SCHRIFTSTUDIEN
BAND
6 - DIE NEUE SCHÖPFUNG
Studie
13
Elternpflichten
der Neuen Schöpfung.
Pflichten
der Erzeuger im allgemeinen. —
Vererbung von Eigenschaften. —
„Erziehe den Knaben in dem Wege, den er gehen soll.“ —
Der Einfluss
der Sonntagsschulen. —
Das kindliche Vertrauen. —
Die Suggestion als
Hilfsmittel der Erziehung. —
Unsere Kinder während der großen Drangsal. —
Passende und unpassende Spiele. —
Die Verheiratung der Kinder Neuer Schöpfungen.
Die
Pflichten, welche mit dem Rechte
der Erzeugung von Kindern verbunden sind, gehören zu den allerwichtigsten
des Menschen. Dieses Recht, diese Befähigung, ist gleichsam die Ausübung
einer göttlichen Eigenschaft durch Vollmacht. Auf jedes Kind, das gezeugt
wird, wartet Vorteil oder Schade, Ehre oder Unehre, Gutes oder Böses in
unbekanntem Maße. Würde dies recht erkannt, so würde sich die Erzeugung
von Kindern vom Niveau der Leidenschaft und der Erschlaffung der
intellektuellen und moralischen Prinzipien auf das einer heiligen Sache
erheben, und Vater und Mutter würden die Verantwortlichkeit, welche
Vaterschaft und Mutterschaft mit sich bringt, viel erhabener auffassen,
als es jetzt zumeist der Fall ist. Verantwortlich sind wir nicht nur gegenüber
dem Kinde, dessen geistige, sittliche und leibliche Gesundheit von den
Eltern abhängt, sondern auch gegenüber dem Schöpfer, welcher uns die Fähigkeit
zur Fortpflanzung anvertraut und daher das Recht hat, von uns Rechenschaft
darüber zu fordern.
Das Gefühl der Verantwortlichkeit wird
durch die Erkenntnis verschärft, dass die Eltern den Charakter des Kindes
schon im Augenblicke der Zeugung beeinflussen, und dass diese
Beeinflussung während der ganzen Schwangerschaft fortfährt. Jeder
Gedanke, jede Gemütsstimmung, jede Empfindung der Mutter während dieser
Zeit prägt sich der Leibesfrucht auf, und diese Rückwirkung ist um so
kraftvoller, als während dieser Zeit die Mutter für alles, was sie
umgibt, in gesteigertem Maße empfänglich ist. Und hierin spielt der
Gatte eine wichtige Rolle, da er den größten Teil dieser Umgebung zu
beschaffen hat. Sorgt er dafür, dass der Mutter Gemüt während dieser
Zeit froh und ihr Herz glücklich ist, so wird dies die Leibesfrucht günstig
beeinflussen. Umgekehrt wird, wenn die Mutter während dieser Zeit mit
viel Arbeit, Sorgen und Verlegenheiten belastet, oder ihr alles streitig
gemacht oder bestritten wird, die Folge sein, dass die Leibesfrucht einen
zum Klagen, zur Trübseligkeit oder zu übler Laune hinneigenden Charakter
mit auf die Welt bringt, den sie auch lebenslang beibehält. Geben gar
Ausschweifung, Gemeinheit, Selbstsucht usw. den Ton in der Umgebung der
Mutter an, so wird das Kind mit der Neigung zu dem allem geboren werden.
Wir möchten nicht so verstanden sein,
als hielten wir dafür, dass alles Böse auf der Welt auf angeerbte Sünde
oder Schwachheit, auf ungünstige Beeinflussung der Leibesfrucht oder auf
schlechte Erziehung zurückgeführt werden könnte. Wir wissen sehr wohl,
dass es verdorbene Männer und Frauen gibt, welche unter günstigen Umständen
geboren worden sind und eine gute Erziehung genossen haben. Ist doch Satan
selbst vollkommen erschaffen worden, hat unter seines Schöpfers Obhut
gestanden und ist dennoch in Sünde gefallen. Wir halten dies jedoch für
Ausnahmen und zweifeln daran, dass viele unter so schlecht ausgefallenen
Menschen zur Zeit ihrer Bildung im Mutterleibe und in ihrer frühesten
Kindheit günstig beeinflusst worden sind. Wir stehen zur Erklärung des
Wortes Gottes: „Erziehe den Knaben in dem Wege, den er gehen soll; er
wird nicht davon weichen, auch wenn er alt wird.“ (Spr. 22:6) Wie viele
Eltern, die mehr oder weniger geneigt sind, die Wahrhaftigkeit der
Heiligen Schrift in Zweifel zu ziehen, denken daran, dass die Erziehung
des Kindes im Augenblicke seiner Zeugung beginnt, und dass es nachher ein
gut Stück Mühe und Arbeit kostet, den vor der Geburt gestifteten Schaden
durch die Erziehung womöglich wieder gutzumachen?
Auch so möchten wir nicht verstanden
werden, als hielten wir dafür, dass unter den gegenwärtigen
unvollkommenen Zuständen die Zeugung und Geburt eines vollkommenen Kindes
für uns möglich sei. Wir kennen vielmehr sehr wohl den Ausspruch des
Herrn: „Wie könnte ein Reiner aus einem Unreinen kommen?“ (Hiob 14:4)
Von uns allen gilt vielmehr das Wort des Psalmisten: „In Ungerechtigkeit
bin ich geboren, und in Sünde hat mich empfangen meine Mutter.“ (Psalm
51:5) Wir möchten nur betonen, dass, was auch die Welt in diesem Stücke
erkennen oder übersehen mag, das Volk Gottes, die Neue Schöpfung, sich
dessen so recht bewusst werden sollte, dass es möglich ist, die vom Sündenfalle
ererbten Schäden und Schwachheiten wenigstens teilweise zu verringern.
Darauf sollte die Neue Schöpfung sehen, dass sie die durch die göttliche
Ordnung der Dinge gebotene Gelegenheit, ein Kind mit guten Anlagen zur
Welt zu bringen, nicht unbenutzt lasse. Gefallene Menschen werden solche
Kinder freilich trotzdem bleiben; eines Heilandes werden sie gleichfalls
bedürfen, und ohne diesen werden sie es nicht zur Vollkommenheit bringen,
werden sie nicht ewigen Lebens würdig werden. Wenn aber schon der natürliche
Mensch von der gebotenen Gelegenheit profitieren kann, wie viel mehr
sollten Neue Schöpfungen es tun!
Er mag sich noch so sehr bemühen, der
natürliche Mensch bleibt „von der Erde“, Staub. Der Mann kann mithin
auf das Weib und das Weib auf die Leibesfrucht nur die Denkweise und
solche Gefühle übertragen, welche sie selbst schon hat, und diese sind
auf dem höchsten, dem geistigen Gebiete (infolge des Falles) unzulänglich.
Aber dennoch haben die Neuen Schöpfungen in diesem Punkte einen
bedeutenden Vorsprung. Sie werden zwar ihre Wünsche, Hoffnungen und
Bestrebungen vornehmlich auf die „besseren Dinge“ richten und
dieselben auf andere zu übertragen suchen, so viele ihrer der Herr unser
Gott berufen wird; sie werden mit anderen Worten ihr Augenmerk mehr auf
die Entwicklung von Kindern Gottes als von eigenen Kindern richten. Aber für
diese letzteren (wenn sie aus irgendeinem Grunde glaubten heiraten und
Kinder zeugen zu sollen) wird die Rückwirkung der höheren Ideale, größeren
Hoffnungen, edleren Bestrebungen, reineren Freuden ihrer selbst eine günstige
sein: wenn sie während der Schwangerschaft ihre Denkweise und ihre Gefühle
auf die Leibesfrucht wirken lassen, so tun sie damit unendlich mehr, als
anders gesinnte Eltern für ihre Nachkommen zu tun in der Lage sind.
Die Welt hat in diesen Dingen selbstsüchtige
Klugheit angewandt. Der Züchter vernachlässigt nichts von dem, was
seinen Viehstand verbessern kann. Es genügt ihm bei der Pferdezucht nicht
mehr, die Stuten vorteilhaft belegen zu lassen; er gönnt ihnen während
der Trächtigkeit alles Gute. Der Stall wird rein gehalten, durch mehr
Licht freundlicher gestaltet, und rings werden Bilder von Wettrennen
aufgehängt; ja die Tiere werden sogar als Zuschauer zu Wettrennen,
Pferdeausstellungen usw. mitgenommen. Dies alles soll im Muttertiere Wünsche
erregen, deren Rückwirkung auf die Leibesfrucht günstig ist, damit das Füllen
um so wertvoller ausfalle.
Für die eigenen Kinder sollte das
Interesse ein um so höheres, selbstloses sein. Der Eltern Wunsch sollte
sein, dass die Kinder mit guten geistigen und sittlichen Anlagen zur Welt
kommen. Da auch die Neuen Schöpfungen nicht Kinder der geistigen Natur
erzeugen können, ihr Same vielmehr „von der Erde“ ist, so sollten sie
wünschen, dass die Kinder wenigstens Charakteranlagen auf die Welt
bringen, die für die geistigen Dinge Interesse haben. Viele Kinder sind
von gottesfürchtigen Eltern gezeugt worden und haben einen großen Segen
davon gehabt. Dieser Segen ist die Quelle der Zivilisation in den
sogenannten christlichen Ländern, obwohl die Christen im allgemeinen
nicht einmal die ganze Macht des Einflusses, den sie auf ihre Kinder auszuüben
vermögen, kennen oder bedenken.
Wir fassen zusammen: Wenn Neue Schöpfungen
heiraten und Kinder zu zeugen beabsichtigen, so sollten sie ihre Gedanken
und Gefühle fest im Zaume halten, damit sie im Augenblicke der Zeugung
nicht allein sich gegenseitig lieben und achten, sondern auch den Schöpfer
ehren und die ihnen verliehenen Fähigkeiten würdigen. Es sollte auch
nicht ohne Gebet um den Segen Gottes geschehen, und hernach sollten täglich,
ja stündlich die Interessen des werdenden Kindes in allen Dingen
wahrgenommen werden. Es sollte nicht als etwas Beiläufiges, sondern als
etwas Hochwichtiges angesehen werden. Es ist eine besondere Gelegenheit
zur Übung der Gnadengaben des Geistes, welche zuvor schon gründlich hätten
gepflegt werden sollen: Glaube an Gott und seine Verheißungen, Hoffnung
und Zuversicht, Geduld, brüderliche Liebe, Milde, Freundlichkeit,
allgemeine Liebe. Diese Gnadengaben sind freilich immer vorhanden bei
denen, welche zur Neuen Schöpfung gehören; aber Neue Schöpfungen
sollten während der Zeit der Schwangerschaft um so mehr auf der Hut sein,
weil sie erkennen, dass sie eine neue Generation beeinflussen.
Sofern es möglich ist, sollte das
Familienleben während dieser Zeit anmutig und heiter sein, damit die Gemütsstimmung
günstig beeinflusst werde. Lesen, Schreiben, Rechnen erscheinen neben den
Haushaltungspflichten als das Passendste. Vornehmlich sollte aber das Herz
gepflegt werden: was gerecht, was liebevoll, was weise ist, sollte im
steten Aufblick zum Herrn bei jeder Gelegenheit erwogen werden. Ebenso günstig
wirkt liebevoller Gedankenaustausch zwischen den Ehegatten, sowie auch das
Gedenken der Welt in Liebe und mit Wohlwollen. Wo Wohlwollen,
Gerechtigkeit und Liebe überall den Ton angibt, wird die Umgebung der
Mutter am günstigsten beeinflusst sein; aber diese Umgebung zu schaffen,
dazu bedarf es der Mitwirkung des Gatten, seiner Fürsorge und
Oberaufsicht, denn die Mutter ist während dieser Zeit am wenigsten
imstande, ihre Umgebung zu beeinflussen und mithin für sich günstig zu
gestalten. Der Gatte muss daher wie für die leibliche, so auch für die
geistige Nahrung sorgen, die Gedanken seiner Gattin auf den Herrn und
seinen herrlichen Plan lenken, auf die Erhabenheit des Charakters Gottes,
auf seine Weisheit, Liebe, Gerechtigkeit, sein Wohlgefallen und seine
Macht.
Viele christliche Eltern möchten
vielleicht hierauf erwidern, dass ihre Lebensumstände ihnen die Befolgung
dieser Ratschläge, die wünschenswerte Erleichterung und Bequemlichkeit,
das Liegenlassen der Hausgeschäfte, nicht gestatten. Das wissen wir wohl
und betrachten auch, was wir empfehlen, nur als Idealzustand, dem jedes
Kind Gottes so nahe wie möglich zu kommen trachten sollte. Die Neue Schöpfung
sollte insbesondere nie vergessen, dass sie einen unermesslich reichen
Vater im Himmel hat, der irdische Nachteile und Mängel durch geistige Güter
und Vorteile aufzuwägen bereit ist. Wer äußerlich benachteiligt ist,
sollte um so ernstlicher um den Frieden Gottes beten, der alles Verständnis
übersteigt. Mit diesem Frieden im Herzen wird die Mutter selbst mitten im
Trubel, der sie umgeben mag, ihre Leibesfrucht günstig beeinflussen,
Anlagen zur Liebe und Friedsamkeit hervorbringen und dadurch ihrem Kinde
größere Güter übermitteln als solche, die unter nur äußerlich günstigeren
Umständen, aber ohne diesen Frieden geborene Kinder erwarten können. Ein
solches Kind wird weniger weinerlich und erregbar, ruhiger und friedlicher
sein und beim Heranwachsen Hinneigung zu gerechtem Denken und Handeln
zeigen.
