SCHRIFTSTUDIEN
BAND
5 - DIE
VERSÖHNUNG DES MENSCHEN MIT GOTT
Studie
14
Die
Notwendigkeit der Versöhnung
Der
Fluch.
Der Fluch ist ein gegenwärtiges,
kein zukünftiges Übel. — Wann und warum kam derselbe
auf alle Menschen? — Wann wird dieser „Zorn”
Gottes gegen die Sünde vorüber sein? —
Das gegenwärtige und das zukünftige
“Entrinnen”. —
Der von Gott entworfene Heilsplan erfordert die Versöhnung. —
Der Mensch als Beispiel für die Engel und die zukünftigen Geschöpfe.
„Und
keinerlei Fluch wird mehr sein.” - Offb. 22:3
Unser
Text stimmt aufs schönste mit dem Grundton des gesamten Schriftzeugnisses
überein, laut welchem es eine Zeit geben wird, da das Versöhnungswerk gänzlich
vollendet und infolgedessen der Mensch sowohl wie auch seine Wohnstätte,
die Erde, vom Fluch völlig befreit sein wird. Daraus geht aber hervor,
dass der Fluch jetzt noch nicht beseitigt, sondern noch da ist und auf der
Erde und der Menschheit lastet. Und wir müssen ferner aus der Stelle
schließen, dass dieser Fluch nicht immer vorhanden war, sondern zu einer
gewissen Zeit hereinkam und seine Wirkung an allen auszuüben begann.
Wer
irgend sich die Mühe nimmt, der Sache seine volle Aufmerksamkeit zu
schenken, der wird in der Schrift hinsichtlich dieser drei Punkte solch
wundervolle Harmonie finden, dass er darüber staunen und sich überzeugen
lassen muss, dass die heilige Schrift nicht menschlichen Ursprungs sein
kann, dass trotz den verschiedenen Verfassern und dem zwischen der
Entstehung der ersten und letzten Bücher liegenden Zeitraum von
zweitausend Jahren ihr Zeugnis vollkommen einstimmig und in keinem Punkt
so bestimmt, konsequent und überzeugend ist, als gerade in Bezug auf den
Fluch - wie er hereingekommen und gewirkt, wie er ungültig gemacht und
schließlich ganz aufgehoben werden wird.
Wie
man allgemein zu lehren und zu glauben gewohnt ist, wäre der über die
Menschheit ausgesprochene Fluch eigentlich nicht ein gegenwärtiges,
sondern ein zukünftiges Unglück, bestehend in ewiger Qual. Nach der
heiligen Schrift ist es aber ein gegenwärtiger Fluch - der Tod, - welcher
in der Zukunft aufgehoben werden soll. Wir dürfen aber unter dem Fluch
des Todes nicht bloß den Moment des eigentlichen Sterbens, die Tage oder
Stunden des Todeskampfes, oder den Augenblick, da der Lebensodem uns
ausgeht, verstehen. Im Gegenteil, um die volle Bedeutung des Fluches (des
Todes) zu erfassen, müssen wir uns den ersten, vollkommenen Menschen
vorstellen, mit all seinen Körper und Geisteskräften - das Bild seines
Schöpfers, von demselben “sehr gut” geheißen, sowohl hinsichtlich
seiner geistigen und physischen Fähigkeiten, als auch seines moralischen
Zustandes. - 1. Mose 1:31
Der
sehr kurz gehaltene, geschichtliche Bericht im 1. Buche Mose, sowie die
Tatsache, dass die Sintflut alle von der Erfindungs- und Tatkraft unseres
Stammvaters und seiner frühesten Nachkommenschaft zeugenden Werke
vernichtet, machen uns eine richtige Berechnung und Beurteilung seiner körperlichen
und geistigen Fähigkeiten unmöglich. Soviel wissen wir jedoch, dass er
als Gottes Werk vollkommen war (5. Mose 32:4), dass er aber von seiner
“Gradheit” fiel und viele Berechnungen und Ausklügelungen suchte. (Pred.
7:29) Und von den physischen Fähigkeiten - von der körperlichen
Widerstandskraft unseres Stammvaters können wir uns einen Begriff machen,
wenn wir bedenken, dass er trotz dem Fluch, trotz all den ungünstigen
Verhältnissen, die ihn nach seiner Vertreibung aus dem Garten Eden
umgaben, eine Periode von neunhundertdreißig Jahren lang am Leben zu
bleiben vermochte. - 1. Mose 5:5
Wenn
wir nun diese physische Lebenskraft mit der Tatsache vergleichen, dass
heutzutage mehr als die Hälfte der Menschen in der Kindheit sterben, und
der Durchschnitt eines Menschenalters kaum noch 33 Jahre beträgt - trotz
all den Entwicklungen und jahrhundertlangen Erfahrungen in Medizin und
Wissenschaft und trotz all den getroffenen Vorkehrungen zur Förderung der
Gesundheit, welche Vorteile den frühesten Generationen erst noch abgingen
- dann bekommen wir eine Ahnung, wie sehr uns der Fluch in körperlicher
Hinsicht geschwächt hat. Und da wir wissen, dass die geistigen und körperlichen
Kräfte des Menschen sich in hohem Grade entsprechen, dass, je gesunder
der körperliche Organismus ist, desto stärker und ausgeprägter auch die
geistigen Kräfte und Fähigkeiten sind - so empfangen wir auch
hinsichtlich der geistigen Größe einen nicht geringen Respekt vor
unserem Vater Adam, welchen der große Schöpfer als vollkommen, als „sehr
gut” proklamierte und ihn würdig achtete, sein Sohn zu heißen - sein
Ebenbild in geistiger und moralischer Beziehung. - Luk. 3:38
Adam
war aber nicht nur körperlich und geistig, sondern auch sittlich
vollkommen - die ihm unter den damaligen Verhältnissen der Schöpfung
geschenkte körperliche und geistige Vollkommenheit musste seine sittliche
Vollkommenheit unbedingt mit einschließen; die heilige Schrift erklärt
übrigens, dass noch keine sittlichen Gebrechen mit der daraus folgenden
Entartung dazwischen gekommen waren, und zudem dürfen wir nicht annehmen,
dass die Schrift den Menschen als “sehr gut”, als Gottes Ebenbild
bezeichnet hätte, wenn seine sittlichen oder moralischen Kräfte nicht
mit seiner geistigen Entwicklung in vollem Ebenmaß gestanden wären. Denn
einen Menschen körperlich und geistig vollkommen erschaffen, ohne ihm
auch die entsprechende sittliche Kraft zu verleihen, hieße ihn zu einem
sehr schlechten Menschen machen, nach dem Grundsatz: je größer die Fähigkeiten,
desto größer der Bösewicht, wenn die zur Beherrschung der Fähigkeiten
notwendige sittliche Kraft fehlt.
