SCHRIFTSTUDIEN
BAND
6 - DIE NEUE SCHÖPFUNG
Studie
12
Pflichten
und Rechte der Neuen Schöpfung hinsichtlich des Ehestandes.
Verschiedenen Pflichten der
Neuen Schöpfung. —
„Alle eins in Christo Jesu.“ —
Damit sind jedoch
unpassende Ehen nicht gemeint. —
Mann und Weib nach göttlicher Ordnung. —
Der Mann des Weibes Haupt, nicht sein Tyrann. —
Die Ehe der Neuen Schöpfung. —
Ratschläge an die Neue Schöpfung zur Aufrechterhaltung des
Hausfriedens. —
Der Fall der Verlassung. —
Nichts gegen das Gewissen. —
Verschnittene, Jungfrauen, Ehelosigkeit. —
„Nur im Herrn.“ —
Elterliche Verantwortlichkeit.
„Da
ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht
Mann noch Weib; denn ihr alle seid einer in Christo Jesu. Denn so viele
euer auf Christum getauft worden sind, ihr habt Christum angezogen.“ –
Gal. 3:28, 27
Die Neue Schöpfung besteht zunächst
nur aus einem neu gezeugten Willen, welchem ein neuer vollkommener
geistiger Leib verheißen ist, den er in der Auferstehung erhalten soll,
wenn er in seinen Bundesverpflichtungen Gott gegenüber treu erfunden
worden ist bis in den Tod. Das Gesetz der Liebe verpflichtet ihn in erster
Linie zu herzlichem Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes in allen Stücken,
in zweiter Linie zum Gutestun den Brüdern gegenüber, und in dritter
Linie zum Gutestun an allen Menschen, soweit noch Raum vorhanden ist neben
den beiden ersten Verpflichtungen. Wiewohl nun die Neue Schöpfung, der
neue Wille, zunächst nicht einen eigenen, ihm angepassten Leib hat, so
ist er doch nicht ohne Leib, indem er als der Nachfolger des natürlichen,
fleischlichen Willens den Leib dieses letzteren, den adamischen Leib, zu
seiner Verfügung hat, freilich dann auch den berechtigten Ansprüchen
desselben (Nahrung, Erhaltung der Gesundheit usw. - der Übers.) Rechnung
zu tragen hat. Der adamische Leib ist die zeitweilige Behausung des neuen
Willens, und ein anderes Werkzeug, sich nach außen zu betätigen, steht
der Neuen Schöpfung nicht zur Verfügung.
Selbst wenn dieser Leib nun in jedem Stücke
vollkommen wäre, so würde der neue Wille beim Gebrauch desselben doch
auf Schwierigkeiten stoßen. Denn auch der vollkommene adamische Leib ist
von der Erde, irdisch, den Verhältnissen auf Erden angepasst, auf Ziele
und Wünsche gerichtet, die, so rein und erhaben sie auch sein mögen,
irdisch sind. Die Ziele und Wünsche des neuen Willens aber sind himmlisch,
gesteckt und wachgerufen durch die außerordentlich großen und kostbaren
Verheißungen des Wortes Gottes. Dies war auch bei unserem Herrn Jesus der
Fall, dessen Leib doch vollkommen, abgetrennt von Sündern, war. Seine
Weihung und die Bedingungen, unter denen allein dem neuen Willen in der
Auferstehung ein in allen Stücken passender Leib geboren werden kann,
erforderten die Kreuzigung seines Fleisches, die Durchkreuzung der Wünsche
desselben, die völlige Unterwerfung, Indienststellung desselben unter den
neuen Willen; wo seines Fleisches berechtigte Wünsche mit den höheren
Absichten des Vaters in Konflikt gerieten, mussten erstere darangegeben
werden; und dies schloss die Aufopferung seines Fleisches ein, damit die
in ihm wohnende Neue Schöpfung die göttliche Herrlichkeit ererben könne.
Für die Unterpriester in der Neuen Schöpfung
liegt der Fall zunächst anders, weil sie unvollkommene Leiber haben,
deren Darangabe kein vor Gott annehmbares Opfer bilden würde, weil sie
durch die Sünde beschädigt sind. Sie müssen mithin zuvor durch das Sühnopfer
des Herrn Jesu gerechtfertigt werden. Durch das Verdienst seines Sühnopfers
werden die Sünden und Unvollkommenheiten ihrer sterblichen Leiber bedeckt,
und in diesem Zustande werden ihre Leiber als Opfer annehmbar. Der Apostel
erklärt die Rechtfertigung, indem er sagt: „Ich ermahne euch nun, Brüder,
durch die Erbarmungen Gottes (die euch durch das Bedecken eurer Sünden
durch Glauben an Christum erwiesen worden sind), eure Leiber darzustellen
als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, welches
euer vernünftiger Dienst ist.“ - Röm. 12:1
Unsere
individuelle Zeugung durch den Geist zur göttlichen Natur fand statt, als
wir unsere gerechneterweise gerecht gemachten adamischen Leiber als Opfer
darstellten. Damals wurde der geweihte Wille (Sinn, Gesinnung) als Neue
Schöpfung angenommen, und diese begann ihre Existenz; seit diesem
Augenblick musste sie wachsen im Verhältnis zu ihrer Treue gegenüber
Gott und den übernommenen Bundesverpflichtungen (der Darangabe des
menschlichen Leibes und seiner Interessen). Der so geopferte und als tot
in Christo gerechnete sterbliche Leib muss nun durch den neuen Willen, die
Neue Schöpfung, so belebt, so betätigt werden, dass der Rest des
adamischen Lebens gleichsam als Auferstehungsleben betrachtet wird. Denn
von der Neuen Schöpfung, dem neuen Willen, die sich in diesen sterblichen
Leibern und durch dieselbe gelten macht, wird gesagt, dass sie bildlich
gesprochen, mit Christo auferstanden sei, damit sie suche, was droben ist.
– Kol. 3:1
Auf
diese Neuheit des Lebens oder bildliche Auferstehung, in welcher der neue
Wille den sterblichen Leib im göttlichen Dienste gebraucht, bezieht sich
der Apostel in Römer 8:11, wo er schreibt: „Wenn aber der Geist dessen,
der Jesum aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der
Christum aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber
lebendig [ihm dienstbar - tätig] machen wegen seines in euch wohnenden
Geistes (Sinnes).“ Soweit also die neue Gesinnung die Herrschaft über
unsere sterblichen Leiber gewinnt und ausübt und sich derselben im gegenwärtigen
Leben bedient als des einzigen und besten Ersatzes für den geistigen Leib,
der vor der Auferstehung nicht erhältlich ist, soweit dürfen die
sterblichen Leiber der Neuen Schöpfungen als zeitweilige Vertreter für
die erhofften geistigen Leiber betrachtet werden.
Allein
diese Methode der Zurechnung oder Anrechnung des Verdienstes Jesu ist
geistig und kann nur von solchen verstanden und gewürdigt werden, welche
vom Geiste gezeugt und dadurch befähigt sind, die Dinge vom göttlichen
Standpunkte aus zu betrachten. Vom Standpunkte der Welt aus ist das alles
unwahr, unwirklich, „Narrheit“. Die Welt sieht wohl an den Kindern
Gottes andere Bestrebungen, andere Wünsche, anderen Wandel, aber sie
vermag sich dieses alles nicht zu erklären. Sie erblickt darin eine
Eigenheit, ein Frommtun, eine Heuchelei. Wir können nicht in Abrede
stellen, dass Verzerrungen der Neuen Schöpfung vorkommen; es ist
Scheinweizen (Lolch), der äußerlich dem Weizen ähnlich sieht, sich aber
im Herzen von ihm unterscheidet. Der Neuen Schöpfung soll es daher weder
eine Überraschung noch eine Enttäuschung sein, dass die Welt sie nicht
versteht; denn von ihr gilt das Wort des Herrn: „Die Welt kennt euch
nicht, gleichwie sie mich nicht erkannt hat.“ Darin besteht eben eine
der Erprobungen unserer Treue zu Gott, dass das Wandeln in den Fußspuren
Jesu uns bei denen Missachtung zuzieht, die wir lieben, und von denen wir
zu wünschen berechtigt wären, dass sie uns achteten. Die Tatsache, dass
der Welt Freundschaft und Achtung Feindschaft gegen Gott und
Nichteinhaltung des Weihebundes bedeutet, muss für die Neue Schöpfung maßgebend
sein.
Der
Zweck unserer gegenwärtigen Untersuchung ist es nun, zu erkennen, welches
das richtige Verhalten der Neuen Schöpfung (des neuen Willens, der im
geweihten Leibe wirksam ist) in ihren Beziehungen zu anderen Menschen ist,
zu denen sie in einem bestimmten Verhältnis steht, und für die sie, dem
Fleische nach, verantwortlich sein sollte. Es ist der Wille Gottes, dass
die Neue Schöpfung die Verpflichtungen ihres sterblichen Fleisches in
aller Ehrbarkeit anerkennen soll. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen
kann also die Neue Schöpfung nicht immer tun, was sie am liebsten möchte,
sondern muss in gewissen Stücken den Verpflichtungen des Fleisches
nachkommen. Denn Gottes Vorschrift lautet: „Seid vorsorglich für das,
was ehrbar ist vor allen Menschen.“ (Röm. 12:17), und: „Wenn aber
jemand für die Seinigen und besonders für die Hausgenossen nicht sorgt,
so hat er den Glauben verleugnet und ist schlechter als ein Ungläubiger.“
- 1. Tim. 5:8
Angesichts
dieser Tatsachen ist leicht zu sehen, dass die neue Gesinnung vor einer
recht schweren Aufgabe steht: 1. Gott durch die völlige Darangabe des
Fleisches zu gefallen; 2. genau zu erkennen, welche Forderungen ihrer
Beziehungen nach dem Fleische berechtigt sind und auf Erfüllung Anspruch
machen können; 3. bis zu welchem Punkte solche Forderungen anerkannt und
erfüllt werden können, ohne dass dabei die Verpflichtungen des
Weihebundes verletzt werden. Denn dieser Weihebund stellt uns vor die Wahl
zwischen Leben und Tod: „So wir nach dem Fleische leben, werden wir
sterben; so wir aber durch den Geist das Fleisch töten, so werden wir
leben (d.h. schließlich in der Auferstehung Vollkommenheit erlangen.“
Hier entsteht nun eine neue Schwierigkeit. Das Fleisch stirbt nicht
freiwillig; es muss durch den Willen, die Gesinnung, die Neue Schöpfung,
getötet werden. Da es nun bemerkt, dass es nach Gottes Willen gewisse
Ansprüche erheben darf, so ist es sehr geschickt, diese Ansprüche recht
auszudehnen, nicht nur mehr als das Nötige zu verlangen, sondern dazu
noch Freiheiten und Rechte, die zu bewilligen die Neue Schöpfung weder
verpflichtet noch, ohne Zurücknahme eines Teiles des geweihten Opfers, in
der Lage ist.