„Erziehe
deinen Sohn in dem Wege, den er gehen soll“
„Wer seine Rute spart, hasst seinen
Sohn.“ (Spr. 13:24) „Wer ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt?
Wenn ihr aber ohne Züchtigung seid, ... so seid ihr denn Bastarde und
nicht Söhne.“ - Hebr. 12:7, 8
Nichts liegt uns ferner, als den unüberlegten
und häufigen Gebrauch der Rute zu empfehlen. Wir führen diese Stelle nur
an, um zu zeigen, dass solche Eltern im Unrecht sind, die wähnen, auch
eine verdiente körperliche Züchtigung sei unrecht. Wo die Rute die
Alleinherrschaft führt, ist das Familienleben unglücklich. Im
Familienleben der Neuen Schöpfungen gebührt der Liebe und nicht der Rute
die Oberherrschaft. Der Rute kommt die Aufgabe zu, gelegentlich den
Forderungen der Liebe kräftig Nachdruck zu verschaffen; darum soll sie
auch nicht im Zorn, sondern in Liebe angewendet werden. Die Neuen Schöpfungen,
welche unter der Leitung des Geistes eines gesunden Sinnes stehen,
erfahren immer deutlicher, dass Ordnung eines der obersten Gesetze im
Reiche der Himmel ist, und darum liegt ihnen daran, dass auch in ihrem
kleinen Reich zu Hause Ordnung herrscht.
Ordnung bedeutet jedoch nicht Ruhe des
Friedhofes oder Stille der Wüste. Ordnung, die den Frieden, die Ruhe und
Gesetzlichkeit fordert, schließt Freiheit, Fröhlichkeit und Munterkeit
nicht aus. Ordnung bedeutet das Geleitetwerden des Familienhauptes, seiner
Gehilfin und Kinder durch die Liebe, sodass die Eltern für ihre Kinder
Vorbilder für alle Gnadengaben des Geistes werden. Ordnung ist ein Gesetz
- bei der Neuen Schöpfung das Gesetz der Liebe, die goldene Regel - und
sieht auch Belohnung und Strafe vor, und die Eltern sind es, welche über
beides verfügen. Infolge ihrer eigenen Unvollkommenheit bedürfen auch
sie wiederum, dass der himmlische Vater sie leite, auf dass sie ihn nicht
nur in ihren Absichten und Herzen verherrlichen, sondern dass ihr
Familienleben erkennbare Beispiele dafür, was das Familienleben der
Gerechten, d.h. derer, welche die Gesinnung Christi haben, sein sollte,
bietet.
Die Belohnung der Kinder sollte in Gewährung
von Annehmlichkeiten, soweit die Umstände es gestatten und soweit es
verständig ist, abhängen. Das Strafmass sollte von dem Grade der Vorsätzlichkeit,
welche das Kind bei der Verfehlung gezeigt hat, abhängen. Aber nie sollte
versucht werden, das Strafmaß nach herzloser Gerechtigkeit zu bestimmen.
Stehen wir doch selbst nicht unter der Gerechtigkeit, sondern unter der
Gnade und Barmherzigkeit und sollen barmherzig sein im Verkehr mit unseren
Mitmenschen, auch insbesondere mit unseren Kindern, deren Fehler zum Teil
auf uns und unsere Übertretungen zurückgeführt werden müssen. Die
Liebe kann zuweilen mit der Verweigerung eines Kusses strafen oder mit
einem Kuss belohnen; sie kann das strafbare Kind eine Zeitlang von den
anderen trennen und von ihrem Spiel ausschließen. Die „Rute“ kann in
der Entziehung des Nachtessens oder in Beschränkung desselben auf Brot
und Wasser bestehen; auch vor Schlägen mit der wirklichen Rute darf die
Liebe nicht zurückschrecken, um dadurch sie Ordnung und das Glück in der
Familie aufrecht zu erhalten und günstig auf die Kinder wirken zu lassen.
Neue Schöpfungen bedürfen wohl kaum
erst der Ermahnung, nie zornige und barsche Worte an die Kinder zu richten;
sie wissen schon, dass damit nichts Gutes gestiftet wird. Ihre Redeweise
sollte vielmehr immer voller Güte, Liebe und Freundlichkeit sein, selbst
beim Tadeln. Auch vor einem vorschnellen Zuschlagen werden Neue Schöpfungen
nicht erst gewarnt werden müssen. Ihr Geist des gesunden Sinnes weiß,
dass damit nicht nur körperliche Übel (Taubheit usw.) entstehen, sondern
auch die Zuneigung zu den Eltern schwer verwundet werden kann. Nicht die
Furcht davor, sondern die Liebe zu den Eltern soll die Grundlage des
Gehorsams sein, welche die Ordnung im Hause wahrt. Rasches Zuschlagen oder
Barschheit verrät eine unrichtige Gemütsverfassung bei den Eltern, in
welcher es kaum möglich ist, der Liebe gemäß zu urteilen und zu handeln.
Die Eltern sind es sich selbst schuldig, niemals eine Strafe zu verhängen
oder zu vollziehen, die nicht zuvor überlegt und als unter dem verdienten
Maße bleibend erkannt worden ist. Ferner sind sie sich selbst schuldig,
dass das Kind auch verstehe, dass die Ordnung im Hause aufrechterhalten
werden müsse, und dass das Glück und Wohlergehen aller seiner Bewohner
davon abhängt; dass die Eltern keinen Hass, keine bösen Absichten gegen
das Kind hegen, sondern lediglich Liebe und den Wunsch, ihm Gutes zu
erweisen.
Weltliche Eltern können auch versuchen,
sich diese Methode anzueignen; allein es wird für solche schwieriger sein;
denn da sie nicht ihren eigenen Willen unter den Willen und das Wort
Gottes gebeugt haben, so können sie nicht ihre Kinder verweisen auf ihre
(der Eltern) eigene Verpflichtung, dem Gesetze Gottes untertan zu sein;
sie können ihnen nicht sagen, dass sie Gott verantwortlich und daher
bestrebt sind, seinen Geboten gemäß zu handeln. An Gott glaubende Eltern
hingegen können ihren Kindern aus dem Worte Gottes vorlesen, dass sie
verpflichtet sind, sie zu erziehen, sie auf den richtigen Lebensweg zu
weisen. Sie können hinzufügen, dass wir alle der Zurechtweisung,
Anleitung und Führung bedürfen, weil wir gefallen und unfähig sind,
allen Anforderungen der Gerechtigkeit Gottes zu entsprechen, dass Strafen
und Zurechtweisungen nötig sind, um den schlimmen Umständen, unter denen
wir geboren sind, entgegenzuwirken. Es ist durchaus irrig, zu wähnen,
dass das kindliche Gemüt dies nicht zu fassen vermöge, nicht zu
unterscheiden vermöge zwischen Recht und Unrecht, nicht fühle, wann es
Strafe und wann es Belohnung verdient.
Manche Eltern vergessen, auf ihre
eigene Kindheit zurückzublicken, und darauf, wie frühe sie schon
Gerechtigkeit zu würdigen verstanden, wie sie es als Fürsorge würdigten,
wenn ihre Eltern sie tadelten, zurechtwiesen oder züchtigten. Wir tun
wohl, uns daran zu erinnern, wie klar unser Gerechtigkeitsgefühl war, als
wir Kinder waren: wie wir die Züchtigung in unserem Herzen billigten,
wenn sie verdient war, und mit welchem Ingrimm wir sie über uns ergehen
ließen, wenn wir keine Gerechtigkeit darin wahrzunehmen vermochten, sei
es, dass wir für etwas getadelt oder gezüchtigt wurden, was wir nicht
begangen hatten, oder dass das Strafmaß zur Übertretung in keinem Verhältnis
stand. Dieses Gerechtigkeitsgefühl der Kinder ist die wertvollste
Handhabe zur Erziehung: es hilft uns, sie recht und unrecht, wahr und
falsch, gerecht und ungerecht unterscheiden zu lehren, einen Charakter in
ihnen heranzubilden in einer Zeit, da sie für elterlichen Einfluss am zugänglichsten,
das Gewissen und Urteil in der Bildung begriffen sind und die Eltern als
die einzigen Gesetzgeber erscheinen. Wird diese Einwirkung auf den
Charakter in frühester Kindheit vernachlässigt, so wird es später viel
mehr Mühe kosten, ganz abgesehen von den Nachteilen, die Eltern und
Kindern, Nachbarn und Freunden daraus erwachsen, bis die kräftigeren
Mittel der Erziehung durch Erfahrung gewirkt haben, wenn sie überhaupt
noch etwas zu bewirken vermögen.
Es ist mithin von der allergrößten
Wichtigkeit, zu erkennen, dass die Erziehung das Kind nicht nur zu einem
guten Scheine von Höflichkeit, Reinlichkeit, Folgsamkeit usw. anhalten,
sondern in erster Linie in seinem Herzen richtige Denkweise und Grundsätze
zur Entwicklung bringen soll, die Erkenntnis, dass Alt und Jung wie unser
Herr Jesus gesinnt sein sollte. Die Goldene Regel, das Gesetz der Liebe,
aus dessen Befolgung Edelmut, Milde, Geduld, Freundlichkeit, Verträglichkeit
hervorsprossen, sollte den Kindern als Richtschnur für ihr Verhalten
unter sich, mit Spielkameraden usw. eingeschärft werden.
Ein Kind, das zur Selbstsucht
angeleitet wird oder, wenn es schon selbstsüchtig ist, nicht freundlich (jedoch
nicht in Gegenwart anderer) aufmerksam gemacht wird, dass das nicht recht
ist, wird in einem Augenblicke, wo es am empfänglichsten ist, einer sehr
kostbaren Belehrung beraubt. Eltern, die diese Gelegenheit verstreichen
lassen und den Kindern keine Belehrungen und Zurechtweisungen erteilen,
gleichen einem Gärtner, der das Unkraut in seinem Garten heranwachsen lässt.
Ihr Garten ist das Herz des Kindes, und wenn dort nicht die Gnadengaben
des Geistes sprießen, so bereiten sie sich für spätere Jahre mehr oder
weniger Herzeleid. Viele Tränen wohlmeinender Eltern über die
Selbstsucht, den Eigenwillen, die Zuchtlosigkeit ihrer Kinder hätten
ungeweint bleiben können, wenn die Pflichten den Kindern gegenüber in
deren zartestem Alter erfüllt worden wären. Außerdem entgeht solchen
Eltern, die an den Kindern nicht arbeiten, eine gar köstliche Gelegenheit,
selbst gefördert zu werden. Denn Eltern, die ihre Kinder zur
Selbstlosigkeit, Liebe, Folgsamkeit, Ehrfurcht vor Gott, Dienstfertigkeit
usw. anhalten, werden selbst in allen diesen Eigenschaften zunehmen und
einen großen Segen davon haben. Sie werden gewahren, dass die Kinder an
ihnen ein Beispiel von alledem zu entdecken hoffen, was sie ihnen einzuschärfen
bestrebt sind. Danach richtet sich ihr täglicher Wandel, ihr Verhalten
Gott und den Gliedern des Haushaltes gegenüber! Sie werden alsdann um so
sorgfältiger acht haben auf alles, was sie tun oder sagen, und dieses
Bestreben, solche Vorsicht bei den Kleinigkeiten des Lebens, wird fördernd
wirken auf die Gnadengaben des Geistes und die Eltern dem Zustande um so näher
bringen, in welchem sie dem Herrn gefallen können, und wird sie für die
Königswürde zubereiten helfen.
Reinlichkeit herrscht im Haushalte,
auch im ärmsten, innerlich und äußerlich. Absolute Reinheit in
Gedanken, Worten und Werken ist freilich unter den gegenwärtigen Umständen
ebenso wenig erreichbar, wie die Unterdrückung des Staubes, der die Luft
erfüllt und sich überall ansetzt. Aber das Heim der Neuen Schöpfung
sollte darum dennoch so rein wie überhaupt möglich sein: frei von äußerlichem
Schmutz sowohl als auch von sittlichem, soweit es die Umstände zulassen,
und soweit unsere unvollkommenen irdenen „Gefäße“ rein gehalten
werden können. Jedes Kind sollte an sein Vaterhaus, und wäre es noch so
ärmlich, zurückdenken können als an einen Ort, da die Reinlichkeit
herrschte, da Gott sich hätte zu Hause fühlen können. Es sollte zurückdenken
können an die Gebete der Eltern, an die freundlichen Worte von Vater und
Mutter bei jeder Gelegenheit, an den Geist des Friedens und der Ruhe, den
das Gottvertrauen verbreitete, an den süßen Geruch der Liebe, der die
ganze Atmosphäre erfüllte und an jedem Mitgliede des Haushaltes haftete,
es milde, freundlich, gütig und dienstfertig machend.
