SCHRIFTSTUDIEN
BAND
6 - DIE NEUE SCHÖPFUNG
Studie
11
Das
Passah der Neuen Schöpfung.
Das Joch Ägyptens und die
Befreiung von demselben im Vorbilde und im Gegenbilde. — Die „Kirche der
Erstgeborenen“. — „Wir, die wir viele sind,
sind ein Leib“ (Laib, engl. Übers.). —
Das Gedächtnismahl ist noch
zeitgemäß. —
Wer darf daran teilnehmen? —
Wer darf es austeilen? —
Wie
es gefeiert werden sollte. —
Ostern-Passah. —
Mc. Clintock und Strongs
Enzyklopädie.
„Unser Passah, Christus, ist geschlachtet. Darum lasst uns Festfeier
halten, nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit
und Schlechtigkeit, sondern mit ungesäuertem (Brote) der Lauterkeit und
Wahrheit.“ - 1. Kor. 5:7, 8
Besonders bemerkenswert unter den
Erfahrungen des vorbildlichen Volkes Israel war die Verschonung desselben
durch die zehnte Plage Ägyptens und der darauffolgende Auszug. Die
Erinnerung daran wurde alljährlich am siebentätigen Passahfeste gefeiert,
welches jeweils am 15. Tage des ersten Monats begann. Der Auszug aus Ägypten
und der Durchgang durch das Rote Meer sind der Geburt der israelitischen
Nation gleich zuachten und gelten noch heute unter den Juden als
Ereignisse, deren Andenken jährlich gefeiert zu werden verdient.
Die Glieder der Neuen Schöpfung
interessieren sich für diese Ereignisse ebenfalls in besonderer Weise,
wie denn überhaupt jegliches Tun und Wirken des himmlischen Vaters für
sie von großem Interesse ist, ob es nun Israel nach dem Fleische oder die
Menschheit als Ganzes betrifft. Insonderheit interessiert sich die Neue
Schöpfung für die erwähnten Ereignisse, weil ihr der Herr das Geheimnis
mitgeteilt hat, dass das, was mit Israel nach dem Fleische geschehen ist,
die größeren und besseren Dinge im Plane Gottes vorschatte, welche dem
geistlichen Israel, der Neuen Schöpfung, zuteil werden sollen.
Mit Bezug hierauf schreibt der Apostel
den Korinthern, der natürliche Mensch könne es nicht fassen noch
erkennen, weil es geistlich beurteilt werde; Gott aber habe es „uns“ (d.h.
der Neuen Schöpfung) geoffenbart durch seinen Geist. (1. Kor. 2:10, 14)
Gott benutzte die Apostel als seine Mundstücke, um uns gewisse Schlüssel
zu geben, mit deren Hilfe wir unter der Leitung seines Geistes die tiefen
Dinge Gottes verstehen können. Einen dieser Schlüssel gibt uns die
eingangs zitierte Stelle in 1. Kor. 5:7, 8. Führen wir den Gedanken des
Apostels weiter, so gewahren wir, dass Israel nach dem Fleische das ganze
Volk Gottes vorschattete, alle, welche es bis an das Ende des
Tausendjahrreiches geworden sein werden; dass die Ägypter die Widersacher
des Volkes Gottes vorschatten, Pharao den Satan, den Fürsten der Bosheit
und Finsternis, seine Diener und Kriegsleute die gefallenen Engel und
diejenigen Menschen, welche wie Satan dem Herrn und seinem Volke, der
Neuen Schöpfung, dem Haushalte des Glaubens, widerstehen. Wie das Volk
Israel sich nach Befreiung sehnte und unter der Herrschaft der Fronvögte
schmachtete, aber nicht imstande war, sich selbst zu befreien, sondern
warten musste, bis der Herr ihm in Moses einen zuvor bestimmten Befreier
sandte, so sehen wir auch die ganze Menschheit, jetzt sowohl als auch in
der Vergangenheit, zusammen seufzen und in Geburtswehen liegen, gequält
vom Fürsten dieser Welt und seinen Helfern, Sünde und Tod. Diese
Hunderte von Millionen von Menschen seufzen nach Befreiung aus den Banden
der eigenen Sünde und Schwachheit, wie auch von den Folgen derselben,
Leiden und Sterben. Aber ohne göttliche Hilfe vermag die Welt nichts.
Einige wenige kämpfen einen energischen Kampf und erzielen etwas; aber
befreien kann sich keiner. Das ganze Geschlecht Adams ist der Sünde und
dem Tode unterworfen und hat keine andere Hoffnung als Gott und den
gegenbildlichen Moses, welcher sein Volk zur zuvor bestimmten Zeit
befreien und durch das Rote Meer hindurchführen, d.h. vom zweiten Tode
erretten wird, der den Satan und alle, die mit demselben einverstanden
sind, verschlingen soll wie das Rote Meer den Pharao und seine Wagen. Des
Herrn Volk aber „wird nicht beschädigt werden von dem zweiten Tode.“
- Offb. 2:11
Das
soeben Gesagte ist ein Bild von dem, was der Menschheit im allgemeinen
bevorsteht; doch ein Teil des Vorbildes bezieht sich nicht auf das ganze
Geschlecht, auf die Befreiung desselben aus den Banden von Sünde und Tod,
sondern nur auf eine besondere Klasse, nämlich die der Erstgeborenen, die
Versammlung der Erstgeborenen, deren Namen im Himmel angeschrieben sind,
die Neue Schöpfung.
Im Vorbilde nahmen die Erstgeborenen
eine besondere Stellung ein - sie waren Erben; eine besondere Stellung
auch insofern, als sie vor ihren Brüdern einer besonderen Prüfung
unterworfen wurden. Vor dem allgemeinen Auszuge standen sie auf der Prüfung
für Leben oder Tod. Nach dem Auszuge nahm der Stamm Levi ihre Stelle ein,
indem er statt ihrer abgesondert wurde und auf sein Erbteil im Lande
Kanaan verzichtete, auf dass er, göttlicher Ordnung gemäß, die Brüder
belehren könne.
Der Stamm Levi ist ein sehr deutliches
Vorbild des Haushaltes des Glaubens, der königlichen Priesterschaft auf
Probe, welche um der Brüder willen jeden Anspruch auf das irdische Erde
(die Wiederherstellung) preisgibt und, wenn würdig befunden, mit der
Priesterkönigswürde (Melchisedeks) bekleidet werden und alsdann unter
der Leitung ihres Herrn und Hauptes Jesus Christus tausend Jahre lang die
Welt belehren, richten (regieren) und segnen wird. (Offb. 20:4) Wie die
Erstgeborenen Israels in Ägypten der Gefahr des Todes ausgesetzt waren,
aber verschont wurden, wenn das Blutzeichen sich fand, und wie sie dadurch,
dass sie ihren Anteil am Lande verloren, eine Priesterschaft wurden, so läuft
im Gegenbilde die Versammlung der Erstgeborenen Gefahr, dem zweiten Tode
zu verfallen, indem sie jetzt schon, vor ihren Mitmenschen, auf ewiges
Leben oder ewigen (unwiederbringlichen) Tod geprüft wird und letzterem
nicht anders entrinnen und zum Leben hindurchdringen kann, als durch das
Verdienst des Blutes (Todes) ihres Erlösers (Rückkäufers).
Als Teilhaber an der Vorzugsstellung
ihres Herrn verzichten sie auf ihr irdisches Erbe, die Wiederherstellung
auf Erden, um des höheren, himmlischen Lebens teilhaftig zu werden. Während
sie wie alle Menschen sterben und hinsichtlich irdischer Dinge mehr zu
verlieren oder daranzugeben scheinen als andere, werden sie dennoch, auf
eine dem natürlichen Menschen nicht verständliche Weise, vom Tode
verschont oder errettet und Miterben der Herrlichkeit, Ehre und
Unsterblichkeit ihres Hohenpriesters. Diejenigen deren Verschonung noch während
der Nacht des Evangeliums-Zeitalters stattgefunden hat, bevor der
Tausendjahrtag anbricht und die Sonne der Gerechtigkeit aufgeht, sind zu Führern
des Volkes des Herrn bestimmt, dazu verordnet, es aus den Banden Satans
und der Sünde hinauszuführen. Merke, wie des Apostels Worte in Röm.
