SCRIPTURE
STUDIES
VOLUME SIX - THE NEW
CREATION
STUDY
IV
Die
Zuvorbestimmung der Neuen Schöpfung.
Allgemeine
Ansichten über Auserwählung. —
Der richtige Begriff. —
Den Nichterwählten widerfährt kein Unrecht. —
Unterschied zwischen „Erwählten“
und „Auserwählten.“ —
„Eine Sünde zum Tode.“ —
„Es ist
furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.“ - Die Große
Schar. —
Die Waschung ihrer weißen Kleider im Blute des Lammes. —
Der
auserwählte Weinstock und seine Reben. —
Verschiedene Erwählungen in der Vergangenheit. —
Keine von ihnen war für ewig. —
Die Vorbilder Jakob und
Esau. —
„Jakob habe ich geliebt, und Esau habe ich gehasst.“ —
Pharao. —
„Gerade darum habe ich dich erweckt.“ —
Gott legt dem Willen keine
Fesseln an. —
Pharao hiervon keine Ausnahme. —
„Gott verstockte das Herz
Pharaos.“ —
Israel das auserwählte Volk. —
„Was ist nun der Vorteil
der Juden? Viel auf jede Weise.“ —
Die auserwählte „Neue Schöpfung“. —
Was bedeutet „Gnade“? —
Als Erläuterung die königliche Garde. —
„Zuvorbestimmt, dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu sein.“ —
„Die nach Vorsatz berufen sind.“ —
Eigenschaften und Kennzeichen der Berufenen. —
„Ist Gott für uns.“ —
Umschreibung der Beweisführung
des Apostels. —
Das Festmachen unserer Berufung und Erwählung. —
Der Lauf
in der Rennbahn. —
„Ich jage ihm aber nach.“ —
„Wissend eure Auserwählung
von Gott.“
Die
allgemeine Auffassung über die Auserwählung ist sehr wenig befriedigend.
Sie setzt Parteilichkeit und Ungerechtigkeit von Gott voraus. Daran ist
aber schuld, dass das Wort Gottes in diesem Punkt ganz missverstanden wird.
Die biblische Lehre von der Auserwählung hingegen, die wir hier
darzulegen uns bemühen werden, ist geradezu großartig, was jeder zugeben
muss, der gewahrt, dass die Auserwählung nicht auf Gnade allein, sondern
auch auf Gerechtigkeit und Billigkeit gegründet und durchaus unparteiisch
ist.
Die irrige Auffassung ist kurz gefasst
folgende: Gott habe, da das ganze Geschlecht zu ewiger Qual verurteilt sei,
eine kleine Herde auserwählt, die allein dem Verderben entrinnen werde, während
alle übrigen einem unsäglich grauenhaften Schicksal entgegengehen, wozu
sie die göttliche Vorsehung vor Grundlegung der Welt zuvor bestimmt habe.
Das Glaubensbekenntnis von Westminster z.B., das dieser falschen
Anschauung den geschicktesten Ausdruck gibt, fügt außerdem noch bei,
dass „die erwählte kleine Herde“ nicht wegen irgendeines Verdienstes
oder wegen ihrer Würdigkeit, sondern lediglich durch Gottes souveränen
Willen gerettet werde.
Die biblische Lehre der Auserwählung
aber ist, wie wir zeigen werden, das gerade Gegenteil dieser Ansicht. Nach
der Schrift ist der Tod (nicht ewiges Leben in Qual), der alle Menschen um
des Ungehorsams des Einen willen ereilt, der Sünde Sold. Nach der Schrift
offenbart sich die Gnade Gottes in der Erlösung, die in Christo Jesu ist,
in dem Rückkauf der ganzen Menschheit durch sein Blut, das „die Sühnung
ist für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch
für die (der ganzen) Welt.“ (1. Joh. 2:2) Gott hatte bestimmt, dass
sein eingeborener Sohn das Vorrecht haben sollte, die Menschheit für den
Preis seines eigenen Lebens zurückzukaufen und zum Lohn dafür hoch erhöht
zu werden, die göttliche Natur zu erhalten. (Band 5, Kapitel 5) Der Sohn
soll auch schließlich alle Geschlechter auf Erden segnen, indem er sie
zunächst vom Tode auferweckt, sie alsdann zu voller Erkenntnis der
Wahrheit bringt und die Willigen und Gehorsamen zu voller menschlicher
Vollkommenheit, zu Verhältnissen, die noch herrlicher sind als das
Paradies in Eden, zurückführen wird.
Weiter hatte Gott bestimmt, dass sein
Eingeborener eine Anzahl Miterben an der Herrlichkeit, Ehre und
Unsterblichkeit der Neuen Schöpfung und dem Werk, die Menschheit durch
volle Wiederherstellung zu segnen und glücklich zu machen, haben solle.
Solche Miterben nennt die Schrift „Heilige“. Das Evangeliums-Zeitalter
hatte nicht den Zweck, die Welt zu segnen oder wiederherzustellen, sondern
nur aus der Welt eine kleine Herde herauszuwählen, deren Gliedern die
Gelegenheit gegeben wird, ihren Glauben, ihre Liebe und ihren Gehorsam zu
bewähren und dadurch ihre Berufung und Erwählung festzumachen. (2. Petr.
1:10) Aber diese Erwählung bedeutet für die Nichterwählten nichts
Schreckliches noch Unbilliges. Sie werden nicht bestraft dafür, dass sie
nicht auserwählt worden sind. Bei Wahlen in einer Republik geschieht
denen, die nicht erwählt werden, auch kein Schade oder Unrecht. Die
Wahlen haben nur den Zweck, die passenden Personen in Amt und Würden
einzusetzen mit dem Auftrag, durch weise Gesetzgebung und Verwaltung das
Gesamtwohl zu fördern. So gereicht auch die Wahl Gottes der Menschheit
nicht zum Schaden, sondern zum Segen; denn die Erwählten sollen die königlichen
Richter werden, die Könige und Priester des Tausendjahrreiches, unter
deren Herrschaft alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden sollen.
Die Schrift macht einen Unterschied
zwischen „Erwählten“ und „Auserwählten“. Zu den ersten dürften
alle zu zählen sein, die einerseits zu Gott in bestimmte Beziehungen
treten - Beziehungen, die sie zur Hoffnung auf die Unsterblichkeit, auf
einen Platz in der herrlich gemachten Herauswahl berechtigen, die aber
andererseits doch noch abfallen und dann aus der Liste der Erwählten
gestrichen werden können. Mit anderen Worten: Alle Geweihten, die die
hohe Berufung Gottes zur Neuen Schöpfung annehmen, werden als Erwählte
gerechnet, wenn sie in das Lebensbuch des Lammes eingetragen sind und eine
Krone für sie in Bereitschaft gestellt worden ist. Werden solche untreu,
werden ihre Namen im Buche des Lammes ausgelöscht und ihre Kronen anderen
gegeben (Offb. 3:5, 11), so hören sie eben auf, zur erwählten Klasse zu
gehören. Die Auserwählten hingegen sind solche, die des Lohnes
teilhaftig werden können, den Gott den Getreuen des
Evangeliums-Zeitalters verheißen hat, jene, die ihre Berufung und Erwählung
dadurch festmachen, dass sie die Bedingungen, an die diese geknüpft ist,
getreulich bis in den Tod erfüllen.
Unter denen, die verfehlen, ihre
Berufung und Erwählung festzumachen, unterscheidet die Schrift zwei
Klassen. Eine Klasse - die jedoch, wie wir Grund haben zu glauben, nicht
zahlreich ist - wird nicht nur den besonderen Lohn der Auserwählten,
sondern auch das Leben überhaupt verlieren und vom zweiten Tod ereilt
werden. Von diesen schreibt Johannes, wenn er hinsichtlich der Herauswahl
sagt: „Es gibt Sünde zum (zweiten) Tod; nicht für diese sage ich, dass
er bitten soll.“ - 1. Joh. 5:16
Es ist nutzlos, für solche, welche die
Sünde zum (zweiten) Tod begehen, zu beten und zu hoffen. Die Sünde wird
in der Schrift als die Sünde wider den Heiligen Geist bezeichnet. Sie ist
nicht unabsichtlich oder unwissentlich begangen; sie ist das Ergebnis des
Beharrens in dem, was, zu Anfang wenigstens, deutlich als unrecht erkannt
wurde, später aber zu grober Selbsttäuschung wird. Wer eigenwillig darin
beharrt, den übergibt der Herr schließlich dem Irrtum, dem jener vor der
Wahrheit den Vorzug gegeben hat. - 2. Thess. 2:10-12
Petrus und Judas erwähnen diese Klasse
mit fast denselben Worten. Alle, von denen dort (Judas 11-16 und 2. Petrus
2:10-22) die Rede ist, haben einmal zur Herauswahl gehört. Niemand von
ihnen gehörte zur Welt, da diese jetzt nicht gerichtet (auf die Probe
gestellt), sondern ihre Prüfungszeit im kommenden Tausendjahrreich haben
wird. Statt nach dem Geist in den Fußspuren des Herrn auf dem Pfad der
Opferung zu wandeln, „wandeln sie nach ihren Lüsten; und ihr Mund redet
stolze Worte, und vorteilshalber bewundern sie Personen“ - sie suchen
Menschen zu gefallen, weil dies Vorteil bringt; sie sind weit entfernt
davon, ihren Bund zu halten, ihr Opfer bis in den Tod darzubringen. (Judas
16) Petrus beschreibt diese Klasse noch deutlicher. Er sagt, dass sie
solche waren, die „entflohen sind den Befleckungen der Welt durch die
Erkenntnis des Herrn und Heilandes Jesu Christi“, aber wiederum in diese
verwickelt, davon überwältigt werden (Vers 20), „wie der Hund zu
seinem eigenen Gespei zurückkehrt und die gewaschene Sau sich im Kote wälzt.“
(Vers 22) Er vergleicht sie mit Balaam, der von dem geraden Weg abgeirrt
ist, weil er den Lohn der Ungerechtigkeit liebte. (Vers 15) Petrus scheint
anzunehmen, dass diese Klasse hauptsächlich unter den Lehrern der
Herauswahl zu finden sein werde, insbesondere am Ende des Zeitalters, und
dass ein Teil ihrer Verkehrtheit darin bestehe, dass sie Herrlichkeiten lästern
(Vers 1 und 10), das heißt von solchen Böses reden, die Gott geehrt und
in der Kirche „gesetzt“ hat.