Von einem in dieser Liebesatmosphäre
aufwachsenden Kinde darf man erwarten, dass es wünscht, dem Herrn zu
gefallen und ihm bewusst zu gehorchen. Nachdem es das 10. oder 12. Jahr
erreicht, sollte es auch ermuntert werden, an die Weihung seiner selbst an
den Herrn zu denken, zu bedenken, dass während seiner Unreife die Eltern
es vor Gott vertreten, dass aber mit zunehmender Reife der Herr von ihm
selbst erwartet, dass es ihm zu gefallen trachte und sich weihe. Sollte
ein so angeleitetes Kind es unterlassen oder sich weigern, sich dem Herrn
zu weihen, so bleibt der gute Einfluss des Hauses dennoch bestehen; doch dürfte
es, einmal erwachsen und doch nicht geweiht, mit Grund zögern, vor den
Thron der Gnade zu treten, den Herrn an die den seinen gegebenen Verheißungen
zu erinnern, da es sich ja weigerte, des Herrn Eigentum zu werden. Seine
Erinnerung jedoch an die Zeit der Kindheit, wo die Eltern vor den Thron
der Gnade hintraten und Gott über der Eltern Heim und ihm selbst wachte,
wird ihm verbleiben und in ihm den Wunsch wach erhalten, auch fernerhin
des göttlichen Schutzes teilhaftig zu sein und wiederum mit der Anrede
„Abba, Vater“ vor Gott hintreten und sich als sein Kind betrachten zu
können. Sollte ein solcher Mensch selbst Kinder bekommen, so wird er
unwillkürlich wünschen, sie so zu erziehen, wie er erzogen wurde, und
die Rückwirkung solcher Bemühungen auf sein eigenes Herz wird nicht
ausbleiben und ihn möglicherweise noch bis zur Weihung führen. Wie dem
auch sei, der göttliche Einfluss, unter dem jemand als Kind gestanden
hat, wird ihn vor manchen Verirrungen bewahren, in die er sonst hätte
geraten können.
Vergleiche ein Heim, in welchem die
Luft erfüllt ist von dem Duft der Liebe, Güte, Geduld und
Freundlichkeit, mit einem Heim, wo der Geist Gottes sich nicht kundgibt,
wo die Selbstsucht oberstes Gesetz ist, wo das Kind Zeuge ist, wenn die
Eltern sich streiten, wo ein jedes das Seine sucht auf Kosten der anderen,
wo das Kind fast nur Schelten, Klagen, Vorwürfe, ärgerliche oder barsche
Worte zu hören bekommt! Das alles wirkt ansteckend auf die Kinder, sie
streiten und zanken sich in ihren kleinen Angelegenheiten und erhalten das
Haus in fortwährender Unruhe. Die stete Betätigung der Selbstsucht im
Hause wird die Selbstsucht im Herzen und Wandel der Kinder großziehen.
Wenn die Eltern ein Kind mit ärgerlichem
oder zornigem Tonfall in der Stimme einen „kleinen Taugenichts“
nennen, und die Gefühle des Kindes, das sich zuerst durch solche
Bezeichnungen beleidigt fühlt, allmählich abgestumpft werden, so wird es
allmählich dahin kommen, sich der Eigenschaft des „kleinen
Taugenichts“ zu rühmen. Wenn ein Kind seine Mutter zum erstenmal im
Zorn oder Ungeduld drohen hört: „Ich werde dich prügeln, dass dir fast
das Leben ausgeht“ oder „ich werde dir schon den Rücken krümmen“,
so wird es freilich zuerst vor solchen Worten erschrecken; aber gar zu
bald wird es merken, dass es leere Drohungen sind, von denen es wenig zu
befürchten habe, und wenn es dann in der Schule lernt, dass die Gesetze
den Eltern solche Gewalttätigkeiten verbieten, so wird es in seinem
kleinen Kopfe den Schluss ziehen, , dass die Eltern ihm Böses zuzufügen
wünschen, aber es einfach nicht dürfen. Ein solcher Schluss verdrängt
aber ein gut Stück Liebe aus dem Kinderherzen. Kommt dann noch dazu, dass
die Eltern es mit Versprechungen ebenso halten wie mit den Drohungen, dann
lernt das Kind lügen, drohen und versprechen mit der Absicht, nicht Wort
zu halten, andere über seine wahren Absichten zu täuschen usw. Ist es zu
verwundern, wenn ein solches Kind dann einen unfreundlichen Charakter
bekommt? Ist es nicht vielmehr zu verwundern, dass die gesamte
zivilisierte Welt bei der starken Verbreitung gleichgültiger oder
schlechter Erziehung (zur Selbstsucht) oder dem vielfach gänzlichen
Mangel an Erziehung nicht viel böser ist?
Gerechtfertigt
geborene Kinder
In allen diesen Dingen haben Neue Schöpfungen
einen entschiedenen Vorsprung. Ihre Kinder sollten schon mit besseren
Anlagen zur Welt kommen, und diese Anlagen sollten von frühester Kindheit
an zur Entwicklung gebracht werden. Das Kleine von ein paar Tagen ist
sicher reizbar oder klanghaft, wenn die Mutter es ist; die Beeinflussung
geschieht auch ohne die Muttermilch, durch Telepathie. Wenn dies so ist,
wie groß ist da der Vorsprung der Neuen Schöpfung, die ihren Frieden,
ihre Freude und Liebe auf das Kleine wirken lassen kann! Wie bevorzugt vor
anderen ist ein Kind unter solcher Fürsorge! Wie herrlich sind,
menschlich gesprochen, seine Aussichten für das Alter der Reife, und wie
groß ist, vom Standpunkte des Wortes Gottes aus, sein Vorsprung, da es
als Kind geweihter Eltern in allen seinen äußerlichen Angelegenheiten
unter Gottes besonderer Fürsorge und Obhut steht, da alle Dinge zu seinem
Besten mitwirken.
Dass Kinder von Neuen Schöpfungen vor
Gott gerechtfertigt sind (durch den Glauben ihrer Eltern), ist unschwer
einzusehen. Wenn Adams und Evas Ungehorsam und Entfremdung von Gott die
Entfremdung für ihre ganze Nachkommenschaft zur Folge hatte, so bringt
die Versöhnung des Volkes Gottes (die Gerechtmachung desselben aus
Glauben an das große Sühnopfer) nicht nur die Glaubenden mit Gott in
Harmonie, sondern auch ihre Kinder für so lange, als die Kinder noch
nicht selber überlegen und Entschlüsse fassen können. Nicht ganz so
einfach ist die Sache, wenn nur eines der Eltern dem Herrn geweiht ist,
das andere noch ferne steht; aber nach des Apostels Aussage betrachtet
Gott in diesem Falle die Kinder als gerechtfertigt, ob nun der Vater oder
die Mutter ferne steht. Der Einfluss des glaubenden, geweihten Teiles ist
alsdann gerechnet, als hebe er den anderen Einfluss auf. So verstehen wir
des Apostels Aussage:
„Sonst
wären ja eure Kinder unrein“
„Der ungläubige Mann ist geheiligt
durch das (glaubende) Weib, und das ungläubige Weib ist geheiligt durch
den Bruder (hinsichtlich der Frucht ihres Ehelebens); sonst wären ja eure
Kinder unrein (zum Tode verurteilte Sünder, ungerechtfertigt, ohne
Beziehung zu Gott, von seiner Fürsorge und Segnung ausgeschlossen), nun
aber (infolge der göttlichen Ordnung dieser Angelegenheit) sind sie
heilig (d.h. vor Gott gerechtfertigt, annehmbar auf einem Boden, auf dem
Gott mit ihnen anders als mit Feinden verkehren kann).“ - 1. Kor. 7:14
Wie die richtige Erziehung der Kinder
sein sollte, ist nicht immer leicht zu entscheiden, aber für den Herrn
ist die Aufgabe nicht schwer. Darum werden Eltern, die Gott geweiht sind
(oder derjenige Teil, der es ist), erwarten, dass des Herrn Gnade um so
reichlicher bei ihnen wohne, und um so ernstlicher Weisheit und Beistand
von oben erbitten, damit sie auch unter den schwierigsten Verhältnissen
ihren Erzieherpflichten völlig nachkommen können.
Ist nur ein Teil geweiht, so verschiebt
dies das von Gott verordnete Verhältnis, wonach der Mann des Weibes Haupt
ist, nicht. Ist der Gatte allein geweiht, so muss er die Angelegenheiten
seiner Familie so zu leiten suchen, wie es die Umstände gestatten, und
sich dabei von der verheißenen Weisheit von oben leiten lassen. Ist aber
das Weib geweiht, so sollte ihre geistige Gesundheit, ihre
Gerechtigkeitsliebe, ihre Freundlichkeit, Milde und Vorsorglichkeit sie zu
einem solchen Juwel im Hause machen, ihr Licht so freundlich strahlen
lassen, dass ihr Mann ihr mit Freuden die Erziehung der Kinder überlässt,
in der Überzeugung, dass sie sich für diese Aufgabe vorzüglich eigne.
Jede Autorität aber, die sie ausübt, müsste ihr vom Gatten übertragen
sein, welcher verantwortliches Familienhaupt bleibt, sei er geweiht oder
nicht.
Gleicherweise sollte der Gatte, wenn er
als Neue Schöpfung sein Licht leuchten lässt, erwarten, dass über kurz
oder lang sein Weib und seine Kinder an den friedsamen Früchten der
Gerechtigkeit, an seinem Geiste der Liebe und des gesunden Sinnes, an
seiner Freundlichkeit und Dienstfertigkeit erkennen, wie sehr zu seinen
Gunsten er sich von irreligiösen Menschen unterscheide. Wenn indessen die
erwartete Erkenntnis oder Anerkennung ausbleibt, wenn die Behandlung durch
die nicht glaubenden Hausgenossen um so schlechter wird, je treuer er
seinem Glauben gemäß denkt, redet und handelt, wenn es darin so weit
kommt, dass eine Trennung unvermeidlich scheint, dann sollten wir uns
nicht verwundern. „Siehe, ich habe es euch zuvor gesagt“: „Des
Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.“ „Lasset euch
das Feuer der Versuchung nicht befremden.“ „Ich bin nicht gekommen,
Frieden zu bringen auf Erden, sondern das Schwert (d.h. obwohl meine
Botschaft Frieden und Glück verkündet, wird sie im gegenwärtigen
Zeitlauf Streit verursachen, weil die vorherrschende Finsternis das Licht
hasst, und weil viele seiner Hasser, verleitet vom Widersacher, dem sie
infolge vom Fall herrührender Schwachheit nicht widerstehen können, beständig
gegen das Licht Krieg führen werden).“ Lasset euch das nicht befremden,
haltet das für einen Teil eurer Erprobung; ertraget es, als vom Herrn zu
diesem Zweck zugelassen, bis der Herr selbst einen Ausweg öffnet.
Einige Neue Schöpfungen mögen nun
ihre gegenwärtige Lage wie folgt darstellen: In der Namenkirche, der ich
einst angehörte, wurde ich falsch berichtet. Man gab mir zu verstehen,
dass ich nach meiner Bekehrung nichts weiter tun brauche, als fleißig zur
Kirche zu gehen und meinen Beitrag an die Kirche zu zahlen. Von Ausrottung
der Sünde und Selbstsucht in meinem Herzen hörte ich wenig oder gar
nicht reden, ebenso wenig von der Notwendigkeit, an deren Stelle göttliche
Gesinnung mit all ihrer geistigen Anmut in mein Herz zu füllen. Jede verfügbare
Zeit und Kraft stellte ich in den Dienst des Geschäftes meines Mannes, um
womöglich in der Welt emporzukommen. Ich wusste nicht, dass meine Zeugung
aus dem Geiste mir die Pflicht auferlegte, die neue Gesinnung zu pflegen,
die immer weniger nach den Dingen dieser Welt trachtet und immer größere
Sehnsucht empfindet nach Wachstum in Gnade, nach Erstarkung, nach
himmlischer Denkungsart. Während dieser Zeit meiner Unwissenheit wurden
meine Kinder geboren. Ich denke, sie haben meine Gedankenrichtung aus der
Zeit, da ich sie unter dem Herzen trug, geerbt, da sie nicht unter dem
Einfluss standen, den eine Neue Schöpfung in Christo auszuüben berufen
ist. Nun sind sie ungezogen, selbstisch, ungehorsam. Nicht nur vor Gott,
sondern auch vor mir und meinem Glauben haben sie keinen Respekt. Was kann
ich für sie tun? Ich weiß, dass mir die unwissentliche Verfehlung ihnen
gegenüber vom Herrn vergeben ist; aber ich weiß auch, dass ich nur
ernte, was ich gesät habe; dass meine jetzigen Trübsale eine Folge davon
sind, dass ich einstmals meiner Pflicht nicht genügte. Wo war doch damals
mein christliches Empfinden? Wie sehr fehlte es mir am Geiste eines
gesunden Sinnes! Wo waren meine religiösen Führer und Berater? Nicht
genug, dass sie mir von Gottes Charakter und Plan ganz verkehrte Begriffe
beibrachten, haben sie mich hinsichtlich meiner natürlichen, einfachen
Mutterpflichten in Unwissenheit gelassen! Was soll ich jetzt tun, welchen
Weg jetzt einschlagen? Wie kann ich meine Pflichtvernachlässigung von
ehedem möglichst gut machen?