Diese
Bemühungen unserer sterblichen Leiber, bald Sünde zu entschuldigen, bald
dem Opfer auszuweichen, bringen die Neue Schöpfung oft in Verwirrung und
nicht selten vorübergehend zu Fall. Allmählich aber lernt sie die
Unzuverlässigkeit und Schwachheiten ihres eigenen Fleisches mehr und mehr
erkennen, wächst dabei in Gnade und Weisheit von oben, und wird dadurch
immer besser befähigt, den Leib in Unterwürfigkeit zu halten. - 1. Kor.
9:27
Auf
diese Weise lernt die Neue Schöpfung durch manche bittere Erfahrung
erkennen, dass das natürliche Herz, der Wille des Fleisches, auch nach
seiner Unterwerfung, überaus unzuverlässig bleiben und sich bisweilen
als verzweifelt böse ausweisen kann, als verzweifelt entschlossen, die
Herrschaft des neuen Willens zu stürzen und so die Neue Schöpfung
umzubringen, damit der alte Adam wieder Raum erhalte und nach dem Fleische
anstatt nach dem Geiste wandeln könne.
Unpassende
Verbindungen
Der Herr belehrt uns durch seinen
Apostel, dass er die Neuen Schöpfungen, ohne Rücksicht auf Stand,
Nationalität oder Geschlecht, einzig nach ihrem Eifer und ihrer Liebe für
ihn und seine Gerechtigkeit beurteilt und schließlich belohnen wird. Auf
diesen Standpunkt müssen sich alle Neuen Schöpfungen auch stellen; sie müssen
alle Neuen Schöpfungen als Brüder ansehen, sie als solche herzlich lieb
haben, ihnen allen zu dienen suchen, keine anderen Unterschiede unter
ihnen machen, als solche, die der Herr selbst machte, indem er diejenigen
am meisten begünstigt und auszeichnet, welche am meisten Eifer für seine
Sache an den Tag legen. Aber die Unparteilichkeit, dieses Übersehen von
Stand, Nationalität, Geschlecht, usw., betrifft nur die Neue Schöpfung
und hat nur einen begrenzten Einfluss auf unsere menschlichen Leiber und
deren Beziehungen zueinander und zu der Welt. Nichtsdestoweniger muss die
Neue Schöpfung die Schicklichkeit des Benehmens und der Beziehungen
zwischen den beiden Geschlechtern aufrecht erhalten.
Sie
wird dabei natürlich ein größeres Maß von Weisheit und Verstand an den
Tag legen als die Welt. Sie wird sich bewusst sein, dass es bei ihrem
Bestreben, nicht nach dem Fleische, sondern nach dem Geiste zu wandeln,
recht ist, wenn sie sorgfältiger handelt als die Welt, als der natürliche
Mensch; sie wird die Schwachheiten des Fleisches in Rechnung stellen und
sich danach Verhaltungsmaßregeln setzen. Je mehr die Neue Schöpfung
geistiges Leben sucht, um so mehr gewahrt sie, dass die geschlechtlichen
Bedürfnisse den Interessen der Neuen Schöpfung entgegen sind, und um so
mehr wird sie bestrebt sein, ihren Füßen freie Bahn zu machen und die
Versuchung durch möglichst viele und mächtige Schranken von sich zu
halten suchen.
Ähnliche
Rücksichten gelten hinsichtlich Stand und Nationalität. Geistige
Beziehung und Verbindungen sind gänzlich verschieden von Beziehungen und
Verbindungen des Fleisches. Die Interessen der Neuen Schöpfungen bleiben,
glauben wir, durch Beibehaltung einer gewissen Trennung nach dem Fleische
besser gewahrt, weil die Ideale, der Geschmack, die Bedürfnisse,
Naturanlagen usw. nicht in allen Kreisen die gleichen sind. Diese Trennung
wird keine Schranken aufrichten, wo der Unterschied zwischen geistigen und
menschlichen Beziehungen klar erfasst wird. So wenig Gal. 3:28 die Männer-
und Frauengemeinschaft unter den Geschwistern der Neuen Schöpfung
rechtfertigt, so wenig nötigt die Stelle zu unpassender Vermengung der
verschiedenen Teile der Menschheit. Wohl aber lehrt sie uns, welcher Art
die geistigen Beziehungen unter den Neuen Schöpfungen sein sollen,
welches der Maßstab unserer Wertschätzung sein soll, und welcher Art
unsere Verpflichtungen gegen unsere Mitmenschen in geistiger und
zeitlicher Hinsicht sind.
Mann
und Weib nach der göttlichen Ordnung
Der Apostel erklärt, „dass der
Christus das Haupt eines jeden Mannes ist, des Weibes Haupt aber der Mann,
Christi Haupt aber Gott.“ (1. Kor. 11:3) Überall lehrt die Schrift
dasselbe. Schon dadurch, dass Adam zuerst erschaffen wurde und danach das
Weib als ein Teil desselben, wollte Gott nach des Apostels Zeugnis
andeuten, welches die von ihm beabsichtigte Ordnung sei. „Der Mann“, führt
der Apostel aus, „ist das Bild und die Herrlichkeit Gottes; das Weib
aber ist des Mannes Herrlichkeit. Denn der Mann ist nicht vom Weibe,
sondern das Weib vom Manne, denn der Mann wurde auch nicht um des Weibes
willen geschaffen (um ihr Gehilfe zu sein), sondern das Weib um des Mannes
willen (um seine Gehilfin zu sein). Darum soll das Weib eine Macht (ein
Zeichen der Unterwerfung) auf dem Haupte haben.“ - 1. Kor. 11:7-12
Man
wird bemerken, dass diese Worte sich nicht nur auf das Verhältnis
beziehen, welches durch die Eheschließung zwischen dem Gatten und der
Gattin geschaffen wurde, sondern auch auf die Rangordnung der Geschlechter
nach dem Willen Gottes. Damit will weder der Apostel noch die Schrift überhaupt
zu verstehen geben, dass der Mann der Meister und das Weib seine Sklavin
sei, was eine ziemlich verbreitete Ansicht ist; so etwas denken, hoffen
wir, solche nicht, die Christi Geist (Gesinnung) haben. Nach Gottes Willen
ist die Familie die Einheit im gegenwärtigen (6000-jährigen) Zeitalter,
und jeder erwachsene Mann hat Anspruch darauf, eine Familie zu gründen,
deren verantwortliches Haupt (Versorger) und deren Vertreter vor Gott und
Menschen er sein soll.
Des
Mannes Herrschaft nicht Willkürherrschaft
Dass
diese Stellung des Mannes in der Familie vom Apostel nicht als Willkürherrschaft
gedacht ist, geht aus den Worten des Apostels hervor, dass Christus das
Haupt der Versammlung, das Haupt des Mannes, und Gott das Haupt Christi
sei. Wir finden Tyrannei weder in den Beziehungen des Sohnes zur Kirche,
noch in den Beziehungen des Vaters zum Sohne. Die Stellung als Haupt
schließt Verantwortlichkeit, Übernahme der Versorgung, ein. So sorgte
der himmlische Vater für seinen Sohn; und welche wunderbaren Vorkehrungen
traf er für ihn! Freilich sah der Plan Gottes für den Sohn auch Leiden
und Opfertod vor, doch nicht mehr und nicht schwerer, als es zur
Erreichung des gesteckten hohen und herrlichen Zieles durchaus notwendig
war, an welchem angelangt der Sohn nun hoch erhöht ist über alle Fürstentümer
und Gewalten und jeden Namen, der genannt ist. Der Sohn freute sich, dem
Vater auch im Leiden gehorsam zu sein; nun aber freut er sich der
Ehrenstellung, in die er trat, und die Ehre, dies seiner noch wartet.
So
ist auch die Herrschaft des Herrn Jesu über die Herauswahl keine Willkürherrschaft.
Geht es zwar auch für die Erwählten durch mancherlei Drangsal, so
bedeutet doch Jesu Herrschaft liebevolle Versorgung und Hilfsbereitschaft
allen Angehörigen der Neuen Schöpfung gegenüber.
So
soll auch der Hausvater sich seiner verantwortlichen Stellung als
Versorger, Beschützer, Führer, ja als Vorbild von Weib und Kind, bewusst
sein, und die Pflichten, die ihm seine gottgewollte Stellung als Haupt
auferlegt, voll und ganz würdigen und auf sich nehmen.
Das
in Eden über Eva und ihre Töchter ausgesprochene Urteil: „Dein Begehr
wird nach deinem Manne sein, und er wird dein Herr sein“, hat vielfach
eine grausame Ausführung gefunden, indem der gefallene Mann nicht selten
seine höhere Intelligenz und größere Kraft zum Schaden anstatt zum
Nutzen und Vorteil von Weib und Kind gebraucht. Alle gutdenkenden Männer
und Frauen müssen dies missbilligen, wie es auch sicherlich in den Augen
des Schöpfers schändlich, ja für ihn beleidigend ist.
Der
mit der Überlegenheit getriebene Missbrauch hat übrigens zum Schaden des
stärkeren Geschlechtes ausgeschlagen und nicht wenig dazu beigetragen,
dass die Menschheit immer tiefer fiel; er hat, bei aller natürlichen
Neigung des Weibes, sich auf den Mann als auf eine ihr gerecht scheinende
Autorität zu stützen, dazu geführt, dass diese Neigung des Weibes,
ihrer ganzen Anlage zuwider, immer mehr schwand. Der Widerstand, zu dem
sie unvernünftige Forderungen der Selbstsucht und Herrschsucht des Mannes
zwangen, hat die ganze Menschheit aufs schwerste geschädigt und es soweit
gebracht, dass heutzutage zwar ziemlich allgemein anerkannt wird, dass die
schriftgemäße Ordnung die naturgemäße sei, dass aber gleichzeitig
weder Mann noch Weib mehr sehen, wie sie sich in dem gegenwärtigen zerrütteten
Zustande der Gesellschaft dieser Ordnung anpassen sollen.