8:22, 19 damit stimmen, wo es heißt, dass die ganze Schöpfung (Menschheit)
zusammen seufzt und in Geburtswehen liegt, erwartend das Offenbar- (oder
Kund-)werden der Söhne Gottes, erwartend das endgültige Vorübergehen (Verschonung)
der Versammlung der Erstgeborenen, deren Hindurchdringen bei der ersten
Auferstehung zum Leben in Herrlichkeit, Ehre und Unsterblichkeit.
Betrachten wir nun einen anderen
wichtigen Zug des Vorbildes. Damit die Erstgeburt Israels verschont und
das Volk aus der Knechtschaft Ägyptens befreit werden konnte, musste das
Passahlamm geschlachtet und mit bitteren Kräutern und ungesäuertem Brote
noch in jener Nacht gegessen und mussten Türpfosten und Türschwellen mit
dem Blute des Lammes bestrichen werden. So stellte jedes Haus in Israel
den Haushalt des Glaubens, jedes Lamm das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde
(Schuld) wegnimmt (zahlt), und alle israelitische Erstgeburt den Christus,
Haupt und Leib, die Neue Schöpfung dar. Die bitteren Kräuter schatteten
die Trübsale und Leiden des gegenwärtigen Zeitalters vor, welche im
Haushalte des Glaubens die Lust an dem Herrn und seiner Wahrheit, dem
ungesäuerten Brote, rege erhalten. Dass das Passah mit dem Stabe in der
Hand und dem Gurt um die Lenden gefeiert werden sollte, bedeutet, dass der
gegenbildliche Haushalt des Glaubens und die gegenbildliche Erstgeburt,
die das gegenbildliche Passah in der Nacht des Evangeliums-Zeitalters
feiern, Pilgrime und Fremdlinge in dieser Welt sind, die das Joch der Sünde
und des Todes als eine ihrer unwürdige Knechtschaft empfinden und vom
Herrn zur Freiheit von Sünde und Verderben, zur Freiheit der Söhne
Gottes, hingeleitet zu werden wünschen.
Das
Gedächtnismahl unseres Herrn
In Übereinstimmung mit dem Vorbilde
starb auch am 14. Tage des 1. Monats, dem Tage, welcher dem siebentägigen
Passahfeste vorausging und an dem das Passahlamm geschlachtet wurde, unser
Herr als das gegenbildliche Passahlamm, als das Lamm Gottes, welches der
Welt Sünde (Schuld) wegnimmt. Erst an jenem Tage war das Vollbringen des
bei seiner Taufe begonnenen Opfers fällig; darum, obwohl die Juden
oftmals versuchten, ihn zu greifen, legte doch niemand Hand an ihn, weil
seine Stunde noch nicht völlig gekommen war. - Joh. 7:8, 30
Wie den Juden geboten war, das
Passahlamm am 10. Tage des 1. Monats auszuwählen und ins Haus zu bringen,
so bot sich der Herr fünf Tage vor dem Passahfeste den Juden an, als er
auf dem Eselsfüllen in Jerusalem einzog und die Volksmenge um ihn herum
jubelte: „Hosianna dem Sohne Davids! Gepriesen sei, der da kommt im
Namen des Herrn!“ „Er kam in das Seinige, und die Seinen nahmen ihn
nicht an; so viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht Kinder
Gottes zu werden.“ (Matth. 21:9; Joh. 1:11, 12) Die Nation, d.h. die maßgebenden
Juden nahmen ihn nicht auf, sondern verwarfen ihn und stellten sich auf
die Seite des Widersachers. Trotzdem ist durch Gottes Gnade das Blut des
Neuen Bundes auch für das Haus Jakob wirksam. Freilich hat es, als es
sich weigerte, vom gegenbildlichen Lamme zu essen (Joh. 6:53), die
Gelegenheit, als ganzes Volk die Nation der Erstgeborenen, die königliche
Priesterschaft, die heilige Nation, das auserwählte Volk des Messias zu
werden, zum Leben durchzudringen und Glieder der Neuen Schöpfung, gekrönt
mit einem herrlichen Leben in Ehre und Unsterblichkeit zu werden, verloren.
Aber wir freuen uns, dass ihnen die Schrift anderswo eine herrliche
Gelegenheit in Aussicht stellt, das Lamm Gottes anzunehmen, sein Fleisch
zu essen, sich das Verdienst seines Opfers anzueignen, der Knechtschaft
der Sünde und des Todes zu entrinnen, dazu angeleitet durch den Herrn und
seine treuen Brüder, das geistliche Israel, die gegenbildliche Herauswahl
der Erstgeborenen. - Röm. 11:11-26
Es war am Schlusse seiner irdischen
Laufbahn, am 14. Tage des 1. Monats, „in der Nacht, da er verraten
ward“, mithin am gleichen Tage (nach jüdischem Brauch), an dem er als
das gegenbildliche Lamm auch starb, dass der Herr mit seinen Jüngern das
vorbildliche Passah feierte, mit den Zwölfen das vorbildliche Lamm aß,
welches ihn selbst darstellte, die Hingabe seiner selbst für die Sünden
der Welt und als die wahrhaftige Speise, in deren Kraft allein das Leben,
die Freiheiten und die Vorrechte der Söhne Gottes erhältlich sind. Es
war also nicht blinder Zufall, sondern Gottes Vorsehung, die herbeigeführt
hatte, dass die Juden den Tag abends mit Sonnenuntergang begannen, denn
dies machte es möglich, dass das Passahmahl und der Kreuzestod Jesu am
selben Tag stattfanden.
Als Juden unter dem Gesetz geboren,
waren der Herr und seine Apostel verpflichtet, das vorbildliche Passah zur
vorgeschriebenen Zeit zu feiern. Nachdem sie nun das Lamm mit den bitteren
Kräutern und vermutlich auch, wie es gebräuchlich war, mit der Frucht
des Weinstockes gegessen hatten, setzte der Herr, indem er von dem ungesäuerten
Brote und der Frucht des Weinstockes nahm, die vom vorbildlichen
Passahmahl übriggeblieben waren, für seine Apostel und für die ganze
Herauswahl, welche in jenen vertreten war (Joh. 17:20), einen neuen Brauch
ein, welcher für sie und für die ganze Herauswahl der Erstgeborenen, das
geistliche Israel, die Neue Schöpfung, an die Stelle des jüdischen
Passahmahles treten sollte. Unser Herr setzte nicht ein neues und höheres
Vorbild ein, sintemal die Erfüllung des alten Vorbildes, das Gegenbild,
vor der Tür stand. Eine neues Vorbild wäre für die, welche das
Gegenbild annehmen würden, unannehmbar, und das gegenbildliche Lamm war
nahe daran, geschlachtet zu werden, wie der Apostel er ausdrückt: „Unser
Passah(-Lamm), Christus, ist geschlachtet.“
Wer nun in Christo das Passahlamm
annahm und damit bezeugte, dass für ihn das Gegenbild an die Stelle des
Vorbildes getreten war, konnte hinfort nicht mehr das vorbildliche
Passahmahl, zum Andenken an die vorbildliche Befreiung, bereiten und essen.
Seit jener Zeit ist es für alle, die in Jesu das wahre Passahlamm sehen,
vielmehr passend, die Türpfosten ihres Herzens mit seinem Blute zu
besprengen, damit bezeugend, dass sie glauben, dass er ihre Sünden gesühnt
hat, und dass sie nun durch sein Blut die Vergebung der Sünden haben können
. Solche müssen hinfort das Verdienst ihres Erlösers essen (sich
aneignen), das Verdienst des Menschen Christus Jesus, welcher sich selbst
hingab als Lösegeld für alle. Durch Glauben müssen sie teilnehmen an
diesem Verdienste und erfassen, dass, wie einerseits ihre Sünden auf den
Herrn gelegt worden sind, und er für dieselben gestorben ist, so
andererseits sein Verdienst und seine Gerechtigkeit ihnen angerechnet
werden. Diese Dinge eignen sie sich durch Glauben an oder essen sie durch
Glauben.
Wenn nun unseres Herrn Abendmahl die
Stelle des jüdischen Passahmahles einnehmen sollte, aber nicht als ein höheres
Vorbild, sintemal das Gegenbild schon begonnen hatte, welche Bedeutung
kommt ihm denn zu? Es ist ein Gedächtnismahl, welches Jesu Nachfolger an
den Anfang der Erfüllung des gegenbildlichen Passahs erinnern soll.