Unsere Antwort wäre in solchen Fällen,
dass das Volk des Herrn auch in diesem Stück nicht trauern soll wie die,
welche keine Hoffnung haben. Ohne Zweifel wird es dem Herrn wohlgefällig
sein, wenn es uns reut, in der Vergangenheit Pflichten vernachlässigt zu
haben, wenn wir seine Vergebung suchen und geloben, es in Zukunft genauer
zu nehmen mit unseren Pflichten denen gegenüber, welche von uns abhängen.
Ferner wird es ihm wohlgefällig sein, wenn wir die schmerzlichen
Erfahrungen mit ungeratenen Kindern geduldig ertragen, die Kinder
nachsichtig beurteilen, uns selbst der Unterlassung wegen schuldig
sprechen, weil bei solcher Auffassung diese Trübsale zu unserer
Zubereitung für die Königswürde dienen können.
Den Kindern gegenüber besteht dann
aber die Pflicht, sie nun das zu lehren, was sie früher nicht gelehrt
worden sind: sie zu lehren, dass der Herr Rechenschaft von ihnen fordern
wird darüber, ob sie auch den Anforderungen der Gerechtigkeit und Liebe
untereinander und gegen alle entsprochen haben. Und diese Belehrung muss
mit großer Liebe, Geduld und Nachsicht erfolgen, damit das Kind die Macht
des Einflusses der Gnade Gottes auf das Herz der Eltern gewahre. Je nach
dem Alter des Kindes und dem Grade, bis zu welchem Fehler Wurzeln
geschlagen haben, sollte mit Geduld auf den Erfolg solcher Arbeit gewartet
werden; wo Einschränkungen der Freiheit durchaus notwendig sind, sollten
sie in freundlicher und überlegter Weise und nicht ohne Erklärung verhängt
werden. Die elterliche Autorität sollte in freundlicher, nicht in grober
Weise aufgerichtet und festgehalten werden. Von Kindern, welche bisher
gewohnt waren, die Herren in der Familie zu sein, sollte nicht erwartet
werden, dass sie sofort gut und gehorsam werden. Weisheit von oben ist in
solchen Fällen zu suchen, damit Ordnung im Hause hergestellt werden könne.
Menschlicher Rat ist da unsicher und ungenügend; denn Außenstehende können
die Verhältnisse des Haushaltes und deren Ursache nicht völlig kennen
und daher auch nicht genau angeben, was geschehen sollte.
Leitende Grundsätze sollten sein:
Zuerst Liebe für den Herrn und für die Kinder, und diese Liebe sollte
geleistet und überwacht werden durch das Wort Gottes: letzteres sollte
als die Quelle der Autorität und Unterweisungen fortgesetzt zu Rate
gezogen werden. Ferner müssen die Eltern lernen, ihre Kinder mit Achtung
zu behandeln. Ob geraten oder ungeraten, sollten die Kinder immer herausfühlen,
dass die Eltern ihr Gewissen und ihre Denkweise achten und demgemäss mit
ihnen zu verkehren suchen. In vermehrtem Maße sollte dies von der
Erreichung des mannbaren Alters (vom 15. Jahre) an geschehen, wo die
Berufung auf die Vernunft an die Stelle körperlicher Strafen treten
sollte.
Gerechtigkeitsgefühl findet sich mehr
oder weniger so ziemlich in allen Menschen. Es ist nicht reine
Selbstsucht, sondern auch Gerechtigkeitsgefühl, wenn das erwachsene Kind
empfindet, dass es nicht mehr als ein Kind, sondern als ein Gefährte
behandelt, dass es nicht mehr beordert, sondern gebeten, nicht mehr zur
Rechenschaft über seinen Verdienst gezogen, sondern größerer Freiheit
zur Betätigung und Entwicklung seiner Persönlichkeit teilhaftig werden
solle. Weise, gerechte und liebende Eltern werden von jetzt an ihre Kinder
wie jüngere Geschwister behandeln, ihnen als Freunde und Berater zur
Seite stehen und nicht versuchen, ihre Freiheit, auf die sie im Alter der
Reife Anspruch haben, zu beeinträchtigen. Gute Eltern sind zuweilen darin
unweise und ungerecht, indem sie versuchen, die bis jetzt von den Kindern
anerkannte Autorität weiter auszuüben. Sie übersehen dabei, dass
erwachsene Menschen auch in jungen Jahren keine Kinder mehr sind, und es
gelingt ihnen nicht, den Befehlston abzulegen. Das ist aber unseres
Erachtens niemals vom Guten, weder für sie selbst, noch für die Kinder;
darüber sollte auch ein eventueller Gehorsam der letzteren nicht hinwegtäuschen.
Sie wissen, dass dieser Gehorsam nur die Folge der bisherigen Lenksamkeit
der Kinder ist, und dass, wenn es diesen einfallen würde, sich zu
widersetzen, die Dinge in kurzem anders kämen. Sie sollten daher
bedenken, dass solche Überschreitung ihrer elterlichen Rechte die Liebe
der Kinder zu ihnen ernstlich gefährdet. Die Kinder erkennen in solchen Fällen,
dass die Eltern, die sie bisher hochgeachtet haben, selbstisch und
ungerecht sind. Das legt die Axt an die Wurzel der Kindesliebe, und die
Eltern können noch, bevor sie sterben, zu schmecken bekommen, wie
verkehrt sie gehandelt haben; daran ändert vorübergehender Erfolg ihrer
Methode nichts. Nicht etwa, dass die erwachsenen Kinder ihren Eltern gegenüber
keine Pflichten mehr hätten, im Gegenteil! Wir halten dafür, dass das
erwachsene Kind, solange es die nötigen Kräfte dazu hat, die Eltern im
Alter zu versorgen hat. Das schreiben auch die menschlichen Gesetze vor.
Aber das meinen wir, dass das Kind, wie es vor der Reife den Eltern
untertan zu sein hätte, nach erreichter Reife Anspruch auf Anerkennung
seiner Persönlichkeit und Individualität hat. Die Versorgung alter
Eltern ist freilich Kindespflicht; aber diese wird um so freudiger und in
um so liebevollerer Weise erfüllt werden, je passender die Form ist, in
der die Kinder daran erinnert werden. Die Versorgung im Alter ist die
Gegenleistung der Kinder für die in den ersten Lebensjahren erhaltene
Versorgung; wo diese richtig erfolgte, wird das Kind selten hilfsbedürftige
Eltern im Stiche lassen, wenn es selbst ihnen zu helfen in der Lage ist.
Bei dieser Betrachtung der Pflichten
der Eltern ihren Kindern gegenüber müssen wir noch der Frage näher
treten, wie viel Bildung die Kinder erhalten und welche Schranken vernünftigerweise
der Leselust der Kinder gezogen werden sollen. Wir schätzen Bildung sehr
hoch, allein bei der Bestimmung, was Bildung ist, sollte mit großer
Weisheit gehandelt werden.
Bildung ist der Zubereitung
(Schleifung) von Steinen vergleichbar. Fast jeder Stein kann so
geschliffen werden, dass er schön anzuschauen ist, aber nicht jeder Stein
ist so sorgfältiger Behandlung wert. Edelsteine (Diamanten, Rubine usw.)
erfüllen ihren Zweck nur, wenn sie geschliffen werden; ohne solche
Behandlung bleiben sie glanz- und wertlos. Einem Kieselsteine von der Straße
aber würde alles Schleifen keinen größeren Wert verleihen; er würde
dagegen um so weniger geeignet für die ihm zugefallene Rolle als Straßenschotter
sein.
So
ist es auch in bezug auf die Bildung, das Polieren der Gesinnung, durch
Gymnasien und Hochschulen. Während sie dem einen nützt, schadet sie
anderen, indem sie ihnen die Beschäftigung, auf welche die Natur sie
angewiesen, die richtige Ausfüllung ihres Platzes, unmöglich macht.
Solche gleichen dem ungerechten Haushalter im Gleichnis insofern, als sie,
wie er, nicht graben können und zu betteln sich schämen; aber zur
Benutzung ihrer Bildung sind sie auch unfähig. Haben Eltern ein sehr
begabtes Kind und gleichzeitig die nötigen Mittel für die Gewährung höherer
Bildung, dann mögen sie überlegen, ob oder ob nicht hierin eine
Andeutung des Herrn dafür liege, was ihre Pflicht gegenüber dem
betreffenden Kinde ist, und alsdann ihrer Überzeugung gemäß handeln.
Immerhin sollten sie die Befürchtung nicht ganz außer Acht lassen, dass
die äußerliche Bildung durch das Wissen dieser Welt die innere Bildung
des Charakters und Herzens verwischen könnte, welche sie als glaubende
Eltern dem Kinde auf den Lebensweg mitzugeben von Anfang an bestrebt
gewesen sind.
Das Volk des Herrn, die Neue Schöpfung,
sollte Bildung des Herzens und Charakters, den Unterricht im
allerheiligsten Glauben, höher schätzen als die Gelehrsamkeit, welche
die Lehranstalten dieser Welt vermitteln können, sollte die Weisheit von
oben, die zuerst rein, alsdann friedsam, voller Barmherzigkeit und guter
Früchte ist, für wünschenswerter halten als alle Weisheit der Erde. Sie
sollte daher sehen, ob auch ihr Kind im Charakter, in den Grundsätzen der
Treue zu dem Herrn und seinem Wort so fest stehe, dass die ungläubige
Tendenz unserer Bildungsanstalten, ihr Hinneigen zur höheren Kritik, zur
Evolutionslehre und dgl., den Glauben des Kindes an den Herrn und sein
Wort nicht werde zu erschüttern vermögen. Da diese Gefahr sehr groß
ist, so neigen wir eher zur Anschauung, dass wir uns mit dem von Volks-
und höheren Schulen vermittelten Wissen begnügen sollten.
Wir wissen sehr wohl, dass ein solcher
Rat in den Augen der Weltlichgesinnten töricht oder noch schlimmer ist.
Nachdem wir aber gelernt haben, die Dinge vom Standpunkte Gottes aus, wie
wir glauben, zu betrachten, stehen wir dennoch nicht an, allen
Gottgeweihten zu raten, dass auch sie danach trachten möchten, des Herrn
Ansicht über den hier behandelten Gegenstand zu erkennen. Wir können
noch beifügen, dass in unserer hastenden Zeit derjenige, welcher über
das Alter von 20 Jahren hinaus Schulen besucht, welche ihn für feinere
Beschäftigungen vorbereiten, auf der anderen Seite die höchst wertvollen
Erfahrungen nicht machen kann, die ein 14 oder 15 Jahre alt die Schule
verlassender Knabe als Lehrling in einer Werkstatt, einer Fabrik oder
einem Handelshause machen kann. Mit seinen sechs Jahren Vorsprung hat ein
solcher weit mehr Aussicht, im Kampf ums Dasein zu bestehen, als wer über
die Jahre hinaus Schüler geblieben ist.
Ein Wort über die Spiele möge hier
Raum finden. Der in den Spielen liegende Vorteil ist, dass sie Übung (des
Gehirns oder des Leibes) in unterhaltender Form darbieten. Mit Freuden
vorgenommene Übungen sind viel fruchtbringender als aufgezwungene.
Zwischen unseren Gemütsstimmungen und unseren Lebensfunktionen bestehen
Beziehungen, welche verursachen, dass Wohlgemutheit auf die körperliche
Entwicklung, auf die Wiedergewinnung verlorener Kraft, fördernd einwirkt.
Anzunehmen, dass nur das Aufgezwungene nützlich und nur das Nutzlose ein
Spiel sei, ist gänzlich verkehrt. Wir halten dafür, dass es diese
verkehrte Annahme ist, die viele sonst ganz vernünftige Leute dazu
verleitet hat, müßige Spiele zu empfehlen, während sie viel besser täten,
dem Hange zum Müßigbleiben entgegenzuarbeiten. Unseres Erachtens
arbeiten die sogenannten Kindergärten in zutreffender Richtung, indem sie
in dem Kinde die Lust zum Lernen wecken und erhalten. So sollten es vernünftige
Eltern auch später mit den Spielen ihrer Kinder halten und keine Spiele
gutheißen, die bloße Zeit- und Kraftvergeudung darstellen.
Erholung sollte durch Abwechslung in
der Beschäftigung geboten werden, nicht durch Nichtstun oder nutzloses
Spielen. Das kleine Mädchen kleidet und besorgt seine Puppe und findet
darin ein köstliches Vergnügen. Das Büblein spielt Kaufladen, in
welchem schmutziger Sand und dgl. Tee, Kaffee, Zucker, Kartoffeln usw.
darstellen; er spielt Rossebändiger, Prediger, Schullehrer, Arzt,
Mechaniker. Das ist alles vom Guten, und die lieben Kindlein sollten
hierin ermutigt werden. Bei Heranwachsen werden sie es dann als Erholung
betrachten, dazu beizutragen, dass das Haus ordentlich aussehe, oder im
Laden und in der Werkstatt den Eltern, Angestellten, Arbeitern usw. zu
helfen. Wenn ihnen beigebracht wird, dass es eine Freude ist, sich nützlich
zu machen und hilfreich zu erweisen, wenn sie Müßiggang als Sünde und
Schande, als Vergeudung wertvoller Hilfsmittel, als etwas erkennen gelernt
haben, was keine Empfehlung bedeutet, so werden sie die Pflichten des
Lebens freudig ins Auge fassen und andere nicht beneiden, die sie Zeit und
Geld beim Ballspielen oder anderen nutzlosen Vergnügungen verlieren
sehen.