Im Hebräerbrief haben wir zwei
Beschreibungen von denen, die abfallen, die aufhören, zu den Erwählten
gezählt zu werden. In der ersten (6:4-9) spricht der Apostel von solchen,
die, nachdem sie die himmlische Gabe und die Güter des zukünftigen
Zeitalters geschmeckt, den Heiligen Geist empfangen haben und als Glieder
der auserwählten Klasse angenommen wurden, in Sünde fallen - nicht in Sünde,
wie sie bei der Schwachheit des Fleisches und der Täuschung durch den
Widersacher unvermeidlich ist, sondern in absichtliche, willentliche
Abweichung vom geraden Weg. Von diesen sagt der Apostel, es sei unmöglich,
sie zur Buße zu erneuern. Sie haben ihren Anteil an den besonderen Gütern,
die das Sühnopfer Jesu uns erwarb, gehabt; sie haben aber diese
Bevorzugung durch Gott gering geschätzt; sie haben ihren Anteil
missbraucht und verbraucht; sie haben also nichts mehr; und da sie dies
mit Willen getan haben, so werden hinfort die Anforderungen zur
Gerechtigkeit bei ihnen wirkungslos bleiben.
In der zweiten Stelle (Hebr. 10:26, 27,
31) scheint der Apostel eine andere Klasse Abfallender zu meinen, die zwar
nicht auf den Sündenpfad abschweifen, noch der Ehrenhaftigkeit zuwider
leben, aber den Glauben fahren lassen, der sie gerecht gemacht hatte, und
dessen Festhalten Vorbedingung zur Gemeinschaft mit Gott ist.
In beiden Fällen besteht die Schwere
des Falles in der Absichtlichkeit: „Wenn wir mit Willen sündigen,
nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben (nachdem wir von
Gott soweit begünstigt worden sind, dass er uns Christum zur Weisheit,
Rechtfertigung und Heiligung gemacht hat), so bleibt kein Schlachtopfer für
Sünden mehr übrig.“ (Vers 26) Das von Jesu dargebrachte Opfer löschte
die Schuld Adams und den Anteil, den alle Menschen von ihrem Stammvater
ererbt haben und der sich in allerlei Schwachheit kundgibt, aus. Für
irgendeine absichtliche Schuld unsererseits aber hat unser Herr nichts
bezahlt; sündigen wir also absichtlich, so ist infolgedessen kein Teil
des Verdienstes Christi, der uns für unsere absichtlichen Vergehungen
angerechnet werden könnte, mehr übrig. Wir müssten also die Strafe für
absichtliche Sünden selbst bezahlen. Und wenn die Sünden ganz
absichtlich gewollt sind, d.h. Schwachheit oder Versuchung keinen Teil
daran haben, wenn sie begangen sind, nachdem wir unsere Stellung, unsere
Beziehung zum Herrn, klar erkannt haben, dann wird es Sünde zum (zweiten)
Tod sein, dann ist jede Hoffnung verloren und nur ein furchtvolles
Erwarten des Gerichtes und ein Feuereifer bleibt übrig, der die
Widersacher verschlingen wird (Vers 27), alle, die ihm, seiner
Gerechtigkeit und seinem Plan wissentlich widerstehen, ihm, der jene
Gerechtigkeit ermöglichte durch die Erlösung, die in Christo Jesu ist,
unserem Herrn.
Im 29. Vers scheint der Apostel solche
im Auge zu haben, die, nachdem sie das Erlösungswerk Christi verstanden
haben, es für nichts achten, das Blut, durch das der Bund besiegelt
worden ist, für gemein (gewöhnlich) halten und so den Geist der Gnade,
der Gnade Gottes, der diese Sühne und Gelegenheit zur Aussöhnung mit ihm
durch das Opfer und die Belohnung unseres Erlösers beschafft hat, verschmähen.
Jemand, der das Gesetz Moses verworfen hat, stirbt ohne Barmherzigkeit (Vers
28), wenn auch nicht den unwiederbringlichen Tod; wer aber den
gegenbildlichen Mose und seinen mit seinem Blut versiegelten Bund und
somit Gott verachtet, der diese Vorkehrung zu seinen Gunsten getroffen
hat, wird viel größerer Strafe wert geachtet werden als jene, die über
die Übertreter des Gesetzesbundes kam. Diese Strafe wird insofern größer
sein, als es von diesem zweiten Tod keine Auferstehung gibt. Kein Wunder
also, dass uns der Apostel darin so ernst ermahnt, ja nicht die
Vorkehrungen der göttlichen Gnade abzulehnen; sich außerhalb derselben
zu stellen, bedeutet nichts Geringeres, als in die Hände des allmächtigen
Gottes zu fallen, des großen Richters, der Sünde nicht entschuldigen
kann, dessen einzige, aber auch hinreichende Gnadenvorkehrung für den Sünder
in der Erlösung durch unseren Herrn Jesum Christum besteht.
Die
Große Schar
Doch gehen nicht alle, die aus der
Liste der Erwählten gestrichen werden, in den zweiten Tod. Außer diesen
gibt es, wie oben angedeutet, eine viel zahlreichere Klasse, deren Glieder
verfehlen, ihre Berufung und Erwählung festzumachen. Sie gehen nicht in
den zweiten Tod, weil sie sich weder absichtlich einem sündigen Wandel
ergeben, noch das Verdienst des kostbaren Blutes Jesu leugnen. In dieser
Klasse glauben wir die ungezählte Schar derer zu erkennen, die aus großer
Trübsal kommen und ihre Kleider gewaschen und weiß gemacht haben im
Blute des Lammes. Sie erhalten zwar die geistige Natur und einen großen
Segen, sie werden auch Eingeladene sein, Gäste beim Hochzeitsmahl des
Lammes, aber sie verlieren den großen Preis, der nur den Auserwählten
zuteil wird, den getreuen Überwindern, denen, die freudig und willig in
die Fußspuren Jesu treten. (Offb. 7.) Diese „Große Schar“ verliert
ihren Platz unter den Erwählten; sie verfehlt, zu den Auserwählten zu
gehören aus Mangel an Eifer für den Herrn, seine Wahrheit und seine Brüder,
weil bei ihr die Sorgen um das gegenwärtige Leben überwiegen. Doch da
ihre Herzen ihrem Erlöser treu bleiben, da sie ihren Glauben an das
kostbare Blut festhalten und nicht verleugnen, wird der Herr Jesus, unser
Fürsprecher, der Anführer unseres Heils, der die Auserwählten auf dem
Pfad der freiwilligen Darangabe zur Herrlichkeit führt, jene zu einem
anderen geistigen Glück, zur Vollkommenheit geistiger Wesen niedrigeren
Ranges führen, weil sie ihm vertraut und seinen Namen und sein Werk nicht
verleugnet haben.
Von der Herauswahl der „Neuen Schöpfung“
spricht unser Herr Jesus in dem Gleichnis vom Weinstock, wo er sagt, dass
er der Weinstock und seine getreuen geweihten Nachfolger, die in seinen Fußstapfen
wandeln, die Reben seien. Er sagt uns durch dieses Gleichnis, dass den
Reben keineswegs die Prüfungen und Schwierigkeiten erspart werden,
sondern dass im Gegenteil der Vater, der große Weingärtner, dafür
sorgen wird, dass ihre Treue, ihr Glaube, ihre Geduld und Ergebenheit
durch Prüfungen erprobt werden. Auf diese Weise werden wir gereinigt und
dahin gebracht werden, dass wir unser Herz je länger je weniger an die
Dinge dieser Welt, deren Hoffnungen und Bestrebungen hängen, dass wir
umso reichlicher Früchte des Geistes hervorbringen, welche sind: Milde,
Geduld, Freundlichkeit, Langmut, brüderliche Liebe, allgemeine Liebe;
dass diese Dinge in uns sein und immer überströmender in uns werden mögen,
und dass uns so als Neuen Schöpfungen der Eingang in das ewige Reich
unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi reichlich dargereicht werde. - 2.
Petr. 1:11
Aber der Herr warnt uns zugleich und
sagt, dass es nicht genügt, nur an dem wahren Weinstock eine Rebe zu sein.
Die Kraft des Weinstockes muss in uns sein, der Wunsch, die Früchte des
Weinstockes zu tragen, muss unsere Herzen erfüllen. Darum gestattet uns
der Weingärtner, eine angemessene Zeit Reben am Weinstock zu sein, damit
er erkennen kann, ob wir auch Anstrengungen machen, die rechten Früchte
hervorzubringen. Er verwirft uns nicht sofort als ungeeignet; er wird an
jungen Reben nicht gleich reife Trauben, ja, nicht einmal grüne Herlinge
suchen. Er wird zunächst vielmehr nach den Fruchtknospen Ausschau halten,
alsdann schauen, ob sie sich zu Blüten entwickeln, und hierauf erst, ob
aus den Blüten grüne Beeren geworden sind. Der Weingärtner hat lange
Geduld; er lässt der Entwicklung dieser Frucht des Weinstockes, den „meines
Vaters rechte Hand gepflanzt“ (Psalm 80:15), reichlich Zeit; verstreicht
aber diese ergebnislos, so schneidet er die unfruchtbaren Reben, die den
Saft und die Kraft des Weinstockes nur zu eigenem Wachstum in sich
aufnehmen, aber die Früchte, die dieser Saft zu erzeugen bestimmt ist,
nicht hervorbringen, als Schmarotzer ab. So deutet unser Herr unmissverständlich
an, dass wir unsere Berufung und Erwählung, deren Ende oder Lohn ewiges
Leben ist, durch Hervorbringen von Früchten zur Heiligung festmachen müssen.
