SCHRIFTSTUDIEN
BAND
6 - DIE NEUE SCHÖPFUNG
Studie
16
Das
Erbteil der Neuen Schöpfung
im
gegenwärtigen Leben.
Eine Vorfrucht des Geistes.
— Wahre anstatt trügerischer
Hoffnung. —
„Unsere“ Hoffnung. —
Der
Schächer im Paradiese. —
Pauli „ernstliches Verlangen“. —
Unsere „irdische
Hütte“ und unsere „himmlische Behausung“. —
Die Verklärung. —
Der
erste, der auferstehen sollte aus den Toten. —
Freuden der Neuen Schöpfung
im gegenwärtigen Leben. —
„Bittet, und ihr werdet empfangen, auf dass
eure Freude völlig werde.“ —
Der Glaube eine Frucht des Geistes und ein
Teil des Erbgutes der Neuen Schöpfung.
Nicht alle Güter der Neuen Schöpfung
liegen in der Zukunft, jenseits des Vorhanges. Eine Vorfrucht des Geistes,
ein Vorgeschmack der Güter des zukünftigen Zeitalters, ist den Neuen Schöpfungen
schon jetzt gewährt. Dazu gehören die verschiedenen Gnadengaben des
Heiligen Geistes (die Begleiterscheinungen der heiligen Gesinnung): Glaube,
Hoffnung, Freude, Friede, Liebe usw. Auf den Einwand, diese Güter seine
nicht greifbar, nicht tatsächlich, antworten wir, dass sie ebenso tatsächlich,
wenn auch nicht greifbar sind wie die Neuen Schöpfungen selbst, und dass
sie um so mehr wachsen, je mehr die Neuen Schöpfungen wachsen und
erstarken. Hoffnung, Liebe usw. auch der natürlichen Menschen, die dem
Greifbaren nachjagen, werden von jenen als großer Segen empfunden, auch
wenn ihr Gegenstand irdischer Natur ist. Die Neuen Schöpfungen aber
gewahren, nachdem sie irdische Hoffnungen usw. gegen die himmlischen
ausgetauscht haben, dass diese letzteren noch viel köstlicher sind als
die darangegebenen. Irdische Liebe ist oftmals unbeständig, meist selbstsüchtig.
Irdische Hoffnung ist gewöhnlich von kurzer Dauer oder überhaupt trügerisch.
Irdische Freuden sind stets vergänglich. Irdische Bestrebungen werden
selten verwirklicht, und wem dieser große Wurf gelingt, der schmeckt
gleichwohl den Wermutstropfen der Vergänglichkeit im vollen Freudenbecher.
Dennoch jagt die Welt allen diesen Zielen nach, und wir alle sind Zeugen
davon, dass die Genugtuung im Nachjagen liegt, und dass ein Stück Enttäuschung
jeden erwartet, der ein verfolgtes Ziel erreicht.
Anders verhält es sich mit der Neuen
Schöpfung. Ihre Hoffnung, Liebe, Freude und ihr Streben wachsen stetsfort,
erhalten stets Nahrung von den außerordentlich großen und köstlichen
Verheißungen des Wortes Gottes. Und diese bringen nicht Enttäuschung,
sondern volle Befriedigung; der Friede mit Gott, der alles Verstehen übersteigt,
erfüllt ihr Herz mehr und mehr, je mehr die Augen ihres Glaubens aufgehen
und die Länge und Breite und Höhe und Tiefe der Weisheit und Liebe
Gottes, dessen größte Verheißungen in Jesu Christo, ihrem Herrn ihr
Erbteil sind, gewahren.
Dieses verheißene Land, in welches die
Neuen Schöpfungen im Augenblick ihrer Weihung, da sie den Geist der
Sohnschaft (die Gesinnung von Hausgenossen, Familienangehörigen Gottes)
empfangen, gerechneterweise eintreten, ist ein Land, das von Milch und
Honig fließt. Freilich muss es erstritten und gegen äußere und innere
Feinde verteidigt werden; aber jeder erfochtene Sieg bringt Freude und
Friede, ja auch die Niederlagen werden unter göttlicher Führung Quellen
neuer Hoffnung, neuen Glaubens, neuer Freude in dem, welcher will, dass
alle Dinge denen, die ihn lieben, zum Guten mitwirken.
Wahre
und trügerische Hoffnungen
Der Apostel macht uns aufmerksam auf
die Tatsache, dass Satan der Neuen Schöpfung Schaden zuzufügen sucht,
indem er die Gestalt eines Engels des Lichtes annimmt. Von denen, die
bekennen, dass sie gezeugt sind vom Licht der Wahrheit, vom Heiligen
Geiste, merkt der Widersacher, dass sie nahe daran sind, der Finsternis,
dem Aberglauben, der Täuscherei, in denen er die Menschheit gefangen hält,
zu entrinnen. So setzt er denn eine neue Maske auf, versucht nicht mehr
Aberglauben und Finsternis zur Annahme zu bringen, sondern gibt vor, er könne
dem Lichtbedürfnis der einmal Erleuchteten mit mehr Licht entsprechen.
Sind wir auch in diesem speziellen Punkte besonders jetzt auf unserer Hut,
wo helleres Licht leuchtet, so dürfen wir doch nicht vergessen, dass
Satan, seit der Apostel seine Warnung niedergeschrieben hat, beständig in
dieser Richtung tätig gewesen ist. Spuren davon sind deutlich erkennbar
in den verschiedenen Glaubensbekenntnissen der Namenchristenheit, welche
zwar den Bemühungen ihrer Verfasser, der Finsternis zu entrinnen,
entsprachen, aber voller Irrlehren und trügerischer Hoffnungen sind. Sie
beanspruchen, dem Christen eine Hilfe zu sein, Gott zu ehren, sein Wort
auszulegen, sind aber in Wirklichkeit Fallen und Fesseln, welche nur eine
richtige Erkenntnis der Wahrheit verhindern. Gottes wunderbarer,
liebevoller Gnadenvorkehrung, die in jedem Stück so verständlich ist,
hat der Widersacher Trugbilder gegenübergestellt, welche dem vom Fall
beschädigten menschlichen Fassungsvermögen auf den ersten Blick großartiger
erscheinen als die Wahrheit. Allein jeder Irrtum führt von der Wahrheit,
vom Plane Gottes, von der Schlichtheit der guten Botschaft weiter und
weiter hinweg und hinein in Begriffsverwirrung, Aberglauben und
Priesterbetrug.
Die erste Stelle unter den trügerischen
Hoffnungen nimmt die Hoffnung ein, dass die Menschen, wenn sie sterben,
nicht tot seien, sondern vielmehr lebendiger als zuvor. Diese Hoffnung hat
der Widersacher eingeschmuggelt, um sie der schriftgemäßen Hoffnung auf
eine Auferstehung der Toten entgegenzuhalten. Die eine oder die andere
dieser Hoffnungen muss trügerisch sein. Dem Widersacher ist es gelungen,
die von ihm erweckte Hoffnung, welche von der Schrift nicht gestützt wird,
(aus dem zivilisierten Heidentum) in die Namenchristenheit hinüberzuschmuggeln
und dort bei vielen als echte Ware zur Annahme zu bringen, obwohl sie mit
der Lehre der Schrift von der Auferstehung der Toten im schärfsten
Widerspruch steht, sintemal wenn es Tote überhaupt nicht gibt, es auch
keine Auferstehung der Toten geben kann.
Eine andere
trügerische Hoffnung bezieht sich auf den Zeitpunkt der Belohnung der
Getreuen des Herrn. Der Widersacher hat die Namenkirche mit dem Irrtum zu
täuschen vermocht, dass die Glaubenden nicht auf die Auferstehung warten
müssten, um ihre Belohnung zu empfangen, dass sie nicht tot seien,
sondern durch das Tor des Todes statt durch das Tor der Auferstehung zu
ihrer zukünftigen Bestimmung hingelangen.
Solche trügerischen Hoffnungen gleich
allen anderen falschen Dingen sind schädlich, wenn sie auch auf den
ersten Blick etwas Bestechendes haben. Das Wort Gottes allein muss unser Führer
sein; es lehrt uns, dass unsere Hoffnung auf zukünftige Belohnung, die
Herrlichkeit usw., einzig und allein auf der Auferstehung der Toten beruht.
Die unbegründete Erwartung, dass für
die Kinder Gottes der Augenblick des Sterbens zugleich der ihrer
Verherrlichung oder ihrer Himmelfahrt sei, eine Erwartung, die nicht nur
allen Tatsachen und Umständen, auf welche die menschliche Vernunft
verwiesen werden kann, sondern auch einer großen Menge von Zeugnissen der
Schrift widerspricht, in denen die Auferstehung in die Zeit der zweiten
Gegenwart des Herrn verlegt wird, hat dem Volke Gottes sehr geschadet,
indem es seine Aufmerksamkeit vom Worte Gottes und den darin erweckten
Hoffnungen, die mit dem gesunden Menschenverstand und den uns umgebenden
Tatsachen vereinbar sind, abzieht.
Es kann hier der Einwand erhoben werden,
dass wir in den „Schriftstudien“ gerade die Hoffnung erwecken, dass
die letzten Glieder der Neuen Schöpfung im Augenblicke des Sterbens zu
himmlischer Herrlichkeit verwandelt werden. Dies gilt aber eben nach dem
Zeugnis der Schrift nur für die letzten Glieder der Herauswahl (seit
1878, da die Toten in Christo zuerst auferstanden sind). Wir sind
keineswegs der Meinung, dass alle Menschen oder auch nur alle Neuen Schöpfungen
im Augenblicke ihres Sterbens verwandelt worden seien; wir glauben
vielmehr der Schrift, sowohl, wenn sie bezeugt, dass die Neuen Schöpfungen
in Christo geschlafen haben, als auch wenn sie bezeugt, dass sie bei der
zweiten Gegenwart wieder erwachen, auferstehen sollen. Auf Gottes Wort stützt
sich auch unsere Hoffnung, dass wir bereits im Anbruch dieses Tages leben,
dass Immanuel gegenwärtig und mit der Aufrichtung seines Reiches auf
Erden beschäftigt ist; dass der erste Teil dieses seines Werkes im
Abrechnen mit seinen Knechten besteht, wie er in den Gleichnissen, in
denen versinnbildlicht wird, was er bei der Übernahme seiner Regierung
auf Erden tun werde, deutlich zu verstehen gibt. Diese Gleichnisse zeigen,
dass er seine eigenen Knechte, denen er seine Pfunde anvertraut hat, erst
herzurufen und mit ihnen abrechnen wird, bevor er mit der Welt abzurechnen
beginnt. - Luk. 19:15; Matth. 25:14, 19
Das Gericht, die Abrechnung, geschieht
zuerst mit dem Hause Gottes, der Herauswahl, der Neuen Schöpfung, und wie
wir in Band 2, Kap. 7, gezeigt haben, bezeichnete das Jahr 1878 die Zeit,
in welcher die Toten in Christo zuerst auferstehen sollten. Demnach,
erachten wir, sind die Apostel und die getreuen Heiligen der früheren
Jahrhunderte nunmehr verherrlicht, im Besitz ihrer herrlichen geistigen
Leiber, ihrem Herrn und Meister gleich und daher für uns unsichtbar,
jenseits des Vorhanges. Demnach, erachten wir weiter, brauchen die noch im
Fleische lebenden Glieder der Neuen Schöpfung „von nun an“ nicht mehr
zu schlafen, d.h. nicht mehr zu warten auf die Zeit der Aufrichtung des Königreiches,
weil der König und sein Reich bereits gegenwärtig sind, das Werk des
neuen Zeitalters, die Neubelebung, bereits begonnen hat, der größte Teil
der Neuen Schöpfungen bereits verherrlicht ist. „Wir, die wir leben und
übrigbleiben“, ergänzen nur noch in unserem Fleische, was noch rückständig
ist von den Drangsalen des Christus, werden nur noch fertig zubereitet für
unseren Anteil an der ersten Auferstehung, welche in augenblicklicher (wenn
auch dem Fleischesauge nicht wahrnehmbarer) Verwandlung oder Überkleidung,
im sofortigen Eintausch des geistigen Leibes für den sterbenden irdischen
Leib, besteht. - 2. Kor. 5:1; 1. Thess. 4:17
Die
vorangegang’nen Brüder sind erhöht;
Bald
von uns der letzte durch den Vorhang geht.