Mit Zeit und Mitteln haushälterisch
umzugehen, sollte den Kindern von klein auf beigebracht werden, nicht in
einer Weise freilich, die sie selbstsüchtig machen würde, sondern im
Hinweis auf Gott und seinen Willen, dass nichts verloren gehe. Nach der
Speisung der Fünftausend und der Viertausend befahl der Meister, dass die
Brocken gesammelt würden, auf dass nichts umkomme. Mit seiner heiligen
Gesinnung hätte sich Vergeudung nicht vertragen. Diesem Meister gegenüber
sollten wir uns für jeden Taler, für jeden Tag, für jeden Augenblick
verantwortlich fühlen, nicht in Angst und Bangen, sondern in dem Wunsche,
den Willen Gottes zu erkennen und nach Kräften demselben gemäß zu
handeln, in der Erkenntnis, dass solcher Wandel dem Herrn wohlgefällig
und daher eine Quelle der Freudigkeit ist.
Geistige
Nahrung für Kinder
Wenn das heranwachsende Kind zu merken
anfängt, wie vieles es in der Welt zu lernen gibt, sollte es ermuntert
werden zu lesen; aber gleich von Anfang an sollte es gut gelernt werden,
zu unterscheiden zwischen falschen Vorstellungen und den „Äpfeln“ der
Erkenntnis. Es sollte ihm gezeigt werden, dass falsche Vorstellungen nicht
nur wertlos, sondern auch schädlich und hinderlich sind, dass es also
schade war um die Zeit, die auf Aneignung derselben verwendet worden ist,
und die mit viel mehr Grund zur Aneignung von Kenntnissen verwendet worden
wäre, die zur Erfüllung der Pflichten dieses Lebens so notwendig sind.
Es sollten ihm demnach belehrende Bücher in die Hand gegeben werden,
nicht erfundene Erzählungen. Besonders wertvoll ist eine möglichst
weitreichende Kenntnis der Geschichte seines Geburtslandes und einige
Kenntnisse der Weltgeschichte überhaupt. Es kann diese Kenntnis aus
Geschichtsbüchern schöpfen, unter welchen wir denjenigen den Vorzug
geben würden, welche die Entwicklung der Menschheit in
gesellschaftlicher, sittlicher und geistiger Hinsicht verfolgen lassen und
nicht das Hauptgewicht auf die Regierungszeiten der Könige, auf die
Schlachtdaten und die Namen der siegreichen Generale legen. Es sollte dem
Kinde in anregender und freundlicher Weise gezeigt werden, wie wichtig
diese Kenntnisse für sein Leben sind; es sollte an seine Vernunft und
sein Urteil appelliert und so sein Wille auf diesen richtigen Weg gelenkt
werden, damit es solche geistige Nahrung aller oberflächlichen Lektüre
vorziehe, die ihm schaden und es unvorbereitet ins Leben hinaustreten
lassen würde.
In diesem Punkte ist folgender Bericht
aus dem „Kirchenbanner“, einer amerikanischen Zeitschrift, besonders
charakteristisch: „Vor Jahren lag eine junge Dame auf ihrem Sterbebett,
die unter den denkbar günstigsten Verhältnissen aufgewachsen war und
gelebt hatte. In allem, was sie tat und sprach, bekundete sie sich als der
verkörperte Anstand, und man glaubte nicht, dass sie je in ihrem Leben
Gelegenheit gehabt hätte, auch nur ein unsauberes Wort zu hören. Und
doch führte sie in ihrem Fieber- und Schwächezustande zum Entsetzen
ihrer Bekannten und ihrer Pflegerinnen die unflätigsten Redensarten, von
denen man sich gar nicht vorstellen konnte, woher sie sie haben konnte.
Sollte man annehmen, sie habe bei all ihrem scheinbaren Anstande heimlich
über diesem faulen Zeug gebrütet? Doch wohl nicht. Aber sie wird in
einer Unglücksstunde so etwas gehört und durch Anstrengungen, die sie
machte, es zu vergessen, es ihrem Gedächtnis immer tiefer eingeprägt
haben. Wenn nun selbst in einem solchen Falle der Eindruck gegen den
Willen der Hörerin ein so tiefer war, wie muss es da aussehen, wo man
stunden- oder tagelang unreine Gedanken mit Willen auf seine
Einbildungskraft einwirken lässt! Wer kann den Schaden ermessen, der so
gestiftet werden kann? Unter allen Übeln in unserer, an so vielen Übeln
leidenden Welt, kennen wir kein so schreckliches, heimlich vergiftendes,
bleibend schädigendes als ein schlechtes Buch von einem geistreichen
Verfasser.“
Das religiöse Element im Gemüt des
Kindes bedarf einer besonderen Pflege, und darin sollten glaubende Eltern
(oder der glaubende Teil) seine Lehrer sein. Bei der völligen Verwirrung
und Verirrung, in der sich gegenwärtig die religiösen Begriffe der Welt
befinden, wird jeder Versuch, in öffentlichen Schulen irgendeine Religion
zu lehren, auf Widerstand einerseits der Vorurteile andererseits der
festen Überzeugung stoßen. Demnach ist es eine durchaus gerechtfertigte
Forderung, dass öffentliche Schulen keinen religiösen Anstrich haben und
ihre Schüler zu keinem religiösen Unterricht, zu keinen religiösen
Handlungen anhalten. So hoch wir die Bibel als das Wort Gottes halten und
schätzen, so erachten wir doch, dass, da Juden, welche das Neue
Testament, Zweifler, welche große Teile der Bibel, Ungläubige, welche
die Bibel überhaupt verwerfen, Buddhisten und andere Heiden und
andererseits solche, denen die landläufige Übersetzung der Bibel nicht
passt, nicht nur für die Schule Steuern zahlen müssen, sondern auch ihre
Kinder in die Schule zu schicken gezwungen sind, es nicht nur gerecht,
sondern auch klug ist, alle und jede Religionsausübung aus der öffentlichen
Schule zu verbannen, die Bibel als Religionsurkunde aus dem Spiele zu
lassen und, wenn überhaupt, so dann nur als Buch alter Geschichte einzuführen.
Bei unserer Hochachtung, die uns die
Bibel als das von Gott eingegebene Offenbarungswort einflößt, mag dies
befremden, allein wir erachten es als eine Pflicht der Nächstenliebe,
unsere Mitmenschen nicht mit diesem heiligen Buch zu stoßen und zu ärgern.
Freilich möchte unser Einfluss auf diesem Gebiete, wenn wir ihn auszuüben
uns bestreben, infolge der geringen Zahl derer, die unsere Anschauung
teilen, machtlos sein. Wir sind auch nicht der Meinung, dass es Sache der
Neuen Schöpfung sei, öffentlich für diese oder andere Reformen zu
wirken. Die Neuen Schöpfungen haben eine höhere und großartigere
Bestimmung, die Neuschöpfung der Welt, sie können deshalb getrost bis zu
der Aufrichtung des Königreiches die bloßen Verbesserungsversuche den
Kindern dieses Zeitalters überlassen. Dennoch sollte der Geist gesunder
Gesinnung sie treiben, mit allem Übereinzustimmen, was recht und gerecht
ist, selbst dann, wenn sie keine Gelegenheit haben, ihre Gefühle zu äußern.
Im großen ganzen betrachtet nimmt die
Schule zur Vermittlung der vielen Kenntnisse an die Kinder eigentlich
wenig Zeit in Anspruch und kann daher wohl verlangen, dass ihr diese Zeit
für ihre eigentlichen Zwecke gegönnt werde. Den Eltern oder den von
ihnen erwählten geistlichen Führern bleibt daneben immer noch die Zeit
zur Erteilung irgendeines Religionsunterrichts.
Der
Einfluss der Sonntagsschulen
Die Sonntagsschulen sind in der
Namenchristenheit jetzt überaus verbreitet. Wenn sie als gesellige
Kindervereine betrachtet würden und ihre Aufgabe darin erblicken würden,
die Kinder einmal in der Woche feiertäglich zu stimmen und ihre
Aufmerksamkeit auf gesellschaftliche und religiöse Pflichten zu lenken,
so dürfte man sagen, dass sie sehr viel ausgerichtet haben in dieser
Welt, namentlich zu Gunsten der unteren Schichten der menschlichen
Gesellschaft. Für Kinder von glaubenden, in der Wahrheit stehenden Eltern
aber halten wir sie für schädlich. Da diese unsere Auffassung sehr
befremden wird, wollen wir unsere Gründe dafür ausführlich vorbringen.
1. In erster Linie sind die
Sonntagsschulen ein Schaden für „christliche“ Eltern geworden, indem
solche zu der Auffassung verleitet wurden, ihre elterliche
Verantwortlichkeit auf die Sonntagsschulen abzuwälzen. Sehr oft ist der
Sonntagsschullehrer durchaus nicht geeignet, eine derartige
Verantwortlichkeit auf sich zu nehmen, indem er ein Neuling ist, von
Kindererziehung keine Begriffe hat; selten ist einer Gott geweiht und vom
Heiligen Geiste wiedergezeugt. Einem solchen Lehrer überlässt man nun
die Ausübung der allerheiligsten Elternpflicht! Der Schaden, den
„christliche“ Eltern von dieser ihrer Handlungsweise davontragen, ist
einfach unberechenbar. Es ist ein allgemein anerkannter Grundsatz in
geistigen Dingen, dass, wer bewässert, selber bewässert wird. Darum
haben Eltern, die ihre Kinder sorgfältig belehren und führen auf
sittlichem und geistigem Gebiete, selber einen großen Segen davon, dass
sie den Kindern diesen Segen sichern. Dieses Segens haben sich heutzutage
solche „christlichen“ Eltern beraubt, welche unwissentlich sich von
der göttlichen Ordnung getrennt haben.
2. Einen Nachteil für die Kinder
glaubender Eltern stellen die Sonntagsschulen insofern dar, als die Kinder
von den Lehrern nicht die Belehrung erhalten, welche denkende und
gewissenhafte Eltern ihnen zu geben imstande wären und verpflichtet sind.
3. Die Sonntagsschulen lockern durch
ihr Dazwischentreten das Band zwischen Eltern und Kindern; die Kinder
verlieren einen Teil ihres Vertrauens zu und ihres Respekts vor den
Eltern, und die Eltern legen freiwillig einen Teil ihrer Würde nieder.
Das mag mit ein Grund sein für die starke Verbreitung des Ungehorsams der
Kinder, über den in der ganzen Namenchristenheit geklagt wird. Die Organe
für religiöses Empfinden und Denken sind dazu bestimmt, die anderen
Organe zu beherrschen; doch müssen sie zu diesem Zweck auch richtig
entwickelt werden. Ehrfurcht ist eines dieser Organe. Hat das Kind Eltern
vor Augen, die vor Gott und seinem Wort Ehrfurcht haben und es daraus
unterrichten, so bedeutet das für das Kind einen Anschauungsunterricht,
von dem es zeitlebens Nutzen ziehen sollte. Sieht es aber, dass die Eltern
die Gott und seinem Worte schuldige Ehrfurcht einem sogenannten
geistlichen Stande zuwenden, so wird es dadurch menschenfürchtig anstatt
gottesfürchtig, und das ist nicht geistige Gesundheit und hindert die
geistige Entwicklung. Außerdem muss das Kind aus dem Umstande, dass die
Eltern es durch einen Sonntagsschullehrer unterweisen lassen, den Schluss
ziehen, dass die Eltern es nicht unterweisen können. Das ist nicht vom
Guten.
Dahingegen wird das Kind, welches vom
schriftgemäßen Standpunkte aus belehrt worden ist, dass Gott in der
Bibel spricht und die Eltern zu Erziehern und geistlichen Leitern ihrer
Kinder bestellt hat, ungesucht vor den Eltern die von Gott gewollte religiöse
Ehrfurcht bekommen, was den wohltätigen Einfluss der Eltern auf die
Kinder nur verstärken und dauernder machen kann. Und die Eltern selber
werden gewahren, wie viel sie gewonnen haben davon, dass sie die Kinder
auf die Forderungen lenkten, die Gottes Wort an die Gedankenwelt, an
Handel und Wandel des Menschen stellt, dass sie ihnen die goldene Regel
der Nächstenliebe immer und immer wieder eingeschärft haben. Sie werden
fühlen, wie notwendig es ist, dass sie den Kindern das vorleben, was sie
ihnen empfehlen, und werden dabei gewahr werden, dass selbst kindliche Gemüter
sehr wohl imstande sind, religiöse Grundsätze auf Dinge des täglichen
Lebens anzuwenden. Solche Eltern werden gewahr werden, dass sie selber täglich
Gott und seinem Maßstabe näher kommen und selbst bei einem Fehltritt
Segen haben, wenn sie ihn vor denen, die ihn bemerkt haben, eingestehen,
wenn es auch ihre eigenen Kinder sind. Dadurch werden Eltern und Kinder
gleichzeitig Gottes Maßstab täglich mehr erkennen und schätzen, und zum
Herrn um Verzeihung beten lernen. In diesem Sinne gemachte Eingeständnisse
werden ein bleibendes Vorbild der Demut, Reuigkeit und Unterwerfung unter
Gottes Willen für die Kinder sein.