Die
gegen Adam ausgesprochene Todesstrafe “sterbend wirst du sterben” (1.
Mose 2:17, wörtlich übers.) - der „Fluch” - war nicht bloß gegen
seinen Leib gerichtet, sondern gegen den ganzen Menschen, in geistiger
ebenso wohl wie in körperlicher Beziehung, und dabei waren natürlich
auch seine sittlichen Eigenschaften inbegriffen, weil dieselben einen Teil
der geistigen Fähigkeiten bilden. Diese Wahrheit wird in ihrem ganzen
Umfange von der unumstößlichen Tatsache bestätigt, dass der Mensch
heutzutage wirklich als ein im vollen Sinn des Wortes gefallenes Wesen
dasteht: Von seiner Körperkraft hat er soviel verloren, dass seine
durchschnittliche Lebensdauer trotz allen hygienischen Bemühungen auf 33
Jahre zusammengeschmolzen ist; auch seine geistigen Kräfte sind weit zurückgegangen,
trotzdem sie jetzt noch einer viel größeren Entwicklung fähig sind, als
es die kurze Lebensdauer erlaubt, und was erst seinen sittlichen Zustand
betrifft, so musste längst der Apostel erklären: „Da ist nicht ein
Gerechter, auch nicht einer; ... alle sind abgewichen, sie sind allesamt
untauglich geworden und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes.” - Röm.
3:10, 23
Der
Apostel hebt ferner hervor, dass Vater Adam, als er unter Gottes Zulassung
geprüft wurde, nicht als ein betrogener oder verführter, sondern als ein
absichtlicher Übertreter der Versuchung unterlag (1. Tim. 2:14). Wir
sehen hieraus, dass er, was seine sittliche Kraft betrifft, völlig
imstande gewesen wäre, den göttlichen Anforderungen gerecht zu werden -
denselben zu gehorchen; es wäre übrigens von Gottes Seite ungerecht, ein
Geschöpf versucht und um seines Fehlens willen verurteilt zu haben, das
schon seiner unvollkommenen Erschaffung wegen nicht fähig gewesen wäre,
solch eine Prüfung erfolgreich zu bestehen und seinem Schöpfer gehorsam
zu bleiben. Die Tatsachen, dass Adam eine Prüfung auf ewiges Leben oder
ewigen Tod zu bestehen hatte, und dass er sich durch bewussten und
gewollten Ungehorsam von dem großen Richter die volle, gesetzmäßige
Strafe zuzog, müssen jeden vorurteilsfreien und Recht denkenden Menschen
überzeugen, dass Adam im vollsten Sinne des Wortes vollkommen und zum
Widerstand gegen die Versuchung befähigt war.