Unser Lamm in dieser Weise anzunehmen
und das Andenken seines Todes für uns zu feiern, das bedeutet das
Erwarten der verheißenen Befreiung des Volkes Gottes, bedeutet, dass
diejenigen, welche das Gedächtnismahl feiern, wiewohl noch in der Welt,
sich doch nicht als von dieser Welt betrachten; dass sie sich wie Pilgrime
und Fremdlinge vorkommen, die bessere Zustände, in denen die Schäden,
Sorgen und Fesseln der Jetztzeit, da Sünde und Tod noch herrschen, nicht
mehr sein werden, suchen. Solche haben an dem gegenbildlichen ungesäuerten
Brote Anteil; sie suchen es rein zu erhalten von dem Sauerteig der
Schriftgelehrten, von aller Beschädigung durch Menschenweisheit, Ehrgeiz,
Selbstsucht usw., auf dass sie stark seien in dem Herrn und in der Macht
seiner Stärke. Sie haben auch ihren Anteil an den bitteren Kräutern der
Verfolgung, gemäß dem Worte des Meisters, dass der Diener nicht über
seinem Herrn stehe, und dass, wo der Herr verspottet, verfolgt und
verworfen worden, sie für sich selbst sich auf Ähnliches gefasst machen
müssten, weil die Welt sie nicht kenne, gleichwie sie ihn nicht gekannt
habe. Ja, er bezeugt sogar, dass niemand vor ihm annehmbar sein werde,
dessen Treue ihm nicht die Ungunst dieser Welt zugezogen habe. „Alle
aber auch, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, werden verfolgt
werden.“ - „Sie werden jedes böse Wort lügnerisch wider euch reden
um meinetwillen. Freuet euch und frohlocket, denn euer Lohn ist groß in
den Himmeln.“ - Matth. 5:11, 12; 2. Tim. 3:12
Das von unserem Herrn eingesetzte Gedächtnismahl
war etwas Neues, das zwar zu dem alten Passahmahle in Beziehung stand,
aber nicht ein Teil desselben war. Es wurde zur Erinnerung eingesetzt an
die Erfüllung des durch das Passah vorgeschatteten Gegenbildes. Wir lesen:
„Er nahm Brot, und nachdem er gedankt hatte, brach er es und sprach:
Nehmet, esset, das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird. (Dies
stellt mich als gegenbildliches Passahlamm dar; es stellt mein Fleisch dar.)
Dieses tut zu meinem Gedächtnis.“ Unser Herr beabsichtigte offenbar,
dem Gemüte seiner Nachfolger die Tatsache fest einzuprägen, dass er für
den Haushalt des Glaubens, die gegenbildlichen Erstgeborenen, das
gegenbildliche Passahlamm sei. Der Ausdruck: „Dieses tut zu meinem Gedächtnis“
bedeutet, dass dieser neue Brauch bei den Nachfolgern des Herrn an die
Stelle des früheren treten sollte, der durch die Verwirklichung des
Gegenbildes hinfällig werden musste. „Desgleichen auch den Kelch nach
dem Mahle und sagte: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blute (das
Blut des Bundes - das Blut, welches den Neuen Bund besiegelt); dies tut,
so oft ihr’s trinket, zu meinem Gedächtnis.“ Wir verstehen diese
Worte nicht so, als bedeuteten sie, dass das Gedächtnis des Herrn ohne Rücksicht
auf Zeit und Stellung usw. gefeiert werden sollte, sondern, dass, wenn das
Brot und der Kelch von nun an zur Feier des Passahs dienten, dies nicht
mehr zur Erinnerung an das Vorbild, sondern zur Erinnerung an das
Gegenbild geschehen solle. Wie es aber nicht zulässig, passend und
vorbildlich gewesen wäre, das Passah zu einer anderen Zeit zu feiern als
zu der zur Erinnerung an die Errettung der Erstgeborenen vom Herrn
eingesetzten Zeit, so ist es auch unpassend, die Erinnerung an die
Beschaffung des Lösegeldes, nicht für die Erstgeborenen allein, sondern
auch für die Welt, zu einer anderen Zeit zu feiern als am Jahrestage des
Geschehnisses. - 1. Kor. 11:23-25
Der Apostel fügt bei: „Denn so oft
ihr dieses Brot esset und den Kelch trinket, verkündiget ihr den Tod des
Herrn, bis er kommt.“ (1. Kor. 11:26) Diese Worte zeigen uns, dass die Jünger
richtig verstanden, dass hinfort die jährliche Passahfeier für alle
Nachfolger des Herrn eine neue Bedeutung haben sollte: Darum trat an die
Stelle des Lammes das ungesäuerte Brot als Bild des Fleisches des Herrn
und der Wein als Bild des Blutes des Herrn.
Wenn nun auch dieser neue Brauch den
Nachfolgern des Herrn nicht als ein Gebot gegeben wurde, auf dessen
Nichtbeachtung eine Strafe gefolgt wäre, so wusste unser Herr doch sehr
wohl, dass alle, die auf ihn trauen und in ihm das gegenbildliche
Passahlamm erkennen und wertschätzen würden, freudig den Brauch des Gedächtnismahles,
den er angeregt hat, aufnehmen würden. Und so ist es heute noch. In
diesem schlichten Gedächtnismahle findet der Glaube an das Lösegeld
seine bildliche Darstellung, „bis er kommt“, nicht nur bis zu seiner
Ankunft, sondern noch während der Gegenwart des Herrn am Ende dieses
Zeitalters, bis seine Getreuen, einer nach dem anderen, durch den Vorhang
gegangen und es jenseits desselben, wie der Herr erklärte, von neuem
feiern werden - im Königreiche.
„Ein
Brot, ein Leib sind wir, die Veilen“
„Der Kelch der Segnung, den wir
segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes des Christus? Das Brot,
das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus?
Denn ein Brot, ein Leib, sind wir, die Vielen, denn wir alle sind des
einen Brotes teilhaftig.“ - 1. Kor. 10:16, 17
Der Apostel weist uns hier, unter der
Leitung des Heiligen Geistes, noch auf einen anderen im Gedächtnismahle
ausgedrückten Gedanken hin. Er leugnet nicht, sondern bestätigt, dass in
erster Linie das Brot den gebrochenen Leib Jesu Christi darstelle, der um
unseretwillen geopfert wurde, und dass der Kelch sein Blut darstelle, das
die Vergebung unserer Sünden besiegle. Hier zeigt er nun außerdem, dass
die Glieder der Herauswahl, des Leibes des Christus, die voraussichtlichen
Erstgeborenen, die Neuen Schöpfungen, am Opfertode unseres Herrn Anteil
bekommen, und dass es ein Teil unseres Bündnisses ist, „in unserem
Fleische zu ergänzen, was noch rückständig ist von den Drangsalen des
Christus“ - wie er es (Kol. 1:24) ausdrückt. Der gleiche Gedanke liegt
in dem Ausdruck: „Wir sind in seinen Tod getauft.“ Während also
unseres Herrn Fleisch der Laib war, der für die Welt gebrochen ward,
gelten die Glaubenden des Evangeliums-Zeitalters, die Getreuen, die Auserwählten,
die Neuen Schöpfungen, als Teil dieses einen Leibes, als Glieder des
Leibes Christi. Darum müssen wir im Brechen des Laibes zunächst eine
Erinnerung an die Hingabe des Herrn zu unseren Gunsten, im ferneren aber
auch einen Hinweis darauf erblicken, dass die ganze Herauswahl gebrochen,
geopfert wird, alle, die sich geweiht haben, um mit ihm tot zu sein,
gebrochen zu werden, an seinen Leiden teilzuhaben.
Das liegt alles im Worte
„Gemeinschaft.“ Darum ist die jährliche Feier des Gedächtnismahles
nicht nur eine Anerkennung der Grundlage unserer Hoffnung, die auf dem
Opfer unseres Erlösers für unsere Sünden beruht, sondern auch gleichsam
die Erneuerung unseres Gelübdes, mit ihm zu leiden und zu sterben, auf
dass wir auch mit ihm leben und herrschen mögen. Wie erhaben ist mithin
die Bedeutung dieser göttlich eingesetzten Feier! Wir setzen nicht das
Symbol an die Stelle der Wirklichkeit; nichts könnte dem Herrn ferner
gelegen haben als so etwas, und nichts wäre unpassender für uns. Die
wahre Gemeinschaft liegt in der Herzens- und Gedankengemeinschaft mit ihm,
in der Speisung unserer Herzen aus ihm, in der Herzens- und
Gedankengemeinschaft mit unseren Mitgenossen aus seinem Leibe, in der völligen
Erfassung der Bedeutung unseres Weihegelübdes, dem wir, so wir anders
treu sind, Tag für Tag, das ganze Jahr hindurch, nachkommen, indem wir täglich
mit unserem Herrn gebrochen werden, uns beständig von seinem Verdienste nähren,
im Herrn und in der Macht seiner Stärke heranwachsen und stark werden.