4. Viele irren offenbar nicht nur
hinsichtlich der Aufgabe, die sie den Sonntagsschulden zuweisen, sondern
auch darin, dass sie meinen, der Herr und seine Apostel hätten sich einer
Unterlassung schuldig gemacht, als sie die Kirche nicht in
Unterabteilungen teilten. Sie wähnen, dass mit diesem Teilen, dem Abgehen
vom Grundsatze: „Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe“, mit anderen
Worten: Eine Versammlung, und der Einführung der Konkurrenz unter
verschiedenen Glaubensrichtungen mehr ausgerichtet worden sei, als wenn
sie es bei des Herrn Methode der Herauswahl hätten bewenden lassen.
Ursprünglich waren die Sonntagsschulen
eine ziemlich passende Einrichtung. Sie begannen im Jahre 1781 mit der
Errichtung einer „Bettlerschule“ in Gloucester (England) durch den
christlich gesinnten Herausgeber des dortigen Tageblattes, namens Robert
Raikes. Dieser bestellte vier christliche Frauen zum Unterrichten von
zehn- bis vierzehnjährigen Kindern im Lesen, Schreiben, Nähen usw.,
jeweils Sonntags vormittags von 10-12 Uhr; am Nachmittag unterrichteten
sie sie im Katechismus und führten sie dann zum Anhören einer Predigt.
Dieser bescheidene Anfang des jetzt so verbreiteten Werkes vertrug sich
sehr wohl mit der Einsetzung und den Lehren des Herrn und seiner Apostel.
Die Abweichung von derselben datiert erst von dem Augenblick, in welchem
die Sonntagsschulen an Stelle der Eltern die religiösen Erzieher der
Kinder wurden.
Unser Rat an Neue Schöpfungen geht
dahin, dass wie sehr sie auch vielleicht bis jetzt es in diesem Stück
haben fehlen lassen, wie sehr sie auch vielleicht ihrer Verantwortlichkeit
als religiöse Lehrer sich zu entziehen gesucht haben, sie ohne jeden
weiteren Verzug diese ihre Pflichten zu erfüllen trachten sollen. Über
das „wie“ müssen sie freilich selbst entscheiden: Das Alter der
Kinder, ihr Mangel an Unterwürfigkeit und Achtung vor den Eltern werden
verschiedene Maßregeln notwendig machen. Eingeschlichene Fehler sollten
mit Freundlichkeit und Liebe bekämpft werden und stets mit der
Anerkennung des eigenen Verfehlens in der Vernachlässigung der Pflichten
als religiöse Erzieher. Niemand ist weiser als Gott, darum sollte auch
niemand denken, er mache es besser als das Haupt der Herauswahl und die
von demselben uns zu Lehrern und Führern bestellten zwölf Apostel. Darum
haben wir menschliche Einrichtungen nicht zu verehren, noch zu ihrer
Unterhaltung mitzuwirken, wie sehr dieselben auch Wurzel geschlagen haben
und sich spreizen. Gottes Maßstab allein darf unser Maßstab sein, und
„wenn sie nicht nach diesem Worte reden, so ist es, weil kein Licht in
ihnen ist“ (Jes. 8:20), weil sie nicht von Gott sind.
Das
Vertrauen der Kinder
Wenn das Vertrauen des Kindes zu den
Eltern in der Erkenntnis wurzelt, dass dieselben Glieder der königlichen
Priesterschaft, Gottes Kinder sind, dass sie im Gebet Gemeinschaft mit
Gott haben, dass sie durch das Wort Gottes (gelegentlich unter Mitwirkung
anderer Kinder Gottes) belehrt werden, wenn außerdem der Geist der Liebe
mit all seinen köstlichen Eigenschaften (Milde, Geduld, Freundlichkeit
usw.) das Haus und alle Beziehungen in demselben erfüllt, wenn die Eltern
die Weisheit von oben suchen und bewähren, die da ist rein, friedsam und
barmherzig, dann wird das Kind auch in allen Dingen zu den Eltern
Vertrauen haben und diesen alle Fragen auf religiösem, sittlichem,
zeitlichem, gesellschaftlichem und körperlichem Gebiete, die in seinem
jugendlichen Gemüt von selbst auftauchen, ganz offen und natürlich
vorlegen und unterbreiten.
Solche Fragen sollten erwartet und
seitens der Eltern veranlasst werden und immer eine weise und für das
Alter des Fragestellers passende Antwort finden. Vertrauliche Fragen
sollten nie leichthin beantwortet und dürfen nicht weitererzählt werden.
Schon viele Eltern haben das Vertrauen ihrer Kinder dadurch verscherzt,
dass sie es mit deren Gefühlen oder Geheimnissen zu leicht nahmen. Wir
meinen damit nicht, dass alles Fragen vollständig beantwortet werden
sollen (ohne Rücksicht auf das Alter des Kindes). Eine unvollständige
Antwort ist vielmehr sehr oft am Platze; dabei mag eine vollständigere
Antwort für später in Aussicht gestellt werden, und zwar am besten mit
Angabe eines Zeitpunktes. Etwa so: Ich will dir eine umfassende Antwort
geben, wenn du (sagen wir) dreizehn Jahre alt bist und dein Geist
entwickelt genug ist, es zu verstehen. Dann magst du deine Fragen wieder
stellen; bis dahin aber sollst du nicht mehr daran denken.
Einem richtig erzogenen Kinde wird dies
genügen. Jedenfalls wird es verstehen, dass das Wort der Eltern feststeht
und nicht unüberlegt geäußert worden ist, dass es mithin dabei bleibt,
bis eine neue Tatsache das Urteil der Eltern ändert. Die Beachtung des
Rates des Herrn: „Euer Ja sei ja und euer Nein nein“, würde vielen
Eltern viel Ungemach ersparen und viel zur Erhaltung des Friedens und der
Ordnung im Haushalte beitragen. Das Kind sollte den Gehorsam von klein auf
lernen und nie einer Wiederholung des Befehles bedürfen. Aber dies setzt
natürlich voraus, dass die Eltern sich ihrer Pflicht und
Verantwortlichkeit bewusst und von dem Wunsche beseelt sind, alle verständigen
Bitten der Kinder, soweit die Umstände es erlauben, zu erfüllen. Liebe,
Weisheit und Gerechtigkeit müssen bei den Eltern in Einklang miteinander
gebracht werden, damit ihre Herrschaft im Hause für alle wertvoll ist.
Die
Suggestion in der Erziehung
Nur wenige erkennen, welche wichtige
Rolle der Wille des Menschen in gesunden und kranken Tagen, in Freud und
Leid spielt, wie viel er zum Gehorsam und zum Ungehorsam, zum Gutestun und
zum Unrechttun, überhaupt zu jedem Gedanken, Wort oder Werke mitwirkt.
Der Wille des Kindes ist für Eindrücke und Suggestionen besonders empfänglich
zur Zeit, da sein Verständnis für die Dinge des Lebens beginnt und die
Grundlagen zu seinem Charakter gelegt werden sollten. Unter Suggestion
verstehen wir hier natürlich nicht die Bühnenkünste der Magnetiseure
und Hypnotiseure, noch die Einflüsse der sogenannten Scientisten, sondern
die den Kindern seitens der Eltern gemachte Eingebung solcher Gedanken,
die hilfreich und mit Gottes Wort vereinbar sind und den Willen des Kindes
erstarken lassen.
Die Bibel ist voll solcher Suggestion
(Anregung), jede richtige Predigt ist eine Anregung des Gedankens, dass
selbstische und sündhafte Gedanken und Handlungen uns die Ungnade Gottes
zuziehen und daher zu unserem Nachteile ausschlagen, dass aber liebevolle
Gedanken, Worte und Handlungen gesegnete Früchte für die anderen und uns
selbst, für die Gegenwart wie für die Zukunft, zur Reife bringen. Merke,
wie der Apostel, nachdem er dargetan, wie absichtliche Sünde den zweiten
Tod nach sich zieht, anregend fortfährt (Hebr. 10:39): „Wir aber sind
nicht von denen, die sich zurückziehen zum Verderben, sondern von denen,
die da glauben zur Errettung der Seele (Neuen Schöpfung).“ Die
Eingebungen der Scientisten dagegen sind eitel Lüge. „Es gibt“, sagen
sie, „keine Sünde, keine Krankheit, keinen Schmerz, keinen Tod“ -
mithin bedarf es keines Lösegeldes, keines Erlösers, keiner
Wiederherstellung. Zwischen diesen falschen Suggestionen und den vom Worte
Gottes und seinen heiligen Propheten gebotenen Anregungen ist ein großer
Unterschied. Denn nur letztere bieten die Wahrheit, reden von der Liebe
Gottes und seiner gnädigen Fürsorge in Christo Jesu zur völligen
Wiederherstellung aller, die ihm willig gehorchen, zum Heil für alle, die
es nicht mutwillig von sich stoßen.
Die Verwendung guter und wahrheitsgemäßer
Suggestion bei der Kindererziehung ist das Geheimnis des Erfolges, den
Eltern etwa haben können, und das gleiche Mittel kann von Leitern und
Vorstehern von Besserungs- und Strafanstalten bei ihren Pfleglingen
angewendet werden, was auch vielfach, wenn vielleicht auch unbewusst,
geschieht. Was sind Hoffnungen und löbliche Bestrebungen anders als
Suggestion? Wenn eine Mutter jeden Morgen mit fröhlichem Antlitz und
freundlich ihr Kind grüßt, so suggeriert sie damit dem Kinde das Glück,
dessen es für sein geistiges und körperliches Wohlbefinden bedarf. Wenn
sie zu ihm beim Anziehen von den kleinen Vöglein auf dem Baume draußen
spricht oder von der großen Sonne, die durchs Fenster leuchtet und alle
auffordert aufzustehen, gut und glücklich zu sein und noch mehr zu lernen
vom lieben Gott, und einer dem anderen zu helfen, so sind das alles
weitere Suggestionen, indes ein Klage über einen neuen Tag der Mühsal
Unbehagen und Unzufriedenheit suggerieren würde.
Regnet es und sieht der Tag trübe
durchs Fenster, so wird es die Sache nur verschlimmern, wenn nun anderen
auch trübselige Gedanken suggeriert werden. Regentage können für uns
auch Segenstage sein, und können es für andere werden, wenn wir es ihnen
suggerieren. Die Mutter sollte der Enttäuschung des Kindes zuvorkommen
durch Hinweise auf die Güte Gottes, der den Regen spendet zur Erfrischung
und zum Gedeihen der durstigen und bestaubten Pflanzenwelt, zur Speisung
der Quellen, aus denen Menschen und Vieh das Wasser schöpfen zum Trinken
und Waschen, damit wir sauber und glücklich seien und Gott dafür loben
und lieben und ihm dienen. Oder dem Kinde kann z.B. auch gesagt werden,
das sei ein trefflicher Tag zum Überwerfen des Regenmantels und zum
Anziehen der schweren Wasserstiefel, und wie dankbar wir sein sollten,
diese Kleidungsstücke zu haben und außerdem ein regenfestes Dach über
Schule und Haus. Oder man kann auch den Anlass zu folgender kleinen
Ansprache benutzen: „Mein Kindlein muss sich heute vor Schmutz und
Wasserpfützen in acht nehmen, damit es immer sauber aussieht und weder
ins Schulzimmer noch ins Elternhaus Schmutz hineinträgt. Schweinchen
lieben den Schmutz und müssen deshalb in einem Stalle verwahrt werden;
uns aber hat der liebe Gott gegeben, dass wir verstehen und lieben, was
schön und rein ist. Darum ist es nicht hübsch und macht dem lieben Gott
keine Ehre, wenn mein Kindlein es machen wollte wie ein Schweinchen. Es
ist erlaubt und ehrenhaft, bei einer nützlichen oder notwendigen Arbeit
schmutzig zu werden; aber niemand macht sich schmutziger als nötig oder
setzt sich zur Ruhe und Rast, bevor er sich gewaschen hat.“
Wir brauchen wohl nicht erst zu
betonen, wie vorteilhaft solche Anregungen sind; nicht nur für das Kind,
das sie empfängt, sondern auch für die Eltern, die sie geben. Wer sein
kleines Kind freundlich grüßt und heitere Gedanken in ihm anregt, muss
selbst schon heitere Gedanken in seinem Herzen gepflegt haben, und diese
heiteren Gedanken werden nicht nur den Kindern, sondern auch dem anderen
Ehegatten, den Untergebenen, den Nachbarn, den Haustieren, zugute kommen.
Schon der „natürliche“ Mensch kann seiner Umgebung in dieser Weise
zum Segen werden; in wie viel höherem Maße kann und sollte es bei Neuen
Schöpfungen der Fall sein, welche schon in diesem Leben, im Reiche des
Widersachers, von jenem Segen um sich streuen können, der in kurzem alle
Geschlechter auf Erden erreichen wird. In einem Haushalte, wo alle
bestrebt sind, einander heitere Gedanken zu suggerieren, da wird die
Unzufriedenheit schwerlich Wurzel schlagen.