So
sehen wir denn gefallene Männer sich um eine Herrschaft bemühen, zu der
sie völlig unfähig sind, die sie jedoch für selbstsüchtige Interessen
missbrauchen. Sie haben es völlig verlernt, welch eine Haltung für sie
ehrenhaft ist, und welche Verantwortung ihnen ihre Stellung als
Familienoberhaupt auferlegt. Beim Weibe, das durch den Fall ebenfalls
gelitten hat und selbstsüchtig geworden ist, bemerken wir, dass der
Widerstand, zu dem unvernünftige Ausübung der Herrscherrechte des Mannes
sie aufrief, den Widerspruchsgeist in ihr geweckt und sie dazu geführt
hat, dass sie gegen jeden ihr gemachten Vorwurf etwas einzuwenden hat; und
ohne der Versorger der Familie sein zu wollen, strebt sie oft nach der
Stellung des Oberhauptes, nach freier Verfügung über die Mittel, nach
der Beherrschung der Familie usw. Wo solche der göttlichen Ordnung
zuwiderlaufenden Zustände herrschen, zeigen sich früher oder später böse
Folgen, auch dann, wenn in einem besonderen Falle diese Zustände als
weise oder notwendig erscheinen. Friedsame Früchte der Gerechtigkeit
reifen nur am Baum der göttlichen, natürlichen Ordnung. Ein Abweichen
von derselben, so mag eingewendet werden, sei aber, so wie die Dinge
heutzutage liegen, leider unvermeidlich. Die Selbstsucht treibe Mann und
Weib, die ihnen gesetzten Schranken zu überschreiten. So könne der
Friede und die Ordnung und der daraus hervorgehende und für den
vollkommenen Menschen bestimmte Segen dem gefallenen Geschlechte nicht
zuteil werden, und das einzige Heilmittel für die Schäden, an denen das
Familienleben infolge Adams Fall und der allgemeinen Außerachtlassung des
göttlichen Planes leide, sei die Wiederherstellung. Damit sind wir völlig
einverstanden; darum beten wir auch von Herzen: „Dein Königreich komme;
(auf dass) dein Wille geschehe auf Erden, wie (er) im Himmel
(geschieht).“
Allein
der Gegenstand unserer Betrachtung ist nicht, wie in die zerrütteten Verhältnisse
der Menschheit Ordnung hineingebracht werden kann, sondern welches das
richtige Verhalten der Neuen Schöpfung unter diesen Umständen ist, und
zwar zunächst zwischen Ehegatten, alsdann (im folgenden Kapitel] zwischen
Eltern und Kindern und endlich (in einem weiteren Kapitel) den übrigen
Mitmenschen gegenüber. Wir könnten einfach von den Pflichten
christlicher Männer und Frauen reden; aber das Wort „christlich“ hat
seine ursprüngliche Bedeutung im allgemeinen eingebüßt und dient zur
Bezeichnung aller, die dem Bekenntnisse nach nicht Juden oder Heiden sind.
Darum vermeiden wir den Ausdruck und reden von Neuen Schöpfungen nach dem
Vorbild des Apostels, der da sagt: „Ist jemand in Christo, so ist er
eine Neue Schöpfung.“
Der
Apostel macht ausdrücklich darauf aufmerksam, dass nach Gottes Absicht
die Ehe unter den Menschen ein Vorbild der Beziehungen zwischen Christo
und der Herauswahl, der Braut, seinem Leibe, sein sollte. Wir lesen in
Eph. 5: 22 an:
„Ihr
Weiber, seid unterwürfig euren eigenen Männern, als dem Herrn. Denn der
Mann ist das Haupt des Weibes, wie auch der Christus das Haupt der
Versammlung („ekklesia“, Herauswahl) ist; er ist des Leibes Heiland
(d.h. Erretter). Aber gleichwie die Versammlung (Herauswahl) dem Christus
unterworfen ist, also auch die Weiber ihren Männern in allem. Ihr Männer,
liebet eure Weiber, gleichwie auch Christus die Versammlung (Herauswahl)
geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, auf dass er sie heiligte,
sie reinigend durch die Waschung mit Wasser durch das Wort, auf dass die
Versammlung sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder
Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos
sei. Also sind auch die Männer schuldig, ihre Weiber zu lieben wie ihre
eigenen Leiber. Wer sein Weib liebt, liebt sich selbst. Denn niemand hat
jemals sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es,
gleichwie auch der Christus die Versammlung (Herauswahl). Denn wir sind
Glieder seines Leibes. „Deswegen wird ein Mensch seinen Vater und seine
Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen, und die zwei werden ein
Fleisch sein.“ Dieses Geheimnis ist groß; ich aber sage es in bezug auf
Christum und auf die Versammlung. Doch auch ihr, ein jeder von euch liebe
sein Weib also wie sich selbst; das Weib aber, dass sie den Mann fürchte.“
Der
Umstand, dass die vorbildliche Verbindung so oft unbefriedigend und
unvollkommen ist, macht die Absicht Gottes, die Ehe als Vorbild zu
benutzen, ebenso wenig zunichte, wie die Unvollkommenheit und Unzulänglichkeit
der Opfer Israels diese verhinderte, ein Vorbild des wahren Opfers zu
sein. Die Neue Schöpfung sollte die vorbildliche irdische Ehe und ihre
sich aus derselben ergebenden Pflichten und Verantwortlichkeiten um so höher
schätzen, als sie imstande ist, in derselben ein Vorbild der
gegenbildlichen Ehe zwischen Christo und der Herauswahl zu erkennen. Der
Mann findet das denkbar größte Vorbild seiner Pflichten und
Verantwortlichkeiten dem Weibe gegenüber in der Fürsorge des Herrn für
die Herauswahl und deren zeitliche und geistliche, gegenwärtige und zukünftige
Bedürfnisse, eine Fürsorge, die bis zur Darangabe seines Lebens ging. In
gleicher Weise empfängt auch das Weib, wenn sie die Verpflichtungen und
Verantwortlichkeiten der Herauswahl dem Herrn gegenüber erkennt, ein höheres
Ideal von der Stellung, die ihr als Gehilfin des Mannes zukommt. Freilich
bedarf es zu dieser Erkenntnis der Gesinnung Christi. Wenn darum auch die
Ermahnung, nach Kräften die Ehe so zu gestalten, wie Gott sie gewollt,
allen gilt, so bemerken wir doch, dass nur diejenigen das ihnen gegebene
Vorbild in allen seinen Teilen völlig zu erfassen imstande sind, welche
vom Geiste gezeugt, Neue Schöpfungen sind; denn solche allein haben die
Gesinnung Christi.
Es
mag geltend gemacht werden, dass nicht alle Menschen gleich tief gefallen
sind, und dass es daher vorkommt, dass das Weib dem Manne hinsichtlich
dieser oder jener Eigenschaften des Geistes oder Herzens überlegen ist.
Soll nun unter solchen Umständen das Weib als Haupt der Familie und der
Mann als Gehilfe angesehen werden? Unseres Erachtens nach nicht. Es ist
genug an dem einen Verstoß gegen die göttliche Ordnung, der darin liegt,
dass ein Weib einen Mann heiratet, der ihr untergeordnet ist, einen Mann,
zu dem sie nicht als zu ihrem Haupte aufblicken kann, oder dass ein Mann
eine ihm überlegene Frau heiratet. Es ist nicht am Platze, einen
einmaligen Fehler ein ganzes Leben hindurch zu bestätigen. Für eine Neue
Schöpfung in Christo gilt außerdem, dass sie nicht eine Ehe eingehe,
wenn der andere Teil noch irdisch ist, mag er dabei noch so hoch gesinnt
und ehrenhaft sein. Nicht wenige vom Volke Gottes sind dadurch in ernste
Schwierigkeiten hineingeraten, dass sie den Rat, „nur im Herrn“ zu
heiraten, nicht befolgt haben.
Die
Ehe der Neuen Schöpfungen
Ist
jedoch einmal die Ehe geschlossen, so ist es für die Reue zu spät, und
einem Kinde Gottes bleibt dann nichts anderes übrig, als den Ehebund
treulich zu halten, dem Buchstaben und dem Geiste nach, soweit die Kräfte
reichen. Sind beide Neue Schöpfungen, und passen auch die übrigen Verhältnisse
zueinander, so sollten sich keine Schwierigkeiten in der Hausordnung
einstellen, nichtsdestoweniger sollte Verträglichkeit der natürlichen
Eigenschaften und des Geschmackes sorgfältig betrachtet werden.
Der
Gatte wird, wenn er Christi Gesinnung hat, sein Weib lieben, wird sich
erinnern, dass er sich verpflichtet hat, sie zu pflegen, Sorge für sie zu
tragen, für die Befriedigung nicht nur ihrer leiblichen, sondern auch
ihrer geistigen Bedürfnisse zu sorgen. Er wird sich daher nicht damit
zufrieden geben, Nahrung, Kleidung und Obdach zu verschaffen, sondern er
wird auch nicht vergessen, dass sein Weib Herz und Geist hat, die
ebenfalls ihre Forderungen stellen. Darum wird er nicht zufrieden sein,
wenn ihre Zeit durch die Besorgung des Haushaltes völlig ausgefüllt
wird, sondern wird bemüht sein, ihr nach Kräften Gelegenheit zu
geistiger Gemeinschaft und zum Studium der Wahrheit zu verschaffen. Er
wird nicht vergessen, dass auch seinem Fleische ein Stück Selbstsucht
innewohnt, und sich deshalb davor hüten, dass dieser Fehler anderen,
insbesondere seinem Weibe und seinen Kindern, die sein Fleisch und Bein
sind, beschwerlich falle oder schade.
Wenn
die Herrschaft in der Familie so geübt wird, zur Förderung des
Wohlergehens aller Glieder, zu ihrer Beratung, zur Beschaffung der
notwendigen Lebensbedürfnisse, so wird sie keine Willkürherrschaft sein.
Der Geist der Liebe in solch einem Gatten wird außerdem nicht achtlos
daran vorbeigehen, was sein Weib mag oder nicht mag, und für richtig
angebrachte Ratschläge und Anregungen ein offenes Ohr haben. Er wird sich
dessen bewusst sein, dass Adam in seiner Vollkommenheit, solange er allein
war, alle menschlichen Eigenschaften hatte, dass er aber, als Eva aus ihm
herausgenommen war, sich mit ihr in diese Eigenschaften teilen musste. Er
wird anerkennen, dass, wenn auch größere Kraft des Leibes und des
Geistes ihn zum Familienhaupte bestimmen und machen, es doch bestimmte
Charaktereigenschaften gibt, die das Weib in höherem Grade besitzt. Die
Demut, welche zu den Eigenschaften des Geistes der Liebe gehört, wird ihn
davor bewahren, den schätzenswerten Eigenschaften gegenüber, welche der
Schöpfer dem Weibe zuteil werden ließ, blind zu sein, und er wird
anerkennen, dass seine eigenen Herzens- und Geisteseigenschaften der Ergänzung
durch diejenigen des Weibes bedürfen. Je mehr Geist des gesunden Sinnes
er hat, um so mehr wird er auch des Weibes Mithilfe und Mitwirkung
begehren, ihre Ansicht zu kennen, ihrer Liebe und Anteilnahme teilhaftig
zu werden wünschen und dieselben wertschätzen.