Bei
der Betrachtung unseres Gegenstandes müssen wir jedoch unsere
Hauptaufmerksamkeit nicht auf die besondere Hoffnung, welche ausschließlich
für die „Erntezeit“ gilt, richten, sondern wir müssen unser
Augenmerk zuerst auf die gemeinsamen Hoffnungen der Neuen Schöpfungen
aller Generationen richten. Wir wollen diese Hoffnungen im Worte Gottes
suchen und uns alsdann nicht dadurch verwirren lassen, dass sie so ganz
anders sind als die, in welchen sich die Namenchristenheit wiegt. Sie gibt
zwar in ihren Glaubensformeln vor, an eine Wiederkunft Christi und an eine
Auferstehung der Toten zu glauben, aber der Inhalt ihres Glaubens ist in
Wahrheit ein anderer, sodass der Verdacht nahe liegt, dass sie mit leeren
Worten den Schein aufrecht erhalten möchten, ihr Glaube sei schriftgemäß.
Denn die beiden erwähnten Punkte sind nicht, was die Namenchristenheit
hofft, sondern was sie fürchtet. Sie fürchtet sich vielmehr vor
der Wiederkunft Christi, als sie darauf hofft, und sie fürchtet sich vor
der Auferstehung der Toten viel mehr, als sie darauf hofft. Sie fürchtet
sich davor, weil der große Widersacher sie irregeleitet und sie glauben
gemacht hat, die Wiederkunft Christi mache jeglichem Erbarmen, jeglicher
Prüfung, jeglicher Hoffnung ein Ende, während die Schrift, wenn sie nur
darin forschen wollten, sie darüber belehren würde, dass diese
Wiederkunft des Herrn den Zeitpunkt markiert, an welchem die Segnung aller
Geschlechter auf Erden anfangen soll.
Auch die Auferstehung ist zum
Schreckensgegenstand geworden, weil die Lehren der Dämonen die Menschen
auf den sonderbaren Gedanken gebracht haben, der Lebensodem (Geist) sei
ein Wesen, das unabhängig vom Leib eine bewusste Existenz haben könne,
der Leib sei sein Gefängnis, aus dem es beim Sterben entrinne und in das
zurückzukehren eine Strafe für ihn wäre.
So haben menschliche Überlieferungen
das Wort Gottes, unter Anleitung des großen Widersachers, der jetzt noch
so viele verblendet, seines Inhaltes beraubt.
Lasst uns nun die Zeugnisse der Schrift
betrachten, und wir werden gewahr werden, wie deutlich und ausdrücklich
sie auf die Wiederkunft Christi und die Auferstehung wie auf die Hoffnung
der Neuen Schöpfung, aber auch der Welt im allgemeinen, hinweisen.
„Deshalb
umgürtet die Lenden eurer Gesinnung, seid nüchtern und hoffet völlig
auf die Gnade, die euch gebracht wird bei der Offenbarung Jesu Christi.“
- 1. Petr. 1:13
„Auch wir selbst, die wir die
Erstlinge (d.h. Frühfrüchte) des Geistes haben, auch wir selbst seufzen
in uns selbst, erwartend die Sohnschaft (die göttliche Natur) die Erlösung
unseres Leibes (d.h. der Kirche, des Leibes Christi). Denn in Hoffnung
sind wir errettet worden (noch nicht tatsächlich, sondern wir hoffen
darauf - s. den Schluss des Verses).“ - Röm. 8:23, 24
„Gepriesen
sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi, der nach seiner großen
Barmherzigkeit uns wiedergezeugt hat zu einer lebendigen Hoffnung durch
die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten, zu einem unverweslichen und
unbefleckten und unverwelklichen Erbteil, welches in den Himmeln
aufbewahrt ist für euch, die ihr durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt
werdet zur Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit geoffenbart zu
werden; worin (d.h. in welcher Hoffnung) ihr frohlocket, die ihr jetzt
eine kleine Zeit, wenn es nötig ist, betrübt seid durch mancherlei
Versuchungen; auf dass die Bewährung eures Glaubens, viel köstlicher als
die des Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird, erfunden werde
zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in (d.h. bei) der Offenbarung Jesu
Christi.“ - 1. Petr. 1:3-7
„Fortan
liegt mir bereit die Krone der Gerechtigkeit, welche der Herr, der
gerechte Richter, mir zur Vergeltung geben wird an jenem Tage;
nicht allein aber mir, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieb
haben.“ - 2. Tim. 4:8
„Ich
schäme mich nicht, denn ich weiß, wem ich geglaubt habe, und bin überzeugt,
dass er mächtig ist, das ihm von mir anvertraute Gut auf jenen Tag zu
bewahren.“ - 2. Tim. 1:12
„Wir
sollen besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf,
indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der
Herrlichkeit (Wiederkunft in Herrlichkeit) unseres großen Gottes und
Heilandes (nämlich) Jesu Christi, der sich selbst für uns gegeben
hat.“ - Titus 2:12-14
„Dies
bekenne ich (Paulus) dir, dass ich nach dem Wege, den sie eine Sekte
nennen, also dem Gott meiner Väter diene, indem ich allem glaube, was in
dem Gesetz und in den Propheten geschrieben steht, und die Hoffnung zu
Gott habe, welche auch selbst diese (d.h. seine Ankläger unter den Juden)
annehmen, dass eine Auferstehung sein wird.“ - Apg. 24:14, 15
„Ihr seid gestorben, und euer Leben
ist verborgen mit dem Christus in Gott. Wenn der Christus, unser Leben,
geoffenbart wird, dann werdet auch ihr mit ihm geoffenbart werden in
Herrlichkeit.“ - Kol. 3:3, 4
„Wegen der Hoffnung und Auferstehung
der Toten werde ich gerichtet.“ - Apg. 23:6
„Jesus sprach zu ihr (Martha): Ich
bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, auch
wenn er (jetzt) stirbt (engl. Übers.); und jeder, der da (in jener Zeit)
lebt und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit.“ - Joh. 11:25,
26
„Es kommt die Stunde, in welcher alle,
die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und hervorkommen werden: die
das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens (erste Auferstehung),
die aber das Böse verübt haben (die sich im gegenwärtigen Leben vor
Gottes Augen nicht würdig erzeigt haben, ewig zu leben), zur Auferstehung
des Gerichts (zur allmählichen Wiederherstellung mittels Strafen und
Belohnungen am tausendjährigen Gerichtstage).“ - Joh. 5:28, 29
„In dem Hause meines Vaters sind
viele Wohnungen; wenn es nicht so wäre, würde ich es euch gesagt haben;
denn ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingehe und
euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir
nehmen, auf dass, wo ich bin, auch ihr seiet.“ - Joh. 14:2, 3
„Der Sohn des Menschen wird kommen in
der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln, und dann wird er einem
jeden vergelten nach seinem Tun.“ - Matth. 16:27
„Siehe,
ich komme bald, und mein Lohn mit mir.“ - Offb. 22:12
„Siehe, dein Heil kommt; siehe, sein
Lohn ist bei ihm.“ - Jes. 62:11
„Habt nun Geduld, Brüder, bis zur (zweiten)
Gegenwart (parousia nicht Ankunft, sondern Gegenwart) des Herrn ...
Befestigt eure Herzen, denn die Gegenwart des Herrn ist nahe gekommen.“
- Jak. 5:7, 8
„Saget zu denen, welche zaghaften
Herzens sind: Seid stark, fürchtet euch nicht! siehe euer Gott kommt,
Rache kommt, die Vergeltung Gottes! er selbst kommt und wird euch retten.
Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet
werden ... es brechen Wasser hervor in der Wüste und Bäche in der
Steppe.“ - Jes. 35:4-6
„Und in jener Zeit wird dein Volk
errettet werden, ein jeder, der im Buche (des Lebens) geschrieben gefunden
wird. Und viele von denen, die im Staube der Erde schlafen, werden
erwachen: diese zu ewigem Leben (in der ersten Auferstehung), und jene zur
Schande, zu ewigem Abscheu (Unehre, von der sie durch die
Wiederherstellung befreit werden können, die dann allmählich vor sich
gehen wird). Und die Verständigen (die kleine Herde, die klugen
Jungfrauen) werden leuchten wie der Glanz der Himmelsfeste (wie die Sonne
- Matth. 13:43) und die, welche die Vielen zur Gerechtigkeit weisen, wie
die Sterne (Leuchtende), immer und ewiglich ... Du aber gehe hin bis zum
Ende (bis die „Ernte“ oder das Ende dieses Zeitalters kommt); und du
wirst ruhen, und wirst auferstehen zu deinem Lose am Ende der Tage.“ -
Dan. 12:1-3, 13; Band 3
„Ein Gedenkbuch ward vor ihm (Jehova)
geschrieben für die, welche Jehova fürchten und welche seinen Namen
achten. Und sie werden mir, spricht Jehova der Heerscharen, zum Eigentum
sein an dem Tage, den ich machen werde; und ich werde ihrer schonen.“ -
Mal. 3:16, 17
Verkehrte Anschauungen, Wahngebilde
unserer Einbildungskraft, stammen hauptsächlich her von menschlichen
Lehrern, denen das Wort Gottes nicht ein Licht auf ihrem Wege war, und
welche mit ihrem Gerede die Begriffe vieler lieber Gottgeweihter derart
verwirrt haben, dass obige und noch viele andere Beweisstellen für die
wahre Hoffnung des Volkes Gottes ihnen unverständlich oder gar
widerspruchsvoll erscheinen, indem mehr oder weniger bildliche Stellen so
zusammenhangwidrig ausgelegt werden, dass sie mit unseren Beweisstellen in
Widerspruch geraten. Wir müssen diese Stellen uns hier genauer ansehen,
damit der Pfad unserer Hoffnung, unseres Glaubens und Gehorsams erkennbar
und gangbar bleibe. Hernach werden wir verschiedene andere Vorrechte der
Neuen Schöpfungen im gegenwärtigen Leben besprechen.