Und
wenn wir bedenken, dass Gott auch, nachdem das Lösegeld bezahlt ist, die
Menschheit nicht wieder vor den gleichen, höchsten und unverletzbaren
Gerichtshof stellen will, sondern sie in ihrem gefallenen Zustand als
jeglicher Prüfung vor den Schranken seiner absoluten Gerechtigkeit unfähig
erklärt, weil trotz unseren besten Taten sich niemand vor ihm
rechtfertigen kann, - so werden wir um so völliger gewahr, dass unser
Geschlecht sehr tief gefallen ist, und das Gott unseren Vater Adam gar
nicht geprüft haben würde, wenn er nicht viel besser gewesen wäre als
wir - wenn er als vollkommener Mensch nicht auch alle zum erfolgreichen
Bestehen dieser Prüfung notwendigen Eigenschaften besessen hätte. Dies
stimmt denn auch mit der Tatsache, dass Gott weder die Prüfung der Kirche
in diesem Evangeliums-Zeitalter noch diejenige der ganzen Menschheit während
dem Tausendjahrtag selbst besorgen will, sondern zu diesem Zweck einen
Mittler bestellt hat - Christum: - „Denn der Vater richtet niemanden,
sondern das ganze Gericht hat er dem Sohn gegeben.” - Joh. 5:22
Betrachten
wir den Menschen als Ganzes (geistig, sittlich und körperlich eins), wie
die heilige Schrift es tut, so können wir erkennen, wie der Fluch, das
Todesurteil, seine Wirkung an jedem Teil des menschlichen Wesens ausübt,
und blicken wir um uns her, in der ganzen Welt herum, so finden wir lauter
Bestätigungen zu dieser Wahrheit. Wie der Zerfall der körperlichen Kräfte
bei den einen im Magen, bei den anderen am Muskel-, Knochen- oder
Nervensystem sich besonders deutlich offenbart, so finden wir, dass die
Entartung, der Kraftverlust bei den einen besonders den Geist, bei anderen
die Sittlichkeit und bei wieder anderen den Leib betroffen hat, dass aber
alle in jeder Hinsicht gebrechlich sind; alle sind unter diesem Fluch
hoffnungslos verloren. Für keinen einzigen ist irgend Hoffnung vorhanden,
dass er sich je von diesen Banden des Verderbens, in denen er geboren
worden, wird befreien können, wie geschrieben steht: „Siehe, in
Ungerechtigkeit bin ich geboren und in Sünde hat mich empfangen meine
Mutter” (Psalm 51:5). Diesen Todesfluch bringen wir also schon mit auf
die Welt, er ist somit nicht eine Folge unserer persönlichen, sondern
vielmehr unserer angeerbten Sünden - ein Fluch oder Schaden, der durch
Vererbung von Adam bis auf uns herab gedrungen ist.
Es
ist gesagt worden, dass wir “sterbend geboren werden”, und wie sehr
das zutrifft, müssen wohl alle zugeben: Unwohlsein, Krankheit, Schmerzen,
Schwächezustände sind nichts als Beweise des in uns wirkenden
Todesprozess. Wäre nicht durch Satans betrügerische Verdrehungen des göttlichen
Planes allgemeine Blindheit dazwischen gekommen, so würden die Menschen
auf allen Seiten Zeugnisse des auf ihnen lastenden Fluches erkennen, wie
der Apostel erklärt, “Es wird geoffenbart Gottes Zorn über alle
Ungerechtigkeit”, denn auch die geringste Ungerechtigkeit ist Sünde (Röm.
1:18). Der Apostel sagt nicht, dass in einem zukünftigen Leben in Flammen
und Qual der Zorn Gottes geoffenbart werden wird, sondern er bestätigt
ganz richtig, dass er sich in diesem Leben und in dieser Zeit offenbare
und von allen erkannt werden müsse, welche offene Augen haben, um die
entsprechenden, wahren Tatsachen zu sehen. Durch jeden Arzt, der irgend
eine in unserem Geschlecht wuchernde und den Tod befördernde Krankheit
konstatiert, wird der Zorn Gottes geoffenbart. Jedes Leichenbegräbnis,
jeder Sarg, jeder Friedhof oder “Grabesacker”, jeder Grabstein, ja
jedes Trauerzeichen erinnert uns an die Tatsache, dass die Menschheit
stirbt, dass der Zorn, der Fluch Gottes auf ihr liegt. Und dieser Zorn
Gottes richtet sich nicht bloß gegen die gröbsten Sünder, sondern gegen
alle, auch die geringste Ungerechtigkeit. Es gibt hier also kein
Entweichen, denn da ist kein Gerechter, nicht einer, und Kinder wie Greise
sind diesem „Zorn” oder „Fluch” unterworfen.
Der
unter den Folgen des Fluches oder Zornes schwer leidende Prophet Hiob hat
in seiner Not gerufen: „O dass du in dem Scheol (Vergessensein) mich
verstecktest, mich verbärgest, bis dein Zorn sich abwendete, mir eine
Frist setztest und dann meiner gedächtest!” „Du würdest (dann) rufen,
und ich würde dir antworten; du würdest dich sehnen nach dem Werke
deiner Hände.” (Hiob 14:13, 15) Die Zeit des Zornes, die nun 6000 Jahre
gewährt hat, soll in dem großen Tag der Rache ihr Ende erreichen; dieser
Tag bringt aber noch vermehrte Trübsal auf die Menschen, besonders auf
die Christenheit, weil dieselbe größere Gelegenheiten und Vorrechte versäumt
und wider größeres Licht gesündigt hat. Darum wird dieser Tag der Rache
und des besonderen vermehrten Zornes “eine Zeit der Trübsal” genannt,
dergleichen nicht gewesen ist, seitdem eine Nation besteht.” Den
Heiligen Gottes ist verheißen, dass sie würdig geachtet werden, all
diesen über den Erdkreis kommenden Dingen zu entgehen und vor des
Menschen Sohn zu stehen. Sie sollen diesem besonderen Zorn entgehen,
jedoch nicht dem allgemeinen Zorn, der geoffenbart ist vom Himmel über
alle Ungerechtigkeit. An dem letzteren nehmen sie mit der Welt in mancher
Hinsicht Anteil, und dennoch besteht zwischen ihnen und der Welt ein
Unterschied, den die heilige Schrift deutlich hervorhebt:
Wer
in diesem Evangeliums-Zeitalter Christum annimmt und sich ihm völlig
weiht, den betrachtet Gott als vom Tode zum Leben hindurch gedrungen, als
dem Fluch und “dem Verderben, das in der Welt ist, entflohen”. (2.