Des
Weibes Rat einzuholen bedeutet nicht, ihn in allen Fällen zu befolgen.
Die Pflicht, abzuwägen und zu entscheiden, bleibt für den Mann bestehen;
doch sollte er dabei die Ansichten seines Weibes einer verständigen und
wohlwollenden Beurteilung würdigen. Die Verantwortung ist auf ihn gelegt;
er darf sie nicht ablehnen; sie ist ein Teil seiner gottgewollten
Stellung, und er wird darüber Rechenschaft geben müssen.
In
gleicher Weise wird das Weib, wenn es eine Neue Schöpfung ist, „im
Herrn“ geheiratet und dabei seine Unterscheidungsgabe zum Treffen einer
richtigen Wahl benutzt hat, ohne viel Mühe erkennen, welches die
Pflichten, Obliegenheiten und Rechte ihrer Stellung nach dem Fleische
sind. „Das Weib aber, dass es den Mann fürchte“, sagt der Apostel.
Ihr Betragen sei nicht etwa so, dass Draußenstehende ihr sagen müssen,
sie lasse es an weiblicher Ehrfurcht ihrem Manne gegenüber gebrechen,
auch nicht, dass ihr Gatte ihr sagen muss, er erachte, dass ihr Verhalten
mit ihren Verpflichtungen im Ehebunde und mit der göttlichen Ordnung
nicht übereinstimme. Sie soll vielmehr, wenn sie nach den Obliegenheiten
und Pflichten des Weibes Umschau hält, gewahren, dass hierbei die
Ehrfurcht vor dem Manne in erster Linie steht, und dass, nach der Schrift,
nichts anderes an die Stelle dieser Ehrfurcht treten soll, was auch die
Welt oder gute Menschen sagen mögen. Diese Ehrfurcht bedeutet sehr viel,
macht sich in allen Angelegenheiten des Lebens geltend und übt ihren
Einfluss aus auf jede Handlung, jedes Wort, jeden Gedanken, die auf das
Heim und sein Wohl Bezug haben.
Wie
Paulus, so bespricht auch Petrus die Stellung der Gattin. Wir lesen (1.
Petr. 3:1-6): „Ihr Weiber, seid euren eigenen Männern unterwürfig ...,
sanften und stillen Geistes, welcher vor Gott sehr köstlich ist. Denn
also schmückten sich auch einst die heiligen Weiber, die ihre Hoffnung
auf Gott setzten, indem sie ihren eigenen Männern unterwürfig waren: wie
Sara dem Abraham gehorchte und ihn Herr nannte.“ Wie ein Mann, der sein
Weib ehrt, sich selbst ehrt, so ehrt ein Weib, das ihren Mann ehrt, sich
selbst. Aber diese Ehrfurcht des Weibes vor dem Manne als dem
Familienhaupte bedeutet nicht Sklaverei; denn beim Herrn nimmt die
Herauswahl nicht die Stellung einer Sklavin ein; sie hat vor ihm nicht die
Furcht des Sklaven, sondern die Ehrfurcht der Liebe und Ergebenheit, und
dieses Verhältnis ist das Vorbild für die Beziehungen zwischen den
Ehegatten.
Diese
Ehrfurcht vor dem Gatten hat nicht zur Folge, dass das Weib nicht ihre
eigene Urteilsfähigkeit gebrauchen und ihres Mannes Aufmerksamkeit auf
Schwierigkeiten und Lasten lenken sollte, welche für sie allein zu schwer
sind. Doch sollte sie ihre Wünsche, Hoffnungen und Ansichten nicht
befehlsweise vorbringen, sondern in ehrerbietiger Weise, indem sie
anerkennt, dass ihr Gatte das Haupt ist, und sie sollte suchen, sich mit
seiner Entscheidung zufrieden zu geben. Sie sollte danach streben, durch
Wohlüberlegtheit und weise Besorgung der ihr anvertrauten Obliegenheiten
das Vertrauen des Mannes in immer höherem Grade zu erwerben und so in
ihrem Heime, sei es groß oder klein, die Stellung der Gehilfin immer
besser auszufüllen. Diese ihre Stellung und ihr Wunsch, vom Gatten
gebilligt zu werden, geben dem Apostel das Vorbild zum richtigen Verhalten
der Herauswahl gegenüber dem Herrn. Wie es von der letzteren unrecht wäre,
ihr Haupt, den Herrn, bei der ihr übertragenen Arbeit zu ignorieren, so
sollte das Weib es als unrecht und vertragswidrig ansehen, im Haushalte
das Regiment zu führen und denjenigen zu ignorieren, den sie bei der
Schließung des Ehebundes als Familienhaupt anzuerkennen gelobt hat.
Wenn
beide Neue Schöpfungen sind, aber sie passen sonst nicht zusammen, indem
das Weib sichtlich dem Manne überlegen ist, kann es leicht vorkommen,
dass das richtige Verhältnis recht schwer zustande kommt. Hat das Weib
mehr Urteil in der Führung des Haushaltes, der Verwendung der Mittel, der
Kindererziehung usw., so hat sie darum doch noch nicht das Recht, sich zum
Herrn aufzuwerfen und dem Gatten Befehle zu geben wie einem ihrer Kinder
oder einem Dienstboten. Das ist wider die göttliche Ordnung und bringt
daher Schaden ein, jedenfalls in geistlicher Beziehung, möglicherweise
aber auch in zeitlichen Dingen, ihr selbst und dem Manne. Der Mann würde
bei solchem Verhalten seiner Frau in ganz kurzer Zeit den letzten Rest von
Männlichkeit, den ihm der Fall gelassen, auch noch verlieren; er würde
ihr allmählich alles übertragen und zu ihrem Werkzeuge, ihrem Sklaven,
der das nötige Geld zu verdienen und im übrigen nur zu gehorchen hat,
herabsinken. Dies hätte eine schlimme Rückwirkung auf seine Neue Schöpfung;
denn es würde ihn entnerven und dadurch hindern, in Gnade und Erkenntnis
und im Dienste der Wahrheit Fortschritte zu machen. Aber auch beim Weibe wäre
die Rückwirkung eine schlimme. Je mehr Verantwortlichkeit ihr der Mann überlässt,
oder je mehr sie selbst davon sich nimmt, je schwerer die Last auf ihren
Schultern wird, die schon die Mutterpflichten tragen, um so eigensinniger
und selbstbewusster wird sie werden. Ihre Freunde mögen in solchem Falle
ihre Charakterstärke bewundern und der Ansicht sein, dass die Verhältnisse
ihr ein solches Verhalten aufnötigen; ja, sie können sie sogar ermutigen
und als ein leuchtendes Vorbild preisen, indem sie sich in schwerer
Stellung zu helfen wisse; aber Lieben werden die Freunde sie nicht, wie
sie es täten, wenn ihre weiblichen und mütterlichen Eigenschaften zu
voller Entwicklung gekommen wären. Ihre in den Dingen des Lebens
entwickelte Energie wäre ihrer Neuen Schöpfung schädlich, weil diese
Gefahr läuft, unter dieser Energie und dem Eigenwillen des Fleisches zu
leiden.
Das
richtige Verhalten zweier Neuer Schöpfungen in unpassender Ehe wäre
ungefähr folgendes: Der Gatte sollte sich sagen, dass er keine Gott
wohlgefällige Wahl getroffen habe und dadurch Gefahr laufe, unglücklich
zu werden. Nun sei es seine Pflicht, von dem Ideale des Gatten soviel zu
verwirklichen, wie in seinen Kräften stehe, indem er dabei aufs Genaueste
auf all sein Reden und Tun acht habe und um so ernstlicher um die Weisheit
von oben bete, damit er von den ihm als Haupt der Familie obliegenden
Pflichten, zu deren Erfüllung er nicht geeignet sei, wenigstens einen möglichst
großen Teil erfülle. Die Gattin ihrerseits sollte sich sagen: Ich habe
nicht auf die göttliche Anordnung geachtet und unpassend geheiratet, da
ich ihm an Geistesanlagen überlegen bin und daher nicht an ihm
hinaufblicken kann. Ich muss mich nun in die Verhältnisse fügen. Ich
muss vorab meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und dann meinem Gatten
in allen den Stücken besonders behilflich sein, in denen es ihm am Nötigen
gebricht. Ich will um Weisheit von oben bitten, damit ich ihm aufhelfen,
einen richtigen Mann aus ihm machen, seine Fähigkeiten zu weiterer
Entwicklung bringen kann. Dann wird er mir auch um so lieber, und ich
werde zu ihm aufblicken können. Das ist nichts weiter als meine Pflicht
im Ehebunde; ich will sie getreulich zu erfüllen suchen als dem Herrn.
Seine Schwachheiten und geistigen Mängel will ich nicht nur vor Draußenstehenden
verbergen, sondern sie auch für meinen Teil nach Kräften übersehen, und
wenn ich genötigt werde, meinen Mann darauf aufmerksam zu machen, so will
ich es in einer Weise zu tun suchen, dass er meine Überlegenheit nicht
merkt. Ich will warten, ob nicht zu seiner Zeit seine eigenen Mängel ihn
veranlassen werden, meine Ansichten zu würdigen. Ich will aber dieselben
nicht aufdrängen, nicht darauf bestehen, sondern sie in der
freundlichsten Weise, wie es der Gehilfin gebührt, vortragen. Vielleicht
wird er bald meinen Rat suchen und ihm in allen Lebensfragen allmählich
mehr Gewicht beimessen. Dies wird die Einigkeit erhalten, und unser
Eheleben wird dem Vorbilde des Verhaltens zwischen Christo und der
Herauswahl immer ähnlicher werden. Mein Segen wird aus der Pflege der
Demut und aus meiner Unterwerfung unter Gottes Ordnung kommen; sein Segen
wird in der Förderung bestehen, zu der Gott mich als Werkzeug gebrauchen
will. Alsdann wird die Missheirat, die erst so unvorteilhaft schien, durch
Gottes Gnade und unsere Unterwerfung unter sein Wort uns beide dem Ideale
näher bringen, das der Apostel darlegt.
