SCRIPTURE
STUDIES
VOLUME SIX - THE NEW
CREATION
STUDY
VI
Ordnung
und Disziplin in der Neuen Schöpfung.
Die
Bedeutung der Ordination.
—
Nur die zwölf Apostel bevollmächtigt. —
„Geistliche“ und „Laien“. —
Erwählung von Ältesten in jeder Versammlung. —
Wer hat dabei mitzuwirken? —
Wie und wann soll diese Wahl vorgenommen werden? —
Eine bloße Mehrheit nicht genügend. —
Verschiedene Dienste. —
Ein bezahltes Amt? —
Zucht in der Versammlung. —
Falsch verstandene Berufung zum Predigen. —
„Weiset die Unordentlichen zurecht.“ —
Das Ermahnen kein allgemeiner Befehl. —
Öffentlicher Tadel selten. —
„Sehet zu, dass niemand Böses mit Bösem vergelte.“ —
Anreizung zur Liebe. —
Unsere Versammlungen. —
Verschiedenheit und Art unserer Zusammenkünfte. —
Die Lehre ist noch immer unentbehrlich. —
Gelegenheit zum Stellen von Fragen. —
Beispiele nützlicher Zusammenkünfte. —
„Ein jeder aber sei in seinem eigenen Sinne völlig überzeugt.“ —
Begräbnisfeiern. —
Zehnten, Kollekten, Almosen.
Bei
der Betrachtung dieses Gegenstandes tun wir wohl daran, die Einheit der
Herauswahl deutlich im Sinne zu behalten, und dass, während die ganze
Herauswahl in aller Welt eins ist, so doch in einem anderen Sinne des
Wortes jede einzeln genommene Versammlung oder jede Schar von Gläubigen
eine Vertretung des Ganzen bildet. Jede einzelne Ekklesia hat darum den
Herrn als ihr Haupt zu betrachten und die zwölf Apostel als die zwölf
Sterne, die Leuchten, die Lehrer, die der Herr besonders in seiner Hand
hielt und lenkte, die er als seine Mundstücke zur Unterweisung seiner
Herauswahl benutzte, an jedem Platze, in jeder Versammlung, das ganze
Zeitalter hindurch.
Jede
Versammlung oder Ekklesia, selbst wenn sie nur aus zweien oder dreien
besteht, sollte den Willen des Hauptes betreffs aller Angelegenheiten zu
erkennen trachten. Sie muss eine Einheit mit allen Versammlungen „desselben
kostbaren Glaubens“ an das Opfer des Erlösers und die Verheißungen
Gottes empfinden, wo immer sie ist.
In
jeder Versammlung sollte Freude herrschen, wenn von dem Gedeihen der
anderen Kunde kommt, wenn erkennbar wird, dass der Herr, als Oberaufseher
über sein Werk, heute wie zu jeder Zeit sich sowohl besonderer Werkzeuge
zum Dienste an der Herauswahl als Ganzes, als auch in jeder kleineren örtlichen
Versammlung gewisser brauchbarer Glieder zu deren Dienst bedient. So auf
den Herrn blickend, um den Charakter derer, die er wohl als Diener
gebrauchen möchte, zu erkennen, deren mit Demut und gutem Ruf gepaarter
Eifer, deren klare Auffassung der Wahrheit und sichtliche Salbung mit dem
Geiste sie als vom Herrn gewünschte Vorsteher erkennbar machen, wird jede
Versammlung dazu kommen, solche Werkzeuge zum Dienste an der ganzen
Herauswahl zu erwarten und einen Anteil an der allgemeinen Segnung und
Bedienung der ganzen Herauswahl mit der uns vom Herrn verheißenen Speise
zur rechten Zeit zu wünschen. Jede Versammlung wird sich insonderheit
auch daran erinnern, dass der Herr für das Ende des Zeitalters besondere
Segnungen verheißen hat (Luk. 12:37), dass er dem Haushalte des Glaubens
durch geeignete Werkzeuge seiner eigenen Wahl (Matth. 24:45-47) Altes und
neues verschaffen werde. – Matt. 13:52
Diese
Werkzeuge wird der Herr selbst beaufsichtigen und führen. Alle mit dem
Haupte verbundenen Glieder müssen ihm vertrauen und nach der Erfüllung
seiner Versprechen Ausschau halten. Dabei müssen sie „die Geister prüfen“
und die vorgetragenen Lehren, woher sie auch kommen mögen, an der Schrift
erproben. Dieses Erproben bedeutet kein Misstrauen gegen die als Werkzeuge
Gottes erkennbaren Kanäle der Wahrheit, sondern vielmehr ein Festhalten
am Herrn und seiner Wahrheit, die über allen Lehrern und allen Äußerungen
derselben steht; es bedeutet ferner, dass sie ihr Ohr nicht Menschenworten
leihen, sondern auf die Stimme des Oberhirten lauschen wollen, dass dessen
Worte für sie Wohlgeschmack haben, dass sie wünschen, diese Nahrung zu
kauen und zu verdauen. Glieder, die so handeln, erstarken rascher im Herrn
und in der Kraft seiner Stärke als andere, weil sie auf die Leitung und
Belehrung des Herrn genauer acht haben.
Diese
Einheit des Ganzen, dieses allgemeine Zusammenhalten, diese Belehrung
aller durch ein gemeinsames Werkzeug, das der Herr zu dem Zwecke beschafft
hat, seine Kleinodien bei seiner zweiten Gegenwart zu sammeln (Mal. 3:17;
Matth. 24:31), macht eine gewisse Ordnung innerhalb jeder kleineren
Versammlung oder Ekklesia keineswegs überflüssig. So klein eine
Versammlung auch sein mag, es sollte Ordnung in ihr herrschen. Mit dem
Worte „Ordnung“ meinen wir nicht Steifheit oder Formenwesen. Jene
Ordnung ist die beste und befriedigendste, die ohne Lärm aufrecht
erhalten wird, gleich einem den Blicken entzogenen Räderwerke. Auch in
Versammlungen von drei, fünf und mehr Gliedern sollte im Aufblick zum
Herrn zu bestimmen gesucht werden, wer in der Gruppe in der Wahrheit an
besten vorgeschritten sei und sonst die verschiedenen Eigenschaften habe,
die ihn gemäß den Andeutungen der Heiligen Schrift als Ältesten
kennzeichnen: ob er imstande sei, die Wahrheit zu lehren, ob er tadellos
wandle, ob er es verstehe, ohne Reibung Ordnung aufrecht zu erhalten, was
an seiner Familie beobachtet werden kann usw.
Richtet
sich die kleine Versammlung Denken und Handeln nach dem Worte und Geiste
des Herrn, so sollte das Ergebnis einer gemeinsamen Entscheidung, wie sie
in der Wahl der Diener zum Ausdruck gebracht worden ist, in dem
betreffenden Falle als der Wille des Herrn anerkannt werden. Die Wahl wird
der Wahrscheinlichkeit nach auf die besten und geeignetsten Mitglieder der
Versammlung fallen. Immerhin muss darauf geachtet werden, dass solche
Wahlen nie ohne Überlegung und Gebet getroffen werden. Sie sollten daher
immer zum voraus angesagt werden. Natürlich muss auch darauf gesehen
werden, dass nur Glieder der Neuen Schöpfung, Brüder und Schwestern, dem
Willen des Herrn durch ihre Stimmabgabe Ausdruck zu geben versuchen,
Glieder, die die Schritte der Bereuung der Sünde, des Gutmachens nach Kräften,
der Annahme des Sühnopfers Jesu als Grundlage ihres Einvernehmens mit
Gott und der völligen Weihung an den Herrn durchlaufen haben und so der
Salbung mit dem Geiste und aller Vorrechte des „Hauses der Söhne“
teilhaftig geworden sind. Solche allein sind in der Lage, den Willen des
Hauptes zu erkennen und zum Ausdruck zu bringen. Diese allein machen die
Versammlung, den Leib Christi, aus, indes andere, die den Schritt der
Weihung noch nicht vollzogen haben, aber ihr Vertrauen auch auf das
kostbare Blut setzen, als Glieder des „Haushaltes des Glaubens“
gerechnet werden mögen, auf deren Fortschritte gerechnet wird, und für
deren Wohlergehen gesorgt werden muss.
Einsetzung
(Ordination) von Ältesten in jeder Versammlung
„Als
sie ihnen aber in jeder Versammlung Älteste gewählt hatten, beteten sie
mit Fasten und befahlen sie dem Herrn.“ - Apg. 14:23 Diese Stelle, sowie
die vielen anderen, wo von Ältesten in allen Versammlungen die Rede ist,
rechtfertigt die Annahme, dass es in der ersten Kirche Allgemein so
gehalten wurde, wie es in unserer Stelle von Ikonium, Lystra und dem
pisidischen Antiochien gesagt ist. Die Bezeichnung „Älteste“ umfasst,
wie wir schon sahen, Evangelisten, Hirten, Lehrer und Propheten (öffentliche
Redner); darum ist es wichtig zu wissen, auf welcher Grundlage die Ältesten
sich als „gewählt“ oder „verordnet“ betrachten sollten. Das
griechische Wort, das mit „gewählt“ (Luther „geordnet“) übersetzt
ist, gibt erschöpfenden Aufschluss; es heißt „cheirotoneo“, d.h. die
Hand aufheben. Die Gläubigen bezeichneten also ihre Ältesten durch das
Aufheben der Hände in öffentlicher Abstimmung.
Anders
verhält es sich mit der Einsetzung der Apostel, von welcher in Joh 15:16
die Rede ist: „Ich habe euch auserwählt und euch gesetzt.“ Dort steht
auch ein anderes griechisches Wort (tithemi), wie auch in 1. Tim. 2:7, wo
der Apostel von seiner Einsetzung oder Ordination spricht: „Ich bin
bestellt worden als Prediger und Apostel“, womit angedeutet ist, dass
das Apostelamt nicht von Menschen ist, sondern „durch Jesum Christum und
Gott, den Vater.“ - Gal. 1:1
Alle
Glieder des gesalbten Leibes, welche mit dem Haupte verbunden und seines
Geistes teilhaftig sind, sind mithin in gleicher Weise gesetzt oder
ordiniert, nicht zum Apostelamte, sondern zum Dienste an der Wahrheit, ein
jeglicher nach seinen Kräften und Gelegenheiten. (Jes. 61:1) Die Zwölfe
allein waren von Gott dem Vater und Jesu Christo als „Bevollmächtigte“
auserwählt, „eingesetzt“ oder ordiniert. Doch kehren wir zur Wahl,
Ordination oder Anerkennung der Ältesten durch die Versammlungen (Ekklesia)
der Neuen Schöpfung zurück. Das Wählen durch Handaufheben war damals
allgemeiner Brauch. Der Apostel gebraucht dasselbe griechische Wort, wo er
sagt, wie Titus sein Gehilfe wurde. Er schreibt: „Er ist auch von den
Versammlungen gewählt (durch Handaufheben) worden zu unserem Reisegefährten.“
(2. Kor. 8:19) Das Wörtchen „auch“ in diesem Text deutet an, dass der
Apostel ebenso gewählt wurde. Nicht zum Apostel wurde er gewählt - der
er schon war -, sondern zum Abgesandten der Versammlung zu Antiochien (Apg.
13:2), die ohne Zweifel für die Kosten dieser ersten Missionsreise aufkam.
Die späteren Reisen Pauli scheinen ohne Beschluss der Christen von
Antiochien und daher auch nicht auf ihre Kosten erfolgt zu sein. (2. Tim.
1:15) In der Urkirche waren alle frei, ihre Fähigkeiten nach eigenem
Ermessen in den Dienst der Sache zu stellen. Die Versammlungen konnten
beschließen oder ablehnen, den Aposteln besondere Aufträge zu geben, und
die Apostel ihrerseits konnten solche Aufträge ablehnen oder übernehmen;
beide Teile erfreuten sich der gleichen Gewissensfreiheit.
Aber
erwähnt denn das Neue Testament hinsichtlich der Ältesten nichts anderes
als deren Wahl durch Handaufheben? Gab es keine sogenannte Ordination, war
keine Ermächtigung zum Predigen, Lehren usw. nötig? Wir wollen diese
Frage untersuchen.
Auf
den ersten Blick scheint Titus 1:5 unserer obigen Anschauung zu
widersprechen: „Deswegen ließ ich dich in Kreta, dass du, was noch
mangelte, in Ordnung bringen und in jeder Stadt Älteste anstellen
(Luther: einsetzen) möchtest, wie ich dir geboten hatte.“ Man sollte
meinen, Titus sei ermächtigt gewesen, Älteste einzusetzen, ohne auf die
Wünsche der Versammlungen Rücksicht zu nehmen. So fasst es auch die
bischöfliche Kirche auf, und sie handelt demgemäß. Katholiken,
Episkopale und bischöfliche Methodisten erkennen den Bischöfen ein
apostolisches Recht zu, Älteste in den Versammlungen einzusetzen, ohne
diese abstimmen zu lassen.
Genauer
betrachtet, lässt jedoch dieser Vers erkennen, dass er dies nicht meinen
kann. Titus sollte die Ältesten anstellen, wie Paulus ihm geboten hatte.
Wenn nun Paulus selber die Ältesten durch Handaufheben (Abstimmung)
bezeichnen ließ (Apg. 14:23), so hat er sicherlich Titus nicht geboten,
es anders zu machen.
Ohne
Zweifel war den Brüdern der Rat des Apostels und des Titus, den er ihnen
als treuen Diener der Wahrheit aufs Wärmste empfohlen hatte, sehr erwünscht,
und solche Ratschläge sind gewiss eingeholt und dann auch befolgt worden.
Gleichwohl suchten die Apostel, und die ihrem Beispiele folgten, die
Verantwortlichkeit da, wo Gott sie hin verlegt hat: nämlich bei der
Versammlung. An dieser war es, „die Geister (Lehren und Lehrer) zu prüfen,
ob sie von Gott seien.“ (1. Joh. 4:1) „So jemand nicht nach diesem
Worte redet, so ist es, weil kein Licht in ihm ist“ und „von solchen
wende dich hinweg“, rät der Apostel. Solche sollten nicht gewählt und
in keiner Weise als Lehrer, Älteste usw. anerkannt werden.
In
allen Fällen war die Mitwirkung der Versammlung (Ekklesia) erforderlich,
ob sich diese, wie Apg. 14:23 sagt, durch eine Abstimmung kundgab oder
nicht. Setzen wir den Fall, Titus hätte Älteste eingesetzt, die den Brüdern
nicht gepasst hätten. Wie lange hätte da wohl Friede geherrscht? Was hätten
solche Älteste den Versammlungen für Dienste leisten können? Gar keine!
Die
Scheidung der Christen in zwei Klassen, Geistliche und Laien, stammt nicht
vom Herrn noch von seinen zwölf Aposteln; sie ist vielmehr ein frommer
Betrug. Dieser hat den Antichristen erzeugt, dessen Geist auch heutzutage
noch durch die „Geistlichkeit“ über das Erbe Gottes zu herrschen
versucht und dies um so besser vermag, je dicker die Finsternis ist, in
welcher die Versammlung sitzt. Der Herr und die Apostel anerkannten nicht
die Ältesten, sondern die Versammlung (Ekklesia), als den Leib Christi.
Wie hoch auch treue Älteste als Diener des Herrn und der Versammlungen
geehrt und geschätzt werden mochten, so geschah es nicht etwa, weil sie
selbst oder andere Älteste sie dieser Ehre würdig gehalten hätten. Die
Wahlversammlung musste sie anerkennen; sie musste im Lichte des Wortes
Gottes erkennen, ob sich solche auch der Eigenschaften, Gnadengaben oder Fähigkeiten
erfreuten, die sie für die Ältestenstellung kennzeichneten. Wo es an
diesen gebrach, sollten die Versammlungen sie dieser Ehre nicht würdig
erachten. Kein Ältester kommt mithin durch Selbstwahl zu seiner Stellung.
Hätte jemand die Neigung, die Versammlung, die da ist der Leib Christi,
zu übersehen und sich selbst und seine Meinung höher zu schätzen als
das Ganze, so wäre er schon an diesem Mangel an Demut, am Sinn für die
Einheit des Leibes, als ungeeignet, Ältester zu sein, erkennbar.
Selbst
dann, wenn kein Zweifel über die Wählbarkeit eines Bruders möglich ist,
sollte ein solcher eine öffentliche Stellung in der Versammlung (als
Leiter, Abgesandter usw.) nicht anders als nach erfolgter Wahl annehmen.
Die schriftgemäße Methode zur Bestellung der Ältesten ist die Wahl
durch die Versammlung. Es ist eine Tat des Gehorsams gegen ein Gebot der
Schrift, wenn ein Bruder verlangt, dass er in aller Form rechtlich gewählt
werde. Dies gibt einerseits den Ältesten einen sicheren Halt, und
andererseits erinnert es die Versammlung an ihre Pflicht, Älteste im
Namen und Geiste des Herrn zu bestellen, d.h. durch die Wahl Gottes Willen
zum Ausdruck zu bringen. Nach der Schrift bleiben die Glieder der
Versammlung für alles Reden und Handeln der Ältesten als ihrer Diener
und Repräsentanten verantwortlich. Dies steht so recht im Gegensatze zu
der vorherrschenden Anschauung, dass die Ältesten über die Versammlung
zu verfügen und zu herrschen hätten, und macht allen Redensarten ein
Ende, die darauf hinauslaufen, dass die Versammlungen das Volk der Ältesten
seien, anstatt „das Volk Gottes, dem ich diene“.
Warum
versteht man diese doch so klaren Angaben der Schrift nicht besser und
stellt sie so wenig in den Vordergrund? Weil es menschlich ist, nach Würde
und Vorrang zu haschen, weil jedermann diesem Hange gerne nachgibt; weil
die verkehrten Verhältnisse seit 17 Jahrhunderten als richtig gegolten
haben; weil die Leute diese Verhältnisse bequem finden und den Freiheiten
vorziehen, mit denen Christus frei macht. Endlich gibt es viele, die so
felsenfest davon überzeugt sind, die Gebräuche Babylons seien richtig,
dass es ihnen nie in den Sinn gekommen ist, auch einmal das Wort Gottes
darüber zu befragen.
Der
Zeitraum der Ältestenschaft
Über
die Dauer des Dienstes, für welche ein Ältester gewählt werden soll,
sagt die Schrift nichts; wir sind mithin frei, diese Frage nach eigenem
Denken und Urteilen zu entscheiden. Viele im Schosse der Versammlung können
als fortgeschrittene Brüder den Ältesten gleich geachtet werden, mögen
sehr nützlich sein und hochgeschätzt werden, auch wenn sie nicht von der
Versammlung als Älteste, als Evangelisten, Hirten oder Lehrer eingesetzt
werden. Dazu gehören auch die „älteren Frauen“, welche die Apostel
öfter rühmend erwähnen, ohne dabei im geringsten anzudeuten, dass sie
als Älteste oder Lehrer in der Versammlung bezeichnet worden wären.
Andererseits können auch solche, die seinerzeit gewählt wurden, aufhören,
die Eigenschaften zu besitzen, um derer willen sie einst als Älteste
bezeichnet wurden, oder sie können sich auch so kräftig entwickeln, dass
sie zu größeren Dienstleistungen in der Herauswahl berufen erscheinen.
Wir würden demnach vorschlagen, die Ältesten, wenn noch wenig geprüft,
auf ein viertel oder halbes Jahr, wenn schon besser bewährt und
vorteilhaft bekannt, auf ein ganzes Jahr zu wählen. Da aber ein Gebot
hierüber oder auch ein Rat, eine Andeutung, nicht gegeben ist, muss es
den Versammlungen anheimgestellt werden, jede für sich den Willen des
Herrn zu erkennen zu suchen.
Die
Zahl der Ältesten
Die
Zahl der Ältesten ist durch die Schrift nicht festgelegt. Diese, scheint
uns, sollte zur Zahl der Mitglieder der Versammlung im richtigen Verhältnis
stehen, unter Berücksichtigung des Umstandes, ob sich auch in ihrem
Schosse geeignete Persönlichkeiten befinden. (Von niemandem sollte
blindlings vorausgesetzt werden, er sei gläubig und geweiht; von beidem
muss er durch Wort und Tat unmissverständliche Beweise gegeben haben,
lange bevor er zum Ältesten gewählt wird.) Wir halten es für das
Richtigste, dass so viele gewählt werden, wie die nötigen Eigenschaften
besitzen, und dass die verschiedenen Aufgaben dann unter dieselben
verteilt werden. Sind sie vom richtigen Eifer beseelt, so wird irgendeine
Art Mitarbeit an der Verbreitung der Erntewahrheiten bald einige in
Anspruch nehmen und Teile der Zeit von manchen mit Beschlag belegen. So
sollte jede Versammlung eine Art theologisches Seminar sein, von dem
wirksame Lehrer stets auf größere Arbeitsfelder ausgehen. Ein Ältester,
der sich als eifersüchtig erweisen und versuchen würde, andere am Dienen
zu hindern, sollte abberufen werden; aber an seine Stelle sollte nicht ein
Ungeeigneter oder ein Neuling zur Befriedigung seiner Eitelkeit gewählt
werden. Die Versammlung (als Glied am Leibe Christi) muss so wählen, wie
sie denkt, dass der Herr es gern sähe.
Vielleicht
ist es nicht unnütz, davor zu warnen, dass in Ermangelung eines
geeigneten Ältesten ein ungeeigneter gewählt werde: besser gar keiner
als ein solcher. In der Zwischenzeit, d.h. bis sich ein zweiter Bruder
findet, können ja die Zusammenkünfte dazu dienen, das Einfachste zu
lernen. Dabei hätte die Bibel als Textbuch zu dienen und die Stelle des
Lehrers könnten die Bände der „Schrift-Studien“ oder Nummern des „Wachtturms“
vertreten. Dies beschließen wäre gleichbedeutend mit einer Wahl Br.
Russells zum Ältesten. Tauchen dabei Fragen auf, die das geistige
Wohlergehen eines der Versammelten betreffen, und auf die die Heilige
Schrift eine Antwort geben kann, so wird es den Verfasser stets freuen,
wenn sie per Post an ihn gerichtet werden.
Wer
hat dabei mitzuwirken?
Die
Wählerschaft besteht einzig aus der Herauswahl, den Brüdern und
Schwestern der Neuen Schöpfung. Der allgemeine „Haushalt des Glaubens“,
die uneingeweihten Gläubigen, haben keinen Anteil an solch einer Wahl,
denn dieselbe soll den Willen des Herrn zum Ausdruck zu bringen suchen,
was nur durch seinen Leib, der seinen Geist hat, geschehen kann. alle
Geweihten sollten sich an der Wahl beteiligen, und jeder mag Vorschläge
machen, womöglich an einer eigens dazu einberufenen Versammlung, etwa
acht Tage vor der Wahl, damit Zeit zum Überlegen bleibt.
Einige
haben in Vorschlag gebracht, Stimmzettel zu gebrauchen, damit sich ein
jeder freier fühlte, seinem persönlichen Wunsche Ausdruck zu geben.
Allein wir halten dafür, dass dadurch ein großer Vorteil der offenen
Abstimmung verloren gehe: der erzieherische Wert, die Förderung des
Charakters. Jeder sollte lernen, offen und gerade und gleichzeitig
liebevoll und freundlich zu sein. Das Wahlergebnis, des sei ein jeder
eingedenk, ist der Wille des Herrn, der durch die Glieder seines Leibes
nach Maßgabe ihres Könnens und Vermögens zum Ausdruck gelangt ist.