Suggestion wird auch von Nutzen sein
zur Befolgung bestimmter Diät in gesunden und kranken Tagen. Niemals
sollten Schmerzen oder Leiden beim Kinde suggeriert werden; denn das Kind
wird sich in diesem Falle vorstellen, es sei kränker und leide mehr, als
es in Wirklichkeit der Fall ist. Darum sollten Schmerzen und Leiden nie
Gesprächsgegenstand sein, insonderheit nicht bei Tisch, wo jeder Gedanke
froh und gesund sein sollte. Zur Erhaltung der Gesundheit beim Kinde dient
in hohem Maße die fortgesetzte Suggestion des Glückes und Behagens, etwa
so: „Fühlt sich mein Liebling diesen Morgen auch glücklich? Liebt er
Papa und Mama und Schwesterchen und Brüderchen und Hündchen? Ja? Das ist
recht; ich hab’s mir’ s doch gedacht. Hat er auch Hunger mitgebracht für
sein Frühstück, den süßen Brei und Milch und Zwieback und Brot und
Butter? Ja? Nun, dann muss er sich hieran satt essen und ja nicht nach
unreifem Obst greifen; das gibt Aufruhr im Magen! Auch Gurkensalat ist
nicht gut für meinen Liebling; wenn solcher auf den Tisch kommt, dann
bekommt Liebling etwas Besonderes, wird das nicht hübsch sein? Zum
Gurkensalat aber sagt er: „Nein, danke“; Liebling soll gesund bleiben
und stark werden, wie es den lieben Gott und Papa und Mama freut.“ Das
ist gleichzeitig ein Stückchen Unterricht in der Selbstverleugnung und
Selbstzucht, die jeder im Leben so gut gebrauchen kann. Gott wünscht,
dass alle seine Kinder die Frucht „Sünde“ ablehnen und daher geistig
gesund bleiben und stark werden. Man darf dies dem Liebling auch sagen und
beifügen, dass sogar weltliche Menschen, die sich um den lieben Gott
nicht kümmern, jemanden als schwach betrachten, der Sklave seiner Esslust
ist. Dann werden Papa und Mama beobachten, wie die Willenskraft des
Lieblings sich entwickelt und erstarkt. Wie hoch Gott die
Selbstbeherrschung einschätzt, erhellt aus der Schriftstelle: „Besser
... wer seinen Geist (Willen) beherrscht, als wer eine Stadt erobert.“ -
Spr. 16:32
Auf sittlichem Gebiete ist die
Suggestion ebenso machtvoll wie auf gesundheitlichem. „Lasset uns Böses
tun“ und „Lasst uns Gutes tun“, sind wirksame Aufforderungen. Darum
sollte täglich vor den Kindern von Recht und Unrecht, Wahrheit und
Falschheit, Edelsinn und Gemeinheit die Rede sein und das Rechte, Wahre
und Edle in seiner wahren Größe als etwas dargestellt werden, was Gott
und den edelsten und besten Menschen gefällt. So errichtet man im Gemüt
des Kindes durch frühe und beständige Darbietung des Edlen und Wahren
ein Bollwerk gegen schlechte, unehrenhafte Aufführung überhaupt. Wenn
dann auch das betreffende Kind niemals durch die Wahrheit geheiligt,
niemals vom Geiste neu gezeugt wird, so ist doch in ihm der Grund zu einem
edlen Menschen gelegt. Wird es aber geheiligt und geistgezeugt, so wird
das Kind es um so leichter haben zum Dienste an der Sache Gottes, in
diesem wie im zukünftigen Leben.
Im Falle des Ungehorsams sollte das
Kind immer vom Standpunkte der Teilnahme und des Vertrauens in seine guten
Absichten getadelt oder bestraft werden. „Ich weiß, dass mein Liebling,
den ich so sehr lieb habe, und den glücklich zu machen und in Gott
wohlgefälliger Weise zu erziehen ich mich stetsfort bemühe, mir nicht
absichtlich ungehorsam gewesen ist. Ich bin sicher, dass der Ungehorsam
eine Folge der Nachahmung anderer gewesen ist, wobei der Wille nicht stark
genug war, zu tun, wie Mama es befohlen. Ich glaube, für diesmal will ich
verzeihen und nicht strafen; nur einen Gute-Nacht-Kuss beim Zubettgehen
kann ich dir nicht geben, das wird bewirken, dass du dich daran erinnerst.
Nun wirst du ein andermal dich um so mehr bemühen, zu tun, was ich
befohlen. Willst du nicht? Doch gewiss, nicht wahr?“ Beim zweiten
Ungehorsam muss ernster verfahren, aber niemals der Wunsch und die Absicht
des Kindes angezweifelt werden, brav zu sein. „Ich bin sehr betrübt,
dass mein Liebling wieder gefehlt hat. Ich weiß wohl, dass es nicht bös
gemeint war, aber es beweist doch, dass mein Liebling sich nicht selbst in
Zucht zu halten vermag. Da ist es nun meine Pflicht zu strafen, um dir zu
helfen, obwohl ich dich viel lieber durch Belohnung ermutigen möchte. Ich
zähle darauf, dass ich in kurzem mich mit dir darüber freuen kann, dass
du der Versuchung widerstanden hast. Dein Ungehorsam ist nicht nur
augenblicklich unrecht, sondern er könnte böse Früchte tragen für spätere
Jahre: wenn du jetzt nicht „nein“ sagen lernst, so wirst du es, wenn
ernste Versuchungen an dich herantreten, eben auch nicht können. Aber ich
rechne darauf, dass meine Liebe und mein Vertrauen zu dir und meine
Belehrungen Früchte tragen werden. Gedenke, mein Kind, dass auch unsere
Verfehlungen, wie in diesem Falle, uns warnen und antreiben, besser auf
der Hut zu sein. Wir wollen jetzt zusammen vor dem Herrn niederknien und
ihn um seinen Segen bitten, damit die diesmalige Vergehung eine gründliche
Belehrung dafür sei, dass bei einer künftigen Versuchung dein Verhalten
anders sein muss, wenn es dem lieben Gott gefallen soll.“
In allen Suggestionen sollte von Gott
die Rede sein, denn „die Furcht Gottes ist der Weisheit Anfang.“
Wandsprüche in allen Zimmern sollten Eltern und Kinder und Besucher beständig
daran erinnern, dass in diesem Hause des Herrn Maßstab allein anerkannt
wird, dass der Herr zu allem etwas zu sagen hat, dass Gott „für uns“
ist, für seine Neugezeugten, für alle, die in aller Demut das Rechte
suchen.
Unsere
Kinder während der großen Drangsal
Diejenigen unter den Neuen Schöpfungen
der jetzigen Generation, welche davon überzeugt sind, dass wir in der
„Ernte“ leben, dass der Weizen in die Scheune gesammelt wird, und die
große Drangsal für die Welt, insbesondere für die Namenchristenheit,
nahe bevorsteht, beschäftigen sich in ihren Gedanken viel und oft mit
ihren Kindern und möchten sich gerne darüber klar werden, in welcher
Weise für sie wohl am besten gesorgt sei in jener Drangsalszeit. Da sie
alle Bevölkerungsschichten ereilen und alle wirtschaftlichen,
gesellschaftlichen, kirchlichen und staatlichen Einrichtungen
hinwegschwemmen wird, so wäre es von uns nicht vernünftig, anzunehmen,
dass unsere Kinder durch irgendein Wunder nichts davon zu sehen oder zu
schmecken bekämen, oder dass sie in irgendeinem Lande davor sicher wären.
Zu der Zeit, da die Menschen ihr Silber und Gold auf die Straßen werfen
werden und es nicht imstande sein wird, ihnen zu helfen (Hes. 7:19; Zeph.
1:18), werden gemünztes Geld, Banknoten oder Schuldscheine wohl ziemlich
wertlos sein und weder Schutz noch Trost noch Bequemlichkeit verschaffen können.
Dass es auf dem Lande, wo man hoffen könnte, doch wenigstens Nahrung zu
finden, nicht viel besser aussehen dürfte, erhellt aus der Aussage der
Schrift, dass kein Friede sein werde mit dem, der geht, noch mit dem, der
kommt, und dass eines jeglichen Hand wider seinen Nächsten sein werde. -
Sach. 8:10
Nur eine Verheißung scheint sich auf
diesen Gegenstand zu beziehen und allen denen zu gelten, die sanftmütigen
Herzens sind und die Gerechtigkeit lieben. Dies sollte bei allen
vollentwickelten Kindern der Neuen Schöpfung der Fall sein, die
pflichtgemäß in den Vorschriften des Wortes Gottes unterrichtet worden
sind. Diese Verheißung lautet: „Suchet Gerechtigkeit, suchet Demut,
vielleicht werdet ihr geborgen am Tages des Zornes Jehovas .“ - Zeph.
2:3
Christlichen Eltern macht zuweilen der
Gedanke das Herz schwer, ihre Lieben zu verlassen, wenn sie auch voll
darauf vertrauen, dass sie sogleich bei dem Herrn und seinen Heiligen sein
und mit Macht und Herrlichkeit bekleidet sein werden, sobald sie durch den
Vorhang gegangen sind. Solcher Kummer legt sich dann zuweilen auf die neue
Gesinnung und lässt den Wunsch entstehen, doch bei den Seinen bleiben zu
dürfen, um ihnen auch fernerhin mit Rat und Tat beizustehen. Solche
sollten bedenken, dass, nachdem sie dem Herrn ihr Alles anheim gestellt,
der Herr auch für alles sorgen werde, was mit dem Leben auf dieser Erde
zusammenhängt. Je besser sie die Länge und Breite und Höhe und Tiefe
des Liebe Gottes erkennen, dank welcher der Segen Abrahams mit der Zeit
ein jegliches Glied des Menschengeschlechtes erreichen wird, um so größer
wird auch ihr Vertrauen auf den Herrn werden, um so ruhiger werden sie ihm
auch die Sorge für die Ihrigen überlassen. Zudem sollten sie daran
denken, dass sie selbst jenseits des Vorhanges nicht verminderte, sondern
vermehrte Gelegenheit und Fähigkeit haben werden, über die Ihrigen zu
wachen, indem sie es alsdann mit göttlicher Weisheit tun können.
Das Beste, was jetzt also von den Neuen
Schöpfungen für ihre Kinder nach dem Fleische getan werden kann, ist
eine richtige, zeitgemäße Erziehung, bestehend in einem guten
Volksschulunterricht und einer sehr sorgfältigen und gründlichen
Belehrung über die Dinge Gottes. Die Kinder sollen Ehrerbietung bekommen
vor Gott und seinem Worte, an seine Verheißungen glauben lernen und sich
alle die Eigenschaften aneignen, welche zusammen die Nächstenliebe
ausmachen. Solche Kinder sind reich, auch wenn sie ohne einen einzigen
Taler irdischen Reichtums hinterbleiben, weil sie im Herzen und Gemüt
einen Reichtum besitzen, den weder Motten noch Rost fressen, noch
weltweite Anarchie oder sonst etwas ihnen rauben können. Sie werden, wie
der Apostel es ausdrückt, reich sein in Gott; denn „Gottseligkeit mit
Genügsamkeit ist ein großer Gewinn“, großer Reichtum. Wenn Neue Schöpfungen
in dieser Weise sich ernstlich bestreben, ihre Kinder gut auszurüsten,
sowohl für die jetzige Zeit als auch für das neue Zeitalter, so können
sie getrost alle Sorgen über zeitliche Dinge begraben und sich dessen
erinnern, dass der Herr, welcher bis hierher geholfen, imstande und
willens ist, in der jetzigen wie in der zukünftigen Zeit zu sorgen für
alle, die ihn lieb haben und auf ihn trauen.
Geeignete
Vergnügungen
Lachen und Spaßen sind Elemente
unserer menschlichen Natur, die nur zu oft auf Kosten der ernsteren und nützlicheren
Eigenschaften gepflegt werden. Es ist für kleine Kinder ein großer
Schade, stets zum Lachen gereizt zu werden; denn das zerstört die
Zufriedenheit und führt in kurzem dazu, dass sie weinen, wenn sie nicht
unterhalten werden. Der Idee, man müsse die Kinder amüsieren, wird oft
auch dann noch nachgelebt, wenn dieselben groß genug wären, sich durch
Aneignung von Kenntnissen mittelst Lektüre und Fragen an die Eltern
selber zu unterhalten. Dies zieht eine Vergnügungssucht groß, welche später
das Theater oder gar die blöden Clownspäße zum Bedürfnis macht. Neue
Schöpfungen sollten gleich von Anfang an ihre Kinder dazu anregen,
Mithandelnde zu werden im großen Drama des Lebens, ihrer Unwürdiges zu
verabscheuen und so Großes und Nützliches zu vollbringen, wie ihre Gaben
und Gelegenheiten es gestatten.
Verheiratung
der Kinder der Neuen Schöpfungen
Der an die Neuen Schöpfungen
gerichtete Rat des Apostels: „Wer nicht heiratet, tut besser“ gilt
nicht für die Kinder der Neuen Schöpfungen, solange diese Kinder sich
nicht selbst geweiht haben. Von solchen gilt vielmehr, was der Apostel in
1. Tim. 5:14 schreibt: „Ich will nun, dass jüngere („Witwen“ fehlt
im griechischen Text) (die zwar als glaubend zum Haushalt gezählt werden,
aber weder geweiht noch geheiligt sind) heiraten, Kinder gebären,
Haushaltung führen (und so) dem Widersacher keinen Anlass zur Lästerung
geben.“
Manche Neuen Schöpfungen irren,
glauben wir, in diesem Punkte ernstlich, wenn auch unabsichtlich.