Verschiedene
Erwählungen in der Vergangenheit
Lasst uns noch unsere Aufmerksamkeit
einigen anderen Erwählungen, die in der Schrift erwähnt sind, zuwenden,
damit wir unsere diesbezüglichen Kenntnisse erweitern und vertiefen mögen,
bevor wir weiter von jener Erwählung reden, die unser Hauptaugenmerk auf
sich zieht - nämlich der Erwählung zur Neuen Schöpfung. Wir müssen
scharf unterscheiden zwischen den Erwählungen, die vor der ersten
Gegenwart unseres Herrn stattfanden, und der Erwählung der Neuen Schöpfung
unter ihm als ihrem Haupt und Führer. Von dieser letzteren gilt: „Ihr
seid alle berufen in der einen Hoffnung eurer Berufung“, während die früheren
Erwählungen verschiedene Zwecke Gottes verfolgten. Abraham wurde erwählt,
ein Vorbild Jehovas zu sein, sein Weib Sara, damit sie den abrahamitischen
Bund vorschattete, kraft dessen der Messias kommen sollte. Hagar war erwählt,
den Gesetzesbund, und Ismael war erwählt, das Volk Israel nach dem
Fleisch vorzuschatten, das, obwohl vorher geboren, doch nicht Miterbe
Isaaks, des Sohnes der Verheißung, werden sollte. Isaak wurde erwählt,
ein Vorbild Christi zu sein, und Rebekka das der Herauswahl, der
Brautklasse, des Weibes des Lammes. Der Knecht Abrahams, Elieser, war erwählt,
den Heiligen Geist vorzuschatten, der die Herauswahl einladet (beruft),
leitet und schließlich, samt den Jungfrauen, die ihr folgen, dem Bräutigam
zuführt.
Diese Erwählungen hatten mit der
ewigen Bestimmung der Erwählten nichts zu tun; wir dürfen aber annehmen,
dass sie, weil sie vom Herrn als Vorbilder benutzt wurden, für das, was
sie etwa, in ihrer Eigenschaft als Vorbilder, hatten darangeben müssen,
zeitliche Vergütungen erhalten haben, und je weiter sie sich in die
leitenden Gedanken des Planes Gottes vertieften, um so größer dürfte
ihr Trost und ihre Freude gewesen sein. Wo der Apostel die Erwählung
bespricht (Röm. 9-11), bemüht er sich zu zeigen, dass Israel nach dem
Fleisch keine Ungerechtigkeit erfuhr, als Gott sich zur Vervollständigung
der Neuen Schöpfung an die Nationen wandte. Er weist darauf hin, dass der
Allmächtige Gunst bezeugen kann, und dass es in seinem Belieben stehe,
wem er sie zuwenden wolle. Der Apostel zeigt, dass Gott dem Volk Israel
als einer Nation gewisse Vorrechte zuwendete, und dass er dasselbe tat mit
einigen Stammvätern Israels als Einzelwesen, die er als Vorbilder
gebrauchte und darum auszeichnete und segnete, dass er aber andererseits
nicht als verpflichtet gelten wollte, den Israeliten ihre Vorzugsrechte
immer zuzuwenden und andere davon auszuschließen, die ihrer nicht weniger
würdig seien. Im Gegenteil sei es ganz natürlich, dass der Herr denen,
die davon keinen Gebrauch machen, seine Vergünstigung entziehe und
anderen zuwende.
Außerdem wollte der Apostel, dass wir
erkennen möchten, dass der Herr zuvor wusste, was aus der Bevorrechtung
des Volkes Israel hervorgehen werde, wie es, ein Überrest ausgenommen (Röm.
9:27-32), wenn seine Zeit gekommen sei, gar nicht in einer Herzensstellung
sein würde, welche die Zuwendung der allergrößten Gnadengabe - die Neue
Schöpfung auszumachen - ermöglicht hätte. Zur Beleuchtung dieser
Tatsache lenkt der Apostel unsere Aufmerksamkeit darauf, dass Gott, indem
er eine Auswahl zwischen den zwei noch nicht geborenen Söhnen Rebekkas
traf, damit einen Beweis erbrachte dafür, dass er wusste, wie sich die
Verhältnisse einige Jahrhunderte später gestalten würden. Der Herr
machte die Zwillingsbrüder Esau und Jakob zu Vorbildern, den letzteren für
seine Getreuen, die Neue Schöpfung, den ersteren für Israel nach dem
Fleisch, das den Dingen des gegenwärtigen Lebens den Vorzug geben und
seine himmlischen Vorrechte für ein Linsengericht (irdische Güter)
verkaufen würde. Im Fall Jakobs und Esaus erwies sich sicherlich die Erwählung
Jakobs zum Vorbild der Überwinder als ein Segen für ihn, obwohl es ihm
viel kostete; aber die Erwählung Esaus zum Vorbild jener, deren
Aufmerksamkeit auf die natürlichen Dinge gerichtet sein würde, die
irdische Vorteile himmlischen Gütern vorziehen würden, schadete Esau
selbst auch keineswegs. Es bedeutet für ihn weder ewige Qual im zukünftigen,
noch irgendein Leiden im gegenwärtigen Leben. Im Gegenteil, er wurde bei
all seiner Weltlichkeit mit Irdischem gesegnet. Natürlichen Menschen wird
auch heutzutage von Seiten Gottes manches Gute zuteil, das er in seiner
Gnade den zur Neuen Schöpfung Erwählten vorenthält, weil es für ihre
geistigen Interessen weniger förderlich wäre, wie er auch Jakob einige
irdische Vorteile vorenthielt, damit er hierin ein Vorbild der erwählten
Klasse werden könne. Andererseits aber hatte Jakob viel Freude und Segen,
die Esau nicht erhielt, die Esau auch nicht zu würdigen verstanden hätte,
wie auch die Neue Schöpfung jetzt, inmitten ihrer Prüfungen und Enttäuschungen
sich eines Friedens, einer Freudigkeit und einer Segnung erfreut, von
denen die Welt nichts weiß.
Die in Röm. 9:13 aus dem Alten
Testament angeführte Stelle: „Den Jakob habe ich geliebt und den Esau
habe ich gehasst“ ist für viele „eine harte Rede“, weil der
Ausdruck „gehasst“ von Seiten Gottes eine Gegnerschaft vorauszusetzen
scheint, die Esau, soweit menschlicher Verstand die Sache zu erfassen
vermag, nicht in höherem Maße verdiente als andere Menschen, und weil
dieser „Hass“ Gottes ihn betroffen hätte, bevor er etwas Gutes oder Böses
getan. Das Wort „gehasst“ bedeutet hier, wie in 5. Mose 21:15-17,
sicherlich soviel wie „weniger geliebt.“ Der Gedanke ist, dass Jakob
von Gott mehr begünstigt wurde als Esau, und darin sind beide Vorbilder
des natürlichen und geistlichen Israel. Die Gunst, die Gott dem natürlichen
Israel, dargestellt durch Esau, erwies, war, wiewohl sehr groß (Röm.
3:1,2), doch weniger groß, als die dem geistlichen Israel erwiesene,
dargestellt durch Jakob. So verstanden ist alles harmonisch und
miteinander in Übereinstimmung.
„Eben
hierzu habe ich dich erweckt“
Zum Beweis seiner Behauptung, dass der
Herr jederzeit in den Angelegenheiten der Menschen seine Macht hat
mitspielen lassen, und dass er hierzu durchaus berechtigt war, führt der
Apostel den Fall jenes Pharao an, der zur Zeit der Befreiung Israels auf
dem Throne Ägyptens saß. Er zitiert die Botschaft, die Mose diesem
Herrscher von Seiten Jehovas ausrichten musste: „Eben hierzu habe ich
dich erweckt, damit ich meine Macht an dir zeige, und damit mein Name verkündigt
werde auf der ganzen Erde.“ (2. Mose 9:16) „So denn, wen er will,
begnadigt er, und wen er will, verhärtet er.“ - Röm. 9:18
Vor einiger Zeit gab die französische
Regierung einige zum Tode verurteilte Verbrecher zu wissenschaftlichen
Versuchen frei und stellte an ihnen fest, wie groß der Einfluss der
Furcht auf die Lebenstätigkeit des Menschen sei. Der eine wurde nach
seiner Verurteilung in eine Zelle gebracht, von der man ihm sagte, es sei
in ihr in der Nacht zuvor ein Gefangener an den schwarzen Blattern
gestorben, und er werde vermutlich vor dem kommenden Morgen an derselben
Krankheit sterben. Der Fall traf tatsächlich so ein, wiewohl kein
Blatternkranker in der Zelle gewesen war. Einem anderen wurde gesagt, man
werde ihn verbluten lassen, um zu sehen, wie lange es dauern würde, um
den Tod durch eine Blutung aus einer Pulsader herbeizuführen. Man verband
ihm die Augen, sein Arm wurde durch eine dünne Scheidewand gestoßen und
nur geritzt, der Verbrecher verlor nur einige Tropfen Blut; aber man ließ
warmes Wasser an seinem Arm herab und über seine Finger in ein Becken
laufen, so dass er es plätschern hörte. Der Mann starb innerhalb weniger
Stunden.
Während solch ein Verfahren mit den
dem Gesetz gehorchenden Bürgern sich nicht rechtfertigen ließe, liegt
hier der Fall insofern anders, als diese zwei Männer bereits rechtlich
zum Tode verurteilt waren. Genauso verhält es sich bezüglich des
Verfahrens des Herrn mit dem menschlichen Geschlecht. Wäre der Mensch
gehorsam geblieben, so wäre kein Todesurteil über ihn ergangen, und er hätte
vor dem Gesetz Gottes bestimmte Rechte, die er jetzt nicht mehr hat. Wir
sind als Adams Geschlecht alle schuldig befunden und zum Tode verurteilt
(Röm. 5:12), und dem Herrn hat es gefallen, an verschiedenen seiner Sträflinge
seine Macht und Weisheit in verschiedener Weise zu erzeigen. So befahl er
den Israeliten, die Amalekiter, Hethiter und Kanaaniter auszurotten, wobei
Israel die erhöhte Herauswahl und ihre Feinde die absichtlichen Sünder
und Feinde der Gerechtigkeit im zukünftigen Zeitalter vorschatteten. So
verbrannte er Sodom und Jericho und ließ Tausende von Israeliten an
Seuchen sterben, tötete Usa, der nur seine Hand ausgestreckt hatte, um
die Bundeslade am Fallen zu verhindern; denn in der Berührung der
Bundeslade seitens eines Israeliten lag eine Missachtung ihrer Heiligkeit
und des Gebotes Gottes.