Niemand ist frei, seiner Pflicht auszuweichen oder einen dem anderen
vorzuziehen, es sei denn, er halte diese Bevorzugung für den Ausdruck der
Meinung des Herrn.
Die
Mehrheit genügt nicht
In
den Dingen dieser Welt entscheidet meist die absolute Mehrheit der
Stimmenden oder Wählenden. Aber es ist klar, dass es in der Versammlung,
die da ist sein Leib, nicht so gehalten werden kann. Vielmehr sollte,
soweit tunlich, die Einstimmigkeit der Wähler erstrebt werden. Ein mit
knapper Mehrheit gewählter Bruder könnte sich nicht wohl fühlen, nicht
sicher sein, dass die Wahl den Willen des Herrn zum Ausdruck gebracht hat;
auch die Versammlung könnte es nicht. Es sollte vielmehr nach einem
anderen Bruder Umschau gehalten und acht Tage nach dem ersten Wahlgange
ein zweiter veranstaltet werden, um zu sehen, ob sich Einstimmigkeit oder
sehr große Mehrheit für ihn findet. Dies sollte, je in Abständen von
einer Woche, so lange fortgesetzt werden, bis sich das erwünschte
Resultat fände. Würde mit dieser Methode nichts erreicht, so sollte die
Wahl überhaupt aufgegeben oder zwei bis drei gewählt werden, die dann
abwechselnd den Dienst versehen würden, damit alle zu ihrem Rechte kommen.
Wo aber die Liebe für den Herrn und die Wahrheit groß ist, wo um die göttliche
Führung gebetet wird, wo jeder den anderen höher schätzt als sich
selbst, wird auch bei gleich guter Eignung mehrerer Kandidaten eine
Einigung darüber, welches wohl der Wille des Herrn sein möchte, meist zu
erzielen sein. „Tut nichts aus Parteisucht oder eitlem Ruhm.“ (Phil.
2:3) „Bewahret die Einheit des Geistes (der Gesinnung) in dem Bande des
Friedens.“ - Eph. 4:3
Gleicherweise
wie die Ältesten sollten auch die Gehilfen und Gehilfinnen auf Grund
eines untadeligen Rufes einer Wahl würdig erachtet werden. (1. Tim.
3:8-13) Gehilfen sollten für jede notwendige Dienstleistung gewählt
werden, und sie sollten soviel als möglich von den Eigenschaften der Ältesten,
den Gnadengaben des Geistes, haben, fähig sein zu lehren und
ansprechendes Auftreten haben.
Die
verschiedenen Dienstleistungen
Wie
wir schon gesehen haben, können Älteste besondere Gaben, der eine in
dieser, der andere in jener Richtung, haben. Die einen besitzen die Gabe
des Aufmunterns, die anderen die Gabe des Lehrens; noch andere sind gute
öffentliche Redner; die einen verstehen es, noch nicht Glaubende zu
interessieren (Verkündiger der guten Botschaft, Evangelisten); die
anderen, für die Wohlfahrt der Herde an ihrem Wohnorte oder im
allgemeinen zu sorgen (Hirten). Was Paulus den Ältesten der Versammlung
von Ephesus sagt, gibt uns einen allgemeinen Überblick über die
verschiedenen Dienstleistungen, für die sich ein Ältester eignen kann,
und die ein jeder nach Maßgabe seiner Fähigkeiten ausüben soll. Seine
Worte sind es wert, von einem jeden, der sich für irgendeine
Dienstleistung wählen lässt, mit Sorgfalt und Gebet betrachtet zu werden.
Wir lassen diese Worte hier folgen: „Habet nun acht auf euch selbst und
auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch als Aufseher
gesetzt hat, die Versammlung (Ekklesia) Gottes zu hüten.“ (Apg. 20:28)
Jawohl, die Ältesten haben vor allem auf sich selbst acht zu geben, damit
sie das bisschen Ehre ihrer Stellung nicht hochmütig und herrisch mache,
damit sie sich nicht die Autorität und Ehre anmaßen, die allein dem
Haupte, dem Oberhirten, gebührt. Die Herde zu weiden, das ist des Herrn
Vorrecht, wie geschrieben steht: „Er wird seine Herde weiden wie ein
Hirt.“ (Jes. 40:11) Wenn also jemand zum Ältesten gewählt wird, so
geschieht es, damit er den Oberhirten vertrete, damit er dessen Werkzeug
oder Kanal sei, auf dass der große Hirte der Herde den Seinigen durch ihn
„Speise zur rechten Zeit“, „Altes und Neues“, senden könne.
„Wehe
den Hirten, welche die Schafe meiner Weide zu Grunde richten und
zerstreuen! spricht Jehova. Darum spricht Jehova, der Gott Israels, also
über die Hirten, die mein Volk weiden: „Ihr habt meine Schafe zerstreut
und sie vertrieben, und habt nicht nach ihnen gesehen; siehe, ich werde
die Bosheit eurer Handlungen an euch heimsuchen, spricht Jehova ... Ich
werde Hirten über sie erwecken, die sie weiden werden; und sie sollen
sich nicht mehr fürchten und nicht erschrecken.“ - Jer. 23:1, 2, 4
Das
Auflegen der Hände
1.
„Vernachlässige nicht die Gnadengabe in dir, welche dir gegeben worden
ist durch Weissagung mit Hände-Auflegen der Ältestenschaft.“ - 1. Tim.
4:14
2.
„Sie stellten die sieben (Diakone) vor die Apostel; und als sie gebetet
hatten, legten sie ihnen die Hände auf.“ - Apg. 6:6
3.
„In Antiochien, in der dortigen Versammlung ... sprach der Heilige Geist:
Sondert mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werke aus, zu welchem ich sie
berufen habe. Da fasteten und beteten sie; und als sie ihnen die Hände
aufgelegt hatten, entließen sie sie.“ - Apg. 13:1-3
4.
„Die Hände lege niemandem schnell auf und habe nicht teil an fremden Sünden.“
- 1. Tim. 5:22
5.
„Als Paulus ihnen die Hände aufgelegt hatte, kam der Heilige Geist auf
sie, und sie redeten in Sprachen und weissagten.“ - Apg. 19:6
6.
„Dann legten sie (die Apostel) ihnen die Hände auf, und sie empfingen
den Heiligen Geist.“ - Apg. 8:17-19
7.
„Fache an die Gnadengabe Gottes, die in dir ist durch das Auflegen
meiner Hände.“ - 2. Tim. 1:6
Wir
haben hier die Stellen, wo vom Hände-Auflegen in der Versammlung der
Neuen Schöpfung die Rede ist, zusammengestellt. Die drei letzten (5, 6,
7) handeln von der Verleihung der Gaben, welche in der Urkirche gebräuchlich
waren. Die Apostel legten den Geweihten die Hände auf, und dies verlieh
den Gläubigen eine oder mehrere Gaben: Zungenreden usw. „Ein bestimmtes
Maß des Geistes ist jedem gegeben zum allgemeinen Nutzen.“ (Band. 5,
Kap. 8.) Die vier ersten Stellen (1, 2, 3, 4) zeigen, dass das Hände-Auflegen
auch ein Zeichen der Billigung war, nicht aber ein Zeichen, dass der die Hände
Auflegende nun dem anderen etwas gestattete (Ordination im Sinne der
Namenkirche).
1.
Timotheus, Paulus Adoptivsohn im Dienste, war schon getauft worden und
hatte durch die Hand des Apostels Paulus schon eine Gabe des Heiligen
Geistes empfangen (siehe 7), als er diesen nach Jerusalem geleitete. (Apg.
21:15-19) Ohne Zweifel war es dort und damals, dass Jakobus und alle Ältesten
(wohl in diesem Falle die Apostel), die Weihung des Timotheus und enge
Geistesverwandtschaft mit Paulus bemerkend, diesen segneten, ihm zum
Zeichen der Billigung die Hände auflegten; und der Bericht gibt zu
verstehen, dass dies nicht der allgemeine Brauch war, nach der alle Gefährten
des Paulus so ausgezeichnet wurden. Im Falle des Timotheus handelten sie
„durch Weissagung“ (wohl infolge erhaltener Weisung vom Herrn).
2.
Die sieben Diakone wurden dadurch, dass ihnen die Apostel die Hände
auflegten, nicht ermächtigt, zu predigen. Einerseits waren sie gar nicht
zu Predigern, sondern zur Bedienung der Tische gewählt worden;
andererseits waren sie infolge ihrer Salbung mit dem Heiligen Geiste
berechtigt, soweit sie es konnten und Gelegenheit dazu fanden, zu predigen.
So finden wir denn auch in Stephanus, ohne dass im geringsten erwähnt würde,
er sei dazu von jemandem ermächtigt oder ordiniert worden, einen so
eifrigen Prediger, dass er der erste Nachfolger des Meisters war, der sein
Zeugnis mit seinem Blute besiegelte. Das Hände-Auflegen der Apostel im
Falle der Diakone bedeutete einfach, dass die Apostel die Wahl
der Versammlung guthießen, und deshalb segneten sie die Gewählten.
3.
Das Hand-Auflegen bei Barnabas und Paulus konnte wiederum nicht bedeuten,
dass diese von nun an das Recht hätten, zu predigen. Denn sie waren
bereits als Älteste anerkannt und hatten schon mehr als ein Jahr lang in
Antiochien gelehrt. Außerdem hatten sie zuvor auch schon anderswo
gepredigt. (Apg. 9:20-29; 11:26) Das Hände-Auflegen bedeutete demnach
lediglich, dass die Versammlung die Missionsreise der beiden Abgesandten
guthieß, dass sie von Herzen daran teilnahmen und vermutlich für die
Kosten aufkam.
4.
In diesem Falle deutet der Apostel an, dass, wenn Timotheus einem
Mitarbeiter im Weinberge die Hände auflegte, er für diesen die
Verantwortlichkeit der Herde gegenüber auf sich nahm, sodass, wenn der
Betreffende sich dann nicht bewährt hätte, Timotheus davon betroffen
worden wäre. Er sollte also darauf achten, niemanden bei der Versammlung
zu empfehlen, der dann hernach den Schafen Gottes im Wandel oder in der
Lehre Schaden zufügen würde.
Es
sollte nicht leichthin auf Gefahr gehandelt werden. Vorsicht ist geboten,
wenn wir einen Empfehlungsbrief mitgeben oder öffentlich zu jemandem
stehen. Das ist für alle Kinder Gottes ratsam und zwar um so mehr, je größer
ihr Einfluss ist. Übrigens beachte, dass das Hand-Auflegen des Timotheus,
die Ordination durch denselben, nicht erforderlich war, um jemandem zum
Predigen zu ermächtigen; das Recht zu predigen, je nach eigenem Vermögen,
ist vom Herrn allen verliehen, welche den Heiligen Geist der Salbung
empfangen haben.
Ein
bezahltes Amt?
Das
bezahlte Predigeramt, das jetzt gebräuchlich und von vielen als
unvermeidlich bezeichnet ist, war in der ersten Kirche unbekannt. Unser
Herr und die Zwölfe waren, soweit wir aus der Schrift zu schließen vermögen,
arm; Jakobus, Johannes und Matthäus vielleicht ausgenommen. Daran gewöhnt,
für die Leviten zu sorgen, schien es vermutlich den Juden ganz natürlich,
für alle religiösen Zwecke beizusteuern. Die Jünger hatten einen
Kassierer, Judas (Joh. 12:6; 13:29) und litten offenbar nie Mangel,
wiewohl sie auch andererseits niemals um Almosen baten. Hierüber finden
wir in den Worten unseres Herrn auch nicht die leiseste Andeutung. Er
vertraute einfach auf die Vorsehung seines Vaters, und einige ehrbare
Frauen dienten ihm mit ihrer Habe. - Matth. 27:55, 56; Luk. 8:2, 3
Hätte
unser Herr in seinen Predigten und Gleichnissen Aufrufe zum Kollektieren
gebracht, so hätten diese sie entkräftet. Nichts ist so ansprechend, wie
die zutage tretende Selbstlosigkeit des Meisters und seiner zwölf Auserwählten,
Judas ausgenommen, den dieser Mangel zu Fall brachte. (Joh. 12:5, 6) Die
Geldliebe, der Hang zu prunken, und das Kollektenwesen in Babylon tragen
viel dazu bei, seinen sonst starken Einfluss abzuschwächen; und dass die
heutigen Getreuen des Herrn diesen Geist nicht unter sich wohnen haben, so
wenig wie die Gläubigen zur Zeit seiner ersten Gegenwart, spricht sehr zu
ihren Gunsten bei denen, die draußen sind und ihren Wandel beobachten,
ohne ihre Lehre völlig würdigen zu können. In sehr bemerkenswerter
Weise hat der Herr bisher für das Nötige in seinem Erntewerk gesorgt,
und wir sind gewiss, dass es dabei bleiben wird, indem wir dafür halten,
dass dies des Herrn Absicht ist.
Mögen
jene, denen die Güter und Annehmlichkeiten dieser Welt wünschenswert
erscheinen, dieselben im Handel oder in einträglichen Berufen suchen!
Niemand möge ein Diener des Evangeliums Christi werden, es sei denn aus
Liebe zu Gott, seiner Wahrheit und zu den Brüdern, aus Liebe, die auf äußerliches
Wohlsein, Reichtum und Ehre bei den Menschen freudig, nicht murrend,
verzichtet. Aber ach, die Namenchristenheit ist groß und weltlich
geworden; ihre Diener tragen Titel wie Ehrwürden, Hochwürden, Hochehrwürden,
Exzellenz, Doktor der Theologie; und diese Titel werden nicht nach Maßgabe
der Bedürfnisse, sondern, wo das Freikirchensystem mächtig aufgeblüht,
wie in England und in den Vereinigten Staaten, nach Maßgabe der
Geschicklichkeit der Geistlichen, seiner Gemeinde starken Zuzug,
namentlich von reichen Leuten, zu schaffen, verliehen. Die natürlichen
Folgen dieses Verfahrens sind nicht ausgeblieben: „Seine Priester lehren
um Lohn, und seine Propheten wahrsagen um Geld; und sie stützen sich auf
Jehova und sagen: Ist nicht Jehova in unserer Mitte? kein Unglück wird über
uns kommen!“ - „Seine Wächter sind blind, sind alle ohne Erkenntnis;
sie alle sind stumme Hunde, die nicht bellen können; sie träumen, liegen
da, lieben den Schlummer. Und die Hunde sind gefräßig, kennen keine Sättigung;
und das sind Hirten! Sie haben kein Verständnis; sie alle wenden sich auf
ihren eigenen Weg, ein jeder von ihnen allen seinem Vorteil nach.“ „Sie
werden sich selbst Lehrer aufhäufen nach ihren eigenen Lüsten, indem es
ihnen in den Ohren kitzelt, und sie werden die Ohren von der Wahrheit
abkehren und zu den Fabeln sich hinwenden.“ - Micha 3:11; Jes. 56:10,
11; Phil. 3:2; 2. Tim. 4:3
Einige
mögen einwenden, dass beide Extreme (zu große Besoldungen und gar keine
Besoldungen), vermieden werden sollten. Solche können sich auf Stellen
berufen wie: „Der Arbeiter ist seines Lohnes wert“, und „wenn wir
euch das Geistliche gesät haben, ist es ein Großes, wenn wir euer
Fleischliches ernten?“ Aber selbst diese kräftigsten Stellen der
Schrift handeln nicht von fürstlichen Gehältern, sondern nur von dem
absolut Notwendigen. Der Apostel deutet dies an durch die Anführung des
Gebotes: „Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden.“
Der Ochse sollte seinen Hunger stillen können, mehr nicht. Den Grundton
seines eigenen Dienstes gibt der Apostel an, wenn er schreibt: „Ich
werde euch nicht zur Last fallen, denn ich suche nicht das Eure, sondern
euch ... Ich will aber sehr gern alles verwenden und völlig verwendet
werden für eure Seelen, wenn ich auch, je überschwenglicher ich euch
liebe, um so weniger geliebt werde.“ - 2. Kor. 12:14, 15
Weder
die Fußspuren Jesu noch diejenigen Pauli führen uns zum Grundsatze der
Besoldung. Paulus zeigt zwar, dass es der Gerechtigkeit nicht
zuwiderlaufen würde, für geistliche Dienste irdischen Lohn zu fordern;
aber von sich selbst sagt er: „Ich habe niemandes Silber oder Gold oder
Kleidung begehrt. Ihr selbst wisset, dass meinen Bedürfnissen und denen,
die bei mir waren, diese Hände gedient haben. Ich habe euch alles gezeigt,
dass man, also arbeitend, sich der Schwachen annehmen und eingedenk sein müsse
der Worte des Herrn Jesu, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als
nehmen.“ - Apg. 20:33-35
„Als
ich bei euch anwesend war und Mangel litt, fiel ich niemandem zur Last, (denn
meinen Mangel erstatteten die Brüder, die aus Mazedonien kamen), und ich
hielt mich in allem euch unbeschwerlich, und werde mich also halten.“ -
2. Kor. 11:9
„Wir
haben aber dieses Recht nicht gebraucht, sondern wir ertragen alles, auf
dass wir dem Evangelium des Christus kein Hindernis bereiten.“ - 1. Kor.
9:12
Wir
sind darin genau so frei wie die Apostel; und das Feststehen zur Sache
sollte uns dazu führen, auch in diesem Stücke in ihre Fußstapfen zu
treten. Der Herr, die Apostel und deren Genossen, welche reisten und ihre
ganze Zeit in den Dienst der Wahrheit stellten, nahmen freiwillige Gaben
von ihren Brüdern an, um ihre Bedürfnisse zu bestreiten, und, wie schon
gesagt, das Auflegen der Hände der Versammlung von Antiochien bei der
Aussendung des Paulus und Barnabas scheint anzuzeigen, dass die
Versammlung die Kosten auf sich nahm und sich in dieser Weise an dem Werke
beteiligte, genau wie die Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft, wenn
sie „Pilgrime“ aussendet und für deren Ausgaben aufkommt.
Dafür
hingegen gibt es keine Andeutung, dass die Ältesten, welche der
Versammlung zu Hause dienten, dafür einen Gehalt oder Entschädigungen
bezogen hätten; und wir halten dafür, dass es sich für jede
Ortsversammlung als vorteilhaft erweisen würde, freiwillige Dienste,
seien es viele oder wenige, bedeutende oder unbedeutende, von ihren
eigenen Mitgliedern anzunehmen. Die schriftgemäße Methode ist der
geistigen Wohlfahrt zuträglich; sie geht darauf aus, alle Glieder zur Ausübung
der verschiedenen Fähigkeiten, die ihnen zuteil geworden, zu veranlassen,
und führt eher dazu, dass alle auf den Herrn als den wahren Hirten sehen,
als wenn Unterhirten in Sold genommen werden. Nimmt die Zahl der fähigen
Mitglieder zu, nun, so kann ja das Beispiel der Versammlung von Antiochien
befolgt, können einige als Missionare, Pilgrime usw. ausgesandt werden.
Wenn in diesem Falle eine Versammlung das Arbeitsfeld, auf dem sie sich nützlich
machen kann, als sehr groß erkennt und einen Bruder unter sich hat, der
seine ganze Zeit nutzbringend auf demselben zubringen kann, und nun von
sich aus beschließt, seine Bedürfnisse zu bestreiten, kennen wir keine
Stelle in der Schrift, welche die Annahme eines derartigen Anerbietens
untersagen würde. Aber sowohl der dienende Älteste als auch die seine
Bedürfnisse bestreitende Versammlung sollten darauf achten, dass die
bewilligte Summe nicht weiter als zur Deckung der notwendigen Ausgaben des
Ältesten und derer reiche, die ordentlicherweise auf ihn angewiesen sind.
Ferner sollten beide Teile darauf achten, dass alle Glieder der
Versammlung ihre Fähigkeiten üben, insonderheit diejenigen, welche sich
zur Ältestenstellung eignen; sonst wird sicherlich der Geist Babylons,
die Namenkirchlichkeit, aufblühen.
Zucht
in der Versammiung
(Matth.
18:15-18)
Das
Anwenden von Zuchtmitteln ist nicht ausschließlich Sache der Ältesten,
sondern auch die der ganzen Versammlung. Wenn einer abzuirren oder in Sünde
zu fallen scheint, so sollte er zunächst nur von demjenigen darauf
aufmerksam gemacht werden, dem er unrecht getan, oder der die Sünde
bemerkt zu haben glaubt. Vermag sich der Getadelte nicht zu rechtfertigen,
oder beharrt er auf dem bösen Wege, dann sollten zwei oder drei Brüder,
die in der Sache nicht voreingenommen sind, gebeten werden, sich dieselbe
vorlegen zu lassen, um dem Tadler wie dem Getadelten mit ihrem Rate
beizustehen. Es können dies nun Älteste sein oder nicht; ihre Ältestenschaft
würde ihnen in diesem Falle nicht mehr Autorität verleihen, ausgenommen
insofern, als ihr Urteil für reifer gehalten und von ihrem Rate größerer
Nutzen erwartet wird. Entscheidet dieses kleine Komitee einstimmig
zugunsten des einen, so sollte sich der andere fügen und die ganze
Angelegenheit als erledigt betrachtet werden, nachdem der Ermahnung
nachgekommen oder das begangene Unrecht nach Möglichkeit gutgemacht
worden ist. Sollte aber eine der streitenden Parteien auch jetzt noch in
dem beharren, was als unrecht betrachtet wurde, so darf derjenige, welcher
die Sache in Fluss gebracht, oder einer von den zugezogenen Zeugen, oder
am liebsten diese alle zusammen dann, aber erst dann, die Angelegenheit
vor die Versammlung bringen. Daraus ist klar ersichtlich, dass die Ältesten
nicht die Richter und Regenten der Glieder sind; das Recht, zu verhören
und zu urteilen wird von unserem Herrn selbst der Versammlung zuerkannt.