Det
Schächer im Paradies
„Er sprach zu Jesu: Gedenke meiner,
wenn du in deinem Reiche kommst! Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich
sage dir heute, du wirst mit mir im Paradiese sein.“ - Luk. 23:42, 43
Diejenigen, welche die Erlösung in
Christo Jesu so verstehen, dass sie ein vom Zufall abhängiges Entrinnen
aus der ewigen Qual bedeute, sehen in der Erzählung vom Schächer einen
Beweis für ihre Ansicht von der Gnadenwahl. Sie bilden sich allen Ernstes
ein, unser Herr Jesus habe aus Wohlgefallen an den wohltuenden Worten des
einen Schächers denselben vom Kreuze hinweg direkt in den Himmel geführt,
den lästernden Schächer aber erbarmungslos und ohne Hoffnung auf
Entrinnen in die ewige Qual geschickt. Leute, die dafür halten, eine
Errettung, wie sie sich dieselbe vorstellen, sei eine solche Lotterie, in
welcher sie Gott einer so unwürdigen Rolle für fähig halten, sollten
dann auch stillschweigen, wenn Kirchenbaulotterien veranstaltet werden
oder die Welt andere Geldlotterien organisiert.
Aber, Gott sei Dank, die Dinge liegen
anders. Die Stelle, von der hier die Rede ist, ist völlig missverstanden
worden. Wir wollen sie hier in ihrem Zusammenhang betrachten, um ihre
richtige Tragweite zu verstehen.
Der Herr war eben verurteilt worden und
trug nun die Strafe eines Empörers gegen die kaiserliche Regierung, weil
er gesagt hatte, er sei ein König, obwohl er beigefügt hatte, sein Königreich
sei nicht von dieser Welt. Oben am Kreuz stand die Inschrift in drei
Sprachen: „Jesus von Nazareth, König der Juden.“ Wegen dieser
Inschrift verspotteten ihn alle Umstehenden und auch einer der
mitgekreuzigten Schächer. Der andere aber hat sich nun wohl daran
erinnert, dass er von Jesu, seinen Reden und Wundertaten gehört hatte,
und mag nun in seinem Herzen gesagt haben: „Wahrlich, das ist ein
seltsamer, bewunderungswürdiger Mensch. Wer weiß, ob es nicht wahr ist,
was er zu sein vorgibt? Jedenfalls hat er vor Gott gewandelt. Ich will
freundlich zu ihm reden; das kann jedenfalls nicht schaden.“ Und nun,
nachdem er den anderen Schächer zurechtgewiesen, tat er den in unserer
Stelle verzeichneten Ausspruch.
Wir können nicht annehmen, dass dieser
Schächer einen richtigen oder auch nur einigermaßen klaren Begriff hatte
von dem, was Jesus war. In seiner Todesnot und Qual hatte er nur das Gefühl,
dass jeder Strohhalm besser sei als gar nichts. Ihm mehr zuzutrauen, hieße
von ihm voraussetzen, er sei allen Aposteln und Jüngern des Heilandes im
Glauben überlegen gewesen, von denen noch zwei am Osterabend äußerten:
„Wir aber hofften, dass er der sei, der Israel erlösen (befreien) solle
(vom römischen Joch).“ – Luk. 24:21
Über den Sinn der Bitte des Schächers
kann gar kein Zweifel bestehen. Er kann nur gewünscht haben, dass Jesus
sich seiner erinnern und ihn annehmen möchte, wenn er (Jesus) einmal
seine Herrschaft antrete. In seiner Antwort erklärt Jesus nicht, er habe
keine Herrschaft anzutreten; er gibt vielmehr zu verstehen, dass des Schächers
Bitte am Platze sei. Das mit „wahrlich“ übersetzte Wort in der
Antwort Jesu heißt „Amen“, „so sei es“, „so geschehe es“ d.h.
soviel als: „Deiner Bitte sei entsprochen; (schon) heute (an diesem
dunklen Tage, da ich als ein Betrüger gelte und sterbe), sage ich dir, du
wirst mit mir im Paradiese sein“, das bedeutet, wenn der Herr sein Königreich
aufgerichtet haben wird, wird die Erde ein Paradies sein, und auch des Schächers
soll alsdann gedacht werden, und er soll darin wohnen.
Die Versetzung des Kommas an seinen
richtigen Platz gibt der Stelle ihren richtigen und mit der übrigen
Schrift übereinstimmenden Sinn. Der Herr hätte freilich dem Schächer
noch mehr sagen können. Er hätte ihm sagen können, dass eben in jenem
Augenblick das Lösegeld völlig beschafft werde, welches ermöglichen würde,
dass der Schächer Anteil bekomme am Paradiese. Er hätte ihm sagen können,
dass dieses Lösegeld auch dem anderen Schächer und der gaffenden, höhnenden
Volksmenge um sie herum zugute kommen werde. Wir wissen das, weil die
Schrift bezeugt, dass durch Gottes Gnade Jesus den Tod schmeckte für
jeden Menschen, sich hingab zum Lösegeld für alle, damit alle
Gelegenheit erhalten möchten, zur vorbestimmten Zeit zum paradiesischen
Zustande zurückzukehren, um den Adams Sünde sie gebracht und den Christi
Opfertod ihnen wieder erworben hat. - Hebr. 2:9; 1. Tim. 2:5, 6; Apg. 3:19
Der Garten Eden ist nur ein Bild dessen,
was die ganze Erde sein wird, wenn sie vom Fluche befreit, vollkommen und
herrlich gemacht sein wird. Das Wort „Paradies“ ist arabischen
Ursprungs und bedeutet „Garten“: so übersetzt denn auch die sog.
Septuaginta die Stelle in 1. Mose 2:8: „Gott pflanzte ein Paradies (einen
Garten) in Eden.“ Wenn Christus sein Königreich aufgerichtet, das Böse
gebunden haben wird usw., dann wird die ganze Erde allmählich ein
Paradies (ein Garten) werden, und die beiden Schächer und alle, die jetzt
noch in den Gräbern sind, werden Eintritt in dasselbe erhalten. Wenn sie
den dort geltenden Vorschriften gehorchen, werden sie auf immer und ewig
darin bleiben. Ohne Zweifel wartet der freundlichen Worte, die der eine
Schächer in jener dunklen Stunde an den Heiland richtete, ebenso sicher
eine besondere Belohnung, wie der Gabe eines Bechers kalten Wassers, oder
anderer unscheinbarer Gütigkeiten, die denen erwiesen werden, welche der
König sich nicht schämt, Brüder zu heißen. - Matth. 10:42
In der Schrift bezeichnet „Paradies“
den Zustand des Menschen vor dem Fall, wo er noch mit seinem Schöpfer
einig und Fluch und der Schade der Sünde noch nicht in die Welt gekommen
war. Dieses verlorene Paradies soll der Menschheit, so ist es verheißen,
wiederum zuteil werden, und diese Verheißung liegt der mehr oder weniger
deutlich bei der ganzen seufzenden Schöpfung vorhandenen „Hoffnung auf
ein goldenes Zeitalter der Zukunft“ zugrunde. Die Schrift bietet uns in
ganz bestimmter Gestalt die Hoffnung, dass der paradiesische Zustand den
Menschen durch den Tod unseres Herrn Jesus zurückerworben ist, und dass
ein Teil des großen Widerherstellungswerkes des Herrn darin bestehen wird,
das, „was verloren war“, das Paradies nämlich, sein erkauftes
Eigentum wiederherzustellen. - Matth. 18:11; Eph. 1:14; Offb. 2:7
Haben wir jedoch ein Recht, die
Stellung des Kommas zu ändern? Gewiss: die Interpunktion der Bibel ist
nicht inspiriert. Die Schreiber der Bibel gebrauchten keine Interpunktion.
Sie ist eine Erfindung des 15. Jahrhunderts. Sie ist nur eine moderne
Bequemlichkeit und sollte so gebraucht werden, um den Sinn in Harmonie mit
allen anderen Schriftstellen besser auszudrücken.
Beispiele von einem ähnlichen Gebrauch
des Wortes „heute“ in der modernen Literatur sind ziemlich häufig;
und in der Schrift lenken wir die Aufmerksamkeit auf folgende Stellen:
„Darum gebiete ich dir heute diese
Sache.“ - 5. Mose 15:15
„Siehe, ich habe dir heute das Leben
und das Glück, und den Tod und das Unglück vorgelegt.“ - 5. Mose 30:15
„Ich gebiete dir heute, Jehova,
deinen Gott zu lieben.“ - 5. Mose 30:16
„Ich
wollte zu Gott, dass über kurz oder lang nicht allein du, sondern auch
alle, die mich heute hören, solche würden, wie auch ich bin, ausgenommen
diese Bande.“ - Apg. 26:29
Nicht
nur der Sinn dieser Schriftstelle erfordert die angegebene Interpunktion,
sondern sogar die Harmonie mit allen anderen ähnlichen Schriftstellen
fordert sie, und es kann kein vernünftiger oder triftiger Einwand dagegen
erhoben werden. Anzunehmen, dass unser Herr sofort ins Paradies (d.h. eben
auf die zum Garten erblühte Erde) kam, ist widersinnig; denn das Paradies
war noch gar nicht wieder da; die Erde war noch keineswegs ein Garten der
Glückseligkeit. Außerdem lehrt die Schrift, dass der Leib Jesu in der
Gruft Josephs von Arimathia begraben ward, und seine „Seele“ (Persönlichkeit)
in den Scheol, d.h. Todeszustand ging, tot war und daher auch nicht im
Paradies, das es noch gar nicht gab, oder im Himmel, oder gar inmitten der
Geister im Gefängnis weitergelebt haben kann. Die Schrift belehrt uns
ganz unzweideutig, dass unser Herr bei seiner Auferstehung nicht vom
Himmel (was in den Augen jener Ausleger fälschlicherweise gleichbedeutend
mit Paradies ist) herunter gekommen ist, sondern „aus den Toten
auferstanden sei am dritten Tage nach der Schrift.“ (1. Kor. 15:4)
Christi eigene Worte nach seiner Auferstehung sind: „Also musste der
Christus leiden und am dritten Tage auferstehen aus den Toten“ (Luk.
24:46), und zu Maria am Grabe sagte er: „Ich bin noch nicht aufgefahren
zu meinem Vater. Gehe aber hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich
fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott.“
- Joh. 20:17
Paulus
erustliches Verlangen
„Denn für mich bedeutet Leben für
Christum zu leben und das Sterben Gewinn. Wenn aber das Leben im Fleisch (für
mich ein Gewinn ist), so ist das eine Frucht der Arbeit, und was ich
vorziehen soll, weiß ich nicht. Ich werde von beiden bedrängt; (ich
sehne mich aber nach der Rückkehr Christi und dem Vereinwerden mit ihm,
denn das ist das Beste). Das Bleiben im Fleische aber ist nötiger um
euretwillen.“ - Phil. 1:21-24; (Diaglott-Übersetzung)
Die wesentlichen Abweichungen vom
Elberfelder Text sind die Ersetzung der im griechischen Text fehlenden
Worte „mein Los ist“ (Vers 22) durch die andere Ergänzung „für
mich ein Gewinn ist“ und des Wortes „abzuscheiden“ durch „nach der
Rückkehr“ Christi.