So benutzte der Herr auch den Pharao,
die zehn Plagen Ägyptens, namentlich die zehnte, die Tötung aller männlichen
Erstgeburten bei Mensch und Vieh, und schließlich die Ertränkung des ägyptischen
Heeres im roten Meer als Vorbilder. Die Ägypter waren als Nachkommen
Adams zum Tode verurteilt, so dass ohne die geringste Ungerechtigkeit das
Todesurteil an ihnen auch vollstreckt werden konnte, damit der Name und
die Macht Gottes, mit der er sein vorbildliches Volk Israel befreite, kund
würde.
Auf der anderen Seite verwendete Gott
andere Verurteilte (Abraham, Mose usw.) als Vorbilder für die guten
Dinge, die er in nächster Zukunft zu verwirklichen gedenkt, ohne darum
diesen Vorbildern, ebenso wenig wie den anderen gegenüber das Todesurteil
aufzuheben. Dies überließ er unserem Erlöser und Rückkäufer Jesus
Christus.
Nachdem wir nun erkannt haben, dass
Gott seine Herrscher- und Richtergewalt an seinen Verurteilten ausübt,
wie er will, dass er den einen diese, den anderen jene Erfahrungen machen
ließ, dass alle diese Erfahrungen aber, wie der Apostel zeigt, Vorbilder
des Verfahrens der Erwählung der Neuen Schöpfung waren, bleibt uns noch
übrig zu erkennen, dass Gott bei keiner seiner Erwählungen dem Willen
des Menschen Gewalt antat. So etwas wäre mit dem Verfahren Gottes
unvereinbar. Als er Abraham, Isaak, Jakob, Mose und andere mehr erwählte,
damit sie Vorbilder seien, erwählte er Menschen, deren Gesinnung mit der
seinigen und mit seinen Absichten und Offenbarungen ungefähr übereinstimmte.
Aber er tat nichts, das sie gehindert hätte, etwas Anderes zu wollen als
er, wenn sie es vorgezogen hätten. Genauso benutzte er andere Menschen,
wie Ismael, Esau, die Kanaaniter, die Ägypter, die Sodomiter usw. zu
anderen Vorbildern, einfach durch Benutzung ihrer natürlichen Anlagen. Er
zwang sie ebenso wenig, Böses zu tun, wie er die anderen zwang, seinem
Willen zuzustimmen. Mit jeder Klasse verfuhr der Herr einfach gemäss
ihren Neigungen.
Wenn wir also lesen: „Eben hierzu
habe ich dich (den Pharao) erweckt“, so dürfen wir das nicht so
verstehen, dass Gott in dem Pharao einen schlechten Charakter geschaffen,
dass er ihn gezwungen hätte, böse zu sein. Vielmehr müssen wir die
Sache so verstehen, dass Gott unter den verschiedenen Thronerben Ägyptens
gerade diesen auf den Thron brachte (indem er vielleicht die anderen
sterben ließ), weil er ein solch verstockter Mensch war, dass seine Hartnäckigkeit
beim Widerstand gegen Gott und beim Bedrängen Israels billiger- und
gerechterweise zu den zehn Plagen führen musste, die Gott zuvor verordnet
hatte, nicht nur zur Bezeugung seiner Vergünstigung Israels für dessen
treues Festhalten an den Verheißungen, die Abraham, Isaak und Jakob
zuteil geworden waren, sondern auch als Vorbild der Plagen, mit denen das
gegenwärtige Zeitalter enden wird, den drei ersten und den „sieben
letzten Plagen.“ - Offb. 15:1
Am meisten befremdet jedoch manche in
diesem Fall der Ausdruck, dass „Gott das Herz des Pharao verhärtete,
dass er das Volk nicht ziehen ließ.“ Auf den ersten Blick scheint das
dem zu widersprechen, was wir eben sagten, nämlich dass Gott den Willen
des Menschen nicht vergewaltigte. Wir halten jedoch dafür, dass dieser
Widerspruch sofort beseitig ist, wenn wir daran erinnern, in welcher Weise
der Herr das Herz Pharaos verhärtete. Was tat Gott, das diese Verhärtung
zur Folge hatte? Er zeigte sich gütig; er erhörte die Fürbitte Moses
zur Befreiung des Pharao von den Plagen und nahm seine Versprechungen
ernst. Gottes Barmherzigkeit wirkte bei einem Charakter wie dem Pharaos
aber verstockend. Hätte Gott die erste Plage so lange dauern lassen, bis
das Volk Israel ausgezogen wäre, so hätte sie genügt. Aber so oft der
Herr die Plage über Land und Volk aufhob, dachte Pharao, es sei jetzt
vorbei, und es komme keine neue Plage. So trieb ihn Gottes Barmherzigkeit
Schritt für Schritt zu größerem Widerstand. So gesehen, erscheint der
Wille Pharaos als durchaus frei und der Herr bei dem ungerechten Tun
seines Widersachers als unbeteiligt. „All sein Werk ist vollkommen“,
auch dann noch, wenn die Güte Gottes, die die Menschen zur Bußfertigkeit
anleiten sollte, infolge der vorherrschenden Unvollkommenheit der gegenwärtigen
Verhältnisse zuweilen gerade das Gegenteil bei ihnen bewirkt.
Die
Erwählung des Volkes Israel
Dass Gott das Volk Israel unter allen
Nationen der Welt auserwählt hat, um sein Volk zu sein und das geistliche
Israel vorzuschatten, wird von allen Christen, die ihre Bibel kennen,
zugegeben werden. Die Aussage des Propheten Amos ist in dieser Beziehung
durchaus klar: „Nur euch habe ich von allen Geschlechtern der Erde
erkannt (anerkannt)“. (Amos 3:2) Durch den Mund Jes.(45:4) spricht der
Herr zu Cyrus, dem Mederkönig, der den Israeliten die Rückkehr aus der
Gefangenschaft gestatten sollte: „Um Jakobs, meines Knechtes, und
Israels, meines Auserwählten, willen rief ich dich bei deinem Namen.“
Die Tatsache, dass diese Worte vorbildlich auf Christum und die Befreiung
des geistlichen Israels aus dem gegenbildlichen Babylon bezogen werden können,
darf nicht damit verwechselt werden, dass in dieser Stelle das
vorbildliche Israel als „auserwählt“ bezeichnet wird. In seiner
klaren und einleuchtenden Auseinandersetzung hinsichtlich des Überganges
der Gunst Gottes vom natürlichen zum geistlichen Israel (Röm. 9-11)
zeigt Paulus deutlich, dass Gottes Gunst eine Zeitlang dem Volk Israel
zugewendet war, wiewohl der Herr vorher wusste und voraussagte, dass es
aus der besonderen Gnade (Bevorzugung) werde hinausgestoßen werden, und
dass ein anderes Volk, das geistliche Israel, in die bevorzugte Stellung,
die durch die Erwählung Jakobs vorgeschattet worden war, vorrücken
werde.
Der Apostel zeigt, wie die Israeliten,
als Gottes begünstigte oder auserwählte Nation, für eine Zeit auf jede
Weise große Vorteile davon hatten im Vergleich zu allen sie umgebenden
Nationen in der Welt, indem ihnen die Verheißungen Gottes anvertraut
worden waren. Sie waren einst Zweige am echten Ölbaume, und Gott brach
aus ihm nur jene Zweige heraus, die sich mit der Wurzel der Verheißung
und mit dem Stamm, vorgeschattet durch Abraham, Isaak und Jakob, in
Widerspruch setzten. „Was Israel sucht, das hat es nicht erlangt; aber
die Auswahl (die Würdigen - Joh. 1:12,13) hat es erlangt, die Übrigen
aber sind verstockt worden.“ Obwohl die ganze Nation ursprünglich
auserwählt war, um Gottes auserlesene Gunst zu empfangen, so waren doch
nur die gläubigen Israeliten in der richtigen Herzensstellung, um, als
die Zeit hierfür gekommen war, geistliche oder gegenbildliche Israeliten
zu werden. Die letzteren waren die Auserwählten jener Nation; sie wurden
würdig erachtet, am Ende des vorhergehenden Zeitalters in das neue
Zeitalter, zur hohen Berufung aus dem Haus der Knechte in das der Söhne
hinüberzugehen. (Hebr. 3:5; Joh. 1:12) Wir, die wir von Natur aus den
Nationen waren und keinen Anteil hatten an den Bündnissen mit dem
vorbildlichen Israel und den darauf sich beziehenden Verheißungen, haben
nun durch Gottes Gnade Gelegenheit, einen dem Abraham gleichen
Glaubensgehorsam zu entwickeln und der Braut Christi, dem wahren Samen
Abrahams, zugezählt zu werden, eingepfropft zu werden an den Stellen, wo
die natürlichen Zweige des Ölbaumes ausgebrochen worden sind, im Plan
Gottes die Stellen der natürlichen Zweige einzunehmen und ihrer Verheißungen
teilhaftig zu werden. Die ausgebrochenen Zweige wurden während des
Evangeliums-Zeitalters zwar als Feinde gehalten, aber „um der Väter
willen sind sie Geliebte, denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes
sind unbereubar.“ - Röm. 11:28, 29
So belehrt uns der Apostel, dass
gewisse Züge der ursprünglichen Erwählung Israels diesem Volk zu eigen
verbleiben, ungeachtet seiner Verwerfung als Volk, die zur Folge hatte,
dass ihm die Hauptgunst, nämlich das geistliche Israel zu werden,
verloren ging. Da sich die Verheißungen an Abraham, Isaak und Jakob und
an den Propheten erfüllen werden, wenn sie während des ganzen
Tausendjahr-Zeitalters „Fürsten“ auf Erden oder Vertreter des
geistigen Königreiches sein werden, so wird dies ein großer Vorteil für
die meisten Israeliten sein, die jetzt noch ihrem Gott entfremdet sind und
im Finstern sitzen. Sie können und werden mit ihren einstigen irdischen
Vorbildern und Führern leichter eins werden als die übrigen Völker, und
so wird Israel am Anfang des Tausendjahr-Zeitalters den ersten Rang unter
den Völkern einnehmen. „Gott hat alle zusammen in den Unglauben
eingeschlossen, auf dass er alle begnadige.“ – Röm. 11:32
Die
Erwählung der „Neuen Schöpfung“
So treten wir denn an den wichtigsten
Teil unseres Gegenstandes heran, nachdem wir mit einiger Kenntnis der Erwählungen
der Vergangenheit und deren vorbildlicher Bedeutung als Hinweise auf jenes
große Werk Gottes, die Erwählung der Neuen Schöpfung, ausgerüstet
worden sind. Wir haben schon gesehen, dass diese Erwählung für die übrigen
(nicht erwählten) Menschen keinen Nachteil, sondern vielmehr einen Segen
bringen wird, wenn nur erst die rechte Zeit dafür gekommen ist. Wir können
in diesem Zusammenhange hinzufügen, dass weder Gerechtigkeit noch Liebe
einen Widerspruch gegen die Gewährung einer besonderen Gunst für einige,
die anderen nicht gewährt würde, erheben könnte, selbst wenn die Begünstigten
nicht dazu bestimmt wären, Segenskanäle der weniger Begünstigten oder
nicht Begünstigten zu sein. Jemandem Gnade oder Gunst erweisen, heißt
etwas tun, wozu die Gerechtigkeit nicht verpflichtet. In diesem Sinn wird
auch in der ganzen Schrift die Herauswahl als „begnadigt“ oder „begünstigt“
bezeichnet. „Aus Gnaden seid ihr errettet.“ Diese und ähnliche
Stellen machen es uns recht eindrücklich, dass seitens des Allmächtigen
eine Verpflichtung, auch nur einen Nachkommen Adams vom Todesurteil wieder
freizumachen oder auch nur einem die Gelegenheit zu geben, ewiges Leben zu
ererben, nicht bestand. Um so weniger konnte Gott verpflichtet sein,
einige gefallene Menschen durch die himmlische Berufung zu ehren, sie als
Glieder der Neuen Schöpfung in Aussicht zu nehmen. Das ist alles göttliche
Vergünstigung: „Gnade um Gnade“, Gunst um Gunst, und wer sich dessen
nicht klar bewusst ist, der wird auch niemals recht zu würdigen wissen,
was gegenwärtig vor sich geht.