Wenn
nun also in einem Streithandel die beiden ersten Schritte getan worden und
die Ältesten sich dessen vergewissert haben, dann ist es deren Pflicht,
die ganze Versammlung der Geweihten als Gerichtshof einzuberufen, damit
sie von der Angelegenheit bis ins einzelne Kenntnis nehme und im Namen des
Hauptes eine Entscheidung treffe. Und es sollte so völliges Licht in die
Angelegenheit gebracht und der Schuldige so großmütig behandelt werden,
dass die Entscheidung einstimmig oder wenigstens mit sehr starker Mehrheit
getroffen werden könnte. So wird der Friede und die Einigkeit der
Versammlung gewahrt bleiben. Umkehr des Schuldigen muss bis zum Augenblick
der Urteilsfällung durch die Versammlung möglich bleiben; ja, es ist
gerade der Zweck der verschiedenen Schritte, den Schuldigen zur Umkehr zu
bringen. Nicht die Strafe ist der Zweck des Verfahrens; sie ist nicht
unsere, sondern Gottes Sache. „Mein ist die Rache; ich will vergelten,
spricht der Herr.“ (Röm 12:19) Wann auch der Schuldige seinen Fehler
bereuen und sich bessern mag, es soll immer für alle, die des Herrn Geist
besitzen, eine Ursache sein, zu danken und sich zu freuen; denn andere
sind nicht Glieder seines Leibes. - Röm 8:9
Wenn
sich nun der Schuldigbefundene der Entscheidung der Versammlung nicht
unterwerfen will, so soll keine andere Strafe über ihn verhängt werden
als die, dass die Brüder sich von ihm zurückziehen, die brüderlichen
Beziehungen zu ihm abbrechen, ihn als Heiden und Zöllner behandeln. -
Matth. 18:17
Nie
während des ganzen Verfahrens sollen die Verfehlungen des Schuldigen
allgemein kundgemacht und dadurch Schande auf diesen, die Versammlung und
den Herrn selbst gebracht werden. Auch dann sollte nicht lieblos von dem
Schuldigen geredet werden, nachdem die Brüder sich von ihm zurückgezogen
haben, so wenig wie wir von Heiden und Zöllnern Böses aussagen, sondern
jedermann Gutes erweisen sollten. (Titus 3:2; Gal. 6:10) Was aber das
Gebot der Liebe „allen Menschen“ gegenüber fordert, wie viel mehr
muss das einem Bruder gegenüber gelten, einem Gliede des Leibes Christi,
der da ist die Versammlung. Wie viel weniger darf solch einer durch
unrichtige oder übertriebene Aussagen geschädigt werden! Ja noch mehr;
seine Schwachheiten, Mängel oder Sünden sollten sorgfältig verdeckt
werden, nicht nur vor der feindlichen Welt, sondern auch vor dem Haushalte
des Glaubens und sogar vor der Herauswahl, solange es nicht absolut
notwendig ist, die Versammlung zu benachrichtigen. Der Geist der Liebe
hofft allezeit, dass der Schuldige unter dem Einflusse eines Missverständnisses
handelte, und betet um Gnade und Weisheit von oben, damit es ihm vergönnt
sei, einen Bruder von dem Irrtum seines Weges zurückzuführen und so (möglicherweise)
eine Seele (Neue Schöpfung) vom (zweiten) Tode zu erretten. – Jak. 5:20
Möchte
doch der Heilige Geist, der Geist der Liebe, so reichlich in jedem
Mitgliede der Herauswahl wohnen, dass es ein jedes schmerzt, irgend etwas
Ungünstiges über irgend jemand, insbesondere über einen Bruder, zu hören!
Dies würde sofort der Hälfte aller Reibung oder mehr ein Ende machen.
Die Gefahr, dass die Befolgung der in Matth. 18:15-18 gegebenen Methode
des Herrn zahlreiche Gerichtssitzungen der Herauswahl nötig macht,
besteht nicht. Sie bezweckt nur die Beseitigung der Anlässe zu Streiterei
und die Erzeugung des Respekts vor der Entscheidung, welche die
Versammlung im Namen des Herrn zu treffen berufen werden könnte. Wenn übrigens
Ordnung und Liebe vorherrscht, wird jeder suchen, soweit wie möglich auf
sich selbst acht zu haben, anstatt seinen Bruder zu missbilligen oder zu
bekritteln oder vor dem kleinen Komitee oder der ganzen Versammlung zu
verklagen, ohne dass die Sache wichtig genug ist, um den Schuldigen, die
Versammlung oder die Wahrheit ernstlich zu gefährden.
Ohne
Frage haben die weitaus meisten Schwierigkeiten in der Herauswahl (wie in
der Familie oder in der menschlichen Gesellschaft überhaupt) ihre Ursache
keineswegs in einem Wunsche, unrecht zu tun, oder in einem absichtlich
begangenen Unrechte, sondern in Missverständnissen und teilweise
unrichtigen Auslegungen von Absichten und Beweggründen. Die Zunge richtet
dabei das größte Unheil an. Es ist daher ein Teil des Geistes des
gesunden Sinnes, über seine Lippen ebenso sehr zu wachen wie über sein
Herz, aus dem die lieblosen Gedanken aufsteigen, die, wenn die Lippen
ihnen Ausdruck geben, böse Leidenschaften entzünden und oft viele schädigen.
Die Neue Schöpfung - die Herauswahl - hat von ihrem Herrn und Haupte in
diesem Stücke sehr genaue Weisungen empfangen. Der Geist der Liebe sollte
einen jeden so sehr erfüllen, dass er allein zu seinem Beleidiger geht,
ohne sich vorher mit irgend jemand anders besprochen zu haben. Dabei
sollte nicht bezweckt werden, den Übertreter zu beschämen, zu
beschimpfen oder sonst wie zu bestrafen, sondern nur einem Unrecht eine
Ende zu machen und, wenn möglich, für erlittenen Schaden Entschädigung
zu fordern. Anderen davon zu erzählen, vorher oder nachher, ist lieblos,
unfreundlich und läuft dem Worte und Geiste unseres Hauptes zuwider.
Nicht einmal zum Zwecke des Ratsuchens sollte davon gesprochen werden; wir
haben den Rat des Herrn, welcher vollständig genügt; wir brauchen ihn
nur zu befolgen. Ist der Fall besonders schwierig, so mag der Weiseste
unter den Ältesten zu Rate gezogen werden, jedoch so, dass derselbe nicht
erfährt, um wen es sich handelt.
Ist
die Sache nicht ernstlicher Natur, so sollte es mit dem persönlichen
Schritte bei dem Übertreter sein Bewenden haben, ob er nun höre und
nachgebe, oder nicht. Scheint der zweite Schritt notwendig, so soll der
Fall dem Komitee nur in Gegenwart beider Teile vorgetragen werden. So würde
üble Nachrede vermieden, und das Komitee träte ohne Voreingenommenheit
an die Sache heran und wäre um so besser imstande, beiden Teilen weise
Ratschläge zu erteilen. Denn der Fehler kann ebenso gut ganz oder
teilweise auf Seiten des Klägers liegen. Jedenfalls wird der Beschuldigte
durch eine so offene Behandlung zugunsten des Komitees gestimmt und
leichter nachgeben, wenn er sieht, dass auch das Komitee findet, er habe
Unrecht. Aber ob er nun nachgebe oder nicht, so bleibt die Sache so lange
ein Geheimnis, worüber zu niemandem geredet wird, bis sie, falls sie
wichtig genug ist, vor die Versammlung gebracht und dort endgültig
entschieden wird. Dann erst erhalten alle Heiligen davon Kenntnis, und je
weiter diese in der Heiligung fortgeschritten sind, um so mehr werden sie
wünschen, nicht mehr als durchaus notwendig zu irgend jemandem von den
Schwachheiten oder Vergehungen eines anderen zu reden.
Der
einzelne muss sich nun selber einen klaren Begriff von der Richtigkeit der
Entscheidung der Versammlung machen; denn er hat von sich aus
dementsprechend zu handeln. Der Entzug der Gemeinschaft und des Umganges
hat den Zweck, den Schuldigen zu bessern; dies wird vom Herrn selbst
vorgeschrieben. Es dient der Herauswahl als Schutz, sich von solchen
fernzuhalten, die unordentlich und nicht dem Geiste der Liebe gemäß
wandeln. Dieser Entzug soll übrigens nur so lange dauern, bis der
Betreffende sein Unrecht eingesehen und nach Möglichkeit gutgemacht hat.
Anklagen
gegen Älteste
„Wider
einen Ältesten nimm keine Klage an, außer
bei zwei oder drei Zeugen“ - 1. Tim. 5:19 –
In
diesem Verse bringt der Apostel zwei Grundgedanken zum Ausdruck: 1. Dass
jemand, den die Versammlung als Ältesten berufen hat, dadurch schon als
im Besitz eines guten, edlen Charakters stehend und als besonders eifrig für
die Wahrheit und ergeben in Gott anerkannt worden ist; 2. dass solche
Personen infolge ihrer hervorragenden Stellung in der Versammlung den
Angriffen des Widersachers besonders ausgesetzt sind. Sie werden leichter
als andere der Gegenstand des Neides und Hasses, wie es auch der Herr
voraussagte: „Wundert euch nicht, Brüder, wenn die Welt euch hasst“;
„wenn die Welt euch hasst, so wisset, dass sie mich vor euch gehasst
hat“; „haben sie den Hausherrn Beelzebub geheißen, wie viel mehr
seine Hausgenossen!“ (1.
Joh. 3:13; Joh. 15:18; Matth. 10:25)
Je treuer und fähiger ein Bruder, je ähnlicher er dem Meister, um so
richtiger ist es, wenn er zum Ältesten gewählt wird; und je
pflichttreuer ein Ältester, um so sicherer kann er sein, Feinde zu haben,
nicht nur Satan und seine Engel, sondern auch solche, welche Satan irrezuführen
und zu täuschen vermag.
Dies
sollte einen Ältesten davor schützen, auf die Aussage eines einzelnen
hin verurteilt zu werden, sofern sein Wandel sonst richtig erscheint. Auf
bloße Gerüchte ist überhaupt nicht zu hören; denn kein wahrer
Mitberufener, der des Herrn Anordnung (Matth. 18:15) kennt, wird ein Gerücht
in Umlauf setzen oder solchen glauben, die dies tun und sich dadurch als
ungehorsam erweisen. Um auch nur gehört zu werden, müssen die Ankläger
in der Lage sein, als Ohren- oder Augenzeugen aufzutreten. Doch gilt auch
im Falle der Ältesten das allgemeine Verfahren. Der erste, der etwas
Unrichtiges zu bemerken glaubt, sollte, wenn eine persönliche Unterredung
nutzlos geblieben, zwei oder drei Brüder mitnehmen und diese zu Zeugen
des Widerstandes des Ältesten machen. Erst dann, wenn der Älteste sich
nicht bessern würde, sollte Timotheus oder irgend sonst jemand die
Angelegenheit der Versammlung unterbreiten.
Der
Umstand, dass die Anschuldigung vor zwei oder drei Zeugen verlangt wird,
genau wie für alle Glieder, lässt vermuten, dass der Apostel nichts
weiter wollte, als dem Ältesten alles und jedes Recht sichern, dessen
sich alle Brüder erfreuten. Es mag sein, dass einige aus der Forderung,
dass ein Ältester nicht bei den Brüdern allein, sondern auch außerhalb
der Versammlung einen guten Ruf haben müsse, den Schluss zogen, ein Ältester
müsse gerade wegen seiner einflussreichen Stellung auf die Anschuldigung
hin vor die Versammlung gestellt werden. Doch die Worte des Apostels
stellen fest, dass sich ein Ältester der gleichen Rechtsgelegenheiten
erfreuen soll wie andere.
Jede
Neue Schöpfung sollte sich dies wohl einprägen und daran denken, dass
sie sich nur als Zeuge ein Urteil bilden soll. Was andere zu wissen
vorgeben und leichthin erzählen, dem sollte keiner Glauben noch auch
Beachtung schenken. Wenn zwei oder drei nach des Herrn Vorschrift jemanden
vor der Versammlung beschuldigen, nicht leichthin und in böser Absicht,
sondern der vom Worte Gottes erhaltenen Belehrung gemäß, auch dann noch
soll ihnen nicht ohne weiteres geglaubt, sondern beide Teile sollen gehört
werden, der eine in Gegenwart des anderen, und die Entscheidung und
Ermahnung der Versammlung sollte nach dem Geiste Gottes sein und in Worte
gefasst, welche dem Übertreter auf den rechten Weg zurückhelfen und ihn
nicht in die Finsternis draußen stoßen.
Falsch
verstandene Berufung zum Predigen
Viele
Leute behaupten, sie seien vom Herrn berufen worden, das Evangelium zu
predigen. Zuweilen fügen sie auch im nächsten Augenblick hinzu, sie hätten
nie gewusst, warum, und sie fühlten sich zu diesem Dienste gar nicht fähig,
oder die Umstände hätten sie immer verhindert, dem Ruf Folge zu leisten.
Werden sie nun gefragt, wie denn der Ruf an sie ergangen sei, so kommt
schließlich an den Tag, dass sie sich nur einbildeten oder vermuteten,
berufen zu sein. Der eine hatte einmal (vielleicht bevor er überhaupt ein
Christ war) den Eindruck, er sollte sich ganz Gott und seinem Dienste
weihen, und sein höchster Begriff von dem Dienst für Gott und „Predigen“
ist von dem Einflusse desjenigen Predigers der Namenkirche hergeleitet,
dessen Vorträge er samt seinen Familienangehörigen anhörte. Ein anderer
wünschte anderen zu Gefallen Prediger zu werden und sagte zu sich selber:
Wie gut würde mir doch der Kanzelrock stehen, und wie angenehm wäre es,
mich der Achtung, des Titels und des Gehaltes eines Geistlichen, selbst
zweiten oder dritten Ranges, zu erfreuen! Hat einer ein gut Stück guter
Meinung von sich selbst, so hat er möglicherweise noch den weiteren
Eindruck, dass, wie die erwählten Apostel ungelehrte und unwissende Leute
waren, Gott möglicherweise gerade deshalb an ihn gedacht habe, weil es
ihm an Begabung und Bildung gebreche. Aber, Gott hat vielen solchen, und
seiner Kirche zumal, dadurch einen Dienst geleistet, dass er ihnen den Weg
verlegte, auf dem ihr Ehrgeiz, den sie für göttliche Berufung hielten,
zu wandeln begehrte.
Wie
schon gezeigt, ist ein jedes Glied der Neuen Schöpfung zum Predigen
berufen - nicht durch seine Einbildungskraft oder seinen Ehrgeiz, sondern
durch das Wort, welches alle, die die Gnade Gottes nicht umsonst empfangen
haben, auffordert, die Tugenden dessen zu verkündigen, der sie aus der
Finsternis zu seinem wunderbaren Lichte berufen hat. (1. Petr. 2:9) Dieser
Ruf umschließt mithin alle, die vom Geiste der Wahrheit gezeugt sind:
Mann und Weib, Sklaven und Freie, Reiche und Arme, Gebildete und
Ungebildete, Schwarze, Braune, Rote, Gelbe und Weiße. Was bedarf es
weiteren Auftrages als: „Er hat ein Lied in meinen Mund gelegt“ - eben
„die Gütigkeiten Jehovas“? - Psalm 40:3; 107:43.
Gewiss,
der Herr erwählte und berief die zwölf Apostel in besonderer Weise, aber
auch zu einem besonderen Dienste; gewiss, er hat sich auch vorgenommen,
soweit sein Volk auf seine Worte zu hören bereit ist, die verschiedenen
Glieder seines Leibes nach seinem Gutdünken zu „setzen“, das eine zu
diesem, das andere zu jenem Dienste, „ein jedes nach seiner eigenen Fähigkeit.“
(Matth. 25:15) Aber er zeigt uns auch deutlich, dass viele suchen werden,
sich selber als Lehrer einzusetzen; dass es Pflicht der Herauswahl sei,
beständig auf ihn als ihr Haupt und ihren Führer zu schauen, und nicht
ehrgeizige Brüder zu begünstigen, die dabei das Ihre suchen; dass, wenn
sie es in diesem Stücke fehlen lassen, dies einer Vernachlässigung des
Wortes Gottes, einem Mangel an Liebe und Gehorsam gleichkomme und schließlich
zum ernstlichen Schaden einer solchen Versammlung und der selbstherrlichen
Lehrer ausschlagen werde.
Die
Regel, nach welcher der Herr handelt ist deutlich in Luk. 14:11 ausgedrückt,
wo wir lesen: „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer
sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ Danach hat sich die
Herauswahl in allen Stücken, in denen sie den Willen des Herrn zu
erforschen und ihm zu gehorchen suchen soll, zu richten. Der Herr stellt
solche in den Vordergrund, deren Eifer, Treue und geduldiges Ausharren im
Gutestun sich in kleinen Dingen ausgewiesen hat. „Wer im Geringsten treu
ist, ist auch in vielem treu.“ (Luk. 16:10) „Über weniges warst du
treu, über vieles werde ich dich setzen.“ (Matth. 25:21, 23) Schon auf
der untersten Stufe der Leiter ist reichlich Raum zur Betätigung des
Eifers und der Treue. Wer nur recht will, wird nicht lange vergeblich nach
Gelegenheit suchen, dem Herrn, der Wahrheit und den Brüdern auf
unscheinbare Weise, die den Hochmütigen nicht gut genug ist, weil sie
nach Dienstleistungen trachten, die ihnen mehr Ehre bei den Menschen
einbringen, zu dienen. Die Treuen aber werden jeden Dienst mit Freuden
leisten. So muss dem Willen Gottes als einer Kundgebung seiner Weisheit
von jedem Gliede der Neuen Schöpfung gewissenhaft nachgelebt werden,
insbesondere bei Abstimmungen in den Versammlungen, welche den Willen des
Hauptes zum Ausdruck bringen sollten.
Ein
sich selbst suchender Bruder sollte, auch wenn er sich sonst eignen würde,
nicht als Ältester gewählt und ein weniger befähigter ihm vorgezogen
werden, wenn er demütig ist. Der hierin für den Übergangenen liegende
stumme Tadel sollte allen gut sein, auch ohne ein Wort über die Ursachen
des Wahlergebnisses zu verlieren. Und wenn sich ein wohl befähigter Ältester
als herrschsüchtig auszuweisen, sich als über der Versammlung stehend,
eine eigene Klasse bildend und sein Recht zum Lehren als von der
Versammlung unabhängig (oder wie manche sagen, als direkt vom Heiligen
Geiste empfangen) zu betrachten anfinge, so wäre es einem solchen gegenüber
gütig und pflichtgemäß zugleich gehandelt, wenn er eine Zeitlang mit
weniger hervorragendem oder auch gar keinem Dienst betraut würde, bis er
sich die darin liegende Missbilligung merkt und so den Fallstricken des
Widersachers entrinnt.
Alle
sollten dessen eingedenk sein, dass Strebsamkeit in der Herauswahl ebenso
notwendig ist wie in der Welt, nur dass in der Neuen Schöpfung nicht
danach gestrebt wird, groß und vornehm zu sein, sondern dem Herrn und
seinen Brüdern, selbst den geringsten, zu dienen. Wir wissen alle, wie
der Hochmut Satan zu Fall brachte, aus einem bei Gott in Gunst stehenden
Diener einen Feind seines Schöpfers und Gegner aller Gerechtigkeit machte.
Gleicherweise werden alle, welche in seine Wege treten und sprechen: „Ich
will hinaufsteigen hoch über die Sterne Gottes (mich setzen über die
anderen Söhne Gottes) ... mich gleich machen dem Höchsten“ (ein
Herrscher unter ihnen, der sich göttliche Autorität anmaßt, ohne von
Gott dazu bestellt zu sein, eine Stellung einnimmt, die der göttlichen
Ordnung zuwiderläuft) - von Gott missbilligt und ihm dadurch in
entsprechendem Maße entfremdet werden. Der Einfluss solcher ist gleich
demjenigen Satans ein schädlicher. Wie Satan ein unsicherer Lehrer wäre,
geradeso würde von seinem Geiste Geleitetes in Finsternis geraten,
anstatt zum Lichte zu gelangen, denn sie befänden sich nicht in der
richtigen Herzensstellung, um selber Licht zu empfangen und als Boten, die
es an andere weitergeben könnten, gebraucht zu werden.
Wenn
sich ein Bruder je berufen fühlen sollte, einigermaßen öffentlich zu
predigen, auch dann noch, wenn sich die Gelegenheit hierzu nicht in der
angegebenen Weise geboten hätte, wenn er Neigung dazu zeigen sollte, sich
der Versammlung, ohne dazu gewählt worden zu sein, aufzudrängen, oder
wenn ein erwählter Leiter oder Ältester seine Stellung festzuhalten und
sie als ein wohlerworbenes Recht zu betrachten versuchen sollte, ohne sich
einer Wiederwahl zu unterwerfen, so können wir sicher sein, dass er
entweder nicht gemerkt hat, wie er zu handeln hätte, oder aber, dass er
die böse, sich selbst suchende Gesinnung hat, mit welcher kein Dienst in
der Versammlung vereinbar ist. In beiden Fällen wird es notwendig sein,
bei der ersten Gelegenheit eine Neuwahl vorzunehmen; und zwar, wie wir
schon angedeutet, etwa am ersten Sonntage eines Jahres oder eines Quartals.
„Weiset
die Unordentlichen zurecht“
„Wir
ermahnen euch aber, Brüder: Weiset die Unordentlichen zurecht, tröstet
die Kleinmütigen, nehmet euch der Schwachen an, seid langmütig gegen
alle. Sehet zu, dass niemand Böses mit Bösem vergelte, sondern strebet
allezeit dem Guten nach gegeneinander und gegen alle.“ - 1. Thess. 5:14,
15
Diese
Ermahnung gilt nicht den Ältesten allein, sondern der ganzen Versammlung
mit samt den Ältesten. Sie anerkennt, dass, wenn auch die ganze
Versammlung, als Gottes Neue Schöpfung, vor ihm als die Gesamtheit Neuer
Schöpfungen in Christo Jesu vollkommen dasteht, doch ein jeder einzelne
seine Unvollkommenheiten nach dem Fleische habe. Sie zeigt ferner, was wir
alle erkennen, dass diese Unvollkommenheiten nicht bei allen gleicher Art
und gleicher Tragweite sind; gerade wie in Kindern nach dem Fleische die
Neigungen verschieden sind, und daher das Verfahren der Eltern auch je
nach denselben verschieden sein muss, so gibt es auch in der Familie
Gottes große Verschiedenheiten, sodass es nötig ist, dass darauf
gegenseitig Rücksicht genommen werde. Aber nicht in der Weise, dass wir
Freude empfänden, die Unvollkommenheiten des anderen zu entdecken. Eine
solche Stellung würde uns sehr schaden, indem sie in unseren Herzen die
Sucht erstarken lassen würde, andere zu bekritteln, unseren Blick für
die Schwachheiten und Unvollkommenheiten der anderen schärfen und uns
vielleicht in dem Maße für unsere eigenen Mängel blind machen würde.
Solches Kritisieren liegt dem Geiste und der Absicht des Apostels in
obiger Ermahnung durchaus fern. Diese richtet sich an solche, die vom
Geiste der Wahrheit, vom Geiste der Heiligkeit, vom Geiste der Demut, vom
Geiste der Liebe gezeugt sind. Wer infolge dieser Zeugung in den
Gnadengaben des Geistes heranwächst, fürchtet und sieht zuerst seine
eigenen Mängel, indem seine Liebe für die anderen ihn dazu führen wird,
die der anderen in seinem Herzen soviel wie möglich zu entschuldigen.
Aber wenn auch dieser Geist der Liebe Recht hat, die Fehler und
Schwachheiten der Brüder zu verzeihen, so muss er gleichwohl darauf acht
haben, ihnen Gutes zu tun, nicht durch barsche Worte, Zank und Streit,
gegenseitige Bekrittelung und üble Nachrede, sondern in einer mit der
goldenen Regel der Liebe verträglichen Art und Weise. Er wird mit
Freundlichkeit, Milde, Langmut und Geduld den Schwachheiten des anderen
Rechnung tragen, aber gleichzeitig dem anderen nach Kräften helfen, diese
Schwachheiten loszuwerden, indem er sich dessen erinnert, dass er deren
auch verschiedene abzulegen hat.