Petr. 1:4; 2:18, 20) Sie sind freilich immer noch in der Welt und dem Tod
unterworfen, noch nehmen sie mit der Welt Anteil an Krankheit und
Schmerzen, an Kummer und Trübsal, so dass vom weltlichen Standpunkt aus
hierin kein Unterschied bemerkbar ist, aber vom göttlichen Standpunkt aus
betrachtet (auf welchem alle Gläubigen sich auch befinden sollten) lässt
sich ein großer Unterschied konstatieren. Sie werden nicht länger als um
des göttlichen „Fluches” oder „Zornes” willen sterbend betrachtet;
sie sind gerechtfertigt und haben sich nachher als lebendige Opfer
dargeboten, und so wird nun ihr Tod als ein Teil des Opfers Christi
gerechnet. Wie der Apostel es erklärt, werden solche als Tote mit Christo,
als Teilhaber an seinem Opfer betrachtet und nicht als den Tod Adams
sterbend, wie die übrige Menschheit. „Wenn wir aber mit Christo
gestorben sind, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden.” - Röm.
6:8
Ähnlich
verhält es sich mit unseren leiblichen Schmerzen und Gebrechen, die in
Wirklichkeit Folgen der vererbten körperlichen Schwachheit sind. Wie
allen Menschen, so begegnen auch uns allerlei Krankheiten und leibliche Trübsale;
der Herr verhindert das nicht, aber er versichert uns, dass alle unsere
derartigen Erfahrungen nicht länger Beweise seines Zornes gegen uns seien,
sondern dass er sie nach seiner göttlichen Weisheit, Liebe und Macht so
überwalten wolle, dass sie uns zum Guten dienen, dass wir dadurch um so
mehr an seinem Geiste zunehmen und schließlich als seine Kinder für die
zu ererbende Herrlichkeit, Ehre und Unsterblichkeit zubereitet sein würden
- denn die gegenwärtige Züchtigung und das vorübergehende Leichte
unserer Drangsal bewirken die friedsame Frucht der Gerechtigkeit und ein
überschwängliches Gewicht von Herrlichkeit. (Phil. 2:13; Röm. 2:7; Hebr.
12:11; 2. Kor. 4:17; 2. Petr. 1:4-11) In dieser Hinsicht wandeln wir
freilich völlig im Glauben, nicht im Schauen. Von außen betrachtet,
haben wir nichts vor der Welt voraus; Gottes Kinder scheinen im Gegenteil
oft größere Schwierigkeiten, größere Trübsale und Schmerzen
durchkosten zu müssen als der natürliche Mensch, mit welchem Gott jetzt
noch nicht handelt, weil derselbe noch nicht in den Zustand der Versöhnung
mit Ihm gebracht worden ist. Es erfordert dieser Umstand also ein noch größeres
Maß von Glauben und weist sich deshalb wiederum als ein Segen aus, als
eine Gelegenheit zur Charakterbildung, zum Heranreifen guter Früchte des
Geistes.
Wir
betrachten aber unseren Gegenstand - die Notwendigkeit der Versöhnung -
vom weltlichen menschlichen Zustand. Der Fluch, die Strafe oder das Urteil
des göttlichen Gesetzes lautet gegen jede Unvollkommenheit auf den Tod,
die Vernichtung. Gott hat alle Dinge “sehr gut” erschaffen, und dies
ist auch der einzige Zustand, in welchem ihm irgend etwas gefallen kann.
Die Tatsache, dass in der Jetztzeit unvollkommene Dinge, unvollkommene
Wesen und unvollkommene Zustände vorhanden sein können, ist kein Beweis,
dass Gott seinen Plan geändert hätte: Er hat diese Zeit der
Unvollkommenheit zugelassen, weil er in seiner göttlichen Weisheit die Möglichkeit
eines herrlichen Ausganges vorausgesehen hat und „alles wirkt nach dem
Rate seines Willens” (Eph. 1:11). Er hätte z.B. Satan in dem Augenblick
vernichten können, als derselbe ein Übertreter wurde, ebenso die
gefallenen Engel und Menschen; dadurch hätte die Erzeugung eines
unvollkommenen Geschlechtes verhütet werden können. Nach dem göttlichen
Plan sollte jedoch das Unvollkommene und Sündhafte eine gewisse Zeit
zugelassen werden, damit es seinen freien Weg gehe - in Sachen, welche den
von Gott verordneten herrlichen Ausgang nicht verhindern - auf dass
dadurch die abwärtsführende und verderbliche Wirkung der Sünde an
Satan, an den gefallenen Engeln und an der Menschheit recht offenbar würde.
Der
Fall der Menschheit unter die gerechte Strafe des Todes, der Vernichtung,
ist das indirekte Resultat von Evas Mangel an Erkenntnis und ihrer daraus
folgenden Verführung, und er schließt durch die Vererbung viele mit ein,
welche das göttliche Gesetz nicht wissentlich und willentlich übertreten
haben. Diese Tatsache erlaubte die Dazwischenkunft der göttlichen Liebe
und Gnade und gibt uns nebenbei ein Bild von dem wunderbaren
Zusammenwirken der göttlichen Eigenschaften, welche auf keine andere für
uns verständliche Weise so völlig hätten offenbar werden können. Es
lag also im ursprünglichen Vorhaben des Schöpfers, sich mit seinen
Charaktereigenschaften seinen Geschöpfen zu offenbaren - und nicht nur
der Menschheit, sondern auch den Heerscharen der Engel. Wenn der große
Heilsplan einmal völlig hinaus geführt sein wird, so werden die
himmlischen Engel sowohl als auch die versöhnten Menschen ohne allen
Zweifel den göttlichen Charakter - die Liebe, Weisheit, Gerechtigkeit und
Allmacht - in viel höherem Maße erkennen und würdigen, als es ihnen je
zuvor möglich war und überhaupt hätte möglich werden können ohne die
gründlichen Lehren, welche ihnen die Zulassung des Bösen und die nach
dem göttlichen Plan verheißene Erlösung durch Christum gebracht haben.