Welch ein Segen liegt also für uns in der Feier des Gedächtnismahles!
Wie brennt unser Herz vor Verlangen, zu wachsen in der Erkenntnis, in der
Gunst bei Gott, auch fernerhin an dem Dienste Anteil zu haben, zu dem wir
berufen sind, nicht allein jetzt in Niedrigkeit, sondern auch einst in
Herrlichkeit!
Der Apostel erwähnt auch den Kelch, für
welchen wir Gott preisen: „Ist er nicht die Gemeinschaft (Gemeinsamkeit)
des Blutes Christi?“ O, welch ein großartiger Gedanke, dass die
wahrhaft geweihten, standhaften Mitglieder der kleinen Herde Neuer Schöpfungen
das ganze Evangeliums-Zeitalter hindurch der Christus im Fleische gewesen
sind; dass das Leiden, die Prüfungen, die Schmach, der Tod derer um Jesu
willen, welche der Herr als Glieder seines Leibes im Fleische angenommen
und erkannt hat, als Teile des Opfers des Hauptes gerechnet werden, weil
die Glieder an den Schicksalen desselben Anteil haben. Wer ist, der dies
versteht und die Berufung Gottes zur Mitgliedschaft seiner Herauswahl -
zur Teilnahme am Opfer bis in den Tod jetzt und an dem herrlichen Werke
der Zukunft jenseits des Vorhanges - zu schätzen weiß, und der sich nun
nicht freuen würde, um des Namens Christi willen Schmach zu erdulden und
sein Leben im Dienste seiner Wahrheit daranzugeben, als Fleisch von seinem
Fleische und Bein von seinem Bein? Was macht es einem solchen, wenn die
Welt ihn nicht kennt, gleichwie sie auch den Herrn nicht gekannt hat (1.
Joh. 3:1), wenn er selbst die auserlesensten Vorteile dieser Erde
entbehren und verlieren sollte, da er doch nichts sehnlicher wünscht, als
jetzt der Leiden, so auch einst der Herrlichkeit seines Erlösers
teilhaftig zu werden?
Je mehr ein solcher in der Gnade und
Erkenntnis und in dem Eifer für Christo wächst, um so mehr wird er befähigt,
Maß und Gewicht des Apostels anzuwenden und mit diesem von irdischer
Gunst und irdischen Vorteilen zu sagen: „Ich achte auch alles für
Verlust“, und „ich halte dafür, dass die Leiden der Jetztzeit nicht
wert sind, verglichen zu werden mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an
uns geoffenbart werden soll.“ - Phil. 3:8; Röm. 8:18
Ferner liegt im gemeinsamen Gedächtnismahle
der Gedanke der gegenseitigen Liebe und Anteilnahme ausgedrückt, welche
die verschiedenen Glieder des „einen Leibes“ des Herrn verbinden
sollte. Je mehr der Geist des Herrn in unseren Herzen zur Herrschaft
gelangt, um so mehr werden wir uns einer jeden Gelegenheit freuen, die
sich bietet, Gutes zu tun allen Menschen, insonderheit aber dem Haushalte
des Glaubens. Je mehr unsere erbarmende Liebe zur Menschheit wächst, um
so mehr muss auch unsere Liebe zum Herrn und zu denen wachsen, die er
anerkennt, die seinen Geist haben und in seinen Fußstapfen zu wandeln
suchen. Der Apostel zeigt, dass unsere Liebe zu den Brüdern, den
Mitgliedern seines Leibes, für unsere Liebe zum Herrn den Maßstab
abgebe. Wenn unsere Liebe derart ist, dass sie von denen, die draußen
sind, alles duldet und alles erträgt, wie viel mehr wird das gegenüber
den Gliedern des Leibes der Fall sein, mit denen wir durch das Haupt,
unseren Herrn, so eng verbunden sind! Kein Wunder, dass der Apostel
Johannes die Liebe zu den Brüdern als einen der Hauptbeweise dafür anführt,
dass wir vom Tode zum Leben hindurchgedrungen sind (1. Joh. 3:14), und
dass Paulus, wenn er vom Ergänzen dessen spricht, was noch rückständig
ist von den Drangsalen des Christus, beifügt: „Für seinen Leib, das
ist die Versammlung (Ekklesia, Herauswahl).“ - Kol. 1:24
Derselbe Gedanke ist in 1. Joh. 3:16
mit den Worten ausgedrückt: „Auch wir sind schuldig, für die Brüder
das Leben darzulegen.“ Welch eine Brüderlichkeit wird hierbei
vorausgesetzt! Wo anders können wir hoffen, solche Liebe für die Brüder
vorzufinden, die um derselben willen selbst ihr Leben darangibt? Wir reden
hier nicht davon, wie es dem Herrn wohlgefallen könnte, das Opfer der
Herauswahl, vorgeschattet durch „des Herrn Ziegenbock“ (s. die Broschüre
„Stiftshütte“), als Teil des Opfers des Versöhnungstages anzusehen.
Wir wollen nur mit dem Apostel darauf hinweisen, dass, soweit wir in
Betracht kommen, unser Opfer, die Darangabe unseres Lebens im Dienste an
den Brüdern, jetzt geschehen soll, da der Dienst an der Welt in das
kommende Tausendjahr-Zeitalter gehört. Unter den jetzt noch obwaltenden
Umständen haften an unserer Zeit und Stellung, unseren Fähigkeiten und
Mitteln mehr oder weniger Forderungen anderer (von Weib und Kind, greisen
Eltern oder sonst auf uns angewiesenen Personen), und wir haben im
weiteren auch die Pflicht, für uns selbst das für das Leben Notwendige,
Schickliche, in den Augen aller Menschen Ehrbare, durch Arbeit zu
beschaffen. So verfügen wir meist nur über einen ganz kleinen Rest, den
wir opfern und in den Dienst der Brüder stellen können. Auf diesen Rest
erheben nun die Welt, das Fleisch und der Widersacher stetsfort Ansprüche,
um uns von dem Opfer abzubringen, das wir durch die Weihung darangegeben
haben.
Die erschwerenden Umstände einer Zeit,
wo das Böse vorherrscht, geben dem Herrn bei der Auserwählung der Seinen
den Maßstab, an welchem er unsere Ergebenheit und Liebe zu ihm und den Brüdern
ermessen kann. Ist unsere Liebe kalt, so werden die Ansprüche der Welt,
des Fleisches und des Widersachers siegen und unseren freien Rest an Zeit,
Geld und Einfluss erhalten. Je stärker und wärmer aber unsere Liebe für
den Herrn ist, um so mehr wird es unsere Wonne, ihm diesen Rest zu opfern;
wir werden aber nicht allein unseren Überfluss an Kraft, Einfluss und
Mitteln bei jeder sich bietenden Gelegenheit in den Dienst der Brüder
stellen, sondern auch innerhalb vernünftiger Schranken an den Forderungen
von Haus und Heim, insbesondere aber an uns selbst sparen, auf dass wir um
so mehr auf den Altar des Herrn zu legen imstande seien. Wie unser Herr 3
1/2 Jahre lang seinen Leib brach und sein Blut (sein Leben) hingab und am
Kreuze nur den letzten Rest opferte, so besteht auch unser Opfern in der
stückweisen Darangabe unseres Lebens im Dienste der Brüder in kleinen
Dingen zeitlicher und geistlicher Art. Sind nun auch die geistlichen
wichtiger, so würde doch die Vorenthaltung zeitlicher Aushilfe dem
notleidenden Bruder gegenüber verraten, dass die Gesinnung des Herrn in
unseren Herzen nicht in richtiger Weise vorherrscht.