In
dem Falle, wo zwei Neue Schöpfungen, die auch dem Fleische nach zusammen
passen, nach einer Reihe von Jahren gedeihlichen Zusammenlebens sich nicht
mehr zu verstehen anfangen, wären wir geneigt, anzunehmen, dass der eine
oder der andere Teil den Geist der Liebe gänzlich oder in hohem Grade
verloren hat, dass die Pflichten, die der Apostel dem Manne der Frau gegenüber,
oder der Frau dem Manne gegenüber vorschreibt, vernachlässigt worden
sind. Wenn der Gatte aufhört, für das Weib zu sorgen, sie lieb zu haben,
wenn sie seinem Herzen fern zustehen anfängt, oder wenn er sie gar verlässt,
so würden wir darin einen schweren Abfall vom Herrn erblicken, eine
schwere Einbuße am Geiste des Herrn und der Weisheit von oben, die erst
rein ist, sodann friedsam, freundlich, verträglich, voller Gnade und
guter Werke. Wir fürchten, dass ein solcher vor Gott nicht mehr als Überwinder
gelten könnte, bis er sich wiederum gebessert habe. Andererseits scheint
uns beim Weibe Eigensinn, Hochmut und mit übler Nachrede verbundene
Missachtung und Verlassung des Gatten als ein höchst bedauerlicher Abfall
von dem Worte, als ein geistiger Rückschritt, über den die
Aufrechterhaltung einer äußeren Form der Gottseligkeit nicht hinwegtäuschen
sollte. Denn wie würde eine solche vor dem himmlischen Bräutigam
dastehen, wie könnte sie ein gutes Zeugnis von ihm erwarten, nachdem ihr
Verhalten gegenüber dem irdischen Gatten verraten hat, dass sie die
Pflichten der Herauswahl gegenüber ihrem Herrn nicht zu würdigen
verstand? Untreue gegen den Gatten, den sie sieht, deutet hin auf Untreue
gegen den himmlischen Bräutigam, den sie nicht sehen kann.
Ist
nun in einer Ehe nur der eine Teil eine Neue Schöpfung, so ergeben sich für
diese oft große Schwierigkeiten, die viele zu kosten bekommen haben.
Schwierigkeiten entstehen schon dann, wenn die Ehe wenigstens dem Fleische
nach eine passende ist; sie sind aber viel größer, wenn die Ehe sich als
eine menschliche und geistige Missheirat herausstellt. Ist der Gatte die
Neue Schöpfung, so sollte seine echte Religiosität, der Geist des
gesunden Sinnes und das kluge Verhalten, das in allen Dingen zu bekunden
er berufen ist, ihn in der Achtung seiner weltlich gesinnten Gattin immer
höher steigen lassen, vorausgesetzt, dass sie selbst hochgesinnt ist und
einen freundlichen Charakter hat. Die wohlüberlegte Behandlung und die
volle Gewissensfreiheit, die er ihr bei allem Festhalten an der eigenen Überzeugung
sollte zuteil werden lassen, könnte eine solche Ehe zu einer glücklichen
gestalten; nur würde der Gatte dabei die geistige Gemeinschaft, die ihm
als einer Neuen Schöpfung das Wichtigste ist, schmerzlich oder doch
ungern vermissen. Aber seine Gebete für sein hochgesinntes Weib, sein
Beispiel und seine wohlüberlegte Darlegung der Wahrheit werden in den
meisten Fällen solch eine Gattin zum Herrn führen und sie zu einer
Gehilfin, nicht nur in den Dingen dieser Welt, sondern auch in geistiger
Beziehung, machen. So werden seine Geduld und die Erfüllung seiner
ehelichen Pflichten einen großen Lohn finden und ihre Befolgung göttlicher
Grundsätze für sie gleicherweise ein großer Segen, eine wahre Glückquelle,
werden.
Ist
das Weib die Neue Schöpfung und die Ehe dem Fleische nach eine passende,
so wird, auch wenn der Mann weltlich gesinnt ist, die Sache sich verhältnismäßig
leicht gestalten, sofern der Gatte eine edle Denkungsart hat. Diese wird
ihn veranlassen, die Überzeugung seiner Gattin zu respektieren, besonders
wenn sie derselben in stiller, weiblicher Weise nachlebt. Sein Wunsch, ihr
in geistigen Dingen das zu beschaffen, was sie bedarf, wird ihr alle
Gelegenheiten zur Befriedigung ihrer geistigen Bedürfnisse geben und sie
also glücklich machen; nur würde sie der Mangel an geistiger
Gemeinschaft mit dem Manne betrüben. Aber die Möglichkeit bleibt bei
richtigem Verhalten ihrerseits bestehen, dass ihre Treue sowohl gegen den
Herrn als auch in der Erfüllung ihrer Pflichten als Gattin den Mann
schließlich zur vollen Weihung für den Herrn führt. Das Weib mag in
zeitlichen und geistigen Dingen verständige Wünsche haben, die der Mann
nicht zu verstehen fähig ist, wenn er von Natur noch so edel gesinnt ist.
In diesem Falle sollte sich das Weib des Rates des Herrn erinnern, in
allen Dingen Maß zu halten. Sie sollte der guten Eigenschaften des Gatten
gedenken und sich daran erinnern, dass der Mann auf ihre von Gott
anerkannte Gesellschaft Anspruch hat. Dabei sollte sie freilich nie gegen
ihr Gewissen handeln und, wenn sie, ihrem Manne zu Gefallen, einigen
Zusammenkünften der Neuen Schöpfung fern bliebe, nicht aus den Augen
verlieren, dass ein Gebot des himmlischen Bräutigams sie ermahnt, die
Versammlungen nicht zu versäumen. Das Maßhalten in diesem Stücke wird
dem Manne beweisen, dass sie ihm ihre Gesellschaft nicht entziehen will,
wenn es ihr auch andererseits mit ihren Pflichten gegenüber dem Herrn
ernst ist.
Liegt
dem Fleische und Geiste nach eine Missheirat vor, so ist der Fall natürlich
ein viel schwererer und erfordert seitens desjenigen Teiles, der die Neue
Schöpfung ist, ein noch reichlicheres Maß von Weisheit und Gnade von
oben. Der Apostel ermahnt uns in diesem Stücke: „Ein Weib, das einen
ungläubigen Mann hat, und er willigt ein, bei ihr zu wohnen, so entlasse
sie den Mann nicht. Wenn aber der Ungläubige sich trennt, so trenne er
sich. Der Bruder oder die Schwester ist in solchen Fällen nicht gebunden;
in Frieden aber hat uns Gott berufen. Denn was weißt du, Weib, ob du den
Mann erretten wirst? Oder was weißt du, Mann, ob du das Weib erretten
wirst?“ - 1. Kor. 7:13, 15, 16
Es
geht daraus deutlich hervor, dass der gläubige Teil verpflichtet ist,
seine Ehepflichten zu erfüllen und dabei für den Frieden und die
Wohlfahrt des Haushaltes nach Kräften besorgt zu sein. Streitpunkte sind,
soweit das Gewissen es zulässt, zu vermeiden. Liegt ein Grund zur
Trennung vor, so hat der gläubige Teil darauf zu achten, dass dieser
Grund nicht bei ihm liege. Der Geist Christi in ihm sollte ihn täglich
freundlicher, demütiger, friedsamer, klüger, weiser, verträglicher,
geduldiger, liebevoller und gütiger machen. Es wird freilich Fälle
geben, in welchen auch das nicht hinreicht. Es kann vorkommen, dass der
ungläubige Teil durchaus unedel gesinnt ist, und dass dies in Zornesausbrüchen
sich zeigt; dass, wie die Güte Gottes gegen Pharao diesen verhärtete,
die Bemühungen des gläubigen Teiles, die göttliche Gesinnung in seinem
ganzen Verhalten nach Kräften zum Ausdruck zu bringen, Haß statt
Anerkennung wecken, nach dem Zeugnis des Herrn, dass die Finsternis das
Licht hasst, weil sie durch dasselbe gestraft wird. (Joh. 3:19, 20) In
solchen Fällen kann Trennung erfolgen, mit oder ohne Ehescheidung vor
Gericht. Eine Wiederverheiratung steht indes dem gläubigen Teile nur zu,
wenn die Ehe wegen Ehebruchs des anderen Teiles gerichtlich geschieden
worden ist. - Matth. 19:9
Wenn
der Apostel sagt: „Wenn aber der Ungläubige sich trennt, so trenne er
sich“, so meint er damit nicht, dass nunmehr der verlassene gläubige
Teil frei sei, sich anderweitig zu verheiraten. Er will nur zu verstehen
geben, dass dieses Verlassenwerden auch zu jenen Dingen gehört, die der
Herr zulässt, die aber dazu bestimmt sind, zum Besten derer zu dienen,
die ihn lieb haben, dass es vielleicht ihre Gelegenheiten vermehrt, dem
Herrn zu dienen. Wenn auch der Apostel dem gläubigen Teile verbietet, der
verlassende Teil zu sein, so glauben wir doch, dass die menschlichen
Gerichte nicht unweise gewesen sind, als sie bestimmten, dass ein
Verlassen nicht erst stattfinde, wenn ein Teil die gemeinsame Wohnung verlässt,
sondern dass eine völlige Entfremdung schon ein Verlassen bedeute. Es ist
vorgekommen, dass das ungläubige Weib das Familienleben durch eine Reihe
kleiner Willkürlichkeiten zerrüttete und zerstörte, das Heim zu einem
Ort der Qual machte, dem Gatten seine religiösen Schriften verbrannte,
ihn am Lesen, Forschen und Denken durch absichtliche Erregung der Kinder
zu hindern suchte, ja, dass sie diese veranlasste, des Vaters Wort und Rat
zu überhören und den Vater unwürdig zu behandeln. Wenn in solchen Fällen
auch das Weib den Gatten nicht verlässt, so haben irdische Gerichtshöfe
das doch so ausgelegt, dass seitens des Weibes einzig noch der Wunsch
vorliege, auf Kosten der Mühe und Arbeit des Mannes zu leben. Sie haben
darin eine gröbliche Verletzung der Ehepflichten erblickt, welche einem
Verlassen gleich zu achten sei. Ein solcher Lebensgenosse ist keine
Gehilfin mehr, sondern ein Schädling. Auch wir erachten, dass in einem
solchen Falle der Mann sich als verlassen betrachten darf und daher
berechtigt ist, von der Gattin getrennt zu wohnen und diejenigen Kinder
mitzunehmen, welche noch nicht geistig vergiftet sind.
Verpflichtungen
gegen ein solches Weib hat er keine mehr; sie hat durch ihr Verhalten ihre
Rechte verscherzt; sie ist dem Ehevertrage untreu geworden, und die
Entziehung seiner Fürsorge ist die natürliche Folge ihres Verhaltens.
Sollte sie jedoch zu irgendeiner Zeit reumütig vor ihm erscheinen, so
sollte er ihr von ganzem Herzen vergeben und das gemeinsame Leben auf
einer richtigen Grundlage wieder aufnehmen. Mit obigem wollen wir ja nicht
so verstanden sein, als wollten wir Ungeduld oder Empfindlichkeit fördern.