Die
Unordentlichen sollen also auf ihrem bösen Wege nicht ermutigt und
unterstützt werden, sondern liebevoll und freundlich sollen sie daran
erinnert werden, dass Gott ein Gott der Ordnung ist; dass also, je mehr
wir ihm ähnlich und von ihm begünstigt zu werden wünschen, wir um so
genauer auf Ordnung acht haben müssen. Sie sollten daran erinnert werden,
dass Gottes Anordnung nichts ferner liegt als Anarchie. Wie die Weltleute
darin einig sind, dass die denkbar schlechteste Regierungsform besser ist
als Anarchie, so sollte auch das Volk Gottes, welches den Geist des
gesunden Sinnes, den Heiligen Geist empfangen hat, diesem Grundsatze
innerhalb der Versammlung huldigen. So ermahnt uns denn auch der Apostel,
einer dem anderen zum Besten der Gesamtheit und der Sache des Herrn
untertan zu sein. Wären wir alle vollkommen, so würden wir alle genau
gleich denken und bedürften nicht, dass sich einer dem anderen unterordne.
Aber da unser Bestreben ungleich ist, ist es notwendig, dass ein jeder auf
den anderen und dessen Standpunkt im Beobachten und Urteilen Rücksicht
nehme, und dass ein jeder im Interesse des allgemeinen Friedens suche, in
einem, ja jedem Stücke nachzugeben, wo dies zur Erhaltung der Einheit des
Geistes im Bande des Friedens notwendig ist, ausgenommen natürlich, wenn
dadurch Grundsätze preisgegeben werden müssten.
Die
Unordentlichen sind vielleicht wegen ihrer Eigenschaft nicht ganz zu
tadeln. Viele sind von Jugend an unordentlich und bleiben es später in
Kleidung und in allen irdischen Angelegenheiten. Ihre Unordentlichkeit ist
mithin ein Teil ihrer Schwachheit. Dann sollte derselben voller Mitleid
und Freundlichkeit gedacht werden; nur darauf muss geachtet werden, dass
ihre Unordentlichkeit der Versammlung Gottes keinen Schaden zufügt, die
Versammlung an ihrer Nützlichkeit zum Erforschen der Wahrheit und zum
Dienste an der Wahrheit beizutragen, nicht hindert. Es ist nicht Gottes
Wille, dass sein Volk vor lauter Milde im Verkehr mit Unordentlichen
schwach werde. Freundlich und liebevoll, aber fest zugleich, sollte
solchen gezeigt werden, dass Ordnung das erste Gesetz im Himmel ist und es
mithin auch denen wichtig sein müsse, welche himmlische Gesinnung haben;
und dass es für eine Versammlung sündhaft sein würde, einem, zwei oder
mehreren Gliedern zu gestatten, die göttliche Regel zu missachten, welche
im Worte Gottes ausgedrückt und im allgemeinen von der Versammlung,
welcher sie angehören, verstanden wird.
Das
Ermahnen kein allgemeiner Befehl
Es
wäre jedoch ein schwerer Irrtum zu glauben, dass der Apostel auch an
dieser Stelle, wo er ganz allgemein redet, der Meinung wäre, dass ein
jedes Mitglied der Versammlung ermahnen sollte. Weislich und hilfreich zu
ermahnen ist eine sehr schwere Sache, und gar wenige haben diese Gabe.
Darum ist die Wahl von Ältesten durch die Versammlung so zu verstehen,
dass sie diejenigen an die Spitze stellen sollte, welche, verbunden mit
natürlicher Veranlagung, die fortgeschrittenste geistige Entwicklung
zeigen, nicht nur zum Leiten der Zusammenkünfte usw., sondern auch zur
Aufrechterhaltung von Ordnung und weiser, gütiger, aber nicht schwächlicher,
sondern fester Ermahnung der Unordentlichen. Dass es der Apostel so meint,
geht deutlich aus den vorhergehenden Versen hervor, welche wir hier
ebenfalls anführen wollen:
„Wir
bitten euch aber, Brüder, dass ihr die erkennet, die unter euch arbeiten
und euch vorstehen im Herrn und euch zurechtweisen und dass ihr sie über
die Maßen in Liebe achtet, um ihres Werkes willen. Seid in Frieden
untereinander.“ - 1. Thess. 5:12, 13
Wenn
bei der Wahl der Ältesten mit göttlicher Weisheit verfahren wurde, so
folgt daraus, dass die Erwählten in hoher Achtung stehen; und da Neulinge
nicht gewählt werden sollten, so folgt weiter, dass die Erwählten um
ihrer Werke willen geschätzt und auserkoren, dass an ihrem ganzen Gebaren
erkannt worden ist, dass sie nebst gewissen natürlichen Gaben und Anlagen
ein besonders reichliches Maß Heiligen Geistes der Liebe, Weisheit und
Niedriggesinntheit haben. „Seid in Frieden untereinander“, wie der
Apostel ermahnt, bedeutet, dass die Versammlung, nachdem sie Älteste zu
ihren Vertretern gewählt, von ihnen nun auch erwartet, dass sie die
Dienste verrichten, zu denen sie gewählt, und dass dann nicht ein jeder
versuchen soll, nur Leiter, Vertreter, Ermahner usw. zu sein. Wie wir
schon gesehen, soll nicht ein jeder den anderen selber richten; nur die
Versammlung als Ganzes kann einen von der Gemeinschaft und der Teilnahme
an den Zusammenkünften ausschließen. Und auch diese Maßregel soll erst
Platz greifen, wie schon ausgeführt, nachdem die verschiedenen Schritte
mehr vertraulicher Art getan wurden und alle Bemühungen, Besserung zu
erzielen, nutzlos geblieben sind, sodass eine längere Duldung des
Unordentlichen die Interessen der Gesamtheit gefährden würde. In den
zuletzt angeführten Versen ermahnt der Apostel, dass die Versammlung die
erkenne (d.h. anerkenne), und von denen, die sie gewählt hat, erwarten
soll, dass sie die Interessen der Herauswahl wahrnehmen und die
Unordentlichen so lange zurechtweisen, bis es ernst genug wird, um die
Entscheidung der Versammlung anzurufen.
Öffentlicher
Tadel selten
Solche
Ermahnung kann unter bestimmten Umständen öffentlich vor der Versammlung
vorgenommen werden müssen, wie der Apostel an Timotheus schreibt: „Die
da (offenkundig) sündigen, überführe vor allen, auf dass auch die übrigen
Furcht haben.“ (1. Tim. 5:20) Ein solcher öffentlicher Tadel setzt
notwendigerweise voraus, dass die begangene Sünde offenkundig und schwer
gewesen ist. Bei verhältnismäßig leichten Verstößen gegen Regeln der
Ordnung sollten die Ältesten der goldenen Regel, dem Gebote der Liebe,
gemäß darauf achten, „einander anzureizen zur Liebe und zu guten
Werken“, und darauf achtend, werden sie erkennen, dass ein Wort im
Vertrauen dem Übertreter viel hilfreicher ist als öffentlicher Tadel,
der ein empfindsames Gemüt verwunden könnte, ohne dass eine
Notwendigkeit dazu vorläge, und wo Liebe in solchen Fällen einen anderen
Weg eingeschlagen hätte. Doch auch, wenn eine schwere Vergehung öffentlichen
Tadel durch einen Ältesten erfordert, sollte dieser liebevoll und mit dem
Wunsche erteilt werden, dass der Getadelte sich bessern und den Rückweg
finden möchte, und nicht etwa mit dem Bestreben, den Getadelten
auszuschließen oder verhasst zu machen. Auch hat ein Ältester nicht die
Befugnis, irgend jemanden von den Zusammenkünften auszuschließen. Eine
solche Maßregel steht, wie schon gesagt, nur der Versammlung zu, und auch
dieser nur, nachdem der Angeschuldigte volle Gelegenheit erhalten hat,
sich zu verteidigen, zu bessern und um Verzeihung zu bitten. Die
Versammlung der dem Herrn Geweihten vertritt den Herrn, der Älteste
vertritt nur die Versammlung. sie war es, die bei der Ältestenwahl dem
Willen des Herrn nach bestem Wissen und Gewissen Ausdruck zu verleihen
suchte; sie ist die oberste Instanz in allen solchen Dingen, darum ist
auch der Wandel eines Ältesten stets von der Versammlung, deren
Anschauung den Willen des Herrn ausdrücken soll, zu beobachten und nötigenfalls
zu berichtigen.
Wir
möchten an dieser Stelle die Frage etwas näher untersuchen, wie weit
sich die Pflicht der Versammlung, die Unordentlichen zurechtzuweisen oder
durch die Ältesten zurechtweisen zu lassen oder auch von den Zusammenkünften
auszuschließen, erstreckt. Zu einer Ausschließung auf immer ist die
Versammlung nicht befugt. Der Bruder, welcher, nachdem er einem Mitbruder
oder der Versammlung Unrecht getan, umkehrt und sagt: „Ich bereue meinen
bösen Weg und verspreche, mich in Zukunft zu bemühen, richtig zu handeln“,
oder sonst etwas derartiges, muss völlige, herzliche Vergebung finden,
wie wir sie selbst vom Herrn für alle unsere Übertretungen erhoffen.
Einzig der Herr hat das Recht, auf immer auszuschließen, eine Rebe vom
Weinstocke abzuschneiden. Die Schrift belehrt uns, dass es eine Sünde zum
Tode gibt, für welche zu beten nutzlos ist (1. Joh. 5:16), und wir
sollten erwarten, dass eine solche absichtliche Sünde, die den zweiten
Tod nach sich zieht, so offenkundig wäre, dass, wer mit dem Herrn wandelt,
sie leicht gewahr würde. Wir sollten niemanden wegen Dingen richten, die
in seinem Herzen sein mögen, denn wir vermögen nicht in den Herzen zu
lesen. Wenn aber jemand absichtlich Sünde zum Tode begeht, so wird es
sicherlich offenbar werden: durch seine Lippen, wenn es sich um
Verleugnungen z.B. der Grundlehren von der Versöhnung durch Christi
kostbares Blut handelt; durch seine Handlungen, wenn er wieder nach dem
Fleische wandelt, „wie die gewaschene Sau sich wieder im Kote wälzt“.
Von solchen handeln Hebr. 6:4-8 und 10:26-31; von solchen gilt des
Apostels Warnung, dass wir keinen Verkehr mit ihnen haben, nicht mit ihnen
essen, sie nicht ins Haus nehmen, sie nicht grüßen sollten (2. Joh.
9-11), weil solche, die noch Umgang mit ihnen pflegen, geachtet würden,
als nähmen sie für die Feinde Gottes, für ihre bösen Taten oder ihre bösen
Lehren Partei.
Hinsichtlich
der wegen Unordentlichkeit Ausgeschlossenen gelten ganz andere
Verhaltungsmaßregeln. Sie sollten nicht als Feinde behandelt noch als
Feinde betrachtet werden, sondern als irrende Brüder, wie der Apostel
sagt: „Wenn aber jemand unserem Worte durch den Brief nicht gehorcht (wenn
er unordentlich ist, sich weigert, sich gesunden Anschauungen von der
Liebe und edler Denkungsart eingegebenen Ordnungsregeln zu unterwerfen),
den bezeichnet und habet keinen Umgang mit ihm, auf dass er beschämt
werde; und achtet ihn nicht als einen Feind, sondern weiset ihn zurecht
als einen Bruder.“ (2. Thess. 3:14, 15) Dieser Fall wäre bei offener
und öffentlicher Widersetzlichkeit gegen die Ordnungsregeln, welche der
Apostel als des Herrn Mundstück aufgestellt hat, gegeben. Solch
offenkundiger Widersetzlichkeit sollte von der Versammlung, nachdem die
Sache wirklich so befunden, durch einen Tadel begegnet werden. Nützt das
nichts, und fährt der Betreffende fort, sich der uns vom Herrn durch den
Apostel gegebenen Ordnung zu widersetzen, so sollte er als so vollständig
im Widerspruch stehend betrachtet werden, dass es unpassend wäre, weiter
mit ihm zu verkehren, bis er sich den vernünftigen Anforderungen
unterworfen hat. Er soll auf der Straße nicht ungegrüßt bleiben,
sondern nur von den Zusammenkünften der Glaubenden ausgeschlossen sein.
Dies liegt in den Worten unseres Herrn: „Er sei dir wie ein Heide und
ein Zöllner.“ Unser Herr meinte nicht, dass wir einen Heiden oder Zöllner
beleidigen oder sonst wie unfreundlich behandeln sollen, sondern nur, dass
wir nicht wie Brüder mit ihm umgehen, keine vertraulichen Beziehungen mit
ihm unterhalten sollten. Der Haushalt des Glaubens muss durch gegenseitige
Liebe und Anhänglichkeit und verschiedene Beweise dieser Gefühle
zusammengehalten und gefestigt werden. Der Entzug dieser Beweise soll dem
ausgeschlossenen Bruder Schmerz verursachen, damit das Bedürfnis in ihm
erwache, sich zu bessern und dadurch wieder Zutritt zu den Zusammenkünften
zu erlangen. Darin liegt eine Aufmunterung, Wärme, Herzlichkeit,
aufrichtige Brüderlichkeit in den Beziehungen unter den verschiedenen
Gliedern des Leibes des Herrn vorherrschen zu lassen.
„Tröstet
die Kleinmütigen“
Indem
wir mit der Untersuchung der Worte des Apostels in unserem Text fortfahren,
bemerken wir, dass die Versammlung die Kleinmütigen trösten soll. Wir
erkennen daran, dass der Heilige Geist unsere sterblichen Leiber
keineswegs so umgestaltet, dass sie gar keine Schwächen mehr hätten. Es
gibt manche mit schwachen Sinnen und andere mit schwachen Körpern, und
ein jeder bedarf um seiner eigenen Schwachheit willen des Mitleids. Die
Kleinmütigen werden nicht durch Wunder geheilt; auch sollten wir nicht
annehmen, dass Kleinmütige, welche nicht die ganze Länge, Breite, Höhe
und Tiefe des Planes Gottes erfassen können, deshalb nicht doch Glieder
am Leibe des Herrn sein können. Im Gegenteil, so wenig der Herr für
seine Herauswahl solche aussucht, die körperlich stark und gut entwickelt
sind, ebenso wenig sucht er ausschließlich geistig Starke, die imstande
sind, jede Einzelheit des Planes Gottes sofort völlig zu erfassen. Es
wird natürlich auch solche am Leibe geben, aber andere sind kleinmütig
und bringen es daher nicht einmal bis zur Durchschnittserkenntnis. Welchen
Trost sollten wir solchen geben? Wir antworten, dass die Ältesten in
ihren Darlegungen der Wahrheit, und alle Glieder der Versammlung in ihrer
Beziehung zu solchen, dieselben trösten sollten, nicht gerade dadurch,
dass sie ihre Schwachheit erwähnen und zu vergeben bereit sind, sondern
dadurch, dass sie das, was sie sagen, dem Fassungsvermögen der Schwachen
anpassen und sich nicht wundern, wenn nicht alle Glieder der Familie
Gottes gleich rasche Fortschritte machen. Niemand sollte denken, dass Brüder
von so schwachen Fähigkeiten nicht zum Leibe gehören. Der Sinn würde
ziemlich derselbe bleiben, wenn die verbesserte Übersetzung „Tröstet
die Verzagten“ annehmen würde. Es gibt nun einmal solche, denen es von
Natur an Mut und Widerstandskraft gebricht, und die daher mit dem besten
Willen und treuesten Herzen nicht bis zum gleichen Grade wie andere
„stark im Herrn“ sind und „den guten Kampf des Glaubens“ in
offener Feldschlacht so kämpfen können. Der Herr aber sieht ihren Wunsch,
ihre Absicht, mutig zu sein und treu zu ihm zu stehen, und das müssen
auch die Brüder tun, wenn sie den Überwindern zugezählt zu werden wünschen.
Alle
sollten erkennen, dass der Herr sein Volk nach seiner Herzensgüte
beurteilt. Wenn also die Kleinmütigen Verständnis und guten Willen genug
haben, die Grundlage des göttlichen Planes über die Erlösung durch
Christum Jesum und ihre Rechtfertigung durch den Glauben an den Erlöser
zu erfassen, und wenn sie, gestützt auf diese Erkenntnis, sich dem Herrn
gänzlich weihen, dann müssen sie in jeder Hinsicht so behandelt werden,
dass sie sich völlig und gänzlich als Glieder am Leibe Christi fühlen,
und empfinden, dass ihre Unfähigkeit, jeden Zug des Planes Gottes selber
zu erklären, klar zu erfassen, oder nach außen so fest zu verteidigen,
wie andere es können, ihnen nicht so ausgelegt wird, als hätte der Herr
ihre Weihung nicht angenommen. Sie sollten vielmehr zu weiterer Hingabe an
den Herrn ermutigt werden, und angespornt werden, zu tun, was ihre Hand
zur Ehre Gottes oder zum Segen der Brüder zu tun findet, in dem Gedanken
Trost suchend, dass zur rechten Zeit alle, die in Christo bleiben, die Früchte
des Geistes hervorbringen und den Weg des Opferns gehen, neue Leiber mit
vollkommener Befähigung erhalten werden, in welchen alle Glieder imstande
sein werden, zu erkennen, wie sie selbst erkannt worden sind. Bis dies möglich
ist, versichert uns der Herr, dass seine Kraft in unserer Schwachheit mächtig
ist.
„Nehmet
euch der Schwachen an“
Diese
Ermahnung setzt voraus, dass in der Versammlung die einen schwächer sind
als die anderen, nicht nur körperlich, sondern auch geistig, in dem Sinne,
dass ihre menschlichen Leiber vom Falle einen so großen Schaden davon
getragen haben, dass sie als Neue Schöpfungen größere Schwierigkeiten
haben, zu wachsen und sich zu entwickeln. Solche darf man nicht abstoßen,
im Gegenteil, wir müssen bedenken, dass, wenn der Her sie würdig
erachtet hat, seine große Gnade und Güte zu erkennen, er auch wohl
imstande ist, sie durch den, der uns geliebt und mit seinem kostbaren
Blute erkauft hat, zu Überwindern zu machen. Solchen gelten die Verheißungen,
dass, wenn wir in uns selbst schwach sind, wir im Herrn und in der Macht
seiner Stärke stark sein können, indem wir alle unsere Sorgen auf ihn
werfen und uns im Glauben auf seine Gnade stützen, und dass sie in der
Stunde der Versuchung oder der Schwachheit die Erfüllung seines
Versprechens schmecken können: „Meine Gnade genügt dir; denn meine
Kraft wird in Schwachheit vollbracht.“ (2. Kor. 12:9) An diesem
Ermuntern und Ertragen kann die ganze Versammlung teilnehmen, wiewohl natürlich
die Ältesten den Schwachen gegenüber ihre besonderen Pflichten haben,
weil sie die erwählten Vertreter der Versammlung sind. Der Apostel führt
in 1. Kor. 12:28 neben den Propheten und Lehrern auch „Hilfeleistungen“
an. Es ist sicherlich Gottes Wohlgefallen, dass jedes Glied der
Versammlung bestrebt ist, nicht nur den Ältesten, sondern einem jeden
Hilfe zu leisten, allen Menschen, wo sich Gelegenheit bietet wohl zutun,
insonderheit aber dem Haushalt des Glaubens.
„Seid
langmütig gegen alle“
Wenn
die Neuen Schöpfungen der Ermahnung gehorchen, langmütig unter allen
Umständen gegen alle zu sein, werden sie nicht nur sich gegeneinander
benehmen, wie es sich für sie gebührt, sondern sie werden dabei auch
eine der größten Gnaden des Geistes, die Geduld, üben. Geduld ist eine
Gnadengabe des Geistes, zu deren Ausübung wir in allen Angelegenheiten
des Lebens reichlich Gelegenheit finden, sowohl gegenüber solchen, die
draußen sind, als auch gegenüber den Gliedern der Versammlung; und es
ist gut, wenn wir uns erinnern, dass die ganze Welt auf unsere Geduld
Anspruch hat. Wir bemerken dieses erst recht, nachdem wir einen deutlichen
Einblick in die uns durch die Schrift geoffenbarte Lage der seufzenden Schöpfung
erhalten haben. Wir erkennen dann, wie schwer der Fall die Menschheit
geschädigt hat, wie geduldig Gott den Sündern gegenüber ist, wie
liebevoll er sein muss, dass er für ihren Loskauf und ihre
Wiederherstellung Vorsorge getroffen hat, wie er so glorreiche
Gelegenheiten beschafft hat, dank denen nicht nur die Herauswahl aus dem
Kot und Abgrund von Sünde und Tod herausgeholt werden, sondern die ganze
Menschheit zur Vollkommenheit zurückkommen kann. Dann erkennen wir ferner,
wie völlig bis jetzt die Welt vom Widersacher, „dem Gott dieser
Welt“, welcher sie noch verblendet und betrügt, irregeführt worden ist.
- 2. Kor. 4:4
Diese
Erkenntnis sollte uns sicherlich sehr geduldig machen! Und wenn wir nun
mit der Welt Geduld haben, wie viel mehr sollten wir mit denen Geduld
haben, die nicht mehr von der Welt sind, die durch Gottes Gnade Vergebung
für ihre Sünden in Christo gefunden haben, aufgenommen worden sind in
die Familie Gottes, und nun in Jesu Fußspuren zu wandeln bestrebt sind.
Welche liebende, langmütige Geduld sollten wir gegen solche Mitschüler
haben, gegen Glieder des Leibes des Herrn! Gewiss könnten wir uns ihnen
gegenüber nicht anders als geduldig erweisen, und gewiss würde unser
Herr und Meister unsere Ungeduld solchen gegenüber besonders missbilligen
und in irgendeiner Weise tadeln. Außerdem bedürfen wir selber sehr der
Geduld in unserem Kampfe gegen die Welt, das Fleisch und den Widersacher,
den wir unter so ungünstigen Umständen kämpfen müssen. Die Erkenntnis
alles dessen wird uns helfen, uns allen gegenüber geduldiger zu machen.
„Sehet
zu, dass niemand Böses mit Bösem vergelte“
Das
ist mehr als ein persönlicher Rat; es ist eine an die Herauswahl als Körperschaft
gerichtete Aufforderung und gilt jeder Versammlung des Volkes Gottes. Es
bedeutet, dass, wenn jemand vom Haushalte des Glaubens zur Rache,
Vergeltung von Bösem mit Bösen geneigt ist, sei es an einem Mitgliede
des Haushaltes oder an Draußenstehenden, die Versammlung sich nicht der
Einmischung in fremde Händel schuldig mache, wenn sie dagegen einschreite.
Es wird hier vielmehr als Pflicht der Versammlung bezeichnet, darauf zu
sehen, dass solches nicht geschehe, dass niemand Böses mit Bösem
vergelte, dass vielmehr die richtige Gesinnung in der Versammlung herrsche.
Wenn also die Ältesten von Vorkommnissen hören, welchen obige
Aufforderung gelten könnte, so ist es ihre Pflicht, die Schuldigen an das
Wort des Herrn zu erinnern; und sollten diese nicht darauf hören, so ist
es weitere Pflicht der Ältesten, die Angelegenheit der Versammlung zu
unterbreiten. Dann ist es Sache der letzteren, darauf zu sehen, dass die
Dinge in Ordnung gebracht werden. Dabei bleibt es aber einem jeden
dringend anbefohlen, mit freundlicher Teilnahme die Interessen des anderen
wahrzunehmen, einander nicht allein vor Rückschritten zu warnen und zu
bewahren, sondern auch zu ermutigen, zu tun, was recht ist. Wir sollten
uns über jeden Fortschritt eines Bruders freuen und ihn bei jedem
weiteren Fortschritt ermutigen, indem wir sowohl einzeln als auch als
Versammlung unsere Billigung zeigen. Wenn wir dies tun, freuen wir uns
immer mehr, wie es der Apostel auch sagt, und das mit gutem Grund; denn,
wenn wir einander so gegenseitig helfen, so wird der Leib des Christus an
Liebe zunehmen, dem Haupte immer ähnlicher und für die Miterbschaft am
Reiche immer geeigneter werden.