Die
Feier des Gedächtnismahles noch jetzt angebracht
Die Einsetzung des Gedächtnismahles
durch unseren teuren Erlöser fand, wie wir gesehen haben, am 14. Tage des
ersten Monats des jüdischen Jahres statt. (Das
hebräische Jahr beginnt mit dem ersten Sichtbarwerden der Mondsichel nach
der Frühlingstagundnachtgleiche. Danach ist der 14. Tag des ersten Monats
leicht zu berechnen. Am 15. begann dann das achttägige frohe Fest der
ungesäuerten Brote, das das ganze Leben eines Christen bei seiner
Weihung, insbesondere das Jahr von einem Gedächtnismahle zum anderen,
vorschattet. Die Passahfeier für die Juden leitete das Fest der ungesäuerten
Brote ein, auf die das Hauptaugenmerk gerichtet war. Unser Gedächtnismahl
gilt der Schlachtung des Opferlammes und ist daher am 14. Nisan, oder, da
dieser schon am Vorabend begann, am Abend des 13. Nisan fällig.) An diesem Datum werden alle mit
Freuden festhalten, welche nach den alten Pfaden fragen und darauf zu
wandeln wünschen. Die jährliche Feier, auf deren symbolische Bedeutung
der inspirierte Apostel als ein Zeichen unserer Teilnahme am Opfer des
Herrn hinwies, und die bei der ersten Kirche Brauch war, ist nun bei
denen, welche zum Lichte der gegenwärtigen Wahrheit gelangt sind, auch
wiederum Brauch geworden.
Es braucht uns nicht zu überraschen,
dass die jährliche Feier des Gedächtnismahles vernachlässigt wurde, da
doch die wahre Bedeutung des symbolischen Abendmahles unseres Herrn immer
mehr den Blicken entschwand. Die Geschichte lehrt uns darüber folgendes:
„Nachdem die Apostel und deren
unmittelbare Nachfolger (Dieser Ausdruck stammt nicht von
uns, da wir keine Nachfolger der Apostel anerkennen, sondern von dem angeführten
Geschichtsschreiber) entschlafen
waren, machten sich bald Einflüsse geltend, die schon im dritten
Jahrhundert zu Verhältnissen führten, unter denen der römische
Katholizismus zu keimen anfangen konnte. So wurde z.B. gelehrt, das Sühnopfer
Christi habe wohl die Sünden der Vergangenheit gesühnt, könne aber die
persönlichen Sünden des Gläubigen nicht gutmachen, nachdem er mit
Christo in Beziehung getreten, getauft worden sei. Für solche Sünden sei
ein neues Opfer notwendig. Dies führte zur Einsetzung des Meßopfers, das
als ein erneuertes Opfer Christi zugunsten dessen gilt, um deswillen es
dargebracht wird. Dabei wird angegeben, der amtierende Priester verwandle
Brot und Wein in das Fleisch und Blut Jesu und opfere durch das
Brotbrechen den Herrn von neuem.“
Wir haben früher (Band 2, Kap. 9, und
Band 3, Kap. 4) gezeigt, dass diese Lehre und dieser Brauch in den Augen
Gottes verwerflich sind, der von Daniel (11:31; 12:11) und dem Herrn
(Matth. 24:15) vorausgesagte „Greuel der Verwüstung“ sind, indem sie
einer Menge anderer Irrlehren Eingang verschafften und so den großen
Abfall herbeiführten, der in der Papstkirche seinen vollkommensten
Ausdruck fand und ihren antichristlichen Charakter kundmachte.
Jahrhunderte lang beherrschten diese Irrlehren die Christenheit, bis
endlich im 16. Jahrhundert das große Reformationswerk ihnen zu
widerstehen anfing, das allmählich immer weitere Wahrheiten ans Licht
zog, die in der Nacht des finsteren Mittelalters unter dem Scheffel der
falschen Lehren und Bräuche des Antichristen verborgen gewesen waren. Das
größere Licht, dessen sich die Reformatoren durch Gottes Gnade
erfreuten, ermöglichte es ihnen, zu klareren Ansichten hinsichtlich des
Opfers Jesu Christi zu kommen und in den päpstlichen Messen den Greuel
der Verwüstung zu erkennen und mit mehr oder weniger Bestimmtheit als
solchen zu brandmarken.
Die Messe trat an die Stelle des jährlichen
Gedächtnismahles, wurde aber zwischendurch oft gefeiert, in der Absicht,
die Gläubigen oft von ihren Sünden zu reinigen. Nachdem die Reformatoren
erkannt hatten, dass sich die Christenheit hierin auf einem Irrwege
befand, suchten sie unter Verwerfung der von der Papstkirche der Messe
gegebenen äußeren Form zu der ursprünglichen Feier zurückzukehren. Da
sie jedoch die nahe Verwandtschaft zwischen dem Vorbilde des Passahs und
dem Gegenbilde, nämlich dem Tode unseres Herrn, und das Abendmahl als
eine Gedenkfeier des Gegenbildes nicht erkannten, so verstanden sie nicht
den Gedanken der Richtigkeit seiner Verrichtung bei seiner jährlichen
Wiederkehr. So finden wir denn, dass in der einen protestantischen Kirche
das Abendmahl alle drei, in der anderen alle vier Monate, bei den
„Disziples“ sogar alle Sonntage gefeiert wird, indem sie den in Apg.
2:42, 46 und 20:7 erwähnten Brauch mit dem Gedächtnismahle verwechseln.
Wir haben in der achten Studie gezeigt, dass diese wöchentlichen Feiern
nicht das Gedächtnismahl, sondern Liebesmahle waren, an denen man der
Auferstehung des Herrn und des Brotbrechens durch den Auferstandenen, an
mehreren Sonntagen innerhalb der 40 Tage bis zu seiner Himmelfahrt,
freudig gedachte. Die Erinnerung an dieses Brotbrechen, bei dem ihnen die
Augen aufgingen, sodass sie in dem Fremdling den Herrn erkannten, führte
zu regelmäßigem Zusammenkommen am ersten Tage der Woche, wobei dann ein
gemeinsames Mahl eingenommen (das Brot gemeinschaftlich gebrochen) wurde.
Zum Unterschied vom Gedächtnismahl wird bei diesem Brotbrechen der Kelch
nie erwähnt, welcher in den Beschreibungen des Gedächtnismahles eine
ebenso wichtige Rolle spielt als der Laib Brot.
Wer
darf am Gedächtnismahle teilnehmen?
Jedenfalls niemand, der nicht an das
kostbare Blut Jesu als Sühne für unsere Sünden glaubt, der nicht durch
Glauben auf die Türpfosten und Schwellen seiner irdischen Hütte das Blut
der Besprengung gestrichen hat, dessen Sprache eine bessere ist als
diejenige des Blutes Abels, das nach Rache schrie (Hebr. 12:24); niemand,
der nicht in seinem Herzen das wahre Mahl feiert, Christum als das Brot
genießt, welches Leben gibt, niemand, der nicht Glied des einen Leibes
(Laibes) ist und sein Leben als im gleichen Kelche geopfert rechnet wie
der Erlöser. Eine scharfe Linie scheidet in diesem Punkte nicht nur
Glaubende von Nichtglaubenden, sondern auch Geweihte von Nichtgeweihten.
Allein ein jeder muss, solange sein Bekenntnis das richtige ist und sein
Wandel mit demselben übereinstimmt, für sich selbst entscheiden, auf
welche Seite der Scheidelinie er hingehört. Es ist nicht Sache eines
Gliedes, der Richter des anderen zu sein. Ja, nicht einmal die Versammlung
hat in dieser Frage zu entscheiden, es sei ihr denn zuvor ein bestimmter
Einzelfall in der vorgeschriebenen Form zur Entscheidung vorgelegt worden.
Die Ältesten oder leitenden Brüder sollten nur den Versammelten in
Erinnerung rufen, dass 1. der Glaube an das kostbare Blut, und 2. die
Weihung bis in den Tod die Bedingungen zur Teilnahme am Gedächtnismahle
sind, und dann alle so Gesinnten und Geweihten auffordern, sich an der
Verkündigung des Todes des Herrn und ihres eigenen Todes zu beteiligen.
Dies, sowie alle privaten Einladungen zur Teilnahme am Gedächtnismahle
sollten immer so klar gehalten sein, dass dabei auch nicht der Schein
entstehen kann, es handle sich um die Feier im Schosse einer Sekte. Jeder,
der obige zwei Bedingungen erfüllt, soll beim Mahle willkommen sein,
welches auch in anderen Stücken seine Anschauungen seien.