Die Liebe fordert, dass alles Erträgliche ertragen werde, und wo Böses
mit Bösem vergolten worden ist in Wort und Tat, da ist die Schuld als
ausgeglichen zu betrachten.
Anderswo
mag die Entfremdung der Herzen dem ungläubigen Ehegatten zur Last fallen.
Dieser kann ein brutaler Tyrann sein, dem Gesundheit und Glück seiner
Frau gleichgültig sind, und der ihre religiösen Anschauungen hasst. Wie
schon gezeigt, hat in solchen Fällen der gläubige Teil um den Geist der
Liebe zu beten, damit er, ausgerüstet mit diesem kostbaren Hilfsmittel,
alles ertragen und geistig davon profitieren könne. (Röm. 8:28) Er soll
darin eine Gelegenheit erblicken, die Gott ihm bietet, friedsame Früchte
der Gerechtigkeit zu bringen und zu erwägen, dass es die göttliche Liebe
ist, die ihn drängt. Aber alles hat seine Grenzen, welche zu überschreiten
unpassend wäre. Jenseits dieser Grenzen wäre der Einfluss auf den
ungerechten Lebensgefährten schädlich anstatt hilfreich. Aber ein jeder
muss für sich selbst entscheiden, wann und wo diese Grenze erreicht ist.
Sein am Buchstaben und am Geiste des Wortes Gottes zuvor erprobtes
Gewissen muss das entscheidende Wort sprechen. Wenn Wachstum in der Gnade
eingetreten ist, mögen die Erprobungen auch dementsprechend schwerer
werden. Dann sollte aber auch die größere Fähigkeit, freundlich zu
bleiben, gepaart sein mit um so mehr Geist eines gesunden Sinnes, der
allein ermessen kann, wo die Grenze des Erträglichen erreicht ist.
Weisheit von oben ist in solchen Fällen notwendig, aber auch verheißen;
es sollte ernstlich darum gebetet werden. - Jak. 1:5
Es
gibt Ehemänner, die kein Verständnis haben für ihre Pflichten, noch
auch für die Rechte und Ansprüche der Gattin, die in der Gattin eine
Sklavin sehen, wie sie sie nicht besser mieten können, oder auch einen
wohlfeilen Ersatz für eine Hure. Das ist auch eine Art Verlassung, und in
Übereinstimmung mit dem hier vom Apostel aufgestellten göttlichen Gebote
erklärt die menschliche Gesetzgebung, dass ein solcher sich mit Unrecht
als Ehemann betrachte, dass, wenn es ihm je mit dem Ehevertrage ernst war,
er denselben gebrochen und dies durch sein ganzes Verhalten bewiesen habe.
Unter solchen Umständen darf sich also das Weib als verlassen ansehen und
eine Verbesserung ihrer Lage suchen, jedoch nicht durch anderweitige
Verheiratung. Sie sollte vom Herrn erwarten, dass er ihr entweder das Los
erträglich gestalte oder ein Entrinnen ermögliche. Sie sollte das Alter
und die Bedürfnisse ihrer Kinder und ihre eigenen Bedürfnisse in Erwägung
ziehen und einen Entschluss erst fassen, nachdem sie um Klarheit gebetet
und der Weg zur Beschaffung der Existenzmittel ihr klar geworden ist.
Solange die Umstände erträglich sind, ist es aber nach des Apostels
Ansicht besser, sie bleibe und hoffe, durch Erweisung friedsamer Früchte
der Gerechtigkeit (Freundlichkeit, Geduld, Liebe) das ihr entfremdete Herz
des Gatten wieder zu gewinnen oder ihn gar dem Herrn zuzuführen.
Wir
haben diesen Gegenstand so ausführlich behandelt, weil wir aus
umfangreicher Privatkorrespondenz wissen, dass für gar manche treue
Kinder Gottes das Eheleben ein Feuerofen der Trübsal ist. Freilich sollte
niemand, der den Ruf zur Neuen Schöpfung angenommen hat, erwarten, dass
das gegenwärtige Leben ein schöner Traum irdischen Glückes sei. Der
Herr sagt vielmehr von den so Berufenen, dass ihre eigenen Hausgenossen
ihre Feinde sein werden. (Matth. 10:36) Es sollte sie nicht überraschen,
wenn von ihnen gefordert wird, dass sie um der Wahrheit willen viel
ertragen. Sie sollen vielmehr darin die Hand des Herrn erblicken, der
ihnen Gelegenheit geben will, ihre Treue zu bewähren, ihre Bereitschaft,
das Feuer der Anfechtung zu erdulden, in welchem der Herr die Früchte des
Geistes zur Reife bringen will. Sie sollten auch bedenken, dass es nicht
ihre Sache ist, die Form dieser Anfechtungen zu wählen; dass nicht sie,
sondern der Herr weiß, wessen sie bedürfen, um einst den Ansprüchen zu
genügen, die die ihnen zugedachte Königswürde an sie stellen wird. Doch
halten wir es für unsere Pflicht, alle, die in diesem Stücke zu leiden
haben, zu ermuntern, nachdem die Zucht des Herrn sichtlich Früchte
getragen, Ausschau zu halten nach Befreiung, nach Eröffnung eines
Ausweges aus einer Lage, die auf die Dauer unerträglich würde. So
ermahnt auch unser Herr selbst: „Wenn sie euch aber verfolgen in einer
Stadt, so fliehet in die andere;“ und er selbst hat nach diesem
Grundsatze gehandelt. - Matth. 10:23; 2:13; 4:12; 12:15
Das
Gewissen
Da
wir vorhin das Gewissen zum Richter in diesen Punkten bestellt haben, sind
wir noch schuldig zu sagen, was wir darunter verstehen. Wir meinen damit
die Urteilsfähigkeit darüber, ob etwas Recht oder Pflicht sei. Bei einem
vollkommenen Menschen würde das Gewissen ein untrüglicher Führer sein
und instinktiv das Gute vom Bösen unterscheiden; aber die sechstausend
Jahre des Fallens haben das Menschengeschlecht so geschädigt, dass auch
das Gewissen nicht absolut zuverlässig, ein durch unrichtige Ansichten
beeinflusster Kompass geworden ist. Die Grundlage des christlichen
Gewissens ist Glaube an Gott und Annahme seines Willens als einer
absoluten Richtschnur und Anerkennung unserer Verpflichtung zu absolutem
und freudigem Gehorsam. Das Gewissen bedarf daher eben jener Erziehung und
Leitung, welche das Wort Gottes darbietet, und die entwickelte Neue Schöpfung
muss mithin den Geist eines gesunden Sinnes haben, indem ihre Fähigkeit,
Recht und Unrecht zu unterscheiden, um so größer wird, je mehr sie in
Gnade und Erkenntnis und im Geiste der Liebe wächst. Für sie bedeutet
ein „nach dem Gewissen“ handeln, so zu handeln, wie sie denkt, dass
der Herr es wünscht; und die Entscheidung darüber, was wohl dem Herrn
wohlgefällig ist, soll nicht vorschnell, sondern nach sorgfältigem Abwägen
des Zeugnisses des Wortes Gottes erfolgen. Und der Entscheidung muss
alsdann die Tat folgen. Es gibt Leute, die der Furcht oder dem Wunsche,
Menschen zu gefallen, einen Einfluss auf ihr Gewissen einräumen; solche fälschen
ihren Kompass. Das Volk des Herrn hat einzig der Goldenen Regel der Nächstenliebe
und allem, was die Schrift im Zusammenhange mit derselben lehrt, Einfluss
auf sein Gewissen und seine Überzeugung zu gestatten.
Verschnittene,
Jungfrauen, Ehelosigkeit
Die Geschlechtsfrage gehört zu den
Fragen, die der Neuen Schöpfung viel zu schaffen machen, und darf daher
hier nicht unbesprochen bleiben. Die da vom Geiste zu geistigem Genuss und
geistiger Gemeinschaft gezeugt sind, fühlen ohne weiteres, dass
fleischliche Gemeinschaft nicht geistig fördert, sondern eher herabzieht.
Das sollten Geweihte des Herrn immer wohl erwägen, bevor sie eine Ehe
eingehen und die damit verbundene Verantwortlichkeit auf sich laden. Der
Herr scheint den ledigen Stand zu billigen, wenn er (Matth. 19:12) sagt:
„Es
gibt Verschnittene, die vom Mutterleibe also geboren sind; und es gibt
Verschnittene, die von den Menschen verschnitten worden sind; und es gibt
Verschnittene, die sich selbst (bildlich gesprochen) verschnitten haben um
des Reiches der Himmel willen.“ D.h. dass einige, nach ihrer Weihung,
durch Stählung ihres Willens, es zu dem Entschlusse gebracht haben, nicht
zu heiraten, sondern jungfräulich zu bleiben. Unser Herr gehörte zu
diesen, und er ist gewiss unser vorzüglichstes Vorbild, in dessen Fußspuren
wir so genau wie möglich folgen sollten. Der Apostel Paulus ist aber weit
entfernt davon, das Heiraten zu verbieten ( 1. Tim. 4:3); er gibt in
diesem Stücke nur folgende Ratschläge:
„Was
aber die Jungfrauen (d.h. Jungfräulichen, männliche sowie weibliche)
betrifft, so habe ich kein Gebot des Herrn; ich gebe aber eine Meinung,
als vom Herrn begnadigt worden, treu zu sein. Ich meine nun, dass dies gut
sei um der gegenwärtigen Not willen (d.h. um unserer eigenen
Unvollkommenheit und derjenigen der anderen willen einerseits, und um der
besonderen Pflichten und Vorrechte der Geweihten willen andererseits),
dass es einem Menschen gut sei, also zu sein (wie er war, als die Wahrheit
ihn fand, ledig oder verheiratet). Bist du an ein Weib gebunden, so suche
nicht los zu werden; bist du frei von einem Weibe, so suche kein Weib.
