie allerlei grün Kraut essen” 1.
Mose 1:30. Hier werden die niedrigeren Kreaturen sogar von einander
unterschieden mit der ausdrücklichen Bemerkung, dass dies alles lebendige
Seelen sind.
“Denn
als Gott der Herr gemacht hatte von der Erde allerlei Tiere auf dem Felde
und allerlei Vögel unter dem Himmel, brachte er sie zu dem Menschen, ...
denn wie der Mensch allerlei lebendige Tiere (Nephesch, Seele) nennen würde,
so sollten sie heißen” (1. Mose 2:19). Hier ist eine Erklärung überflüssig,
kann doch die Tatsache nicht bezweifelt werden, dass das Wort Seele nicht
bloß auf den Menschen, sondern auf jegliche der fühlenden, empfindungsfähigen
Kreaturen, von der niedrigsten bis zur höchsten, sich bezieht,
“Alles
was sich regt und lebt das sei eure Speise; ... allein, esset das Fleisch
nicht, das noch lebt (das Fleisch mit Nephesch, Seele) in seinem Blute”
1. Mose 9:3, 4. Hier wird nicht nur erklärt, dass alle genießbaren Tiere
Seele oder Leben haben, sondern ihr Blut wird als ihr Leben, Wesen oder
ihre Seele bezeichnet, und darum ist es dem Menschen verboten, das Blut
als Speise zu genießen und dadurch den Blutdurst zu erregen.
“Siehe
ich richte mit euch (Noah) einen Bund auf, und mit eurem Samen nach euch,
und mit allem lebendigen Tier (Nephesch, Seele) bei euch, an Vögeln, an
Vieh und an allen Tieren auf Erden” 1. Mose 9:9, 10. Hier ist ein
fernerer, klarer Beweis, dass alle lebendigen Tiere ebenso wohl Seelen
sind wie der Mensch, trotzdem sie hinter ihm in Natur, Organismus 2c weit
zurückstehen.
“Und
Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich gemacht habe zwischen
mir und euch und allem lebendigen Tier (Seele, Nephesch)” 1. Mose 9:12.
Auch dieses Zeugnis steht all den bereits erwähnten an Klarheit nicht
nach!
“Alsdann
will ich gedenken an meinen Bund zwischen mir und euch und allem
lebendigen Tier (Seele, Nephesch) in allerlei Fleisch” 1. Mose 9:15.
Der
gleiche Ausdruck wird auch im folgenden, 16. Vers wiederholt, und wenn der
von falscher Übersetzung herrührende Schleier einmal gelüftet ist, so
erfassen wir mit Leichtigkeit den Gedanken, den Gott uns in seinem Worte
zu verstehen geben will, und so bleibt zur Kritik der Wort Bedeutung auch
nicht der geringste Anhaltspunkt.
Es
wären natürlich auch in anderen biblischen Büchern zahlreiche ähnliche
Beispiele anzuführen; wir hoffen aber, jedem aufrichtigen Leser schon
mehr als genügend bewiesen zu haben, dass im biblischen Sprachgebrauch
der Begriff Seele eben sowohl für Tiere wie für den Menschen anwendbar
ist. Jegliche Behauptung oder Lehre, die sich auf die Idee stützt, dass
des Menschen Hoffnung auf ein zukünftiges Leben sowohl wie auch seine
jetzige Erhabenheit über die niedrigere Kreatur daher rühre, dass er
eine Seele besitze und sie nicht, ist somit grundfalsch, und wir sollten
uns verpflichtet fühlen, solchem “Machtwerk” schonungslos
entgegenzutreten, sobald wir die Tatsachen vom wahren Standpunkt göttlicher
Offenbarung erkennen.
Es
soll uns aber niemand falsch verstehen und etwa glauben, weil alle
lebendigen, sich regenden Kreaturen - von der Mücke bis zum Elefanten und
vom Frosch bis zum Walfisch - lebendige Seele sind, so müsse auch für
sie ein zukünftiges Leben bereit sein, sei es eine zukünftige
Auferstehung oder eine Verwandlung in einen geistigen Zustand. Solches zu
glauben, wäre krasser Unsinn, Verrücktheit. Milliarden lebendiger Seelen
auf den niedrigsten Tierstufen werden jede Minute geboren, während
gleichzeitig andere Milliarden sterben.
Wir
behaupten vielmehr, dass der Mensch eine Seele oder ein Wesen der höchsten
Ordnung ist, der König und Herr über alle anderen Arten von Seelen oder
fühlenden Wesen, aber keinem dieser letzteren gleich. Er ist eine
irdische, menschlich - animalische Seele und doch ursprünglich so
herrlich gebildet (Adam), dass es mit Recht von ihm heißt, er sei Gott ähnlich,
das Ebenbild seines Schöpfers gewesen.
Der
Mensch als eine Seele unterscheidet sich von den geringeren Tieren oder
Seelen durch seinen feineren Organismus und seine aufrechte Gestalt; aber
auffallender noch tritt uns die Überlegenheit in seinen geistigen Fähigkeiten
entgegen - denn in seinen moralischen, geistigen Kräften hat hauptsächlich
die Ähnlichkeit mit seinem Schöpfer bestanden. Während viele Tiere
niedrigerer Stufe zu Denken Imstande sind und ihre Vernunft in
tausenderlei weise kundtun, so hat doch ein jedes seine oft recht engen
Schranken, welche zu überschreiten ihm unmöglich ist. Die Denkkraft des
Menschen dagegen ist eine fast unbegrenzte, eben weil er als ein Ebenbild
Gottes erschaffen wurde - in der Ähnlichkeit seines Schöpfers. Aber
trotz dem Sündenfall des Menschen und der darauffolgenden, Jahrtausend
lang dauernden Finsternis und Entartung ist es mit der Gottähnlichkeit
noch nicht gar aus - besonders bei denen nicht, welche Christi Amt der
Versöhnung mit Gott angenommen haben, die wieder “Söhne Gottes”
geworden sind, und deren Bestreben es geworden ist, dem Bilde des Sohnes
gleichförmig zu werden.
Versuchen
wir das Gesagte noch besser zu illustrieren: Den Pferden, Hunden, manchen
Vögeln 2c können wir die Bedeutung vieler Wörter beibringen, so dass
sie manche zum Alltagsleben gehörende Dinge verstehen lernen. Sie
bekunden ihr Denkvermögen recht oft, und einige sind Imstande zu zählen
- sogar bis auf zwanzig. Wer aber wollte versuchen, einem Pferde, einem
Hund oder Vogel auch nur die Anfangsbegriffe von der Geometrie, Algebra
oder Astronomie beizubringen? Wir sind auch Imstande, verschiedenen Tieren
höherer Gattung einen gewissen Grad von Sittsamkeit anzuerziehen, so dass
sie z.B. ihrem Meister gehorchen und nicht ausschlagen, beißen oder
andere Tiere töten 2c , wer wollte aber versuchen, die stummen Tiere die
10 Gebote zu lehren? Wir vermögen in ihnen auch eine gewisse Art Liebe
und Anhänglichkeit gegen ihre Meister und deren Freunde zu erzeugen; wer
aber würde nur daran denken, ihnen etwas von Gottesliebe und Verehrung
oder von Feindesliebe beibringen zu wollen! Beachten wir also, dass all
diese Unterschiede nicht daher kommen, dass die geringeren Tiere eine
andere Art Odem oder Lebensgeist besitzen, denn wir haben gesehen, dass
sie “alle einerlei Odem haben” Pred. 3:19; noch auch daher, dass der
Mensch eine Seele sei und das stumme Tier nicht, denn es hat sich
herausgestellt, dass sie alle Seelen sind. Wir haben aber gefunden, und
das müssen alle zugeben, dass jede Tiergattung einen besonderen und
verschiedenen Organismus besitzt, der einer jeden ihren Charakter
verleiht, und durch den allein die höhere oder geringere Intelligenz
einer Gattung bedingt wird. Es sei aber bemerkt, dass nicht die Ausdehnung
oder das Gewicht des Körpers für den Grad der Intelligenz und geistigen
Überlegenheit maßgebend ist, sonst wären wohl Elefant und Walfisch die
Herren der Schöpfung. Der Unterschied liegt vielmehr in der
“organischen Qualität”, welche hauptsächlich durch das Gehirn,
dessen Oberfläche und Fähigkeit bestimmt wird.
Der
Mensch ist also die höchste aller irdischen Kreaturen - “von der Erde,
irdisch”, und seine Erhabenheit besteht in seinen großen, geistigen Fähigkeiten.
Diese letzteren sind aber nicht das Ergebnis einer Entwicklung, sondern
eine Gabe des Schöpfers
“Die
Seele, welche sündigt, soll sterben.”
Wenn
wir in der heiligen Schrift über die sündigende Seele wiederholt das
Todesurteil ausgesprochen finden, so wird das oben Gesagte damit nur bestätigt.
Mit den gewöhnlichen Anschauungen will diese Tatsache freilich gar nicht
übereinstimmen, denn wie sollte die Seele sterben können, welche sowohl
die menschliche Philosophie als auch die gesamte Gesangbuchtheologie ganz
dreist als unsterblich, unzerstörbar erklärt! Wir lesen aber, dass unser
Herr, als er unser Lösegeld bezahlte, “seine Seele als Schuldopfer
stellte”, und dass er “seine Seele ausgegossen in den Tod” Jes.
53:10, 12. Das war nötig, weil Adams Seele zum Tode verurteilt war, und
die der Menschheit gegebene Verheißung auf eine Erlösung der Seele oder
des Wesens aus der Gewalt des Todes lautete. “Gott aber wird meine Seele
erlösen von der Gewalt des Scheols (Todeszustandes)” Psalm 49:15. Und
da durch die eine Erlösung alle Seelen erlöst sind, wie wir früher
gesehen haben, so heißt es von all unseren Freunden - von der ganzen
Menschheit, - dass sie “in Jesu schlafen”. - 1. Thess. 4:14
Wir
möchten bloß bemerken, dass in dieser Stelle, “Gott wird die in Jesu
geschlafen habenden herausführen” (dies ist der genaue Wortlaut im
griechischen), der Apostel nicht nur die Heiligen gemeint haben kann, wie
wenn er von denen spricht, welche “in Christo sind”; denn wenn von
“neuen Kreaturen” die Rede ist, so geht es immer nur die an, welche
von Gott durch den Geist zur Miterbschaft mit Christo gezeugt worden sind
- als Christi Braut, Glieder seines Leibes. Aber der Ausdruck “die in
Jesu geschlafen habenden” schließt das ganze Menschengeschlecht ein,
denn unser Herr Jesu war die Versöhnung für unsere Sünden, nicht allein
aber für die unserigen, sondern auch für die der ganzen Welt, und Kraft
jenes Sühnopfers ist er nun unser Lebensgeber geworden, nicht allein aber
der unsere, sondern auch der Lebensgeber für die ganze Welt - wovon das
Zeugnis und die Gelegenheit zur Annahme für die meisten freilich erst zukünftig
ist. - 1. Joh. 2:2; 1. Tim. 2:4-6
Dass
der Apostel diesen Gedanken verfolgte, geht aus dem Zusammenhang
unzweideutig hervor: er ermahnt hier die Gläubigen, sich nicht zu bekümmern
wie diejenigen, welche keine Hoffnung haben, und als Grund der Hoffnung
erwähnt er die Tatsache, dass Jesus für die Sünde des Menschen
gestorben und um dessen Rechtfertigung willen wieder auferstanden sei, und
dass folglich alle in Jesu schlafen, d.h. von der Todesstrafe gesetzlich
befreit sind und Jesu angehören, damit er sie durch die göttliche Kraft
aus der Todesgewalt heraus führe. Hätte der Apostel gesagt, dass nur die
Gläubigen auf diese Weise durch Jesum gesegnet werden können, so hätten
die Thessalonicher und alle seither Gläubigen wohl geringen Trost in
seinen Worten finden können; denn die große Mehrzahl von Freunden und
Angehörigen der Heiligen konnten und können nicht zu den Heiligen gezählt
werden: und wenn der Segen einer Auferweckung aus dem Todesschlaf nur für
die Heiligen bestimmt wäre, so würde der Gedanke statt Trost nur das
Gegenteil, nämlich Angst und Kümmernis hervorrufen. Aber der Apostel
schließt hier die ganze Welt ein - als in Jesu schlafend, obgleich diese
Tatsache von niemandem richtig erkannt wird als vom himmlischen Vater und
seinen geweihten Kindern, welche er durch das Wort der Wahrheit von seinen
gnädigen Zukunftsplänen unterrichtet hat, damit sie sich freuen mögen
über die Länge und Breite und Höhe und Tiefe der göttlichen Güte und
sich “nicht betrüben wie die übrigen, die keine (so feste) Hoffnung
haben”. 1. Thess. 4:13
Wie
der gesunde natürliche Schlaf eine gänzliche Bewusstlosigkeit bedingt,
so verhält es sich auch mit dem Tode, dem bildlichen Schlaf; er ist eine
Periode gänzlicher Bewusstlosigkeit - noch mehr ein Zeitraum absoluter
Existenzlosigkeit. Für die zur Wiederherstellung Gelangenden wird das
Erwachen vom Tode folglich nichts anderes bedeuten, als eine
Wiederbelebung des Bewusstseins, von genau dem gleichen Moment und
Standpunkt an, wo das Bewusstseins, von genau dem gleichen Moment und
Standpunkt an, wo das Bewusstsein im Tode aufhörte. Das Gedächtnis wird
die Auferweckung als das erste Ereignis nach dem Augenblick des Todes
wahrnehmen, denn die Zwischenzeit hat auch nicht den geringsten Eindruck
auf dasselbe zu machen vermocht.
Dieser
gleiche Zustand kann auch an Personen beobachtet werden, deren Gehirn
(infolge von Verletzungen am Kopf ) durch die Gehirnschale beengt oder
bedrückt wird, und die deshalb zeitweise das Bewusstsein verlieren, ohne
dass dadurch ihr Leben erlischt. Durch operatives Eingreifen kann ein
solcher Druck gewöhnlich beseitigt werden, und da wissen nun die Ärzte
von zahlreichen Fällen zu berichten, wo der auf solche Weise plötzlich
wieder zur Besinnung gelangte Patient einen Satz beendigte, in welchem er
durch die erlittene Gehirnerschütterung unerwartet unterbrochen worden
war. So wird die göttliche Kraft all die Gehirnfaltungen in den einzelnen
Menschen wieder zu erzeugen und dessen verschiedenste Erinnerungen und
Gedanken wieder zu beleben völlig imstande sein, und darum wird die
allgemeine Menschheit in der Auferstehung mit den gleichen Worten und
Gedanken erwachen, mit denen sie in den Tod ging. Man vergesse aber nicht,
dass wir uns hier ausschließlich auf die allgemeine Menschheit beziehen
und nicht auf die Auserwählten, auf die aus allen Völkern heraus
gesammelte besondere Klasse, die Kirche oder den Leib Christi, denn
dieselben haben teil an der Ersten Auferstehung, die sich von der
allgemeinen in mancher Hinsicht unterscheidet.
Während
nun, Kraft des Lösegeldes, der adamische Tod von einer Vernichtung in
eine Unterbrechung des Lebens, genannt Schlaf, verwandelt worden ist, so
bezeugt die heilige Schrift dennoch klar und deutlich, dass es nach der
Auferweckung vom Todesschlummer dann auf jeden einzelnen ankommt, ob er
unter dem Regiment, der Leitung und dem Einfluss des verherrlichten
Christus zu Leben und Vollkommenheit gelangen, oder aber willentlich, mit
Bedacht und Hartnäckigkeit seinen früheren Sündenweg weiterverfolgen
wird. Sollte er das letztere erwählen, so zieht er sich dadurch die ursprünglich
über Adam verhängte Strafe, den Tod zu, aber nicht mehr den adamitischen
Tod, die Strafe für Adams Sünde, sondern den “anderen” oder zweiten
Tod. Dieser zweite Tod wird nirgends als Schlaf bezeichnet, und wir finden
in der ganzen Bibel auch nicht die leiseste Andeutung auf ein
Wiedererwachen von demselben - er wird vielmehr als “das ewige Verderben
vom Angesicht des Herrn” dargestellt. - 2. Thess. 1:9
Auf
diese erlöste und auferweckte Klasse, deren Prüfung hauptsächlich im
Millennium stattfinden wird, bezieht sich die biblische Erklärung: “Die
Seele, welche sündigt, soll sterben” Hes. 18:20. Dass diese Weissagung
auf unser jetziges Zeitalter nicht anwendbar ist, erhellt aus folgenden
Umständen:
1.
Während des Evangeliums-Zeitalters starben und sterben alle Menschen -
sowohl die Heiligen als auch die Sünder - ohne Ausnahme, so dass unser
Schriftwort für sie kraftlos sein würde.
2.
Die Drohung bezieht sich auf die Handlungen jedes einzelnen und passt
somit auch in dieser Hinsicht nicht auf die Jetztzeit, weil wir alle um
“eines Menschen Ungehorsam” willen sterben - weil die über ihn verhängte
Todesstrafe sich auf sein ganzes Geschlecht erstreckt hat. - Röm. 5:12
3.
Wie wir aus dem Zusammenhang ersehen, geht die Stelle in erster Linie
diejenigen an, welche befreit worden sind von der adamitischen Erbsünde,
die heutzutage noch überall vorherrscht. Das Wort muss also dem nächsten
Zeitalter, dem Millennium, angehören. Man lese nur das ganze Kapitel
(Hes. 18) und vergesse dabei nicht, dass die Bedingungen des Neuen Bundes
während des Millenniums in jeder Weise dem jüdischen Gesetzesbund
entsprechen werden, mit der Ausnahme jedoch, dass der Neue Bund einen
besseren Mittler haben wird, der dann willig und imstande ist, allen
denen, welche in Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit zu wandeln suchen,
Beistand und Hilfe zu gewähren, ohne ihre unabsichtlichen Fehler und
Gebrechen in Anrechnung zu bringen. In dem erwähnten Kapitel (Hes. 18)
finden wir die Erklärung, das es in Israel nicht mehr heißen soll,
“Die Väter essen Herlinge, und die Zähne der Söhne werden stumpf”,
sondern es wird im Gegenteil jeder einzelne für sich selbst vor Gott
verantwortlich sein, und “Die Seele, welche sündigt, soll sterben. Ein
Sohn soll nicht die Ungerechtigkeit des Vaters mit tragen und ein Vater
nicht die Ungerechtigkeit des Sohnes mit tragen; die Gerechtigkeit des
Gerechten soll auf ihm sein und die Gesetzlosigkeit des Gesetzlosen soll
auf ihm sein” - Hes. 18:2, 4, 20 Diese Zeit ist offenbar noch nicht
gekommen. Die Kinder haben immer noch stumpfe Zähne, weil ihre Väter
Herlinge der Sünde gegessen haben; wir stehen noch unter der Erbsünde;
alle sterben wegen Adams Sünde und nicht wegen ihrer eigenen. Als Beweis
hierfür brauchen wir bloß an die unbestrittene Tatsache zu erinnern,
dass fast die Hälfte der Menschen schon in der Kindheit sterben, also
ohne ein Alter zu erreichen, wo sie vernünftigerweise für ihr Betragen
verantwortlich gemacht werden können. Wer dürfte behaupten, dass ein
Kind, das nach wenigen Tagen oder Monaten erkrankt und stirbt, um seiner
eigenen Sünden willen sterbe? Stirbt es nicht vielmehr, weil es dem
adamitischen Geschlecht angehört, welches immer noch dem gegen Adam
ausgesprochenen Fluch - “sterbend sollst du sterben” - unterstellt
ist? Es hat sich durch Vererbung den Fluch zugezogen, wird aber auch durch
Christum den Segen Gottes ererben - in der kommenden Auferstehung, die
Kraft des auf Golgatha vollendeten Sühnopfers der ganzen Menschheit
zugesichert ist.