Der Apostel schreibt darüber
folgendes: „Wer also irgend das Brot isst oder den Kelch des Herrn
trinkt unwürdig, wird des Leibes und des Blutes des Herrn schuldig sein.
Ein jeder aber prüfe sich selbst, und also esse er von dem Brote und
trinke von dem Kelche. Denn wer unwürdig isst und trinkt, isst und trinkt
sich selbst Gericht, indem er den Leib nicht unterscheidet.“ - 1. Kor.
11:27-29
Des Apostels Warnung scheint sich gegen
eine oberflächliche Feier des Gedächtnismahles zu richten, welche diesem
den Anschein eines Festes gäbe, sowie gegen die Einladung von Leuten ohne
Rücksicht auf ihr Bekenntnis. Die Gedächtnisfeier soll nicht ein solches
öffentliches Fest sein, sondern einen ernsten Charakter tragen. Sie ist
nur für die Glieder des Leibes (der Körperschaft) des Herrn bestimmt,
und wer denselben nicht unterscheidet, wer nicht erkennt, dass der Laib
das Fleisch Jesu und der Kelch das Blut Jesu darstellt, würde sich
verdientermaßen durch Teilnahme an dem Gedächtnismahle eine Verurteilung
(nicht „das“ Gericht, wie es in der Lutherbibel heißt), zuziehen,
eine Verurteilung in den Augen des Herrn und in seinem eigenen Gewissen.
Bevor jemand an dem Gedächtnismahl teilnimmt, sollte er durch Selbstprüfung
entscheiden, ob er an den gebrochenen Leib und an das vergossene Blut des
Herrn als unser Lösegeld glaubt, und ob seine Weihung eine völlige ist
zum Zwecke, als Glied dieses einen Leibes gerechnet zu werden.
Aus dem Vorhergehenden erhellt, dass
jedes wahre Glied der Herauswahl am Gedächtnismahle teilnehmen darf, es
sei denn zuvor durch eine gemäß Matth. 18:15-17 erfolgte Entscheidung
der Versammlung davon ausgeschlossen worden. Jeder, dessen Herzensstellung
richtig ist, kann teilnehmen, wird teilzunehmen wünschen, wird gerne der
Aufforderung des sterbenden Meisters nachkommen: „Esset alle davon,
trinket alle davon“; er wird empfinden, dass, es sei denn, wir essen
sein Fleisch und trinken sein Blut, wir kein Leben in uns haben, und dass,
wenn wir in Herz und Sinn des Verdienstes des Opfers des Herrn teilhaftig
sind, es ein Vorrecht und eine Freude ist, durch Teilnahme am Gedächtnismahle
unseren Glauben an das Lösegeld vor dem Herrn und vor einander zu
bekennen.
Wer
darf Brot und Wein austeilen?
Die heutzutage noch herrschende
Ansicht, es gehöre zur Feier des Gedächtnismahles ein ordinierter
Geistlicher, der allein berechtigt sei, die Sakramente zu verwalten, rührt
von dem tiefen Eindruck her, den die katholische Kirche durch die
Schaffung des Messopfers und des Geistlichenstandes auf die Gemüter
gemacht hat. Dass diese Anschauung gründlich verkehrt ist, werden
diejenigen leicht einsehen, welche sich erinnern, dass alle, die am Gedächtnismahle
teilnehmen dürfen, geweihte Glieder der königlichen Priesterschaft sind,
vom Herrn beauftragt, ihrem Vermögen und ihren Gelegenheiten gemäß das
Wort zu verkündigen, und ermächtigt, jede Handlung in seinem oder seines
Leibes Dienst zu verrichten, zu der sie fähig sind. „Ihr seid alle Brüder“,
ist des Herrn Losung, und diese dürfen wir nicht vergessen, wenn wir das
Abendmahl mit ihm feiern und seines Erlösungswerkes und unserer
Gemeinschaft mit ihm und allen Gliedern seines Leibes gedenken.
Dennoch deutet die Schrift an, dass in
jeder kleinen Versammlung Ordnung herrschen sollte, und dass zu dieser
Ordnung die Bestellung von „Ältesten in jeder Versammlung“ gehört. Während
jedes Glied der Herauswahl (der Neuen Schöpfung) vom Herrn ermächtigt
ist, am Gedächtnismahl teilzunehmen, so deutet doch die Versammlung durch
die Bestellung von Ältesten an, dass diese letzteren als Vertreter der
Gesamtherauswahl bei Gelegenheiten wie das Gedächtnismahl gelten sollten.
Demgemäss haben die Ältesten die Pflicht, das Nötige für die Feier des
Gedächtnismahles vorzubereiten, denn dies gehört zu dem Dienste an der
Versammlung, zu dem sie seinerzeit gewählt wurden.
Die
Aussage unseres Herrn: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt
sind, da bin ich mitten unter ihnen“, gibt uns unzweifelhaft zu
verstehen, dass, wo immer es möglich ist, das Gedächtnismahl in
Gemeinschaft mit anderen Gliedern seines Leibes gefeiert werden sollte.
Der davon ausgehende Segen bezweckt, die Glieder einander näher
zubringen, nicht nur bei dieser jährlichen Gelegenheit, sondern überhaupt.
Wenn auch nur zwei oder drei unter Berufung auf seine Verheißung
zusammenkommen, weil es ihnen unmöglich oder untunlich ist, sich in stärkerer
Anzahl zu versammeln, so feiern sie darum trotzdem das Gedächtnismahl als
eine vollständige Versammlung. Ja, selbst wenn ein einzelner so gestellt
wäre, dass er sogar bei dieser Gelegenheit nicht mit anderen
zusammentreffen kann, meinen wir, dass er es allein mit seinem Heiland
feiern könne, indem er dessen Gegenwart als zweiter im starken Glauben
erfasst. Das Alleinsein sollte niemand davon abhalten, die Jahresfeier des
großen Sühnopfers zu veranstalten und seine Beteiligung an demselben zu
bezeugen. Der Einsame mag ungesäuertes Brot und Wein, gegorenen (Solchen,
glauben wir, benutzte der Herr bei der Einsetzung des Gedächtnismahles.
Allein mit Rücksicht darauf, dass der Herr nicht „Wein“, sondern
„von der Frucht des Weinstocks“ sagt, und dass der alkoholische Wein
so schrecklich missbraucht wird, glauben wir die Billigung des Herrn dafür
zu haben, dass wir ungegorenen Wein gebrauchen. Wo es jemandem unter den
Teilnehmern Gewissenssache ist, gegorenen Wein zu gebrauchen, mögen
einige Tropfen davon dem ungegorenen beigemischt werden. Das könnte
selbst den Schwächsten (nach dem Fleische) unter des Herrn Brüdern nicht
schädigen.) oder ungegorenen, wenn erhältlich, beschaffen und, im
Geiste mit dem Herrn und den fernen Brüdern vereint, das Abendmahl genießen.
Eine
bestimmte äußere
Form der Feier
ist vom Herrn nicht vorgeschrieben
worden. Wir wollen daher auch in diesem Stücke nichts vorschreiben,
sondern nur mitteilen, was uns als eine ordentliche, verständige Feier
erscheint, in der Meinung, es sei damit vielleicht sowohl solchen, die
sich mit einer sehr umständlichen Form plagen, als auch solchen, die an
keine solche Feier gewöhnt sind, ein Dienst geleistet. Gebunden möge
sich durch das hier folgende Beispiel niemand fühlen.
1. Eröffnung mit einem oder mehreren
passenden Liedern, die für diese Gelegenheit geeignet sind - Lieder
ernsten Charakters, die die Gedanken der Teilnehmer in die Richtung des
Gedächtnismahles lenken.
2. Gebet um Segnung der Versammelten,
insbesondere der Teilnehmenden, ferner aller Glieder des Leibes in der
Welt und insbesondere derer, die es am Jahrestage feiern.
3. Vorlesung des Einsetzungsberichtes
(1. Kor. Kap. 11 oder in einem Evangelium) durch den Leitenden.
4. Kurze Auslegung des Vorbildes und
des Gegenbildes, sei es in freier Rede, sei es durch Verlesen einer schon
ausgearbeiteten Erklärung (der hier vorausgehenden oder einer anderen
wahrheitsgemäßen).