„Lasst
uns aufeinander acht haben zur Anreizung zur Liebe
und
zu guten Werken“
- Hebr.
10:24 -
Welch
ein lieblicher und herrlicher Gedanke ist hier ausgedrückt! Während
andere ihre Mitgenossen beobachten, um sie über Fehler zu ertappen und zu
entmutigen oder ihre Schwächen zu eigenem Vorteile auszunutzen, sollen
die Neuen Schöpfungen im Gegenteil die Anlagen eines jeden zu dem Zwecke
kennen zu lernen suchen, möglichst in Wort und Tat alles zu vermeiden,
was sie verletzen oder ärgern könnte, und alles zu tun und zu sagen, was
sie zu Liebe und zu gutem Verhalten anzureizen vermöchte.
Warum
auch nicht? Fordert nicht die ganze Stellungnahme der Welt, des Fleisches
und des Teufels zu Neid, Selbstsucht und Missgunst, zu Sünde in Gedanken,
Worten und Werken auf? Warum sollten die Neuen Schöpfungen vom Leibe des
Christus sich nicht nur solcher Handlungen untereinander und nach außen
enthalten, sondern auch sich ermutigen, in der entgegengesetzten Richtung
zu handeln, nämlich sich zu Liebe und guten Werken zu ermutigen? Gewiss
ist, wie jede Ermahnung des Wortes Gottes, auch diese hier nicht nur vernünftig,
sondern auch vorteilhaft.
Unsere
Versammlungen
„Indem
wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei etlichen Sitte ist,
sondern einander ermuntern, und das um so mehr, je mehr ihr den Tag
herannahen sehet.“ - Hebr. 10:25
Diese
Ermahnung des Apostels steht in vollem Einklange mit der Verheißung des
Herrn: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in
ihrer Mitte.“ (Matth. 18:20) Der Zweck des Zusammenkommens ist
gegenseitige Förderung in geistigen Dingen. Da bietet sich Gelegenheit
zur Ermunterung und Anreizung zu innigerer Liebe zum Herrn und zueinander,
zu mehr und mehr guten Werken jeder Art, die unserem Vater Ehre machen und
der Brüderschaft und selbst allen Menschen zugute kommen sollten. Wenn
jemand sagt, er liebe Gott, hasst aber seinen Bruder, so weiß er nicht,
was er sagt, und betrügt sich selbst. (1. Joh. 4:20) In ähnlichem
Selbstbetruge befinden sich, glauben wir, die, welche sagen: „Ich sehne
mich, bei dem Herrn zu sein, seiner Gesellschaft, seiner Segnungen
teilhaftig zu werden“, aber die Gelegenheiten versäumen, sich mit den
Brüdern zu versammeln und sich nicht freuen, in ihrer Gesellschaft zu
sein.
Alle
menschlichen Wesen suchen Gesellschaft auf und zwar erfahrungsgemäß nach
dem Grundsatze: „Gleich und gleich gesellt sich gern.“ Wenn uns also
die Gesellschaft geistlich Gesinnter nicht erwünscht ist, wenn wir den
Gelegenheiten dazu aus dem Wege gehen, dann können wir sicher sein, dass
dies in bezug auf unseren geistlichen Zustand Zeichen von Krankheit sind.
Der natürliche Mensch liebt die Gesellschaft Seinesgleichen, verabredet
mit demselben Geschäfte oder Vergnügen, und dies zu Zwecken, welche im
Vergleiche zu den außerordentlich großen und herrlichen Verheißungen
der Neuen Schöpfung ganz geringfügig sind. Die Erneuerung unserer
Gesinnung durch den Geist macht nun unserem Bedürfnisse nach Gesellschaft
nicht ein Ende, sondern gibt ihm nur eine neue Richtung, in welcher wir
andere Gesellschaft und andere Interessen finden, ein Interesse für die
Geschichte der Sünde und der seufzenden Schöpfung in Vergangenheit und
Gegenwart, für den Plan Gottes zum Rückkauf und zur bevorstehenden
Befreiung der seufzenden Schöpfung; für unsere hohe Berufung zur
Miterbschaft mit dem Herrn; für die Zeichen, die darauf deuten, dass sich
unsere Erlösung naht usw. Das ist ein ausgiebiges Gebiet zum Nachdenken,
zum Studieren und zu gemeinsamer Besprechung.
Kein
Wunder, wenn wir sagen, dass, wer den Vorteil nicht zu würdigen weiß,
der im Zusammenkommen und Besprechen dieser Dinge mit anderen liegt, in
gewisser Beziehung geistig krank ist, ob er nun imstande ist, sein eigenes
Gebrechen zu erkennen oder nicht. Er kann an einer Art geistlichen
Hochmuts leiden, an geistiger Selbstherrlichkeit, die ihn dazu führt, zu
denken: „Ich will nicht in die allgemeine Schule Christi gehen, um dort
meinen Unterricht mit seinen anderen Nachfolgern zu empfangen; ich will zu
Hause Privatunterricht empfangen; er wird mich allein belehren, tiefer in
die geistigen Geheimnisse einführen.“ Einige wenige scheinen an dieser
geistigen Selbstsucht zu kranken, sich für besser zu halten, als die übrigen
Brüder des Herrn, zu wähnen, der Herr werde ihretwegen von seiner
Methode abweichen, die wir in der Schrift skizziert finden, sie besonders
bedienen, weil sie mehr von sich halten, als sich zu halten gebührt, und
weil sie es so haben wollen. Solche Brüder sollten bedenken, dass ihnen
keiner der Segensverheißungen des Herrn gilt, solange sie in dieser
Herzensstellung verharren und demgemäss handeln. Im Gegenteil, „der
Herr widersteht den Hochmütigen und erzeigt seine Gnade den Demütigen.“
Der Herr segnet, die seine Gebote hören und befolgen; „wenn ihr mich
liebet, so haltet meine Gebote.“ Denen, die in der richtigen
Herzensstellung sind, genügt es, dass der Herr das Zusammenkommen
angeordnet hat, dass er seinen besonderen Segen auch da spendet, wo sich
nur zwei oder drei in seinem Namen versammeln, dass die Herauswahl sein
Leib ist und durch gegenseitige Dienstleistungen der Glieder gefördert
wird, und dass sich die Glieder in allen Gnadengaben und Früchten des
Geistes gegenseitig Auferbauen sollen.
Zuweilen
liegt das Gebrechen nicht ausschließlich in der geistlichen
Selbstherrlichkeit, sondern teilweise in dem Vernachlässigen des Wortes
Gottes und in der Neigung zu nur menschlichem Verständnis, indem man
annimmt, dass die Verheißung: „Sie werden alle von Gott gelehrt sein“
eine Einzelbelehrung bedeute, die ein jeder besonders empfange. Der Brauch
und die Lehre der Apostel und die Erfahrungen des Volkes Gottes
widersprechen aber solchen Begriffen.
Auf
der anderen Seite müssen wir nun nicht in den entgegengesetzten Fehler
verfallen und nach unzähligen Versammlungen und Volkstümlichkeiten
haschen, sondern eingedenk sein, dass der Herr seinen Segen nur dem
Zusammenkommen der Seinigen verheißt, auch wenn es deren nur zwei oder
drei sind, und dass der Apostel nur „unsere Versammlungen“ im Auge
hat. Es ist nicht Sektengeist, welchen der Herr und der Apostel hier
pflanzen, wenn sie ermahnen, dass die Versammlungen, in welchen die Kinder
Gottes mit anderen zusammenkommen, nicht weltlich sein sollen, sondern
christlich, Versammlungen von solchen, welche des Herrn Gnade erkannt,
angenommen, sich ihm gänzlich geweiht und in seinen Dienst gestellt haben.
Weltkinder sollen nicht aufgefordert werden, zu diesen Versammlungen zu
kommen. Sie sind nicht von euch, wie auch ihr nicht von der Welt seid; würden
sie nur durch musikalische oder andere Veranstaltungen angelockt, so ginge
der richtige Geist verloren; denn wo Weltlichkeit und der Wunsch
vorherrscht, den Weltlichen zu gefallen und sie anzuziehen, da würde gar
bald Zweck und Ziel unseres Zusammenkommens aus den Augen verloren werden.
„Ihr aber, Geliebte, erbauet euch selbst auf euren allerheiligsten
Glauben.“ (Judas 20) - „Erbauet einer den anderen.“ (1. Thess. 5:11)
und „habt acht aufeinander zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken.“
- Hebr. 10:24
Lasst
die zum Bösen Geneigten zusammenkommen, wenn sie wollen; lasst die zur
Selbstgerechtigkeit Neigenden ihre eigenen Versammlungen haben; und lasst
die Geistgezeugten zusammenkommen und sich gegenseitig nach den im Worte
Gottes enthaltenen Vorschriften erbauen. Wenn sie diese übersehen, so
macht dann nicht das Haupt der Kirche und die treuen Apostel dafür
verantwortlich, wenn schlimme Folgen eintreten. Der Herr und die Apostel
haben uns das richtige Verfahren vorgelegt.
Damit
ist nun nicht gemeint, dass Draußenstehenden der Zutritt zu den
Versammlungen der Herauswahl gewehrt werden sollte, wenn sie sich genug
dafür interessieren, dass sie zu kommen wünschen, „eure Ordnung zu
sehen“ und einen Segen zu haben von eurer heiligen Unterredung, von
eurer Ermunterung zur Liebe und zu guten Werken, von eurer Auslegung des göttlichen
Wortes zur Verheißung usw. Das erhellt aus 1. Kor. 14:24. Das Wesentliche
ist, dass „unsere“ Versammlungen nicht Zusammenkünfte von Ungläubigen
seien, wo fortgesetzte Anstrengungen gemacht würden, die Herzen der Sünder
zu brechen. Der Sünder soll frei sein beizuwohnen, aber dabei in aller Muße
die Ordnung und Liebe beobachten können, die unter den Geweihten des
Herrn herrscht. Wenn er dies auch nur unvollständig versteht, so mögen
seine Sünden doch durch Beachten des Geistes der Heiligkeit und Reinheit
in der Kirche getadelt werden, und er mag sich von seinem Irrtume und
Irrglauben durch Beachten der Ordnung und Harmonie der Wahrheit, welche
unter dem Volke Gottes herrscht, überzeugen können. - 1. Kor. 14:23-26.
Der
Charakter der Versammlungen
Wir
bemerken zuerst, dass hierüber, wie über andere Gegenstände, dem Volke
Gottes keine starren Regeln hinterlassen worden sind. Es herrscht volle
Freiheit, sich den nach Zeit und Ort wechselnden Gebräuchen anzupassen,
den Geist eines gesunden Sinnes zu gebrauchen, Weisheit von oben zu suchen
und den Grad, bis zu welchem sein Volk dem Herrn in der Denkungsart ähnlich
geworden ist, durch sein Verhalten dem Gebote der Liebe gegenüber zu
bekunden. Dieses Gebot der Liebe wird in den Abänderungen der Gebräuche
der ersten Kirche sicherlich zu größter Mäßigung führen; vor gründlichen
Änderungen wird man sicher so lange zögern, bis sie als notwendig
erkannt sind, und auch dann wird man die Neuerungen so genau wie möglich
im Sinne und Geiste der ersten Kirche halten.
In
der ersten Kirche haben wir die Apostel als besondere Lehrer. Wir haben Älteste,
die den Versammlungsdienst, den Pilgerdienst und den Dienst als Propheten
oder öffentliche Redner verrichteten, und aus 1. Kor. 14 dürfen wir
schließen, dass jedes Glied der Kirche von den Aposteln aufgemuntert
wurde, jede Gabe oder natürliche Anlage zur Verherrlichung des Herrn und
zum Dienste an den Brüdern durch Ausübung seiner Fähigkeiten zu
verwenden, im Herrn und in der Wahrheit zu erstarken, den anderen helfend
und von den anderen Hilfe empfangend. Der Verlauf einer gewöhnlichen
Versammlung in den Tagen der Apostel kann jedoch heutzutage nicht in jedem
Stücke zum Vorbilde genommen werden, weil die besonderen Gaben des
Geistes heutzutage nicht mehr erteilt werden. Sie wurden seinerzeit der
ersten Kirche zuteil zur Überzeugung der Draußenstehenden, wie auch zur
Ermutigung der Christen selbst in einer Zeit, wo es ohne diese Gabe für
niemanden möglich gewesen wäre, gefördert und auferbaut zu werden.
Dennoch können wir aus den vom Apostel gutgeheißenen Gebräuchen manches
lernen, was mit Vorteil von den kleinen Versammlungen des Herrn allerorts
angewendet werden kann.
Die
wichtigste Vorschrift ist die gegenseitige Hilfeleistung, „einander
auferbauend in dem allerheiligsten Glauben.“ Es war nicht Brauch, dass
einer oder mehrere Älteste regelmäßig predigten oder überhaupt die
ganze Auferbauung allein besorgten. Es war vielmehr Brauch, dass jedes
Glied sein Teil dazu beitrug, wobei natürlich das Teil der Ältesten um
so wichtiger war, je befähigter und begabter sie waren. Es ist leicht
ersichtlich, dass dies ein Verfahren ist, bei welchem mancher, ob Hörer
oder Beitragender, viel Segen empfangen kann. Und wer kann nicht bezeugen,
dass selbst der ungeschickteste Redner, die ungebildetste Person, wenn nur
das Herz von Liebe für den Herrn und Hingabe an ihn voll ist, Gedanken
mitteilen kann, die zu hören gar köstlich sind. Versammlungen, wie die
in 1. Kor. 14 beschriebene, waren sicherlich Regel. Wollen wir es heute
ungefähr gleich halten, so mag an solchen Versammlungen einer ermahnen,
einer die Wahrheit darlegen, einer beten, einer ein Lied vorschlagen,
einer ein Gedicht vorlesen, das seine Gedanken und Gefühle ungefähr
ausdrückt und mit dem gerade behandelten Gegenstande im Zusammenhange
steht, so würde der Herr alle Glieder seines Leibes zu gegenseitiger
Auferbauung verwenden.
Wir
sind nicht der Meinung, dass in der ersten Kirche nie gepredigt worden sei.
Im Gegenteil. Wo immer die Apostel hinkamen, wurden sie als besonders
geeignete Ausleger des Wortes Gottes betrachtet, welche nur kurze Zeit
verweilen würden. Es ist daher wahrscheinlich, dass während ihres
Besuches sie allein öffentlich redeten, wiewohl wir nicht bezweifeln,
dass neben den öffentlichen Versammlungen kleinere gesellige Zusammenkünfte
stattfanden, an welchen alle reden konnten. Dem gleichen Brauche folgten
ohne Zweifel andere, die nicht Apostel waren. Barnabas, Timotheus, Apollos,
Titus; einige trieben damit Missbrauch und übten bösen Einfluss aus, wie
Hymenäus, Philetus und andere.
Wo
der Herr kein Gesetz erlassen hat, halten wir weder uns noch andere für
berechtigt, Vorschriften zu machen. Das Folgende erhebt also nicht den
Anspruch, etwas anderes als freundliche Ratschläge zu sein.
1.
Belehrung ist notwendig, damit die Weissagungen und die Sittengebote
kennen gelernt und die Gnaden des Christus zur Entwicklung gebracht werden.
2.
Weil nicht jeder die Sprache gleich gut zu handhaben weiß, und weil nicht
jeder gleich scharfen Verstand hat, und da auch das Erkenntnisvermögen,
wie nach physischem, so nach dem geistigen Alter verschieden ist, so
sollten bei den Versammlungen Gelegenheiten geboten werden, bei denen ein
jeder dem, was er gelernt hat, Ausdruck geben könnte, damit ihm, wenn er
nicht richtig verstanden hat, durch die Äußerung anderer zurechtgeholfen
werden könnte.
3.
Es sollten in regelmäßigen kurzen Zeitabschnitten Versammlungen
stattfinden, in denen einem jeden Gelegenheit geboten wäre, Darlegungen
der Wahrheit vorzubringen, welche möglicherweise von denen abweichen,
welche sonst von der Versammlung gutgeheißen werden.
4.
Es ist Erfahrungstatsache, dass es sehr vorteilhaft ist, wenn ein jeder
beim Hören seiner Brüder selber, sei es durch Zeugnisablegen, sei es
durch ein Gebet, seine Ergebung an den Herrn mit dem Mund bekennt.
Die
Notwendigkeit der Lehre
Wir
leben in einer Zeit, da man meist über die Lehre spottet, und viele
behaupten, auf den Glauben an eine bestimmte Lehre komme es nicht an,
sondern nur auf gute Werke und richtigen Wandel. Die Schrift sagt aber
genau das Gegenteil und stellt den Glauben in erste, die Werke in zweite
Linie. Unser Glaube ist unserem Herrn wohlannehmlich, und nach unserem
Glauben wird er uns belohnen, wiewohl er mit Recht erwartet, dass der gute
Glaube so viel gute Werke hervorbringen werde, wie dies bei der
Schwachheit des irdenen Gefäßes möglich ist. So versteht die Schrift
die Sache überall. „Ohne Glauben aber ist es unmöglich, Gott
wohlzugefallen“, und „dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat:
unser Glaube.“ (Hebr. 11:6; 1. Joh. 5:4) Niemand kann also ein Überwinder
werden, ohne Glauben an Gott und Gottes Verheißungen zu üben. Wer an
Gottes Verheißungen glauben soll, der muss sie auch verstehen, und der
Glaube wird um so stärker werden, je mehr der Lernende von dem göttlichen
Plane der Zeitalter und den damit verknüpften außerordentlich großen
und herrlichen Verheißungen versteht. Darum ist Belehrung notwendig. Das
Volk Gottes soll von den göttlichen Dingen mehr wissen als die Welt,
damit seine größere und bessere Erkenntnis auf seinen Wandel, seine
Absichten und Hoffnungen einen heiligenden Einfluss ausüben kann. „Jeder,
der die Hoffnung zu ihm hat, reinigt sich selbst“ (1. Joh. 3:3), ist
eine Schriftstelle, welche mit dem Vorhergehenden vollständig übereinstimmt.
Wer seinen Wandel zu reinigen versuchen will, muss, wenn seine Bemühungen
Erfolg haben sollen, mit der Reinigung des Herzens beginnen, wie die
Schrift uns sagt; und das Reinigungsmittel ist der Glaube an die Verheißungen.
Diese muss er also kennen lernen; sie sind die Lehrer Christi.
Wir
müssen jedoch zwischen diesen und den Lehren von Menschen scharf
unterscheiden. Die Lehren Christi sind das, was er und seine inspirierten
Apostel im Neuen Testamente beurkundet haben. Die Lehren der Menschen
hingegen sind in den Glaubensformeln der Menschen zusammengefasst, deren
viele stark von den Lehren des Herrn und alle unter sich abweichen. Außerdem
ist es nicht genügend, dass wir einmal belehrt wurden; denn wir nehmen,
wie der Apostel es ausdrückt, die Schätze der Gnade Gottes in schadhafte
irdene Gefäße auf, die sehr durchlässig sind. Wenn wir also aufzunehmen
aufhören, so haben wir bald nichts mehr. Darum bedürfen wir „Gebot auf
Gebot, Vorschrift auf Vorschrift,“ und beständiger Wiederholung und
Durchsicht unseres Studiums des Planes Gottes, alle von der göttlichen
Vorsehung in unseren Bereich gestellten Hilfsmittel dazu benutzend, und
soweit wie möglich der Aufforderung des Apostels gehorchend, nicht „vergessliche
Hörer, sondern Täter des Werkes“ und so „Täter des Wortes“ zu
sein. – Jak. 1:22-25
Unser
zweiter Rat mag vielleicht nicht sofort so völligen Anklang wie der erste
finden. Es liegt nahe, dass viele wenn nicht alle, denken, diejenigen,
welche die Wahrheit am deutlichsten, fließendsten, genauesten darstellen
können, sollten auch die einzigen sein, die sie ausdrücken, und die
anderen sollten hören und lernen. Dies ist in mancher Hinsicht ganz
richtig. Wir meinen nicht, dass solche als passend betrachtet werden
sollen, zu lehren, oder dass zu solchen als Lehrern aufgeblickt und ihre
Worte als Belehrung betrachtet werden sollten, die gar nicht zu belehren fähig
sind, und den Plan Gottes selber nicht völlig begreifen. Aber es besteht
ein großer Unterschied, jemand zum einzelnen Lehrer einzusetzen - wie in
dem Falle eines Ältesten - und einer Versammlung, bei der alle Mitglieder
der Neuen Schöpfung eine Gelegenheit haben, irgendeinen Gedanken kurz
auszudrücken oder Fragen zu stellen, wobei verstanden ist, dass solche
Fragen, Zweifel oder Äußerungen nicht als jene der ganzen Versammlung
gelten. Auf diese Weise können unrichtige Begriffe, z.B. in Form von
Fragen, zur Kenntnis gebracht werden, und es bietet sich dann eben
Gelegenheit, sie zu berichtigen, oder es können Gedanken geäußert
werden, die würdig sind, der Versammlung empfohlen zu werden. Darum
sollte es bei solchen Versammlungen niemals an jemandem fehlen, der in der
Wahrheit vorgerückt genug ist, um seinen Glauben auf die Schrift zu gründen
und den Weg des Herrn deutlicher zu zeigen. Wozu denn diese Fragen? Weil
es oft schwierig und zuweilen unmöglich ist, die Dinge so einfach auszudrücken,
dass alle, die aufrichtig sind, auch imstande sind, gleich aus einer
einzigen Erläuterung klug zu werden. Die Fragen bieten dann Gelegenheit,
die gleiche Wahrheit an verschiedenen Bildern zu erklären, eine Methode,
von der unser Herr durch seine Gleichnisse vielfach Gebrauch gemacht hat.
Wird der gleiche Gegenstand von verschiedenen Seiten beleuchtet, so wird
seine Kenntnis auch vollständiger und harmonischer. So haben wir auch
schon zu bemerken Gelegenheit gehabt, dass eine zuweilen ungeschickt
ausgedrückte Wahrheit bei manchen Hörern Aufnahme fand, indes eine mehr
logische Ausführung nicht verstanden wurde. Die Darlegungen des weniger fähigen
Redners waren eben dem geringeren Fassungs- und Urteilsvermögen der Hörer
angepasst. Wir sollen uns darüber freuen, wenn die gute Botschaft verkündigt
wird und hungrige Herzen findet, welches auch die Werkzeuge seien, die
diesem Zwecke dienen, wie geschrieben steht: „Etliche zwar predigen
Christum auch aus Neid und Streit.“ Wir können uns nur freuen, wenn
jemand zur richtigen Erkenntnis des Herrn gebraucht wird, auch wenn wir
die unlauteren Beweggründe bedauern müssen, die zuweilen zur Verkündigung
antreiben. Der Herr, seine Wahrheit und seine Brüder sind es, die wir
lieben, und denen wir zu dienen wünschen. Darum können wir uns so
einrichten, dass nichts der Verkündigung im Wege steht. Damit soll nicht
gesagt sein, dass wir Unfähige und Unlogische zu Lehrern in der
Versammlung machen sollten, oder dass wir die unlogischen Darstellungen
der Wahrheit für besonders wirksam hielten, im Gegenteil! Aber gleichwohl
dürfen wir solche nicht gänzlich außer acht lassen, sintemal sie sich
bei diesem oder jenem oft als geeignete Kanäle erweisen und von der
ersten Kirche benutzt wurden.