Zu letzterer Berichtigung führt der Übersetzer
der Diaglott-Bibel folgendes aus:
Das hier mit „abscheiden“ übersetzte
Wort „analysai“ kann nicht so verstanden werden, da es sonst in Pauli
Mund den Sinn hätte, er sehne sich nach dem Tode, der Auflösung, während
er doch ausdrücklich sagt, er wisse nicht, welchem (dem Tod oder dem
Leben) er den Vorzug geben soll. Das, wonach er sich sehnt, ist ein
Drittes, das besser ist als die beiden anderen. Dieses Dritte ist das „analysai.“
Das Wort „analysai“ kommt im Neuen Testament nur noch an einer Stelle
vor, in Luk. 12:36, wo es (in der englischen Übersetzung und in der
Elberfelder Randglosse) mit „zurückkehren“ übersetzt ist: „Seid
Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten, wann irgend er zurückkehren
wird.“ Jesus hatte seine Jünger belehrt, dass er zurückkehren werde (Joh.
14:3, 18); desgleichen auch die Engel nach der Himmelfahrt. (Apg. 1:11)
Dem glaubte Paulus; das lehrte er andere; er harrte und wartete auf des
Heilandes Rückkehr aus dem Himmel (Phil. 3:20; 1. Thess. 1:10; 4:16, 17)
als auf die Zeit, da er bei dem Herrn sein wird allezeit.
Das Wort „analyo“ wird vom
griechischen Schriftsteller Plato in beiden Bedeutungen mit „wieder
abreisen“ oder „zurückkehren“ gebraucht. Im Neuen Testament kommt
das Wort nur in den beiden Stellen (Phil. 1:23 und Luk. 12:36) vor. An
letzterer Stelle muss es mit „zurückkehren“ übersetzt werden; denn
darauf hatte der Herr seine Jünger zu warten gelehrt; aber auch in
ersterer Stelle halten wir dafür, dass „zurückkehren“ den Sinn des
griechischen Wortes voll wiedergebe, was mit „abscheiden“ nicht der
Fall ist. In der Vorsilbe „ana“ liegt die Bedeutung „zurück“; es
kann also nur heißen: nach einem Orte abreisen, wo man schon gewesen, wo
man hergekommen ist. Es kann also nicht vom „analysai Pauli“ die Rede
sein, da er ja noch nicht beim Herrn gewesen war in seiner Herrlichkeit,
und somit nicht nach dort wieder abreisen konnte. Auf den Herrn bezogen
stimmt hingegen das Wort „zurückkehren“ mit der lebendigen Hoffnung
der ersten Christen.
Vergegenwärtigen wir uns die Umstände,
unter denen Paulus schrieb. Er war als Gefangener in Rom, und die
kaiserliche Laune, die ihm zuweilen freundliche Behandlung sicherte,
konnte ihn jeden Augenblick dem Scharfrichter ausliefern. Sein Brief an
die Philipper war eine Bestätigung einer materiellen Gabe der Kirche zu
Philippi, und er benutzte die Gelegenheit, um ihnen ausführlich über
seinen eigenen Zustand, über die Verbreitung der Wahrheit in Rom usw., zu
erzählen und sie zum Festbleiben bis ans Ende zu ermutigen. Ihrem
Wunsche, zu wissen, wie es denn mit seiner Freilassung stehe, entspricht
er mit den in Kap. 1:16-19 enthaltenen Anspielungen, in denen er ihnen zu
verstehen gibt, dass Feinde, welche ihn zwei Jahre in Freiheit gesehen
hatten (Apg. 28:30), das Evangelium verkündeten, aber nicht lauter,
sondern mit der Absicht, seinen (des Apostels) Banden Trübsal zu
erwecken, ja möglicherweise seinen Tod herbeizuführen. Aber er wisse um
die Fürbitte der Herauswahl und hoffe, dass sein Verhör vor Nero ihm die
Freiheit eintragen würde - durch Freisprechung oder durch den Tod. Was
ihn betreffe, werde es ihm schwer, zu entscheiden, was er vorziehen solle,
das Leben mit seinem Leiden oder den Tod mit seiner Ruhe; doch liege die
Wahl in diesen Dingen nicht an ihm. Wenn er wählen könnte, so würde er
ein Drittes wählen, nach dem sein Herz sich sehne, ein Ding, von dem er
ihnen wie den Thessalonichern (2. Thess. 2:1-8) erklärt habe, dass es
noch in ferner Zukunft liege und daher nicht in seinen Bereich falle, nämlich
die Rückkehr Christi und sein Vereinwerden mit ihm. Da dies aber für den
Augenblick nicht möglich sei, so hoffe er auf Freisprechung, weil er überzeugt
sei, Gott habe ihm noch Aufgaben in der Herauswahl anvertraut.
Die Überlieferung lautet (die Schrift
selbst sagt nichts darüber), dass diese Freisprechung vor Nero tatsächlich
erfolgt ist, und dass Paulus noch fünf Jahre wirken konnte, bevor er
wiederum verhaftet und hingerichtet wurde.
Wir wollen noch hinzufügen, dass, wo
unzweifelhaft vom Abscheiden (Sterben) die Rede ist, Paulus und sein
Sekretär Lukas andere Wörter als analyo gebrauchen. Denen aber, die das
Wort „abscheiden“ in Phil. 1:23 stehen lassen möchten, sei mit
folgender Auslegung der Stelle gedient: Ohne Zweifel hätte Paulus, da er
wusste, dass des Herrn Rückkehr noch eine Zeitlang nicht stattfinden könne,
gar gerne sich sofort zum Herrn begeben. Aber er wusste, dass diesem
seinem Wunsche nicht entsprochen werden konnte, da derselbe nicht nach dem
Plane Gottes war. Wie sehr er es also auch wünschte, betrachtete er es
doch als etwas Unmögliches, und er blieb in der Ungewissheit, welche von
beiden Möglichkeiten ihm lieber sei: zu leben, zu leiden und der
Herauswahl zu dienen, oder zu sterben und von seinen Mühsalen auszuruhen,
„erwartend die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit
unseres großen Gottes und Heilandes (nämlich) Jesu Christi, der unseren
Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem
Leibe der Herrlichkeit.“ - Titus 2:13; Phil. 3:21
„Unser
irdisches Haus“ und „unsere Behausung aus dem Himmel“
-
2. Kor. 5:1-10 -
Der Apostel richtet seine in 2. Kor. 5
bezeichneten Erörterungen an Neue Schöpfungen, nicht an natürliche
Menschen. Er anerkennt den neuen Willen als die Neue Schöpfung und den
alten Leib als ihre Hütte, ihr Zelt. Diese Behausung ist zwar durchaus
unzulänglich, aber die Neue Schöpfung ist darin doch immerhin besser
daran, als wenn sie gar keine Behausung hätte. Die Neue Schöpfung kann
sich darin nicht zu Hause fühlen; sie sehnt sich vielmehr ernstlich nach
dem vollkommenen Leibe, den sie in der Auferstehung, ihrer bleibenden
Wohnung, ihrem Anteil an der Wohnung, von der der Herr verheißen hat,
dass er sie zubereiten wolle, empfangen soll. (Joh. 14:2) „Wir wissen,
dass, wenn unser irdisches Haus, die Hütte, zerstört wird, wir einen Bau
von Gott haben, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, ein ewiges, in den
Himmeln.“ (Vers 1)
Freilich seufzen wir in dieser Hütte,
in diesem Pilgerzelt. Uns bedrückt nicht nur der böse Einfluss der Welt
und des Teufels, sondern auch insbesondere die Unzulänglichkeit unseres
eigenen Fleisches. Denn wenn wir das Gute tun wollen, so haftet uns das Böse
an, sodass wir oft verhindert sind, das Gute, das wir tun möchten, zu
tun, während das Böse, dass wir missbilligen, sich uns selbst aufdrängt,
sodass es beständig zurückgewiesen und abgewehrt werden muss. „Wir
selbst, die wir die Erstlinge des Geistes haben, auch wir selbst seufzen
in uns selbst, erwartend die Sohnschaft: die Erlösung unseres Leibes“,
d.h. unserer Körperschaft, der Herauswahl, zur Gleichheit mit ihrem
herrlichen Herrn und Bräutigam. - Röm. 8:23
Aber unser Seufzen bedeutet nicht einen
Wunsch unsererseits, entkleidet zu werden. Wir wünschen nicht ohne Leib
zu sein; denn das wäre das ganze Evangeliums-Zeitalter hindurch
gleichbedeutend gewesen mit „entschlafen sein“, ein Zustand, in
welchem wir auf den Auferstehungsmorgen warten müssen, um überkleidet zu
werden mit unserer Behausung aus den Himmeln, unserem neuen, vollkommenen,
ewigen Leibe, der im Gegensatz zu unserem jetzigen Pilgrimszelt unser
„Heim“ heißt.
Was wir wünschen, ist nicht, dass der
Funke unseres gegenwärtigen Lebens ausgelöscht werde, sondern dass er
aufgehe in dem vollkommenen, völlig entwickelten Leben, zu dem wir
wiedergezeugt sind. Wir sehnen uns nach der Geburt in der Auferstehung,
nach dem vollkommenen Leibe.
„Der uns aber eben hierzu bereitet
hat, ist Gott, der uns auch das Unterpfand des Geistes gegeben hat.“ (V.
5) Dieser vollkommene Zustand, in den wir bei der Auferstehung
hineingeboren werden, wird die großartige Vollendung unserer Errettung
sein, welche Gott verheißen hat; und die neue Gesinnung, der vom Wort der
Wahrheit gezeugte neue Wille, wird als der Anfang des Embryos der Neuen
Schöpfung gerechnet, welche in der göttlichen Natur ihre Vollendung
erlangt, wenn sie bei der ersten Auferstehung geboren werden wird. Der uns
in der Gegenwart verliehene Heilige Geist ist sozusagen eine Anzahlung,
ein Unterpfand dafür, dass unser Hoffen und Bestreben, unser Seufzen und
Bitten um das großartige Endziel, das Gott uns in seiner Güte und Gnade
gesteckt hat, nicht umsonst sein wird.
„So sind wir nun allezeit guten Mutes
und wissen, dass, während einheimisch in dem Leibe (solange wir uns darin
zuhause fühlen, solange uns die gegenwärtigen Zustände in und um uns völlig
befriedigen), wir von dem Herrn ausheimisch sind.“ (V. 6) Leben wir in
seiner Nähe, wandeln vor Gott, so können wir mit unserem gegenwärtigen
Zustand nicht völlig zufrieden sein, wir fühlen uns darin fremd; wir
halten uns für Pilgrime, die eine bessere Ruhe, eine bessere Heimat
suchen, welche Gott in Bereitschaft hält für die, welche ihn lieben.