Wenn
wir uns zu Jeremia 31:29-34 wenden, so finden wir dort eine weitere
Bezugnahme auf ganz die gleichen Zustände, wie sie der Prophet Hesekiel
erwähnt, nur dass Jeremia noch mehr Einzelheiten anführt, die auf das
deutlichste beweisen, dass dieses Verhältnis nicht dem gegenwärtigen,
sondern einem kommenden Zeitalter angehören. Jeremia erklärt:
“In
jenen Tagen wird man nicht mehr sagen: Die Väter haben Herlinge gegessen,
und die Zähne der Söhne sind stumpf geworden, sondern ein jeder wird für
seine Missetat sterben: jeder Mensch, der Herlinge isst, dessen Zähne
sollen stumpf werden.”
Die
Worte, “in jenen Tagen”, beziehen sich ohne Zweifel auf die zukünftigen
Zeiten der Wiederherstellung unter der Herrschaft Christi und nicht auf
dieses Zeitalter, wo Satan, Sünde und Tod das Regiment führen. Der
Prophet geht übrigens noch weiter in der Beschreibung der dem kommenden
Zeitalter angehörenden Verhältnisse; er spricht von einem neuen Bund,
den Jehova mit Israel und Juda aufrichten werde, von dem ewigen Bund,
unter welchem sie ihr lang ersehntes Teil an den Segnungen und Verheißungen
Abrahams empfangen werden. (vergl. Röm. 11:26-31)
Der
gleiche Gedanke, nämlich dass im Millennium der Tod wiederum der Sünde
Sold sein und allen vom adamitischen Tod Befreiten gedroht werden wird,
die die einmal erkannte Gnade Gottes von sich stoßen und somit vergeblich
empfangen haben, wird von den eigenen Worten unseres Herrn bestätigt:
“Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber
nicht zu töten vermögen (fürchtet euch nicht vor denen, die euch das
gegenwärtige Leben nehmen, das ohnehin schon der Todesstrafe verfallen
ist; bedenkt vielmehr, dass ihr erlöst worden seid, dass ein zukünftiges
Leben in eurem Bereich liegt, und dass kein Mensch euch dessen berauben
kann, was Gott durch die Erlösung in Christo Jesu euch in Aussicht
gestellt hat); fürchtet aber vielmehr den, der sowohl Seele als Leib zu
verderben (wörtlich: gänzlich zu vernichten) vermag in der Hölle
(Gehenna)”. - Matth. 10:28
Hier
wird die Macht Gottes, die Seele oder das Leben zu zerstören, aufs
deutlichste bestätigt und zwar von einer unantastbaren Autorität. Wir
haben wohl bemerkt, dass eine verschrobene Theologie die Schrift zu
verdrehen gesucht hat und, um ihre falsche Lehre zu stützen, diese Stelle
nun so deutet, als sei Gott freilich imstande, die Seligkeit der Seele in
der Gehenna zu zerstören, die Seele selbst aber nicht! Es ist das eine
Wortverdrehung, welche sicher nicht verfehlen wird, schlimme Folgen für
alle diejenigen nach sich zu ziehen, welche an Gottes Wort Betrug üben!
Wir haben schon anderswo gezeigt, (“Was sagt die heilige Schrift über
die Hölle?”) dass das hier gebrauchte Wort Gehenna den zweiten oder
anderen Tod“ - die gänzliche Vernichtung - bedeutet, für alle Seelen,
welche den großen Propheten Gottes nicht hören wollen, wenn er zu seiner
Zeit mit allem Volk klar und deutlich reden wird - statt wie in der
Jetztzeit, in Gleichnissen und dunkeln Reden, die nur von der Kirche, der
kleinen Herde, verstanden werden können - Apg. 3:23; Matth. 13:11
Wir
behaupten also, dass die heilige Schrift unzweideutig Folgendes erklärt:
Der Mensch ist eine Seele oder ein Wesen; sein Lebensrecht wurde jedoch
durch seine Sünde verwirkt, und so steht er unter dem Fluch der göttlichen
Strafe - dem Tod. Die Güter und Vorrechte des Menschen sind aber alle zurückgekauft
worden von dem Menschen Christus Jesus, der sich selbst dahin gab als Lösegeld
für jedermann, was zur Folge hatte, dass der Tod von da an nicht mehr als
eigentlicher Tod oder Vernichtung betrachtet werden konnte, sondern
vielmehr als ein temporärer “Schlaf”, von welchem die Menschheit
durch ihren Erlöser am Auferstehungsmorgen wiedererwachen wird.
Verwirrung
infolge unrichtiger Übersetzung
Denken
wir an die groben Irrtümer bezüglich der Frage, “Was ist die Seele,
der Geist , der eigentliche Mensch?”; wie sie von den Übersetzern
unserer gewöhnlichen Bibel festgehalten wurden und noch werden, so soll
es uns nicht überraschen, wenn dieselben in ihrer oft großen
Verlegenheit durch ihr Bemühen, die Übersetzung gewisser Schriftstellen
ihren vorgefassten Meinungen anzupassen, den gewöhnlichen Leser
mannigfaltig verwirrt haben. Sie haben die Bedeutung gewisser Wörter so
vertuscht und verdreht, dass es dem gewöhnlichen Leser fast unmöglich
ist, sich ein klares Urteil zu bilden, indem er gegen eine zweifache
Schwierigkeit zu kämpfen hat: 1. gegen die falsche Lehre über den
betreffenden Gegenstand und 2. gegen die unrichtigen Übersetzungen,
welche diese falsche Lehre unterstützen.
Dank
der göttlichen Vorsehung leben wir jetzt aber in einer Zeit, wo es durch
zahlreiche Hilfsmittel verschiedener Art auch dem “Laien” möglich
geworden ist, sich über den ganzen Gegenstand sogar ein besseres Urteil
zu bilden, als zu ihrer Zeit die Übersetzer selbst.
Ein
Wort, das in gewöhnlichen Bibeln die mannigfaltigste Übersetzung
erfahren hat, ist wohl unstreitig das im Alten Testament etwa 700mal
vorkommende hebräische Nephesch, welches freilich in der Mehrzahl der
Stellen mit “Seele”, je nach Umständen aber auch auf dutzenderlei
andere Weise wiedergegeben worden ist. Beispiele haben wir oben gegeben.
Das
im Neuen Testament an die Stelle des hebräischen Nephesch tretende
griechische Wort heißt Psyche und bedeutet ebenfalls Seele, empfindungsfähiges
Wesen. In den deutschen Übersetzungen ist es hauptsächlich auf zweierlei
Weise wiedergegeben worden - mit “Seele” und mit “Leben”, und
gerade diese letztere Übersetzungsweise hat denn auch zur Verdeckung der
Wahrheit sehr viel beigetragen, indem dadurch der gewöhnliche Leser den
Eindruck empfangen musste, dass Seele und Leben zwei ganz verschiedene
Dinge seien, und dass ein Mensch deshalb sein Leben verlieren könne, ohne
dabei seine Seele zu verlieren. Die Stellen, wo das Wort Psyche mit
“Leben” übersetzt worden ist, wo aber viel Verwirrung hätte
vermieden werden können, wenn es richtig mit Seele oder Wesen übersetzt
worden wäre, sind die folgenden:
“Sie
sind gestorben, die dem Kindlein nach dem Leben (Psyche, Seele, Wesen)
trachteten.” - Matth. 2:20
“Seid
nicht besorgt für euer Leben (Psyche, Seele, Wesen), was ihr essen sollt
... Ist nicht das Leben (Psyche, Seele, Wesen) mehr als die Speise?” -
Matth. 6:25; Luk. 12:22, 23
“Wer
sein Leben (Psyche, Seele) findet, wird es verlieren, und wer sein Leben
(Psyche, Seele) verliert um meinetwillen, wird es finden.” - Matth.
10:39; 16:25; Luk. 9:24; 17:33
“Des
Menschen Sohn ist gekommen, .. sein Leben (Psyche, Seele) zu geben als Lösegeld
für viele.” - Matth. 20:28
“Ist
es euch erlaubt ... das Leben (Psyche, Seele) zu retten oder zu töten?”
- Mark. 3:4; Luk. 6:9
“Denn
wer irgend sein Leben (Psyche, Seele) erretten will, wird es verlieren;
wer aber irgend sein Leben (Psyche, Seele) verliert um meinet- und des
Evangeliums willen, wird es erretten. Denn was wird es einem Menschen nützen,
wenn er die ganze Welt gewönne und seine Seele (Psyche) einbüßte?”
Denn was wird ein Mensch als Lösegeld geben für seine Seele (Psyche)?”
(Wie sollte da der gewöhnliche Leser merken, dass der griechische Text
viermal “Seele” (Psyche) gebraucht, und nicht zweimal “Seele” und
zweimal “Leben”?!) - Mark. 8:35-37
Der
dieser Schriftstelle und deren Parallelen zu Grunde liegende Gedanke ist
folgender: Gottes Kinder sollen sich erinnern, dass ihr gegenwärtiges
Leben oder Dasein ohnehin unter der Strafe des Todes steht; dass die göttliche
Vorsehung jedoch für eine Erlösung gesorgt hat - nicht für ein
Fortleben, sondern für eine Auferstehung, ein Wiederleben. Die Gläubigen
dieses Zeitalters sind berufen, dem Vorbild ihres Erlösers gemäß, ihr
Leben als lebendiges Opfer im Dienste des Herrn niederzulegen, wogegen
ihnen, nach treuem Ausharren, die Mitherrschaft mit Christo und die göttliche
Natur verheißen ist - in der Ersten Auferstehung. So werden sie dann ihre
Seele, ihr Leben oder Dasein zurück empfangen und werden “Leben (Zoe)
in Überfluss haben.” - Joh. 10:10
“Wenn
jemand zu mir kommt und hasst nicht (liebt nicht weniger) seinen Vater und
seine Mutter und sein Weib und seine Kinder und seine Brüder und
Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben (Psyche, Seele), so kann er
nicht mein Jünger sein”. - Luk. 14:26
“Der
gute Hirte lässt sein Leben (Psyche, Seele) für die Schafe (Unser Herr
hat “seine Seele ausgeschüttet in den Tod; seine Seele hat das
Schuldopfer gestellt” - Jes. 53:10, 12) - Joh. 10:11
“Ich
lasse mein Leben (Psyche, Seele, Wesen) für die Schafe.” - Joh. 10:15
“Ich
lasse mein Leben (Psyche, Seele), auf dass ich es (Kraft der göttlichen
Verheißung durch die Auferstehung) wieder empfange.” - Joh. 10:17
“Wer
sein Leben (Psyche, Seele) liebt, wird es verlieren; und wer sein Leben
(Psyche, Seele) in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen leben (eis Zoen
Aionion) bewahren.” - Joh. 12:25
(Unter
dieser “gegenwärtigen argen und bösen Welt” Treue gegen Gott
beweisen, heißt soviel wie die gegenwärtigen Zustände missbilligen, die
Vorrechte oder Vorteile dieses Zeitlaufes gering schätzen und bereit
sein, dieselben alle im Dienste Gottes und der Gerechtigkeit wie auch zum
Nutzen der Mitmenschen aufzuopfern, denn wer so handelt, wird gemäß göttlicher
Verheißung der Existenz unter den günstigeren Verhältnissen der
kommenden Heilszeitordnung würdig geachtet. Wer aber die gegenwärtigen
Verhältnisse und Zustände “liebt” und die Genüsse und Vergnügungen
dieser Zeit höher schätzt als die Gerechtigkeit und den Gehorsam gegen
Gott, der erweist sich selbst als der von Gott uns angebotenen zukünftigen
Existenz unwürdig; er ist nicht wert, dass seine Seele, sein Wesen in der
Ersten Auferstehung zu höherem Leben erneuert werde).
“Dein
Leben (Psyche, Seele, Wesen) willst du für mich lassen?” - Joh. 13:38
“Größere
Liebe hat niemand, als diese, dass jemand sein Leben (Psyche, Seele,
Wesen) lässt für seine Freunde.” - Joh. 15:13
“Männer,
die ihr Leben (Psyche, Seele, Wesen) hingegeben haben.” - Apg. 15:26
“Aber
ich nehme keine Rücksicht auf mein Leben (Psyche, Seele, Wesen, Existenz)
als teuer für mich selbst, auf dass ich meinen Lauf vollende.” - Apg.
20:24
(Der
Apostel hatte gelernt, die gegenwärtige Existenz richtig zu beurteilen
und sie - im Vergleich zu der in der Auferstehung verheißenen zukünftigen
- als wertlos zu halten. Er hielt sie nicht für teuer und kostbar, in dem
Sinne, dass er sie höher geschätzt hätte als den Herrn und seine Gnade
- höher als die Gelegenheit, am Werk des Herrn dienen zu dürfen. Er war
willig in seines Meisters Dienst alles daran zu geben und selbst geopfert
zu werden, in der zuversichtlichen Hoffnung, dass er dafür zur Ersten
Auferstehung gelangen möge - wie er es in Phil. 3:8-11 uns klar und mit
großer Freudigkeit schildert.)
“Männer,
ich sehe, dass die Fahrt mit Ungemach und großem Schaden, nicht nur der
Ladung und des Schiffes, sondern auch unseres Lebens (Psyche, Seele)
geschehen wird.” - Apg. 27:10
“Denn
kein Leben (Psyche, Seele) von euch wird verloren gehen.” - Apg. 27:22
“Ich
bin allein übriggeblieben, und sie trachten nach meinem Leben (Psyche,
Seele).” - Röm. 11:3
“Welche
für mein Leben (Psyche, Seele, Wesen) ihren Hals preisgegeben haben.” -
Röm. 16:4
“Denn
um des Werkes willen ist er dem Tode nahe gekommen, indem er sein Leben
(Psyche, Seele, Wesen) wagte, auf dass er den Mangel in eurem Dienste
gegen mich ausfüllte.” - Phil. 2:30
“Hieran
haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben (Psyche, Seele)
dar gegeben hat (“dass er seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod”
und “seine Seele als Schuldopfer gestellt”); auch wir sind schuldig, für
die Brüder das Leben (Psyche, Seele) darzulegen.” - 1. Joh. 3:16
“Und
es starb der dritte Teil der Geschöpfe, welche im Meere waren, die Leben
(Psyche, Seele) hatten.” - Offb. 8:9
“Sie
haben ihr Leben (Psyche, Seele) nicht geliebt bis zum Tode.” - Offb.
12:11
Wenn
wir einmal klar begriffen haben, in welcher Beziehung die Wörter Nephesch
und Psyche von den inspirierten Verfassern der heiligen Schrift gebraucht
worden sind, dann verschwinden all die “Geheimnisse”, welche hinter
den dunkeln Wörtern Seele und Geist zu stecken schienen, und die nicht
nur dem Ungebildeten, sondern auch manchem Gelehrten - als unbeschreiblich
und unbegreiflich - viel Kopfzerbrechen verursacht haben.
Es
soll sich aber niemand zum Glauben verleiten lassen, der Leib sei die
Seele: Das wäre ein Irrtum, denn unser Herr erklärt deutlich: “Gott
vermag beides, Leib und Seele zu verderben (wörtlich: gänzlich zu
vernichten).” Andererseits kann aber keine Seele, kein empfindungsfähiges
Wesen ohne einen Leib - sei derselbe nun himmlischer oder irdischer,
geistiger oder animalischer Art - bestehen.
Wenn
wir zur Erschaffung des Menschen (1. Mose 2) zurückkehren, so sehen wir
dort, dass wohl der Leib zuerst gebildet wurde; damit war derselbe aber
nicht ein Mensch, eine Seele oder ein Wesen, bis er belebt wurde. Er hatte
Augen und sah nichts, Ohren und hörte nichts, einen Mund, der nicht reden
konnte, eine Zunge, die nicht schmeckte; er hatte eine Nase und roch
nichts, ein Herz, das nicht schlug, Lungen, die sich nicht bewegten, Blut,
das leblos in den Adern und Gefäßen stand - kurz, er war nicht ein
Mensch sondern ein Körper, ein lebloser Leib.
Die
nun folgende Arbeit in der Schöpfung des Menschen musste darin bestehen,
dem “gebildeten” und in jeder Hinsicht zubereiteten Leib Lebenskraft
zu verschaffen, und das wird uns mit den Worten gesagt: “Und (Gott)
hauchte in seine Nase Odem des Lebens.” Man hat schon die Erfahrung
gemacht, dass ertrunkene Personen, trotz ihrer Leblosigkeit, wieder zu
Leben und Besinnung gebracht werden konnten, indem durch anhaltendes
Bewegen der Arme und Bearbeiten des Brustkorbes der Odem nach und nach
wieder in Nase und Lunge zurückkehrte. Bei Adam brauchte es seitens des
Schöpfers selbstverständlich keine derartigen Anstrengungen um den
vollkommenen Organismus zu veranlassen, den belebenden Sauerstoff der
Atmosphäre einzuatmen. Als der belebende Odem einströmte, dehnten die
Lungen sich aus, die dort vorhandenen Blutkörperchen kamen mit Sauerstoff
in Verbindung und flossen gegen das Herz, welches dieselben nach allen
Gliedern und Organen des Leibes zu treiben begann und dadurch alle die
zubereiteten, bisher aber noch schlummernden Nerven zum Fühlen und Wirken
anregte. Im Augenblick hatte das belebende Element auch das Gehirn
erreicht und dasselbe zum Empfinden und Denken befähigt - Gesicht, Gehör,
Geschmack, Geruch, Gefühl folgten unmittelbar; mit einem Wort: aus dem
leblosen menschlichen Organismus wurde ein Mensch, ein sich selbst
bewusstes Wesen, oder wie der Text sagt: eine “lebendige Seele.” Der
Ausdruck “lebendige Seele” bedeutet somit nichts mehr und nichts
weniger als “empfindungsfähiges Wesen”, d.h. ein Wesen, das fühlen,
wahrnehmen und denken kann. Beachten wir aber ferner, dass es für Adam,
trotz der Vollkommenheit seines Organismus, nötig war, sein Leben - seine
Seele oder sein empfindendes Wesen - zu unterhalten durch den Genuss der
Früchte von den Lebensbäumen. Und als er sündigte, ließ ihn Gott aus
dem Garten treiben, “damit er seine Hand nicht ausstrecke und nehme auch
von dem Baume (Mehrzahl: den Bäumen) des Lebens und esse und lebe
ewiglich (durch den beständigen Genuss dieser Früchte).” - 1. Mose
3:22
Wie
doch die Nebel und Geheimnisse verfliegen und verschwinden vor dem Licht
der Wahrheit, das uns aus dem göttlichen Worte so hell entgegen leuchtet!