5. Gebet eines anwesenden Bruders (oder
im Notfalle des Leitenden) um Segnung des Brotes und derer, die davon
essen werden, damit allen Teilnehmern die Augen des Verständnisses über
die Bedeutung und den Wert des Gedächtnismahles weit aufgehen mögen,
damit alle Teilnehmer eine gesegnete Gemeinschaft mit dem Herrn haben und
ihre Gelübde, mit ihm geopfert zu werden, erneuern mögen.
6. Hierauf mag eines der ungesäuerten
Brote mit den Worten des Herrn: „Dies ist mein Leib, der für euch
gebrochen ist, esset alle davon“, gebrochen und dann der Teller mit den
Brotstücken herumgereicht werden, sei es vom Leitenden, sei es von einem
anderen Bruder, oder, in größeren Versammlungen, je ein Teller von 2, 4
oder mehr Brüdern gleichzeitig.
7. Während des Herumgebens der
Wahrzeichen sollte unseres Erachtens Schweigen herrschen, allerhöchstens
wären kurze Bemerkungen über die Bedeutung des Brotes, und wie der Herr
unsere Speise ist, am Platze, obwohl auch das bei der der Verteilung der
Wahrzeichen vorausgehenden Erklärung geschehen kann, damit nichts die
Sammlung der Teilnehmer störe.
8. Gebet um Segnung des Kelches, wie
wir vom Herrn lesen: „Er nahm den Kelch und segnete ihn“ und gab ihn
darauf den Aposteln. Ein Bruder mag aufgefordert werden, dieses Gebet zu
sprechen. Alsdann mag beim Herumreichen des Kelches wiederum Stille
herrschen.
9. Schlusslied und Aufhebung der
Versammlung ohne Gebet (nach dem Muster des Herrn). Desgleichen sollten
aber auch alle Begrüßungen, Unterhaltungen usw. nach der Feier vermieden
werden, auf dass womöglich nichts die Sammlung unterbreche und den
Gedanken eine andere Richtung gebe. Diese Sammlung sollte noch den ganzen
folgenden Tag dauern, eingedenk des Leidens des Herrn von Gethsemane bis
Golgatha und eingedenk, dass, wenn unser auch ein Gethsemane wartet, wir
der Tröstung und Aufrichtung durch Brüder bedürftig wären.
Vom Meister steht geschrieben: „Es
war niemand bei ihm.“ Kein Mensch war imstande, in jener schweren Stunde
ihm Mitleid zu bezeugen. Bei uns liegen die Dinge anders. Wir haben Brüder
am Leibe Christi, welche wie wir in seinen Tod getauft, wie wir geweiht,
als Glieder des einen Leibes gebrochen werden, wie wir angenommen und von
demselben Heiligen Geiste gesalbt worden sind. Lasst uns darum um so
ernster suchen, unseren Brüdern hilfreich zu sein, daran denkend, dass
das, was wir dem Geringsten unter seinen Brüdern tun, uns angerechnet
wird, als hätten wir es dem Haupte getan. Ferner mögen wir an die
Geschichte des Petrus denken, wie feurig er war im Dienste des Herrn und
doch schwach und der Hilfe und Fürbitte des Herrn bedürftig in einem
Augenblicke der Prüfung. „Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube
nicht aufhöre.“ Dieser Worte zu gedenken, wird für uns ebenso von
Nutzen sein, wie es sicherlich hernach für Petrus war. Es wird uns befähigen,
mehr und mehr zum Herrn aufzuschauen und von ihm Gnade und Hilfe in jeder
Zeit der Not zu erwarten.
Gleichzeitig mögen wir des Judas und
seines Strauchelns wegen seiner Selbstsucht, seiner Begehrlichkeit, seines
Ehrgeizes gedenken; und wenn wir gewahren, wie der Satan eben durch jene Tür
der Selbstsucht mehr und mehr hineindringen konnte in sein Herz, wird uns
dies eine Warnung sein, damit wir nicht in ähnlicher Weise vom
Widersacher verleitet und zu Fall gebracht werden, nicht aus irgendeinem
Grunde, wie Petrus, den Herrn verleugnen, der uns erkauft hat, nicht, wie
Judas, den Herrn, seine Brüder und seine Wahrheit verraten. Lasst uns den
ganzen Tag nach der Feier dem Herrn auf seinem Leidenswege in Gedanken
folgen, nicht nur, um ihn dadurch um so lieber zu gewinnen, sondern auch,
um es nicht befremdend zu finden, wenn wir etwa durch Feuer der Trübsal
hindurchgehen müssen. Durch solche führt die Nachfolge Christi bis in
den Tod; beim letzten Atemzuge erst ist das Opfer „vollbracht“. Beim
Herrn bedeutete der Tod am Kreuze die Vollendung seines Opfers für unsere
Sünden, auf dass wir durch seine Wunden geheilt werden. Seither aber lebt
er und bittet für uns, leistet uns Beistand in jeglicher Zeit der Not.
Ostern
- Passahfest
Das Wort „Ostern“ kommt in der
englischen Bibel einmal vor. (Apg. 12:4) Es ist aber in dieser Stelle
falsch übersetzt, es sollte „Passah“ heißen. Der Name Ostern ist von
den Heiden übernommen. Er ist sächsischen Ursprungs und zu Ehren der Göttin
der Sachsen, Ostara, eingeführt, für die im Frühling jedes Jahres ein
Fest gefeiert wurde, etwa zu der Zeit, da Israel das Passahfest feierte.
Die Annahme dieses Namens und seine Anwendung auf die Zeit des Gedächtnisses
des Todes und der Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn, herab bis zum
Pfingstfeste, geschah augenscheinlich aus Bequemlichkeit, die christlichen
Einrichtungen an Stelle derer des Heidentums zu setzen. Diese Übernahme,
gleichwie die meisten von ihnen, datiert aus dem dritten Jahrhundert. Der
heidnische Ursprung dieses Namens hat auf unser Gemüt keinen Einfluss,
weil wir das Fest nicht zur Ehre der Göttin Ostara feiern. Die
Protestanten gebrauchen diesen Namen für einen Tag, anstatt wie in alter
Zeit für eine Periode, wie es nur von den Katholiken heute noch
geschieht. Dieser Tag wird Ostersonntag genannt. Das Gedächtnis der
Auferstehung unseres Herrn wird für sein Volk allezeit kostbar sein, aber
jene, die diese Tatsache wirklich wertschätzen, werden jeden Sonntag als
einen Ostersonntag ansehen, weil uns jeder Sonntag an die Auferstehung
unseres Herrn vom Tode erinnert.
Wir möchten besonders darauf
hinweisen, dass die Osterzeit, die auch heute noch von den Katholiken
beobachtet wird, und die sowohl den Karfreitag als auch den Ostersonntag
einschließt, mit der Passahzeit sehr verwandt ist. Man sollte meinen, die
häufige Feier der Messe würde die jährliche Feier des Todes unseres
Herrn beiseite geschoben zu haben, aber dies ist nicht so. Die ursprüngliche
Sitte der ersten Kirche, die große Tat zu feiern, die ja die Grundlage
ihrer Existenz ist, wurde fortgesetzt. Dennoch wurde die Feier des
Abendmahles zu der bestimmten Zeit durch die zahlreichen Opfer der Messe
abgeschwächt, und sie verlor somit ihre Bedeutung.
Jahrhunderte hindurch war es Brauch,
das Datum der Kreuzigung unseres Herrn nach dem jüdischen Kalender zu
berechnen, wie wir dies bereits ausführten. Durch das Verlangen
getrieben, sich soweit wie möglich von allen jüdischen Einrichtungen
loszusagen, ließ man später einen Wechsel in der Berechnungsweise des
Datums des Todes Christi, unseres Passahlammes, eintreten. Das „Ökumenische
Konzil“ zu Nizäa beschloss, dass die Osterfeier fortan mit dem
Freitage, der dem ersten Vollmonde nach der Frühlings-Tag- und
Nachtgleiche folgte, beginnen sollte. Hiermit wurde nicht allein die Feier
des Todes unseres Herrn allein auf einen Freitag, „Karfreitag“
genannt, festgesetzt, sondern es war auch damit der Ausschlag gegeben,
dass die Feier höchst selten mit der jüdischen Passahfeier
zusammentreffen würde. Wir erinnern uns daran, dass der Unterschied in
der Methode der Berechnung darin besteht, dass die Juden sowohl damals als
auch heute noch den Monat mit dem ersten Neumonde nach der Frühlings-Tag-
und Nachtgleiche beginnen und das Passah feiern, nachdem der Neumond voll
geworden ist, am 14. Tage. Diese gelegentlich geschehene Änderung ruft
zwischen den beiden Methoden der Berechnung oftmals eine Differenz von
nahezu einem Monat hervor.