Aber das kann nur bei solchen zutreffen, die im Glauben wandeln, nicht im
Schauen.
„Wir sind aber guten Mutes (voll
Glauben an Gott, voller Freude, im Glauben wandeln zu dürfen) und möchten
lieber ausheimisch von dem Leibe (heimatlos, fremd, Pilgrime auf Erden)
und einheimisch bei dem Herrn sein“, vor dem wir im Geiste wandeln. (V.
8)
Deshalb beeifern wir uns auch, dass,
sei es dann, wenn wir diese Heimat, erreichen, sei es jetzt schon, da wir
noch fern von der Heimat, Fremdlinge und Pilgrime sind, wir ihm wohlgefällig
sein möchten, seiner Gunst, seiner Segnung teilhaftig werden möchten,
empfinden möchten, dass er bei uns ist, und wissen, dass wir einmal von
ihm angenommen werden sollen.
„Denn wir müssen
alle vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden, auf dass ein jeder
empfange, was er in dem (oder: durch den (adamitischen) Leibe getan, nach
dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses.“ (V. 10) Während unsere
ganzen Pilgerschaft stehen wir vor den Schranken des obersten Richters; er
verhört uns, er erprobt uns, um zu sehen, ob wir ihn und die Dinge
lieben, die Gerechtigkeit und Frieden bewirken, und wenn ja, wie viel wir
daranzugeben bereit sind um der Gerechtigkeit willen. Unser
Selbstverleugnen und unser Darangeben um seinet- und seiner Wahrheit
willen sind der Thermometer, auf dem Gott den Wärmegrad unserer Liebe
abliest.
Doch nur von den „Heiligen“, den
„Neuen Schöpfungen“ in Christo, kann in Wahrheit gesagt werden, ihr
Leib sei eine Behausung, eine Hütte, ein Zelt. Natürliche Menschen sind
nicht von zweierlei Natur und sind keineswegs in der Lage, Stellen wie in
Röm. 8:10, 11 auf sich anzuwenden, wo wir lesen: „Wenn aber Christus in
euch ist, so ist der Leib zwar tot (gerechnet) der Sünde wegen, der Geist
(die Gesinnung) aber Leben der (ihm zugerechneten) Gerechtigkeit (Christi)
wegen.“ Die vom Wort der Wahrheit gezeugte neue Natur der Heiligen ist
in Wirklichkeit nur der neue Wille, welcher jedoch von nun an als die
wirkliche Persönlichkeit angeredet und vor Gott allein anerkannt wird,
der uns nicht nach dem Fleische, sondern nach der Gedankenrichtung unserer
neuen Christus-Gesinnung kennt (beurteilt). (Röm. 6:3, 4) Diese „Neuen
Schöpfungen“ haben einen alten Menschen, einen äußerlichen Menschen,
der dahinstirbt, und einen neuen Menschen, einen inwendigen Menschen,
einen im Herzen verborgenen Menschen, der Tag für Tag erneuert wird. - 2.
Kor. 4:16; Kol. 3:9, 10; Eph. 4:23, 24; 1. Petr. 3:4
Die
Verklärung
Die Apostel glaubten kaum, dass unseres
Herrn Aussage, einige von ihnen würden den Tod nicht schmecken, bevor sie
nicht den Sohn des Menschen, wie er in seinem Königreich kommen werde,
gesehen haben würden, sich binnen sechs Tagen schon für Petrus, Jakobus
und Johannes verwirklichen würde. Das machte auf sie einen tiefen
Eindruck, sodass Petrus noch im hohen Alter darüber schreiben konnte (2.
Petr. 1:16-18): „Denn wir haben euch die Macht und Ankunft (parousia /
parusia bedeutet Gegenwart, nicht Ankunft) unseres Herrn Jesu Christi
nicht kundgetan, indem wir künstlich erdichteten Fabeln folgten, sondern
als die da Augenzeugen seiner herrlichem Größe gewesen sind. Denn er
empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Herrlichkeit, als von der
prachtvollen Herrlichkeit eine solche Stimme an ihn erging: Dieser ist
mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe. Und diese
Stimme hörten wir vom Himmel her erlassen, als wir mit ihm auf dem
heiligen Berge waren.“
Die Verklärung war kein wirklicher
Vorgang, sondern ein Gesicht, eine Vision (wie die Vision Hesekiels,
Sacharjas, Johannes in der Offenbarung - d. Übers.), wie unser Herr es
selbst sagte, als sie vom Berge herabstiegen. In dieser Vision erschien
das Nichtwirkliche wie in allen Visionen der Propheten usw. als wirklich.
Die Offenbarung gibt dafür eine ganze Reihe Beispiele: Johannes sah, hörte,
redete; aber die gehörten, gesehenen, gesprochenen Dinge waren nicht
wirklich. Die Tiere mit vielen Köpfen und vielen Hörnern, die Engel und
lebendigen Wesen und Throne, die Drachen, Adler usw., die er schaute, die
Donner, Posaunen, Stimmen, Gesänge, die er hörte, das Büchlein, das er
verschlang, die Antworten, die er gab, die Fragen, die er stellte, waren
nicht Wirklichkeiten, sondern Gesichte, welche die Dinge, die sie
bedeuteten, ebenso gut und besser verständlich machten, als wenn er die
Dinge selber geschaut hätte.
So waren auch Moses und Elia nicht tatsächlich
auf dem heiligen Berge anwesend, sie erschienen nur den Jüngern in der
Vision. Wir wissen das nicht nur daher, dass der Herr selber das Begebnis
auf dem heiligen Berge als eine Vision bezeichnete, sondern auch daher,
dass kein Mensch in den Himmel hinaufgestiegen ist. (Joh. 3:13; Apg. 2:34)
Wir wissen auch, dass Moses und Elia nicht auf dem Berge sein konnten,
weil sie noch nicht vom Tode auferstanden waren; denn unser Herr Jesus war
der Erstling der Entschlafenen, der Erstgeborene aus den Toten, auf dass
er in allen Dingen den Vorrang habe. - 1. Kor. 15:20; Kol. 1:18
Außerdem
erwähnt der Apostel an die Hebräer Moses und die Propheten ausdrücklich
(welcher Bericht Elia sicherlich mit einschließt) wegen ihrer
Rechtfertigung aus Glauben, fügt aber bei, dass sie ihre Belohnung noch
nicht empfangen hätten, und dass sie sie nicht empfangen würden,
bevor nicht die Herauswahl die ihrige als Miterbin Christi in seinem Königreiche
empfangen haben würde. „Diese alle“, so lesen wir in Hebr. 11:39, 40,
„die durch den Glauben ein Zeugnis erlangten, haben die Verheißung
nicht empfangen, da Gott für uns etwas Besseres vorgesehen hat, auf dass
sie nicht ohne uns vollkommen gemacht würden.“
Wenn nun die Erscheinung des Moses und
Elia nur eine Vision war, was bedeutete sie dann? Sie war ein Gesicht von
der Herrlichkeit des Königreiches Christi, die unser Herr zuvor verkündigt
hatte. So verstand es auch Petrus. In dieser Vision spielten die Jünger
keine Rolle; sie waren nur Zeugen. Ihr Herr war die Hauptperson; sein
verklärtes Antlitz und seine leuchtend erscheinenden Kleider
versinnbildlichten die Herrlichkeiten der geistigen Natur, deren der Herr
am Ostermorgen als Ebenbild des Vaters teilhaftig wurde. Diese geistige
Herrlichkeit ist auch in den Visionen und Ausdrücken der Offenbarung
versinnbildlicht, wo es heißt, der Herr habe Augen wie Feuerflammen und Füße
wie glühendes Erz. (Offb. 1:14, 15; 2:18) Bei seiner zweiten Gegenwart
ist der Herr nicht mehr Fleisch, wie er selbst bezeugt, dass Fleisch und
Blut das Königreich Gottes nicht ererben können. Er ist jetzt und für
immer und ewig ein herrliches geistiges Wesen höchster Ordnung, nämlich
göttlicher Natur, und die Verklärung hatte den Zweck, den Jüngern eine
Ahnung von dem zu geben, was für eine Herrlichkeit mit der göttlichen
Natur verknüpft sei.
Moses ist der Repräsentant der
Alttestamentlichen Überwinder, von denen es in Hebr. 11:39, 40 heißt,
dass sie nicht vollkommen gemacht werden könnten, bevor nicht das Königreich
aufgerichtet ist. Elia ist der Repräsentant der Überwinder des
Evangeliums-Zeitalters. - Band 2, Studie/Kap. 8
Gegenwärtige
Freuden der Neuen Schöpfung
„Dies habe ich zu euch geredet, auf
dass meine Freude in euch sei und eure Freude völlig werde.“ - Joh.
15:11
Für alle, die sich nicht geweiht
haben, nicht Glieder der Neuen Schöpfung, des königlichen Priestertums
geworden sind, die also die Dinge von draußen ansehen, hat es den
Anschein, als ob die völlige Darangabe seiner selbst und aller irdischen
Bestrebungen um des Herrn und seiner Sache willen den Verlust jeglicher
Freude bedeute. Aber jedes Glied der Neuen Schöpfung weiß und kann
bezeugen, dass dies nicht so ist, dass ihm jegliche irdische Freude, auch
die ihm die liebste war, wenn es sie eine nach der anderen preisgab, durch
himmlische Freuden mehr als ersetzt worden ist. Wie unser Herr abermals
sagt: „Ihr werdet traurig sein, aber eure Traurigkeit wird zur Freude
werden.“ (Joh. 16:20) Die Neuen Schöpfungen müssen alle von dem
bitteren Kelche kosten, den ihr Herr bis auf die Hefe geleert hat; sie müssen
alle Mitleid bekommen mit den Schwachheiten des Fleisches; sie müssen
alle die außerordentliche Sündhaftigkeit und Bitterkeit der Sünde zu
schmecken bekommen; ihre Ergebenheit an den himmlischen Vater, ihre
Bereitwilligkeit, alle irdischen Dinge daranzugeben, sofern seine Sache
und das Festhalten an dem Rechten es erfordern, müssen erprobt werden und
sich bewähren. Aber in allen diesen Tränen, Traurigkeiten und Enttäuschungen
liegt ein Segen, die Empfindung, bei Gott in Gunst zu stehen, eine Wonne,
die größer ist als jegliche Wonne des natürlichen Menschen, die Freude
des Herrn, die Gedankengemeinschaft mit dem Vater.
Solche Freuden wären unmöglich ohne
unsere große Hoffnung. Wären dieselben abhängig von unseren jetzigen
Umständen, so wären wir freudlos, ja, „die elendesten von allen
Menschen“. (1. Kor. 15:19) Erst wenn die Hoffnung auf die außerordentlich
großen und herrlichen Verheißungen des Wortes Gottes fest geworden ist,
sprossen Blumen und Blüten der Freude, von unseren Tränen bewässert, Blüten
der Freude, von denen die Welt sich in der Wüstenei, in der sie sich
befindet, gar keine Vorstellung machen kann. Allein unsere Hoffnung muss
mit Betätigung gepaart sein, wenn unsere Freude vollkommen sein soll. Es
genügt nicht, dass uns eine Aussicht vor Augen gestellt wird, und dass
wir uns derselben freuen. Gott hat es so geordnet, dass es zur Erhaltung
der Freude ob dieser Aussicht des Gebetes und der Betätigung im Dienste
des Herrn bedarf. So spricht der Herr:
„Bittet,
und ihr werdet empfangen, dass eure Freude völlig sei.“
-
Joh. 16:24 -
„Fülle von Freuden ist vor deinem
Angesicht, Lieblichkeiten in deiner Rechten immerdar“, sagt der Prophet.