Trotzdem
der Mensch von seiner ursprünglichen Vollkommenheit weit abgekommen ist
(durch seinen Fall in Sünde und Tod), und durch sein beständiges Sinnen
auf niedrige und gemeine Dinge viele seiner geistigen Fähigkeiten
vernachlässigt und ganz verkümmert wurden, so sind doch alle seine ursprünglichen
Fähigkeiten noch in seinem Gehirn vorhanden, wenn auch schlummernd, und
sie können entwickelt werden, was bei den auch jetzt noch fast
vollkommenen Exemplaren des Tierreiches nicht der Fall ist. So sehen wir,
dass der Schöpfer den Menschen mit einem viel feineren Organismus ausrüstete
und ihn dadurch hoch über das Tierreich erhob. Menschen und Tiere
besitzen ähnliches Fleisch und Gebein, sie atmen dieselbe Luft, trinken
vom gleichen Wasser, genießen ähnliche Nahrung und sind alle mit
Intelligenz begabte Seelen oder Geschöpfe. Dank seinem besseren Körper
oder feineren Organismus besitzt der Mensch aber Fähigkeit zu höherer
Intelligenz, und er wird von seinem Schöpfer auf eine ganz andere Weise
behandelt. In dem Verhältnis, wie die Sünde den Menschen von seiner
ursprünglichen Schöpfer-Ähnlichkeit degradiert, kann von ihm gesagt
werden, er sei „tierisch” - eher den Tieren ähnlich, weil aller
feineren Gefühle beraubt.
Wem
nun über diesen Gegenstand die Augen des Verständnisses aufzugehen
beginnen, und wer erkennt, dass das Wort “Seele” Intelligenz, Wesen
bezeichnet, und die Worte “Odem” und “Geist des Lebens” die göttliche
Kraft zum Leben bedeutet, der wird aus dem Vorhergesagten deutlich
ersehen, dass jede ihres Lebens bewusste Kreatur aufs erste einen Leib
oder Organismus besitzt und zweitens den diesen Leib belebenden Geist oder
Lebensodem, woraus drittens, als Ergebnis der beiden ersten, die Existenz
oder Seele entsteht. Zum leichteren Verständnis der Leser erinnern wir an
die Ähnlichkeit zwischen Seele und Hitze. Wenn ein Stück Kohle unter günstigen
Verhältnissen dem Sauerstoff der Atmosphäre ausgesetzt und dann entzündet
wird, so entsteht dabei etwas Drittes, nämlich die Hitze. Die Kohle ist
nicht die Hitze, trotzdem sie Eigenschaften hat, welche unter günstigen
Verhältnissen Hitze erzeugen würden; aber auch der Sauerstoff ist nicht
Hitze, obwohl er unter geeigneten Umständen ein Hitze erzeugendes Element
sein kann. Ziehen wir nun den Vergleich, so ergibt sich, dass der Leib
nicht die Seele ist, trotzdem er Eigenschaften besitzt, die zur Seele
unentbehrlich sind; andererseits ist auch der Odem nicht die Seele sondern
die von Gott kommende Kraft, die zur Erzeugung der empfindungsfähigen
Geschöpfe unbedingt notwendig ist. Aber wenn der Leib unter geeigneten
Umständen mit dem Odem oder Geist des Lebens in Verbindung kommt, dann
entsteht daraus etwas Neues - ein Wesen, eine Seele, ein fühlendes Geschöpf.
Der
Prozess der Auflösung, der Tod, bestätigt das oben Gesagte aufs
deutlichste, denn sobald der Odem des Lebens ausgeht, so erfolgt
unmittelbar der Tod. Aber was stirbt nun? Der Odem des Lebens? Sicherlich
nicht, denn der Odem war nie ein fühlendes Wesen, er ist ein Prinzip oder
eine Kraft, wie z.B. die Elektrizität; er hat weder Gedanken noch
Empfindungen und kann an und für sich also weder leben noch sterben. So
muss doch der Leib sterben!? Nein, auch der Leib nicht! Der Leib kann wohl
das Leben, womit der Vater ihn ausgerüstet, verlieren; aber der Leib ohne
Odem oder Geist des Lebens ist bewusst und gefühllos. Man hat also ebenso
wenig Grund zu behaupten, dass der Leib sterbe; er war leblos, bevor der
Geist des Lebens eintrat, und wird wieder leblos, wenn der Geist des
Lebens ihm entzogen wird.
Aber
was stirbt denn eigentlich? Nun, die Antwort liegt auf der Hand: - Die
Seele stirbt, das empfindungsfähige Wesen hört auf zu bestehen.
Vergessen wir also nicht, dass das empfindungsfähige Wesen durch die
Vereinigung des Lebensodems oder -Geistes mit dem Organismus entstanden
ist, und dass eine Auflösung oder Trennung dieser beiden Elemente das
Aufhören des Wesens oder der Seele, d.h. den Tod bedingt. Dass dies bei
der niedrigen Kreatur der Fall ist, wird niemand auch nur einen Augenblick
bezweifeln; aber trifft es nicht eben sowohl beim Menschen zu, bei der höchsten
Gattung des Tierreiches, die nach des Schöpfers Ebenbild und in dessen
moralischer Ähnlichkeit erschaffen wurde? Ja wohl, es trifft beim
Menschen nicht weniger zu, und dass dem also sein muss, wird jeder
nachdenkende Leser als selbstverständlich betrachten. Wir sind uns
freilich bewusst, dass einige wenige Schriftstellen verdreht und fälschlich
so verständen werden können, als würden sie unserer Behauptung direkt
zuwiderlaufen. Wir werden die betreffenden Stellen jedoch später in
Betracht ziehen und herausfinden, dass sie mit dem Gesagten in schönstem
Einklang stehen.
Um
die Verwandtschaft zwischen dem menschlichen und tierischen Leib, Geist
und Seele noch besser zu zeigen, möchten wir den lieben Leser an die
Kerze erinnern: Die nicht angezündete Kerze kann mit dem unbelebten,
menschlichen Leib oder Körper verglichen werden, während das Anzünden
der Kerze der ursprünglichen Einpflanzung des Lebenskeimes durch den Schöpfer
entspricht. Die Flamme oder das Licht ist ein schönes Bild für das
empfindungsfähige Wesen, die Intelligenz oder Seele, und die den
Sauerstoff enthaltende Luft, welche in Verbindung mit dem Brennstoff der
Kerze die Flamme unterhält, stellt uns trefflich den Odem oder Geist des
Lebens dar, der, mit dem physischen Organismus verbunden, intelligentes
Wesen oder Seele erzeugt. Wird nun durch irgend einen Zufall die Kerze
zerstört, so erlischt die Flamme selbstverständlich, und so verhält es
sich auch mit Mensch und Tier: Wenn der Leib durch Krankheit oder Unfall
zerstört wird, so hört die Seele, das Wesen - Intelligenz und Persönlichkeit
- auf. Oder wenn wir andererseits der Kerze den Luftzufuhr abschneiden,
sei es durch Aufsetzen eines Löschhütchens oder durch Untertauchen der
Kerze ins Wasser, so ersticken wir dadurch die Flamme, trotzdem die Kerze
dabei nicht im geringsten beschädigt worden ist. Gleicherweise hört auch
die Seele, das Leben, die Existenz bei Mensch und Tier sofort auf, wenn
ihnen der Odem des Lebens (durch Ersticken oder Ertrinken) entzogen wird,
so unversehrt der Leib auch geblieben sein mag. Die angezündete Kerze
kann unter günstigen Verhältnissen auch andere entzünden, ist aber die
Flamme einmal erloschen, so vermag sie weder sich selbst noch andere
Kerzen wieder anzünden: so kann auch der Mensch oder das Tier als
lebendige Seele nach göttlicher Einrichtung andere Seelen oder Wesen
erzeugen - Nachkommen; ist aber der Lebenskeim einmal ausgegangen, so hört
die Seele oder das Wesen auf und damit auch jegliche Fähigkeit zu denken,
zu fühlen oder sich fortzupflanzen. Im Einklang mit dem Gesagten lesen
wir bezüglich Jakobs Kinder: “Und es waren alle Seelen, die aus den
Lenden Jakobs hervorgegangen waren, siebzig Seelen” 2. Mose 1:5. Jakob
hatte seinen Lebenskeim sowohl wie auch seinen physischen Organismus und
somit auch das Erzeugnis dieser beiden Elemente, nämlich seine Seele,
sein intelligentes Wesen von Isaak und also von Adam empfangen, welch
letzterer einzig sein Leben direkt vom Schöpfer empfing. Jakob pflanzte
Leben, Organismus und Seele wieder weiter, auf seine Nachkommen, und so
verhält es sich mit der ganzen Menschheit.
Eine
erloschene Kerze kann von irgend jemand, der über die nötigen Mittel
verfügt, wieder angezündet werden; der des Lebenskeimes entblößte
menschliche Leib dagegen muss dem göttlichen Gesetz gemäß
“vergehen”, wieder zu Staub werden, wovon er genommen ist, und sein
Lebenskeim kann nicht wieder “entzündet” werden, es sei denn durch göttliche
Kraft - durch ein Wunder. Die verheißene Auferstehung bedeutet somit eine
“Wiederentzündung” oder Wiedererweckung animalischer Existenz oder
Seele, da nun kein Wesen oder Seele ohne einen Leib bestehen kann, so
erhellt daraus, dass bei einer Auferweckung von Wesen oder Seelen neue
Leiber, neue Organismen, mit inbegriffen sind. So versichert uns die
Schrift, dass die zum Staub zurückkehrenden menschlichen Körper nie
wiederhergestellt werden, sondern dass Gott in der Auferstehung einem
jeden einen Leib geben wird nach seinem Gutfinden. - 1. Kor. 15:37-40
Der
Apostel erklärt in diesen Versen, dass in der Auferstehung eine besondere
Klasse einer neuen Natur wird würdig erachtet werden - der geistigen
Natur, statt der menschlichen oder fleischlichen, und dass diese große
Naturverwandlung, wie wir erwarten sollten, darin bestehen wird, dass die
Glieder dieser Klasse eine andere Art Leib empfangen. Die Kerze kann uns
auch hier zum Beispiel dienen. Angenommen, die fleischliche oder
menschliche Natur werde durch die Talgkerze vertreten, so könnte der neue
Leib durch die heller brennende Wachskerze oder besser noch durch eine
elektrische Bogenlampe dargestellt werden.
Wäre
uns die Auferstehung nicht durch unseren allmächtigen und allweisen Schöpfer
verbürgt, so könnten wir mit Recht irgend einen Missgriff befürchten,
wobei die Identität (die Persönlichkeit) des einzelnen verloren gehen würde,
besonders bei solchen, denen eine Natur-Verwandlung gewährt wird durch
ihr Teilhaben an der Ersten Auferstehung als Geistwesen. Wir dürfen aber
auch diese Angelegenheit, wie alle anderen, Ihm überlassen, mit dem wir
es zu tun haben. Er kennt all unsere Gedanken und ist imstande, dieselben
im neuen Gehirn wiederzuerzeugen, so dass auch keine einzige unserer hier
empfangenen Lektionen und gemachten wertvollen Erfahrungen verloren sein
wird. Er ist zu weise, als dass er sich irren könnte, und zu gut, um hart
oder lieblos zu sein; und was er verheißen hat, wird er auf eine Art und
Weise erfüllen, die dann all unser Bitten und Erwarten weit übersteigt.
Manche
scheinen zu glauben, dass die beerdigten Leiber in allen ihren Teilen
wiederhergestellt werden sollen; dass aber dem nicht also ist, bezeugt des
Apostels Wort: “Du säest (in den Tod) nicht den Leib, der werden
soll.” Die Seele oder das empfindungsfähige Wesen ist es, was Gott
durch seine Erweckungskraft wiederherzustellen beabsichtigt, und er wird
in der Auferstehung jeder Person (jeder Seele oder jedem fühlenden Wesen)
einen solchen Leib geben, wie ihn seine unendliche Weisheit vorgesehen
hat: der Kirche - der in diesem Zeitalter auserwählten “Braut“ -
geistige Leiber, und der übrigen Menschheit (der
Wiederherstellungsklasse) menschliche Leiber, doch nicht die, welche sie
im Tode verloren. - 1. Kor. 15:37, 38
Wie
bei Adams Erschaffung die Vereinigung eines Organismus (Körpers) mit dem
Odem des Lebens ein fühlendes Wesen oder eine Seele erzeugte, so bewirkt
die durch irgend eine Ursache hervorgerufene Trennung dieser beiden
Elemente das Ende jedes fühlenden Wesens - das Aufhören aller Gedanken
und Empfindungen. Die Seele (das fühlende Wesen) hört auf zu bestehen;
der Leib zerfällt in Staub, wovon er genommen ist, währenddem der Geist
oder Odem des Lebens zurückkehrt zu Gott, welcher ihn dem Adam und durch
denselben der ganzen Menschheit mitgeteilt hat (Pred. 12:7). Er kehrt in
dem Sinne zu Gott zurück, dass er fortan nicht mehr unter der
menschlichen Gewalt steht, wie bei der Zeugung, und dass er nur durch die
göttliche Kraft den Menschen je wieder gegeben werden kann. Wenn wir als
vom Herrn Belehrte uns dieser Tatsache stets erinnern, so setzen wir als
natürliche Folge davon unsere Hoffnung auf zukünftiges Leben durch die
Auferstehung allein auf Gott und auf Christum, seinen nun erhöhten
Stellvertreter (Luk. 23:46; Apg. 7:59). Wenn Gott also für das zukünftige
Leben des Menschen nicht durch ein Lösegeld und eine verheißene
Auferstehung Vorsorge getroffen hätte, so würde der Tod für die
Menschheit das Ende jeglicher Hoffnung bedeutet haben. -1 . Kor. 15:14-18
Gott
hat aber für unser Wiederleben Vorkehrungen getroffen, und seit dem er
seine gnädigen Ratschlüsse bekannt gegeben, haben alle seine
inspirierten Schriftsteller, Propheten sowohl wie Apostel, den Zustand der
Menschen zwischen ihrem Tod und dem Auferstehungsmorgen nie anders als
einen “Schlaf”, d.h. als eine Zeit gänzlicher Bewusstlosigkeit
dargestellt, was jeder denkende Mensch auch selbstverständlich finden
muss. Der Vergleich dieses Zwischenzustandes mit dem Schlaf ist übrigens
ein ganz vortrefflicher, denn die Menschen werden den Augenblick ihrer
Auferweckung als den nächsten Moment nach ihrer Auflösung empfinden. So
sprach z.B. auch unser Herr vom Tode des Lazarus: “Lazarus, unser
Freund, ist eingeschlafen; aber ich gehe hin, auf dass ich ihn (von seinem
Schlafe) aufwecke.” Nachher aber, als er sah, dass seine Jünger ihn
nicht verstanden hatten, sagte er: “Lazarus ist gestorben” (Joh.
11:11). Angenommen, die Lehre, dass die Menschen ihr Bewusstsein auch im
Tode beibehalten, sei richtig, ist es dann nicht merkwürdig, dass Lazarus
nicht das Geringste von seinen Erfahrungen erzählte, die er während
jenen vier Tagen gemacht hatte? Es wird doch niemand behaupten wollen, er
sei in einer “Hölle” und in der Qual gewesen, denn unser Herr hieß
ihn ja seinen “Freund”. Wäre er aber in himmlischer Seligkeit
gewesen, so hätte ihn unser Herr nicht wieder zurückgerufen, denn damit
hätte er ihm wahrlich keinen Freundesdienst erwiesen. Wie unser Herr erklärte,
hat Lazarus aber geschlafen, und der Herr erweckte ihn zu Leben und
Bewusstsein, er wurde wieder ein fühlendes Wesen, eine Seele; und dieses
ganze Wunderwerk Jesu ist sowohl von Lazarus wie auch von seinen Freunden
augenscheinlich als eine große Gnade anerkannt und gewürdigt worden.
Der
Gedanke, dass wir uns jetzt in der Nacht des Sterbens und des Schlafens
befinden im Vergleich mit dem Morgen der Auferweckung und Auferstehung,
durchzieht die ganze Bibel. “Während einer Nacht dauert das Weinen,
aber am Morgen kommt die Freude” (Psalm 30:5 engl. Übers.) - am
Auferstehungsmorgen, wenn die Schläfer aus ihren Gräbern hervorkommen
werden, wie der Prophet es schildert: “wachet auf und jubelt, die ihr im
Staube (der Erde) lieget!” - Jes. 26:19.
Auch
die Apostel bedienten sich häufig dieser passenden und hoffnungsvollen
Redensart. so sagt Lukas von Stephanus, dem ersten Märtyrer, “er
entschlief”; den gleichen Ausdruck legt er auch dem Paulus in den Mund,
indem er dessen Rede zu Antiochien wiedergibt und in Bezug auf David
schreibt, “er entschlief” Apg. 7:60; 13:36. Petrus braucht die gleiche
Redensart, indem er sagt: “Die Väter sind entschlafen” (2. Petr.
3:4). Und Paulus selbst bediente sich derselben öfters, wie wir aus den
folgenden Stellen zur genüge ersehen können:
“Wenn
aber der Mann entschlafen ist.”. - 1. Kor. 7:39
“Von
denen die meisten bis jetzt übriggeblieben, etliche aber auch entschlafen
sind.”. - 1. Kor. 15:6
“Wenn
es aber keine Auferstehung gibt, ... dann sind auch die, welche in Christo
entschlafen sind, verloren gegangen.” - 1. Kor. 15:13-18
“Nun
aber ist Christus aus den Toten auferweckt, der Erstling der
Entschlafenen.” - 1. Kor. 15:20
“Siehe,
ich sage euch ein Geheimnis: wir werden nicht alle schlafen.” - 1. Kor.