Es ist nicht unsere Sache zu
entscheiden, welches die vorzüglichere Methode der Berechnung ist, aber
wir geben derjenigen den Vorzug, welche unser Herr und die Apostel
anwandten, nicht etwa, dass wir meinen, wir würden ein Verbrechen
begehen, wenn wir in der Kalkulation irrten und an einem falschen Datum
feierten, sondern es ist für uns eine Befriedigung, zu wissen, dass wir
bestrebt waren, der göttlichen Einrichtung, dem Muster, so nahe wie möglich
zu kommen. Es mögen wohl manche der Meinung sein, dass es besser wäre,
nach unserem modernen Kalender ein bestimmtes Datum festzusetzen,
vielleicht den 1. oder 15. April oder sonst ein anderes Datum, um allen
Kalkulationen aus dem Wege zu gehen. Wir antworten darauf, dass der Herr
nicht ohne Grund die Anordnung nach dem jüdischen Kalender traf, und dass
wir es vorziehen, auch fernerhin seine Einrichtung anzuerkennen.
In einem bestimmten Sinne ist die Sonne
das Vorbild des geistigen Königreiches Gottes, der Mond aber das des
vorbildlichen Gottesvolkes und seines Gesetzesbundes. Es dürfte nicht von
ungefähr sein, dass der Herr gerade an dem Tage gekreuzigt wurde, an dem
der Mond voll wurde und mithin abzunehmen begann. Jedenfalls bezeugt die
Schrift (Joh. 7:30; 8:20), dass die Juden den Herrn nicht greifen konnten,
bevor seine Stunde gekommen war. Das Abnehmen des Mondes erscheint im
betreffenden Falle als Vorbild des Fallens aus der Gunst Gottes, das für
Israel nach dem Fleische mit der Kreuzigung des Herrn begann.
Mac
Clintock und Strongs Enzyklopädie
sagen über das Osterfest folgendes:
„Ostern, Passah. Ostern ist ein Wort sächsischen Ursprungs und von der
Göttin der Sachsen, Ostara, abgeleitet, der man alljährlich (im Frühling)
um die Zeit des Passahfestes Opfer darbrachte. Der Name wurde mit den
Begriffen über das christliche Fest der Auferstehung in Verbindung
gebracht, welches in die Zeit des Passahfestes fällt, und von da ab redet
man von dem Ostertage oder Ostersonntage. Dieses Vorgehen war jedoch höchst
unpassend, da dieses Fest in keiner Beziehung zur Göttin der alten
Sachsen steht. In der autorisierten englischen Übersetzung kommt das Wort
einmal vor und zwar Apg. 12:4 „ ... und gedachte ihn nach Ostern dem
Volke vorzustellen“, und dies ist ein bemerkenswertes Beispiel von dem
Mangel in der Sicherheit der Übersetzer ... Bei der letzten Revision
wurde überall das Wort „Passahfest“ eingesetzt, nur hier nicht. ...
„Die Versammlungen Kleinasiens
feierten den Tod des Herrn an dem Tage, der dem 14. Nisan entsprach, an
welchem auch die Kreuzigung stattgefunden hatte. Die Versammlungen des
Westens hingegen legten das Hauptgewicht auf den betreffenden Wochentag,
an welchem das Ereignis war. Sie trauerten demnach am Karfreitag und
Samstag, und erst am Sonntag gedachten sie froh der Auferstehung. Die
kleinasiatischen Versammlungen ihrerseits beendeten die Trauer schon um 3
Uhr nachmittags (die Todesstunde des Herrn) am 14. Nisan und feierten
unmittelbar darauf das Liebesmahl und das Abendmahl des Herrn. Der Name
Passah war den beiden Gruppen gemeinsam; sie verstanden darunter bald die
ganze Passionswoche, bald deren Haupttage (Karfreitag und Ostersonntag).
„Gegen Ende des zweiten Jahrhundert
machte der Aufseher der Versammlung zu Rom den Versuch, sämtlichen
Versammlungen, auch denjenigen des Ostens, die Passionsfeier am Freitag
und Sonntag, statt am 14. und 16. Nisan aufzudrängen. Einige
Versammlungen entsprachen der Zumutung, allein die Versammlung zu Ephesus
lehnte es ab und verwies durch ein Schreiben ihres Aufsehers Polykrates an
Viktor, den Aufseher der Versammlung in Rom auf die Autorität der Apostel
Philippus und Johannes, des Aufsehers Polycarp und der sieben Brüder, die
vor Polykrates Aufseher der Versammlung in Ephesus gewesen waren.
„Später erhob sich ein Streit darüber,
welcher Tag dem 14. Nisan entspreche. Viele Kirchenväter waren der
Meinung, dass gemäß der jüdischen Zeitrechnung, die mit der Zerstörung
Jerusalems und der Auflösung des Judenstaates ein Ende nahm, der 14.
Nisan immer nach der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche lag, und dass Ostern
mithin immer nach dem 21. März zu feiern sei. Wenn der 14. Nisan der
Juden seither bisweilen vor den 21. März falle, so sei das eine
Missrechnung der Juden.
„Da das Jahr der Juden immer mit
einem Neumonde begann, am 14. Nisan mithin immer Vollmond war, so kam es,
dass, wenn der 14. Nisan vor den 21. März fiel, die Christen ihr Passah
einen vollen Mondmonat später feierten als die Juden das ihre. Zu der
Unzuverlässigkeit des jüdischen Kalenders gesellte sich dann noch die
Unsicherheit hinsichtlich des Datums der Tag- und Nachtgleiche, die von
den einen auf den 18., von anderen auf den 19. oder 21. März angesetzt
wurde. Das Konzil von Arles im Jahre 314 suchte schon eine einheitliche
Ansetzung des Osterfestes herbeizuführen, scheint aber kein Gehör
gefunden zu haben. Einige Jahre später hingegen gelang es, bei dem ökumenischen
Konzil zu Nizäa einen als verbindlich anerkannten Beschluss zu fassen,
demzufolge der Karfreitag immer nach der Tag- und Nachtgleiche, und zwar
auf den dem 14. Nisan folgenden Freitag, fallen sollte. Die Versammlung in
Alexandrien sollte jeweils das Datum ausrechnen und es dann der
Versammlung in Rom mitteilen. Diese wiederum sollte das Datum durch
Rundschreiben an die Versammlungen allgemein bekannt machen. Ganz war dem
Streite freilich damit noch nicht abgeholfen; aber den Rest der
Unsicherheit beseitigte einige Zeit später Dionysius Exiguus mit seinen
Berechnungen. In Großbritannien aber z.B. erhielt sich die Passionsfeier
am 14. Nisan noch lange; erst nach Karl dem Großen verschwindet jede Spur
der Passionsfeier an ihrem ursprünglichen Datum (14. Nisan, dem Vollmonde
nach der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche).
„Bei der Verbesserung des Kalenders
nach Gregor XIII. (im Jahre 1582) wurden die Berechnungen des Dionysius
noch einmal nachgeprüft und der Ostervollmond noch ein wenig genauer
bestimmt, was zur Folge hatte, dass jetzt gelegentlich der Karfreitag der
Tag vor dem 14. Nisan ist und mithin das jüdische Passah mit dem
christlichen Ostern zusammenfällt, was das Konzil von Nicäa um jeden
Preis hatte vermeiden wollen.“
Zum Worte „Passah“ lesen wir in
oben erwähnter Enzyklopädie:
„Das Passahfest war das
Hauptjahresfest der Israeliten und aus der Erzählung, dass Josua bei der
Volksversammlung zu Gilgal das Volk zuerst beschneiden und dann das Passah
feiern ließ, scheint hervorzugehen, dass letzteres in einer gewissen
Beziehung zu dem jüdischen Bundeszeichen stand. (2. Mose 12:44) Aber der
Zusammenhang wurde erst ersichtlich, als das Gegenbild erfüllt war und
des Herrn Abendmahl an die Stelle des Passahfestes trat.“