(Psalm 16:11) Das Gebet bringt unsere Herzen in die Gegenwart Gottes;
darum bereitet es den Weg zu göttlichen Segnungen und Freuden. Das Gebet
des Volkes Gottes kann freilich nicht die Absicht oder den Wunsch zum
Ausgangspunkt haben, Gottes Pläne oder Vorsätze abzuändern. Wem diese
klar sind, der bittet nicht, dass „mein Wille und nicht der deine
geschehe“, sondern der betet wie der Herr selbst, „doch nicht wie ich
will, sondern wie du willst.“ (Matth 26:39) Von einigen erklärt der
Apostel: „Ihr bittet und empfanget nichts, weil ihr übel bittet“, -
d.h. nach euren eigenen Wünschen anstatt in Übereinstimmung mit dem Plan
und Vorsatz Gottes. - Jak. 4:3
Beachte auch die Ermahnung unseres
Herrn: „Wenn ihr aber betet, sollt ihr nicht plappern wie die von den
Nationen; denn sie meinen, dass sie um ihres vielen Redens willen werden
erhört werden. Seid ihnen nun nicht gleich; denn euer Vater weiß, was
ihr bedürfet, ehe ihr ihn bittet ... So seid nun nicht (ängstlich)
besorgt, indem ihr saget: was sollen wir essen? oder: was sollen wir
trinken, oder: was sollen wir anziehen? denn nach allem diesem trachten
die Nationen ... Trachtet aber zuerst nach dem Reiche Gottes und nach
seiner Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugefügt werden“ -
von eurem Vater, nach seiner Weisheit. (Matth. 6:7-8, 31-34) Und wiederum
spricht der Herr (Joh. 15:7): „Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in
euch bleiben, so werdet ihr bitten was ihr wollt, und es wird euch
geschehen.“
Folgende
Vorbedingungen beim Beten sind wichtig:
1. Der Betende muss in Christo und ein
lebendiges Glied am Leibe Christi sein, d.h. sich das Verdienst des Sühnopfers
(durch Glauben) zu eigen gemacht und hernach sich dem Willen Gottes
unterworfen, seinem Dienst geweiht haben; ja noch mehr: er muss in
Christo, ein Glied an seinem Leibe, ein Glied der Neuen Schöpfung
bleiben, wenn das Gebet für ihn die oben erwähnten Vorteile haben soll.
2. Der Betende muss auch des Herrn Wort
in sich wohnend haben; er muss teilhaben am Worte der Wahrheit und Gnade,
um weise genug zu sein, solche Dinge zu erbitten, an denen der Herr ein
Wohlgefallen hat. Sonst kann sein Gebet oftmals unerhört bleiben, auch
wenn er eine Neue Schöpfung ist, eben weil er Fehlbitten tut. Nur wer
beides zusammen, die neue Gesinnung und die nötige Weisheit dazu hat,
kann mit der zuversichtlichen Erwartung, dass er zur rechten Zeit erhört
werde, vor den Thron Gottes hintreten. In solchen allein auch ist die
Freude vollkommen.
Wie die Schrift erklärt, ist Beten ein
Versuch, vor Gott hin- und in Verkehr mit ihm zu treten. Wer darf denn dem
himmlischen Throne nahen, auf dass er Barmherzigkeit erlange und Gnade
finde zur rechtzeitigen Hilfe? (Hebr. 4:16) Wir glauben dem Apostel, wenn
er sagt, dass die Welt im allgemeinen diesen Zutritt nicht hat. Die Welt
hat nicht das Vorrecht, zuversichtlich beten zu dürfen. Freilich richten
Millionen von Heiden (und Namenchristen) Gebete an eine Gottheit (einen
unbekannten Gott), von der sie sich verschiedene Vorstellungen machen;
darum sind eben ihre Gebete nicht annehmbar. „Wer Gott naht, muss
glauben, dass er ist (wie er sich in seinem Worte zu erkennen gibt) und
denen, die ihn suchen, (ihn zu erkennen, ihm zu gehorchen und zu dienen
suchen) ein Belohner ist.“ (Hebr. 11:6) Cornelius war ein solcher Beter;
er erkannte den wahren Gott als seinen Gott an und verehrte ihn demgemäss
und suchte seinen Willen zu erkennen und zu erfüllen. Darum empfing er,
sobald der im Plane Gottes zum Heranziehen von Vertretern aus den Nationen
vorgesehene Augenblick gekommen war, eine Antwort auf seine Gebete und
Almosen. Zur vollen Gemeinschaft mit Gott wurde er jedoch nicht
zugelassen, sondern er erhielt den Befehl, Simon Petrus holen zu lassen,
um „Worte“ von ihm zu hören, durch deren Belehrung er aus der
Stellung des fernstehenden Fremdlings in die eines Familiengliedes
versetzt werden sollte, in welcher Eigenschaft er Zutritt erhielt zum
Vater vor dem Thron der himmlischen Gnade.
Die
allgemeinen nebelhaften Vorstellungen, die über diesen Gegenstand
herrschen, und denen zufolge angenommen wird, dass irgend jemand, wann und
wo er auch sei, sich dem Throne der Gnade nahen und auf Erhörung rechnen
darf, sind durchaus irrig. Wie es bei Cornelius notwendig war, dass er
erst die Belehrung Petri hörte, glaubte und den annahm, der durch sein
Blut ihn vom Tode erkauft, ihm die Aussöhnung mit Gott wieder möglich
gemacht und ihm eine Gelegenheit verschafft hatte, in die Familie Gottes
aufgenommen zu werden, wie Cornelius dies alles erkennen musste, bevor er
in Gebetsgemeinschaft mit Gott treten konnte, so ist eine solche
Erkenntnis für jedermann unerlässliche Vorbedingung.
Ebenso spricht Paulus von einem neuen
Lebensweg, den Christus für uns geöffnet hat durch den Vorhang, das ist
sein Fleisch, damit wir als Brüder Freimütigkeit haben möchten zum
Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu. Solche Brüder des großen
Hohenpriesters über das Haus (die Familie) Gottes werden ermahnt,
hinzuzutreten mit wahrhaftigem Herzen, in voller Gewissheit des Glaubens,
dass ihre Sünden und Ungerechtigkeiten gesühnt sind durch das Blut
Christi, und dass sie vom Vater völlig angenommen worden sind. (Hebr.
10:17-22) Zu diesem Glauben und Vertrauen und zu voller Freimütigkeit
haben wir allen Grund, weil wir nicht einen Hohenpriester haben, der nicht
Mitleid zu haben vermöchte mit unseren Schwachheiten, sondern der
dieselben alle empfunden hat gleich wie wir, die Sünde ausgenommen. Bei
ihm empfangen wir daher Barmherzigkeit und finden Gnade zur rechtzeitigen
Hilfe. - Hebr. 4:15, 16
Doch damit, dass nur die Geweihten, die
Unterpriester, die Neuen Schöpfungen, in dieser Weise ermutigt werden,
dem Throne mit Freimütigkeit und Zuversicht zu nahen, ist nun keineswegs
ausgeschlossen, dass alle, die zum Haushalt des Glaubens gehören, sich
auch bis zu einem gewissen Grade des Vorrechtes des Gebetes erfreuen. Sie
können danksagen und Fürbitte tun und sich freuen im Frieden Gottes, in
der Gewissheit der Sündenvergebung um des Lösegeldes willen. Es ist
jedoch nicht ihr Vorrecht, mit Freimütigkeit oder sonst wie in das
Allerheiligste zu treten. Nur die Neuen Schöpfungen, die Mitglieder der
Priesterkörperschaft, sind vollberechtigt, in diesem speziellen Sinne im
Gebet vor Gott hinzutreten; sie allein können die von ihrem Meister
verheißene völlige Freude haben. Wenn wir mithin Nichtglaubenden auch
nicht im Geringsten den Gedanken nahe legen, zu beten, sondern sie zuvor
belehren müssten, wie Petrus den Cornelius, damit sie erst den erkennen,
an den sie glauben sollen, bevor sie überhaupt vor Gott in irgendeiner
Weise Zutritt erhalten, so dürfen wir doch alle, die an den Herrn Jesus
glauben, ermuntern, zum Vater zu beten, dankzusagen und zu bitten um
Christi willen. Doch müssen wir solchen zu verstehen geben, dass ihr
Stehen bleiben auf der Stufe der Rechtfertigung aus Glauben nicht die Erfüllung
der Absichten bedeutet, die Gott mit ihnen hat, dass der rechtfertigende
Glaube nur der erste Schritt auf dem zu Gott führenden Wege ist, und dass
die völlige Gebetsgemeinschaft mit Gott, die vollkommene Freude, nur
denen zuteil wird, die auch den zweiten Schritt der völligen Weihung,
Unterwerfung unter den Willen Gottes, tun. Die Weigerung, diesen zweiten
Schritt zu tun, bedeutet eine Neigung, die Gnade Gottes (die
Rechtfertigung, zugerechnete Gerechtigkeit) umsonst zu empfangen. (2. Kor.
6:1) Solche sollten, nachdem sie sich eine Zeitlang dieser Vorrechte des
Gebetes erfreut haben und sich dann weigern, sich völlig dem Herrn zu
weihen, empfinden, dass es nicht richtig ist, Gnade um Gnade zu empfangen,
und immer noch mehr zu erbitten, dabei aber die erwartete Gegenleistung,
die Weihung des Herzens, den vernünftigen Dienst, zu verweigern.
Wenn die geweihte Klasse in der Schrift
als Braut Christi bezeichnet wird, so mag der Haushalt des Glaubens alle
diejenigen bezeichnen, denen die Vorrechte der Brautschaft angeboten
werden. Die Neue Schöpfung als die verlobte Braut Christi, die Herz und
Mund und jegliches Können und Vermögen dem Herrn zum Dienst zur Verfügung
gestellt hat, mag mit Dank Gnade um Gnade, Vorrechte, Schutz und
Versorgung empfangen und annehmen, als Erfüllung der Versprechen des Bräutigams,
die seiner verlobten Braut zu geben ihm wohl gefiel.