15:51
“Wir
wollen aber nicht, Brüder, dass ihr, was die Entschlafenen betrifft,
unkundig seid.” - 1. Thess. 4:13
“Gott
wird die durch Jesum Entschlafenen mit ihm bringen (griechisch “herausführen”
- aus dem Tode).” - 1. Thess. 4:14
Wenn
das Königreich und die Zeit der Auferstehung hereinbricht, “werden wir,
die übrigbleiben, in der Ankunft (Gegenwart, griechisch Parusia) des
Herrn, den Entschlafenen keineswegs zuvorkommen.” - 1. Thess. 4:15
Der
gleiche Gedanke liegt auch in Daniels Beschreibung der Auferstehung:
“Und viele von denen, die im Staub der Erde schlafen, werden erwachen”
Dan. 12:2. Aus dieser Stelle ergibt sich demnach, dass bei den Schäfern
beides, die guten und die bösen inbegriffen sind. Sie “entschliefen”
im Frieden, um auf den Tag Christi - den Tausendjahrtag - zu warten, in
der festen Überzeugung; “dass er (Christus) mächtig ist, das ihm von
mir (ihnen) anvertraute Gut auf jenen Tag zu bewahren”. - 2. Tim. 1:12
Im
Alten Testament kommt dieser Gedanke nicht minder häufig vor, und von
jener Zeit an, da Gott dem Abraham zum ersten Mal das Evangelium von einer
Auferstehung verkündigte, hat sich der Ausdruck “mit seinen Vätern
entschlafen” im Alten Testament so zu sagen eingebürgert. Hiob kleidet
den Gedanken in ganz besonders deutliche Sprache, wenn er sagt: “O, dass
du in dem Scheol mich versteckst, mich verbirgst, bis dein Zorn sich
abwendete (vorüber wäre)”. Die gegenwärtige Zeit des Sterbens ist die
Zeit des Zornes Gottes, indem um Adams Sünde willen der Fluch des Todes
auf der ganzen Menschheit lastet. Es ist uns aber verheißen, dass der
Fluch zu einer bestimmten Zeit aufgehoben werden wird, und dass durch den
Erlöser ein Segen auf alle Geschlechter der Erde kommen soll; und so fährt
denn Hiob weiter: “All die Tage der mir verordneten Zeit will ich
warten, bis meine Wandlung kommt; (dann) wirst du rufen (Joh. 5:25), und
ich will dir antworten, du wirst dich sehnen nach dem Werk deiner Hände”
(Hiob 14:14, 15 engl. Übers.) Und die wir dem Neuen Bunde angehören,
lesen die entsprechende Antwort des Herrn: “Alle, die in den Gräbern
sind, werden die Stimme des Sohnes Gottes hören (sie werden erwachen und
zu voller Erkenntnis Gottes kommen und somit zu reichlicher Gelegenheit,
das ewige Leben zu erlangen).” - Joh. 5:25, 28, 29; 6:45
Dieser
Todesschlaf ist eine Periode der vollständigsten Bewusstlosigkeit, so
dass die Auferweckten keine Ahnung von dessen Zeitdauer haben werden. Der
“Schlaf” ist allerdings hier ein bloß angepasster, d.h. bildlicher
Ausdruck, denn die Toten sind wirklich tot, gänzlich vernichtet,
ausgenommen, dass Gott in seiner Weisheit ihre Identität (ihr Gedächtnis)
aufbewahrt und durch Christum ihre Auferweckung verordnet hat - ihre
Neugestaltung und Auferstehung. Und das wird in der Tat eine Neuschöpfung
sein - eine größere Offenbarung der göttlichen Macht als es die ursprüngliche
Erschaffung Adams und Evas war, indem diese Neuschöpfung die ungeheure
Zahl von 50 Milliarden einschließen wird, statt nur zwei Personen - eine
Wiedererzeugung unendlicher Verschiedenheit, statt der ursprünglichen
Einheit in Adam. Ja, allein unser Gott besitzt solch unbegrenzte Weisheit
und Allmacht, und er ist beides, fähig und willig, das großartige Werk
hinaus zuführen. In der Ausrottung des von Gott eine Zeitlang
zugelassenen Bösen werden all die herrlichen Einzelheiten des göttlichen
Charakters zu Tage treten, wie sie sonst nicht offenbar und erkannt worden
wären. So werden vor Engeln und Menschen die Gerechtigkeit und Liebe, die
Allmacht und Weisheit Gottes hervor leuchten, und alle seine Geschöpfe
werden einen so herrlichen Charakter bewundernd anerkennen und sich dessen
Einzelheiten anzueignen suchen.
Das
Zeugnis der heiligen Schrift betreffend die Notwendigkeit einer
Auferstehung der Toten ist ganz klar und bestimmt - wie könnte aber von
einer Auferweckung die Rede sein, wenn niemand tot wäre, sondern, wie
viele es behaupten, “alle, die zu sterben scheinen, viel lebendiger
werden als sie es zuvor waren?” Eine solche Behauptung widerspricht
nicht nur den fünf Sinnen eines jeden denkenden Wesens, sondern auch der
bestimmten Erklärung der Schrift: “Denn für einen jeden, der all den
Lebenden zugesellt wird, gibt es Hoffnung; denn selbst ein lebendiger Hund
ist besser daran als ein toter Löwe. Denn die Lebenden (auch die mit
Vernunft am wenigsten begabten) wissen, dass sie sterben werden, die Toten
aber wissen gar nichts, und sie haben keinen Lohn mehr, denn ihr Gedächtnis
ist (in den allermeisten Fällen) vergessen. Sowohl ihre Liebe als auch
ihr Hass und ihr Eifern sind längst verschwunden, und sie haben ewiglich
(hebr.: Olam, für eine lange unbestimmte Zeit) kein Teil (kein Interesse)
mehr an allem, was unter der Sonne geschieht ... Alles, was du zu tun
vermagst mit deiner Kraft, das tue; denn es gibt weder Tun noch Überlegung,
noch Erkenntnis noch Weisheit im Scheol (Scheol ist der Zustand der
Toten und betrifft die Seele, im Gegensatz zu “Grab”, dem Orte, wo die
toten Leiber hingelegt werden, und wofür im Hebräischen “Gebar”
steht. Siehe Psalm 30:3; 49:15; 89:48; im Gegensatz zu 2. Chron. 34:28; Hiob 10:19; Psalm 88:5. Die
Seele unseres Herrn ging in den Scheol, den Zustand des Todes (Psalm
16:10; Apg. 2:27), währenddessen sein Leib im Grabe eines Reichen gelegen
hat. Jes. 53:9.) wohin
du (die Seele, das fühlende Wesen) gehst.” - Pred. 9:4-10; Jes. 26:14
“Du
machst zu Nichte die Hoffnung der Menschen. Du überwältigst ihn für
immer, und er geht dahin; sein Angesicht entstellend, sendest du ihn
hinweg. Seine Kinder kommen zu Ehren, und er weiß es nicht, und sie
werden gering, und er achtet nicht auf sie.” - Hiob 14:19-21; Jes. 63:16
Beachte
auch die Bedeutung der Apostelworte in dem bekannten, über die
Auferstehung handelnden Kapitel, 1. Kor. 15:12-54. Er sagt:
“Wenn
aber Christus gepredigt wird, dass er aus den Toten auferweckt sei, wie
sagen etliche unter euch, dass es keine Auferstehung gibt?”
Wenn
die Toten nicht tot sondern “lebendiger sind als zuvor”, dann gibt es
ja überhaupt keinen Toten, und somit wäre die Auferstehung der Toten ein
Ding der Unmöglichkeit. Der Apostel glaubte aber an keine derartige
Lehre, sondern bezeugt im Gegenteil, dass die Toten vergehen wie die
niedrigere Kreatur, und verloren wären, wenn Gott sie nicht auferwecken würde,
und dass all unsere Hoffnungen für sie vergeblich wären, wenn sie nicht
Auferstehungshoffnungen seien. Beachte jedes Wort dieser kräftigen
Beweisführung Paulus, als eines der größten Logiker, welche die
Geschichte aufzuweisen vermag:
“Wenn
es keine Auferstehung der Toten gibt, so ist auch Christus nicht
auferweckt (sondern immer noch tot); wenn aber Christus nicht auferweckt
(sondern noch tot) ist, so ist also auch unsere Predigt vergeblich, aber
auch euer Glaube vergeblich (weil ein toter Christus nichts wissen und
niemandem helfen könnte). Wir werden aber auch als falsche Zeugen Gottes
erfunden (wir sind gottlose Betrüger anstatt von Gott gesandte Lehrer);
weil wir in Bezug auf Gott gezeugt haben, dass er den Christus auferweckt
habe, den er nicht auferweckt hat, wenn wirklich Tote nicht auferweckt
werden. Denn wenn Tote nicht auferweckt werden, so ist auch Christus nicht
auferweckt.”
Man
sollte beachten, dass Paulus in seiner Beweisführung nicht auf eine
Auferweckung des Leibes abgesehen hat, sondern auf eine Auferweckung des
Wesens oder der Seele; - dass “seine Seele dem Scheol (Hades) nicht
gelassen werde” Psalm 16:10; Apg. 2:31, 32). Hätte Paulus der
heutzutage im Schwange gehenden Auferstehungslehre gehuldigt, so würde er
sich wohl etwa geäußert haben: Einige von euch reden von einer
Auferstehung des Leibes, als wäre dieselbe ohne Bedeutung; sie ist aber
sehr wichtig, denn der Leib ist in Wirklichkeit ein “Hindernis”, ein
Gefängnis” für die Seele, welche viel besser daran wäre, wenn sie
davon “befreit bliebe”. Die Auferstehung des Leibes wird, wann irgend
sie stattfinden mag, als ein Unglück empfunden werden, indem sie das
“Wiedergefangen nehmen” der Seele und infolgedessen eine Beschränkung
ihrer Fähigkeiten nach sich zieht.
Der
Apostel sagt aber gar nichts Derartiges, weil er damit der Wahrheit ins
Gesicht geschlagen hätte. Er lehrte eine Auferstehung der Seele oder des
fühlenden Wesens vom Zustand der Bewusstlosigkeit, des Todes; die
Auferstehung des gestorbenen Leibes jedoch bestritt er, indem er sagt:
“Du säest nicht den Leib, der werden soll:... (In der Auferweckung des
Wesens oder der Seele) gibt Gott ihm einen (neuen) Leib, wie er gewollt
hat und einem jeden der Samen seinen eigenen (den für ihn passenden)
Leib” 1. Kor. 15:37, 38. Die Massen der Menschheit (des menschlichen
Samens) werden menschliche Leiber empfangen, doch nicht die gleichen
Leiber, die in der Erde vermoderten, und deren Bestandteile sich in
unendlich kleine pflanzliche oder tierische Organismen verwandelten. Die
Glieder der Kirche werden geistige Leiber empfangen, gleich demjenigen
ihres auferstandenen Herrn und gänzlich verschieden von ihren irdischen
Leibern - wie denn auch der Apostel erklärt: “Es ist noch nicht
offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, dass, wenn er offenbar
werden wird, wir ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er
ist“ - nicht wie er war. - 1. Joh. 3:2
Lasst
uns aber die Beweisführung des Apostels weiter verfolgen. Er erklärt:
“Wenn
aber Christus nicht auferweckt ist, so ist euer Glaube eitel; ihr seid
noch in euren Sünden. Also sind auch die, welche in Christo entschlafen
sind, verloren gegangen.” - Vers 17, 18
Denjenigen,
welche behaupten, dass die Seele nicht sterben kann und wirklich nicht
stirbt, welche somit die Auferweckung der Seele oder des fühlenden Wesens
leugnen und infolgedessen genötigt sind, alle die Auferweckung
betreffenden Schriftzeugnisse nur auf den Leib anzuwenden, verursachen
diese Worte des inspirierten Apostels große Verlegenheit. Wenn sie
behaupten, dass Christus während jenen drei Tagen (von welchen er selbst
erklärt: “Ich war tot”) lebendig gewesen sei - “lebendiger als
je“ - und dass sein Auferstehungsleib derselbe sei, den man als
verwundet und vernarbt in Josephs Grab gelegt, wie wollen sie denn
beweisen, dass der Glaube an einen Christus, der ja doch nicht gestorben
(sondern bloß seinen Leib für drei Tage beiseite gelegt hatte), ein
eitler Glaube sei? Wie können sie zugeben, dass solch ein Glaube nicht
von der Verdammnis befreit? Wie wollen sie beweisen, dass der von seinem
Leibe “befreite” und deshalb nur “um so lebendigere” Christus ohne
seine Auferstehung den Sündern nicht helfen könnte, und also alle in
Christo Schlafenden “verloren” seien?
Ihre
ganze Theorie steht in argem Gegensatz zu der von der heiligen Schrift
bestätigten Tatsache. Sie leugnen, dass irgend eine Seele sterben
(griech.: apollymi - vernichtet werden) könne, während der Apostel sagt,
dass es geschehe, und selbst unser Herr erklärt: “Gott vermag beides,
Leib und Seele, gänzlich zu zerstören.” Sie leugnen mit ihrer Theorie,
dass es in Christo Entschlafene gibt, da sie ja nicht zugeben wollen, dass
der Tod ein Schlaf sei, dem am Auferstehungsmorgen ein Erwachen folgen
werde, trotzdem sowohl unser Herr selbst wie auch seine Apostel und alle
heiligen Propheten einstimmig den Tod als einen Schlaf erklären, von dem
allein durch Gottes Macht die Seele oder das fühlende Wesen wieder zum
Bewusstsein, zum Leben erweckt werden kann. Auch die, welche in der Ersten
Auferstehung die Verwandlung zur göttlichen Natur erfahren, werden so
sicher Seelen sein, als sie es in ihrer irdischen Natur gewesen sind. Ist
doch Gott selbst eine Seele wenn jemand sich zurückzieht, so wird meine
Seele (Psyche, fühlendes Wesen) kein Wohlgefallen an ihm haben”. -
Hebr. 10:38
Die
platonische Philosophie (wonach der Mensch nicht sterben kann, sondern bei
seinem Tode nur zu sterben scheint) hatte sich zur Zeit des ersten Advents
in ganz Griechenland eingebürgert und bildete für die Verbreitung des
Evangeliums unter den Heiden ein großes Hindernis. So lesen wir z.B.,
dass, als Paulus in Athen predigte, ihm die Philosophen als einem großen
Lehrer willig Gehör schenkten, bis er auf die Auferstehung der Toten zu
sprechen kam - da war es genug; sie hatten sodann kein Interesse an seiner
Lehre, indem sie ihren Glauben als einen großen Vorsprung hielten, im
Vergleich zu der jüdischen Idee, wonach die Toten ohne eine Auferstehung
keine zukünftige Existenz zu erwarten hätten. “Als sie aber von
Toten-Auferstehung hörten (und daraus erkannten, dass Paulus mit ihrer
Lehre von der Unsterblichkeit der Seele nicht einig ging), spotteten die
einen, die anderen aber sprachen: Wir wollen dich darüber auch nochmals hören.”
- Apg. 17:32
Die
heidnische Idee, dass der Tod nicht ein Aufhören der Existenz, sondern
eine Stufe zu vollkommenerem Leben bedeute, hatte zur Zeit des ersten
Advents den jüdischen Glauben nicht im geringsten verscheucht. Die Pharisäer
bildeten die Hauptsekte unter den Juden, und unser Herr erkannte sie als
Nachfolger und Vertreter des mosaischen Gesetzes an, indem er erklärte:
“Die Schriftgelehrten und Pharisäer haben sich auf Moses Stuhl
gesetzt” (Matth. 23:2). Die an Zahl geringere Sekte der Sadduzäer stand
in Bezug auf ihren Einfluss den Pharisäern am nächsten; sie waren
eigentliche Ungläubige, Materialisten. Sie leugneten jede zukünftige
Existenz und glaubten, der Mensch sterbe genau wie das Tier, indem sie
keine Auferstehung der Toten zugaben. Sie glaubten nicht an all die
messianischen Verheißungen und leugneten das Dasein jeglicher übermenschlicher
Wesen, wie Engel 2c
Josephus sagt freilich etwas von einer Sekte, welche der unter den Heiden
allgemein verbreiteten platonischen Lehre huldigte, laut welcher der
Mensch in Wirklichkeit nie sterbe, sondern in der als Tod bekannten Krisis
nur einen Fortschritt in seiner Lebensentwicklung mache. Vergessen wir
aber nicht, dass Josephus seine jüdische Geschichte schrieb, während er
am römischen Hofe weilte, und dass er damit das Interesse des Kaisers und
seines Hofes für die jüdische Nation zu gewinnen suchte. Die Römer
hatten die Juden als ein “halsstarriges und aufrührerisches Volk”
kennen gelernt, und sie schrieben ihren Charakter zu guten Teil ihrer
sonderbaren Religion zu. In gewisser Beziehung war dies eine richtige
Vermutung, denn es ist eine unbezweifelte Tatsache, dass die Wahrheiten göttlicher
Offenbarung in ihren Verehrern einen gewissen Geist der Freiheit erwecken
- indem sie die großen Unterschiede zwischen Priesterschaft und gewöhnlichem
Volk und zwischen Königen und Untertanen ganz beträchtlich verringern,
denn laut dem Worte Gottes gilt bei dem höchsten Richter und König kein
Ansehen der Person - alle müssen vor ihm offenbar werden. Josephus wünschte
aber diesem biblischen Charakterzug seines Volkes und damit auch der jüdischen
Religion entgegenzutreten; er tat deshalb der Wahrheit Gewalt an, indem er
dem römischen Hof zu zeigen suchte, dass die Religion seines Volkes mit
verschiedenen heidnischen Religionen 1. in Bezug auf das Bewusstsein der
Toten, und 2. in Betreff des Glaubens an eine ewige Qual (An die ewige
Qual glaubten die Juden nie, einige wenige ausgenommen; die römischen
Kaiser begünstigten diese Theorie, indem dieselbe den kaiserlichen
Einfluss auf das gewöhnliche Volk vermehrte. Später legten sich die
Kaiser den Titel “Pontifex Maximus” (höchster religiöser Herrscher)
bei, welcher Titel nachher von der röm. katholischen Kirche den Päpsten
verliehen wurde.), völlig übereinstimme. Um das zu beweisen, erwähnt
er die Sekte der Essenier, als wäre sie die maßgebende unter den Juden
gewesen. In Wirklichkeit war diese Sekte aber so unbedeutend, dass sie im
ganzen Neuen Testament nur gar nirgends erwähnt ist und augenscheinlich
auch nie, weder mit dem Herrn noch mit den Aposteln in Berührung kam, während
auf die Pharisäer und Sadduzäer beständig und häufig Bezug genommen
ist.
“Für
ihn leben alle.”
- Luk. 20:37, 38 -
Kurz
nachdem unser Herr die Doktoren des Gesetzes und die Pharisäer und
Schriftgelehrten durch Beantwortung ihrer Fragen in Verwirrung gebracht
hatte, kamen die Sadduzäer mit einer Frage und hofften damit die Lehren
des Herrn widerlegen zu können und ihre Stellung als Ungläubige zu
rechtfertigen. Diesen Sadduzäern, welche behaupteten, die Toten bleiben für
immer tot, entgegnete unser Herr: “Dass aber die Toten auferstehen, hat
auch Mose angedeutet in dem Dornbusch, wenn er den Herrn den Gott
Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs nennt. Er ist aber nicht
Gott der Toten, sondern der Lebendigen: denn für ihn leben alle.”
Jesus
brachte dies als einen selbst redenden Beweis, “dass die Toten
auferstehen”, indem sich Gott sicherlich nicht auf Wesen berufen würde,
die gänzlich und für immer von jeder Existenz abgeschnitten sind. Er
beweist damit ferner, dass Gott in seinem Plan eine Auferstehung bestimmt
hatte, und dass diejenigen, welche von den Menschen “tot” genannt
werden, “für ihn alle leben”. Von Gottes Standpunkt aus betrachtet,
“schlafen” sie nur. Und deshalb spricht das Wort Gottes von solchen
als von “Entschlafenen” und nicht als von Vernichteten. Die ursprüngliche
Strafe lautete allerdings auf Vernichtung, aber diese Strafe ist durch das
Lösegeld nun aufgehoben. So spricht deshalb Mose: “Du läsest zum Staub
zurückkehren den Menschen, und sprichst (in der Auferstehung): Kehret zurück,
ihr Menschenkinder!” Psalm 90:3; 103:4. Indem er sagt: “Ich bin der
Gott Abrahams”, spricht Gott nicht nur von vergangenen Dingen als wären
sie noch gegenwärtig, sondern auch zukünftigen als wären sie schon da.
- Röm. 4:17
Geist,
Seele und Leib der Kirche (Herauswahl)
-
1. Thess. 5:23 -
Die
Ausdrücke Geist, Seele und Leib werden hier im bildlichen Sinn in Bezug
auf die gesamte Kirche (Herauswahl) gebraucht. Paulus bittet den Herrn:
“Euer ganzer Geist und Seele und Leib werde tadellos bewahrt auf die
Gegenwart unseres Herrn Jesu Christi.” Dieses Gebet müssen wir als sich
auf die erwählte Kirche, auf die, deren Namen im Himmel angeschrieben
sind. Der wahre Geist der “kleinen Herde” ist erhalten geblieben, und
auch ihr Leib (Körper) kann trotz der Unmasse von Scheinweizen (Lolch),
die ihn zu verstecken und zu ersticken droht, noch heute unterschieden
werden. Und ihre Seele, ihre Intelligenz, ihre Tätigkeit, ihr
empfindendes Wesen offenbart sich überall und zeugt vor allem Volk von
dem Kreuz, von der Versöhnung.