Der Apostel Petrus gibt uns in 1. Petr. 1:12 hiervon etwas zu verstehen,
wenn er sagt, dass selbst Engel in diese Dinge hineinzuschauen begehren.
Wie
wir gesehen haben, ist die über Menschheit verhängte Strafe eine absolut
gerechte, und es bleibt ihr nicht das geringste Recht, dagegen Einspruch
zu erheben. (Adam besaß eine genügende Erkenntnis seines Schöpfers, der
von ihm unbedingten Gehorsam verlangte, und von Seiten Gottes war es eine
gerechte Verfügung, dass jedes Leben verwirkt sein und weggenommen werden
sollte, das nicht seinen gerechten und wohlwollenden Verordnungen gemäß
benutzt würde). Wir sehen jedoch, dass Gott für den Menschen auch eine
andere Strafe hätte bestimmen können, wobei ebenfalls keines der
Prinzipien der Gerechtigkeit verletzt worden wäre. Den Beweis hierzu
liefert uns seine Handlungsweise mit den gefallenen Engeln. Dieselben
wurden nicht unter die Todesstrafe gestellt; die über sie verhängte
Strafe besteht in der Beschränkung ihrer Freiheit: sie wurden
“gebunden” und sind es noch, bis zu ihrer endgültigen Prüfung. -
Judas 6
So
hätte Gott auch den Menschen während den sechstausend Jahren seit seinem
Sündenfall in Eden weiterleben lassen können, ohne dass sein Körpersystem
dabei gelitten hätte - ohne ihn unter die Strafe und die Gewalt des Todes
zu stellen. So hätte der Mensch sowohl wie die Engel, welche ihren ersten
Zustand nicht bewahrten, lebendig bleiben können bis zum Gericht des großen
Tages, wo ihr Fall endgültig erledigt werden soll. Aber Gott ist nicht
beschränkt in seiner Handlungsweise: wie in der Natur jede Blume sich in
ihrer Schönheit von der anderen unterscheidet, und eine Kreatur die
andere an Mannigfaltigkeit übertrifft, so hat Gott in seiner „gar
mannigfaltigen Weisheit” (Eph. 3:10) für die gefallenen Engel eine
Handlungsweise vorgezogen und für die sündige Menschheit ein anderes
Verfahren für gut befunden. Gegen beide ist Gottes Zorn geoffenbart: ein
heiliger Zorn der Liebe und Gerechtigkeit, welche einerseits alle Sünde,
alles Böse hassen und es vernichten muss, aber andererseits alles
geschehen lässt, was für diejenigen der Übeltäter getan werden kann,
die sich zu gehorsamen Knechten der Gerechtigkeit erziehen lassen, nachdem
ihnen eine weitgehende Erfahrung mit Sünde und Gerechtigkeit und deren
Folgen geworden ist.
In
seinem Verfahren mit dem Menschen hat es Gott gefallen, das schließliche
Ende der Sünde und der Sünder - die Vernichtung - darzustellen. Dies
wird durch die verschiedenen an die Menschen gerichteten Drohungen bestätigt:
“Die Seele, welche sündigt, die soll sterben”; „der Sünde Sold ist
der Tod”. Das heißt, in diesen, auf den Menschen sich beziehenden Erklärungen
hat Gott bloß ein allgemeines Gesetz bestätigt, das binnen kurzem in
seinem ganzen Reiche, bei allen seinen Kreaturen zur absoluten Regel
werden wird, nämlich, dass alles Unvollkommene zerstört werden soll, und
dass nur das ewig fortbestehen kann - zu seinem eigenen Segen, zur Ehre
des Schöpfers und zum Wohl aller seiner Geschöpfe - was absolut
vollkommen und mit dem göttlichen Willen in innigster Übereinstimmung
ist. Während der Mensch freilich als ein Beispiel für die Wirkung dieses
Grundsatzes dasteht, so dass jedes Glied des Menschengeschlechtes vom
Leben abgeschnitten worden ist – „der Tod ist zu allen hindurch
gedrungen”, - so ist es trotzdem nicht die göttliche Absicht (indem sie
auf diese Weise den Menschen als Beispiel braucht, um zu zeigen, wie
streng die göttliche Gerechtigkeit es mit der Vertilgung des Bösen
nimmt), die Menschheit besonders leiden zu lassen, damit sie in dieser
Hinsicht um so besser als Muster dienen könne. Wir sehen im Gegenteil,
dass nach Gottes Verordnung der Menschheit kein geringeres Maß von seiner
Barmherzigkeit, seiner Gunst und Liebe zu teil werden soll als irgend
einem anderen seiner Geschöpfe. So hat Gott zur rechten Zeit für eine
allen geltende, den Erfordernissen des Falles völlig entsprechende Erlösung
gesorgt, so dass, wie durch des einen Menschen (Adams) Ungehorsam die
Vielen Sünder geworden sind, durch des einen Menschen (Christi) Gehorsam
die Vielen gerecht würden. - Röm. 5:19
Damit
ist aber gar nicht gesagt, dass die Vielen entweder während diesem
Evangeliums- Zeitalter gerecht werden müssen, oder dann überhaupt nicht:
die Schrift bezeugt im Gegenteil, dass es nur eine „kleine Herde” ist,
die in der gegenwärtigen bösen Zeit gerecht werden - diejenigen nur,
welche vom Vater besonders gezogen und der hohen Berufung der Miterbschaft
mit seinem Sohne teilhaftig gemacht werden. Der große Überrest der
Menschheit wird weder gezogen noch berufen, bis der ganze Christus (Haupt
und Leib) erhöht sein wird, beides, in Leiden und in Herrlichkeit, nach
dem eigenen Zeugnis unseres Herrn: „Und ich, wenn ich erhöht bin, werde
alle zu mir ziehen.” (Joh. 6:44; 12:32) Dieses allgemeine “Ziehen”
gehört ins kommende 1000-jährige Reich und nicht ins gegenwärtige oder
in die vergangenen Zeitalter; es wird sich auch nicht auf wenige, auf eine
bestimmte Klasse, oder auf ein besonderes Volk beschränken, wie in der
Vergangenheit, sondern wird die ganze mit dem teuren Blut freigekaufte
Menschheit einschließen.