Der Apostel Petrus versichert, dass die
Herauswahl nach Vorkenntnis Gottes, des Vaters, auserwählt sei, aber er fügt
gleich hinzu: „Durch Heiligung des Geistes zum Gehorsam und zur
Blutbesprengung Jesu Christi.“ (1. Petr. 1:2) Dies will besagen, dass
Gott die „Neue Schöpfung“ als eine besondere Klasse voraussah, dass
er, schon bevor sie gezeugt war, die Absicht hatte, sie durch Glauben an
das Blut Christi gerecht zu machen, und dass er wusste, dass eine
hinreichende Anzahl Menschen gehorsam sein und durch die Wahrheit
geheiligt werden würde, um die zuvor bestimmte Vollzahl zu erreichen.
Aber keine Schriftstelle zwingt zu der Annahme, dass Gott auch die
Einzelwesen, die zu dieser Vollzahl gehören würden, zuvor gekannt habe.
Wer deren Haupt sein sollte, das freilich war zuvor bestimmt; uns wird
gesagt, dass Gott Jesum als seinen Auserwählten zuvor gekannt habe. Wir möchten
freilich nicht so verstanden sein, als meinten wir, Gott vermöchte nicht
zuvor zu wissen, welche Wesen die Herauswahl ausmachen würden; wir sind
nur der Ansicht, dass, welcherlei Macht Gott in dieser Beziehung auch
habe, doch nicht erklärt sei, ob er von diesem Können Gebrauch zu machen
beabsichtigte. Er verordnete, dass Christus der Erlöser der Welt und zum
Lohn dafür das erste Glied, das Haupt, der Herr und Meister der Neuen Schöpfung
werden sollte. Er verordnete, dass eine bestimmte Anzahl Menschen als
seine Miterben und Teilhaber am Reich, als weitere Glieder der „Neuen
Schöpfung“, auserwählt werden sollten. Wir haben allen Grund,
anzunehmen, dass diese bestimmte Anzahl die in der Offenbarung erwähnten
144.000 „aus den Menschen Erkauften“ sind. – Offb. 7:4; 14:1
Die Zuvorbestimmung vor Grundlegung der
Welt, dass eine solche Zahl auserwählt werden sollte, dürfte in der
gleichen Weise zu verstehen sein, wie die Zuvorbestimmung einer bestimmten
Abteilung der englischen Armee, die als „des Königs Leibgarde“
bezeichnet wird, oder wie die ähnlichen Bestimmungen über die preußischen
Gardegrenadiere. Diese Truppen bestanden aus besonders großen und kräftig
entwickelten Männern, deren Mindestmass, Schwere und Vollzahl bestimmt
war, schon bevor sie geboren wurden. Wie die englischen und preußischen Könige
diese körperlichen Erfordernisse und die Zahl der zu ihrer Garde zugehörenden
Mannschaften zuvor verordneten, so bestimmte auch ein aus königlicher
Machtvollkommenheit erlassenes Gesetz des Schöpfers die Zahl derer, die
zur „Neuen Schöpfung“ gehören sollten, und anstatt körperlicher
machte er Herzens- oder geistige Eigenschaften zur Vorbedingung, um ihr
zugezählt zu werden. So wenig es nötig war, die Namen derer zuvor zu
bestimmen, die die „Leibgarde des Königs“ von England oder preußische
Gardegrenadiere werden sollten, ebenso wenig ist es nötig, dass unser Schöpfer
die Namen der Einzelwesen zuvor bestimmte, die durch Erfüllung der von
ihm kund gemachten Erfordernisse als Neue Schöpfungen in Christo vor ihm
annehmbar werden sollten.
Dass dies so ist, wird durch Röm. 8:29
besonders klar gemacht: „Denn welche er zuvor erkannt hat, die hat er
auch zuvor bestimmt, dem Bilde seines Sohnes gleichförmig (d.h. dem Sohn
ähnlich) zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.“
Eine solche Zuvorbestimmung ist sehr
verschieden von der Gnadenwahl, wie sie vornehmlich von Calvin verfochten
wurde. Um dessen Lehren zu stützen, müsste die Stelle lauten: „Die hat
er auch zuvor bestimmt, der ewigen Qual zu entrinnen und ewiges Leben in
himmlischer Herrlichkeit zu genießen.“ Da lautet denn doch die Schrift
ganz anders und viel vernünftiger. Gott hat zuvor bestimmt, dass sein
Eingeborener das Haupt der Neuen Schöpfung sein soll, und dass einzig
jene Menschen Glieder der Neuen Schöpfung werden können, die seinem Sohn
ähnlich werden. Wie schön und vernunftgemäß ist diese biblische Lehre
von der Gnadenwahl! Wer könnte noch an der Weisheit, Gerechtigkeit und
Liebe der Auserwählten zweifeln, wenn, um ihnen beigezählt zu werden,
die Ähnlichkeit mit Jesu als entscheidender Faktor für das Vorrecht des
Mitwirkens bei der Wiederherstellung und Segnung aller Geschlechter auf
Erden gefordert wird?
„Die
nach Vorsatz berufen sind“
(Römer
8:28-30)
Wir könnten diese Stelle nicht besser
als mit des Apostels eigenen Worten erläutern. In den vorhergehenden
Versen, (22 und 23) erklärt er, was Gott mit der Berufung der Neuen Schöpfung
bezweckt: nämlich, sie außerordentlich zu segnen, damit sie andere
segnen könne, nämlich die seufzende Schöpfung, die in Geburtswehen
liegt und auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes wartet. (Vers 21 und
22) Hierauf zeigt der Apostel, dass alle Dinge denen zum Guten dienen, die
er zur Neuen Schöpfung beruft, dass für die Gegenwart Enttäuschungen,
Prüfungen, Widrigkeiten, der Widerstand von Fleisch, Welt und Widersacher
dazu bestimmt sind, in uns friedsame Früchte der Gerechtigkeit zu
erzeugen und dadurch ein weit überwiegendes ewiges Gewicht von
Herrlichkeit für uns zu bewirken, jener Herrlichkeit, zu der wir berufen
sind, und nach der wir uns strecken dürfen. Der Apostel bezeichnet uns
die Vorkehrung des Herrn zugunsten der Berufenen, denen alle Dinge zum
Guten mitwirken. Wir dürfen an diese Berufung gar nicht anders denken als
in Verbindung mit dem Gedanken an unseren älteren Bruder. Niemand konnte
ihm zuvorkommen; einzig wer dessen Fußstapfen sieht und in sie tritt,
kann überhaupt hoffen, Teilhaber der himmlischen Herrlichkeit zu werden.
Die Zuvorbestimmung Gottes, dass alle diese Brüder Christi ihrem älteren
Bruder ähnlich sein müssen, wenn sie an der Neuen Schöpfung Anteil
haben wollen, würde jedem Menschen alle und jede Aussicht, Teilhaber
dieser Herrlichkeit zu werden, rauben, wenn Gott dafür nicht durch die
Erlösung, die in Christo Jesu ist, Vorsorge getroffen hätte, dass die
Schwachheiten des Fleisches, die in uns wohnen, und die wir nicht völlig
beherrschen können, alle durch das Verdienst des Opfers des Erlösers
bedeckt werden. Durch diese Vorkehrung kann Gott übersehen, dass wir im
Fleisch nicht getreue Bilder seines Sohnes sind, sofern wir durch
Beherrschung des Fleisches mittels des Willens, soweit es uns möglich
ist, diese Gesinnung auch beweisen; für das, was jenseits unseres Könnens
liegt, für unabsichtliche Schäden und Verfehlungen, kommt unser Herr
Jesus durch seine hinreichende Gnade auf.
