Man hält heute nicht mehr dafür, dass Martin Luther allen anderen so weit voran war, dass von ihm gesagt werden könnte, dass er die Wahrheit, die ganze Wahrheit, und nur diese erfasst habe. Selbst die Lutheraner merzten von seinen fünfundneunzig Thesen zwei aus, teilten aber zwei andere, um die Zahl voll zu halten. Es ist indes offensichtlich, dass zur Zeit Luthers die Zivilisation einen Schritt vorwärts tat. Heutzutage sind Katholiken bessere Katholiken und Protestanten bessere Protestanten.

Dr. Luther war ursprünglich ein katholischer Universitätstheologe. Er hatte von der Bibel gehört, aber gleich anderen, seit dreizehn Jahrhunderten vor ihm, verließ er sich auf die Entscheidung der verschiedenen "Apostolischen Konzilien" der Kirche, auf die anerkannten Glaubensbekenntnisse, und war der Meinung dass diese biblisch seien. 

Eines Tages fand er jedoch in der Universitätsbibliothek eine Bibel, und aus Neugierde las er darin. Er staunte über ihre Einfachheit. Darauf schrieb er dem Papst und bat um die Einberufung eines Konzils, um festzustellen, ob nicht eine allmähliche Abweichung von der Bibel stattgefunden habe.Beim Papst fand er aber für eine solche Untersuchung keine Gegenliebe, und später wurde er als Ketzer ausgestoßen und in den Bann getan. Diese Behandlung überzeugte Luther umso mehr von dem Unterschiede, der zwischen dem Geiste der Bibel und den Lehren der Kirche bestand. Kleinere und größere Schriften die er veröffentlichte, wurden über ganz Deutschland verbreitet und eifrig von solchen gelesen, die lesen konnten. Allmählich, trotz großer Schwierigkeiten, kam dadurch die Bibel mehr in den Vordergrund.

Das Verständnis dieser mutigen Reformatoren für die Bibel war zwar nur ein teilweises. Die dichten Nebel des finsteren Mittelalters verdunkelten in etwa noch ihr geistliches Auge. Wir sind noch immer nicht ganz aus dem Nebel heraus. Doch Gott sei Dank, die Wertschätzung des Bibelstudiums nimmt zu und beeinflusst Glieder aller Benennungen. Lasst uns daran denken, dass in früheren Zeiten nur wenige lesen konnten und eine Bibel ein Vermögen kostete. Dazu hielt man sie wegen des irrigen Vertrauens zu den Bischof-Aposteln und ihren Glaubensbekenntnissen für überflüssig.

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