In
diesem “Ziehen” liegt aber durchaus kein Zwang, denn gerade wie in
unserem Zeitalter dem Ziehen des Vaters widerstanden werden kann, so dass
wohl viele berufen sind, aber nur wenige auserwählt sein werden, so wird
es für die allgemeine Menschheit im kommenden Zeitalter ebenso wohl möglich
sein, dem Ziehen Christi zu widerstehen. Nach der Versicherung der
heiligen Schrift soll aber der Weg so geebnet und die Verhältnisse so günstig
sein, dass, nachdem jedermann zu einer Erkenntnis der Gerechtigkeit und
Wahrheit gekommen ist, nur diejenigen, welche die Sünde lieben und
absichtlich darin verharren, unter denen sein werden, welche dem Großen
Propheten widerstehen und sich deshalb den Zweiten Tod, die ewige
Vernichtung zuziehen. - Apg. 3:23
Wenn
wir uns an das Ende des Tausendjahrtages versetzt denken und von da aus
Gottes Handlungsweise mit der Menschheit betrachten, so sehen wir, dass
Gottes Verfahren nicht nur jegliche Unfreundlichkeit und Härte gegen die
Menschheit gänzlich ausschließt, sondern dass die Ausübung der vom göttlichen
Gesetz diktierten strengen Strafe, zusammen mit dem Wirken der göttlichen
Barmherzigkeit durch Christum, durch das Lösegeld und die
Wiederherstellung, der Menschheit in der Tat zum großen Segen gereicht
haben wird. Das können wir aber nur von diesem einen Standpunkt aus
erkennen, und von da aus sehen wir nicht bloß Kummer, Trübsal und
Schmerzen, nicht nur das Seufzen und Sterben der gegenwärtigen Zeit als
die gerechte Strafe für die Sünde, sondern wir sehen auch die durch den
Erlöser auf Golgatha verbürgte Befreiung der Menschheit von der Sünde
und dem Fluch. Und diese Befreiung soll vom gleichen Erlöser an die Hand
genommen werden - im Verein mit der Kirche, der Auserwählten, die nach
dem göttlichen Plan in diesem Evangeliums-Zeitalter gesammelt, auserwählt
wird, um dann als seine Braut das Königreich mitzuererben. Wie streng die
für Adams Sünde ausgesprochene Strafe (samt all den damit verbundenen
Sorgen, Schmerzen und Trübsalen dieses 6000-jährigen Sterbezustandes)
uns auch erscheinen mag, so halten wir doch das Los des Menschen für günstiger,
als dasjenige der Engel, welche ihren ersten Zustand nicht bewahrten,
deren Strafe nicht den Tod bedingte, und die deshalb ihre Lebenskraft
nicht durch Sterben und auch nicht durch Krankheit und Schmerzen einbüßten,
sondern nur ihrer Freiheit und der Gemeinschaft mit allem, was heilig heißt,
beraubt wurden. Wäre der Mensch gleich behandelt worden wie die Engel, wäre
ihm die Kraft zum Weiterleben geblieben, so können wir uns ungefähr
vorstellen, welch schreckliche Zustände in der Jetztzeit vorherrschen würden
- wie das Böse sich selbst bis ins Grenzenlose vermehrt hätte, und wie
durch die Übung und Gewandtheit im der Kummer und Jammer auf Erden aller
Beschreibung Bösestun spotten würde. Genügt ja doch schon die kurze,
den Menschen noch verbliebene Lebensfrist zur Entwicklung einer oft ganz
erstaunlichen Geschicklichkeit und Weisheit, die der Mensch in seiner
Selbstsucht zur Selbsterhöhung und zur Bedrückung seiner Mitmenschen
benutzt. Wenn wir bedenken, dass manche unserer heutigen Millionäre arme
Knaben waren, und wie sie ihre hundert und mehr Millionen in weniger als fünfzig
Jahren zusammenhäuften, dann mag wohl die Frage in uns aufsteigen, was
schließlich aus solchen Menschen würde, wenn ihnen zur Ausübung ihrer
Geschicklichkeit Jahrhunderte zur Verfügung ständen? Ohne Zweifel würden
solche Verhältnisse die Knechtung der großen Mehrheit und deren
Entartung bis zur Bestialität herbeiführen - zum Vorteil einiger Meister
in List.