Wir
kommen nun zu unserem dritten Vorschlag. So sicher wir uns auch fühlen mögen,
die Wahrheit zu besitzen, so wäre es doch sicher unweise gehandelt, allen
Fragen und abweichenden Meinungsäußerungen die Tür zu verschließen und
zu verriegeln, damit ja nichts zu Gehör gebracht werde, was dem Vorsteher
oder der ganzen Versammlung als Irrtum erscheint. Eine einzige Einschränkung
sollte durchgeführt werden, nämlich, dass die Zusammenkünfte der Neuen
Schöpfungen nicht der Betrachtung zeitlicher Angelegenheiten, weltlicher
Wissenschaften oder menschlicher Lehren, sondern ausschließlich dem
Studium göttlicher Offenbarung gewidmet werden. Bei diesem letzteren
sollte die Versammlung stetsfort den Unterschied zwischen den Grundlagen
der Lehren Christi (an welchen kein Mitglied rütteln noch dulden darf,
dass sie in Frage gestellt werden) und der Besprechung von Lehren für
Fortgeschrittene festhalten, welche selbstredend mit den Grundlehren
vereinbar sein müssen. Letztere sollten jederzeit frei und ungehindert erörtert
werden können; am besten in besonders zu diesem Zweck geweihten Zusammenkünften,
doch nicht so, dass die gleiche Sache immer und immer wieder vorgebracht
und so ein einzelnes Mitglied die ganze Versammlung verwirren und mit
seiner persönlichen Liebhaberei hinhalten könnte. Möge ein solches
seine Sache im rechten Augenblicke vorbringen, in Gegenwart von jemand,
der in der Wahrheit wohl bewandert ist; und wenn dann die Versammlung die
Sache als schriftwidrig abgelehnt hat und der, welcher sie vorgebracht,
von der Schriftwidrigkeit derselben noch nicht überzeugt ist, so möge
ihm wenigstens verboten werden, innerhalb längerer Frist (etwa vor Ablauf
eines Jahres), die Versammlung wieder damit zu behelligen; bei Ablauf
dieser Frist bliebe es wiederum der Versammlung vorbehalten, zu
entscheiden, ob der Gegenstand einer neuen Besprechung wert sei oder nicht.
Gewähren
wir solche Freiheit innerhalb der eben angegebenen Schranken nicht, so
laufen wir eine zweifache Gefahr: einerseits in den gegenwärtigen Zustand
der Namenchristenheit zu verfallen, in deren regelmäßigen Zusammenkünften
keiner ein Wort reden darf; und die andere Gefahr ist die, dass jemand,
dem irgendein Gedanke (mag er noch so falsch und vernunftwidrig sein) als
Wahrheit erscheint, sich niemals befriedigt fühlen würde, solange man
ihn nicht anhörte, während er, nachdem er in verständiger Weise angehört
worden ist, auch dann, wenn er sich von der Besprechung nicht hat überzeugen
lassen, zur Einsicht gelangen muss, dass es unpassend und nutzlos ist, mit
seinem Gedanken immer wieder zu kommen.
Nun
zu unserem vierten Vorschlag. Das Wachstum in der Erkenntnis führt leicht
zu einer Verminderung der Ergebenheit, so seltsam sich dies auch anhören
mag. Unsere Fähigkeiten sind so gering, und die Zeit, die wir auf religiöse
Dinge verwenden können, ist so beschränkt, dass uns die Zuwendung
unserer Aufmerksamkeit auf eine besondere Richtung anderen Gebieten fast
ganz entrückt. Der Christ soll nicht Kopf ohne Herz, noch Herz ohne Kopf
sein. Der „Geist eines gesunden Sinnes“ weist uns an, alle Früchte
der Gnade zu pflegen, damit sie an Rundung gewinnen und den Charakter
vervollkommnen. In unseren Tagen strebt alles vielmehr dem Spezialisieren
zu; ein Arbeiter besorgt dies, ein anderer jenes im gleichen Geschäft,
sodass es heutzutage wenige Arbeiter gibt, die ein Handwerk in so
umfassender Weise kennen, wie es ehedem der Fall war. Dieser Neigung muss
die Neue Schöpfung entgegenarbeiten und „gerade Bahn machen für ihre Füße“,
damit sie es nicht, während sie eine Gnadengabe pflegt, an der richtigen
Verwendung einer anderen Gabe Gottes völlig gebrechen lasse.
Jedem
Menschen wohnt die Fähigkeit, seine Ergebenheit zu bezeugen, in mehr oder
weniger hohem Grade inne. Sie stellt ihre Ansprüche an unser Gewissen und
unser Hoffen. Lassen wir sie brach liegen, so laufen wir Gefahr, dass
unser Interesse und unsere Liebe für die Wahrheit ausartet, uns nicht mit
größerer Liebe zum Herrn und mit lebhafterem Wunsche erfüllt, ihm zu
gefallen, sondern uns auf eine Stufe herabzieht, wo wir uns mit bloßer
Erläuterung begnügen, und die Besprechungen mehr zum Austausche
menschlicher Gedanken dienen, wobei es dann nicht fehlen kann, dass Zerstörungswut,
Streitsucht, Ehrgeiz, Zank und Eitelkeit unter uns Platz greifen. Deshalb
bedarf, glauben wir, die Neue Schöpfung nicht nur bei jeder Zusammenkunft
des Gebetes und der Lobpreisung, sondern außerdem einer wöchentlichen
Versammlung, die vorab diesem Zwecke dienen und Gelegenheit bieten müsste,
von seinen christlichen Erfahrungen Zeugnis abzulegen, freilich nicht in
der Weise, wie es meistens geschieht, durch Vorbringen von Erfahrungen aus
den letzten zwanzig Jahren, durch Darstellung seiner Bekehrung usw.,
sondern durch Mitteilung der Herzenserfahrungen, die man seit der
Versammlung der Vorwoche gemacht hat. Solche Erfahrungen sind denen, die
davon hören, eine Hilfe; bald werden die Hörer ermutigt, wenn die erwähnten
Erfahrungen günstiger Art sind, bald getröstet, wenn sie von Prüfungen,
Schwierigkeiten und Verlegenheiten der anderen hören, indem sie daran
erkennen, dass sie nicht die einzigen sind, die fehlgehen oder etwas zu
ertragen haben.
Auf
diese Weise mögen alle erfahren, wie recht der Apostel hat, wenn er
schreibt: „Lasst euch das Feuer der Verfolgung unter euch, das euch zur
Prüfung geschieht, nicht befremden, als begegne euch etwas Fremdes.“
(1. Petr. 4:12) Auf diese Weise werden wir erfahren, dass alle vom Volke
Gottes ihre Widrigkeiten und Schwierigkeiten haben; das erweckt die
Teilnahme des einen für den anderen, und mit der Teilnahme wächst die
Hilfsbereitschaft und der Geist der Liebe, die heilige Gesinnung. Solche
Versammlungen könnten mit großem Nutzen einen Gedanken zur Besprechung
herausgreifen, der in der vorhergehenden Sonntagsversammlung angeregt
worden ist; dieser Gedanke sollte im täglichen Leben stets gegenwärtig
gehalten und die täglichen Erfahrungen mit ihm verglichen und in
Zusammenhang gebracht werden. Das gibt für die Andachtsversammlung in der
Woche reichlichen Stoff. Es ist ja sicher, dass ein jeder Christ reichlich
Gelegenheit hat, Lehren aus seinem Leben zu ziehen. Aber die meisten
denken nicht, merken nichts, lassen so diese wertvollen Belehrungen
unbeachtet an sich vorübergehen und lernen erst, wenn sie besonders
schwere und bittere Erfahrungen machen, was sie aus den täglichen,
kleinen Botschaften des Herrn an sie hätten lernen können.
Ein
Beispiel: Angenommen, in der Sonntagsversammlung sei der Text betrachtet
worden: „Der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird euren
Sinn bewahren.“ (Phil. 4:7) Da sollte nun bis zur nächsten
Wochenversammlung jeder Bruder darauf achten, inwieweit dieses Wort sich
an ihm selber erfüllt, die Dinge anmerken, die diesen Frieden
unterbrechen oder verhindern und Unruhe und Unfrieden bringen. In der
Wochenversammlung würde nun ein jedes seine Erfahrungen mitteilen und die
Belehrung, die es für sich daraus geschöpft habe, und so könnte in der
zweiten Hälfte der Woche ein jedes sich nicht nur die eigenen, sondern
auch die Erfahrungen der anderen in der ersten Wochenhälfte zunutze
machen. Die Zuneigung des einen für den anderen würde vertieft, und die
Vorzüge des Friedens vor dem Streite träten immer deutlicher in die
Erscheinung. Der Friede Gottes erfüllte mehr und mehr die Herzen, und
immer ersichtlicher würde, wie es möglich ist, diesen Frieden selbst
mitten im Trubel und Strudel des Lebens, über den wir keine Macht haben,
zu bewahren. Der Charakter dieser Versammlungen wird für jeden ein
weiterer Nutzen sein. Wer seine eigenen Fehler deutlich erkennt und
ernstlich bemüht ist, in den Gnadengaben des Geistes zu wachsen, dem wird
es auch mit der Ergebung an den Herrn, mit dem Wunsche, ihm zu gefallen
und mehr und mehr von seinem Geiste zu haben, um so ernster sein.
Den
größten Nutzen haben wir von solchen wie von anderen Versammlungen, wenn
Ordnung herrscht; nicht eine Ordnung, die jedes Leben und Regen in der
Zusammenkunft erstickt, sondern eine Ordnung, welche die Freiheit wahrt,
der Planlosigkeit, der Anarchie wehrt, und eine weise, liebevolle,
freundliche Regelung ermöglicht. Zum Beispiel sollte der Sonderzweck
einer jeden Versammlung im Voraus vereinbart sein und der Leitende
denselben festhalten, dabei aus Liebe alle zulässige Freiheit lassend. Es
sollte gelten, dass an solchen Andachtsversammlungen nicht allgemein
gefragt oder diskutiert, nicht gepredigt wird, da für diese Zwecke
besondere Zusammenkünfte bestehen, wo dann ein jeder, der zu fragen oder
mitzureden, oder eine Predigt anzuhören wünscht, herzlich willkommen ist.
Darum sollte, um die allgemeine Diskussion zu vermeiden, bei diesen
Andachtsversammlungen nur der Leitende (im Namen der Versammlung)
antworten oder kritisieren, aber auch nur, wo es nötig ist. Der Leitende
hat ferner darauf zu achten, dass nicht dieses oder jenes Zeugnisablegen
zu lange dauert, dadurch ermüdend wirkt und anderen die Zeit und
Gelegenheit wegnimmt, dass ferner die Zusammenkunft nicht länger dauert
als die vorher ausgemachte Zeit. Diese Pflichten des Leitenden setzen
voraus, dass er ein Ältester der Versammlung sei. Ein Neuling, dem es an
der nötigen Erfahrung fehlte, könnte, selbst wenn er von den besten
Absichten beseelt wäre, sich zu wenig oder dann zu fest an die gegebenen
Regeln halten; er könnt durch seine Nachsicht den Nutzen der
Zusammenkunft beeinträchtigen, oder durch ungeschicktes Ausdrücken und
Anwenden richtiger Regeln diese oder jene würdigen Brüder oder
Schwestern verletzen. Auch deshalb ist es wünschenswert, dass solche
Versammlungen von einem Ältesten oder einem, der sich zur Ältestenschaft
eignet, geleitet werden, weil der Leitende das Wort Gottes hinreichend
kennen, in der Gnade erfahren und zur Belehrung befähigt sein sollte,
damit er imstande sei, mit einem ermutigenden Worte oder hilfreichen Rat
auf die verschiedenen Zeugnisse zu antworten. Denn „ein Wort zu seiner
Zeit, wie gut!“ (Spr. 15:23) – wie viel hilfreicher oft als lange
Reden unter anderen Umständen.
Nachdem
wir im Vorhergehenden länger bei einer der vier Arten von Zusammenkünften
verweilt haben, die wir, nebenbei gesagt, als die förderlichste und
wichtigste betrachten, möchten wir noch einige Vorschläge mit Rücksicht
auf die anderen Zusammenkünfte machen. Diese sind verschieden, je nach
Umständen, Verhältnissen und der Zahl der Teilnehmer. Sind es deren
ungefähr fünfzig und einige unter ihnen besonders befähigt, öffentlich
zu reden und die Wahrheit klar darzustellen, so glauben wir, dass ein
Vortrag wöchentlich, zu dem dann Freunde, Nachbarn oder andere Außenstehende
eingeladen werden können, von Vorteil ist. Wo aber der Herr für solche
Redner nicht gesorgt hat, da sind wir der Ansicht, es sei besser, überhaupt
keine Vortragsversammlungen zu veranstalten, sondern den Text von einigen
Teilnehmern, die in gleichem Maße dazu befähigt sind, besprechen zu
lassen, indem sie nacheinander abwechseln und die Ansprache halten. Je
mehr Gelegenheit geboten wird, dass ein jeder nach Maßgabe seiner Befähigung
mitwirken kann, vorausgesetzt, dass dies in aller Demut und mit der
notwendigen Klarheit geschieht, um so besser werden unseres Erachtens die
Interessen der Gesamtheit gewahrt.
Darum
erscheint uns die Diskussions-Versammlung nach der Andachtsversammlung als
die wichtigste. Der Vorsitz in derselben sollte wechseln. Dem Vorsitzenden
der nächsten Versammlung sollte das Recht eingeräumt werden, den zu
behandelnden Gegenstand oder Text unter einige leitende Brüder, etwa eine
Woche im voraus, zu verteilen, damit ein jeder sein Stück vorbereiten
kann und umso besser imstande ist, seine Gedanken darzulegen. Zur
Vorbereitung leisten nächst der Heiligen Schrift die „Schriftstudien“
und „Wachttürme“ wertvolle Dienste. Die Redner mögen dann ihren
Gedanken mit eigenen Worten oder durch Auszüge aus den „Schriftstudien“,
„Wachttürmen“ usw. Ausdruck geben.
Nach
Eröffnung der Versammlung durch Lobpreisung und Gebet sollte der Leitende
die Redner der Reihe nach zum Sprechen auffordern und hernach die
allgemeine Diskussion eröffnen, in welcher der Zustimmung Ausdruck
gegeben oder Einwände erhoben werden können. Will die allgemeine
Diskussion nicht in Fluss kommen, so sollte der Leitende dieselbe durch
geschickte Fragestellung beleben. Der Leitende sollte, wenn er antwortet,
nur zu dem sprechen, der eben geredet hat, das eben Gesagte mit der
Wahrheit in Einklang bringen, wo es nötig ist, oder den Sprechenden
einladen, seiner Ansicht noch weiteren Ausdruck zu geben. Andererseits
sollten die verschiedenen Sprecher ihre Bemerkungen nur an den Leitenden
richten, nicht einer an den anderen, damit keiner persönlich oder
verletzend werde. An der Diskussion sollte der Leitende nur in der oben
angedeuteten Weise teilnehmen, dennoch aber imstande sein, das Gesagte
kurz zusammenzufassen, bevor die Zusammenkunft mit Lobpreisung und
Danksagung geschlossen wird.
Jeder
Punkt sollte gründlich durchgegangen und der ganze Gegenstand gut erörtert
und erforscht werden, sodass er von allen klar erfasst wird. Oder bei
einigen verwickelteren Gegenständen sollte besser der Leitende am
Schlusse der Prüfung eines jeden Themas seine Ansichten zusammenfassen
und dartun. Wir wissen für ein gründliches Studium in der Schrift keine
bessere Art von Zusammenkünften als diese. Wir halten sie für das Volk
des Herrn für viel vorteilhafter als die Vortragsversammlungen.
Sie
werden den oben unter 1-3 gegebenen Anregungen gerecht. Wer zusammenhängend
reden kann, findet dabei volle Gelegenheit, seine Fähigkeit zu betätigen;
wer fragen oder mitreden möchte, der kann es, indem er sich über die
behandelten Gegenstände äußert; endlich kann auf diese Weise die
Versammlung selbst die Gegenstände bezeichnen, die das nächste Mal
behandelt werden sollen, und das ist besser, als wenn es der Leitende tut.
In solchen Zusammenkünften sollte sich ein jeder frei fühlen, Fragen zu
stellen und einen Gegenstand zur Diskussion vorzuschlagen. Deshalb sollte
der Geist der Liebe und des Erbarmens, der Hilfsbereitschaft und der Überlegung
alle so durchdringen, dass sie einem jeden dieses Recht gönnen. Selbst
dann, wenn der in Anregung gebrachte Gegenstand mit den in der
betreffenden Versammlung vorherrschenden Anschauungen in Widerspruch stände,
sollte, sofern derselbe mit den Grundlehren des Wortes Gottes vereinbar
ist, dem Antragsteller das Recht eingeräumt werden, sich in einer dafür
vorgesehenen Zusammenkunft auszusprechen. Je nach der Wichtigkeit des
Gegenstandes und dem Interesse, das er für die Versammlung haben kann,
mag dem Redner eine längere oder kürzere Frist für seinen Vortrag
eingeräumt werden. Nachher sollte allgemeine Diskussion walten, nach
welcher dem Vortragenden einige Minuten zur kurzen Wiederholung gegönnt würden.
Der Leitende hätte dann das Ergebnis der Besprechung zusammenzufassen und
die Versammlung zu schließen.
Sehr
fördernd wirken auch erfahrungsgemäß die „Beröer-Bibelstudien“. In
ihnen werden nicht etwa die Bände der „Schriftstudien“ nur vorgelesen,
sondern der Plan Gottes Zug für Zug gründlich studiert. Die Bände der
„Schriftstudien“, in welchen der Plan Gottes in verständlicher Weise
dargelegt ist, dienen dabei als Leitfaden durch die Bibel. Das bloße
Lesen besorgen die lieben Freude mit ebenso großem und größerem
Vorteile zu Hause. In den Zusammenkünften werden Teile eines jeden dort
behandelten Gegenstandes durchgesprochen und in das Licht einschlägiger
Schriftstellen gerückt. Dabei sollte sich womöglich ein jeder zu dem
besprochenen Punkte äußern, bevor zu einem anderen Punkte übergegangen
würde. Einzelne dieser Studien haben darin Stoff zur Besprechung für 1-2
Jahre gefunden. (In Verbindung mit der Versammlung zu Brooklyn gibt es 34
Versammlungen dieser Art, die in verschiedenen Räumlichkeiten und an für
die Freunde passenden Abenden abgehalten werden. Sie werden von
verschiedenen Ältesten geleitet.)
„Ein
jeder aber sei in seinem eigenen Sinne völlig überzeugt“
-
Römer 14:5 -
Wer
klar denkt, dem ist es ein Bedürfnis und Genuss, in jedem Zuge der
Wahrheit zu einer klaren Entscheidung zu gelangen. Und hiernach sollte
auch nach des Apostels Forderung ein jegliches Glied der Herauswahl für
sich selbst ringen - „in seinem eigenen Sinne.“ Es ist jedoch ein
allgemeiner Fehler zu versuchen, das, was von dem einzelnen gilt, auf eine
Versammlung anzuwenden; mit anderen Worten, zu versuchen, dass alle von
den gleichen Voraussetzungen zu den gleichen Schlüssen gelangen, dass das
Wort des Herrn vom einen wie vom anderen genau gleich verstanden wird. Natürlich
wünschen wir, und das mit Recht, dass wir alle „Auge in Auge sehen“;
aber zu erwarten, dass dies der Fall sein werde, ist vernunftwidrig, weil
wir alle aus der Vollkommenheit des Leibes und Geistes gefallen sind, und
zwar in verschiedenen Richtungen, wie sich aus der Beobachtung ergibt,
dass, wo immer mehrere beisammen sind, auch die Auffassungen verschieden
sind. Auch die Verschiedenheit der Erziehung und des Bildungsgrades
erschwert oder verhindert die absolute Einheitlichkeit der Ansichten.
Aber
fordert nicht der Apostel, dass wir alle einerlei gesinnt seien? Sagt er
nicht, dass wir alle von Gott gelehrt sein werden, sodass wir alle den
Geist eines gesunden Sinnes erhalten? Ermuntert er uns nicht zu hoffen,
dass wir in der Gnade und Erkenntnis wachsen? Mahnt er uns nicht, einander
aufzuerbauen in unserem allerheiligsten Glauben?
Gewiss,
dies ist so. Aber andererseits sagt der Apostel nicht, dass diese Ziele im
Verlaufe einer Zusammenkunft erreicht werden. Im Volke Gottes gibt es
nicht allein verschieden entwickelte Sinne, Unterschiede der Erfahrung,
Erziehung und Bildung, sondern auch Altersunterschiede der Neuen Schöpfungen,
indem die einen noch Kindlein in Christo sind, wenn andere bereits Jünglinge
und gereifte Leute sind. Darum dürfen wir uns nicht wundern, wenn einige
langsamer verstehen als andere und daher mehr Zeit brauchen, ehe sie
hinsichtlich einiger „Tiefen Gottes“ zu einer völligen Überzeugung
in ihrem eigenen Sinne hingelangen. Sie müssen zuerst die Elemente
erfassen: Dass wir alle Sünder sind, dass uns Christus Jesus für den
Preis der Hingabe seines menschlichen Lebens erkauft hat, dass wir jetzt
in der Schule Christi sind, um zur Besorgung der Regierungsgeschäfte im
Reiche Gottes ausgebildet und fähig gemacht zu werden, dass keiner in
diese Schule eintreten kann, er habe denn sein Alles dem Herrn übergeben.
Diese Dinge müssen alle sehen und glauben, wenn sie in der Neuen Schöpfung
auch nur als Säuglinge sollen anerkannt werden können. Aber wir bedürfen
alle der Geduld, einer des anderen, der Verträglichkeit gegenüber den
Eigentümlichkeiten eines jeden, der Liebe für die Brüder, welche eine
jegliche Gnadengabe des Geistes mehrt und sie dem Vollmaße näher und näher
bringt.
Da
dies so ist, werden alle Fragen, Antworten oder Bemerkungen in den
Zusammenkünften, an deren sich verschiedene beteiligen, am besten an den
Leitenden gerichtet, da sie allen Anwesenden (nicht einem einzelnen oder
einem Teile der Anwesenden) Nutzen bringen sollen. Dem Leitenden sei es
anheim gestellt, den Redner aufzufordern, selber zu den Versammelten zu
sprechen. Wer seine Sache gesagt hat, soll die anderen ruhig anhören und
nicht meinen, er habe auf alles zu erwidern und seine Meinung noch einmal
kundzutun. Es muss dem Herrn zugetraut werden, dass er die Sache so führen
und fügen werde, dass offenbar werde, was wahr und richtig ist. Niemand
sollte alle dazu zwingen wollen, in allen Einzelheiten genau gleich
zusehen, wie er selbst oder wie die Mehrheit sieht. „Im Wesentlichen
einig, im Unwesentlichen verträglich“, sei die Losung.