Wenn du aber auch heiratest, so hast du nicht gesündigt; und wenn die
(weibliche) Jungfrau heiratet, so hat sie nicht gesündigt; aber solche
werden Trübsal im Fleische haben; ich aber schone euer (engl Übers. was
ich euch ersparen möchte. „Dieses aber sage ich, Brüder: Die Zeit ist
gedrängt (oder verkürzt, Elberf. Randgl.). Übrigens dass auch die,
welche Weiber haben, seien, als hätten sie keine (möglichst irdische
Bande vergessend und ihr Herz an die himmlischen Dinge hängend), und die
Weinenden als nicht Weinende, und die sich Freuenden als sich nicht
Freuende (die in irdischer Drangsal sind, mögen dieselbe zu vergessen
suchen in freudiger Erwartung der zukünftigen besseren Dinge, und wenn es
in irdischer Hinsicht gut geht, bei denen möge die Freude an den
besseren, höheren Dingen diejenige über die frohe Gegenwart in irdischer
Beziehung in den Schatten stellen), und die Kaufenden als nicht Besitzende
(nicht das Herz daran hängend), und die der Welt Gebrauchenden als ihrer
nicht als Eigentum Gebrauchende (engl.: nicht Missbrauchende, der Neuen
Schöpfung und ihren Bedürfnissen einen maßgebenden Einfluss in allen
Lebensfragen Gestattende); denn die Gestalt dieser Welt vergeht. (Als Neue
Schöpfungen müssen wir in Übereinstimmung mit unseren neuen Hoffnungen
leben, nicht immer nur für das Fleisch, sondern vor allem dafür besorgt
sein, unsere Berufung und Erwählung festzumachen, auf dass wir im
herrlichen zukünftigen Zeitalter Miterben des Herrn werden möchten). Ich
will (engl.: möchte] aber, dass ihr ohne Sorge seid (in irdischer
Beziehung, und darum mache ich euch, nachdem ich euch zum Beharren in der
neuen Gesinnung ermahnt, auf einige unleugbare Tatsachen aufmerksam): Der
Unverheiratete ist (wenn völlig geweiht) für die Dinge des Herrn
besorgt, wie er dem Herrn gefallen möge; der Verheiratete aber ist für
die Dinge der Welt besorgt, wie er dem Weibe gefallen möge. (Er wird beständig
in Gefahr schweben, dass sein Herz geteilt sei, und muss daher beständig
auf der Hut sein, dass nicht irdische Bande seine ganze Zeit, sein ganzes
Interesse, seine ganze Liebe in Anspruch nehmen, sodass er für seine
Bundesverpflichtungen dem Herrn gegenüber kaum mehr etwas übrig hat; das
Interesse für die Wahrheit muss dem allem die Wage halten, wenn er ein Überwinder
und mithin ein Miterbe am Reiche werden soll). Es ist (auch) ein
Unterschied zwischen dem Weibe und der Jungfrau. Die Unverheiratete ist
(wenn völlig geweiht) für die Dinge des Herrn besorgt, auf dass sie
heilig sei, sowohl an Leib als Geist (Gesinnung); die Verheiratete aber
ist für die Dinge der Welt besorgt, wie sie dem Manne gefallen möge.
„Dies
aber sage ich euch zu eurem eigenen Nutzen (nicht um euch Fesseln
anzulegen oder eure Lasten schwerer zu machen, sondern damit die
Unverheirateten unter euch die Sache wohl überlegen und sich klar machen
möchten, welche Vorrechte sie durch Heiraten einbüßen), nicht auf dass
ich euch eine Schlinge überwerfe (um euch die Freiheit eigener
Entscheidung zu rauben), sondern zur Wohlanständigkeit und zu ungeteiltem
Anhangen an dem Herrn. Wenn aber jemand denkt, er handle (beim
Ledigbleiben) ungeziemend mit seiner Jungfrau (einer ihm nahestehenden
Person, bei der er durch sein bisheriges Verhalten die Erwartung erweckte,
er werde sie heiraten), wenn sie (Elberfelder Randgl.) über die Jahre der
Blüte hinausgeht (so lange für ihn in Bereitschaft gestanden hat, dass
sie kaum mehr Aussicht hat, sich anderweitig zu verheiraten), und es muss
also geschehen (sie bedarf eines Beschützers oder Versorgers), so tue er,
was er will (heiraten oder nicht); er sündigt nicht; sie mögen heiraten
(wenn die Lage der Dinge es erfordert). Wer aber im Herzen feststeht und
keine Not, sondern Gewalt hat über seinen eigenen Willen (sich selbst zu
beherrschen und ledig zu bleiben, auf dass er sich um so besser dem Herrn
zur Verfügung stellen könne) und dies in seinem Herzen beschlossen hat,
seine eigene Jungfrauschaft zu bewahren, der tut wohl. Also, wer heiratet,
tut wohl, und wer nicht heiratet, tut besser.
„Ein
Weib ist gebunden, so lange Zeit ihr Mann lebt; wenn aber der Mann
entschlafen ist, so ist sie frei sich zu verheiraten, an wen sie will, nur
(geschehe es) im Herrn. Glückseliger ist sie aber, wenn sie also bleibt,
nach meiner Meinung; ich denke aber, dass auch ich Gottes Geist habe (die
Denkweise des Herrn in diesem Stücke, wie ich schon in 1. Kor. 7:25
bemerkt habe. Ich gebe kein Gebot und schreibe nicht unter direkter
Eingebung, wohl aber meiner Überzeugung und dem gemäß, wie ich den
Willen Gottes verstehe).“ - 1. Kor. 7:25-40
Nach
der Verheiratung ist es dann zu spät, für sich allein zu entscheiden, ob
man jungfräulich bleiben wolle oder nicht. Der Apostel erklärt ausdrücklich,
dass weder der Mann noch das Weib über den eigenen Leib verfüge, dass
vielmehr die Verheiratung eine so völlige Hingabe des einen an den
anderen bedeute, dass die Verweigerung vernünftiger und maßvoller
Forderungen, die sich aus dem Ehebündnis von selbst ergeben, einen Bruch
desselben, mithin ein Unrecht, eine gegenseitige Beraubung (Elberfelder
Randgl.) bedeuten würde. Darüber muss man sich vor der Verheiratung klar
werden. Ebenso wenig sollte ein Teil den anderen in diesem Stücke
verpflichten wollen, noch auch beide sich geloben, in der Ehe zeitlebens
jungfräulich zu bleiben. Maßhalten muss in diesem Stücke wie in allem
Irdischen Regel sein, das Mittel, durch das die Neue Schöpfung ihre
Herrschaft über das Fleisch festzuhalten sucht. (Die Juden verpflichtete
das Gesetz zu den in 3. Mose 20:18 und 15:25 erwähnten Rücksichten.)
Selbst die Gedankenwelt wird die Neue Schöpfung zu beherrschen suchen. Völlige
Enthaltung, so wünschenswert sie auch wäre, soll nicht von einem dem
anderen auferlegt werden, auf dass es nicht zur Schlinge werde und zur
Verletzung ehelicher Verpflichtungen führe. Paulus schreibt: „Der Mann
leiste dem Weibe die eheliche Pflicht (was sie gemäß Verstand, Natur und
Gerechtigkeit verlangen darf), gleicherwiese aber auch das Weib dem Manne.
Das Weib hat nicht Macht über ihren eigenen Leib, sondern der Mann;
gleicherweise aber hat auch der Mann nicht Macht über seinen eigenen
Leib, sondern das Weib. Entziehet euch einander nicht, es sei denn etwa
nach Übereinkunft eine Zeitlang, auf dass ihr zum Beten Muße habet; und
kommet wieder zusammen, auf dass Satan euch nicht versuche wegen eurer
Unenthaltsamkeit. Dieses aber sage ich aus Nachsicht, nicht befehlsweise.
Ich wollte aber, alle Menschen wären (in diesem Punkte) wie auch ich
selbst (der Freiheit und Selbstbeherrschung fähig, freiwillig
verschnitten) ... Ich sage aber den Unverheirateten und den Witwen: Es ist
gut für sie, wenn sie bleiben wie auch ich. Wenn sie sich aber nicht
enthalten können, so lasst sie heiraten, denn es ist besser zu heiraten,
als Brunst zu leiden (was die Nachfolge Christi erschwert und zur Schlinge
werden kann).“ - 1. Kor. 7:3-9
„Nur
im Herrn“
Wie weise und verständig sind doch des
Herrn Ermahnungen! Wie vorteilhaft für diejenigen, welche ein Ohr haben
zu hören und den Ratschlägen auch Folge leisten. Dass solche vom Volke
des Herrn nur „im Herrn“ heiraten sollen (1. Kor. 7:39), erscheint
vielleicht auf den ersten Blick als ein mit der Freiheit der Kinder Gottes
unvereinbares Verbot. Es ist aber nur ein Rat. Wer ihn befolgt, und wer
ihn missachtet: beide werden erfahren, wie zutreffend dieser Rat ist; wie
viel Segen bringend seine Befolgung; wie unweise es war, ihn nicht zu
befolgen.
Keine
Vertragsschließung im irdischen Leben ist wichtiger als die Schließung
des Ehebundes, und doch handeln dabei selbst Leute, die das Überlegen
gewohnt sind, zuweilen mit einer an Leichtsinn streifenden
Leichtfertigkeit. Es gibt Eltern, welche mehr Sorgfalt auf den Ankauf
eines Besitztums und auf die Aufzucht von allerlei Haustieren verwenden,
als auf ihren eigenen Anteil an der Fortpflanzung des menschlichen
Geschlechtes. Solche Torheit wäre unbegreiflich, wenn die Ansicht nicht
sehr verbreitet wäre, dass die Ehe eine Lotterie sei, in der das Resultat
vom Zufalle anstatt vom Verstande abhänge, oder gar, dass Gott der Schöpfer
eines jeglichen menschlichen Individuums sei, anstatt zu erkennen, dass
Gottes Schöpfertat, soweit die Menschheit in Frage kommt, sich auf die
Erschaffung des ersten Paares beschränkte, das er mit Fortpflanzungsfähigkeit
in der Weise ausgestattet hat, dass auch seine Nachkommen fortpflanzungsfähig
wurden. Die richtige Ansicht ist, dass der Mensch in diesem Stücke dem
Tiere gleichgestellt ist, dass auch ihm der Schöpfer gegeben habe,
„Samen zu haben nach seiner Art“. Demnach ist Gott nicht der direkte
Erschaffer irgendeines jetzt lebenden Menschen, der mithin Gott die Schuld
beimessen dürfte, wenn er an irgendeinem Gebrechen leidet. Die Schuld
trifft vielmehr den Fall und die natürlichen Wirkungen der Sünde, welche
mehr und mehr zu Unvollkommenheit und Tod geführt haben.