Betrachten
wir die Sache von diesem Standpunkt aus, dann müssen wir unwillkürlich
unsere Herzen dankerfüllt zu Gott erheben für die Art der Strafe oder
des „Fluches”, welche er über uns hat kommen lassen: - „Sterbend
sollst du sterben.” Und wenn mittlerweile unsere gemachten Erfahrungen
nicht nur uns, sondern auch den heiligen und den gefallenen Engeln zur
Lehre gedient haben, dann können wir uns um so mehr freuen: denn was
wissen wir, ob es nicht Gottes Absicht sein könnte, diese einzige, große
Lektion von der “übermäßigen Sündhaftigkeit der Sünde” und deren
unvermeidlichen Folgen auch anderen Welten jetzt noch nicht erschaffener
Wesen zum Heil gereichen zu lassen? Und wer weiß, ob Gott nicht in der
fernen Zukunft aus dem erlösten und wiederhergestellten Geschlecht dieser
Erde Lehrer der Gerechtigkeit erwählen wird, zur Unterweisung jetzt noch
unerschaffener Milliarden - weil diese Lehrer eine tatsächliche Erfahrung
mit der Sünde gemacht haben und deshalb aus Erfahrung sprechen können,
um andere auch vor den geringsten Abweichungen vom unbedingten
Gottes-Gehorsam zu bewahren?
Als
Beweis, wie der Herr bei solchen, die er als Vorbilder gebraucht, einen
Schaden oft in einen Segen zu verwandeln vermag, dient uns das Volk
Israel. Als Volk berief es Gott aus allen anderen Völkern um sich seiner
als Vorbild zu bedienen. Ihr Gesetzesbund war scheinbar ein Vorzug,
bedeutete aber genau genommen eine zweite Prüfung für sie, welche
schlecht bestanden, ihnen eine zweite Verdammnis einbrachte, so dass sie
nun als Volk unter scheinbar größerer Verdammnis stehen, als die übrige
Menschheit, welche Gott (nach seinem Bund mit Abraham) durch Glauben zu
rechtfertigen beabsichtigt, da durch Gesetzes Werke niemand sich zu
rechtfertigen vermag. Israels Bund erheischte vollkommene Werke, da sie
aber, der angeerbten Schwachheit des Fleisches halber, nicht imstande
waren, vollkommene Werke zu erzeugen, so verfielen sie dem „Fluch”
oder der Todesstrafe ihres eigenen Bundes. So hat sich jener Bund, der zum
Leben gegeben war (der ewiges Leben zu geben beabsichtigte) als zum Tode
erwiesen (Röm. 7:9-14). Obwohl nun Gott das Volk Israel als Vorbild
brauchte, um an ihm die Tatsache zu beweisen, dass kein unvollkommener
Mensch das vollkommene Gesetz Gottes zu halten vermag, so lässt er es
doch nicht zu, dass ihre Verdammnis ihren ewigen Untergang nach sich
zieht. Er hatte deshalb in seinem Plane vorgesehen, dass dasselbe Opfer,
durch welches Christus die Menschheit loskaufte, auch für das besonders
begnadigte Volk gelten sollte, welches durch nicht beachten seines
Gesetzesbundes zum besonders verurteilten Volk geworden war. (Röm.
2:11-13; 3:19-23) Aus diesem Grund ist unser Herr unter dem Gesetzesbund
geboren worden, damit er die durch das Gesetz Verurteilten mit dem
gleichen Opfer loskaufen könne, womit er die ganze ursprünglich in Adam
verurteilte Menschheit erlöste. - Gal. 4:4, 5
So
sehen wir denn, wie die Notwendigkeit der Versöhnung zwischen Gott und
den Menschen in der Tatsache liegt, dass Gott selbst die Quelle des Lebens
ist, und dass, wenn irgend eine seiner Kreaturen ewiges Leben genießt,
sie dasselbe von ihm als Gabe empfangen haben muss. „Die Gnadengabe
Gottes ist ewiges Leben in Christo Jesu unserem Herrn.” (Röm. 6:23) Gemäß
den Grundsätzen seiner Regierung und seines Gesetzes kann Gott das Böse
nicht im geringsten Grade gestatten (Hab. 1:13); er kann die Sünde nicht
verzeihen, noch auch ihre Notwendigkeit in irgend einem Maße anerkennen.
Da er selbst vollkommen ist, so können nach seiner Verordnung keine
Unvollkommenen als seine Söhne betrachtet werden, für welche ewiges
Leben vorgesehen ist. Und da nun der Mensch durch den Sündenfall nicht
nur unter die Todesstrafe gekommen ist, sondern sich dazu noch selbst
befleckt hat, entartet und verdorben ist und von seiner Gottähnlichkeit
soviel verloren hat, so muss seine einzige Hoffnung auf ewiges Leben in
einer gewissen Kraft oder Wirkung liegen, durch welche zweierlei
vollbracht werden kann: 1) Die Befreiung der Menschheit von der
Todesstrafe, welche die Gerechtigkeit ihr auferlegte, und 2) Das
Emporheben der Menschheit aus der Gesunkenheit und Verdorbenheit der Sünde
in den Zustand unbedingter Heiligkeit und Vollkommenheit, von welcher Adam
gefallen ist. Wenn dieses Doppelziel erreicht werden kann, dann ist
freilich Hoffnung vorhanden; lässt sich aber nicht beides vollziehen, so
bleibt für den Menschen auch nicht die leistete Hoffnung auf ewiges
Leben. Vergeblich schauen wir unter dem gefallenen Menschengeschlecht nach
Hilfe aus, denn wenn auch die einen weniger tief gefallen, weniger
verdorben sind als die andern, so haben sie doch alle gesündigt und
erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes. Wenn irgend ein Gerechter unter
den Menschen vorhanden wäre, dann könnte derselbe ein Lösegeld geben für
seinen Bruder (für Adam und für alle um Adams Sünde willen
Verurteilten) und auf diese Weise, unter göttlicher Verordnung, sein
Geschlecht von der Strafe befreien - ja, wenn sich eben einer finden ließe!