Dennoch
sind wir ganz damit einverstanden, dass jeder Zug der Wahrheit seine
Wichtigkeit hat, dass auch die kleinste Beirrung schädlich ist, und dass
das Volk Gottes um Einheitlichkeit in der Erkenntnis beten und kämpfen
sollte. Aber diese Einheit mit Gewalt zu erreichen, dürfen wir nicht
hoffen. Einheit in den grundlegenden Anschauungen ist das Wesentliche: wo
diese besteht, dürfen wir dem Herrn schon zutrauen, dass er alle Schritt
für Schritt, wie es ein jeder bedarf, weiter führen wird; in diesem Stück
bedürfen die Leiter der Herde Gottes besonderer Weisheit, Liebe,
Festigkeit und Klarheit, damit ihre Zusammenfassungen der Diskussion den
Gedanken der Schrift verständlich wiedergeben und alle unter dem
segensreichen Einflusse des Wortes Gottes lassen. Diese Zusammenfassungen
seien stets klar und liebevoll und nie dogmatisch, es sei denn, es handle
sich um die Grundlehren des Glaubens.
Leichenfeiern
Bei
Gelegenheiten von Leichenbegräbnissen, wenn es den Anwesenden mehr oder
weniger feierlich zumute ist, spricht alles, der kalte, stille Leichnam,
die verweinten Augen, die Trauerkleider usw. davon, dass der Tod nicht der
Freund, sondern der Feind des Menschen ist. Solche Gelegenheiten eignen
sich daher trefflich zur Darlegung der Wahrheit und sollten benutzt werden.
Viele der jetzt Interessierten hörten zum erstenmal bei einer
Leichenfeier von der gegenwärtigen Wahrheit reden. Denn manche sind zu
voll von Vorurteil oder scheuen zu sehr den Spott oder den Widerstand
ihrer Freunde, um einer regelmäßigen Versammlung beizuwohnen. Darum
sollten solche Gelegenheiten so ausgiebig wie nur immer möglich ausgenützt
werden. War der Verstorbene ein Glaubender, seine Familie der Wahrheit
feindlich, so sollte er sterbend den Wunsch geäußert haben, dass einer
aus der Wahrheit die Leichenrede halten möchte. Beim Tode eines Kindes
entscheidet, wo nicht beide Eltern in der Wahrheit sind, die Stellung des
Vaters, obwohl die Gattin ein vollkommenes Recht dazu hätte, ihre Wünsche
anzubringen. Solchen sollte der Gatte Rechnung tragen, soweit es ohne
Verletzung seiner Verantwortlichkeit, die er vor Gott als Haupt der
Familie hat, geschehen kann.
In
manchen kleinen Versammlungen finden sich Brüder, die wohl imstande sind,
eine interessante und eindrucksvolle Leichenrede zu halten. Da wo es an
einem solchen Bruder gebricht, mögen die folgenden Anregungen willkommene
Dienste leisten.
Der
Bruder, welcher die Leichenrede hält, sollte nicht ein naher Verwandter
des Verstorbenen sein, wo es aber an einem anderen gebricht, sehen wir
nichts Unpassendes darin, dass der Vater, der Sohn oder der Gatte es tut.
Wenn der Redner zum öffentlichen Reden nicht fähig und seines
Gegenstandes nicht ganz mächtig ist, so wird er gut daran tun, sich von
den unten angegebenen Gedanken einiges anzueignen, sie abzuschreiben und
dann der Trauerversammlung vorzulesen. Damit dies in eindringlicher,
ansprechender Form geschehe, sollte die Abschrift mit schöner Handschrift
oder mit der Schreibmaschine gemacht und vorher mehrere Male laut gelesen
worden sein. Wir hätten auch nichts dagegen einzuwenden, dass in
Ermangelung eines Bruders eine geeignete Schwester eine solche Rede
vorlese, dabei trage sie jedoch eine passende Kopfbedeckung.
Unsere
Anregungen setzen das Abscheiden eines Bruders in der Wahrheit voraus:
1.
Zu Beginn der Feier sollte ein passendes Lied gesungen werden. („Ew’ger
Fels gespalten mir“, „Näher, mein Gott, zu Dir“, „Harre, meine
Seele“, „Jesus lebt! mit ihm auch ich“ oder andere mehr.)
2.
Befinden sich unter den Angehörigen des Entschlafenen Glieder irgendeiner
Namenkirche, und wünschen sie, dass ihr Pfarrer an der Feier teilnehmen
soll, so mag dieser gleich nach dem Gesang einige Schriftstellen vortragen,
die auf die Auferstehung Bezug haben, oder ein Gebet sprechen oder beides.
Wo ein solcher Wunsch nicht geäußert wird, beginne der Bruder gleich
nach dem Gesang seine
Leichenrede
Liebe
Freunde! Wir sind hier versammelt, um unserem Freunde und Bruder die
letzte Ehre zu erweisen, bevor wir seine irdischen Überreste dem Schosse
der Erde übergeben - Staub zu Staub, Asche zu Asche. Ist auch nichts in
der Welt so allgemein verbreitet, wie das Sterben und was ihm vorausgeht
und folgt, Krankheit, Schmerz und Kummer, so ist es uns als
vernunftbegabten Wesen doch nicht möglich, uns an dieses schmerzliche
Zerreißen der Bande der Liebe, der Freundschaft und der Familie zu gewöhnen.
Wie viel Balsam wir auch auf die Wunde legen möchten, sie bleibt
schmerzhaft, auch dann noch, wenn wir, wie der Apostel sagt, als Christen
nicht trauern wie andere, die keine Hoffnung haben. Was würde sich heute
besser zur Betrachtung eignen, als eben diese gute Hoffnung, die uns das
Evangelium als den Balsam von Gilead bietet, der besser als alles andere
imstande ist, irdisches Leid zu heilen.
Doch
bevor wir die Hoffnung betrachten können, die uns durch die Schrift
gegeben ist, die Hoffnung auf eine Auferstehung der Toten, auf ein zukünftiges
Leben, unter viel glücklicheren Umständen als die gegenwärtigen,
begegnet man uns ganz natürlich mit der Frage: „Wozu bedürfen wir
solcher Hoffnung? Warum wird uns nicht vielmehr das Sterben erspart, statt
dass man uns mit einem Auferstehungsleben tröstet? Warum gönnt uns Gott
nur wenige Tage oder Jahre des Daseins, und noch dazu voller Mühe und
Arbeit? Warum werden wir alsdann dahingerafft wie Gras, das verdorrt?
Warum werden die Bande des Herzens zerrissen und die Familienverhältnisse
durch diesen großen Feind unseres Geschlechtes, den Tod, zerstört, der
seit 6000 Jahren alle ereilt hat, je nach der Schätzung 25 bis 50
Milliarden Menschen, unsere Brüder nach dem Fleische, als Nachkommen
Adams?“ Für denkende Gemüter gibt es kaum eine interessantere Frage
als diese.
Der
Unglaube behauptet: Da wir nur das Höchststehende unter den Tieren sind,
so werden wir wie diese geboren, leben und sterben wie sie, und haben auf
ein zukünftiges Leben nicht zu hoffen. Schaudernd ob dieses Gedankens und
nicht imstande, das Gegenteil davon zu beweisen, sind wir als Kinder
Gottes von Herzen dankbar, das Wort unseres Vaters gehört zu haben, das
uns Frieden gibt durch Jesum Christum, unseren Herrn. Die
Friedensbotschaft, die unser teurer Erlöser seinen Nachkommen gibt,
leugnet nicht die Tatsächlichkeit von Leid und Kummer und Tod. Der Herr
erklärt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ und „alle, die in
den Gräbern sind, werden seine Stimme hören und hervorkommen.“ O, wie
wohltuend ist diese Erklärung der des Unglaubens gegenüber. Sie gibt
Hoffnung; und Hoffnung bringt Frieden ein, und zwar um so mehr, je besser
wir den Vater und den Sohn kennen lernen, je mehr wir dem vertrauen,
dessen Worte wir gehört haben, und der des Vaters Gnadenabsichten
verwirklicht.
Wenn
sich aber Gott doch vorgenommen, die Toten aufzuerwecken, und uns durch
die Kundmachung dieser seiner Absicht tröstet und Freude gibt, warum
zerstört er denn erst die Menschen und lässt sie später wiederkommen,
wie Moses in Psalm 90:3 sagt? Warum lässt er sie nicht am Leben bleiben?
Warum verhindert er nicht den Tod und seine Begleiterscheinungen, Kummer
und Leid? Auf diese Frage hat die Schrift, und nur die Schrift, eine
Antwort. Sie allein bringt Licht in diese Sache. Sie erzählt, dass Gott
den Menschen ursprünglich vollkommen erschaffen hat, in seinem Bilde,
dass aber unsere ersten Eltern durch Ungehorsam aus der Gottähnlichkeit
fielen und die Strafe für die Sünde, die da ist der Tod, erdulden
mussten, dass das ganze Geschlecht diesen Fluch, der über Adam
ausgesprochen wurde, geerbt hat. Die Sünde nahm von Geschlecht zu
Geschlecht zu und mehrte so die Krankheit und das Leiden und beschleunigte
den Tod mehr und mehr.
Wir
sind alle einmal irrigerweise belehrt worden, dass die Strafe für Adams Sünde
ewige Qual sei, dass die ganze Menschheit diese schreckliche Strafe geerbt
habe, und dass nur diejenigen ihr entrinnen, welche Jesu Nachfolger werden.
Aber, Gott sei Dank, liebe Freunde, die Schrift weiß nichts von solch
einem unvernünftigen, ungerechten und lieblosen Plane Gottes. Die Schrift
lehrt im Gegenteil ganz unzweideutig, dass der Tod der Sünde Sold und
ewiges Leben eine Gabe Gottes ist, deren nur solche teilhaftig werden können,
die mit Gottes geliebtem Sohne eins werden. Da also die Bösen nicht
ewiges Leben erhalten, können sie auch nicht ewig leiden. Die Schrift
erklärt vielmehr: „Jehova vertilgt alle Gesetzlosen.“ - Psalm 145:20
Beachte,
wie deutlich dies Adam mitgeteilt wurde, als er auf die Probe gestellt
wurde. Von der Erzählung dieser Begebenheit müssen wir erwarten, dass
sie uns Aufklärung gibt darüber, was denn die Strafe für Ungehorsam ist.
Aus dieser Erzählung erfahren wir, dass Gott mit den Früchten des Baumes
des Lebens für unsere ersten Eltern wunderbare Vorsorge getroffen hatte
und durch das Verbot, eine bestimmte Baumfrucht zu essen, ihren Gehorsam
auf die Probe stellte. Der Ungehorsam zog die Vertreibung Adams und Evas
aus dem Paradiese und die Abschneidung von den Leben erhaltenden Bäumen
nach sich, und so gewann allmählich der Tod Gewalt über sie, und zwar in
beständig wachsendem Maße, sodass das Leben der Menschen kürzer und kürzer
wurde. Es ist allen offenbar, dass der Durchschnitt des menschlichen
Lebens heutzutage viel kürzer ist als zur Zeit Adams, welcher 930 Jahre
lebte.
Der
Ausspruch des Herrn lautet diesbezüglich: „Welches Tages du davon
issest, wirst du gewisslich sterben.“ Dieser Tag war ein Tag Gottes, von
welchem der Apostel erklärt, er sei gleich tausend Jahren. Binnen eines
solchen Tausendjahrtages starb Adam, und keiner seiner Nachkommen hat es
auf mehr als tausend Jahre gebracht. Der Urteilsspruch aber, der gegen
Adam gefällt wurde, zeigt, dass Gott keineswegs beabsichtigte, seine
Geschöpfe zu quälen. Die Strafe geht nicht über den Tod, d.h. Zerstörung
des gegenwärtigen Lebens und die damit verbundenen Schmerzen und Leiden
hinaus. „Im Schweiße deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du
zurückkehrst zur Erde, denn von ihr nist du genommen. Denn Staub bist du,
und zum Staube wirst du zurückkehren.“ - 2. Mose 2:17; 3:19; 2. Petr.
3:8
Wir
haben gewiss allen Grund, uns darüber zu freuen, dass die Lehre der
ewigen Qual als Irrlehre erkannt worden ist, welche nicht aus der Bibel,
sondern dem finsteren Mittelalter stammt. In voller Übereinstimmung mit
dem Berichte über den Sündenfall sagt Paulus in Röm. 5:12: „Gleichwie
durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen, und durch die (infolge
der) Sünde der Tod, und also der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist,
weil sie alle gesündigt haben.“ Gibt es für den Tod eine vernünftigere
und befriedigendere Erklärung als die eben angeführte der Schrift: nämlich,
dass er eine Folge der Sünde ist, dass unser Vater Adam dadurch, dass er
bei seiner Prüfung nicht bestand, sondern fiel (ungehorsam wurde), alle
seine Rechte und Ansprüche verlor und unter den Fluch kam, der wiederum
Krankheit, Leiden, Kummer, Not und ein langsames Dahinsterben nach sich
zog; und dass wir nun, ohne einer Prüfung unterstellt zu werden, die
zwecklos wäre, da wir infolge der angeerbten Schwachheit nicht bestehen könnten,
Teilhaber dieser göttlichen Strafe, ein langsam dahinsterbendes
Geschlecht, geworden sind? Diese Erklärung scheint uns befriedigend. Sie
allein macht begreiflich, dass das Kindlein im Alter von einer Stunde,
einem Tage, einer Woche, einem Monat ebenso wohl sterben muss, wie die,
welche einige Jahre leben und ihr Teil zur Vermehrung der Sünde der
Menschheit beitragen. „In Ungerechtigkeit bin ich geboren, und in Sünde
hat mich empfangen meine Mutter“, und „alle haben gesündigt und
erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes“.
Wo
ist nun die Hoffnung? Welche Abhilfe gibt es für so traurige Zustände?
Was kann für diejenigen geschehen, die jetzt in aller Welt leiden, sorgen
und dahinsterben, und für die schon dahingesunkenen tausend Millionen,
die ins Gefängnis des Todes, ins Grab, gewandert sind? Selbst können sie
sich gewisslich nicht helfen. Seit 6000 Jahren kämpft die Menschheit
gegen Krankheit, Leiden und Tod an und hat nichts dagegen zu tun vermocht.
Von solchen Bemühungen haben wir somit nichts zu hoffen. Hilfe können
wir nur vom Herrn, dem Gott unserer Errettung, erwarten. Er hat sich eine
Errettung vorgenommen, und die Schrift ist die Offenbarung seines
glorreichen Planes in dieser Beziehung, den er Schritt für Schritt
hinausführt. Den ersten Schritt bildete die Beschaffung des Lösegeldes,
die Bezahlung unserer Schuld durch den freiwilligen Tod des Erlösers,
welcher starb als „der Gerechte für die Ungerechten, auf dass er uns zu
Gott führe.“ Kein Angehöriger des verurteilten Geschlechtes konnte für
sich allein, geschweige denn für andere, ein Lösegeld aufbringen, wie
der Prophet es bezeugt: „Keineswegs vermag jemand für seinen Bruder ...
ein Lösegeld zu geben.“ Aber des Menschen Verlegenheit wurde Gottes
Gelegenheit. Er sandte Jesum, der für uns sein unverwirktes Leben hingab,
ein heiliges, schuld- und sündloses Leben. Dieses Leben nimmt Gott an als
Lösegeld, als Ersatz für das von Adam verlorene Leben; und darum kommt
dieses Opfer uns allen zugute, weil wir nicht um unserer eigenen Sünde,
sondern um Adams Sünde willen, durch den Ungehorsam des einen, verurteilt
sind; darum kann Gott gerecht bleiben, indem er uns um des Gehorsams des
einen willen aus der Strafe entlässt. Von diesem, Jesus Christus, steht
geschrieben, dass „er sich selbst gab zum Lösegeld für alle, wovon das
Zeugnis zu seiner Zeit verkündigt werden sollte.“ - 1. Tim. 2:6
Lasst
uns beiläufig bemerken, liebe Freunde, dass unser Herr Jesus nicht die
Herauswahl allein erkaufte. Die Schrift sagt vielmehr deutlich: „Er ist
die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren,
sondern auch für die ganze Welt.“ (1. Joh. 2:2) Hier haben wir, Gott
sei Dank, die Grundlage für die Hoffnung, welche uns befähigt, nicht zu
trauern wie andere, die keine Hoffnung oder nur eine nebelhafte Hoffnung,
für welche es in der Schrift keinen Grund gibt, haben.
Aber,
mag jemand sagen, es ist schon lange her, dass Jesus starb. Warum lässt
denn Gott zu, dass Sünde und Tod zu herrschen fortfahren, die Menschheit
immer noch zu verschlingen? Wir fragen dagegen: Warum hat Gott mehr denn
viertausend Jahre gewartet, ehe er das Lösegeld bezahlen ließ? Wie hierfür,
so hat er eben auch für die Segnungen, die aus dem Sühnopfer Jesu
hervorgehen sollen, eine zuvor bestimmte Zeit. Der Grund der Verzögerung
ist ein doppelter:
Erstens
sollte eine genügende Anzahl Menschen geboren werden, damit die Erde voll
werde, wenn sie einmal zu einem Paradiese erblüht sein wird. Die in
dieser Zeit geborenen Menschen haben eine wichtige Lektion zu lernen: nämlich
die außerordentliche Sündhaftigkeit und Verwerflichkeit der Sünde.
Sobald die zuvor bestimmte Zeit des Herrn hierfür gekommen ist - und wir
glauben, dass sie nicht mehr fern ist -, wird er sein Wort einlösen, sein
Reich aufrichten, Satan binden, den Mächten der Sünde und des Todes
wehren und die Erkenntnis Gottes über die ganze Erde verbreiten. So wird
Christus die Menschheit segnen und Schritt für Schritt der Vollkommenheit,
der Gottebenbildlichkeit, in welcher der Mensch erschaffen war, entgegenführen.
Die Zeit, in der dies geschehen soll, ist das Tausendjahrreich, um dessen
Kommen wir zu beten gelehrt worden sind, und welches eine Zeit, eine
Ewigkeit herbeiführen wird, da der Wille des Vaters auf Erden geschieht (befolgt
wird), wie im Himmel, d.h. freiwillig. Die ganzen tausend Jahre werden nötig
sein, um dieses Segens- und Wiederherstellungswerk zu verrichten, um
herbeizuführen, dass die Gerechtigkeit festen Grund auf Erden bekomme, um
die ganze Menschheit auf die Probe zu stellen - um zu sehen, wer ewigen
Lebens (Dasein auf Erden) würdig sei, und wer nach Erlangung völliger
Erkenntnis - weil er der Sünde trotzdem den Vorzug gab, zum zweiten Tode
verurteilt werden müsse - „zur ewigen Vernichtung vom Angesicht des
Herrn und von der Herrlichkeit seiner Stärke“. Dieser Segnungen werden
nicht nur die Menschen der jetzigen Generation, sondern alle 50000
Millionen verstorbener Menschen teilhaftig werden, welche in ihrem Gefängnis,
dem Grabe, die Stimme des Menschensohnes hören und hervorkommen werden,
um von den Gelegenheiten des Reiches Segen zu empfangen, denn: „Ich habe
die Schlüssel des Todes und des Hades“ - sagt der Herr in Offb. 1:18
Zweitens,
liebe Freunde, hat der Herr mit der allgemeinen Segnung der Welt gewartet,
um sich während dieser Zeit, die wir das Evangeliums-Zeitalter nennen,
aus der Menschheit, die er erkauft, ein Volk für seinen Namen
herauszusuchen, d.h. ein Volk, das seinen Namen tragen soll, eine Braut,
eine kleine Herde, eine auserwählte Klasse, Jünger, die in seine Fußstapfen
treten, Heilige. Er sucht ein abgesondertes Volk, eine königliche
Priesterschaft, die mit ihm im Tausendjahrreiche herrschen soll, die nicht
an der Wiederherstellung zu irdischen Zuständen teilhaben wird, wie
vollkommen und herrlich diese auch sein werden, die nicht in das Paradies
zurückgeführt werden wird, wie wünschenswert dies auch sein möge,
sondern einer viel höheren Gunst teilhaftig werden soll. Sie soll dem
Herrn gleich werden, geistige Natur erhalten, Teilhaber der göttlichen
Natur werden, hoch erhoben sein über Engel, Fürstentümer und Gewalten,
Teilhaber der nunmehrigen Herrlichkeit des Herrn. Welch eine wunderbare
Hoffnung! Wie ermuntert sie die, welche der Einladung ein williges Ohr
geliehen, Jesu nachgefolgt sind und in seinen Fußstapfen zu wandeln
gesucht haben. Welch ein Vorrecht wird es sein, zu solcher Herrlichkeit,
Ehre und Unsterblichkeit, wie sie der Herauswahl durch die erste
Auferstehung zuteil werden soll, hinzugelangen! Vereinigt mit dem Herrn
den Segen Gottes mit vollen Händen über die ganze seufzende Schöpfung
auszustreuen! Ja, alsdann, im Reiche Gottes, werden der Geist und die
Braut (Christus und die am Ende des Evangeliums-Zeitalters durch die
Hochzeit mit ihm verbundene Herauswahl) sagen: „Komm! Wer da will, nehme
das Wasser des Lebens umsonst.“ - Off. 22:17
Ist
dieser Zweck nicht den Verzug des Reiches wert? Sicherlich; und wir dürfen
uns über die Gelegenheit, berufen zu werden, freuen, und unsere Berufung
und Erwählung fest machen.
Dieser
Art war, in wenigen Worten gesagt, die herrliche Hoffnung, die in dem
lieben Bruder lebte, dessen Andenken wir heute ehren. Diese Hoffnung war
wie ein Anker für seine Seele, welcher ihn befähigte, fest zum Herrn zu
stehen und das Los derer zu teilen, welche Christum bekennen, ihr Kreuz
auf sich nehmen und ihm folgen. Er hatte schöne Eigenschaften, welche
ohne Zweifel viele von euch gar wohl bemerkt haben; aber unsere Freude und
Hoffnung gründet sich nicht auf die Annahme, dass er vollkommen gewesen wäre,
sondern auf die Tatsache, dass Christus Jesus sein vollkommener Erlöser
war, und dass er auf ihn sein Vertrauen setzte. Und wir haben die gar köstliche
Verheißung, dass, wer auf ihn vertraut, nicht zuschanden, sondern Überwinder
werden soll. Die schönen Eigenschaften unseres Bruders sind sicher aller
Nacheiferung wert; dennoch bedürfen wir keines irdischen Vorbildes. Gott
selbst hat uns in seinem Sohne ein gar herrliches Vorbild vor Augen
gestellt; dem ähnlich zu werden mögen wir uns alle bestreben, wie es
unser lieber Bruder tat. Wohl uns, wenn wir nicht in unseresgleichen,
sondern in Jesu unser vollkommenes Vorbild sehen! Wohl uns, wenn wir die
natürlichen Schäden übersehen, die wir vom Falle Adams geerbt haben,
und uns daran erinnern, dass sie bei den Nachfolgern Jesu durch das Kleid
seiner Gerechtigkeit alle zugedeckt sind, sodass solche Nachfolger „vor
Gott annehmbar werden können in dem Geliebten.“
Endlich,
liebe Freunde, lasst uns an diesem Sarge der Kürze des gegenwärtigen
Lebens und der Vorrechte und der damit verbundenen besonderen Pflichten
derer eingedenk werden, die schon jetzt von den großen Segnungen gehört
haben, welche Gott für die Welt in Bereitschaft hält, die schon im
gegenwärtigen Leben sehen und schmecken dürfen, wie freundlich der Herr
ist. „Wer diese Hoffnung zu ihm hat, der reinigt sich selbst, gleichwie
er rein ist“, sagt der Apostel. Wenn wir hoffen, mit dem Herrn vereinigt
zu werden, Teilhaber seiner Herrlichkeit und seines zukünftigen Werkes zu
werden, so wissen wir auch, dass unsere Gesinnung verwandelt, unser Herz
erneuert werden muss, dass wir nicht allein reinen (ungeteilten) Herzens,
d.h. rein in unseren Absichten und Vorsätzen, sondern, soweit dies möglich,
auch rein in Wort und Tat werden müssen, soweit es der neuen Gesinnung möglich
ist, unsere vom Fall beschädigten Leiber zu unterwerfen und
niederzuhalten. Wir müssen nicht nur in Jesu bleiben, bedeckt mit dem
Kleide seiner Gerechtigkeit, sondern müssen in unserem Herzen mehr und
mehr die Gnadengaben des Geistes pflegen, und gute Entschlüsse sind in
dieser Beziehung sehr hilfreich. So lasst uns denn in dieser feierlichen
Stunde und mit diesen ernsten und doch so frohen Gedanken in unserem
Herzen den ernsten Entschluss fassen, soviel an uns liegt, uns hinfort zu
bemühen, noch genauer den Fußstapfen des Meisters zu folgen, und durch
unseren Wandel das Licht seiner Wahrheit und Gnade mehr und mehr leuchten
zu lassen. Lasst uns danach streben, dass wir unseren Einfluss auf die
Welt zu ihrem Troste und ihrer Ermunterung ausüben, und dass wir, soweit
wie möglich, Gott in unserem Leibe und Geiste, die beide sein sind, Ehre
machen. Amen.“
Auf
diese Ansprache mag ein Gebet folgen, das entweder vom Sprecher selber
oder sonst einem befähigten Bruder in der Wahrheit gesprochen werden
sollte. Niemals sollte ein außenstehender Geistlicher aufgefordert werden,
nach der Ansprache zu beten. Es ist soviel wie sicher, dass ein solcher zu
Menschen anstatt zu Gott beten und versuchen würde, den Eindruck zu
verwischen, den obige Ansprache auf den einen oder anderen der Zuhörer
gemacht haben könnte. In dem Gebete sollte Gott insonderheit für die uns
in Christo Jesu erwiesene Gnade gedankt und Gottes Segen für alle
Anwesenden, insbesondere für die Trauerfamilie, erbeten werden.