Dessen
sollten Mann und Weib, bevor sie heiraten, eingedenk sein, damit sie an
ihrem Teile, soweit dies überhaupt möglich ist, den herabziehenden Einflüssen
entgegenarbeiten. Sie sollten z.B. die Nützlichkeit der gesetzlichen
Vorschriften erkennen, welche die Ehen unter nahen Blutsverwandten
untersagen. Solche Vorschriften waren im Anfange unnötig. Adams Söhne
und Töchter heirateten einander ohne besonderen Schaden für ihre Kinder,
weil das Menschengeschlecht noch nahezu vollkommen war. Jetzt aber, wo
Krankheiten und Charakterfehler Erbstücke geworden sind, ist es nicht nur
weise, sondern geradezu Pflicht gegenüber den zu erzeugenden Kindern,
dass diese nicht infolge der Blutsverwandtschaft ihrer Eltern einen
doppelten Anteil dieser Krankheiten und Charakterfehler erben. Aus dem
gleichen Grunde sollten zwei zu ähnliche Charaktere lieber nicht
heiraten, auch wenn keine Blutsverwandtschaft da ist. Die Natur hilft übrigens
in diesem Stücke ein wenig nach; man hat bemerkt, dass Leute mit
ausgesprochen blonder oder brünetter Haarfarbe gewöhnlich und ohne äußerliche
Nachhilfe Lebensgenossen entgegengesetzter Art den Vorzug geben.
Neben
diesen Rücksichten, welche wie für die natürlichen Menschen, so auch für
Neue Schöpfungen, wenn diese zu der Überzeugung gelangt sind, dass es für
sie weise und am besten ist, zu heiraten, gelten, gilt nun für sie noch
eine weitere Ermahnung des Apostels, dass der Lebensgenosse „im Herrn“
gesucht werden soll. Bei Befolgung dieses Rates wird die Verbindung nicht
nur eine menschliche, sondern auch eine geistige sein. Es könnte
eingewendet werden, dass, wie zu nahe Blutsverwandtschaft der Ehegatten
den Kindern meist unzuträglich ist, so auch Geistesverwandtschaft der
Ehegatten in den Kindern Neigung zu geistigen oder sittlichen Anomalien
(Missbildungen) erzeugen könnte. Wir teilen diese Befürchtung nicht,
weil die Gesinnung Gottes (der Heilige Geist) ein gutes Erbstück ist,
wovon ein zweifaches Teil gerade einen Schutz gegen Anomalien bietet. Der
Apostel erklärt: „Wir haben den Geist (die Gesinnung) Christi, den
Geist eines gesunden Sinnes“ - „wir“ beurteilen die Dinge vom
Standpunkte Christi aus. Die Neue Schöpfung ist gezeugt von seinem
Geiste, obwohl sie dem Fleische nach unvollkommen bleibt; sie wird in
allen Punkten durch das Wort Gottes angeleitet, den göttlichen Willen zu
erkennen. Freilich ist die neue Gesinnung, um sich zu betätigen, auf den
sterblichen Leib und dessen unvollkommenen Denkapparat (Gehirn)
angewiesen. Aber wenn auch die Unvollkommenheit des Fleisches die neue
Gesinnung bis zu einem gewissen Grade gleichsam färben oder verzehren
kann, so ist doch der Wille stärker und wird das Fleisch (dessen
Denkapparat) allmählich reinigen, führen und umformen, sodass jeder,
welcher den Geist (die Gesinnung) Christi erhält, sicher sein kann, dass
sein Urteil in allen Lebensfragen auch mehr und mehr gesunden wird.
Dies
hat natürlich nicht immer zur Folge, dass die Welt ihn für weiser hält
als zuvor. Er ist aber tatsächlich weiser geworden, und wenn die Welt
dies nicht erkennt, so rührt das von ihrer Blindheit her, weil sie
unweise ist, den Geist (die Gesinnung) Christi nicht hat und alle Dinge
durch die Brille der Selbstsucht sieht. Die Weisheit, deren „wir“ bedürfen,
kommt von oben, und der Apostel erklärt, dass dieselbe uns reiner,
friedsamer, barmherziger, gütiger macht gegenüber den Brüdern, unseren
Angehörigen, den Menschen im allgemeinen, ja auch der Tierwelt. Die
Weisheit dieser Welt bezeichnet der Apostel als irdisch, sinnlich,
teuflisch. Damit ist nicht gesagt, dass alle weltlichen Männer und Frauen
sinnlich oder teuflisch sind; es ist nur die allgemeine Richtung der
Weisheit dieser Welt gekennzeichnet. Und trotz ihrer Blindheit kämpft die
Menschheit gegen die Folgen der Selbstsucht, die sich als Fesseln fühlbar
machen, an; und diese Fesseln erscheinen ihr so sehr als eine Erniedrigung
und Demütigung, dass sie sie nicht nur vor anderen, sondern auch vor sich
selbst zu verbergen sucht.
Der
Ausdruck „in dem Herrn“ sollte nicht als gleichbedeutend aufgefasst
werden mit einem bloßen Namenglauben, der äußerlichen Zugehörigkeit zu
irgendeiner Namenkirche. Weltleute sollten Weltleute, Namenchristen
sollten Namenchristen, durch den Glauben an das kostbare Blut
gerechtfertigte Leute sollten ebensolche Gerechtfertigte heiraten. So
sollten geweihte Kinder Gottes, Glieder seiner Herauswahl, der Neuen Schöpfung,
Wiedergezeugte, auch nur ihresgleichen, nur solche heiraten, die „im
Herrn“, als angenommene Glieder am Leibe Christi, des Geistes der
Heiligung teilhaftig sind. Und überdies sollten sie darauf sehen, dass
dabei das richtige Verhältnis der Geschlechter herauskommt (d.h. dass das
Weib ein Haupt, der Mann eine Gehilfin bekomme.) Sie muss darauf sehen,
dass sie nur einen solchen Mann, der im „Herrn“ ist, heiratet, zu dem
sie in sittlicher und geistiger Hinsicht als zum Familienhaupte
aufschauen, den sie ehren kann; er seinerseits muss darauf sehen, dass das
Weib „im Herrn“, das er heiratet, soweit sich das zum voraus
beurteilen lässt, eine wahre Gehilfin, reingesinnt, liebevoll,
freundlich, dienstbereit ist, nicht ihm überlegen, damit er nicht durch
die äußeren Umstände gezwungen werde, zu ihr als zum Familienhaupte
aufzusehen. Diese Vorsichtsmaßregeln sollten von den Neuen Schöpfungen,
die den Geist eines gesunden Sinnes haben, stets beobachtet werden. Dass
die Welt diese Regeln nicht achtet, wäre für die Neuen Schöpfungen
keine Entschuldigung. Die Welt wird nicht vom Geiste Gottes geleitet; im
Gegenteil, sie zieht ihre eigenen Wege vor; sie lässt sich durch ihre
eigenen Wünsche leiten und schreckt auch vor gegenseitiger Täuschung
nicht zurück. Entsteht bei einer Neuen Schöpfung, die heiraten will,
irgendein Zweifel, ob sie denn auch wohl daran tue, oder ob sie im
Begriffe sei, richtig zu wählen, so möge sie mit der Eheschließung
warten, bis die Zweifel behoben sind.
Auf
den Einwand, dass so viel Sorgfalt die Zahl der Eheschließungen
vermindern würde, antworten wir, dass viele von den jetzt Verheirateten,
besonders unter denen, welche, durch die Gnade Gottes zu klarerer
Erkenntnis gelangt, Neue Schöpfungen geworden sind und seine Absichten im
Interesse ihrer geistigen Entwicklung auch in Dingen des Fleisches kennen
gelernt haben, nicht mehr so heiraten würden, wie sie es einst taten; sie
sind jetzt klüger. Weltleute mag die gesetzliche Zulassung der
Ehescheidung und die Neigung der Gerichte, dieselbe zu bewilligen,
veranlassen, beim Heiraten nicht sorgfältiger zu sein. Neue Schöpfungen
aber sollten des eingedenk sein, dass ihre Ehe für das ganze Leben auf
Erden ist, wie die Ehe zwischen dem Herrn und seiner Herauswahl für das
Leben, d.h. ewig sein wird. Neue Schöpfungen können von diesem Gebot
Gottes nicht durch Gerichte frei und ledig gemacht werden, noch sich
berechtigen lassen, anderweitig zu heiraten (siehe Matth. 19:9, wo auch
der Ausnahmefall erwähnt ist). Für das Volk des Herrn ist daher das
Heiraten „im Herrn“ eine sehr wichtige Sache, zu der der Entschluss
erst nach viel Gebet und Überlegung und gewissenhaftem Abwägen aller
erkennbarer Umstände gefasst werden sollte.
Die Neue Schöpfung hat in diesem Stücke
eine besondere Schutzwehr darin, dass sie im Weihebunde ihren eigenen
Willen darangegeben und statt dessen den Willen ihres Hauptes, des Herrn,
angenommen hat. Verbleibt sie in dieser Herzensstellung auch bei dieser
wichtigsten aller Lebensfragen, ob sie überhaupt und wen sie heiraten
soll, so wird sie, nachdem sie das Ihrige mit Nachdenken und Überlegen
getan hat, die Sache dem Herrn anheimstellen und ihn bitten, er möge die
Dinge in seiner Weisheit zu Ende führen, zum voraus zufrieden mit dieser
Führung, ob sie nun mit der eigenen Entscheidung übereinstimme oder
nicht. In keiner anderen Weise kann Gottes Volk sicher sein, den richtigen
Weg einzuschlagen. Wie wichtig ist es deshalb für Neue Schöpfungen, die
Belehrungen des Wortes Gottes in diesem Stücke stets gegenwärtig zu
haben, den Geist der Wahrheit zu haben, sich zu erinnern, dass sie Neue
Schöpfungen sind, deren Ziel nicht wie das der Welt ist, das jetzige
Leben zu genießen und Kinder des Fleisches zu sein, sondern deren
Lebenszweck und Lebensziel es vielmehr ist, nach dem Geiste zu wandeln und
des Herrn Weisungen in irdischen wie in geistigen Dingen anzunehmen und
befolgen zu lernen. Als dem Herrn geweiht und in Christi Tod getauft sind
sie der Welt gestorben; ihr Daseinszweck kann daher nur in der möglichst
weisen Darangabe ihres jetzigen Lebens, ihrer irdischen Gefäße, zur Förderung
der Neuen Schöpfung, im Dienste und in der Verherrlichung des Herrn, in
der Auferbauung ihrer selbst und ihrer Glaubensgenossen in geistigen Vorzügen
erreicht werden! Wie wichtig ist es für Verheiratete und Unverheiratete
und solche, die ans Heiraten denken, dass sie wohl bedenken, dass sie ihr
Alles auf den Altar gelegt haben, und dass sie Überwinder und der verheißenen
herrlichen Dinge nur dadurch teilhaftig werden können, dass das Opfer
verzehrt wird. Darum sollten alle Angelegenheiten des gegenwärtigen
Lebens, soweit wie möglich, so geordnet werden, wie es für die Wohlfahrt
der eigenen geistigen Natur, für die der Brüder und für die
Verherrlichung unseres Herrn und Hauptes am besten passt.