In seiner Beschreibung der berufenen
Klasse sagt der Apostel weiter: „Welche er aber zuvor bestimmt hat,
diese hat er auch berufen; und welche er berufen hat, diese hat er auch
gerechtfertigt; welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch
verherrlicht.“ (Vers 30) Diese Stelle wird meist missverstanden, weil
sie auf die meisten Leser den Eindruck macht, der Apostel erwähne hier
die Erfahrungen des Christen in der üblichen, aufeinander folgenden
Ordnung, wie dies z.B. in der im vorigen Studium besprochenen Stelle der
Fall ist. Aber hier beginnt der Apostel offensichtlich am anderen Ende. Er
fasst die Herauswahl bereits als vollzählig, erhöht und herrlich gemacht
ins Auge, und von hier aus verfolgt er den Werdegang der Entwicklung der
Neuen Schöpfung rückwärts, indem er zeigt, dass niemand herrlich
gemacht wird, er sei denn zuvor durch Gottes Gnade berufen worden, und
dass niemand berufen wird, er sei denn zuvor aus Glauben gerechtfertigt;
denn nur Glaubende werden zum Wettlauf nach dem Kleinod zugelassen. Und
alle diese Gerechtgemachten sind zuvor von Gott dadurch geehrt oder
ausgezeichnet („verherrlicht“ ist eine unzutreffende Übersetzung),
dass er es ihnen ermöglichte, ihn und seinen geliebten Sohn, der da ist
der Weg, die Wahrheit und das Leben, zu erkennen.
Es ist eine viel größere Ehre, als
viele glauben, in der gegenwärtigen Zeit von der Gnade Gottes reden zu hören.
Wie die Wiederherstellung eine Gabe Gottes ist, die im Tausendjahrreich
der Welt zugänglich gemacht werden wird, so ist es eine besondere Ehre,
des Herrn Gnade zu kennen und in der gegenwärtigen Zeit eine Gelegenheit
zu haben, sich vor der Welt mit ihm auszusöhnen. Denn nachdem wir so
geehrt wurden und die zu einer Rechtfertigung aus Glauben notwendige
Erkenntnis erlangt haben, bietet sich uns Gelegenheit, einen weiteren
Schritt zu tun, uns dem Ruf gemäss zu weihen und, wenn wir treu bleiben,
zu der Herrlichkeit zu gelangen, die an uns geoffenbart werden und uns zu
Gliedern der auserwählten Neuen Schöpfung machen soll.
„Ist
Gott für uns“
Dem Apostel in seiner Betrachtung der
Neuen Schöpfung weiter folgend, umschreiben wir seine Ausdrucksweise wie
folgt: Sehen wir nicht, Brüder, dass Gott einen großen und wundervollen
Plan hat, den er hinausführt? Sehen wir nicht, dass, um seine Absicht
verwirklichen zu können, eine gewisse Klasse auszuerwählen und ihr an
der Durchführung seines Planes Anteil zu geben, er uns dadurch begünstigt
hat, dass er uns die Voraussetzungen und Bedingungen geoffenbart hat,
unter denen ein solcher Anteil möglich und erreichbar ist, indem er uns
gerecht gemacht und mit der himmlischen Berufung berufen hat? Bedeutet das
nicht, dass Gott für uns ist, dass er wünscht, gerade wir möchten zu
der auserwählten Klasse gehören, dass er seine Maßregeln gerade so
getroffen hat, dass uns die Erreichung dieses Zieles möglich sei?
Empfinden wir auch gelegentlich, dass der Herr für uns, der Widersacher,
die Welt und die Erbsünde aber wider uns sind und uns Fallen stellen und
Hindernisse in den Weg legen, o dann lasst uns bedenken, dass, da der Allmächtige
unser Bundesgenosse ist, wir ob dieser Widerstände nicht zu erschrecken
noch zu erzittern brauchen! Er ist reichlich stark genug, um uns sicher
hindurchzubringen. Blicken wir zurück und bedenken, wie gnädig er schon
gegen uns war, da wir noch Sünder waren, indem er damals, ohne dass wir
es wussten, die Erlösung beschaffte, die in Christo Jesu ist. Tat er
dies, da wir noch Sünder waren, wie viel mehr wird er es noch zu tun
bereit sein, nachdem wir seine Kinder geworden sind, jetzt, da wir seine
Stimme gehört, an seinen Sohn geglaubt, auf ihn vertraut haben, durch
sein Verdienst gerecht gemacht worden sind, jetzt, da wir seine himmlische
Berufung gehört und uns geweiht haben, indem wir das Wenige, was wir sind
und haben, auf seinen Altar gelegt haben. Gewiss wird Gott nun noch viel
mehr als zuvor für uns tun, uns noch viel größere Gunst erweisen,
wiewohl wir uns gar nicht vorstellen können, wie Gott noch mehr tun kann,
als er durch die Hingabe seines Sohnes schon tat. Wir können dessen
sicher sein, dass er, der immer derselbe ist, uns auch jetzt noch liebt,
auch jetzt noch für uns ist und alle Dinge zu unserem geistlichen Besten,
d.h. dazu wird mitwirken lassen, dass wir einen Platz in der Neuen Schöpfung
erhalten, wenn wir anders im Glauben an ihn, in der Liebe zu ihm und im
Gehorsam verharren, ungeachtet der Unvollkommenheit des Erfolges unserer
Bemühungen, die adamitische Natur niederzuhalten. Lasst uns dessen gewiss
sein, dass, nachdem Gott uns seinen Sohn gegeben und uns dadurch einen Weg
geöffnet hat, auf dem wir der Berufung zur Neuen Schöpfung folgen können,
er auch für die Befriedigung aller Bedürfnisse gesorgt hat, die etwa auf
dieser Pilgerreise sich einstellen könnten. Denn in ihm hat er uns alle
Dinge reichlich gegeben.
Sollte jemand auf den Gedanken kommen,
das Gesetz werde uns gegen den Willen Gottes verdammen? O, lasst uns doch
bedenken, dass es derselbe Gott ist, der einst alle unter sein Gesetz
eingeschlossen und als oberster Richter verurteilt hat, der nun auch
unsere Rechtfertigung verkündigt, uns von allen Dingen, von denen das
Gesetz uns nicht rechtfertigen konnte, aus freiem Willen gerechtfertigt
hat, durch seine Gnade, durch Christum Jesum, unseren Herrn. Angesichts
dieser Tatsachen, wer kann da Anklage erheben gegen die Auserwählten
Gottes, die er so hoch begünstigt hat? Wer kann uns wegen unwillentlicher
Schwachheiten und Verfehlungen verdammen? Solchen würden wir antworten:
„Christus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der auferweckt, der auch
zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet“, der genügend
von seinem eigenen Verdienst zur Löschung aller unserer Schuld verwendet
hat. - Röm. 8:34
Wird noch eingewendet, dass etwas
eintreten könnte, das uns von der Liebe Gottes und von Christo und seiner
Liebe und Gnade trennen würde, und dass wir mithin noch Gefahr laufen,
uns selbst überlassen zu werden, an unserem Glauben Schiffbruch zu leiden
und so um unsere zukünftige Herrlichkeit als Neue Schöpfung gebracht zu
werden? Nein! Christus hat eine große Liebe zu uns, sonst hätte er uns
nicht erkauft. Alles, was er uns tut, geschieht aus Liebe, und wir wollen
nicht glauben, dass uns etwas von dieser Liebe scheidet. Drangsale z.B.
sollten uns umso näher zu ihm hinziehen, da er allein uns helfen kann.
Wenn uns Angst oder Verfolgung oder Hungersnot oder Blöße oder sonst
eine Gefahr heimsuchen sollte, sollten wir aus Furcht davor aufhören, den
Herrn zu lieben, seinen Namen und seine Sache verleugnen, in seinen Fußstapfen
zu wandeln aufhören und bequemere Wege durchs Leben suchen? Nein, solche
Erfahrungen sind gerade dazu bestimmt, uns Gelegenheit zu geben, Überwinder
zu werden. Wie könnten wir dies werden, wenn es nichts zu überwinden gäbe,
wenn der Weg angenehm und ohne schwierige Stellen wäre? Wir sind zu Gefäßen
der Erbarmung und der Gnade Gottes gemacht worden, und nun stellt er uns
auf die Probe, um zu sehen, bis zu welchem Grade wir würdig sind, in
seiner Liebe und Gnade zu bleiben. Sein Wille ist, dass wir darin bleiben,
und er hat alles Nötige vorgesehen, um dies zu ermöglichen; aber zwingen
will er uns nicht. Ich bin überzeugt und vertraue, dass wir entschlossen
sind, keinem Ding zu gestatten, uns von der in Christo geoffenbarten Liebe
Gottes zu trennen, weder der Furcht vor dem Tod noch der Liebe zum Leben;
und dass unter den anderen Geschöpfen Gottes keines die Liebe Gottes von
uns abwenden und abschneiden kann, weder Engel noch Fürstentümer, weder
gegenwärtige noch zukünftige Gewalten. In allen diesen Dingen sind wir
mehr als Überwinder; wir sind durch den, der uns geliebt hat, als Söhne
Gottes zu göttlicher Natur angenommen.
Bestrebt,
unsere Berufung und Erwählung festzumachen
-
2. Petrus 1:10, 11 -
„Darum,
Brüder, befleißiget euch umso mehr, eure Berufung und Erwählung fest zu
machen; denn wenn ihr diese Dinge (von denen in den vorhergehenden Versen
die Rede ist) tut, so werdet ihr niemals straucheln. Denn also wird euch
reichlich dargereicht werden der Eingang in das ewige Reich unseres Herrn
und Heilandes Jesu Christi.“
Bei der Erwählung, um die es sich hier
handelt, tut Gott das Wichtigste: 1. Er hat zuvorbestimmt, dass es eine
solche Neue Schöpfung geben soll; 2. er hat einige berufen, die für die
Neue Schöpfung nötigen Charaktereigenschaften zu entwickeln; 3. er hat
die Dinge so geordnet, dass die Berufenen in eine ihrer Berufung
entsprechende Stellung kommen können.
Andererseits haben aber auch die, die
berufen werden, wichtige Schritte zu tun: 1. Sie müssen, wenn sie erwählt
werden wollen, erkennen, dass alle Vorkehrungen Gottes zu ihren Gunsten
getroffen worden sind; sie müssen also die Berufung annehmen und sich völlig
weihen. 2. Sie müssen vom Geist ihrer Berufung und von dem hohen Wert der
daran geknüpften Belohnung so durchdrungen werden, dass sie die
Bedingungen der Berufung mit Eifer erfüllen.