„Aber da ist kein Gerechter, auch nicht einer!” - Psalm 49:7; Röm.
3:10, 23
Gott
hatte in seiner Weisheit dies alles vorhergesehen und seine bezüglichen
Vorkehrungen getroffen, ehe er nur mit der Schöpfung des Menschen begann;
und zu seiner Zeit offenbart er auch seinen Plan betreffend die Heilung
des Menschen von seinem Schaden der Verdammnis und Verdorbenheit. Als sich
nirgends ein mitleidsvoller Blick, nirgends eine helfende Hand finden ließ,
da hat Gottes Arm uns Errettung gebracht, und dieser Arm (die Macht) des
Herrn, der vom Himmel her der Menschheit dargereicht wurde, um ihn aus der
grausamen Grube, aus dem Schlamm der Sünde und Verdorbenheit zu erretten,
ist unser Herr Jesu (Psalm 40:2; Jes. 53:1). Durch ihn beabsichtigte Gott
seinem Worte gemäß:
1.
Die Erlösung der Menschheit von der Gewalt des Grabes, von der
Todesstrafe, von dem “Fluch” und “Zorn”, der gegenwärtig auf der
Welt lastet. Das Lösegeld ist mit dem Tode unseres Herrn Jesu Christi
ausbezahlt worden: der göttlichen Gerechtigkeit ist volle Genüge
geleistet, und das ganze Menschengeschlecht ist als zugerechnetes Eigentum
an den Herrn Jesum Christum übergegangen, der es mit seinem eigenen
teuren Blut erkauft hat.
2.
Die Erwählung der “Kleinen Herde” von Miterben, die er sich in diesem
Zeitalter aus dem erlösten Geschlecht zusammen sucht und wegen ihrer
selbstopfernden Hingabe an ihn als Teilhaber an den Leiden Christi
betrachtet, damit sie auch an seiner himmlischen Herrlichkeit teilnehmen möchten
und am zukünftigen Werk der Segnung der Menschheit - als der Frucht
seines Versöhnungsopfers.
3.
Das Werk der Wiederherstellung, welches durch diesen großen Erlöser und
seine Miterben, seine Braut - die Kirche, die Herauswahl - hinaus geführt
werden soll während „den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von
welchen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet
hat”. (Apg. 3:19-21) Und wenn die hartnäckig böswilligen Verächter
der göttlichen Gnade und Barmherzigkeit nach den Bedingungen des Neuen
Bundes durch dessen Mittler vernichtet und die übrigen der erlösten
Menschheit wieder dem himmlischen Vater überantwortet sein werden, als
vollkommene und gänzlich zu seinem Ebenbild wiederhergestellte Geschöpfe
- begabt mit vermehrter Erkenntnis der Gottheit, der Gerechtigkeit und der
Sünde (die sie sich durch Erfahrung sowohl unter der gegenwärtigen
Herrschaft der Sünde als auch unter dem kommenden Regiment der
Gerechtigkeit werden angeeignet haben - dann wird das große Versöhnungswerk
vollendet sein. Alle, die dies klar erkennen, werden sich sofort von der
Notwendigkeit der Versöhnung überzeugen: sie werden gewahr, dass eine
Segnung der Menschheit unmöglich ist, es sei denn, dieselbe werde wieder
in völligen Einklang mit ihrem Schöpfer gebracht, und dass solch eine
Versöhnung zu allererst eine Erlösung des Sünders, eine Bezahlung
seiner Strafe erfordert. Denn Gott muss gerecht sein, wenn er die Sünder
rechtfertigt, sonst kann er sie überhaupt nie rechtfertigen. - Röm. 3:26
Wenn
unser Herr sein Sühnopfer auch für alle Menschen dargebracht und dadurch
den Fluch vom ganzen Geschlecht gesetzmäßig abgewälzt hat, so ist uns
laut dem Vorhergesagten damit noch kein Kennzeichen gegeben, nach welchem
wir die Zahl derjenigen zu schätzen vermöchten, die durch
Glaubensgehorsam tatsächlich von der Sünde und deren Fluch befreit und
mit dem himmlischen Vater versöhnt werden, indem sie die Gelegenheiten
benutzen, die unser treuer Erlöser allen eröffnen wird. Kein Mensch wird
je die göttliche Gnade und das ewige Leben durch Christum erlangen, wenn
er nicht in völlige Herzenseinigkeit mit Gott und mit all seinen
gerechten Gesetzen gekommen ist. Wir freuen uns aber, dass eine viel größere
Erkenntnis Gottes und viel günstigere Gelegenheiten, als die Welt sie
gegenwärtig genießt, „zur seiner Zeit” jeder Kreatur zu teil werden
soll. - 1. Tim. 2:6