Anders
lassen sich diese Worte des Apostels nicht auslegen; denn so sehr auch die
Ansichten betreffend die Erhaltung der persönlichen “Geister” und
“Seelen” der hier angeredeten Leute von einander abweichen mögen, so
stimmen doch alle darin überein, dass ihre Leiber nicht erhalten
geblieben, sondern auch zu Staub und Asche geworden sind, wie diejenigen
aller übrigen Menschen. Zudem ist zu beachten, dass in dieser Stelle die
Worte “Geist, Seele und Leib” in der Einzahl und nicht in der Mehrzahl
gebraucht werden.
Was
bedeutet Scheol oder Hades, wohin alle Seelen gehen?
Da
es von den Seelen oftmals heißt, sie gehen in den Scheol oder Hades, so
hat man die Theorie aufgestellt, es müsse nach der Auflösung des
Menschen - nach der Trennung des Odem oder Lebensgeistes vom Organismus
oder Leib - die Seele als ein wirkliches, seines Daseins bewusstes Wesen
weiterbestehen; es ist deshalb nur am Platz, wenn wir auch hierüber das
Wort Gottes zu Rate ziehen, und an Hand desselben untersuchen, was Scheol
und Hades ist.
Das
hebräische Wort Scheol kommt im Alten Testament 65 mal vor und ist in der
gewöhnlichen Luther-Bibel einige Mal mit Grube und Grab, meistens aber
mit Hölle übersetzt worden. Diese Übersetzungen erweisen sich aber alle
drei als falsch, wenn man den Sinn der heute gebräuchlichen Wörter
Grube, Grab und Hölle mit demjenigen des Wortes Scheol vergleicht. (Die
Elberfelder-Bibel hat die Worte Scheol und Hades überall unübersetzt
beibehalten). Die Bedeutung des hebräischen Wortes Scheol und des ihm
genau entsprechenden griechischen Hades kann nämlich mit keinem deutschen
Worte genau wiedergegeben werden; der Sinn der Wörter ist verborgen, oder
ausgelöscht, oder dunkel - der Zustand des Todes: sie bezeichnen nicht
einen Ort, sondern einen Zustand, und es würde deshalb das Wort
Vergessensein den Ausdrücken Scheol und Hades vielleicht besser
entsprechen als irgend ein anderes deutsches Wort. In den Wörtern Scheol
und Hades liegt nicht die geringste Andeutung von Freude oder Leid oder
von irgend einem Gefühl; der Zusammenhang kann uns allein als Wegleitung
dienen. Das klare Zeugnis der heiligen Schrift geht dahin, dass die ganze
Menschheit dem Scheol, Hades, dem Vergessensein anheimfallen muss, und
dass dieser Zustand jegliches Licht, jegliche Erkenntnis, Weisheit und Überlegung
gänzlich ausschließt; da gibt es weder Lob des Herrn noch Lästerung
seines Namens; es ist ein Zustand gänzlicher Stille, in keiner Hinsicht wünschenswert,
ausgenommen, dass damit eine Hoffnung der Auferstehung verbunden ist.
Wir
werden uns überzeugen können, dass beiderlei “Seelen”, gute und böse,
in den Scheol, in den Zustand des Vergessenseins gehen, um dort auf den
Morgen des Tausendjahrtages zu warten, wo der Ruf des Lebensgebers ihrem
Vergessensein ein Ende machen wird. Es kann nicht geleugnet werden, dass
die Übersetzer und Verbesserer der gewöhnlichen Luther-Bibel sich in
Bezug auf die Verdeutschung von Scheol und Hades vielerorts widersprechen.
Trotzdem ihre Inkonsequenz der Unehrlichkeit oft recht verdächtig ähnlich
sieht, wollen wir ihnen dieselbe nicht gänzlich zur Last legen, sondern
sie eher als das Ergebnis der bezüglich dieses Gegenstandes allgemein
herrschenden Verwirrung betrachten, die in den finsteren Jahrhunderten
durch falsche Lehren erzeugt wurde und großenteils bis auf den heutigen
Tag unterhalten wird. Es ist übrigens auch möglich, dass das von Luther
so viel gebrauchte “Hölle” in der altdeutschen Sprache mehr den Sinn
von “hüllen” in sich barg und somit von der heutigen “Hölle”,
dem angeblichen Orte ewiger Qual, wesentlich unterschied.
Der
Leser möge die hiernach angeführten Stellen, in welchen das hebräische
Wort Scheol vorkommt, nun recht sorgfältig prüfen und sich überzeugen,
welch schreckliche Schlussfolgerung man einerseits daraus ziehen müsste,
wenn mit Luthers Hölle immer “höllisches Feuer” oder “Ort ewiger
Qual” gemeint wäre, und wie andererseits die gleichen Stellen so schön
und harmonisch klingen und dem Zusammenhang so trefflich entsprechen, wenn
das Wort Scheol überall mit Vergessenheit oder Vergessensein übersetzt
wird. Im letzteren Fall bezeugen sie alle einstimmig, dass die
“Seelen” dem Scheol, der Vergessenheit anheimfallen - nicht um dort zu
leiden oder sich zu freuen, auch nicht um irgend etwas zu lernen oder zu
tun - sondern um in der Vergessenheit zu bleiben bis zum Ertönen der
“Stimme des Erzengels und der Posaune Gottes”. Betrachten wir nun
folgende Schriftzeugnisse:
“Leidtragend
werde ich hinabfahren zu meinem Sohne in den Scheol (in die
Vergessenheit).” - 1. Mose 37:35
So
beweinte Jakob seinen Sohn Joseph, den er eines gewaltsamen Todes
gestorben glaubte.
“Begegnete
ihm (Benjamin) ein Unfall auf dem Wege, auf dem ihr zieht, so würdet ihr
mein graues Haar mit Kummer hinabbringen in den Scheol (in die
Vergessenheit).” - 1. Mose 42:38 Dies waren die Worte Jakobs, als er
seinen Benjamin nach Ägypten ziehen lassen sollte; er befürchtete,
Benjamin möchte auch getötet werden, wie er es von Joseph vermutete.
Die
gleichen Worte finden wir in 1. Mose 44:29 wieder, als die Brüder Joseph
erzählten, was ihnen bei der Abreise ihr Vater bezüglich Benjamins
eingeschärft hatte. Und im 31. Vers bestätigen sie es selbst mit den
Worten: “Und deine Knechte werden das graue Haar deines Knechtes,
unseres Vaters, mit Kummer hinabbringen in den Scheol (Vergessensein).”
Hier
haben wir vier Beispiele, wo in den gewöhnlichen Bibelübersetzungen das
Wort Scheol mit “Grube” wiedergegeben ist. Man beachte, wie ganz
unpassend es wäre, wenn hier das Wort “Hölle” mit seinem gewöhnlichen,
Feuer, Angst und Qual einschließenden Sinn stehen würde. Augenscheinlich
haben die Übersetzer eingesehen, dass Jakob und seine Söhne sich nicht
in der Hölle befinden können und auch nie erwarteten, dorthin zu
gelangen; so mussten sie für das hebräische Wort Scheol einen anderen
Ausdruck wählen, und so übersetzten sie es mit “Grube”. Trotzdem
glaubten sie dabei aber nicht, noch tut es die große Mehrzahl, dass Jakob
in die Grube ging, oder irgend daran dachte, in die Grube zu gehen. Der
Patriarch bezog sich dabei auch selbst nicht auf die Beerdigung seines
Leibes in ein Grab, denn sonst würde er sich ohne Zweifel desselben hebräischen
Wortes bedient haben, das er anderwärts in Bezug auf Rahels Grab
gebraucht, nämlich Queburah (1. Mose 35:20), oder aber des Wortes Queber,
welchen Ausdruck sein Sohn Joseph bezüglich des Grabes Jakobs brauchte,
das sich der letztere schon zu seinen Lebzeiten hatte zubereiten lassen.
(1. Mose 50:5) Wir sehen aber im Gegenteil, dass Jakob von ihm selbst als
einem Wesen, einer Seele sprach - dass der Verlust Benjamins ihn in seinem
nun hohen Alter und seiner schwachen Gesundheit hinabbringen würde in die
Vergessenheit, in den Zustand des Todes.
“Wenn
aber Jehova ein Neues schafft, und der Erdboden seinen Mund auftut und sie
verschlingt, und alles, was sie haben, und sie lebendig hinabfahren in den
Scheol (in die Vergessenheit) ... Und sie ... fuhren lebendig hinab in den
Scheol (Vergessenheit); und die Erde bedeckte sie; und sie kamen um aus
der Mitte der Versammlung.” - 4. Mose 16:30, 33
Diese
zwei Texte beziehen sich auf Korah, Dathan und Abiram und zeigen, wie
diese Männer umkamen. Luther gebraucht hier dass Wort “Hölle”; wäre
aber damit die sogenannte Feuerhölle gemeint, so hätten wir hier den
Beweis, dass sich der angebliche Ort der Qual gerade unter der Oberfläche
unserer Erde befinde. Wie einfach und klar sind aber die beiden Stellen,
wenn sie richtig verstanden werden: die Erde öffnete ihren Mund und
verschlang sie, und sie fuhren mitten aus des Lebens Tätigkeit hinab in
die Vergessenheit, in die Bewusstlosigkeit.
“Denn
ein Feuer ist entbrannt in meinem Zorn und wird brennen bis in den
untersten Scheol, und es wird verzehren die Erde und ihren Ertrag und entzünden
die Grundfesten der Berge.” (5. Mose 32:22)
Hier
ist allerdings von einem Feuer die Rede, aber von keinem buchstäblichen
Feuer. Der ganze Zusammenhang beweist, dass es sich um den Feuereifer
Gottes handelt; man lese nur die darauffolgenden Verse: “Sie vergehen
vor Hunger und sind aufgezehrt von Fieberglut und giftiger Pest. ... Draußen
wird das Schwert rauben und in den Gemächern der Schrecken.” Wie diese
Weissagung sich erfüllte, brauchen wir nicht bloß zu vermuten, denn der
unter dem Einfluss des heiligen Geistes redende Apostel Paulus bezieht
sich auf diese selbe Stelle und wendet sie auf das fleischliche Israel an
und auf die Trübsal, welche über sie als Nation hereinbrach, als sie den
Herrn Jesum verworfen hatten und deshalb dann selbst auch vom Herrn
verworfen wurden. Der Apostel erklärt, dass “der Zorn Gottes völlig
(bis zum Ende) über sie gekommen” sei (1. Thess. 2:16): Der göttliche
Zorneseifer entbrannte wider sie und hörte nicht auf zu brennen, bis sie
als Volk für ihre Nationalsünde aufs äußerste gezüchtigt worden
waren. Wenn Gott seinen Zorn an ihnen völlig ausgeübt haben wird, sie
dabei bis in das tiefste Vergessensein (Scheol) immer wieder heimsuchend,
dann wird er wieder freundlich zu ihnen reden und zur Herauswahl (seiner
wahren Kirche sprechen: “Tröstet, tröstet mein Volk! Redet zum Herzen
Jerusalem und rufet ihr zu, dass ihre Mühsal vollendet, dass ihre Schuld
abgetragen ist, dass sie von der Hand Jehovas Zwiefältiges empfangen hat
für alle ihre Sünden”. (Jes. 40:1, 2) Dann wird auch die von Paulus
bestätigte Errettung Israels kommen, Kraft des göttlichen Ausspruches:
“Dies ist für sie der Bund von mir, wenn ich ihre Sünden wegnehmen
werde” (Röm. 11:26, 27). Den gleichen Gedanken, dass nach diesem
Brennen des göttlichen Zornes gegen Israel bis in ihr tiefstes
Vergessensein wieder göttlicher Segen folgen wird, finden wir auch in später
folgenden Versen unseres Textes. (siehe 5. Mose 32:26-43)
“Jehova
tötet und macht lebendig, er führt in den Scheol (in die Vergessenheit)
hinab und führt herauf (durch eine Auferstehung aus dem Vergessensein,
aus dem Scheol).” - 1. Sam. 2:6
“Die
Bande des Scheols (der Vergessenheit) umringten mich.” - 2. Sam. 22:6
Der
Prophet David bezeugt in diesen Worten, wie sehr sein Leben in Gefahr
gewesen sei, wie ihn aber Gott von der Hand Sauls errettet habe. Aus dem
weiteren Zusammenhang ersehen wir jedoch ganz deutlich, dass der Psalmist
in prophetischer Weise von dem Christus spricht und der Zeit der völligen
Erlösung des Leibes Christi (der kleinen Herde) aus der gegenwärtigen
argen Welt in die Herrlichkeiten des zukünftigen Zeitalters, indem er in
den Versen 8-18 zeigt, dass die Befreiung des Leibes Christi gerade vor
der großen Trübsal stattfinden werde - vor der Offenbarung der göttlichen
Macht und Entrüstung wider alle Gottlosigkeit.
“Lass
sein graues Haar nicht in Frieden hinabfahren in den Scheol (den Zustand
der Vergessenheit), ... sondern bringe sein graues Haar mit Blut hinab in
den Scheol.” (1. Kön. 2:6, 9)
In
der hier angeführten Stelle erinnert David seinen Sohn Salomo an Joab,
den gefährlichen, blutdürstigen Mann, dem noch vor seinem Tode eine
gerechte Vergeltung gehöre. In Luthers Übersetzung steht auch hier das
Wort “Hölle”, trotzdem nach allgemeiner Kirchenlehre die Haare und
der übrige physische Leib des Menschen begraben werden und nur die nackte
Seele in die Hölle wandert. Den Übersetzern anderer Bibeln muss dieser
Widerspruch wohl etwas zu denken gegeben haben, indem Stier z.B. das Wort
Scheol hier ausnahmsweise mit “Totenreich” wiedergibt. Wenn wir aber
die Stelle richtig verstehen, so wird es uns kaum schwer werden, zu
glauben, dass sowohl die grauen Haare Jakobs wie auch die grauen Haare des
Joab miteinander in den Scheol gingen - dem Vergessensein anheim fielen,
zumal “graue Haare” ein Symbol des hohen Alters sind.
“Die
Wolke schwindet und fährt dahin; so steigt, wer in den Scheol
(Vergessenheit) hinabfährt, nicht herauf.” (Hiob 7:9)
Hiob
hebt hier die gänzliche Vernichtung des menschlichen Wesens oder Seele
durch den Tod hervor. In Vers 21 schließt er jedoch seine Aussage mit der
Erklärung: “Nun lege ich mich schlafen in den Staub; und du wirst mich
suchen am Morgen, aber ich werde nicht sein” (nach engl. Übers.). Der
Zustand zwischen Tod und Auferstehung ist hier als Schlaf geschildert; während
der Tausendjahrtag mit dem Morgen verglichen ist. Das gegenwärtige
Zeitalter ist die Nacht des Weinens, der Trübsal und des Sterbens. Der
Herr wird am Morgen mit seiner Auferstehungskraft den Hiob suchen, und
wenn er auch nicht mehr da ist - wenn gleich der Tod seine gänzliche
Vernichtung bewirkt hat, so liegt seine Auferstehung nicht außerhalb der
göttlichen Allmacht, und wenn die Zeit des Herrn gekommen ist, so “wird
er sich sehnen nach dem Werk seiner Hände”. Wenn der Tag des Zornes des
Herrn vorüber sein wird, und die Zeiten der Erquickung gekommen sind, -
dann wird Er rufen und Hiob sowohl wie auch alle anderen werden ihm
antworten. (siehe Hiob 14:14, 15)
“Himmelhoch
(sind die Tiefe Gottes und das Wesen des Allmächtigen) - was kannst du
tun? tiefer als der Scheol (Vergessenheit) - was kannst du wissen? (Hiob
11:8)
Dies
sind Worte Zophars, eines der “leidigen Tröster” Hiobs, den der Herr
nachher zurechtwies. Zophar versuchte damit dem Hiob zu beweisen, dass die
göttlichen Regierungsgrundsätze für die Menschheit unerforschlich
seien; als Beispiel, wie dem Menschen die Erkenntnis Gottes gänzlich
fehle, bezieht er sich auf den Scheol; gleichwie es im Scheol keine
Erkenntnis gebe, also, behauptet er, gebe es für den Menschen auch keine
Erkenntnis der göttlichen Weisheit und seines Planes.
“O
dass du in dem Scheol (in der Vergessenheit) mich verstecktest, mich verbärgest,
bis dein Zorn sich abwendete, mir eine Frist setztest und dann meiner gedächtest!”
(Hiob 14:13)
Hier
haben wir die einfachste und deutlichste Bestätigung von Hiobs Hoffnung.
Es war ihm nicht daran gelegen, dass seine gegenwärtigen Verhältnisse
mit Sünden und Sorgen, Trübsal und Schmerz immer fortdauern sollten,
sondern er war ganz willig, in der Vergessenheit verborgen zu sein, bis
auf die Zeit, wo der Fluch, der “Zorn” von der Erde weggenommen und an
dessen statt die Zeit der Erquickung gekommen sein wird. Er wünscht also
nicht für immer vertilgt zu sein. O nein! In seinem Vertrauen, dass Gott
durch eine Auferstehung für ein zukünftiges Leben gesorgt habe, bittet
er, dass Gott zu seiner Zeit, nachdem der Fluch der Sünde beseitigt,
seiner gedenken und ihn aus der Vergessenheit wieder ins Leben rufen möge
- Kraft des Wiederherstellungswerkes, welches dann durch den Christus
vollbracht werden soll. - (siehe Apg. 3:19-21)
“Wenn
ich hoffe (warte), so ist der Scheol (die Vergessenheit) mein Haus, in der
Finsternis bette ich mein Lager. Zur Verwesung rufe ich: Du bist mein
Vater! zu dem Gewürm: Meine Mutter und meine Schwester!” - Hiob 17:13,
14
Welch
ein Nachdruck liegt in diesem Ausspruch! Vergessenheit ist das Haus oder
Bett und ist voller Finsternis - Hiobs Seele, sein Wesen, schläft, liegt
bewusstlos im Tode und wartet auf den Auferstehungsmorgen, während sein
Leib in Verwesung übergeht.
“Wo
denn also ist meine Hoffnung? ja, meine Hoffnung, wer wird sie schauen?
Sie fährt hinab (engl. Übers.: “sie fahren hinab” - die Menschen) zu
den Riegeln des Scheols (Vergessenheit), wenn wir miteinander im Staube
Ruhe haben.” - Hiob 17:15, 16
Hiob
bezieht sich hier als Knecht Gottes auf seine persönliche Hoffnung, sein
Vertrauen, fragt aber, wie viel andere wohl solch ein Vertrauen haben können.
Er hat seiner Hoffnung, dass sein Tod nur ein Schlaf sein werde, aus
welchem er “am Morgen” wiedererwachen dürfe, schon Ausdruck gegeben,
will aber mit obigen Worten sagen, dass, wenn auch alle Menschen einzeln
in den Scheol, in die Vergessenheit gehen, so werden doch alle miteinander
im Staube Ruhe haben, ob sie diese Hoffnung haben oder nicht.