Wie ein Weib, das einem Verehrer den
Abschied gegeben und ihm Herz und Hand zu geben sich geweigert hat, auf
seine Fürsorge, seinen Schutz, seine Geschenke usw., deren es bisher
teilhaftig wurde, nicht länger rechnen kann, so können auch die, welche
die Gunst Gottes insofern ausschlagen, dass sie sich weigern, sich und ihr
unbedeutendes Alles Gott zu weihen, nicht erwarten, dass Gott ihnen die
Gnadengaben werde zuteil werden lassen, die er für diejenigen in
Bereitschaft hält, die ihn lieben und von ihrer Liebe dadurch einen
Beweis geben, dass sie sich weihen. Es sollte ein Unterschied gemacht
werden zwischen denen, die nur die Vergebung ihrer Sünden angenommen, und
solchen, die von ihrer Gerechtmachung aus Glauben Gebrauch gemacht haben.
Es ist ein Nachteil für beide Teile, wenn dieser Unterschied nicht
gemacht wird. Wie zwischen Nichtglaubenden und Glaubenden scharf
unterschieden werden sollte, wobei alle letzteren, aber auch nur sie, als
Brüder, als Glieder des Haushaltes des Glaubens, angesehen werden
sollten, so sollte auch scharf unterschieden werden zwischen Geweihten und
Nichtgeweihten, und nur erstere sollten als Herauswahl, Neue Schöpfungen,
königliche Priesterschaft, anerkannt werden, welcher allein die außerordentlich
großen und kostbaren Verheißungen gelten.
Würde dieser Unterschied festgehalten,
so ergäben sich daraus folgende Vorteile: 1. Die Welt würde zu gründlicherem
Forschen und zur Heranbildung eines greifbaren Glaubens veranlasst; 2. die
nur Gerechtfertigten würden erkennen, dass, wenn sie sich nicht weihen,
sie nicht Miterben der Heiligen sind, nicht teilhaben an deren jetzigen
und zukünftigen Vorrechten, Gütern und Freuden; 3. diese Erkenntnis würde
die Nichtgeweihten fördern, zu einem mutigen Entschlusse treiben, indem
dadurch die nebelhaften Gebilde ihrer Einbildungskraft verscheucht würden,
denen zufolge sie sich vorstellen, dass bloßer Glaube an Christum ohne
Weihung aus ihnen Söhne Gottes und Erben der größten göttlichen Verheißungen
für dieses wie für das zukünftige Leben mache.
Wir möchten hiermit weder das zerstoßene
Rohr zerbrechen, noch den glimmenden Docht auslöschen; wir möchten
vielmehr dem zerstoßenen Rohr nahe legen, dass es, um der Segnungen
Gottes teilhaftig zu werden, der gegenwärtigen sowohl als auch der zukünftigen,
sich die Gunst Gottes unter den von Gott gesetzten Bedingungen sichern
muss, sich völlig weihen muss, wenn es nicht ein zerstoßenes Rohr
bleiben, sondern nützlich werden soll im Dienste des Herrn; und den
glimmenden Docht möchten wir anfachen zu heller Liebesflamme, welche zur
Weihung, Selbsthingabe, zur Annahme des himmlischen Rufes, zur Teilnahme
an den jetzigen und zukünftigen Freuden führen würde.
Wie wir schon gesehen haben (Kap. 13),
rechnet der Apostel die Kinder der Glaubenden zu den Gerechtfertigten.
Dies kommt den Kindern von der Geburt bis zu dem Alter zugute, wo sie
unterscheidungs- und überlegungsfähig werden. Sie können mithin beten
und empfangen die aus dem Gebet sicher gebenden Freuden und Wohltaten. Von
ganz klein auf sollten sie belehrt werden, den allmächtigen Gott, den
Gott ihrer Eltern, auch als ihren Gott zu betrachten, dass sie um ihrer
Eltern willen vor dem Heiland stehen, wie die Eltern um Christi willen vor
Gott. Geweihte Eltern (oder der geweihte Teil) in jedem christlichen
Haushalt sollten als die Priesterschaft desselben gelten, und wenn auch
das Kind beten gelehrt werden soll, so sollte es doch gleichzeitig darüber
belehrt werden, dass, wenn Gottes Vorsehung über dem Haushalt wache, dies
um dessen geweihten Glieder willen, um der Neuen Schöpfungen willen in
demselben der Fall sei. Das Kind sollte so belehrt werden, dass es sich
auf die Zeit freut, in welcher die Ausbildung seines Begriffsvermögens
und Urteils ihm gestatten wird, sich selbst dem Herrn zu weihen und damit
der den Geweihten verheißenen Vorrechte und Freuden teilhaftig zu werden.
Die Neuen Schöpfungen in Christo Jesu
werden ermahnt, nicht zu trachten, nicht in Sorge zu sein und nicht zu
beten um irdische Dinge (was sollen wir essen, was sollen wir trinken, was
sollen wir anziehen?), sondern in diesen Angelegenheiten auf die Weisheit
und Liebe des Vaters zu zählen. Nur von einer Sache ist ihnen
zugesichert, dass der Vater sie gerne darum beten hören und es ihnen
gerne gewähren werde. Diese eine ist der Heilige Geist, der Geist der
Heiligkeit, der Geist (die Gesinnung) Gottes und Christi, der Geist der
Wahrheit, der Geist eines gesunden Sinnes, der Geist der Liebe. „Wenn
nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisset, wie
viel mehr wird der Vater, der vom Himmel ist, den Heiligen Geist geben
denen, die ihn bitten.“ - Luk. 11:13
Hier haben wir eine bestimmte Anweisung
über die Grundlage all unserer Gebete, wenn wir erhört werden wollen. So
müssen wir bitten, wenn wir keine Fehlbitte tun wollen. Unser Herz muss
nach den himmlischen Dingen trachten, nicht nach den irdischen, nach dem
Kleid der Gerechtigkeit Christi und unserer himmlischen Ausstattung an dem
Tage, da wir ihm gleich sein werden und ihn sehen werden, wie er ist, mehr
als nach unserer irdischen Kleidung. Wir müssen hungern nach geistiger
Speise, nach dem Brot, das vom Himmel herabgekommen, und nach all den
herrlichen Verheißungen Gottes, deren Wesen und Mittelpunkt Christus ist.
Das müssen wir suchen; das muss uns zu eigen werden; darum also müssen
wir beten. Auf diese Weise werden unser Wachen, unser Beten und unser
Trachten miteinander völlig übereinstimmen. Zudem muss, von der Zeit an,
da wir kennen gelernt haben die Länge und Breite und Höhe und Tiefe der
göttlichen Fürsorge nicht nur für die Neuen Schöpfungen und ihre Angehörigen
nach dem Fleische, sondern auch für alle Geschlechter auf Erden
Danksagung einen großen Raum einnehmen in unseren Gebeten. Was könnten
wir Größeres oder Besseres bitten, als was er schon verheißen hat.
Sicherlich könnten wir nicht um mehr
bitten hinsichtlich der zukünftigen Herrlichkeit der Neuen Schöpfung,
als schon verheißen ist. Ebenso wenig könnten wir in unserer gegenwärtigen
Stellung um größere Freude bitten, als der Neuen Schöpfung schon
zugesichert ist. Jede Fürsorge, die wir uns vorstellen können, ist schon
getroffen; was wir bedürfen, ist schon bereit, steht schon in unserem
Bereich. Wir ermangeln nur der nötigen Weisheit, um zu wissen, wie wir
zugreifen und der uns zugedachten Güter teilhaftig werden sollen. Indem
wir danksagen, bitten wir um Gnade und Weisheit, in der Weise an jenen Gütern
teilzuhaben, dass unsere Freude völlig sei. Unser Bitten muss zum
Gegenstand ein reichlicheres Maß Heiligen Geistes, also Weisheit von oben
haben.
Was können wir für die Welt Größeres
und Besseres erbitten, als was bereits für sie in Bereitschaft gehalten
wird? Die herrlichen Zeiten der Wiederherstellung, welche die Schrift
verheißt, werden mehr verwirklichen, als die weisesten, hochgesinntesten
Menschen jemals hätten hoffen, jemals sich hätten vorstellen können.
Wir können mithin nur Gott danken und anerkennen, dass es uns an Weisheit
gebricht, und um dieselbe bitten, damit wir mitwirken können bei der
Durchführung seines Planes. Darum die Aufforderung, um die Hilfe des
Heiligen Geistes Gottes und seine Kraft, um Weisheit von oben, zu bitten.
„Wenn aber jemand von euch Weisheit mangelt, so bitte er von Gott, der
allen willig gibt und nichts vorwirft.“ (Jak. 1:5) Durch diese Weisheit
werden wir befähigt, so zu wandeln, zu handeln und zu reden, dass andere
einen Nutzen davon haben. Um diese Weisheit müssen wir also beten, damit
wir Gottes brauchbare Werkzeuge in seinem großen Heilsplan werden können;
um eine Verbesserung dieses Planes zu bitten, wäre eine Ungereimtheit.
Das große Vorrecht, das wir haben, vor
Gott hintreten zu dürfen, im Glauben eintreten zu dürfen in das
Allerheiligste, dem Thron der Gnade nahen zu dürfen und Barmherzigkeit zu
erlangen und Hilfe zu finden in jeder Zeit der Not, kann auf alle uns
umgebenden Verhältnisse und Umstände angewendet werden. Dieses Vorrecht
ist ersichtlich zu unserem persönlichen Gebrauch; wir können uns mit dem
Herrn einschließen ins Kämmerlein, und durch seine Gnade kann diese
Gemeinschaft mit ihm, die Lostrennung von allem, was ablenkt, eine Freude
werden für solche, die tatsächlich aus der Gesellschaft ihrer
Mitmenschen ausgeschlossen sind. Wo dies nicht möglich, wo keine
Gelegenheit zum Beugen der Knie, zum Beten selbst im Flüsterton ist, da
hat die Neue Schöpfung noch Zutritt zum Vater durch bloße
Gedankengemeinschaft. Auf der Straße, im Geschäft, im Menschengewühl
kann das Herz sich erheben und vor dem Thron der Gnade Weisheit und Stärke
suchen. Wie köstlich ist das Vorrecht! Wer am meisten Gebrauch davon
macht, der hat auch die größte Freude. Im Gegensatz zu irdischen Dingen
verliert dieses Vorrecht nicht an Reiz, wenn man es besser kennt, sondern
gewinnt vielmehr.
Das Beten im Familienkreise ist der
Eintritt der ganzen Familie in das stille Kämmerlein, hin zum Herrn und
weg von der Welt. Diese Möglichkeit ist nicht immer vorhanden; wo sie
aber vorhanden ist, da sollte Gebrauch davon gemacht werden. Wo die Möglichkeit
fehlt, wird sicher der Herr den Willen ebenso hoch einschätzen wie die
Tat und den entsprechenden Segen nicht vorenthalten. Der Einfluss des
Familienaltars, des von demselben zum himmlischen Vater aufsteigenden
Gebetes, in welchem jeweils der Gnade, Barmherzigkeit, Macht und Güte des
Vaters gedacht wird, wird ein nutzbringender sein, nicht nur für den königlichen
Priester, der seine Familie bedient, sondern auch für ein jegliches Glied
derselben. Ein Gefühl der Achtung vor Gott, unserer Verantwortlichkeit
vor ihm, seiner liebenden und schützenden Fürsorge geleitet die Familie
den ganzen Tag über. Und wenn es abends wiederum möglich ist, die
Familie zu versammeln, für die empfangenen Wohltaten zu danken, so wird
der Segen gemehrt, wie das Öl im Kruge der Witwe, welches immer weiter
floss, je mehr sie davon in die Gefäße der Nachbarn goss. - 2. Kön.