Angesichts des Umstandes, dass das Heiraten nicht nur vermehrte
Verantwortlichkeit, sondern in vielen Fällen auch Enttäuschungen, Sorgen
und Herzeleid einträgt, möchten sie dies ihren Söhnen und Töchtern
ersparen. Wenn diese aber das heiratsfähige Alter erreicht haben, ohne
ihr Herz dem himmlischen Bräutigam verlobt zu haben, so werden sie auch
die Weisheit des Apostels nicht zu würdigen imstande sein, welche vom
Heiraten nur sagt, es sei besser als „Brunst zu leiden“.
Lasst uns bedenken, dass die Ehe schon
für den sündlosen Menschen eingesetzt war, mithin eine göttliche
Einrichtung ist. Am Missbrauch derselben ist nicht die Einrichtung,
sondern der Mensch schuld. Darum ermahnt der Apostel: „Die Ehe sei
geehrt unter allen und das (Ehe-)Bett unbefleckt; Hurer aber und
Ehebrecher wird Gott richten.“ - Hebr. 13:4
Es ist ganz natürlich, dass erwachsene
Kinder keineswegs dahin neigen, darin auf den Rat der Eltern, selbst der
besten, zu hören. Diese haben ihnen übrigens selbst das Beispiel des
Heiratens gegeben. Wenn die Kinder nicht auf den Rat des Herrn hören,
sich ihm zu weihen, sondern aus Erfahrung statt aus bloßen Vorschriften
belehrt zu werden wünschen, so ist es besser, dass sie damit möglichst
frühe beginnen. Viele lehrreiche Erfahrungen können übrigens am besten
in der Ehe gemacht werden. Damit dies nun auch geschehe, müssen die
jungen Eheleute ermuntert (ja nicht davon abgehalten) werden, einen
eigenen, vom Elternhause getrennten Herd zu gründen. Um so rascher lernen
sie dann den Wert der Selbständigkeit, des Mutes, der Geduld und Verträglichkeit,
der gemeinsamen Arbeit kennen.
Um deswillen, was der Apostel (1. Kor.
7:26) als die „gegenwärtige Not“ bezeichnet, sind wir sogar für frühes
Heiraten. 21 Jahre für den Mann und 18 Jahre für die Frau, erscheint
uns, ist reiferem Alter vorzuziehen, wo dann Gewohnheiten im Denken und
Handeln zu starr geworden sind. Die jungen Eheleute sollten ineinander
hineinwachsen, und darum ist es wünschenswert, dass noch einige
Schmiegsamkeit vorhanden ist. Dies sollte insbesondere bei der jungen Frau
der Fall sein, welche nur einen Mann heiraten sollte, vor dem sie Respekt
haben, zu dem sie aufblicken und dem sie, sofern er gerechte Grundsätze
anerkennt, mit Freuden unterworfen sein kann. Auch wird sie in jüngeren
Jahren ihren Teil des Fluches (1. Mose 3:16) leichter ertragen. Von großem
erzieherischem Werte ist ferner für den Erwachsenen die Notwendigkeit, für
seine Kinder zu sorgen, und die Aufgabe, sie zu erziehen. Diese Umstände
mögen sie rascher als viele andere dem himmlischen Vater zuführen, und
etwas Besseres als das können ja Neue Schöpfungen für ihre Kinder gar
nicht wünschen.
Weise Eltern werden mithin nicht
versuchen, dem naturgemäßen Wunsche ihrer Kinder, zu heiraten,
entgegenzutreten; vielmehr werden sie ihnen behilflich sein, eine richtige
Wahl zu treffen. War die Erziehung vorher eine richtige, so werden die
Kinder in dieser wichtigen Angelegenheit ihres Lebens den Rat der Eltern
nicht in den Wind schlagen. Doch muss dieser Rat auf die vorhandenen
Tatsachen abstellen und nichts anderes wünschen, als dass ungläubig mit
ungläubig, gerechtfertigt mit gerechtfertigt, geweiht mit geweiht
heirate. Mit anderen Worten: Wenn Söhne oder Töchter von Neuen Schöpfungen
ungeweiht sind, dann dürfen die Eltern nicht versuchen, eine Heirat
derselben mit Neuen Schöpfungen herbeizuführen, die „nur im Herrn“
heiraten sollen, sondern verstehen, dass eine so ungleiche Heirat aller
Wahrscheinlichkeit nach für beide nachteilig wäre und jedenfalls dem
Gebote des Herrn an sein Volk zuwiderlaufen würde, „nur im Herrn“ zu
heiraten.
Gesundheitliche
Maßregeln
Eltern werden gut daran tun, sich zu
erinnern, dass, wie die Reinlichkeit des Leibes den Kindern hilft, ihre
Herzen rein zu erhalten, so auch körperliche Gesundheit sehr zur
Gesunderhaltung der Gesinnung mithilft. Jede Neue Schöpfung sollte dank
ihres Geistes „eines gesunden Sinnes“ verständig genug sein, ihre
Kinder so anzuleiten, dass deren Gesundheit auf die Stufe gehoben und auf
ihr erhalten bleibt, welche der körperlichen Beschaffenheit entspricht.
Reine Luft, reines Wasser, reine Nahrung und reine Übung des Leibes und
des Geistes gehören zu den besten Mitteln, welche wir von unseren Eltern
ererbt und auf unsere Nachkommen vererbt haben.
Das sollten alle Eltern wissen, dass trübe
Luft nicht frische Luft ist und, soweit dies mittelst Lüftung erreichbar
ist, diese von den Lungen ferngehalten werden sollte, dass dagegen soviel
wie möglich sonnendurchstrahlte Luft der Wohnung zugeführt und ein schwächliches
Kind weder morgens zu früh noch abends zu spät draußen gelassen werden
sollte, weil in diesem Moment die Atmosphäre zu feucht ist. Eltern
sollten auf größte Reinlichkeit der Tisch- und Küchengeräte halten und
das nötige Wasser dazu nicht sparen; das entwickelt in den Kindern den
Sinn für Reinlichkeit. Sie sollten einem jeden Kinde eine kleine Arbeit
im Hause zuweisen, die seinen Jahren und Fähigkeiten angemessen ist und
Leib und Geist gleichzeitig beschäftigt, und dann darauf sehen, dass
diese Arbeit pünktlich verrichtet werde. Was das Kind liest und studiert
wie auch seine körperliche Arbeit sollte genau beaufsichtigt werden; ein
Wechsel darin ist auch sehr vorteilhaft und fördert gleichmäßige
Aufbauung der verschiedenen geistigen und körperlichen Eigenschaften,
welche für das Leben von großer Wichtigkeit sind. Das Kind sollte das
Interesse fühlen, das ihm die Eltern entgegenbringen, und sollte wissen,
dass dieses Interesse aus der Liebe kommt, göttliche Vorschrift ist und
sein späteres Wohlergehen im Auge hat.
Sehr verbreitet und eingewurzelt sind
manche irrige Anschauungen über die Ernährung, was an vielen Leiden des
Leibes und des Geistes schuld ist. Wir wollen hier einen kleinen Überblick
über den Nährwert der verschiedenen Speisen geben und teilen dieselben
in drei Klassen:
1. Die stickstoffreichen Speisen
(Fleisch, Fische, Eier, Bohnen, Erbsen) bilden Muskeln und Sehnen. Hiervon
sollte ein Erwachsener mit Durchschnittsarbeit täglich etwa 150 Gramm
essen; Kinder entsprechend weniger. Zu langes Kochen der Speisen
vermindert ihren Wert.
2.
Die zucker- und stärkereichen Speisen (Weizen, Hafer, Reis, Kartoffeln
und die daraus hergestellten Nahrungsmittel, Brot, Zwieback usw.) bilden
die Nerven und fördern mithin die Lebhaftigkeit und Lebenstätigkeit. Die
daraus hergestellten Speisen müssen gut durchgekocht und nie aufgewärmt
sein, wenn sie ihren vollen Nährwert behalten und leicht verdaulich
bleiben sollen. Unsere Zeit zehrt viel gewaltiger an der Nerven- als an
der Muskelkraft, und deshalb sollten Speisen dieser Art viel reichlicher
genossen werden als die unter 1. genannten. Für einen Erwachsenen sind
570 Gramm täglich das richtige Maß, Kinder bei starkem Wachsen bedürfen
etwas mehr als den ihrer Größe entsprechenden Bruchteil, wegen der
intensiven Tätigkeit ihres Leibes und ihres Geistes.
3. Die Früchte und Gemüse endlich
haben einen großen Wert. Sie helfen zum Bau der Knochen, spülen die
Verdauungsorgane, verhindern die Bildung von Klumpen aus den festeren
Speisen und verhüten daher die aus Magenstörungen herrührenden Gemütsdepressionen.
Je süßer eine Frucht, um so nahrhafter ist sie; je saurer, um so mehr spült
sie und reinigt sie das Blut. In die erste Kategorie gehören süße Äpfel,
Rüben usw., in die letztere Orangen, Zitronen, Trauben, saure Äpfel,
Johannisbeeren usw.
Von Flüssigkeiten (Milch, Suppe) und
wasserhaltigen Früchten und Gemüse und reinem Wasser selbst zusammen
sollte ein Erwachsener täglich mindestens zweieinhalbe Kilogramm zu sich
nehmen, Kinder dementsprechend weniger. Wasser bei den Mahlzeiten zu
trinken, ist überflüssig, weil die festen Speisen schon genügend Wasser
enthalten. Es ist besser, man trinkt Wasser erst eine bis zwei Stunden
nach der Mahlzeit.
Aus obigem geht hervor, dass meist viel
zu viel wasserhaltige Nahrung genossen wird. Ferner muss noch erwähnt
werden, dass gewisse stärkereiche Nahrungsmittel (Weizen, Mais, Hafer
usw.) auch stickstoffreich sind, billigen Ersatz für Fleisch darstellen,
wo die Verhältnisse oder Grundsätze den Fleischgenuss verbieten, und
daher die Familie geistig und körperlich gesund und kräftig erhalten.
Unrichtiges Verhältnis zwischen diesen
verschiedenen Nahrungsmitteln gefährdet die Gesundheit. Essen wir zuviel,
so gibt es zuviel Blut, und wir leiden an Herzklopfen, Wallungen, Kopfweh,
dunklem Zungenbelag usw. und werden für Erkältungen sehr zugänglich,
die dann Schnupfen und Katarrh herbeiführen. Essen wir zu wenig, so
werden wir schwach, reizbar, bekommen weißen Zungenbelag und erkälten
uns auch wieder leicht. Kinder sollten dazu angehalten werden, auf solche
Anzeichen zu achten und sich bei Tisch demgemäss zu verhalten, um
Krankheiten im Keime zu ersticken und überhaupt zu verhüten; das lehrt
Innehalten eines richtigen Maßes beim Essen. Da aber nicht alle Kinder in
diesem Punkte verständig genug sind, sollten Eltern, welche durch Gottes
Gnade den Geist eines gesunden Sinnes haben, die Speisen in richtigem Verhältnis
und abwechselnd beschaffen, damit bei Tisch nicht ausgewählt werden muss.
Mit obigen Ratschlägen beabsichtigen
wir keineswegs, die Gedanken der Neuen Schöpfung von der geistigen
Nahrung abzulenken und auf die leibliche Gesundheit und die Frage „Was
sollen wir essen? Was sollen wir trinken?“ zu richten. Nein, wir
trachten zuerst nach dem Geistigen; aber wenn auch unsere Gedanken und
Gespräche mit dem Geistigen beschäftigt sind, so bleibt es doch unsere
Pflicht, in so verständiger Weise wie möglich, für unsere Kinder Sorge
zu tragen, welche Gott unserer Obhut anvertraut hat.
Zum Schluss ein Wort über das
Verhalten bei Tisch. Pferde und Vieh fressen anscheinend, ohne etwas dabei
zu denken. Es gibt auch Menschen, die verkommen genug sind, sich auch so
zu verhalten. Aber das sind glücklicherweise Ausnahmen; in der Regel regt
bei den meisten Menschen eine gemeinsame Mahlzeit angenehme und
unangenehme Gefühle an: Liebe, Freude, Friede, Hoffnung usw. oder Zorn,
Hass, Streit usw. Nun hat dies seine Rückwirkung auf die Verdauung: Böse
Stimmungen stören, gute fördern die Verdauung. Neue Schöpfungen können
sich innerlich den Frieden Gottes erhalten, auch wenn die äußeren Umstände
recht widrig sind. Gewöhnliche Menschen aber werden durch äußere Umstände
stark beeinflusst. Ist mithin eine Neue Schöpfung ein verantwortliches
Familienhaupt, so muss sie darauf achten, dass der Friede beim Mahle
dadurch erhalten bleibt, dass interessante und lehrreiche, wenn nicht
religiöse Gespräche geführt werden.
Nachdem wir unserer Kinder Gesundheit
dem Herrn anheim gestellt haben, sollten wir dessen gewiss sein, dass wir
die von uns ihm dargereichten Mittel zur Pflege und Erhaltung derselben
nach bestem Wissen und Gewissen anwenden. Nur wenn wir dies tun, dürfen
wir uns mit der Zusicherung trösten, dass alle Dinge zu unserem Guten
mitwirken.