“In
Wohlfahrt verbringen sie ihre Tage, und in einem Augenblick sinken sie in
den Scheol (in die Vergessenheit) hinab.” - Hiob 21:13
Hiob
beschreibt hier das Wohlergehen solcher Leute, die nicht in Gottes Wegen
wandeln, und vergleicht es mit den Prüfungen und Leiden, welche viele von
den Kindern Gottes durchmachen müssen, weil diese unter der erziehenden
Zucht Gottes stehen, um für kommende, bessere Verhältnisse zubereitet zu
werden.
“Dürre
und Hitze raffen Schneewasser hinweg: so der Scheol (die Vergessenheit)
die gesündigt haben.” - Hiob 24:19
Alle
Menschen haben gesündigt, darum sind sie auch alle dem Tode verfallen und
fahren hinab in das Vergessensein. Die einzige Hoffnung liegt in ihm, der
uns vom Tode erlöst hat, und der uns gemäß seiner gnädigen Verheißung
“am Morgen” von dem Zustand des Vergessensein befreien wird. Hiob
nimmt an dieser Stelle jedoch besonders auf die Übeltäter Bezug, die
durch einen schlechten Lebenswandel ihren Tod beschleunigen.
“Der
Scheol (die Vergessenheit) ist nackt vor ihm, und keine Hülle hat der
Abgrund (Abaddon - die Zerstörung).” - Hiob 26:6
Hiob
hebt hier die Allwissenheit des Schöpfers hervor, dem das Ende vor dem
Anfang bekannt, und vor dessen alles durchdringendem Blick auch jedes, längst
der Vergessenheit anheim gefallenes Geheimnis offenbar ist.
“Denn
im Tode ist deiner kein Gedächtnis; im Scheol (Vergessenheit), wer wird
dich preisen?” - Psalm 6:5
Welch
ein klares und bestimmtes Zeugnis für die Bewusstlosigkeit des Menschen
im Tode! Man sollte auch beachten, dass sich dasselbe nicht auf die
Gottlosen sondern auf die Knechte Gottes bezieht, die ihm für empfangene
Gnaden danken und ihn preisen möchten. Auch wird hier nicht auf das tote
Fleisch Bezug genommen, das im “Queber” begraben wird, sondern auf die
Seele, die in den Scheol (Vergessenheit) geht.
“Es
werden zum Scheol (zur Vergessenheit) umkehren die Gesetzlosen, alle
Nationen, die Gottes vergessen.” - Psalm 9:17
Das
Wort “umkehren” bedeutet an, dass die hier erwähnten gesetzlosen vom
Scheol, von der Vergessenheit, befreit waren, aber um ihrer Boshaftigkeit
und Gottesvergessenheit dahin zurückkehren müssen. Die allgemeine
Befreiung der Menschheit aus dem Scheol wird am Tausendjahrtag
stattfinden, als Folge des auf Golgatha bezahlten Lösegeldes. Diejenigen
aber, welche, nachdem sie auferweckt worden und zur Erkenntnis der
Wahrheit gekommen sind, absichtlich in Bosheit verharren, werden wieder in
die Vergessenheit fahren müssen - diesmal in den “Zweiten Tod”, von
welchem es keine Erlösung gibt.
Dass
diese Stelle nicht auf die Massen der Menschheit (auf die Heiden), welche
Gott nie erkannt haben, angewendet werden kann, liegt auf der Hand, denn
ihrem eigenen Wortlaut gemäß bezieht sie sich auf solche, die Gottes
vergessen, nachdem sie zu seiner Erkenntnis gekommen sind und
dementsprechende Verantwortung tragen.
“Denn
meine Seele wirst du dem Scheol (der Vergessenheit) nicht lassen, wirst
nicht zugeben, dass dein Frommer die Verwesung sehe.” - Psalm 16:10
Der
mit dem heiligen Geist erfüllte Apostel Petrus erklärt uns in seiner
Pfingstrede die wahre Bedeutung dieser Weissagung, indem er hervorhebt,
dass sie sich unmöglich an David selbst erfüllt habe, weil Davids Seele
im Scheol gelassen sei, und sein Fleisch die Verwesung gesehen habe. Er
erklärt, “dass David sowohl gestorben als auch begraben ist, und sein
Grab ist unter uns bis auf diesen Tag.” “David ist nicht in den Himmel
gefahren.” - Apg. 2:27-34
Diese
Worte des Apostels sind voll Nachdruck und in doppelter Hinsicht völlig
überzeugend: dass 1. die Seele Davids in den Scheol, in die Vergessenheit
gegangen und dort geblieben und bis zur Zeit von Petrus Predigt nicht in
den Himmel gegangen war; 2. dass die Seele Jesu Christi auch in den
Scheol, in die Vergessenheit ging, aber nicht darin gelassen, sondern am
dritten Tag auferweckt wurde - und später in den Himmel aufstieg.
Diese
deutlichen, aus inspirierter Quelle stammenden Zeugnisse sollten alle
Wahrheitssucher über diesen Gegenstand völlig aufklären. Wir sehen
daraus folgende Tatsachen: 1. Die Seele (das Wesen) unseres Herrn Jesu verfiel bei seinem Tode der Vergessenheit, dem
Scheol. 2. Er war während 3 Tagen (während Teilen dreier Tage) tot. 3.
Am dritten Tag stand er auf - er wurde aus der Vergessenheit zurückgerufen
und zur göttlichen Natur verwandelt, durch die Kraft des heiligen Geistes
Gottes, und wurde so “der Erstling unter denen, welche schliefen.” Das
Wesen oder die Seele unseres Herrn hatte während der Zeit seines Todes
aufgehört zu bestehen: “Er hat seine Seele ausgeschüttet in den Tod”
und “seine Seele als Schuldopfer gestellt.” Aber seine Seele (sein
Wesen) wurde in der Auferstehung wieder lebendig gemacht, und er empfing
einen neuen, geistigen Leib. (siehe Band 2, Studie/Kapitel 5)
“Die Bande des Scheols (der Vergessenheit) umringten mich, es ereilten
mich die Fallstricke des Todes.” - Psalm 18:5
Dies
ist ein bildlicher Ausdruck höchster Angst und Todesfurcht.
“Jehova!
du hast meine Seele heraufgeführt aus dem Scheol (Vergessenheit), hast
mich belebt.” - Psalm 30:3
Ein
Dankgebet Davids für seine Genesung von schwerer Krankheit, die ihn dem
Tode nahe gebracht hatte.
“Lass
beschämt werden die Gesetzlosen, lass sie schweigen im Scheol! Lass
verstummen die Lügenlippen.” - Psalm 31:17, 18
Wie
an anderer Stelle, so drückt der Psalmist auch hier sein Verlangen aus,
dass die Erde von allen solchen gesäubert werden möchte, welche die
Bosheit lieben und ausüben. Von einem zukünftigen Leben ist hier nichts
erwähnt noch auch von einer Auferstehungshoffnung. Wenn der Herr unter
den Nationen regieren wird, wenn die Gesetze der Wahrheit und
Gerechtigkeit aufgerichtet sein werden und durch die göttliche
Barmherzigkeit und Liebe für jede Kreatur Gelegenheit für volle
Erkenntnis und Befreiung von Sünde vorhanden sein wird, dann mag es sein,
dass etliche von denen, die hier Gesetzlose waren, nach Recht und
Gerechtigkeit suchen und nach der Gnade der Gerechtigkeit Christi
verlangen und durch ihn schließlich noch zu ewigem Leben gelangen werden.
Weder der Prophet David noch irgend jemand anders könnte wider solch eine
Sinnesänderung etwas einwenden, noch auch wider die Gabe des ewigen
Lebens an die gründlich Bekehrten, welche mit Gott wieder in Einklang
gekommen sind.
“Man
legt sie in den Scheol (in die Vergessenheit) wie Schafe, der Tod weidet
sie; und am Morgen herrschen die Aufrichtigen über sie; und ihre Gestalt
wird der Scheol (Vergessenheit) verzehren, fern von ihrer Wohnung. Gott
aber wird meine Seele erlösen von der Gewalt des Scheols (der
Vergessenheit).” - Psalm 49:14, 15
Dass
in diesen Versen nicht von “Hölle” die Rede sein kann, ist offenbar,
denn es wird niemand glauben wollen, dass auch Schafe in die Hölle gehen.
Andererseits kann aber auch nicht “das Grab” im gewöhnlichen Sinn
gemeint sein, sondern das Vergessensein, wie wir Scheol übersetzen; denn
die Schafe werden nicht begraben, aber alle Schafe verfallen der
Vergessenheit, werden so vergessen, als ob sie nie gewesen wären. Der
Prophet bezeugt hier seinen persönlichen Glauben an die Auferstehung -
dass Gott seine Seele vom Scheol, aus der Vergessenheit erlösen werde.
Dies stimmt auch völlig mit Petrus Zeugnis, dass David nicht in den
Himmel gefahren sei. Davids Seele ging in den Scheol, in die
Vergessenheit, und seine einzige Hoffnung ist die Befreiung seiner Seele
aus dem Scheol, aus dem Vergessensein ins Leben - durch den Erlöser in
der Auferstehung. Übrigens sollen sogar die, welche gleich Schafen der
Vergessenheit anheimfallen, wieder hervorkommen, denn aus dieser Stelle
geht deutlich hervor, dass am Auferstehungs- “Morgen”, am Morgen des
Tausendjahrtages, die “Aufrichtigen” über sie herrschen und sie in
Gerechtigkeit richten werden. Darum sagt auch der Apostel, “dass die
Heiligen die Welt richten werden.” - 1. Kor. 6:2
“Der
Tod überrasche sie, lebendig mögen sie hinabfahren in den Scheol (in die
Vergessenheit)! Denn Bosheiten sind in ihrer Wohnung, in ihrem Innern.”
- Psalm 55:15
Wie
an fast allen Orten, so hat Luther das Wort Scheol auch hier mit “Hölle”
übersetzt; die Stelle wird denn auch gewöhnlich falsch verstanden, ist
aber schon manchem Kind Gottes zum Stein des Anstoßes geworden. Sie haben
sich gesagt: - Wie kann ein guter Mensch, wie David, bitten, dass seine
Feinde in die Hölle - in die ewige Qual - kommen möchten. Ein frommer
Mann würde nicht also beten, und dies war auch nicht der Grundton von
Davids Gebeten. Wie wir gesehen haben und immer aufs neue uns überzeugen
können, enthält das Wort Scheol nicht die leistete Andeutung, weder von
Feuer, noch von Flammen, weder von Qual noch irgend etwas Derartigem. Es
bedeutet einfach “Vergessensein”, Auslöschen des Lebens. Davids Gebet
oder Wunsch bezüglich seiner Feinde, den Gegnern der Gerechtigkeit, ist
somit in jeder Hinsicht gerechtfertigt und entspricht auch völlig den
Gesetzen der höchst zivilisierten Völker unseres aufgeklärten
Zeitalters. Die heutigen Gesetze zivilisierter Völker verlangen die
Hinrichtung aller Mörder und bestimmen dazu im allgemeinen die mutmaßlich
leichteste und schmerzloseste Todesart. Das Gesetz spricht also, wie
David: Lasst die Verbrecher dem Scheol, der Vergessenheit verfallen -
lasst sie sterben. Nichtsdestoweniger hat aber Gott in seiner Gnade, durch
das teure Blut Christi den am tiefsten gefallenen Sünder ebenso wohl erlöst
wie den am wenigsten gefallenen, denn “Christus Jesus schmeckte durch
Gottes Gnade den Tod für jedermann.” “Er gab sich selbst zum Lösegeld
für alle, wovon das Zeugnis zu seiner Zeit verkündigt werden soll.”
Wenn
manche unserer Mitmenschen auch verkehrter sein mögen, als wir es sind,
so ist dies sehr oft dem Umstand zuzuschreiben, dass Satan seinen
verblendenden Einfluss ganz besonders auf sie ausübt (2. Kor. 4:4), oder
dass sie schon durch Vererbung und Erziehung, ohne ihr Verschulden, dem Bösen
viel weniger zu widerstehen vermögen. In jedem Fall hat Gott dafür
gesorgt, dass jedem Glied des menschlichen Geschlechtes eine gute, unverkürzte
Gelegenheit geboten werden wird, seine Wahl treffen zu können, sei es für
Gerechtigkeit und Leben, oder für Ungerechtigkeit und den Zweiten Tod -
die Rückkehr zum Scheol. Für dies alles bietet uns der auf das Verdienst
Christi gegründete und mit seinem teuren Blut versiegelte Neue Bund
vollständige Gewähr.
“Denn
deine Güte ist groß gegen mich, und du hast meine Seele errettet aus dem
untersten Scheol (Vergessensein).” - Psalm 86:13
Der
unterste Scheol bedeutet hier die Tiefe des Vergessenseins. Wir dürfen
mit Recht annehmen, dass der Prophet hier, wie in vielen anderen Psalmen,
den Standpunkt des Herrn Jesu einnimmt, und dann haben die Worte, “Tiefe
des Vergessenseins”, eine ganz besondere Bedeutung. Für die Menschheit
bedeutet der Tod nur einen Schlaf, und ihr Vergessensein ist bloß ein vorübergehendes,
wovon sie in der Auferstehung wieder erwachen wird - als Folge des Sühnopfers.
Bei unserem Herrn Jesus war die Sachlage jedoch eine andere: Da er an die
Stelle des Sünders (Adam) getreten war, musste der Tod für ihn die äußerste
Strafe der Sünde, nämlich ewiges Vergessensein bedeuten, wenn er nicht
durch des Vaters Macht und Gnade aus den Toten auferweckt worden wäre,
damit er der Befreier derer würde, welche er erlöste.
“Denn
satt ist meine Seele vom Leiden, und mein Leben ist nahe am Scheol (dem
Vergessensein).” - Psalm 88:3
Auch
dies ist eine kurze, poetische Beschreibung von Kummer und Todesnot.
“Welcher
Mann lebt und wird den nicht sehen, wird seine Seele befreien von der
Gewalt des Scheols (Vergessenheit)?” - Psalm 89:48
Wie
schön stimmt doch diese Frage und die zugleich darin enthaltene Antwort
mit alledem überein, was wir über diesen Punkt bis jetzt gefunden haben,
und wie unvereinbar sind diese Worte mit den entsprechenden, allgemein
herrschenden Ansichten! Nach überall anerkannter Kirchenlehre ist keine
menschliche Seele dem Tod unterworfen, den Augenblick des Sterbens hält
man vielmehr für einen Übergang zu vermehrten und freierem Leben; die
Seele wäre somit der Gewalt des Scheols, der Vergessenheit völlig überlegen
- da sie angeblich nicht sterben kann - und stände es also außer Frage,
ob die Seele sich von des Scheols Gewalt befreien könnte, wenn ja doch
der Scheol nicht die geringste Gewalt an der Seele auszuüben vermöchte.
Wie klar und verständlich ist doch die heilige Schrift und die Wahrheit,
und wie ungereimt und absurd die allgemein verbreitete platonische
Philosophie!
“Es
umfingen mich die Bande des Todes, und die Bedrängnisse des Scheols
(Vergessenheit) erreichten mich, ich fand Drangsal und Kummer.” (Psalm
116:3) - Eine sprechende, poetische Schilderung von Todesnot.
“Wohin
sollte ich gehen vor deinem Geiste (Macht - der göttlichen Allmacht
entgehen, oder mich vor ihr verbergen), und wohin fliehen vor deinem
Angesicht? Führe ich auf zum Himmel, du bist da, und bettete ich mir in
dem Scheol (in der Vergessenheit) siehe, du bist da.” - Psalm 139:7, 8
In
der Luther-Bibel steht auch hier für Scheol das Wort “Hölle”; der
vorherrschenden Ansicht gemäß wäre also aus dieser Stelle zu schließen,
dass Gott in dieser schrecklichen Folterkammer der Hölle seine beständige
Wohnung aufgeschlagen habe. Der Prophet will jedoch in den obigen Worten
die göttliche Macht schildern und bezeugen, dass es im ganzen Weltall
kein Plätzchen gibt, das nicht von Gottes Allmacht und Allwissenheit erfüllt
sei. Sogar die Vergessenheit des Todes ist ihm unterworfen, indem er erklärt:
“Ich habe die Schlüssel des Todes und des Hades (der Vergessenheit).”
Und gerade auf diese seine Allmacht und Allweisheit gründet sich unser
Glaube an die Auferweckung der Toten.
“Wie
einer die (auf der) Erde schneidet und spaltet, so sind unsere Gebeine
hingestreut am Rachen des Scheols (der Vergessenheit).” - Psalm 141:7
Die
Bedeutung dieser Stelle ist eine ziemlich dunkle, sie begünstigt jedoch
in einem Fall die Annahme, dass mit Scheol ein Ort der Höllenqual gemeint
sei, zudem sind es ja Davids und seiner Freunde Gebeine, die “am Rachen
der Hölle hingestreut sind.”
“Wir
wollen sie lebendig verschlingen wie der Scheol (die Vergessenheit).” -
Spr. 1:12
Diese
Worte werden hier den Mördern in den Mund gelegt, welche ihre Opfer
schnell zu verderben suchen, und sie von ihrem Angesicht und aus ihrem Gedächtnis
weg (in die Vergessenheit) schaffen möchten.
“Ihre
Füße steigen hinab zum Tode, an dem Scheol (der Vergessenheit) haften
ihre Schritte.” - Spr. 5:5
Mit
diesen poetischen Worten schildert uns der weise Salomo die Versuchung der
Hurerei mit ihren verderblichen Folgen: ihre Wege führen ins Verderben,
zum Tode - in die Vergessenheit.
“Ihr
Haus sind Wege zum Scheol (Vergessenheit), die hinabführen zu den Kammern
des Todes.” - Spr. 7:27
Dass
auch hier mit Scheol nicht eine Hölle mit flammendem Feuer gemeint sein
kann, ist offenbar, zumal von den finsteren Kammern des Todes - des
Vergessenseins - die Rede ist.
“Er
weiß nicht, dass dort die Schatten (buchstäblich: die Hingestreckten)
sind, in den Tiefen des Scheols (des Vergessenseins) ihre Geladenen.” -
Spr. 9:18
Hier
sind in biblischer Sprache die Gäste der Hure als Tote geschildert, als
solche, die alles Selbstvertrauen, alle Menschenwürde eingebüßt haben.
Ohne Zweifel befinden sich solche auf dem Weg des Todes, denn jegliche
Ausschweifung begünstigt die Krankheit und beschleunigt den Tod. Sie
befinden sich auf dem Pfad zur Vergessenheit, nicht nur in körperlicher
Hinsicht, sondern verlieren auch Achtung und Einfluss unter Menschen.
“Scheol
(Vergessenheit) und Abgrund (Abaddon-Untergang, Verlorensein) sind vor
Jehova, wie viel mehr die Herzen der Menschenkinder!” - Spr. 15:11
Auch
in dieser Stelle erinnert nichts an eine ewige Qual, sondern es wird
Scheol (Vergessensein) dem Untergang zur Seite gestellt.
“Der
Weg des Lebens ist für den Einsichtigen aufwärts, damit er dem Scheol
(dem Vergessensein) unten entgehe.” - Spr. 15:24
Die
Weisen wandeln auf dem aufwärts, nach der Gerechtigkeit führenden Pfad,
damit sie Kraft der Auferstehung dem Vergessensein entgehen - von
demselben befreit werden mögen.