4:1-7
Das Gebet der Versammlung ist der
Eintritt der Familie des Herrn in das stille Kämmerlein, ihr Hintreten
vor Gott, ihr Abkehren von der Welt. Es ist unentbehrlich für ihr
Wachstum in Gnade, ihre geistige Gesundheit und Entwicklung. Wo es fehlt,
da tritt Verlust an Energie, an Dienstgelegenheiten, mithin an Freudigkeit
ein. Wir haben freilich nicht das geringste Wohlgefallen an der Sorte öffentlicher
Gebete, deren Formvollendung in den Zeitungsberichten gerühmt wird. Es
geschieht dabei mehr Beten zur Hörerschaft als zu Gott. Die Schrift
ermutigt freilich zum lauten Beten inmitten der Versammlung, sagt aber
auch, dass der Betende im Namen der Versammlung und so beten solle, dass
die Zuhörer ein stilles oder vernehmliches Amen dazu sagen können. - 1.
Kor. 14:13-17
Es war Weisheit von oben, die den
Apostel Paulus veranlasste, jeweils, wenn er in eine Ortschaft kam, wo er
die gute Botschaft verkündigen wollte, diejenigen aufzusuchen, welche
sich an einem Ort versammelten, wo man zu beten pflegte. (Apg. 16:13) Es
ist Tatsache, dass sowohl die Erkenntnis als auch die Liebe Gottes da am
reichlichsten vorhanden sind, wo einer für den anderen, und einer mit dem
anderen betet, dass ihre Freude vollkommen sei. Wie oft auch das Volk
Gottes sich versammeln mag zur Erforschung seines Wortes, zur
gegenseitigen Auferbauung in dem allerheiligsten Glauben, stets sollte die
Zusammenkunft eröffnet werden durch ein Gebet um den Segen für die
bevorstehende Besprechung und geschlossen werden durch ein Dankgebet für
den empfangenen Segen mit der Bitte, dass das Wort seiner Gnade wahrhaftig
Speise sein möge für die Herzen derer, die es mit dem aufrichtigen
Wunsche gehört haben, den Willen Gottes kennen zu lernen und zu tun.
Glauben
ist eine Frucht des Geistes und gehört
zum
gegenwärtigen Erbteil der Neuen Schöpfung
Glauben müssen wir haben, bevor wir überhaupt
Kinder Gottes werden können, vor unserer Rechtfertigung; denn wir sind
gerechtfertigt (gerecht gemacht) aus Glauben, bevor wir Frieden mit Gott
und Vergebung der Sünden empfangen. Dieser Glaube, den wir hatten, bevor
wir den Heiligen Geist empfingen, kann nicht der Glaube sein, welcher die
Frucht, die Gabe des Geistes ist. Glauben ist die Betätigung unserer
Denkfähigkeit hinsichtlich Gottes und seiner Verheißungen. Wer Gott
nicht vertrauen kann, sei es, weil er ihn nicht kennt, oder weil seine
Gesinnung durch den Fall sehr beschädigt ist, befindet sich in einem
Zustand, in welchem er unter den Verhältnissen des Evangeliums-Zeitalters
nicht gesegnet werden kann. Dies schließt ihn aber keineswegs von den
Segnungen des kommenden Zeitalters aus. Der Ruf im Evangeliums-Zeitalter
fordert Wandel im Glauben anstatt im Schauen; wer jetzt nicht so wandeln
kann oder will, kann jetzt nicht mit Gott wandeln; denn „ohne Glauben
aber ist es unmöglich, Gott wohlzugefallen.“ Wer nicht soviel Glauben
hat, dass er damit wenigstens anfangen kann, der kann überhaupt nicht
anfangen; und wer den Anfang machen kann, aber im Glauben nicht wächst
und sich entwickelt, der ermangelt der Fähigkeit, ein Überwinder zu
werden; denn „dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser
Glaube.“ - 1. Joh. 5:4
Wir sollen zwischen Glauben und
Aberglauben scharf unterscheiden. Millionen von Menschen sind abergläubisch
oder leichtgläubig und glauben tausenderlei unvernünftige Dinge, ohne
den geringsten Beweis dafür zu haben; und zwar tun dies nicht nur die
Bewohner von Heidenländern. Millionen solcher Leicht- und Abergläubischen
nennen sich Christen und sind Mitglieder irgendeiner Namenkirche.
Aberglauben und Leichtgläubigkeit müssen jedoch verurteilt, missbilligt,
vermieden und überwunden werden. Der wahre Glauben hingegen muss
ermutigt, auferbaut, gestärkt, im Wachstum gefördert werden. Glauben an
Gott ist der Glaube, das Vertrauen und die Zuversicht, welche auf die göttlichen
Verheißungen vertraut, anstatt auf menschliche Überlieferungen,
Lehrsysteme und Vorstellungen.
Wenn wir glauben, dass Gott ist, was
sein Name sagt, der Aussichselbst-Seiende, wenn wir glauben, dass er der
Belohner derjenigen ist, die ihn mit Eifer suchen, so wird die Wirkung
solchen Glaubens sein, dass wir ihn suchen, dass wir versuchen werden,
sein Wort zu erkennen und zu verstehen, dass wir dann das erkannte und
verstandene Wort auch für wahr halten, dass wir unserem Wandel eine
entsprechende Richtung geben. Dieser Anfangsglaube wird durch die Gnade
Gottes auf Christum hingelenkt, welcher der neue und lebendige Weg zur Rückkehr
zu Gott und seiner Gunst ist. Wenn dieser Glaube dann den Herrn Jesum
ergreift und sich im Gehorsam übt, so wächst er und Gottes Segen kommt
über ihn und gibt ihm weiteres Licht hinsichtlich der Bedingungen, unter
denen der Glaubende Mitglied der Neuen Schöpfung werden kann. Der
erstarkende Glaube erfasst die Verheißungen Gottes, denen gemäß die
Neue Schöpfung bestimmt ist, Gottes Erbe und Miterbe Jesu Christi zu
werden. Das Ergebnis dieses Glaubens ist der Segen des Geistes, die
Zeugung, Salbung und Annahme als Söhne.
Eine
weitere Folge dieses Glaubens ist größere Erleuchtung mit dem Lichte des
goldenen Leuchters im Heiligen, welches das Auge des Glaubens befähigt,
Dinge zu sehen, die von außen nicht gesehen werden können, in welchen
wir den besonderen Dienst des Hohenpriesters für das Licht, die
Schaubrote, den Räucheraltar und den Gnadenstuhl jenseits des Vorhanges
erkennen können. Je mehr der lebendige gehorsame Glaube die verschiedenen
Züge im Gnadenplan Gottes erkennt und sie im Worte aufgezeichnet findet,
um so stärker und klarer wird er, um so mehr wird er ein wesentlicher
Teil der neuen Gesinnung. Er gewahrt von diesem Gesichtspunkte aus Dinge,
die er zuvor nicht sehen konnte. Wie der Apostel sagt, dass „kein Auge
gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines (natürlichen) Menschen
Herz (Sinn) gekommen sei, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.“
- 1. Kor. 2:9
In den ihm durch den Geist klar
gemachten Verheißungen sieht der Glaube außerordentlich köstlich große
Dinge, himmlische Dinge, zu denen derjenige gelangt, welcher der ersten
Auferstehung würdig befunden wird: Die Königswürde im kommenden Reiche,
die Herrschaft der Gerechtigkeit, durch die alle Geschlechter auf Erden
gesegnet werden sollen, die Bezwingung der Sünde, die Vernichtung und
Vertilgung von allem und jedem, was nicht zur Verherrlichung Gottes
mitwirken, seinem Gesetz der Liebe sich nicht unterwerfen will. Die Neue
Schöpfung sieht dies alles mit dem Auge des Glaubens, des Verständnisses,
und der Apostel versichert, dass dieses Auge manche Dinge zu erkennen
vermag, welche dem Auge des natürlichen Menschen nicht klar und deutlich
sind, weil Gott dieselben „uns“ geoffenbart hat durch seinen Geist,
welcher alle Dinge erforscht, selbst die tiefen Dinge Gottes. - 1. Kor.
2:9, 10
Dieser geistgezeugte Glaube an
unsichtbare Dinge gehört zum gegenwärtigen Erbteil der Neuen Schöpfung
und ist die Voraussetzung für all ihre Hoffnungen und Freuden, das
einzige, was ihr einen Vorgeschmack von der Herrlichkeit zu geben vermag,
welche an ihr geoffenbart werden soll. Er ist nach des Apostels Erklärung
der Grund- und Eckstein, über dem unsere Hoffnungen und Freuden errichtet
werden. „Der Glaube aber ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft,
eine Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht.“ (Hebr. 11:1) Durch
den Glauben werden noch unsichtbare Dinge so greifbar für unseren Geist,
als wären sie sichtbar, ja sie werden in unserer Wertschätzung die
einzigen wirklichen Dinge, weil sie unvergänglich sind, was ihnen vor den
vergänglichen einen großen Vorzug gibt.
Wie nötig es ist, Glauben zu erlangen,
wenn wir unseres gegenwärtigen Erbes teilhaftig werden und es nicht nach
kurzer Zeit wieder verlieren wollen, erhellt aus Jak. 1:5-8: „Wenn aber
jemand von euch Weisheit mangelt, so bitte er von Gott, der allen willig
gibt und nichts vorwirft, und sie wird ihm gegeben werden. Er bitte aber
im Glauben, ohne irgend zu zweifeln; denn der Zweifelnde ist gleich einer
Meereswoge, die vom Winde bewegt hin und her getrieben wird. Denn jener
Mensch (der zweifelnd bittet) denke nicht, dass er etwas von dem Herrn
empfangen werde; ein wankelmütiger Mann ist unstet in allen seinen
Wegen.“ Ohne stark zu werden im Glauben, ist es mithin unmöglich, ein
Überwinder zu werden. Darum ermahnt die Schrift überall, dass wir
wachsen im Glauben und alle Kinder Gottes bedürfen zu beten wie die
Apostel: „Herr, mehre uns den Glauben.“ Und wenn sie so beten, so müssen
sie auch die Mittel anwenden, welche Gott zur Mehrung ihres Glaubens in
ihren Bereich gerückt hat.
Wenn es ihnen ernst mit ihrem Gebet
ist, so werden sie jene Mittel ernstlich benutzen, sie werden den Herrn im
Gebet suchen, werden suchen, sein Wort zu kennen, ihm zu gehorchen, sie
werden seinen Dienst suchen und ihn genießen, suchen, alle Gnadengaben
des Geistes anzuziehen; und wenn das ihre Stellung ist, werden sie einen
starken Glauben, volle Glaubenszuversicht haben, und sie werden „niemals
straucheln. Denn also wird ihnen reichlich dargereicht werden der Eingang
in das ewige Reich unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi“ - zu
rechter Zeit. - 2. Petr. 1:10, 11