Wir haben schon gesehen, dass diese
Bedingungen sich zusammenfassen lassen in das Wort: Gesinnt sein wie Jesus
Christus auch war. Aber wenn wir uns nun diese Gleichförmigkeit näher
ansehen, so bemerken wir, wie der Apostel Petrus es hier ausdrückt, dass
diese Gleichförmigkeit im Hervorbringen der Früchte des Geistes der
Heiligung besteht. Gott ist heilig, und so müssen seine Erwählten auch
seinen Geist, seine Gesinnung haben, der Gerechtigkeit nachstreben und sie
lieben und das Böse hassen und verabscheuen. Der Apostel zeigt uns in
obiger Schriftstelle die verschiedenen Elemente der göttlichen Gesinnung
und gibt uns zu verstehen, dass wir nicht schon am Anfang unseres Laufes
volle Charakterähnlichkeit (vollkommene Liebe) erreichen, sondern dass
diese vielmehr das Kennzeichen für das Ende der Laufbahn ist; haben wir
sie erreicht, so ist unser Lauf zu Ende und das geforderte Maß unserer
Gottähnlichkeit voll. Liebe schließt alle übrigen hier erwähnten
Eigenschaften in sich; sie sind alle in Wirklichkeit Teile der Liebe.
Milde, Freundlichkeit, Gottseligkeit, brüderliche Liebe sind Äußerungen
ein und derselben großen Eigenschaft: der allgemeinen Liebe. Es hat
jemand folgende Begriffsbestimmung der Früchte der Liebe gegeben, der wir
völlig zustimmen:
1. Freudigkeit - sich lebhaft äußernde Liebe.
2. Friede - ruhende Liebe.
3. Langmut - ertragende Liebe.
4. Freundlichkeit - gesellschaftliche Liebe.
5. Gütigkeit - handelnde Liebe.
6. Glaube - Liebe mitten im Kampf des Lebens.
7. Milde - gottergebene Liebe.
8. Mäßigkeit - Liebe zur Zucht.
Als
wir unseren Lauf begannen, entschlossen, es zu versuchen, weil Gott uns
durch seine Gnade gerechtfertigt und zur Teilnahme an diesem Wettlauf um
den großen Preis der Zugehörigkeit zur Neuen Schöpfung eingeladen
hatte, da sagten wir zu uns selbst: Wir wollen alle Hindernisse und
Hemmschuhe (irdische Bestrebungen) beseitigen, unseren Willen gänzlich
dem Herrn weihen und dies eine tun: nämlich den Gütern nachjagen, zu
denen er uns berufen hat, und sie durch des Herrn Gnade zu erreichen
suchen. Gleichzeitig entschlossen wir uns, soviel an uns ist, die leicht
umstrickende Sünde abzulegen, was es auch sein möge, und treu im
Wettlauf nach dem großen Preis zu laufen.
Unsere Weihung entsprach dem Antreten
des Wettlaufes. Damals weihten wir uns dem Herrn, damit in Zukunft sein
Geist der Liebe in uns regieren möge, doch gewahrten wir, dass uns
infolge des Falles die Charakterzüge fehlten, die des Vaters Wohlgefallen
haben. Dennoch laufen wir und strecken uns nach dem Ziel der Gleichförmigkeit
mit der Gesinnung des Sohnes aus, denn das ist sein Gebot für uns und die
Vorbedingung der Gemeinschaft mit ihm. In diesem Punkt sind wir allerdings
von unserem Herrn verschieden; denn da er vollkommen war, hatte er diese
schrittweise Entwicklung zur vollkommenen Liebe nicht durchzumachen. Er
war von Anbeginn seiner irdischen Laufbahn mit dem Geist erfüllt; er
stand schon vor Anbeginn an dem Ziel, nach dem wir laufen. Seine Prüfung
bezweckte, ihm Gelegenheit für den Beweis zu geben, dass er auf dem von
Anfang an eingenommenen Standpunkt vollkommener Liebe zu Gott, seinem Volk
und seinen Feinden feststehen wolle. Wir aber müssen laufen und kämpfen,
damit wir auch dieses Ziel erreichen möchten.
Wir können den Wettlauf in vier
Perioden einteilen. In der ersten erkennen wir in der Liebe eine Forderung
Gottes und suchen sie uns anzueignen, weil uns dies als Pflicht erscheint.
Wir haben also zunächst eine Pflichtliebe zu Gott, weil er als unser Schöpfer
Anspruch auf unseren Gehorsam, unsere Liebe und Ergebenheit hat, eine
Pflichtliebe zu unserem Herrn Jesu, weil er uns zuerst geliebt und mithin
ein Recht auf unsere Gegenliebe hat, eine Pflichtliebe zu unseren
Mitmenschen, weil wir dies als Gottes Willen erkennen.
In der zweiten Periode sind wir dem
Ziel ein wenig näher. Wir betrachten die Dinge, die wir aus Pflichtgefühl
taten, nicht mehr ausschließlich als Müssen, Müssen, sondern teilweise
als ein Vorrecht. Wir erkennen jetzt, dass die Dinge, die Gott als Recht
und Pflicht von uns fordert, gute Dinge sind, dass er uns die edelsten
Grundsätze, Liebe und Weisheit, die der Herr uns anbefiehlt, als zu
erreichendes Ziel, das wir seit jener Zeit zu würdigen anfangen,
vorsteckt. Jetzt fangen wir an, Gott zu lieben, nicht nur, weil es unsere
Pflicht unserem Schöpfer gegenüber ist, sondern außerdem besonders
deshalb, weil wir erkennen, dass er im Besitz der großen
Charaktereigenschaften ist, die er bei uns zur Entwicklung bringen möchte,
dass er die Verkörperung aller Güte und Barmherzigkeit ist. Wer es dahin
bringt, der liebt auch den Herrn Jesum nicht mehr nur aus Gegenliebe, weil
er uns zuerst geliebt hat, sondern weil ihm über die Charaktergröße
Jesu die Augen aufgegangen sind, so dass er etwas von der Länge und
Breite, Höhe und Tiefe der Gerechtigkeit, Weisheit, Liebe und Macht
seines Schöpfers zu erkennen anfängt.
In die dritte Periode gehört die Liebe
zu den Brüdern. Zuerst lieben wir die Brüder aus Pflicht, wie den Vater,
aber in weniger hohem Grade, weil sie weniger für uns getan haben; wir
erkannten sie an, weil der Vater es gebot. Aber wenn wir dazu gekommen
sind, die Grundsätze der Gerechtigkeit zu erkennen, den Vater hochzuschätzen,
zu sehen, dass uns der Vater trotz unserer unwillentlichen Schäden liebt,
dann beginnen unsere Herzen sich zu weiten und zu vertiefen; es gibt darin
mehr Raum für Bruderliebe, und wir werden mehr und mehr befähigt, der Brüder
ungewollte Schwachheiten und Verfehlungen zu übersehen, wenn wir ihnen
anmerken, dass sie von Herzen wünschen, in Jesu Fußstapfen und in Übereinstimmung
mit den Grundsätzen des göttlichen Charakters zu wandeln. So wird die
Bruderliebe in unserem Wandel ersichtlich. Aber ach, nicht wenige liebe
Kinder Gottes haben es in ihrem Lauf nach dem großen Preis noch nicht so
weit gebracht! Die brüderliche Liebe, die Langmut, die Geduld, die die
Schrift betont, bedürfen einer sehr kräftigen Förderung; dazu bietet
sich auch im Umgang mit den Brüdern mehr Gelegenheit als im Umgang mit
dem Herrn Jesu und dem himmlischen Vater. Die Vollkommenheit, das Fehlen
jeglicher Unvollkommenheit, können wir am Vater und am Sohn sehen; wir können
ihre Großmut würdigen und empfinden, wie weit wir selbst dahinter zurückbleiben.
Bei den Brüdern aber sehen wir bald diese, bald jene Schwäche; da tritt
gar oft die Versuchung an uns heran, zu dem Bruder zu sagen: „Lass mich
den Splitter aus deinem Auge ziehen!“ Aber eine solche Neigung zur
Splitterrichterei, zum Aufsuchen der Fehler anderer, sollte uns beweisen,
dass wir selbst einen gewaltigen Balken von Ungeduld und Lieblosigkeit mit
uns herumtragen. Je mehr wir uns dem Markstein der dritten Periode nähern,
um so weiter ziehen wir den Balken aus unserem eigenen Auge; wir fangen
an, unsere eigenen Schwachheiten zu bemerken, und dann kommt uns die
Gunst, die der Herr uns erwiesen, immer größer vor. Das erzeugt in
unserem Herzen immer mehr den Geist der Milde, Geduld und Freundlichkeit
gegen alle, so dass wir befähigt werden, eine Menge von Sünden, eine
Menge Unvollkommenheit bei den Brüdern zu übersehen oder zu bedecken,
solange wir an ihrem Glauben an das kostbare Blut, an ihrem Bemühen,
denselben Wettlauf nach demselben Ziel zu laufen, erkennen können, dass
sie Brüder sind.
Der letzte Markstein in unserem
Wettlauf ist die vollkommene Liebe zu Gott, den Brüdern und zu allen
Mitmenschen; und diesen Punkt müssen wir mit allem Ernst und sobald wie möglich
zu erreichen suchen. Wir sollten uns nicht bei den drei vorhergehenden
Marksteinen aufhalten, sondern mit aller Geduld, Ausdauer und Energie dem
letzten zustreben. In einem gewissen Sinne sollen wir freilich die Welt
nicht lieb haben, noch was in ihr ist; in einem anderen Sinne aber sollen
wir sie lieben und allen Gutes erweisen, wo wir Gelegenheit haben, am
meisten aber den Hausgenossen des Glaubens. (Gal. 6:10) Solche Liebe
schließt sogar die Feinde ein. Diese Liebe verdrängt oder vermindert
jedoch keineswegs unsere Liebe zum Vater und zu seiner Gerechtigkeit; sie
steht auch der Liebe zu den Brüdern nicht im Wege. Im Gegenteil, sie
steigert sie, und diese Stärkung der Liebe befähigt uns, Liebe,
Wohlwollen und Mitleid zu empfinden für die ganze seufzende Schöpfung,
die in Geburtswehen liegt und auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes
wartet. „Liebet eure Feinde, tut wohl denen, die euch hassen und betet für
die, die euch beleidigen und verfolgen“, ist des Meisters Gebot für
uns. Solange wir diesen Grad der Liebe nicht erreicht haben, solange wir
unsere Feinde nicht lieben, dürfen wir uns auch keinen Augenblick dem
Wahn hingeben, dass wir das Ziel erreicht haben, das der Herr seinen
Nachfolgern gesteckt hat. Solange wir diesen Markstein nicht erreicht
haben, sind wir Gottes geliebtem Sohn nicht gleichförmig.