“Du
schlägst ihn (den Knaben) mit der Rute und du errettest seine Seele von
dem Scheol (Vergessensein).” - Spr. 23:14
Es
ist wohl nicht nötig zu sagen, dass diese Stelle nicht dahin zu verstehen
ist, als sollte man nach dem Tode den Körper schlagen, auf dass die Seele
“von der Hölle errettet” werde. Der Sinn dieser Stelle ist aus dem
Zusammenhang leicht ersichtlich: Wenn man dem Kinde die nötigen
Rutenstreiche nicht vorenthält - ihm, mit anderen Worten, eine richtige
Erziehung angedeihen lässt, so kann dadurch sein Leben um Jahre nützlichen
Daseins verlängert werden - seine Seele wird vor frühzeitigem
Dahinschwinden in die Vergessenheit und möglicherweise auch vor dem
Zweiten Tod - vor einer Rückkehr in die Vergessenheit - bewahrt.
“Scheol
und Abgrund sind unersättlich; so sind unersättlich die Augen des
Menschen.” - Spr. 27:20
Aus
dem Wortlaut der gewöhnlichen Bibelübersetzungen zu schließen, wäre
mit dieser Stelle das Vorhandensein einer Feuerhölle von solch großer
Ausdehnung, dass sie nie voll werden könne, bestätigt. Die Stelle sagt
aber nichts anderes, als dass der Tod, das Vergessensein, die Vernichtung
keine Grenzen kennen, also nie überfüllt werden können.
“Drei
sind es, die nicht satt werden, vier die nicht sagen: Genug! Der Scheol
(die Vergessenheit) und der verschlossene Mutterleib, die Erde, welche des
Wassers nicht satt wird, und das Feuer, das nicht sagt: Genug.” - Spr.
30:15, 16
Diese
Worte haben denselben Sinn wie die vorhergehende Stelle: Der Tod, die
Vergessenheit ist an keinen Raum gebunden - kennt keine Schranken, kann
somit nie voll werden.
“Alles,
was du zu tun vermagst mit deiner Kraft, das tue, denn es gibt weder Tun
noch Überlegung noch Kenntnis noch Weisheit im Scheol (in der
Vergessenheit), wohin du gehst.” - Pred. 9:10
Hier
haben wir eines der deutlichsten Zeugnisse betreffend den Scheol (oder die
“Hölle”, wie Luther auch hier übersetzt hat). Es gibt nicht bloß
die Gottlosen, sondern auch die Gerechten - alle, die dem Tod verfallen -
an. Es geschieht weder Gutes noch Böses, es ertönt weder Lobgesang noch
Fluchen, es gibt weder gute noch böse Gedanken, weder himmlische noch
irgend andere Erkenntnis und Weisheit im Scheol, in der Vergessenheit des
Todes. Wahrlich, eine an Klarheit fast unübertreffliche Schilderung über
den Zustand des Vergessenseins!
“Liebeseifer
(Eifersucht) ist unerweichlich wie der Scheol (die Vergessenheit).” -
Hohelied 8:6
An
dieser Stelle wird der Zustand des Todes, des Vergessenseins als die Verkörperung
von Gefühllosigkeit und Härte geschildert. Unerbittlich verschlingt er
das ganze Menschengeschlecht und berücksichtigt dabei weder Charakter
noch Ansehen der Person.
“Darum
sperrt der Scheol (die Vergessenheit) weit auf seinen Schlund und reißt
seinen Rachen auf ohne Maß.” - Jes. 5:14
Der
Prophet gebraucht das Wort Scheol, um den über Israel gekommenen
Ehrverlust und ihre Schmach und Schande drastisch darzustellen. Sie waren
geworden wie die Toten, zu großen Scharen waren sie in die Vergessenheit
versunken. Die Stelle hat weder mit dem buchstäblichen Grab noch mit dem
Feuersee irgend etwas zu tun.
“Der
Scheol (die Vergessenheit) drunten ist in Bewegung um deinetwillen, deiner
Ankunft entgegen.” - Jes. 14:9
In
höchst bildlicher Sprache schildern diese Worte das, wie wir glauben, in
nächster Zukunft fällige Schicksal Babylons (siehe Band 4, Studie 1) Babylon, die Große soll verschlungen werden,
soll wie ein ins Meer geworfener Mühlstein vor aller Augen verschwinden
und nie mehr gefunden werden - sie fährt in die Vergessenheit, in den
Scheol. - Offb. 18:21
“Hinabgestürzt
in den Scheol (in die Vergessenheit) ist deine Pracht, das Rauschen deiner
Harfen!” - Jes. 14:11
Dies
ist die Fortsetzung desselben Bildes von der Zerstörung der geistlichen
Babylon, deren Größe bald der Vergangenheit angehören und in der
Vergessenheit (nicht in einer brennenden Hölle) liegen wird.
“Denn
ihr sprecht: wir haben einen Bund mit dem Tod geschlossen und einen
Vertrag mit dem Scheol (Vergessenheit) gemacht.” - Jes. 28:15
In
diesem und den folgenden Versen ist von schrecklicher Trübsal, von
Anlaufen und Fallen die Rede, das alles über diejenigen kommen wird,
welche sich durch falsche Lehren verleiten lassen, das Zeugnis der Schrift
zu verwerfen, laut welchem der Tod der Sünde Sold ist. Die Zeit der
Vergeltung wider die, so das Schwert Gottes betrügerisch gebrauchen und
die, statt von der Wahrheit sich heiligen zu lassen, den Irrtum vorziehen,
ist nahe, ja vor der Tür. Satan hat sich den über diesen Punkt
vorherrschenden Glauben zum Nutzen gemacht, um die Welt in hierauf sich gründende
und deshalb ebenso falsche Lehren zu verstricken. So hat er schon lange
die ganze Heidenwelt und besonders auch die Römisch-Katholische Kirche zu
Gebeten und Messelesungen für die Toten verleitet, weil man dieselben
nicht tot, sondern lebendig in den Qualen des Fegefeuers glaubt. Und
heutzutage betrügt derselbe Widersacher durch Spiritismus, Theosophie und
dergleichen Künste nun auch die Protestanten, weil auch sie nicht
glauben, dass die Toten tot sind, und deshalb für solche Betrügereien
empfänglich sind.
Die
Christen der verschiedenen Denominationen haben “mit dem Tod einen Bund
gemacht” und erklären ihn als einen Freund, während die Bibel
denselben als den größten Feind der Menschheit - als den Sold ihrer Sünde
darstellt: mit der Bedeutung des Grabes sind die Namenchristen
einverstanden; sie betrachten es als Aufbewahrungsort für den irdischen
Leib, den die Seele nach dem sogenannten Tod nicht mehr bedürfe. Indem
sie zu erkennen verfehlen, dass Tod (Vergessensein) der Sünde Sold ist,
sind sie bereit Satans Lüge zu glauben, wonach ewige Qual der Sünde Sold
sein soll. Nicht glaubend, dass der Tod der Sünde Sold ist, leugnen sie
infolgedessen auch, dass der Tod Christi das Heilmittel, der entsprechende
Kaufpreis für des Menschen Erlösung ist, und darum sind all die gnädigen
Vorkehrungen des göttlichen Planes der Versöhnung und Wiederherstellung
vor ihren Augen ganz oder zum großen Teil verborgen - unverständlich.
“Euer
Bund mit dem Tod wird zunichte werden, und euer Vertrag mit dem Scheol
(Vergessenheit) nicht bestehen.” - Jes. 28:18
So
erklärt der Herr, dass er die Welt schließlich von der Wahrheit der
Schriftzeugnisse betreffend den Zustand des Todes und der Vergessenheit überzeugen
werde; doch nicht anders als durch eine Zeit größter Trübsal und
Verwirrung, die besonders schwer über alle solche hereinbrechen wird,
welche unter diesem Betrug stehen und sich über diesen Gegenstand vom
Worte Gottes nicht belehren lassen wollten.
“Ich
sprach: In der Ruhe meiner Tage soll ich hingehen zu den Pforten des
Scheols (der Vergessenheit), bin beraubt des Restes meiner Jahre.” -
Jes. 38:10
So
hat Hiskia, der fromme König Judas gesprochen, um welches willen Jehova
ein Wunder geschehen ließ, zur Verlängerung seiner Tage. Wir sehen aus
seinen Worten deutlich, was er in seiner Krankheit gedacht hat. Gewiss
glaubte Hiskia nicht, dass er in eine Hölle mit ewiger Qual gekommen wäre,
und mancher aufrichtige Bibelleser hat sich schon mit Recht an dem bezüglichen
Wortlaut der Luther-Übersetzung gestoßen: “Nun muss ich zur Höllen
Pforten fahren.” Der König erklärt einfach, dass er sich dem Tode, der
Vergessenheit nahe fühlte und sich des Restes seiner Tage beraubt
glaubte, der ihm nach menschlichem Dafürhalten noch gehört hätte.
“Denn
nicht der Scheol (die Vergessenheit) preist dich, der Tod lobsingt dir
nicht.” - Jes. 38:18
Dies
sind ebenfalls Worte Hiskias und bilden einen Teil der gleichen
Beschreibung seiner Krankheit und Todesfurcht und seiner Schilderung von
der Güte und Barmherzigkeit des Herrn, welcher er die Verlängerung
seines Lebens verdankte. Er erklärt: “Du, du zogest liebevoll meine
Seele aus der Vernichtung Grube”; er stellt den Tod und das
Vergessensein (den Scheol) nebeneinander, braucht die beiden als
gleichbedeutende Begriffe und fährt dann weiter: “Der Lebende, der
Lebende preist dich, wie ich heute.” Mit anderen Worten: ein lebender
Mensch kann den Herrn preisen; wenn der Mensch aber tot, wenn seine Seele
in den Scheol, in die Vergessenheit gegangen ist, dann hört aller
Lobgesang auf; seine Erinnerung an empfangene Wohltaten ist gänzlich
unterbrochen bis - laut Hiobs Zeugnis - der Herr am Auferstehungsmorgen
rufen wird, dann werden alle ihm antworten.
”Du
zogest mit Öl zum König ... und erniedrigst dich bis zum Scheol
(Vergessenheit).” - Jes. 57:9
Der
Prophet stellt hier das Haus Israel als ein Weib dar, das ihren Gatten,
den Herrn vernachlässigt, um mit den Königen der Erde sich zu verbinden
- sich dabei aber so sehr erniedrigte, dass der Herr sie als tot, als der
Vergessenheit verfallen betrachten musste - indem sie den Herrn und seine
Wahrheit und die auf Glauben beruhende Gerechtigkeit ganz vergessen hatte.
“An
dem Tage, da er in den Scheol (die Vergessenheit) hinabfuhr, machte ich
ein Trauern ... Von dem Getöse seines Falles machte ich die Nationen
erbeben, als ich ihn in den Scheol (Vergessenheit) hinabfahren ließ. ...
Auch sie fuhren mit ihm in den Scheol (Vergessenheit) hinab, zu den vom
Schwert erschlagenen.” - Hes. 31:15-17
In
bildlicher Sprache verkündigt Jehova durch den Propheten hier den Fall
Babylons. Wie wir bereits gesehen, hat sich dieser Fall und die bezüglich
ergreifende Schilderung am buchstäblichen Babylon zum Teil erfüllt; der
größere Teil der Weissagung geht jedoch auf die nahe Zukunft und wird
sich erst beim gänzlichen Sturz des geistlichen Babylon erfüllen. Die
ehemalige Stadt Babylon wurde von den Medern und Persern eingenommen und
zerstört und ist längst in die Vergessenheit versunken, Ähnlicherweise
wird auch die heutige Babylon in die Vergessenheit versinken um nie wieder
aufzustehen.
“Aus
der Mitte des Scheol (der Vergessenheit) reden von ihm die Helden mit
seinen Helfern.” - Hes. 32:21
Diese
Stelle handelt von Ägyptens Fall in die Vergessenheit. Die schon vor Ägypten
untergegangenen starken Nationen werden hier dargestellt, als redeten sie
miteinander über den Sturz der “Menge Ägyptens”. So sagen auch wir
von der Geschichte, dass sie uns dies oder das erzählt.
“Sie
liegen nicht bei den Helden der Unbeschnittenen, die gefallen sind, welche
in den Scheol (in die Vergessenheit) hinabfuhren mit ihren Kriegswaffen”
- Hes. 32:27
Der
Prophet weissagt hier von der Zerstörung Mesechs und Thubals, wie auch
sie in die Vergessenheit fahren werden samt ihren Kriegswaffen. Nach
Luthers Übersetzung kämen also auch die Kriegswaffen in die Hölle, was
wohl jedermann lebhaft bezweifeln wird; dass sie aber der Vergessenheit
verfallen können, ist in der Tat leicht möglich, und wir danken dem
Herrn, dass deren Wiederherstellung im kommenden, herrlichen Zeitalter,
wenn Immanuel sein Königreich eingesetzt haben wird, in keiner Weise
vorgesehen ist; denn die bestimmte Verheißung Gottes lautet: “Er
beschwichtigt die Kriege bis ans Ende der Erde.” (Psalm 46:9), und:
“Sie werden den Krieg nicht mehr lernen.” - Jes. 2:4
“Von
der Gewalt des Scheols (der Vergessenheit) werde ich sie erlösen, vom
Tode sie befreien! Wo sind, O Tod, deine Seuchen? wo ist, O Scheol
(Vergessenheit), dein Verderben?” - Hosea 13:14
Um
dem Leser den Vergleich zu erleichtern, führen wir diese Stelle auch nach
dem Wortlaut der Luther-Bibel an: “Ich will sie erlösen aus der Hölle
und vom Tode erretten. Tod, ich will dir ein Gift sein; Hölle, ich will
dir eine Pestilenz sein.” Wer sich also noch nicht hat überzeugen können,
dass Scheol nicht einen Ort der Qual bedeutet, kann doch wenigstens aus
dieser Stelle Trost schöpfen, da der Herr hier unzweideutig erklärt,
dass der Scheol vernichtet werden soll. Wenn irgend jemand noch glaubt, es
sei damit ein Ort der Qual gemeint, den lasst aber auch glauben, dass er
nicht in alle Ewigkeit bestehen soll, zumal der Herr selbst dessen
Vernichtung verordnet hat.
Aber
wie wunderbar klar und mit sich selbst übereinstimmend präsentiert sich
dieses ganze Zeugnis, wenn vom richtigen Standpunkt aus betrachtet! Das Lösegeld
ist von unserem teuren Heiland schon bezahlt worden, und das Werk der
Befreiung der Menschheit vom Scheol, von der Vergessenheit des Todes, lässt
nur noch lange auf sich warten, bis die Herauswahl der Kirche, des Leibes
Christi, aus allen Völkern vollendet und die so genannte “kleine
Herde” mit ihrem Herrn und Haupt, mit Christo Jesu verherrlicht sein
wird. Sobald die Auferstehung der Kirche (die Erste Auferstehung)
vollendet ist, “dann (erklärt der Apostel) wird das Wort erfüllt
werden, das geschrieben steht: Verschlungen ist der Tod in Sieg. Wo ist, O
Tod, dein Stachel? wo ist, O Tod, dein Sieg?” - 1. Kor. 15:54, 55
Das
Verschlungenwerden des Todes in Sieg wird das Werk des Tausendjahrtages
bilden und sich allmählich vollziehen, gerade wie der Tod die Menschheit
auch allmählich verschlungen hat. Die jetzt noch auf den Menschen
lastende Todesstrafe und der die Menschheit immer noch gefangen haltende
Scheol - die Vergessenheit - werden schließlich ganz verschwinden, weil
alle von ihrer Gewalt erlöst werden sollen. Unter den neuen Verhältnissen,
dem Neuen Bunde mit seiner reichlichen Heilsgelegenheit, wird niemand dem
Tode (der Vergessenheit) wieder anheimfallen, es sei denn “dass er
absichtlich und wider besseres Wissen in der Sünde verharre. Dies wird
der Zweite (jegliche Hoffnung auf Erlösung ausschließende,
unwiederbringliche) Tod sein.
“Wenn
sie in den Scheol (die Vergessenheit) einbrechen, wird von dort meine Hand
sie holen.” - Amos 9:2
Mit
diesen stark biblischen Worten bezeugt der Herr seine unbegrenzte Macht
und Gewalt über die Menschen, hier im besonderen über das Volk Israel.
Es war ihnen, sowohl persönlich, wie auch als Nation, unmöglich, den göttlichen
Gerichten zu entgehen, und wenn sie auch persönlich und als Volk dem Tode
anheimfallen würden so sollten dennoch die göttlichen Verheißungen
sowohl als auch seine Drohungen an ihnen sich erfüllen. Nachdem der Herr
ihnen jedoch den gänzlichen Fall und ihre Zerstreuung unter die Nationen,
wie wir sie heute vor unseren Augen erfüllt sehen, gedroht hatte, fährt
er weiter (in Vers 11-15) mit der Verheißung: “An jenem Tage (am Morgen
des Tausendjahrtages) werde ich die verfallene Hütte Davids aufrichten,
... und ich werde die Gefangenschaft meines Volkes Israel wenden; ... und
sie sollen nicht mehr herausgegriffen werden aus ihrem Lande, das ich
ihnen gegeben habe, spricht Jehova, dein Gott”. Es wird wohl niemandem
in den Sinn kommen, in einen Ort der ewigen Qual einzubrechen; zu
nationalem Vergessensein hat jedoch Israel seinen Weg gefunden, doch wird
sie die göttliche Hand von dort herausholen.
“Ich
schrie aus dem Schosse des Scheol (des Vergessenseins), du hörtest meine
Stimme.” - Jona 2:2
Der
Schoss des Scheol, oder der Hölle, wie Luther auch hier sagt, in welchem
Jona sich befand, und aus dem er wieder befreit wurde, war der Bauch des
großen Fisches, welcher ihn verschlungen hatte. Wenn Gott ihn nicht
errettet hätte, so wäre der Fischbauch für ihn tatsächlich zum Schoss
des Vergessenseins, der Vernichtung, des Todes geworden.
“Der
Wein ist treulos; der übermütige Mann, der bleibt nicht, er, der seinen
Mund weit aufsperrt wie der Scheol (die Vergessenheit), und er ist wie der
Tod und wird nicht satt, und er rafft an sich alle Nationen und sammelt zu
sich alle Völker.” - Hab. 2:5
Diese
Worte beziehen sich allem Anschein nach auf ein eroberungssüchtiges Volk.
Man könnte sie trefflich auf unsere heutigen großen Nationen anwenden,
die fast keine Mittel und keinen Verlust an Menschenleben scheuen, wenn es
gilt, sich ein kleineres, weniger zivilisiertes Volk zu unterwerfen, oder
dasselbe unter ihr “Protektorat” zu bringen. Ebenso gut passen sie
aber auch auf den “Menschen der Sünde” und seinen weltenweiten
Einfluss, wodurch er sich seine Einkünfte aus allen Völkern unter der
Sonne zuzieht. Der Sinn der Stelle bleibt in jedem Fall sich gleich: Die
Habgier ist unersättlich wie der Tod, sie wird nie befriedigt, und auch
ihr Rachen kann nie gestopft werden.