Die
Feier mag mit ein oder zwei Versen eines passenden Liedes, wie zu Anfang
angedeutet, geschlossen werden.
Am
Grabe sollte, wenn überhaupt, nur ein ganz kurzes Gebet gesprochen werden,
nachdem der Sarg herabgelassen ist.
Es
liegt auf der Hand, dass obige Ansprache auch beim Abscheiden einer
Schwester brauchbar ist; handelt es sich aber um einen Weltmenschen oder
um jemand, der nicht zu den Geweihten gezählt zu werden wünschte, so müssten
verschiedenen Änderungen angebracht werden, die sich jedem Befähigten
von selbst ergeben werden.
Im
Falle eines Kindes sollte die Ansprache ebenfalls in passender Weise abgeändert
werden, mögen die Eltern gläubig oder ungläubig sein. Man mag
Redewendungen gebrauchen wie die: „Unser junger Freund (unsere junge
Freundin), welchen der unbarmherzige Schnitter Tod so früh dahingerafft“,
oder ähnliches. Handelt es sich um ein ganz kleines Kind, so erscheint
uns Jer. 31:15-17 als passender Text. Bei solchen Gelegenheiten sollte ja
nicht verfehlt werden, die unbestreitbare Tatsache hervorzuheben, dass
kleine Kinder nicht Sünde zum Tode begehen können, und dass mithin die
Schrift bestätigt wird, wonach durch EINES, nicht durch aller Menschen
Ungehorsam die Sünde in die Welt kam, und mit der Sünde der Tod als ihr
Sold.
Zehnten,
Kollekten u. dgl.
Unseres
Wissens veranstaltet keine der kleinen Versammlungen vom „Volke Gottes
nach diesem Wege“ (Apg. 22:4) öffentliche Kollekten. Wir waren diesen
von jeher abhold, nicht etwa, weil wir etwas Sündhaftes darin erblickten,
nicht etwa, weil in der Schrift etwas dagegen eingewendet würde, sondern
deshalb, weil die Geldfrage in der ganzen Namenchristenheit derart in den
Vordergrund getreten ist, dass es uns scheinen wollte, es könnte nur zur
Ehre Gottes sein, wenn dieselbe bei uns gar keine Rolle spielte. Leute,
die ihr Leben lang mit den Kollektenbüchlein oder -bogen begrüßt worden
sind, kommen bald dahin, zu wähnen, das Predigen und Lehren geschehe großenteils
um schnöden Gewinnes willen.
Die
Aussage der Schrift, dass die Mehrzahl der Getreuen des Herrn Arme dieser
Welt sein werden, wird durch unsere Erfahrung durchaus bestätigt. Wir zählen
unter uns nur wenige Reiche, Große, Vornehme, aber um so mehr Arme dieser
Welt, die aber reich, groß und hervorragend im Glauben sind. Nicht wenige
dieser Armen haben sicherlich, als sie in unsere Versammlung kamen,
erleichtert aufgeatmet, als sie gewahrten, dass in denselben nicht nach
Geld und Gut gefragt wird, und einigen ist dieser Zug als eine Empfehlung
des in jenen Versammlungen gepredigten Glaubens erschienen. Wessen Augen
sich dem Lichte der gegenwärtigen Wahrheit öffnen, der wird so eifrig
und energisch im Dienste derselben, der wünscht so sehr, sein Licht zur
Ehre des Vaters und des Sohnes leuchten zu lassen, dass manche laue
Christen zu fragen geneigt sind: „Was ist der Beweggrund, was der Zweck
solchen Eifers? Was wird diesen das eintragen, welchen Vorteil werden sie
davon haben, mich zu interessieren, mir Bücher zu leihen und ihre Zeit
dazu zu verwenden, mein Interesse für diese Gegenstände zu erregen?“
Wenn solche Frager dann an einer Zusammenkunft teilnehmen und bemerken,
dass weder auf den Beutel geklopft noch kollektiert wird, dann gewinnen
sie immer mehr die Überzeugung, dass es Liebe für den Herrn, seine
Wahrheit und seine Schafe war, die zu den Bemühungen leitete, die
Wahrheit in ihren Bereich zu stellen. Vorurteile gegen die Wahrheit werden
durch nichts kräftiger erschüttert als durch solche Beweise der
Aufrichtigkeit, des Wohlwollens und der Edelgesinntheit, welche als Ausflüsse
des Geistes Gottes, des Geistes der Liebe, erscheinen.
Wiewohl
wir nun mit der Unterlassung der Kollekten durchaus einverstanden sind und
dies überall aufs wärmste empfehlen, halten wir es doch für unsere
Pflicht, andererseits darauf aufmerksam zu machen, dass, wie unedel,
selbstisch und kleinlich einer zur Zeit, da der Herr ihn annimmt und er
sich dem Herrn weiht, sein mag, er nicht bleibend zu denen gerechnet
werden kann, deren Namen im Himmel angeschrieben sind, er nicht beim Herrn,
dem Haupte der Herauswahl, bleiben kann, er trage denn einen ersichtlichen
Sieg über seine Eigenliebe davon. Wir wissen ganz gut, dass Selbstsucht
und Geiz dem Geiste unseres himmlischen Vaters und unseres Herrn Jesu
fremd sind. Darum müssen sie auch allen denen fremd sein, welche einst an
der Familienähnlichkeit, deren Hauptmerkmal Liebe und Wohlwollen ist, als
Kinder ihres Vaters werden erkannt werden. Wem ein gut Stück Selbstsucht
angeboren oder anerzogen worden ist, der wird, nachdem er unter die „Mitglieder
auf Probe“ der Neuen Schöpfung aufgenommen wurde, sehr bald Gelegenheit
finden, in diesem Stücke einen guten Kampf zu kämpfen. Das Fleisch gelüstet
wider den Geist der Neuen Schöpfung, und diese muss den Sieg gewinnen,
wenn sie einst den Überwindern zugezählt werden soll. Eigenliebe und
Habsucht müssen überwunden, Gottseligkeit, Freigebigkeit und
Edelgesinntheit müssen gepflegt, großgezogen und in die Tat umgesetzt
werden. Möglicherweise wird dieser Kampf bis zur letzten Stunde dauern;
aber niemals darf über die Haltung der Gesinnung, des erneuerten Willens,
ein Zweifel bestehen; und wer solchen Kämpfern nahe steht, wird an ihrem
Wandel wahrnehmen, ob die neue Gesinnung den Sieg über die Gesinnung des
Fleisches und die Eigenliebe davongetragen hat.
Wenn
wir also das Kollektieren in den Zusammenkünften der Herauswahl
unterlassen, so geschieht es keineswegs, um vom Geben abzubringen. Im
Gegenteil. Soweit wir beobachten können, empfangen diejenigen, welche dem
Herrn am reichlichsten, aufrichtigsten und freudigsten geben, auch den
meisten Segen in geistlichen Dingen. Wir sind aber nicht der Meinung, dass
das Wort des Herrn: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“, nur denen
gelte, welche Geld geben; wir verstehen unter solchen Gott und unserem Erlöser
wohlgefälligen Gaben alles, was das Volk Gottes auf seinen Altar legen zu
dürfen das Vorrecht genießt. Sooft wir daher gefragt wurden: „Soll ich
das oder das einträgliche Geschäft übernehmen, welches mich in die Lage
versetzen wird, einen großen Teil dessen, was meine Hand oder mein Kopf
verdient, zur Bestreitung der Kosten daranzugeben, welche die Verbreitung
der Wahrheit verursacht, oder soll ich mich vielmehr mit einer weniger
einträglichen Stellung begnügen, die mir mehr Zeit und Kraft zur
Verbreitung der Wahrheit unter meinen Freunden und Nachbarn ließe?“ -
antworten wir unabänderlich, dass unseres Erachtens die Opfer an Zeit und
die Verwendung persönlichen Einflusses in Gottes Augen noch mehr wert
seien als klingende Gaben.
Fühlt
sich jemand sowohl zum Verkündigen der Wahrheit als auch zu ehrlichem
Geldverdienen fähig, so ginge unser Rat dahin, dass er die Fähigkeit zum
Geldverdienen nur in beschränktem Maße verwende, damit ihm um so mehr
Zeit und Kraft bleibe zur Verwendung seiner noch höher stehen den Fähigkeit,
der Wahrheit zu dienen, was auch durch Kolportieren oder Versenden von
Druckschriften geschehen kann.
„Geben
ist seliger als nehmen“, ist ein Grundsatz, dessen Richtigkeit alle
Kinder Gottes, die schon einigermaßen entwickelt sind, schätzen gelernt
haben. Gott ist der große Geber; er gibt fortwährend. Die ganze Schöpfung
ist in allen ihren Teilen ein Ergebnis der Freigebigkeit Gottes. Er gab
seinem eingeborenen Sohn nebst dem Leben noch das Vorrecht, die Freude,
mit ihm aufs engste verbunden zu sein. Er segnete die Engel mit
unermesslichen Gütern. Er segnete die Menschen mit Leben und einer
Intelligenz, die trotz des Schadens, den ihr der Fall Adams und seine
Folgen gebracht, noch jetzt wunderbar ist. Er gab uns die fünf Sinne und
schuf in unserer Umgebung alles, was sie erfreuen kann, von den Blumen und
Früchten an bis zum glanzvollen Sternenhimmel.
Richten
wir endlich unsere Aufmerksamkeit auf die Güter, die Gott für die „kleine
Herde“ Neuer Schöpfungen in Bereitschaft hält, so gewahren wir, dass
sie alles weit übertreffen, was wir je hätten wünschen oder uns
vorstellen können. „Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und
in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn
lieben; uns aber hat Gott es geoffenbart durch seinen Geist.“ Wohlwollen,
Geben, Helfen, Segnen ist ein Teil des Charakters Gottes; kann es uns da
noch wundern, dass Geben höher, vorzüglicher ist als Nehmen?
Je
höher wir nun die geistlichen Güter schätzen lernen, je mehr
Gemeinschaft wir mit dem Herrn haben, je mehr wir von seiner Gesinnung
haben, je mehr Liebe, Güte und Freigebigkeit Gottes Geist in unsere
Herzen gießt, um so mehr freut es uns, allen Menschen Gutes zu tun,
besonders aber dem Haushalte des Glaubens. Die Liebe sucht nicht nur das
eigene Wohlergehen, sondern hält immer Ausschau nach Gelegenheiten, das
Wohlergehen anderer zu fördern, ein wenig Sonnenschein und Wärme in das
Leben anderer hineinzutragen, sie in ihrem Kummer zu trösten, ihrem
Mangel abzuhelfen. Je mehr von dieser Gesinnung in uns wohnt, je mehr wir
durch die Erneuerung unseres Sinnes verwandelt werden, um so höher werden
wir das große Werk zu schätzen wissen, das unser in der Zukunft harrt -
die Hinausführung des Planes Gottes, die Segnung aller Geschlechter auf
Erden, das Austeilen aller Güter, die Gott für die in Bereitschaft hält,
die sich mit ihm aussöhnen werden. Darum finden die Neuen Schöpfungen,
dass sie in dem Verhältnis, in dem sie in Gnade wachsen, - während sie
wohl die verheißene, persönliche Herrlichkeit würdigen - eher mehr an
die ihnen durch die Miterbschaft mit ihrem Herrn gewährten Vorrechte
denken, der armen seufzenden Schöpfung die Wiederherstellung mit ihren
vielfachen Segnungen bringen zu können - eine Aufrichtung aller Willigen
zu menschlicher Vollkommenheit, von der alle in Adam fielen.
Dieser
Geist der Liebe, dieser Wunsch, zu geben und zu helfen, führt bei seinem
Erstarken schon in dieser Zeit dazu, anderen gegenüber Gutes nicht allein
zu beabsichtigen, sondern auch zu tun, auf Kosten unserer Zeit, durch
Aufbieten unseres Einflusses, damit auch sie mit dem Lichte der gegenwärtigen
Wahrheit erleuchtet werden möchten, wie wir es einst wurden. Haben wir
nun nicht die Gabe des Lehrens und Auslegens, so treibt uns dieser Geist
je nach Zeit und Gelegenheit, Traktate zu verteilen oder mit einigen
begleitenden Worten zu versenden. Und ist uns außerdem Geld und Gut
beschert, so treibt uns derselbe Geist, es im Dienste des Herrn, zur
Verbreitung der guten Botschaft zu verwenden. Wir sind in der Tat der
Meinung, der Herr wisse auch heute noch, wie zu jeder Zeit, die Gesinnung
zu schätzen, die die arme Witwe trieb, ihre zwei Scherflein in des Herrn
Schatzkasten zu werfen. Die Selbstverleugnung, die zum Geben selbst eines
so kleinen Betrages nötig war, stellte die Witwe in den Augen des Herrn
und mithin auch des Vaters auf die oberste Stufe der Geber - nach seinem
eigenen Herzen: „Diese aber hat von ihrem Mangel, den ganzen
Lebensunterhalt, den sie hatte, eingelegt.“ - Luk. 21:4
Auf
ihre Weise handelte sie nach demselben Geiste, wie unser Herr selbst, der
nicht nur den Lebensunterhalt, sondern sein Leben selbst hingab, es täglich,
ja stündlich im Dienste der anderen opferte und schließlich, am Kreuze
verblutend, sein Werk vollendete.
Wir
neigten einige Zeit dahin, uns darüber zu wundern, dass der Herr der
Witwe nicht ein wenig zu verstehen gab, dass sie mehr als ihre Pflicht
getan, dass sie die zwei Scherflein, oder doch eines davon, zur
Bestreitung ihrer eigenen Bedürfnisse hätte behalten sollen. Wären es
nicht der Herr und einer der Apostel, die die Handlungsweise der Witwe
priesen, wir hätten uns frei gefühlt, in diesem Punkte zu einiger
Vorsicht zu mahnen. Aber wir mussten im allgemeinen annehmen, dass nur
sehr wenige erst zur Selbsterhaltung ermahnt werden müssen. Sehr wenige
bedürfen einer Warnung, ihren ganzen Lebensunterhalt daranzugeben. Es mag
solche geben, aber wir sind dessen sicher, dass sie der Herr für ihre übertriebene
Freigebigkeit auf irgendeine Weise entschädigen wird. Es ist sicher
besser, in dieser Richtung zu irren, als in der entgegengesetzten.
„Da
ist einer, der ausstreut, und er bekommt noch mehr (wenn nicht in natürlichen,
dann sicherlich in geistlichen Dingen); und einer, der mehr spart als
recht ist (zuviel Sorgfalt anwendet, zu besorgt und geizig ist und zu sehr
auf das Zusammenscharren bedacht], und es ist nur zum Mangel (manchmal zum
Geldmangel, und sicherlich stets zu geistlichem Mangel).“ – Spr. 11:24
Der
Herr hat seinem Volke hinsichtlich seiner Opfergaben keine Vorschriften
hinterlassen, sondern es dem Ermessen der ihm völlig Geweihten anheim
gestellt, damit ihr Wandel, ihre Opfer und ihre Selbstverleugnung den Maßstab
für ihre Weihung abgeben. So wird denn ein jeder von uns vor die Frage
gestellt: „Wie viel von meiner Zeit, meinem Einflusse, meinem Gelde soll
ich in den Dienst des Herrn stellen?“ Für einen völlig Geweihten gibt
es auf diese Frage nur eine Antwort: er hat nichts mehr zu geben: er hat
dem Herrn schon alles gegeben. Hat er etwas zurückbehalten, so hat er
sich nicht völlig geweiht und ist daher auch nicht völlig vom Herrn
angenommen worden.
„Ja,
wie sollen wir denn dieses Opfer vollziehen?“ - Unseres Erachtens so,
dass sich ein jeder hinfort als bloßer Verwalter seiner Zeit, seines
Einflusses, seines Geldes betrachten und darauf bedacht sein soll, dies
alles nach Kräften zur Ehre des Herrn zu verwenden. Und da er Zutritt zum
Throne der Gnade hat, so kann er, wenn er je über die Verwendung seiner
Talente im Zweifel ist, Gott um Weisheit bitten, der dem, der ihn darum
bittet, seine Weisheit willig gibt und nichts vorenthält. Unter der
Leitung der Weisheit von oben wird die täglich durch die Kenntnis der
Wahrheit und die Erfüllung mit seinem Geiste wachsende Liebe zum Herrn
mehr und mehr Zeit, mehr und mehr Einfluss, mehr und mehr andere Mittel
zum Dienste an der Wahrheit verfügbar finden und nun darauf ausgehen, zu
sehen, was er von persönlichen oder Familienpflichten und Rücksichten
abkargen kann, um sein Opfer zu mehren.
Bekanntlich
schrieb Gott den Juden vor, den Zehnten von aller Mehrung des Gutes (Getreide,
Vieh, Geld usw.) zu heiligen Zwecken beiseite zu legen, als gehörte es
dem Herrn. Aber das war eine Einrichtung für das „Haus der Knechte.“
Dem „Hause der Söhne“ hat Gott keine solche Vorschrift gegeben. Setzt
das nun etwa voraus, dass er von den Söhnen weniger als von den Knechten
erwartet? Gewisslich nicht; vielmehr wäre der Sohn, der sich für des
Vaters Sache weniger als der Knecht interessieren würde, der Sohnschaft
unwürdig und sicher, sie zu verlieren und durch einen anderen ersetzt zu
werden, der mehr von dem wahren Geiste der Sohnschaft hätte. Im Hause der
Söhne ist nicht der Zehnte, sondern alles dem Herrn geweiht und geopfert,
und alles ist im Dienste des Herrn und seiner Sache zu verwenden, wo und
wie die Gelegenheit dazu wahrgenommen wird. So haben wir stets zu handeln,
unser Leben, unser alles im Dienste der Wahrheit darangebend. (Die
Pflichten der Geweihten gegenüber ihren Familien, und wie diese mit ihrer
gänzlichen Weihung an den Herrn in Zusammenhang stehen, werden in Studie
8 betrachtet.)
In
Phil. 4:17 schreibt der Apostel zu dieser Frage: „Nicht dass ich die
Gabe suche, sondern ich suche die Frucht, die überströmend sei für eure
Rechnung.“ Er wusste, dass, so gewiss sie vom Heiligen Geiste gezeugt
waren, dieser in ihnen die Früchte guter Werke und der Barmherzigkeit
hervorbringen werde; je mehr gute Werke er nun gewahrte, um so mehr
Beweise ihres Wachstums im Geiste hatte er, und dieses Wachstum war es,
was er wünschte. Und so ist es auch heute noch. Der Herr belehrt uns,
dass alles Gold und Silber und das Vieh auf „tausend Hügeln“ sein
seien. Er bedarf weder unserer Bemühungen, noch unseres Geldes, aber weil
es zu unserem Vorteile ist, weil es uns fördert, erlaubt er, dass sein
Werk der Bemühungen aller derer, die wahrhaft Sein sind, und aller
Hilfsmittel bedarf, welche anzuwenden die Seinen durch ihren Wunsch, ihn
zu verherrlichen, getrieben werden.
Wie
so voller Güte und Gnade ist doch diese Einrichtung! Wie viel Segen hat
sie dem Volke Gottes schon eingebracht! Wir zweifeln nicht, dass es bis
ans Ende unseres Laufes so bleiben wird, damit wir alle das Vorrecht haben
möchten, unsere Talente (Gaben jeglicher Art) in den Dienst des Herrn zu
stellen. So sind wir denn gewiss, dass, nach dem Beispiele der armen Witwe
mit ihren zwei Scherflein, niemand zu arm ist, um dem Herrn den Wunsch
seines Herzens kundzugeben. Des Herrn Maßstab scheint nach seinen eigenen
Worten der zu sein, dass, wer im Geringsten treu ist, es auch im Großen
sein wird, wer kleine Gelegenheiten zu benutzen weiß, auch große nicht
unbenutzt lassen wird. Solchen wird er daher nicht nur die großen
Gelegenheiten des zukünftigen Zeitalters verschaffen, sondern auch die
gegenwärtigen mehren.
Unser
Rat ist, soweit möglich (und wir glauben, dass es immer möglich ist), in
allgemeinen Versammlungen der Herauswahl die Geldfrage gar nicht zu berühren
und um so mehr die göttliche Gesinnung zu fördern. Wo diese reichlich
vorhanden ist, wird sich ein jeder gedrungen fühlen, der Versammlung zu
dienen, nicht nur durch einen Beitrag zu den laufenden Ausgaben (Miete
oder dgl.), sondern auch durch Ausbreitung des Lichtes, dessen seine
eigene Seele sich erfreut, über andere, die noch im Finstern sitzen.
Unser Rat ist ferner, Draußenstehende zu diesen Zwecken nicht um Geld zu
bitten; sollten solche aber dies anbieten, so sehen wir keinen Grund, es
zurückzuweisen, Denn zum wenigsten wären solche Gaben ein Zeichen dafür,
dass der Geber dem Werke freundlich gegenübersteht, und gewiss wird eine
solche Gabe, sei es im jetzigen oder im zukünftigen Leben, Anerkennung
und Lohn von Seiten dessen finden, der erklärt hat, dass selbst ein
Becher kalten Wassers, der in seinem Namen einem seiner Jünger gereicht würde,
nicht unbelohnt bleiben würde. - Matth. 10:42; Mark. 9:41