Wir müssen diesen Markstein erreichen,
bevor wir eines Platzes in der Neuen Schöpfung würdig erachtet werden können;
und wir dürfen uns ja nicht dem Wahn hingeben, als ob dieser Markstein
von allen Nachfolgern des Herrn gerade im Augenblick des letzten Atemzuges
erreicht werden sollte. Im Gegenteil müssen wir suchen, diesen Markstein
in unserem Leben als Christen so früh wie möglich zu erreichen, und dann
gilt des Apostels Mahnung: „Wenn ihr alles ausgerichtet habt, stehet!“
(Eph. 6:13), d.h. gehet dann nicht wieder rückwärts. Wir bedürfen der
Erprobung unserer Liebe, wenn wir sie einmal haben, und unser Stehen bei
diesem Markstein, unser Bemühen, die Liebe zum bestimmenden Faktor
unseres Wandels zu machen, wird unseren Charakter überhaupt stärken.
Insbesondere in diesem Stück werden unsere Erfahrungen mit denen unseres
Herrn übereinstimmen; denn während er nicht erst nach dem Ziel zu laufen
brauchte, musste er doch, am Ziel stehend, den guten Kampf des Glaubens kämpfen,
damit er nicht von ihm abgedrängt werde und den verschiedenen
Anfechtungen der Welt und des Widersachers erliege. „Ich halte mich fest
an das Ziel (Markstein)“ (engl. Übers.), sagt der Apostel, und so muss
sich auch ein jeder von uns sich selbst an diesen Markstein am Ende des
Laufes anklammern und sehen, dass er aus allen Prüfungen, in die er durch
des Herrn Zulassung geführt wird, als Überwinder hervorgeht, nicht in
eigener Kraft, sondern in der unseres teuren Erlösers.
Versuchungen werden an uns herantreten,
um uns von der vollkommenen Liebe zum Vater abwendig zu machen, so dass
wir ihm nicht die ganze schuldige Ehrfurcht, noch den ganzen schuldigen
Gehorsam bezeugen. Versuchungen vom Widersacher werden an uns herantreten,
die unsere Beziehungen zu den Brüdern zu trüben vermögen, dadurch, dass
wir aufhören, durch unsere Liebe eine Menge von Sünden zu bedecken,
dadurch, dass wir uns mit denen zu streiten anfangen, die wir lieben und
mit deren Schwachheiten wir Mitleid zu haben gelernt haben. Versuchungen
werden kommen, die unsere Feindesliebe erschüttern sollen, indem uns der
Widersacher einflüstert, es gebe besondere Fälle, Ausnahmen, auf die
sich unsere Feindesliebe nicht erstrecken sollte. Wohl uns, wenn wir uns
fest an den Markstein der vollkommenen Liebe anklammern und danach
streben, die schon erreichte Stellung zu behaupten - den guten Kampf des
Glaubens kämpfend - festhaltend das ewige Leben, das um Jesu willen schon
als unser gerechnet wird.
„Wissend
eure Auserwählung von Gott“
„Wissend, von Gott geliebte Brüder,
eure Auserwählung. Denn unser Evangelium war nicht bei euch im Worte
allein, sondern auch in Kraft und im Heiligen Geiste und in großer
Gewissheit.“ - 1. Thess. 1:4, 5
An anderer Stelle haben wir gezeigt,
worin die Zeichen, die Beweise, dafür bestehen, dass wir Kinder Gottes
sind: nämlich die Zeugung und Versiegelung durch den Heiligen Geist. Wir
wollen das dort Gesagte hier nicht wiederholen, sondern nur im allgemeinen
auf die Tatsache aufmerksam machen, dass, wer an dieser Erwählung Anteil
hat, an verschiedenen Anzeichen es selbst erkennen und von den Brüdern,
mit denen er in Berührung kommt, als erwählt erkannt werden kann. In
dieser Erwählung liegt sowohl eine Botschaft als auch eine Kraft. Die Erwählungsbotschaft
oder die Berufung, das Wort, ist für die Erwählten nicht nur eine gute
Botschaft, sondern auch eine Kraft zu wollen und zu vollbringen, was Gott
wohlgefällt. Sie bringt den Erwählten den Heiligen Geist und große
Gewissheit, so dass sie bereit sind, um jeden Preis das Wort Gottes zu
verkündigen.
Der Apostel schreibt den Kolossern Kap.
3:12-14 über die zur Neuen Schöpfung Erwählten, dass sie die vorige
Wertschätzung alter Dinge ablegen und sich ein ganz neues Urteil bilden
sollten, das ihnen gestattet, die Glieder der Herauswahl nicht nach
Nationalität oder kirchlicher Zugehörigkeit, sondern als alle eins in
Christo, und sie allein als erwählte Neue Schöpfungen, zu erkennen.
Seine Worte sind: „Ziehet nun an, als Auserwählte Gottes, als Heilige
und Geliebte: herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Langmut, einander
ertragend und euch gegenseitig vergebend, wenn einer Klage hat wider den
anderen; wie auch der Christus euch vergeben hat, also auch ihr. Zu diesem
allem aber ziehet die Liebe an, welche das Band der Vollkommenheit ist.“
Unser Herr gibt in einer Stelle, wo er
von der Herauswahl als Ganzes spricht, zu verstehen, dass verschiedene Prüfungen
und Erprobungen an sie herantreten, dass sie am Ende des Zeitalters
besonders schwer sein und durch Gottes Zulassung alsdann einen Grad
erreichen würden, dass sie alle, mit Ausnahme der Auserwählten, zu Falle
bringen werden. (Matth. 24:24; siehe Band 4, Kapitel 12) Hierin liegt eine
Ermutigung. Es setzt nicht voraus, dass die Auserwählten alsdann höhere
geistige Fähigkeiten besitzen werden, die sie befähigen, an jenem bösen
Tag die verschiedenen Schlingen des Widersachers zu erkennen; es setzt
auch nicht voraus, dass sie zu jener Zeit ihre irdenen Gefäße so völlig
zu beherrschen imstande wären, dass sie nicht mehr fehlgehen können;
aber es bedeutet, dass denen, die in Christo bleiben, in der Zeit der Not
genügend Gnade, Weisheit und Hilfe zuteil werden wird. Welch ein Trost
liegt hierin für alle, die ihre Zuflucht zu der vor uns liegenden
Hoffnung genommen haben! Welch eine Zuversichtlichkeit gibt es uns, zu fühlen,
dass unser Anker ins Innere des Vorhangs reicht, uns auf Christum
verankert! Solch eine Zuvorbestimmung ist stärkend und tröstend, wie der
Apostel erklärt: „Er hat uns auserwählt in ihm vor Grundlegung der
Welt, dass wir (schließlich) heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe;
und er hat uns zuvor bestimmt zur Sohnschaft durch Jesum Christum für
sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens ... das er sich
vorgesetzt hat in sich selbst für die Verwaltung der Fülle der Zeiten:
alles unter ein Haupt zusammen zu bringen in dem Christus, das, was in den
Himmeln, und das, was auf der Erde ist, in ihm, in welchem wir auch ein
Erbteil erlangt haben, die wir zuvor bestimmt sind nach dem Vorsatz
dessen, der alles wirkt nach dem Rate seines Willens, damit wir (die Neue
Schöpfung) zum Preise seiner Herrlichkeit seien, die wir zuvor auf den
Christus gehofft haben.“ – Eph. 1:4-11
„Wir
müssen durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen.“
Die Notwendigkeit für die
Anstrengungen und das Überwinden in der Charakterbildung, die Gott an die
Berufung der „auserwählten“ Neuen Schöpfung knüpft, ist in der
Natur nicht ohne Parallelen. Folgendes diene zur Erläuterung:
„Es wird von einem Mann erzählt, der
seiner Insektensammlung eine Kaisermotte hinzuzufügen wünschte, dass er
durch einen Glücksfall einen Kokon erhalten hatte und ihn den ganzen
Winter durch in seiner Bibliothek aufhing. Im Frühling fand er, dass die
Motte herauszukommen versuchte. Die Öffnung war so klein, und die Motte mühte
sich, wie es schien, so hoffnungslos gegen die zähe Faser ab, dass er das
Loch mit seiner Schere größer schnitt. Wohl kam die schöne Motte
heraus, aber sie konnte niemals fliegen. Jemand erzählte ihm später,
dass die Kämpfe nötig waren, um den Körpersaft in die großen Flügel
des Insekts hineinzuzwingen. Sie vor diesen Kämpfen zu bewahren, war eine
verfehlte Freundlichkeit. Die Anstrengung war zu der Motte Heil bestimmt.
Die Nutzanwendung ist einleuchtend. Die Kämpfe, welche Menschen für
zeitlich Gutes machen müssen, entwickeln den Charakter, wie er niemals
ohne sie entwickelt werden könnte. Es ist auch gut, dass man für
geistige Bereicherung kämpfen muss.“
Wir haben schon in Band 1, Studie 6,
gezeigt, dass die Schrift ausdrücklich die Lehre von der „freien
Gnade“ lehrt, die eröffnet werden wird, sobald die Herauswahl
vollendet, verherrlicht sein wird. Während des tausendjährigen Reiches
soll sie („der Same Abrahams“) alle Geschlechter der Erde mit einer völligen
Gelegenheit segnen, vollkommene Charaktere, vollständige
Wiederherstellung und ewiges Leben zu erhalten.