“Hades”
im Neuen Testament
Das
im Neuen Testament vorkommende griechische Wort Hades entspricht genau dem
hebräischen Scheol. Den sichersten Beweis hierfür bietet uns die
Tatsache, dass die Apostel beim Anführen alttestamentlicher Stellen das
Wort Scheol immer mit Hades wiedergeben. Wir führen hier sämtliche
Stellen des Neuen Testamentes an, in welchen das Wort Hades vorkommt:
Und
du, Kapernaum, die du zum Himmel erhöht worden bist, bis zum Hades
(Vergessenheit) wirst du hinabgestoßen werden.” - Matth. 11:23
Wie
das Wort Scheol im Alten, so ist in der Luther-Bibel auch das Wort Hades
im Neuen Testament überall mit “Hölle” übersetzt worden. Dass aber
Kapernaum in die ewige Qual gegangen, ist doch gewiss nicht wahr, ebenso
wenig versank die Stadt in ein Grab, im gewöhnlichen Sinn des Wortes;
dass sie aber bis auf den Grund zerstört wurde und in gänzliche
Vergessenheit verfallen ist, bleibt wohl eine unbestrittene Tatsache
(nicht einmal ihr Standort war, wenigstens in den sechziger Jahren, genau
bekannt).
“Aber
auch ich sage dir, dass du bist Petrus; und auf diesen Felsen will ich
meine Versammlung bauen, und des Hades (der Vergessenheit) Pforten werden
sie nicht überwältigen.” - Matth. 16:18
Petrus
hatte soeben das gute Bekenntnis abgelegt, dass der Herr Jesus der
Gesalbte, der Sohn des lebendigen Gottes - der Messias - sei, und diese
Wahrheit ist der mächtige Fels, auf welchen die ganze Kirche oder
Herauswahl Christi als lebendige Steine aufgebaut werden muss, denn “es
ist kein anderer Name den Menschen gegeben”, und “einen anderen Grund
kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus
Christus.” Unser Herr erklärte Petrus als einen dieser lebendigen
Steine (“Petrus” bedeutet “ein Stein”), und Petrus selbst bezeugt
(1. Petr. 2:5), dass alle geweihten Gläubigen ebenfalls solche lebendige
Steine seien, aufgebaut auf den unerschütterlichen Felsen - auf Christum,
den Gesalbten. Diese lebendigen Steine bilden, wenn einst alle vollendet
und zusammengefügt, den herrlichen Tempel, in welchem Gott durch seinen
Geist wohnen wird und durch welchen er dann alle Geschlechter der Erde
segnen will. Trotz dieser Tatsache, dass Gott eine gewisse Zahl von Gläubigen
in Christo angenommen hat und sie als Glieder seines zukünftigen Tempels
betrachtet, lässt er jedoch zu, dass der Tod jetzt seine Kinder überwältigt,
dass dieselben scheinbar wie alle anderen dem Tod, der Vergessenheit
anheimfallen, und darum muss der Herr sie ermutigen durch seine
Versicherung, dass der Tod nicht über sie zu triumphieren, und die
Vergessenheit ihre Pforten nicht für immer über ihnen verschlossen zu
halten vermöge, sondern dass - gleich wie er (symbolisch gesprochen) die
Pforten des Todes sprengte und durch des Vaters Allmacht auferweckt wurde
- auch seine Kirche von der Gewalt des Todes und der Vergessenheit befreit
werden und an seiner, an der Ersten Auferstehung teilhaben sollen. Dies
stimmt deutlich mit dem ganzen Zeugnis der Schrift überein, und anders
lassen sich die angeführten Worte des Herrn nicht auslegen, ohne mit der
Schrift selbst in Widerspruch zu geraten.
“Und
du, Kapernaum, die du bis zum Himmel erhöht worden bist, bis zum Hades
(Vergessensein) wirst du hinab gestoßen werden.” - Luk. 10:15
Kapernaum
war hoch erhöht und in großem Maß bevorzugt, weil unser Herr eine
Zeitlang daselbst wohnte; die Stadt hatte somit besonders reichliche
Gelegenheit, seine Lehren zu vernehmen und seine Wundertaten zu sehen, und
dies war, bildlich gesprochen, ihre Erhöhung bis zum Himmel. Da sie aber
diese hohen Vorrechte und Gelegenheiten richtig zu schätzen und zu
gebrauchen verfehlte, musste unser Herr der Stadt ein um so größeres
Gericht verkündigen - den gänzlichen Zerfall, den Sturz in die tiefste
Vergessenheit. Und diese Drohung hat sich auch wirklich erfüllt.
“Und
im Hades (Zustand des Vergessenseins) seine Augen aufschlagend, als er in
Qualen war.” - Luk. 16:23
Hier
haben wir die einzige Stelle der heiligen Schrift, welche die Möglichkeit
des Denkens und Fühlens, der Qual oder der Freude im Hades oder Scheol
andeutet. Aufs erste scheint sie dem Zeugnis Salomos, dass es im Scheol
weder Tun, noch Überlegung, noch Kenntnis, noch Weisheit gebe,
schnurstracks zu widersprechen, und sie kann auch nur dann richtig
verstanden werden, wenn sie als das betrachtet wird, was sie ist, nämlich
als Gleichnis. Wir haben uns schon anderswo (Siehe “Was sagt die
Heilige Schrift über die Hölle?”) mit der Betrachtung dieses
Gleichnisses und dessen Einzelheiten befasst und dort gezeigt, dass der
reiche Mann, der in die Vergessenheit fiel und, trotzdem er in der
Vergessenheit war, noch gequält wurde, die jüdische Nation darstellt.
Israel ist sicherlich der Vergessenheit verfallen; als Nation, sind sie
tot, aber die unter alle Völker zerstreuten Splitter Israels leben
weiter, und durch dieselben hat Israel seit seiner Verwerfung des Messias
fortwährend Qual gelitten und wird weiter leiden müssen, bis es “Zwiefältiges
empfangen hat für seine Sünden”, und seine Trübsal sich in göttliche
Gunst verwandeln wird, gemäß den Bestimmungen des göttlichen Bundes. -
Röm. 11:26-29
“Du
wirst meine Seele nicht im Hades (in der Vergessenheit) zurücklassen.”
- Apg. 2:27
Dies
ist die Stelle aus den Psalmen, mit welcher wir unsere gegenwärtige
Betrachtung eröffnet haben, um uns zu vergewissern, ob es die Seele oder
nur der Leib sei, der in den Hades oder Scheol, in die Vergessenheit fährt.
Der angeführte Text lehrt mit vollem Nachdruck, dass die Seele unseres
Herrn dem Hades, dem Zustand des Vergessenseins verfiel und durch eine
Auferweckung wieder davon befreit wurde. Der Zusammenhang beweist uns,
dass auch Davids Seele dem Scheol anheim fiel, dass dieselbe bis jetzt
aber noch nicht vom Scheol befreit worden ist und den Bestimmungen des göttlichen
Planes gemäß auch nicht befreit werden kann, bis die ganze Herauswahl,
der Leib Christi, zuerst befreit und die Erste Auferstehung vollendet sein
wird. - Apg. 2:29, 34; Hebr. 11:32, 39, 40
“David
hat voraussehend von der Auferstehung des Christus geredet, dass er nicht
im Hades (in die Vergessenheit) zurückgelassen worden ist.” - Apg. 2:31
Mit
diesem bestimmten Zeugnis wird das, was wir eben gesehen haben, noch
weiter bestätigt.
“Wo
ist, O Tod, dein Stachel? wo ist, O Hades (Vergessenheit), dein Sieg?” -
1. Kor. 15:55
Der
Apostel erwähnt diese alttestamentliche Stelle zur Bekräftigung seiner
Beweisführung, dass die einzige Hoffnung der Toten auf einer Auferstehung
beruht - nicht auf einer Auferstehung des Leibes, denn nach Vers 37 und 38
ist der begrabene Leib nicht der, welcher auferweckt wird: Die
Auferstehungshoffnung bezieht sich auf das Wesen, auf die Seele,
ungeachtet welcher Art der Leib sei, den ihr Gott nach seinem Wohlgefallen
geben wird. Es heißt nicht, “wenn der Leib nicht auferweckt wird, so
ist euer Glaube eitel sondern wenn Tote nicht auferweckt werden, so ist
euer Glaube eitel ... dann sind auch die, welche in Christo entschlafen
sind, verloren gegangen.” (Vers 16-18) Das, was entschläft, soll wieder
erweckt werden und auferstehen, aber nicht das, was in Verwesung übergeht.
“Und
ich war tot, und siehe, ich bin lebendig in die Zeitalter der Zeitalter
und habe die Schlüssel des Todes und des Hades (der Vergessenheit).” -
Offb. 1:18
Den
Kindern Gottes sollen diese Worte zur Ermutigung dienen; das Wort Hades
kann deshalb sicher auch hier nicht “Hölle”, d.h. einen Ort der Qual
bezeichnen, denn worin würde sonst die Kraft dieses Ausspruches bestehen?
Die Stelle deutet an, dass auch die Kinder Gottes, wie die andern, dem
Hades (der Vergessenheit) verfallen müssen, mit der Hoffnung jedoch, dass
unser großer Erlöser zu seiner Zeit dieses bildliche Gefängnis des
Todes aufschließen und all die Gefangenen aus dem Grab, aus dem Scheol
oder Hades, aus dem Vergessensein hervorbringen wird. Hierin liegt die
Bedeutung seiner Aussage, dass er die Schlüssel, d.h. die Macht und
Autorität über den Hades besitze - er kann öffnen und schließen; alle
Gewalt liegt in seiner Hand.
Aus
Luk. 4:18 ersehen wir, wie unser Herr die Weissagung Jesaja: “Er hat
mich gesandt, Gefangenen Befreiung auszurufen, ... Zerschlagene in
Freiheit hinzusenden” (Jes. 61:1), auf sich selbst anwendet und dies als
das Evangelium erklärt. Es ist das Evangelium von der Auferstehung, die
frohe Botschaft von der Befreiung aller Gefangenen aus der Vergessenheit
des Todes und aus der Gewalt des Widersachers, aus den Schlingen
“dessen, der des Todes Gewalt hat, das ist der Teufel.” Von welch
wunderbarer Bedeutung sind doch diese Schriftzeugnisse, wenn vom richtigen
Standpunkt aus betrachtet, und wie verwirrend und absurd müssen sie von
jedem anderen Standpunkt aus erscheinen, wenn die Finsternis nicht so dick
wäre, dass dadurch all die Ungereimtheiten und Widersprüche zugedeckt
und verborgen blieben.
“Sein
Name war Tod und der Hades (Vergessenheit) folgte ihm. Und ihm wurde
Gewalt gegeben über den vierten Teil der Erde, zu töten mit dem Schwert
und mit Hunger und mit Tod und durch die wilden Tiere der Erde.” - Offb.
6:8
Eine
unbegrenzte Einbildungskraft wäre unumgänglich nötig, wenn man diese
Stelle mit der allgemein verbreiteten Ansicht in Einklang bringen wollte,
wonach der Hades ein Ort der Qual sei, und zwar von solch ungeheurer
Ausdehnung, dass er die fünfzigtausend Millionen der unseligen Menschen
alle zu fassen vermöge. Und welches wäre wohl die Bedeutung dieser
Worte, wenn solch ein Ort im Symbol als auf einem Pferde reitend
dargestellt sein sollte? Lassen wir aber dem Wort Hades seine richtige
Bedeutung, so gewinnt das ganze Bild viel an Verständlichkeit: Der Tod
und sein Begleiter, der Hades - der Zustand des Todes, die Vernichtung,
Vergessenheit, Bewusstlosigkeit - durchstreifen die Erde und fegen die
Menschen in großer Menge vom Erdboden weg. Wir begnügen uns, hier bloß
die vernünftige Bedeutung der Stelle zu zeigen, ohne uns auf eine Erklärung
der einzelnen Symbole einzulassen.
“Und
der Tod und der Hades (die Vergessenheit) gaben die Toten, die in ihnen
waren, und sie wurden gerichtet, ein jeder nach seinen Werken.” - Offb.
20:13
Als
Folge des ersten Sündenfalles in Eden kam die Todesstrafe auf die ganze
Menschheit. Wohl fünfzigtausend Millionen Menschen sind schon in den
Scheol, in den Hades, in die Vergessenheit gegangen, und Hunderte von
Millionen, die wir noch zu den Lebenden zählen, sind wahren Sinne des
Wortes nicht lebendig, sondern zu neun Zehnteln tot, indem sie alle der
Todesstrafe verfallen sind und deren Folgen deutlich zu verspüren
bekommen. Als ein Resultat des auf Golgatha bezahlten Lösegeldes soll nun
aber jedem Glied des Menschengeschlechtes eine Gelegenheit zu einer neuen
Prüfung angeboten werden, welche als besondere Gnade in diesem für die
Herauswahl der Kirche bestimmten Zeitalter nur einer kleinen Minderheit zu
teil werden sollte. Die ursprüngliche Todesstrafe wird aufgehoben und
alle Menschen werden persönlich auf die Probe gestellt, ob sie sich, je
nach ihren Werken - ihrem Gehorsam oder Ungehorsam - des ewigen Lebens würdig
erweisen oder nicht. Die hier erwähnte Schriftstelle zeigt uns, dass zur
geeigneten Zeit nicht nur den Toten, welche wohl unter der Todesstrafe
stehen, aber noch nicht ins Grab gegangen sind, volle Gelegenheit geboten
wird, sich als des ewigen Lebens wert oder unwürdig zu erweisen, sondern
dass auch alle die, dem Scheol, dem Hades, der Vergessenheit Verfallenen
aus ihrer Bewusstlosigkeit, aus ihrem Todesschlummer erwachen sollen, um
gerichtet zu werden - um ihre persönliche Prüfung zu bestehen. Dieses
Werk der Prüfung gehört laut vielfachem Schriftzeugnis ins tausendjährige
Reich, das “der Tag des Gerichts” für die Welt ist, während die
Herauswahl ihre Prüfung in dem Evangeliums-Zeitalter zu bestehen hat.
“Und
der Tod und der Hades (die Vergessenheit) wurden geworfen in den Feuersee.
Dies ist der Zweite Tod, der Feuersee.” - Offb. 20:14
In
Luther-Übersetzung steht auch hier für Hades “die Hölle”; wer nun
darauf bestehen will, dass Hades einen Ort ewiger Qual bezeichne, der muss
beim Betrachten dieser Stelle unwillkürlich in große Verwirrung geraten.
Wie vernünftig und harmonisch erscheint sie aber, wenn vom richtigen
Standpunkt aus betrachtet! Der Feuersee (Gehenna) ist das Bild gänzlicher
Vernichtung; er ist “Der Zweite Tod”, der schließlich alles Böse gänzlich
vertilgen wird. “Tod und Hades”, die hier als durch den Zweiten Tod
vernichtet dargestellt werden, sind dieselben Begriffe, die wir soeben anlässlich
des vorhergehenden 13. Verses beschrieben haben. Der gegenwärtige Zustand
der Verdammnis - die Folge der adamitischen Übertretung - wird “Tod und
Hades” genannt - der sterbende Zustand derer, die wir lebendig heißen,
und der bewusstlose Schlaf der wirklich Gestorbenen.
Wie
der 13. Vers erklärt, dass zu seiner Zeit alle Menschen aus diesen Zuständen
befreit werden und zu einer Prüfung gelangen sollen, so bezeugt dieser
14. Vers, dass der adamische Tod und der damit verbundene Schlaf in der
Vergessenheit nach dem tausendjährigen Reich nicht mehr vorhanden sein
werden, weil dann alles durch den Zweiten Tod, den Zustand ewiger
Vernichtung, werde verschlungen worden sein. In der Zukunft wird niemand
mehr wegen Adams Sünde sterben: dieselbe fällt in der zukünftigen Prüfung
gänzlich außer Betracht. Der einzige Tod wird der Zweite Tod sein, und
diesem werden nur die verfallen, welche persönlich die Sünde tun, nicht
aber deren Eltern, noch auch ihre Kinder. “Die Seele, welche sündigt,
die soll sterben.” Trotzdem dieselben mit Schwachheiten der adamitischen
Natur behaftet sein werden, von denen sie sich nicht erholt haben, weil
sie die während des Millenniums durch den Mittler des Neuen Bundes in
ihren Bereich gestellten Hilfsmittel und Gelegenheit verschmähten, so
werden nach den Bedingungen dieses Neuen Bundes jene Schwachheiten doch
nicht wider sie in Rechnung gebracht, indem dieselben durch das Opfer
ihres Erlösers gänzlich beseitigt wurden. Wenn also nach der Zeit, da
diese volle Heilsgelegenheit jedem einzelnen zuteil geworden sein wird,
ihnen noch adamische Gebrechen und Unvollkommenheiten anhaften, so werden
sie nicht des adamitischen, sondern des Zweiten Todes schuldig erachtet; -
denn wenn sie während dieser günstigen Zeit keine Fortschritte gemacht
haben, so wird das die Folge ihrer eigenen Halsstarrigkeit und Bosheit
sein und nicht das Resultat von Adams Übertretung oder ihrer vererbten
Schwächen.
Wir
haben nun jede Schriftstelle in Betracht gezogen, worin die Wörter Scheol
und Hades vorkommen, und haben uns vergewissern können, dass es die
Seelen der Menschen sind, welche beim Tode in diesen Zustand kommen; wir
sagen Zustand, weil wir uns ebenfalls überzeugen konnten, dass damit
nicht ein Ort gemeint ist, trotzdem derselbe in bildlicher Sprache hin und
wieder einem Ort, einem Gefängnis verglichen wird, aus welchem am
Auferstehungsmorgen alle Gefangenen hervorkommen werden. Wir haben
gefunden, dass es ein Zustand der Finsternis und der Stille ist, und dass
für die, welche diesem Zustand des Vergessenseins anheimfallen, jegliches
Bewusstsein, alles Denken, Reden und Handeln, sowohl Fluchen als
Gott-Loben, gänzlich ausgeschlossen ist. Ihre einzige Hoffnung ruht im
Herrn, - dass er durch das Opfern seiner Seele ihre Seelen von der
Vernichtung erlöst hat, und dass er sie zu seiner Zeit befreien, sie aus
der Vergessenheit aufwecken wird in günstigere Verhältnisse, als es die
gegenwärtigen sind - wenn sein Zorn, der Fluch, vergangen sein und das
tausendjährige Zeitalter des Segens begonnen haben wird.
Dass
die Übersetzer und Verbesserer der allgemein gebräuchlichen Luther-Bibel
und damit verwandten Übersetzungen vielfach von den falschen Ansichten
beeinflusst waren, welche in Bezug auf die Natur des Menschen, auf die
Zeit und den Ort seiner Belohnung und auf seinen Zustand in der
Zwischenzeit des Todes, allgemein vorherrschen, müssen wir leider als
eine Tatsache erkennen; und es sollte uns deshalb nicht überraschen, wenn
sie sich haben verleiten lassen, gewissen Schriftstellen Gewalt anzutun,
um dieselben mit ihren falschen Begriffen in Einklang zu bringen. Die so
vergewaltigten Schriftzeugnisse haben aber schon manchem Wahrheitssucher
zum Anstoß gereicht, und es ist somit gewiss recht und billig, solche
Hindernisse näher zu betrachten und aus dem Wege zu räumen; damit wir
aber den eigentlichen Gegenstand unserer Betrachtung nicht unterbrechen,
verschieben wir dies auf den folgenden Band unseres Werkes.